Freundesbrief 2021 - Bergische Diakonie
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Jahreslosung 2021 Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! Lukas 6,36
Inhalt Freundesbrief der Bergischen Diakonie 2021 04 Grußwort von Pfarrer Jörg Hohlweger 06 Corona und das Ganze 08 Wirtschaftliche Lage des Unternehmensverbundes 12 Orientierung für Führungskräfte und Mitarbeiter*innen 14 Der verbundene Verbund 16 DIAGES – digital – agil – gesund 18 „Das ist meine Diakonie.“ – Facebook, Instagram und Co. 20 „Wo Blumen blühen, da lächelt die Welt.“ 22 Einmischen gehört zum Programm 24 Die andere Seite der Medaille 26 Guter Abschluss und großer Dank 28 Mo.Ki „inklusiv“ – am Lebensort Schule 30 Endlich wieder richtig Schule! 32 Herausforderungen ohne Sicht auf ein Ende 34 „Wie im richtigen Leben“ – mit Ernst, Freude und Pause 36 Jetzt haben wir den Salat! 38 Generalistisch im Auftrag der Region 40 Neu am Evangelischen Berufskolleg 42 Seelsorge in Zeiten von Corona 44 Schutz und Zuflucht für die Seele 46 Tafel Niederberg 48 Der nächste Sommer kommt bestimmt – Spielgeräte und Sonnensegel 50 Die Bergische Diakonie im Überblick 54 Impressum und Spendenkonto 03
„Seid barmherzig!“ Grußwort zum Freundesbrief 2021 von Pfarrer Jörg Hohlweger „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ – So lautet das biblische Leitmotiv für 2021 aus dem sechsten Kapitel des Lukas- evangeliums in Vers 36. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ – Was ist das für ein „wie“, das die beiden Satzhälften verbindet? Mit diesem „wie“ wird menschliches und gött- liches Handeln als Vorbild verbunden. Das ist theologisch alles andere als harmlos. Denn dort, wo menschliches und göttliches Handeln aufeinandertreffen, lauert die Gefahr, beides miteinander zu vermischen. Zu leicht verwechselt sich der Mensch mit Gott. Allmachtsphantasien sind schnell zur Hand. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ – Das kleine „wie“ in der Mitte lässt sich in drei Richtun- gen interpretieren. Dabei verschiebt sich jedes Mal ein wichtiger theologischer Akzent. „Seid barmherzig, weil auch euer Vater barmherzig ist!“ – So gründet menschliche Barmherzigkeit auf Gottes Für die Diakonie ist Barmherzigkeit ein zentraler Begriff. Barmherzigkeit. Der Mensch folgt mit seiner Barmherzig- Sie verdichtet sich im Bild des barmherzigen Samariters. keit dem Vorbild Gottes. „Barmherzig – aus gutem Grund!“ Bei ihm fallen Mitleid und aktive Hilfe zusammen. Darum geht es bei der Barmherzigkeit: mit fühlen und mit an- Solche Barmherzigkeit lebt aus der Dankbarkeit für packen. Diese Haltung verfolgen wir in der Diakonie. erlebte Barmherzigkeit. Dankbarkeit und Barmherzigkeit Mit ihr bleiben Empathie und unser Handeln, begleitet gehen Hand in Hand. Sie motivieren sich gegenseitig. von Professionalität, zusammen. Für Menschen, die spüren, was es bedeutet, einen barmherzigen Gott zu haben, kann hier eine tiefe spirituelle Kraftquelle liegen. 04
