SPIEL - AUS DER FOTOSERIE: "LOST PLACES" VON CHRISTIAN NAMESNIK - THEATER VERBAND TIROL
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darstellendes Österreichische Post AG spiel MZ 02Z0300004 M Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck Nr. 02 | 2020 Aus der Fotoserie: „lost places“ von Christian Namesnik www.chris-namesnik.at
Editorial liebe Theaterkolleginnen und -kollegen! ist das theater systemrelevant? „Das Theater ist systemrelevant!“ Die- wohl meinen? chen (siehe u. a. Rainer Mausfeld; „Wa- ses Postulat hat man in vergangenen Vielleicht das „politische System“. rum schweigen die lämmer“, Verlag Tagen, meist aus den Mündern der Wie der/die allseits gerühmte „ein- Westend - sehr zu empfehlen). Bester Kunst- und Kulturschaffenden gehört, heimische“ weiß, ist Österreich eine Beweis dafür ist der sofortige Reflex der um auf ihre prekäre Situation aufmerk- demokratische Republik. Zumindest Systemerhalter*innen, alle Kritiker*innen sam zu machen. Also nichts Neues. auf dem Papier. Wie diese demokra- als Verschwörungstheoretiker*innen zu Was erstaunt ist tatsächlich, dass man tische Republik tatsächlich funktio- brandmarken. Wollen wir Kunst- und sich selbst Systemrelevanz zuschreibt. niert, kann man nicht nur erahnen, Kulturschaffenden also dafür relevant Seid ihr alle wahnsinnig geworden? Das wenn so manches Video auftaucht, sein? Theater ist doch nicht systemrelevant! sogenannte „leaks“ öffentlich wer- Vielleicht wollen wir es, wenn wir den Und das meine ich nicht zynisch. Den den und bei Nachfragen sich nie- Begriff „System“ eher wirtschaftlich Systemrelevanz-Rollen wird nämlich mand an nichts erinnern kann. es betrachten. Wir leben ja in einer al- die erhaltung des Systems zugeordnet! ist ja auch schon längst keine Ge- les dominierenden sogenannten „so- heimnis mehr, dass auch anerkannte zialen Marktwirtschaft“. Ich glaube, Beginnen wir einmal mit dem Begriff Wissenschaftler*innen immer wieder dass nicht einmal mehr eingefleischte „System“. Was könnte man denn damit von einer „Scheindemokratie“ spre- Neoliberalist*innen länger an ihrem ei- impressum: medieninhaber, herausgeber und verleger: Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck, www.theaterverbandtirol.at; thomas@theaterverbandtirol.at redaktion, graphische gestaltung: Thomas Gassner, Redaktionsmitarbeit: Almud Magis, Stephanie larcher-Senn, Benjamin Nicolussi Castellan, Julia Jenewein und Sarah Milena Rendel titelfoto: christian namesnik chn1@live.at; foto-editoral: arnold weißenbach Druck: Gutenberg/Werbering; auflage: 4.000 Stück blattrichtung: Das Theatermagazin „Darstellendes Spiel“ ist eine unabhängige und kostenlose Zeitung des Theater Verbands Tirol und erscheint viermal jähr- lich. Kein Teil des Magazins darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verbands reproduziert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Für eventuelle Fehler wird nicht gehaftet. Für zur Verfügung gestellte Fotos, Texte usw. liegt das Copyright beim Auftraggeber. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung des Vorstandes des TVT. darstellendes SPIel | 3
genen Etikettenschwindel festhalten cher will ich da nicht relevant sein. aus ihren „Allmachtsphantasieträumen“ können. In einer Zeit, in der die Ein- Kommen wir daher zum Begriff der reißt. (Dieser Satz gilt natürlich auch ge- kommens-, Wohlstandsschere so weit „Relevanz“: gendert.) Soviel zu unserer Relevanz. aufgerissen wird, dass diese bald in ihre Etymologisch kommt das Wort aus Einzelteile zerfällt, sollen wir Kunst- und dem Lateinischen: relevare – und be- Daher meine Antwort: Kulturschaffenden für dieses System deutet in die Höhe heben. Systemisch Das Theater ist NICHT systemrelevant. relevant sein? betrachtet ist relevant, wer eine wichti- Es darf nicht systemrelevant sein! Es Dann wäre da noch unser geo-gesell- ge Rolle spielt. Wenn man die aktuelle muss systemkritisch sein. Es muss schaftlicher Friedens-Systemversuch Rolle der Kunst und Kultur betrachtet, systemunabhängig sein. Es muss zu- einer Europäischen Gemeinschaft. Der hat das bestehende System für uns im- mindest systemegal sein. Es ist auch Plan wäre großartig. Ein friedlicher, frei- merhin eine Statistenrolle vorgesehen. kein Luxus! Und die von uns gewählten er Verbund aufgeklärter Kulturnationen. Eine Staatssekretariatsrolle. Immerhin. Repräsentant*innen sollen ihre Rolle Die größte Pleite seit dem Wiener Kon- Aber in die Höhe gehoben werden wir ernst nehmen und dieses Theater er- gress! Ich glaube sogar, damals gab nur, wenn sich wirklich systemrelevan- möglichen. es weniger Grenzen als heute. Was für te Spieler in ihre „Einser-Panier“ hauen, eine Relevanz könnten wir Kunst- und auf unbezahlbaren Erste-Reihe-Karten- Ein theaterfreundliches System ist we- Kulturschaffenden in diesem System Plätze sitzen, die sie eh nicht selber nigstens menschenfreundlich, denn haben wollen? bezahlen, und sich spätestens beim Theater öffnet den Geist. Und ein offe- Vielleicht gibt es da noch ein paar an- 2. Akt von „Irgendwas“ die Spucke ner Geist ist ein toleranter Geist. dere Systeme, die man ins Feld führen aus dem Mundwinkel reiben, wenn sie könnte, aber mir ist jetzt schon klar – si- ihre Frau mit einem dezenten „Stesser“ Euer Thomas Gassner „Kultur erhalten Demo“ Foto: Veranstalter 4 | darstellendes spiel
Inhalt 01 mit rosaroter brille Berichte zu aktuellen Themen 04 dies & das berichte aus der Redaktion „Der Rest ist Schweigen“ „Insel der Seligen“ Dialog von Bericht von Julia Jenewein Benjamin Nicolussi Castellen Infos aus dem Büro 02 mit spitzer feder interviews Das Redaktionsteam stellt sich vor Christine Frei Sarah Kane, vorgestellt von Sa- rah Milena Rendel Stefan Hellbert Sieglinde Unterweger „Von der Rampe in den Router“ von Julia Jenewein Andrea Steinlechner Ernst Spreng 05 KURZ & BÜNDIG 03 Berichte vom Verband nah & fern berichte aus den bezirken Volksbühnenpreis 2021 Heimatbühne Elmen Ausflug auf die Umbrüggler Alm Impropool Theaterverein Stumm KulturQuarantäne 06 abgespielt besprechungen Theater StubenRein ABGESAGT Volksbühne Nuarach eine Auflistung darstellendes spiel | 5
MIT ROSA- MIT ROSAROTER BRILLE Berichte zu aktuellen Themen nach einer anfänglichen gesellschaftlichen schockstarre und zweifelsfrei einigermaßen gerechtfertigte manche mitte april zu fragen, wie es weitergehen kann. wer die größte lobby hatte, war naturgemäß vo darf nicht nur vorwürfe machen. Die verantwortlichen haben sich alle mühe gegeben. Die betroffenen au turszene musste sich gehör verschaffen. ein bericht von Julia Jenewein. 6 | darstellendes SPIel
ROTER BRIllE Der rest ist schweigen zur „Kultur erhalten“ Demo am 20. mai 2020 am landhausplatz in innsbruck chtfertigten lockdown-maßnahmen, begannen sich so urgemäß vorne dabei, wer nicht - eben nicht. aber man roffenen auch. Dann begann die lockerung und die Kul- darstellendes SPIel | 7