Pfarrer Jörg Hohlweger, theologischer Vorstand der Bergischen Diakonie „Seid barmherzig, damit auch euer Vater barmherzig ist!“ Mit Jesus kann man also den Vergleich aufnehmen. – hier erklingt das Gegenteil dankbarer Barmherzigkeit. Vielleicht nicht gleich beim Gehen über Wasser. Aber in Diese Form von Barmherzigkeit wird von Angst getrie- Sachen Barmherzigkeit lohnt sich ein Vergleich durch- ben. Ich muss barmherzig sein, damit ich Barmherzigkeit aus. Die Bibel erzählt von einem barmherzigen Jesus, erfahre. Das bedeutet im Umkehrschluss: Schaffe ich es der sich den Schwachen, Kranken und Ausgegrenzten nicht, droht mir ein unbarmherziger Gott mit Strafe. zugewandt hat. Manchmal hat er dabei mit seiner Hilfe Solche Barmherzigkeit kann zu hohen Leistungen an- Veränderung und auch Wunder bewirkt. Aber darum spornen. Aber durch die Angst, die in ihr mitschwingt, geht es in meinem Vergleich gar nicht. Sondern um die ist sie in der Tiefe vergiftet. Hinwendung in Barmherzigkeit. Und diesen Vergleich sollten wir wagen. „Seid barmherzig, genauso wie auch euer Vater barm- herzig ist!“ – Jetzt wird verglichen. Göttliches Verhalten Die Vergleichbarkeit mit Jesus trägt jeder Mensch in als Vorbild. Ich möchte versuchen, so barmherzig zu sein sich. So könnten Christinnen und Christen zu Menschen wie Gott. Ist das nicht überheblich und vermessen? werden, durch die es leichter wird barmherzig zu leben Muss dieser Vergleich nicht scheitern? Denn wie wollte und an Gott zu glauben. Eine schöne und machbare ein Mensch sich mit Gott vergleichen, wenn er nicht Vision – gerade in Zeiten wie den heutigen! Gefahr laufen will, sich an Gottes Stelle zu setzen? In diesem Freundesbrief gibt es sicherlich einige Spuren Man muss an dieser Stelle nicht gleich das Kind mit dem von Barmherzigkeit zu entdecken. Ich wünsche Ihnen Bade ausschütten. Zumindest nicht, wenn man der Spur viel Erfolg bei der Suche und viel Freude bei der Lektüre! des christlichen Glaubens folgt. Seine Besonderheit liegt darin, dass er Gott im Menschen Jesus Christus findet. In Jesus verbinden sich Gott und Mensch. Gott wird Ihr Mensch und damit für uns vergleichbar. Pfarrer Jörg Hohlweger 05
Corona und das Ganze Die Bergische Diakonie im Krisentest Das Ganze im Blick zu behalten ist eine hohe Kunst. Der schnell eingerichtete Krisenstab konferierte anfangs Verliert man es aus den Augen, so sieht man den Wald täglich, im weiteren Verlauf dann wöchentlich. Alle Auf- vor lauter Bäumen nicht mehr. Das gilt für viele Lebens- gaben- und Arbeitsgebiete werden seitdem unter dieser bereiche – auch für die Krisenarbeit in der gemeinsamen Fragestellung betrachtet. Es scheint so, Bergischen Diakonie. als ob die große Organisation Bergische Diakonie momentan nur eine einzige Aufgabe zu lösen hat: Die weltweite Coronakrise hat auf ihre Weise dazu bei- die Bewältigung der Pandemie. getragen, den Blick für das Gesamtgebilde Bergische Diakonie noch einmal anders zu schärfen. Seit Beginn Dieses Phänomen hängt weder an Corona noch an der der Pandemie wurde mit dem Auftreten des Corona- Bergischen Diakonie. Jede übergreifende Krise würde Virus auf einen Schlag nahezu alles auf eine zentrale das Gleiche auslösen. Nur gab es in der von uns erleb- Frage reduziert: Wie schaffen wir es als Bergische Dia- ten Vergangenheit bisher keine Krisen mit diesem konie, diese Bedrohung für unsere Bewohner*innen Ausmaß. und Mitarbeiter*innen abzuwehren? Für den Blick auf das Gesamtgefüge Bergische Diakonie hat die Corona-Krise bisher eines gezeigt: Das Ganze funktioniert. Wir haben es geschafft, im Krisenstab dem Grundsatz guter Kommunikation und Ko- operation zu folgen. Zwischen den unter- schiedlichen Bereichen und Abteilungen gab und gibt es eine hohe Bereitschaft, die Nöte der anderen zu sehen und mögliche Hilfen anzubieten. 06