I ch möchte einleitend die sehr Keine Kurzarbeit, kein Homeoffice, res Anliegen, zu zeigen, dass dieser treffenden Worte von Thomas kein Publikum, kein Einkommen, ein Stillstand nicht nur die Künstler*innen Gassner aus unserer Redak- völliger Stillstand. Nach Wochen und auf der Bühne, sondern genauso all tionssitzung zitieren: „Noch Monaten voller Existenzängste, Un- die unsichtbaren Arbeiter*innen und niemals in der Geschichte Tirols ha- sicherheit und „Stille“ fühlte man sich Angestellten hinter, unter, über und ben sich Künstler*innen und Kul- von der Politik schier ignoriert und im vor der Bühne trifft, die ihren Be- turschaffende so vieler Sparten, Stich gelassen. ruf nicht mehr ausüben können. Ich Veranstalter*innen und Angestellte wollte sichtbar machen, dass Kunst der Kulturbranche gleichermaßen auf Auf einen wutentbrannten Facebook- Arbeit bedeutet, dass es hier um einem Platz versammelt. Am 20. Mai Kommentar („Gehen wir auf die Stra- unsere Berufe und Existenzen geht, 2020 wurde am Tiroler Landhaus- ße!“) erhielt ich sofort Zuspruch von nicht um Spaß und Unterhaltung. platz, leider in Abwesenheit der (Kul- Lisa Hörtnagl, Edwin Daniel Hoch- So versammelten sich am 20. Mai tur-)Politik, Geschichte geschrieben.“ muth, Alica Sysoeva und Richard Schauspieler*innen, Regisseur*innen, Das kann man erst mal so stehen und Gassel („Wir sind dabei!“). Ich konnte Bühnen- und Kostümbildner*innen, auf sich wirken lassen. nicht länger untätig zuhause sitzen Assistent*innen, Inspizient*innen, Büh- und gab mir selbst ein neues Projekt: nen-, Ton- und Lichttechniker*innen, Wie es dazu kam: Nun, ich fand mich, eine Demo. Ich wollte unbedingt öf- D r a m a t u r g * i n n e n , ironischerweise am Freitag, dem 13. fentlich auf unsere verzweifelte Lage Maskenbildner*innen, März, vor vier abgesagten bzw. ver- aufmerksam machen und für das Musiker*innen, DJ´s, Bildende schobenen Theaterproduktionen und kämpfen, das mir alles bedeutet. Ge- Künstler*innen, Veranstalter*innen, damit der Aussicht auf sechs arbeits- sagt, getan. Nachdem die Versamm- Clubbetreiber*innen, Autor*innen lose Monate wieder. „Etwas kommt lung angemeldet und die Veranstal- und Intendant*innen aller Genres und mir bekannt vor“ im Theater praesent tung erstellt war, war ich überwältigt Sparten, Hochkultur wie Subkultur, wurde eine Woche vor der Premiere davon, wie groß die Solidarität der deren Familienmitglieder und, was eingestellt, „Nur Kinder, Küche, Kir- Szene und ihr Bedürfnis ist, in Aktion besonders schön war, auch unser che?“ von Triebwerk 7 (ehem. tON/ zu treten. Wie ein Lauffeuer verbrei- hochgeschätztes Publikum kam zur NOt) stand kurz vor Probenbeginn, tete sich der Aufruf zur „Schweige- Unterstützung. Und nach einem „An- darauf folgen sollten „Jena Para- minute für den drohenden Kulturtod“ pfiff“ war es schließlich so weit: Rund dies“ im Rahmen des Dramatikerfes- in sozialen Netzwerken und Medien, 450 Menschen standen gemeinsam tivals und schlussendlich ein langer wurde dankbar angenommen und sechs Minuten lang, symbolisch für Open-Air-Sommer mit dem Team der fleißig geteilt. sechs Monate „Berufsverbot“ mit „Verkauften Heimat“ bei den Tiroler Mundnasenschutz mucksmäuschen- Volksschauspielen. Letzteres liegt mit Am Tag der Demo stellten wir ca. 30 still und taten, wozu sie verdammt Abriss der Spielstätte in der Südtiroler Stühle vor dem Freiheitsdenkmal auf. wurden: Schweigen. Denn ohne Siedlung Telfs buchstäblich in Schutt Mit vorgegebenem Mindestabstand Kunst, so finden wir, ist alles nichts. und Asche. Ich befand mich, wie vie- von einem Meter und hinter Absperr- Wie dort alle in ihrer Ohnmacht stan- le Kolleg*innen, völlig im Schockzu- band sollten sie symbolisch für die den, bei diesem Anblick ging einem stand, da man natürlich monatelang leeren Bühnen und Säle der Häuser, das Herz auf und über. Die „Schwei- auf Produktionen hingearbeitet und Vereine und Venues des Landes ste- geminute“ entlud sich schließlich in keine Ahnung hatte, wie es weiterge- hen. Kurz vor 16 Uhr füllte sich der zugleich befreienden und beklem- hen soll. Für die Kunst und Kultur war Landhausplatz mit immer mehr Men- menden, minutenlangen Applaus und es eine Vollbremsung von Hundert auf schen, die mithilfe von selbstgebastel- Pfiffen Richtung Landhaus, dessen Null, eine totale Bruchlandung. Vor al- ten Schildern ihren Namen und Beruf Fenster leider während der gesamten lem für Freischaffende bedeutete das: offenlegten. Es war uns ein besonde- zwei Stunden unserer Anwesenheit 8 | darstellendes spiel
geschlossen und leer blieben. Tirol hat als kleines Alpenland ein beachtliches Kunst- und Kulturan- Ich werde diesen Tag nie vergessen gebot, auch abseits von Hochkultur, und danke allen Beteiligten, die dazu Traditionswesen, Klassik und Volks- beigetragen haben und dem Aufruf musik. Die Szene ist bunt, vielfältig, gefolgt sind. Ich denke, wir konnten, fleißig, innovativ, mutig und kreativ, auch dank der Berichterstattung sei- was auch außerhalb der landes- tens ORF, Tiroler Tageszeitung, Be- grenzen längst Beachtung findet. zirksblättern und Krone, gemeinsam Kultur will keine Sonderbehandlung ein wichtiges Zeichen setzen. es und hält sich für nichts Besseres, war ein großes Aufeinandertreffen hier wollen schlicht arbeitende und mit der „zweiten“ Familie, viele be- steuerzahlende Menschen als sol- kannte, aber auch bisher unbekann- che wahrgenommen werden, dem te Gesichter strahlten sich an und Versprechen der Regierung „Nie- tauschten sich nachher noch rege mand wird zurückgelassen“ Glau- über ihre Situation aus. ein trauriger ben schenken und ihre Berufe nicht Grund der Zusammenkunft wurde verlieren, die sie sich hart erlernt und von einem freudigen Wiedersehen erarbeitet haben. Die Szene arran- und Kennenlernen erhellt, schenkte giert sich bemüht mit allen Auflagen, Hoffnung und mutierte zugleich zu Abstandsregelungen und Vorschrif- einem geschichtsträchtigen ereig- ten, aber großteils ist es aus Platz- nis. Als hätten wir es geprobt! mangel nicht möglich, ansatzweise rentabel zu wirtschaften. „Vorhang Ich kann nur nochmal betonen, al- zu“ ist leider oft die billigere Varian- les, was die Kunst und Kulturbran- te und das ist schade, vor allem die che will, ist Gleichbehandlung mit Konzert- und eventbranche trifft das allen anderen Branchen, immerhin sehr hart. Zahlreiche Freischaffende sprechen wir über 180.000 Betrof- und Selbständige fallen durch die fene in Österreich und haben eine Raster von Härtefallfonds oder Ar- jährliche Bruttowertschöpfung in beitsstipendien, warten immer noch Milliardenhöhe. Wir sind also auch auf angekündigte Hilfspakete und für die Wirtschaft, aber vor allem für ringen nach lösungen, um Kosten Geist, Herz und Seele der Gesell- für Miete und lebenserhaltung auf- schaft sehr wichtig und es ist trau- bringen zu können. Verständlicher- rig, sich hierfür immer wieder aufs weise ist der Ärger unter Betroffe- Neue beweisen und rechtfertigen nen, die weiterhin brav Steuern und zu müssen. Die „Kulturnation“ Ös- Abgaben bezahlen, groß. Wir hoffen terreich rühmt sich gerne mit ihren sehr, dass Rettung naht, denn eini- Musiker*innen, Komponist*innen, ge Vorhänge werden nach der Krise Maler*innen. „Kultur“ ist der Haupt- sonst leider nicht mehr aufgehen. beweggrund von Touristen, unser schönes land zu besuchen, noch Der Rest ist Schweigen. vor der Natur wohlgemerkt. Mit stolz- geschwellter Brust kann ich sagen, Julia Jenewein darstellendes SPIel | 9