„Die längste Wimpelkette in Aprath“. KJHV-Projekt im ersten Lockdown. Es ließen sich dafür eine Vielzahl von Beispielen aufzäh- Jede und jeder Einzelne ist Teil der Gemeinschaft und len. Jedes Beispiel steht dabei für ein Prinzip, an dem wir trägt durch das Engagement im eigenen Arbeitsbereich seit längerem gemeinsam arbeiten und durch das die zum Gelingen des Ganzen bei. Erst durch eine solche ganze Organisation im Inneren zusammengehalten wird: gemeinsame Sicht aller Mitarbeiter*innen auf das Ganze das Prinzip guter Kommunikation und Kooperation. entsteht eine Dienstgemeinschaft. Sie lebt von einer ge- meinsamen, übergreifenden Haltung und dem Wissen Im Grunde ist das eine Selbstverständlichkeit. um diese Haltung. Organisationen funktionieren über kurz oder lang nur, wenn die Menschen in ihnen kommunizieren und koope- Das Ganze im Blick zu behalten ist eine hohe Kunst. rieren. Mitarbeiter*innen müssen miteinander reden und Die Coronakrise hat auf ihre Weise den Blick auf das zusammenarbeiten, um ihre Aufgaben zu bewältigen. Gesamtgebilde Bergischen Diakonie geschärft. Wir sehen dankbar, dass das Ganze standhält, auf seine In unserer Organisationsentwicklung setzen wir Art an dieser Krise wachsen wird und so die Stabilität darauf, diese Selbstverständlichkeit sichtbar zu machen. und Zukunftsfähigkeit der Bergischen Diakonie unter Wir wünschen uns, dass die Mitarbeiter*innen gut zu- Beweis stellt. sammenarbeiten. Wir wünschen aber zusätzlich, dass sie das auch als gemeinsames Bewältigen sehen und Pfarrer Jörg Hohlweger, für sich wertschätzen können. theologischer Vorstand der Bergischen Diakonie 07
Wirtschaftliche Lage des Unternehmensverbundes Gerhard Schönberg, kaufmännischer Vorstand der Bergischen Diakonie Allgemeine gesamtwirtschaftliche Lage Der Rückblick auf dieses erste fast beendete Coronajahr Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) gibt zu denken. Der Staat hat massiv in die freiheitlich- und das damit einhergehende zähe Ringen mit dem demokratischen Rechte jedes Einzelnen eingegriffen. Landschaftsverband Rheinland um kostendeckende Ent- Große Teile unserer Wirtschaft wurden für Wochen fast gelte, die gesetzlich gar nicht in Frage standen, gibt uns zum Erliegen gebracht. Hunderttausende von wirtschaft- in dieser Hinsicht zu denken. lichen Existenzen stehen auf dem Spiel. Das Beharren der Landesregierung auf der Umsetzung Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist eingebrochen. der Altenpflegegesetz-Durchführungsverordnung (APG- Regierung, EU und EZB pumpen unvorstellbare Geld- DVO), die zu einer drastischen Absenkung der refinan- mengen ins System, um Schlimmeres zu verhindern. zierten Mietsätze der Altenhilfeimmobilien führt, kann für Die wirtschaftswissenschaftlichen Modelle, die in der Altenhilfeträger sogar existenzgefährdend werden. Vergangenheit noch einigermaßen belastbare Prognosen ermöglichten, sind durch die Geldmengenpolitik der Unsere Erfolge im Umgang mit dem EZB nur noch bedingt aussagefähig. Virus und die Nachfrage nach unseren Vor diesem Hintergrund gilt es, den Unternehmensver- Dienstleistungen können also noch so bund Bergische Diakonie wirtschaftlich stabil zu halten. gut sein – solche gewollten politischen Ein- Die meisten Unternehmen des Unternehmensverbundes sind in der Pandemie zwar systemrelevant, damit aber griffe in unser Handeln werden nicht leider nicht vor weitergehender sozialpolitischer ohne Wirkung bleiben. Willkür geschützt. 08
Gerhard Schönberg, kaufmännischer Vorstand der Bergischen Diakonie Geschäftsverlauf und Ergebnisentwicklung des Unternehmensverbundes Die Geschäftslage des Unternehmensverbundes ist im Die Jugendhilfe war hauptsächlich im teilstationären Großen und Ganzen als positiv zu bewerten. Die Nach- und ambulanten Bereich wirtschaftlich von der Pande- frage nach unseren Dienstleistungen ist trotz Corona gut mie betroffen. Die hierfür geleisteten Ausgleichszahlun- bis sehr gut. Die stärksten Einbrüche sind im Bereich der gen waren annähernd kostendeckend, so dass hier auch Altenhilfe und hier besonders im ambulanten Bereich zu keine negativen Einflüsse auf das Ergebnis resultierten. spüren. Auch der Bereich der nachschulischen Betreu- ung litt, da bei geschlossenen Schulen keine Betreuung Aufgrund des vorgesagten und der schon im Vorjahr nötig war. begonnen Straffung der Budgetierung der einzelnen Geschäftsfelder gehen wir für dieses Geschäftsjahr von Die staatlich verordneten Ersatzleistungen für Betten- einem deutlich positiven Ergebnis für den Unterneh- leerstände im Krankenhausbereich haben hier zu keiner- mensverbund aus. lei coronabedingten Belastungen des Ergebnisses geführt. Das Gleiche gilt für die Auffangprogramme im Altenhilfebereich. Aufgrund des vorgesagten und der schon im Vorjahr begonnen Straffung der Budgetierung der einzelnen Geschäftsfelder gehen wir für dieses Geschäftsjahr von einem deutlich positiven Ergebnis für den Unternehmensverbund aus. 09
Wichtige Projekte Nach Abschluss des Neubauprojekts HPZ denken wir Als Baumaßnahme steht noch der Umbau von Haus jetzt über den Neubau eines Teilbereichs unsere Förder- Birke an. Hier werden BHTG-konforme Räumlichkeiten schule nach. Dieser Neubau, der teilweise auch eine Er- geschaffen. weiterung darstellt, wird notwendig vor dem Hintergrund der Planung der Krankenhauserweiterung um 12 voll- Die Eingliederung der zum Jahresbeginn von der Evan- stationäre und 6 teilstationäre Plätze. gelischen Kirchengemeinde Lennep übernommenen am- bulanten Pflegestation in die Diakoniestation Niederberg Der erste Schritt in der Umsetzung des BTHG ist fast Pflege zu Hause gGmbH ist vollzogen. vollzogen. Nun gilt es den konzeptionellen und personel- len Bereich an die neuen Grundlagen anzupassen. Die Tafel Niederberg arbeitet an ihrem Umzug in neue Die Arbeiten hierzu laufen bereits. Räumlichkeiten, der vorher umfangreiche Umbaumaß- nahmen erforderlich macht. 10
Blick in die Zukunft In diesen bewegten, schnelllebigen Zeiten sind Aussa- Alle Planungen sind überflüssig, wenn man nicht gen, die die Zukunft betreffen, schwierig. Keiner weiß die zur Umsetzung notwendigen Mitarbeitenden hat. derzeit, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Wird es Wir sind in der glücklichen Lage, diese in allen Bereichen einen Impfstoff geben, wann wird er kommen? in fast ausreichender Zahl zur Verfügung zu haben. Unseren Mitarbeitenden ist es zu verdanken, dass Angesichts der eingangs angedeuteten sozialpolitisch der Unternehmensverbund bisher so gut durch diese gewollten Entwicklungen werden wir unsere Geschäfts- schwierigen Zeiten gekommen ist und auch weiterhin felder so aufstellen müssen, dass sie gegen diese Au- gute Chancen hat, die zukünftigen Aufgaben zu ßeneinwirkungen weitestgehend gefeit sind. Wir werden meistern. unsere Energie auf die Bereiche konzentrieren müssen, die keine Eigenleistungen von uns fordern, sondern Daher mein Dank an alle Mitarbeitenden für ihr mindestens kostendeckend zu betreiben sind. Engagement, ihre Ideen und ihre Bereitschaft zum Ein- satz für unsere Sache. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Das ist schmerzlich, denn diakonische Engagement uns auch weiterhin erhalten bleibt. Deshalb wage ich die Prognose, dass es dem Unter- Arbeit zeichnete sich bislang auch dadurch nehmensverbund Bergische Diakonie im kommenden aus, dass man Aufgabenfelder besetzt hat, Jahr gelingen wird, so manche Klippe zu umschiffen in denen man keine oder nur geringe und auf diesem Wege die gemeinsame Sache der Diakonie nach vorne zu bringen. Ertragsaussichten hatte. Ob die Politik weiß, was sie da aufs Spiel setzt? Gerhard Schönberg, kaufmännischer Vorstand der Bergischen Diakonie Die neuen Gruppenhäuser am HPZ wurden 2020 fertiggestellt. 11
Orientierung für Führungskräfte und Mitarbeiter*innen Neue Führungsgrundsätze erarbeitet Im Programm zur Führungskräfteentwicklung (FKE) Führungsgrundsätze in der Bergischen Diakonie sammelten über drei Jahre hinweg über 150 Füh- rungskräfte Impulse und Materialien für neue Füh- Der Unternehmensverbund Bergische Diakonie ist die rungsgrundsätze der Bergischen Diakonie. In einem Dienstgemeinschaft aller Mitarbeiter*innen. Diese Dienst- intensiven Rückkopplungsprozess wurde dieses Mate- gemeinschaft bewegt sich als Diakonieunternehmen im rial schließlich verdichtet und auf Leitbegriffe konzen- Spannungsfeld von Theologie, Ökonomie und Fachlich- triert. Seit Februar 2020 gelten die neuen Grundsätze keit. für alle Führungskräfte des Unternehmensverbundes. Die Dienstgemeinschaft richtet sich an Werten aus. Die Führungsgrundsätze sind spektakulär und unspekta- Werte werden in der persönlichen Haltung von Füh- kulär zugleich. Spektakulär, weil sie am Ende eines Pro- rungskräften erkennbar. Sie aktualisieren sich als zesses mit hoher Beteiligung und Reflexionsintensität Führungsverhalten in konkreten Situationen. stehen. Unspektakulär, weil das Rad damit natürlich nicht neu erfunden wurde. Es kommt nun darauf an, Für die persönliche Haltung und das Führungsverhalten die theoretischen Sätze in der Führungspraxis mit Leben von Führungskräften sind in der Bergischen Diakonie zu füllen. An ihrer Entstehung haben viele mitgewirkt. fünf Werte leitend: Das soll bei ihrer Umsetzung auch der Fall sein! Verantwortung Kooperation Wertschätzung Fürsorge Selbstreflexion 12
Verantwortung Verantwortung als Haltung bezieht sich auf die Ziele der Wertschätzung unterscheidet bei Fehlern zwischen Dienstgemeinschaft. Verantwortung zu übernehmen be- dem fehlerhaften Handeln und der handelnden Person. deutet, im Spannungsfeld von Theologie, Ökonomie und Sie sucht bei Fehlern zuerst nach einer Chance zur Fachlichkeit Entscheidungen zu treffen, sie offen zu kom- Verbesserung. munizieren und für die Folgen einzustehen. Fürsorge Verantwortung beschafft sich umfassende Informationen zur Beurteilung einer Sachlage. Dazu gehören insbeson- Fürsorge als Haltung sorgt für ein gutes und sicheres dere Normen und Gesetze, die einzuhalten sind. Arbeitsumfeld. Sie beachtet die arbeitsgesetzlichen Re- gelungen im Rahmen von Fürsorgepflicht und Treue- Verantwortung blickt in die Zukunft und fragt nach den pflicht. Konsequenzen einer Entscheidung für die Dienstgemein- schaft und die Beteiligten und