MIT SPITZER MIT SPITZER FEDER Interviews mit Tiroler Autor*innen Das Redaktionsteam hat sich aufgemacht und Tiroler Autoren und Autorinnen besucht. Die schreibende Zunft war durch die Auswirkungen der Pandemie weniger eingeschränkt in ihrer Tätigkeit. Es wird auch Zeit, den Geschichten-Erfinder*innen ein wenig Platz zu geben und sie zu Wort kommen zu lassen. CHRISTINE FREI Die Performerin Im Gespräch mit Almud Magis W enn eine das Witz genüsslich zerlegen kann, dann ist sches Ereignis, seien es persönliche Er- erste prägen- diejenige ziemlich sicher Christine Frei. fahrungen, die sowieso immer im Kon- de Jahrzehnt in Schreib-Anfänge finden sich schon in der text von Gesellschaft und Geschlecht Süddeutschland Schule, als Frei Gedichte verfasste und betrachtet werden. (Baden-Württemberg), das zweite in vom Lehrer ermutigt wurde, Schriftstel- Das Zusammenarbeiten mit anderen Südtirol (Schlanders), die folgenden lerin zu werden. Während des Studiums war von Anfang an ihre bevorzugte Art Jahrzehnte in Nordtirol (Innsbruck und der Germanistik und Geschichte in Inns- des Arbeitens. Zu den Ring-Insignien Umgebung) verbracht hat, dann ist sie bruck putzte sie abends in einer Werbe- und Farbcode-Bildern ihres Mannes wohl aufmerksam geworden auf die ei- agentur. Wie in einem amerikanischen machte sie Textessenzen, ebenso zu gene Sprache. Auf deren Klang, deren Film sah sie sich neugierig die Texte an, Bildern einer Fotografin, die sie beein- Wörter, deren Dialekte, deren Sprach- die auf den Bürotischen herumlagen, druckte. Dann begann sie, ihre Gedich- ebenen. Wenn sie dann auch noch in und fand, das könne sie auch oder bes- te zu performen, und das wiederum unterschiedlichen Branchen gearbeitet ser. Sie stieg in die Branche als Texterin brachte sie zum Theater, als ein Teil des hat (Werbung, Politik, Industrie, The- ein, lernte, verschiedene Textsorten zu lyrischen Zyklusses „Geliebtes Phan- ater, Bankwesen, Kommunikation), schreiben, setzte aber später noch eine tom“ für eine freie Theaterproduktion dann hat sie nicht nur etwas, sondern Weiterbildung in PR und Kommunikation ausgesucht wurde. Immer wieder hat viel zu erzählen und zu gestalten. Wenn drauf. So bereicherte sie ihre Kenntnisse sie anlässlich bestimmter Ereignisse sie dazu noch kreativ ist, engagiert in um Werbe- und Business-Sprache, was (wie Innsbrucker Theaterfestival oder Ti- Gesellschaft und Medien, zudem über ihr immer wieder zugute kommt, z.B. in roler Dramatikerfestival) mit der Gruppe eine poetische, elaborierte Sprache ‚Bonus-Track‘ 2010, eine Auftragsarbeit coop.fem.art Stücke gezeigt - ‚Stiefwitt- und gestalterische Mittel verfügt, alles für „Theater trifft“, die sich mit dem Bör- chen‘ 2008, ‚Sirenen.Probe‘ 2012 oder miteinander zu verbinden und durchei- sencrash auseinander setzt. Christine ‚Brautstehlen‘ 2014, die ihre Lust an der nander zu wirbeln, so dass sie unsere Frei schreibt vor allem dann, wenn sie Antike, an Archetypen, Märchen und Gesellschaft mittels Poesie, Ironie und von etwas bewegt wird, sei es ein politi- Erzählungen, alles gut geschüttelt und 10 | darstellendes spiel
FEDER gerührt, verdeutlichen. Foto: Privat Ein besonderes Highlight war 2008 die Kooperation mit dem Landestheater, genannt ‚Tanzen und Wandern‘. Wer dabei war und es genießen konnte, wird den Theaterabend im Gedächtnis be- halten. Freis Texte, eingebettet in eine wechselnde Landschaft, durch die man von Innsbruck mit der Straßenbahnn an den Lanser See fuhr bzw. wanderte. Bei verschiedenen Stationen bekamen die Besucher*innen unterschiedliche Sze- nen serviert. Unvergesslich die Zwerge der Tante Gert (bei der Haltestelle Tan- tegert), die Weise Frau, das streitende Ehepaar. Für Frei ein Glücksfall an ge- lungener Kooperation zwischen Autorin, Regie, Musik und Natur. Eine Wahrheit lernte die Autorin: Das Publikum liebt auch das, was von der Kritik abgelehnt oder überhaupt verschwiegen wird. Dreimal wurde ‚Tanzen und Wandern‘ wiederholt, weil der Publikumsandrang so groß war, jedoch erschienen keine Kritiken und auch fast keine Kolleg*innen vom Fach. Ähnliches erlebte sie, als sie in Telfs bei den Volksschauspielen 2016 ‚Die disziplinierte Tirolerin‘ im Krane- witter Stadl zeigte, ein Stück, das die Kritiker*innen ob der lebensfernen und Ein Beispiel aus ‚Tanzen und Wandern‘: III. äxte und texte unverständlichen Sprache verrissen, aber vom Publikum und der lokalen erich: Presse besonders wegen der guten Ver- ständlichkeit und Lebensechtheit gefei- ich bin am weg. der ert wurde. sonst bin ich weg. er schert sich um nichts Ihre lyrisch-poetisch-spritzig-frechen muss endlich die mailbox außer Texte entziehen sich der Kategorie Lyrik neu besprechen. um seins und haben oder Dramatik und sind einfach beides ich bin am weg für sie. also noch mal sind: lyrisch und dramatisch. was soll das heißen. ich bin für sie „ Diese zu lesen, ist gar nicht einfach, wir sind für sie unter- unterwegs nach irgend- denn die Autorin hat bislang noch auf Publikationen oder Verleger*innen ver- wegs. wo zichtet. Schade. Viele warten darauf, wir von gottes gnaden ihnen die kohlen aus dem dass sie der Flüchtigkeit Dauer verleiht. der gott ist ein sharehol- feuer zu holen darstellendes spiel | 11
stefan hellbert Der Vielseitige Im Gespräch mit Julia Jenewein Foto: Privat stefan hellbert ist 1963 in innsbruck geboren und im sellraintal aufge- wachsen. Der gelernte büromaschi- nenmechaniker lebt und arbeitet heute in Jenbach und Kramsach. seit seinem 17. lebensjahr spielt stefan hellbert theater, 1980 begründete er u.a. die „heimat lose bühne seilrain“ (mittlerweile „melachbühne sellrain“). seit 1995 schreibt stefan hellbert au- todidakt theaterstücke, in seinen 15 veröffentlichten und zahlreich aufge- führten volksstücken erzählt er die meist tragische geschichte fiktiver und realer tiroler charaktere. wir ha- ben ihm dazu ein paar fragen gestellt. „ ursprünglich inspiriert haben mich die erzählungen mei- ner großmutter! 12 | darstellendes SPIel
Nah & fern Lieber Stefan, du hast fünfzehn zoll“ 2008 am Originalschauplatz in Dramen verfasst, bist aber nicht Schnann am Arlberg. hauptberuflich Dramatiker? Wilhelm Woher nimmst du deine Inspirati- Genau. Ich bin Produktentwickler, las- on und wie lange arbeitest du an se mich aber als Autor stets inspirieren. einem Stück? Ich verfasse seit 1995 Stücke mit und ohne Auftrag, schreibe auch szenische Stadtführungen, Knappenspiele oder Ursprünglich inspiriert haben mich die Erzählungen meiner Großmutter, und Köhler Verlag Gasthaustheater. Als Drehbuchautor auch heute noch bereite ich aus Zeit- ist es vielleicht leichter, aber als Thea- zeugenberichten und historischer Re- terautor zu überleben ist hart, vor allem cherche Themen auf, die mich fesseln. mit Familie unmöglich. Aber Traum und Viele meiner Figuren hat es wirklich Leidenschaft ist es immer geblieben. gegeben, mir ist es wichtig, das zu do- kumentieren. Im Normalfall arbeite ich NEUE ADRESSE: Vor einiger Zeit wäre immerhin fast meine Fassung von Günter Grass‘ „Die an einer Fassung zwei bis drei Mona- D-81825 München Blechtrommel“ am Theater in der Jo- te, präzise historische Recherche, wie Rauschbergstr. 3a, sefstadt gespielt worden. bei meiner Trilogie aus der NS-Zeit, Tel.: 0049/89/3605489-0 dauert aber länger. Mich interessieren ähnliche Schicksale und Hintergründe Telefax 0049/89/3615196 Deine Stücke werden von Dorf- und Laienbühnen zahlreich aufgeführt. wie den Felix (Anm.: Mitterer), aber er wilhelm-koehler-verlag.de Wie oft bekommst du Anfragen ist mir leider immer einen Schritt vor- und: Hast du eine Lieblingsinsze- aus, wie z.B. mit den Südtirolern bei Volksstücke, Komödien, der Verkauften Heimat (lacht). nierung? Lustspiele, Schwänke Ich bekomme bestimmt zwei bis drei Woran arbeitest du im Moment? und Boulevard Anfragen im Jahr, es gibt Aufführun- gen in Nord-, Ost- und Südtirol, Bay- „Schlafes Bruder“ wird hoffentlich in Dialekt und ern, Oberösterreich, Niederösterreich bald, nach Corona, in Rattenberg ur- u.v.m. 2002 wurde z.B. „LaGrand“ und aufgeführt. Außerdem arbeite ich an Hochdeutsch 2003 „Die Polaggenhur“ im Theater im Lendbräukeller oder 2004 „Vakuum „Die langen Leiden der Anna Peer“, ei- nem Euthanasieopfer aus Sellrain, die Bräutigam, Kaspari, oder Alles Puschkin“ bei den Tiroler in Hartheim bei Linz verhungerte. Mir Kling, Landstorfer, Lex Volksschauspielen erfolgreich uraufge- geht der Stoff „zum Glück“ nicht aus. führt. Mein meistgespieltes Werk ist die Pfaus, Pohl, Santl, Vielen Dank lieber Stefan Hellbert, für 2011 entstandene Bühnenfassung von „Die Siebtelbauern“ nach dem gleich- das interessante Gespräch und wei- Schaurer, Vitus namigen Film von Stefan Ruzowitzky. terhin viel Erfolg! Wallner, Willinger Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Uraufführung von „Seelen- u.v.m. suche auch unter: theatertexte.de theaterverbandtirol.at darstellendes spiel | 13
MIT SPITZER SIEGLINDE UNTERWEGER Die Bewundernswerte Im Gespräch mit Thomas Gassner Mein Wunsch ist es, zur allgemeinen Erheiterung des Lebens beizutragen! „ Es war ein launiger Nach- Quarantäne- Vormittag und ich machte mich auf, meinen ersten Besuch zu starten. Eine freund- liche, ältere Frau öffnete mir die Tür. Ihre ganze Le- bensgeschichte zu hören, hat mich tief bewegt. Sie meistere alle Herausforde- rungen, indem sie schreibt – Komödien. Was für ein Vorbild. Was für eine star- ke Frau! Foto: Privat 14 | darstellendes spiel
FEDER Frau Unterweger, könnten Sie sich mich der Wunsch, die für mich zu streng Rausch. bitte ein wenig vorstellen? verfasste Schöpfungsgeschichte mit Ich muss atmen, der heutigen Zeit, in Form einer heiteren mein Lauschen in mir entzünden! Mein Name ist Sieglinde Unterweger. Darstellung, den Menschen näher zu Träume ich? Ich bin eine 67jährige Innsbruckerin bringen. Die Flammen werden größer! und Mutter von fünf Kindern. Die eige- Ein Fliehen der Worte, ne Kindheit habe ich aufgrund der Al- Wie geht’s bei Ihnen weiter? ein Begehren. koholkrankheit meiner Mutter in einem Kinderheim verbracht. Mit 16 Jahren Es würde mich natürlich riesig freuen, Der Regen, entdeckte ich meine Liebe zur Dicht- wenn eine Bühne eins meiner Stücke blasse Schimmer wehen sich mir kunst. Das erste Gedicht, das ich dazu- spielen und ich zur allgemeinen Erheite- entgegen. mal verfasste, beschäftigte sich mit dem rung des Lebens beitragen könnte. Das Februarnacht Problem meiner Mutter. Es erschien mir ist es, was mir am Herzen liegt. wie eine Entlastung, als ich diese Zeilen Sie ruft zu mir! zu Papier brachte. Dem folgten noch ein Danke für das Gespräch. „sei reich an Gaben, paar Gedichte und anschließend eine welche dich reinigen größere Pause. Mit 25 Jahren dräng- Übrigens haben wir schon ein Stück von so wie ich das Land.“ te es mich wieder, ein paar Zeilen zu Sieglinde Unterweger in unserer Biblio- schreiben und es folgten mehrere Ge- thek aufgenommen, und man kann es Wieder ein Licht, dichte und Balladen. gerne zum Lesen ausleihen. Andere fol- das in seiner Hoffnung drängt. In der Zwischenzeit hatte ich geheiratet gen. und schenkte meinen fünf Kindern das „A himmlische Habari“ Bibliotheknum- Ich will es lösen Leben. mer: 563-04 das Rätsel in mir! Es ist so schön Wie kamen Sie dazu, Theaterstücke zu wandern, zu schreiben? zu träumen. Mein Familienleben, das ich im Laufe Hier ein Textauszug aus ihrem letzten Ich hebe meinen Blicke zum Him- der Jahre mit meinen halbwüchsigen Gedicht: mel empor, Kindern führte (und das ebenfalls mit bergkristallengleich schweren Schicksalsschlägen gespickt Der Poet Gestirne des Kosmos bereiten war), war auch immer wieder mit obsku- sich ren Überraschungen versehen, sodass Tröpfelnd im Winde vor, ich die nötige Inspiration erhielt, darüber neigt sich Ergießen zu den Arealen denn der Wind, Komödien zu schreiben. Vier meiner Ko- Dunkelheit, wie sein winterlicher Regen mödien verfasste ich mit dem Obertitel: Einsamkeit, neigte sich. „Bei uns ist immer was los!“. Das erste schenkt friedvoll Erschauern Stück hieß: „Der ganz normale Alltag.“ Wohlige Wärme (das ganze Gedicht liegt der Redak- Dann folgten: „Liebe, Scheidung und Singend greift meine Liebe zur Feder tion vor) Moneten“, „Der Computer als Schür- Worte, zenjäger“ und „Großmutter auf Abwe- Gedanken, Innerlichkeit gen“. pulsierend tragend, Bei „A himmlische Habari“ überkam treiben Gefühle in poetischem darstellendes spiel | 15
MIT SPITZER Andrea Steinlechner Die Radikale Im Gespräch mit Benjamin Nicolussi Castellan Andrea Steinlechner befindet sich seit Beginn der Coronakrise auf La Palma. In einer Blase, fern vom Trubel Innsbrucks, um mit sich selbst wieder ins Reine zu kommen. Sie betätigt sich dort hauptsächlich als Gärtnerin, sodass ich sie mit meiner Anfrage um ein Interview erst wieder daran erinnerte, dass sie ja auch Autorin ist. In einem Telefonat über mehr als 4000 km sprechen wir etwa eine dreiviertel Stunde über Wölfe, Begehren und Theater. Seit wann schreibst du? es dadurch niederschreiben. Und das Der Hintergrund ist immer Sexualität, Ich schreibe jetzt seit ungefähr 25 Jah- ist mir wichtig. und Menschen, die das nicht zugeben, ren. verleugnen diesen Umstand. Es ist im Worum geht es in deinen Texten? Unterbewusstsein verankert und hat War Autorin ein Wunschberuf? In meinen Texten geht es um das Frau- von der Geschlechtsreife bis ins hohe Nein, eigentlich nicht. Ich habe nur im- Sein und das Begehren. Das Wort „Lie- Alter immer mit Sexualität zu tun. Und mer mein Seelenleben zu Papier ge- be“ ist für mich die größte Lüge auf die- eine gute Sexualität ist der Hauptnähr- bracht, und durch Egon A. Prantl habe ser Welt, und alles, was zwischen zwei boden für eine gute Beziehung. ich dann mit ihm zusammen den ersten Personen, zwischen Mann und Frau, Roman veröffentlicht. Und so bin ich zur abläuft, ist immer eher Begehren. Denn Entspricht das nicht auch der patri- öffentlichen Autorin geworden. solange man einen anderen Menschen archalen Vorstellung, die Frauen auf begehrt zum Beispiel, tut man ihm nicht ihre Sexualität reduziert? Romane, Gedichte, Theaterstücke. weh. Wie viele liebende Ehemänner be- Ich habe mich nie dadurch betroffen ge- Schreibst du alles? trügen ihre Frauen und sagen gleichzei- fühlt. Für mich ist es etwas Natürliches. Gedichte und Theaterstücke sind meine tig: „Ich liebe meine Frau“? Ich finde es schade, dass die Frau ihr Stärke. Ich bin keine Prosaschreiberin. Frau-Sein aufgibt, wenn sie lieber in den Außerdem sind fast alle meine Gedichte Begehren ist also aufrichtiger als Swingerclub geht, um mit „Anonym“ zu autobiographisch. Meine Stücke haben Liebe? vögeln, anstatt sich von einem Mann immer einen wahren Hintergrund und Ja, schau, es ist eine ganz einfache begehren und anflirten zu lassen. Au- Bezug zu meinem Leben. Auch meine Schlussfolgerung: Wenn du eine Frau ßerdem ist man heutzutage so frei, dass Lyrik. begehrst, sei es deine Ehefrau, Freun- man sich sein Gegenüber aussuchen din oder Geliebte, dann wird es dir nie kann, und wenn die Vorstellungen des Sollte Autorenschaft deiner Mei- in den Sinn kommen, sie zu betrügen. anderen einem nicht passen, muss man nung nach immer auch autobiogra- Liebe ist hier das falsche Wort, das ver- eben sagen, das ist nicht mein Partner, phisch sein? wende ich in anderen Kontexten. Ich lie- oder so. Aber sich aneinander klam- Ja, das denke ich schon. Weil es dann be meine Enkelkinder zum Beispiel. mern und ein Kompromissleben leben, authentischer ist und nicht irgendeiner nur weil man gemeinsam ein Haus ge- Phantasie überlassen. Und ich kann im- Ist das Begehren immer auch sexu- baut hat oder eine gemeinsame Firma mer sagen: „Das habe ich erlebt“ und ell? hat, das sind alles Fallen, in die wir heut- 16 | darstellendes spiel
FEDER zutage hineintreten. Und Sexualität wird gekommen, und dabei sind wir dann leicht Schwierigkeiten bekomme, aber hier immer ganz weit hinten angestellt, auch geblieben. ich bin wohl ein zu kleines Licht, und so in den Ehen, in den Langzeitbeziehun- ist das Ganze dann ziemlich sang- und gen. Ich habe mich damit intensiv be- Deine Texte sind auch oft sehr kri- klanglos über die Bühne gegangen. In schäftigt und mich bei Onlinedating-Sei- tisch. Fühlst du dich verstanden? meinem Stück „Damenabend“, das ten angemeldet, um dort ein bisschen Ja, ich prangere die Gesellschaft sehr ra- 2016 beim Dramatikerfestival war, habe zu spionieren. Das waren vorwiegend dikal an. Und ja, die „Lustreise“ war zum ich fünf Archetypen von Frauen auftre- verheiratete Männer, mit denen ich zu Beispiel damals (Anm. 2011) im verbale ten lassen, und ich habe gewusst, dass tun hatte. Und da fragt man sich dann, forum am Innrain, und dort waren vie- sich 90% der Anwesenden damit identi- was führt dieser Mann für eine Ehe? Ich le junge Psychologiestudent*innen, die fizieren können. spreche mit vielen Menschen und habe stundenlang mit mir geredet haben, weil die Gabe, dass sie mir auch recht intime sie verstehen wollten, was in Begehren Arbeitest du derzeit an einem neuen Dinge erzählen, und in meinen zweiund- und Sexualität alles drinsteckt. Ich den- Stück? sechzig Jahren ist mir noch keine glück- ke, dass, wenn die Menschen sich inter- Derzeit nicht, ich habe gerade eine liche Ehe untergekommen. Heute ist die essieren, ich schon auch kleine Lichtlein gewollte Schreibblockade. Aber mein Frau klüger und wechselt ihre Partner. anzünden kann. Ich habe zum Beispiel nächstes Stück wird dann bald heraus- Es ist ganz selten, dass eine Frau bis in Tunesien gelebt und dort meine „Wüs- kommen. Es handelt von jungen Men- fast ans Lebensende mit demselben te“ geschrieben, die auch beim Dramati- schen und was da abgeht bei uns, ei- Partner zusammen ist. kerfestival auf der Bühne war, über den gentlich europaweit, und wird so ähnlich Libyenkrieg und habe darin die Nato wie Kafkas Prozess. Aber wünscht sich nicht jeder ziemlich angeprangert. Ich habe mir sei- grundsätzlich eine beständige Be- nerzeit gedacht, dass ich deshalb viel- Vielen Dank für das Gespräch. ziehung? Doch, klar. Und man wünscht sich auch deshalb die alten Beziehungsmodel- le zurück, weil die Frau in ihrer ganzen Emanzipation eigentlich wahnsinnig viele Fehler gemacht hat. Sie hat den In meinen Mann zur Schnecke gemacht, als klei- ne Würmchen kriechen unsere Männer Texten geht jetzt umher, und die Frauen werden im- mer stärker. Frau steht jetzt aber alleine es um das da, ohne ihren Wolf an ihrer Seite, weil Frau-Sein den hat sie vorher zunichte gemacht. und das „ Der Wolf ist ja ein zentrales Bild in deiner Sprache. Begehren. Ja, der Wolf. Ich war ja Langzeitgeliebte des Egon A. Prantl und wir haben uns eigentlich als Outlaw-Menschen ver- standen, die mit ihren ganzen Ansichten gegen die Gesellschaft leben, und da ist uns der Wolf als Synonym für „hart im Foto: Privat Nehmen“ und Verruchtheit in den Sinn darstellendes spiel | 17
MIT SPITZER ernst spreng Der Sensible Im Gespräch mit Stephanie Larcher-Senn ernst spreng ist ein 49jähriger schwazer, der nach seiner zeit als Journalist „noch was anderes“ machen wollte und einfach nochmal studierte, um lehrer zu werden. nach der pädagogischen akademie hat es ihn durch zu- fall nach hopfgarten verschlagen, wo er inzwischen seit fünf Jahren lehrer für sonderpädagogik und inklusive bildung ist. als ob das nicht schon eine interessante geschichte an sich wäre, hat er außerdem vor zehn Jahren begonnen, theaterstücke zu schreiben. Das ist nun mein grund, warum ich mich aufgemacht habe – in zeiten von corona natürlich nur zu meinem schreibplatz – um mit ernst spreng zu telefonieren. wie sind sie zum schreiben gekom- men? Das Schreiben hat immer irgendwie zu meinem leben gehört. Ich war ja Jour- nalist und habe lange Zeit die Sehnsucht verspürt, mehr zu schreiben. Vielleicht ein Buch, dachte ich, aber schlussend- lich wurden es dann Theaterstücke. In meinem Fall waren es eigentlich sehr oft Anfragen. Man kennt viele leute und wird dann immer mal wieder ange- sprochen. „Was kann man denn da ma- chen?“ Und die Antwort war mein erstes Theaterstück. Der Tourismusverband St. Anton wollte vor zehn Jahren das 100jährige Bestehen eines Museums feiern und fragte mich, was ich mir da so vorstellen könnte. Und schon waren die Idee und bald auch das Stück dazu ge- boren. Inzwischen wurden bereits zehn meiner Stücke in Tirol aufgeführt. Foto: Privat 18 | darstellendes SPIel
FEDER wie gehen sie beim schreiben vor? tivierte Arbeitsgruppe. letztendlich haben wir ihn wegen der location gewinnen können. Als er mit Ich habe immer ein kleines Büchlein bei was interessiert sie persönlich an mir die Kirche betrat, war klar, er muss mir, in das ich Sätze oder Aussagen rein- dieser geschichte? die Regie übernehmen. schreibe, die mich irgendwie angespro- Zum einen ist es die Sehnsucht, etwas chen haben. Sei es aus der Zeitung, in Besonders zu tun. Der Glasfabrikant, was wollen sie jenen mitgeben, die einem Theaterstück, das ich sehe, oder ein klassisch gläubiger Mensch, woll- sich zum ersten mal an das schrei- wenn irgendwer was Kluges sagt. Dann te diese Kirche für seine Mitarbeiter ben eines stück heranwagen? kommt die Idee zu einem bestimmten bauen lassen. Und zum anderen ist es Thema, das mich interessiert. Bei mir das Scheitern. Wie geht jemand mit so Wer Bock darauf hat zu schreiben, steht dann der Titel meist schon als ers- großer Sehnsucht damit um, wenn die sollte sich eine Geschichte aus der tes fest. Dann kommt das Grundgerüst, Vision scheitert? Natürlich habe ich die Umgebung suchen, die man selbst ich mache mir Notizen und entwickle Geschichte dann mit zwei Protagonis- spannend findet, und diese weiterspin- den roten Faden bis zum ende mit Hö- ten - einem liebespaar - versehen, an nen. Am besten, man spricht mit vielen hepunkt und der Frage ob es ein Hap- deren Beispiel das Scheitern miterlebt leuten, hört dabei vor allem gut zu und pyend gibt oder nicht. Den roten Faden wird. bleibt immer neugierig. Dann fliegen notiere ich auf Flipcharts in Stichworten. einem die Geschichten richtig zu. Vom Als nächstes mache ich mich an die wann wird das stück gespielt? Daheimsitzen und Fernschauen wird entwicklung der Charaktere. Und dann niemand Theaterautor. kommt das Schreiben. Das ist dann ein- Ursprünglich war es für Juni 2020 ge- fach das Handwerk, wo ich die Punkte plant, aber da hat uns Corona einen lieber ernst, es war ein sehr interes- (einleitung, Hauptteil, ende, wo kommt Strich durch die Rechnung gemacht. santes Gespräch. Ich kann es kaum die Pause?) abarbeite und die Dialoge Wir haben lange überlegt, es aber letzt- erwarten, das Stück „Glashütt – Die entwerfe. Ich nehme mir dann kompakt endlich auf Juni 2021 verschoben. Zum Sehnsucht des Sandkorns“ im Juni Zeit und schreibe bis zu acht Stunden Glück haben die Sponsoren die Mittel 2021 zu sehen! am Tag. auch für nächstes Jahr schon zugesagt. Da sind wir alle sehr dankbar. es ist ja ein Stephanie larcher-Senn wie kam es zu dem aktuellen stück Riesenprojekt. Bis auf den Strom muss „glashütt“? wirklich alles an den Spielort gebracht werden. Aber der Aufwand ist es auf je- (Projektbeschreibung von „Glashütt“ Der Bürgermeister von Hopfgarten hat den Fall wert. Da ist eine Atmosphäre, auf den nächsten Seiten.) das Thema angeregt und fand mit dem die man kaum beschreiben kann. Das Tourismusverband, der Volksbühne muss man einfach gespürt haben. Das Hopfgarten und mir als Autor eine mo- hat auch Markus Plattner überzeugt, darstellendes SPIel | 19
„Glashütt – Die Sehnsucht des Sandkorns“ von Ernst Spreng Auf Initiative der Marktgemeinde Hopfgarten wird die Kirchenruine Hörbrunn zum Schauplatz eines Theaterstückes. Der Tiroler Autor Ernst Spreng schrieb ein Stück für die Volksbühne Hopfgarten über Sehnsucht und Scheitern – und warum diese Kirche nie zu Ende gebaut wurde. 2 000 hat die Gemeinde sein dürfte. Er baute für die Kinder sei- tigen Kirche heiraten. Jeder von ihnen Hopfgarten im Brixen- ner Mitarbeiter*innen eine eigene Schule hat seine Sehnsüchte. Alle glauben da- tal damit begonnen, ei- und begann, direkt neben seiner Glas- ran, dass sich ihre Träume bald erfüllen nen besonderen Ort der fabrik eine Kirche zu bauen. Dann holte werden. Doch Glück und Glas brechen Nachwelt zu erhalten. Die Kirchenruine den Glasfabrikanten und seinen Traum leicht. In ganz Europa wird auf das Li- Hörbrunn im Ortsteil Glashütt ist Zeuge von einer eigenen Kirche die wirtschaft- ter-Maß umgestellt, in der Glasfabrik einer Zeit, in der in diesem abgeschie- liche Realität ein. Die Glasfabrik konn- bei Hopfgarten wird weiter ein anderes denen Ort zwischen Hopfgarten und te nicht mehr gewinnbringend geführt Hohl-Maß produziert. Kelchsau eine florierende „landesfürstli- werden. Die Kirche wurde nie zu Ende Auch der Bahnbau durch das Brixental che Glasfabrik“ stand, die in ihrer Hoch- gebaut. verzögert sich, und die Geschäfte laufen zeit rund 200 Menschen Arbeit gab. Heute ist die Kirchenruine mitten im so schlecht, dass die Glashütte nicht Die Ruine ist aber auch Zeitzeuge des Wald abseits von jeglichem Trubel ein mehr wirtschaftlich zu führen ist. Der Niedergangs der Glashütte. Die Kirche – Platz, der viele Menschen magisch in Kirchenbau wird eingestellt, Pavel muss gedacht für die Arbeiter*innen der Glas- seinen Bann zieht. „Wir möchten hier zurück nach Tschechien. Und Marie? hütte – wurde nie zu Ende gebaut. ein Theatererlebnis schaffen, das die Sie hält an ihrer Sehnsucht fest, an die- Neben den historischen Bezügen han- Zuschauer*innen für zwei Stunden in sem Ort ihr Glück zu finden. Wird sie an delt „Glashütt – Die Sehnsucht des eine andere Zeit und Welt führt und die- ihren Sehnsüchten scheitern? Sandkorns“ aber auch von aktuel- sen Ort mit Licht, Musik und Schauspiel „Das Stück zeigt nicht nur die Geschich- len Themen. Dem Schriftsteller Ernst für kurze Zeit wieder zu dem machen, te dieses Ortes auf“, erklärt Autor Ernst Spreng, der als Lehrer in Hopfgarten was es einst war: eine fast fertige Kir- Spreng. „Es befasst sich vielmehr damit, einen starken Bezug zur Gemeinde che“, erklärt Autor Ernst Spreng. Die wie wir mit unseren Sehnsüchten um- hat, ist es gelungen, in das historische Schauspieler*innen kommen von der gehen – und dem damit verbundenen Stück aktuelle Elemente zu integrieren. Volksbühne Hopfgarten, für die Regie möglichen Scheitern.“ So entstand auch Thematisiert werden das Scheitern einer steht ein bekannter Tiroler Regisseur zur der Titel des Stückes. Aus einzelnen großen Idee und die unbändige Sehn- Verfügung – Markus Plattner. Sandkörnern wird in der Glasschmel- sucht des Menschen, Teil von etwas Be- ze ein größeres Ganzes, ein schönes sonderem zu sein. Der Inhalt Glas. Aber dieses Glück, Teil von etwas Rund um 1870 ist die Welt in Glashütt in Größerem zu sein, ist zerbrechlich. „Die Der Spielort Ordnung. 200 Menschen arbeiten hier, menschliche Sehnsucht ist eine der gro- Die Kirchenruine Hörbrunn hat eine un- Glasherr Franz Friedrich ist stolz darauf, ßen Triebfedern unseres Lebens“, meint gewöhnliche Geschichte. Sie war die bald seine Kirche fertiggebaut zu haben. der Autor, „wir müssen aber auch da- Idee des Glasfabrikanten Franz Fried- Die junge Marie ist in den Glasschleifer mit umgehen können, dass sich Träume rich, der in der Zeit des 19. Jahrhun- Pavel verliebt. Die beiden versprechen mitunter nicht erfüllen.“ derts ein sozialer Arbeitgeber gewesen sich, die ersten zu sein, die in der fer- Quelle: Ernst Spreng 20 | darstellendes spiel
NAH & FERN NAH & FERN Berichte aus den Bezirken Theater für alle! heimatbühne Die geschichte der heimatbühne elmen beginnt ende der 70iger Jahre. elmen Damals wirkte man bei diversen faschingsumzügen mit und bei zahlreichen faschingsbällen wurden Kurzspiele („Die Drachentöter“, „Der gefangenen- reutte chor aus nabucco“, „cats“, „Die vier Jahreszeiten“) aufgeführt. A us diesem harten Kern, gestellten Gemeindesaal statt. Im lau- Seit unserem Bestehen wurde jedes dieser beinahe schon fe der Jahre erfreute sich das Theater Jahr ein neues Stück inszeniert, wobei als „Faschingsgilde“ zu immer größerer Beliebtheit und immer wir „fröhlichen Stücken“ der Spielplan- bezeichnenden Gruppe, mehr Zuschauer*innen folgten unseren gestaltung treu geblieben sind. taten sich dann einige Personen zusam- einladungen. Auch außerhalb unserer Die Kameradschaft und die Freude am men und beschlossen auf Initiative von gewohnten Spielstätte brachten wir die- Theaterspiel wird in unserem Verein Rosa Friedle, die Heimatbühne elmen se zum lachen. Aufführungen in lech großgeschrieben. Wir sind eine kleine, zu gründen. am Arlberg, Steeg, Stanzach und Brei- lustige Truppe und freuen uns, das Pub- Werner Ginther, derzeitiger Obmann tenwang schweben noch in unseren er- likum immer wieder zu begeistern. und Spieler, gehört seit der Gründung innerungen. Ihre Heimatbühne elmen unserem Verein an. Im Juni 1980 begannen dann die Pro- ben mit den von Pfarrer Nikolaus lech- leitner stammenden Kulissen im Rohbau des heutigen Gemeindesaales. Durch verschiedene Umstände und nicht zu- letzt der Tatsache, dass kein geeigne- ter Aufführungsort zur Verfügung stand, wurde die Probenarbeit immer wieder zurückgestellt. Zwischendurch spielten wir immer wieder Kurzstücke bzw. ein- akter und gaben bei vorweihnachtlichen Veranstaltungen für Senioren im Gast- haus Kaiserkrone unser Bestes. Am 3. Juli 1982 war es dann soweit. Die erstaufführung „Der Hoamliche“ fand vor ca. 80 Zuschauer*innen im fertig- Foto: HB elmen darstellendes SPIel | 21
NAH & FERN Hallo Echo! - Hallo Impro! impropool von den Qualitäten des improtheaters und eines seiner missionare, alexan- der alscher, der als fachbereichsvertreter für improtheater und als obmann innsbrucK des vereins impropool überall in tirol auftaucht und seine leidenschaft an interessierte weitergibt. impropool – neuer player auf tirols bühnen „Improtheater“ hallt es dieser Tage durch Nicht nur buchbare Aufführungen sind Brux finden ebenfalls Anklang und das Tirols Täler, und ein durchwegs positives hier Programm, nein Impropool ist viel- neue Format „Impropool Open-Stage“, echo kommt zurück! seitig aufgestellt. Das Angebot erstreckt wo jeder sich auf der Bühne ausprobie- Da wurde auch gleich ein neuer Verein in sich nämlich von Workshops, über ren kann, macht jedermann/frau neugie- Innsbruck geboren: Impropool! Aus- und Weiterbildungen bis hin zum rig. Vereinsgründer und Obmann Alexan- Vernetzungsangebot für alle liebhaber Durch die Coronakrise sind diese Veran- der Alscher zeigt sich als motiviertes dieser Theaterform. staltungen leider alle gestoppt, aber um Organisationstalent und hat in kürzes- Alexander Alscher aufzuhalten, braucht ter Zeit eine Truppe impro-begeisterter „Tirol braucht mehr Angebot an Impro- es mehr als eine Pandemie. Sobald es Spieler*innen zusammengestellt. Aus visationstheater für leute vor und auf wieder möglich ist, werden die Impro- verschiedensten Altersgruppen und aus der Bühne!“ so Obmann Alexander Al- pooler wieder auf der Bühne stehen, sie unterschiedlichen Gegenden kommen scher und wird daher nicht müde, sei- stürmen und ihre Freude am Theater- Impropools Reservist*innen und sind ne Passion zu teilen und zu verbreiten. Spielen teilen. Das Publikum darf sich von Aufführung zu Aufführung in un- Seit Anfang 2020 präsentiert Impropool auf launige und humorvolle Formate aus terschiedlicher Kombination zu sehen, im Innsbrucker BogenTheater monatlich verschiedenen Impro-Genres freuen. vereint durch die liebe zum (Improvisa- verschiedene Improgruppen aus ganz tions-)Theater! Tirol. Die Workshops im Innsbrucker Stephanie larcher-Senn Foto: impropool; Alexander Alscher, Theatergruppe Heiterwang 22 | darstellendes SPIel
Nah & fern Berichte aus Heiterwang und Serfaus von der Zusammenarbeit mit Alexander Alscher Theatergruppe Heiterwang auch immer eine große Herausforderung geht. Dennoch entschlossen sich alle Elisabeth Weirather – Obfrau der Thea- in allen Bereichen dar. Neben einem Spieler*Innen, zumindest den Versuch tergruppe Heiterwang: Spielort (der hoffentlich auch ab und zu zu wagen und an den Proben teilzuneh- Impro Theater oder wie man früher sag- mal frei ist) und motivierten Spieler*Innen men!“, so der Obmann. te, „Stehgreiftheater“ hat mich schon braucht es außerdem auch ein gutes Ein Verbündeter in dieser Sache wurde lange interessiert. Bei den TheatertagenTermin-Management. auch schnell gefunden: Alexander Al- in Ehrwald waren wir von der Theater- Aus diesen vielfältigen Gründen wird scher. gruppe Heiterwang gleich mittendrin und es auch immer schwieriger, motivierte Alexander und seine reizende Assisten- hatten Feuer gefangen! Menschen zu finden, die Zeit haben, um tin Rebekka, führten die Spieler*Innen Schnell war Kontakt mit Alexander Al- auf und hinter der Bühne aktiv zu sein. auf ihre humorvolle und angenehme Art scher hergestellt und gleich im neuen Oft müssen auch die engagiertesten und Weise in die Welt des Improtheaters Jahr machten wir Nägel mit Köpfen. Ein Spieler*Innen sagen: „Ich würde furcht- ein und überzeugten auch die letzten WORKSHOP in Heiterwang! bar gerne spielen, es geht sich aber lei- Zweifler*Innen. Ein Name für die neue Was soll ich dazu sagen - zwei Tage vol-der nicht aus!“, „Da geht es leider nicht, Gruppe wurde schon bald gefunden: les Programm: Verschiedenste Möglich- da haben wir das Haus voll!“ usw. „Die Kellerfliegen“. keiten um sein Improvisationstalent aus-Aus diesem Grund hat sich „Theater Nach den Proben während der laufen- zuprobieren, wurden uns von Alexander Serfaus“ im letzten Herbst dazu ent- den Wintersaison feierten „Die Kellerflie- nahegebracht, und dabei haben wir viel schieden, neben den klassischen Büh- gen“ schließlich Anfang März Premiere gelacht und gelernt! nenstücken einen neuen Weg zu wa- in einer alten Kellerdisco in Serfaus - Ex- Noch heute zehre ich von dieser Erfah- gen. Die Rede ist vom Improtheater. klusiv für Familien und Vereinsmitglieder. rung und wir alle freuen uns auf einen Als der Obmann, Daniel Schwarz, das Leider machte die Coronavirus-Epide- weiteren Workshop, um dann sobald wie Konzept des Impro-Theaters den Mit- mie alle weiteren geplanten Auftritte zu- möglich unser „Können“ dem Publikum gliedern näherbrachte, war die Skep- nichte. „Wir werden aber auf alle Fälle zu präsentieren! sis sehr groß. „Anfänglich konnte sich weiter am Ball bleiben und blicken jetzt niemand so recht vorstellen, wie das schon mit großer Vorfreude auf mögli- Theater Serfaus funktionieren sollte. Ich hatte damals che Termine für unsere nächste Impro- Theaterspielen stellt in einem so hoch- schon eine Impro-Aufführung gese- Show, ihr dürft gespannt sein!“, so Da- frequentierten Tourismusort wie Serfaus hen und wusste ungefähr, um was es niel Schwarz abschließend. darstellendes spiel | 23
NAH & FERN Der Zillertaller Theaterverein mit theaterverein langer Tradition stumm theater gespielt wird in stumm schon sehr lange. in unregelmäßigen abstän- schwaz den wurden stubenspiele, ritterstücke und auch nikolausspiele zur auffüh- rung gebracht. Dies reicht zurück bis in das 19. Jahrhundert, mit unterbre- chungen während der weltkriege. Seit 1982 wurden 35 Stücke unter der Regie von Rudi Kleiner, Margit Wierer und Thomas Stiegler inszeniert. Die abwechslungsreiche Stückwahl (volks- tümlich, Boulevard, Krimi, …..) wird vom Publikum sehr geschätzt, und wir sind durchwegs gut besucht. Vielen Zuseher*innen gefällt auch die Detailt- reue von Kostümen und Requisiten. ein umfangreicher Fundus ermöglicht eine getreue Darstellung der Zeit, in der das Stückgeschehen angesiedelt ist. Unser E Spielerensemble ist bunt gemischt, da- s wurde an verschiedens- eins leitet. Gespielt wird seit 1982 im durch können alle Charaktere bestens ten Orten gespielt. Am Saal vom Hotel Tipotsch. Da dieser Saal besetzt werden. Von jung bis alt, von häufigsten in einem Saal hauptsächlich für Kinovorführungen lieb bis grantig – alles ist möglich. Vie- beim Pinzger Wirt. Auch genutzt wurde, musste zu und nach le Schauspieler*innen unseres Vereines eine frühe Form von „Verlorene Heimat“ jeder Vorstellung die komplette Kulisse spielten auch in den großen Produktio- ist bekannt (1987 in neuer Fassung von auf- und abgebaut werden. Daraus ent- nen der Zillertaler Volksschauspiele und Felix Mitterer wieder auf dem Dorfplatz stand auch der Theaterspieltag – Mon- beim Stummer Schrei in den Hauptrol- in Stumm aufgeführt). tag – der bis heute von uns praktiziert len mit. letztens ist es gelungen, eine 1982 wurde dann der jetzige Theater- wird. Der Kinobetrieb hat dann aufge- Jugendgruppe zu formieren. Die Kinder verein mit Obmann Heinz Tipotsch ge- hört und seitdem spielen wir immer im und Jugendlichen haben letzten Winter gründet. Abgelöst wurde er von Georgia Winter. Die Kulisse kann jetzt während mit „Fröhliche Weihnachten, Mr. Scroo- Wurm. Darauf folgte Manfred Fiechtl, der gesamten Spielzeit stehen bleiben ge“ eine sehr beeindruckende Talent- der bis heute die Geschicke des Ver- und die Akkuschrauber haben Pause. probe abgeliefert. Sobald es möglich ist, werden wir mit den Proben zu einem Jugendstück, sowie einem Gasthaustheater und na- türlich dem Hauptstück für den Winter beginnen. Also „Auf ins Theater“ und lacht euch gesund. Pfiatenk vom Theaterverein Stumm! Fotos: Theaterverein Stumm oben Jugendgruppe unten 24 | darstellendes SPIel
NAH & FERN Zwischen Spontaneität, Ungewissheit und Zukunft Kultur- Quarantäne Die Quarantäne-zeit hat uns Künstler*innen so manche idee entwickeln las- sen - hier eine interdisziplinäre, partizipative, digitale streaming-plattform. innsbrucK Bundesländer) oder aufgrund baulicher Beschaffenheit (nicht barrierefrei für be- einträchtigte und/oder ältere Personen), von nachhaltiger Relevanz und ergän- zung des ortsgebundenen Betriebes. Um Fair Pay bzw. einen Zusatzverdienst für die Schauspielenden, Musiker*innen und Kulturschaffenden zu bieten, wird eingerichtet, dass es digitale eintritts- preise für die Premiumveranstaltungen gibt. Zusätzlich zu diesem Programm D gibt es open nights (und eine late night ie Kulturquarantäne terschiedlichen live-Streams arbeitet. show), die gratis für alle zur Verfügung gründete sich aus ei- Auch medial wurde die Initiative auf- stehen, wo kleinere Contens veröffent- ner Idee von Johannes gegriffen – ORF, Tiroler Tageszeitung, licht und konsumiert werden können, Schmid heraus, dem Stadtblatt, ATV und weitere Medien be- als eine Form einer digitalen Version von Obmann des professionellen Impro-Ver- richten über das digitale Schaffen der Open Stages. eins „Innpro“. Aufgrund des Ausfalls der Plattform und deren Künstler*innen. es arbeiten mehr als zehn Personen aus Show im Brux/Freies Theater Innsbruck Da sich die Situation der Kulturszene dem Kunst- und Kulturbereich an dem im März durch die COVID-19 Maßnah- stetig verändert, je nach den Maßnah- Projekt mit. Die leiterinnen des Projekts men, nutzte er seine Proben, um eine men zur eindämmung des Corona- sind die Schauspielerinnen Michèle Jost digitale Plattform zu errichten, die unab- Virus, sieht sich die Kulturquarantäne und Alexandra leonie Kronberger, die hängig von Ausgangsbeschränkungen nicht nur als Überbrückung, sondern alle Aufgaben und das Programm ge- ist. Die partizipierenden Künstler*innen als nachhaltige erweiterung der jeweils stalten und koordinieren, und im Kon- kommen aus allen Sparten – von Per- möglichen Veranstaltungen. Das heißt, takt mit den Theatern und Veranstal- formance, Theater, lesungen und dass Veranstaltungen, die in Theatern tungsräumen sind. Musik bis zu Kinderprogrammen und und Veranstaltungsräumen in Zukunft Workshops jeglicher Art. Selbst wenn stattfinden, ebenso digital über den http://kulturquarantaene.com/ viele aus Innsbruck/Tirol sind, ist die Streaming-Dienst der Kulturquarantäne https://www.facebook.com/KulturQua- internationale Vernetzung beachtlich: angeboten werden können. Das ist für rantaene/ Kulturschaffende aus Deutschland, der viele Menschen, die beispielsweise nicht https://www.youtube.com/channel/UC- Schweiz, aus Belgien, GB etc. finden zu diesem Ort kommen können, sei qNycWxx5cgs5AlXlptOQTQ ihren Platz auf der Plattform, die mit un- es aufgrund der Distanz (länder oder darstellendes SPIel | 25
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