Betroffenen. Fürsorge erwartet von Mitarbeiter*innen Treue und Loya- lität in der Erfüllung ihres Arbeitsauftrages. Sie beachtet Kooperation dabei die individuellen Stärken und Schwächen jeder Person. Kooperation als Haltung geht davon aus, dass alle Mitarbeiter*innen unabhängig von Qualifikation oder Fürsorge achtet darauf, dass die Mitarbeiter*innen ihre Hierarchie für die Ziele der Dienstgemeinschaft zusam- Aufgaben verstehen und die Sinnhaftigkeit ihres Dienstes menarbeiten. innerhalb der Dienstgemeinschaft erkennen. Kooperation fördert eine offene und transparente Kom- munikation von Führungskräften in alle Richtungen. Selbstreflexion Selbstreflexion als Haltung erfordert eine persönliche Kooperation sucht nach Möglichkeiten, Arbeitsbezie- Zeitorganisation, mit der trotz hohen Arbeitsdrucks hungen zu verbessern und dient auch dem Aufbau Raum zur Reflexion des eigenen Verhaltens freigehalten neuer Angebote. wird. Wertschätzung Selbstreflexion zielt darauf, im Spannungsfeld von Theologie, Ökonomie und Fachlichkeit eigene Stand- Wertschätzung als Haltung basiert auf einem Respekt, punkte zu klären. der grundsätzlich jeder Person entgegenzubringen ist. Selbstreflexion wird für andere fruchtbar, indem sie Wertschätzung schafft und gibt Mitarbeiter*innen klar die eigenen Standpunkte benennt und sich auf Kommu- definierte Freiräume zur Erfüllung ihrer Aufgaben. nikation darüber einlässt. 13
Der verbundene Verbund Leitungswechsel im Kinder- und Jugendhilfe-Verbund Zum 31. März 2021 geht Evelyn Leon nach mehr als 30 Jahren in der Bergischen Diakonie in den Ruhe- stand. 2003 übernahm sie die Bereichsleitung des Kinder- und Jugendhilfe-Verbundes. Zunächst leitete sie den Bereich gemeinsam mit Karl-Heinz Krüger, ab 2013 dann alleinverantwortlich. Ihr Nachfolger in der Bereichsleitung wird zum 1. April Carsten Schüler. In Gesprächen mit Frau Leon über ihre Zeit als Bereichs- leitung kommen immer wieder zwei Erfahrungen zur Sprache. Zum einen die Krisensituation, in der sie von einem Tag auf den anderen vor die Entscheidung gestellt wurde, die Bereichsleitung zu übernehmen. Evelyn Leon, Zum anderen die Aufgabe, drei selbständige Arbeitsfel- Bereichsleiterin Kinder- und Jugendhilfe-Verbund der der Kinder- und Jugendhilfe zu einem Verbund zusammenzuführen. Den damaligen Sprung ins kalte Wasser hat sie nicht be- Den Kinder- und Jugendhilfe-Verbund zu einem reut. Mit einer eigenen Mischung aus Loyalität, fachlicher wirklichen Verbund zu verbinden – das war die größte Expertise, analytischer Kompetenz, Entscheidungsfreu- Herausforderung als Bereichsleitung. digkeit, Menschenkenntnis, Humor und Schlagfertigkeit hat sie ihrer Führungsaufgabe ein unverwechselbares Das Heilpädagogisch-Psychotherapeutische Zentrum Profil gegeben. Damit hat sie nicht nur „ihren“ Bereich, mit Fachklinik (HPZ), die Jugendhilfe Aprath (JHA) und die sondern auch die Bergische Diakonie nach außen wie Förderschule (FES) sind drei Arbeitsfelder mit eigenen nach innen mit geprägt. fachlichen Logiken und Organisationsstrukturen, die lange nebeneinander und nicht gezielt miteinander gear- beitet hatten. Mit Beharrlichkeit und der Bereitschaft, notwendigen Konflikten nicht aus dem Weg zu gehen, ist es Frau Leon gelungen, diese drei konzeptionell, kulturell und organisatorisch miteinander zu verbinden. 14
Der Kinder- und Jugendhilfe- Verbund steht heute stabil da. Dafür sind wir Frau Leon in besonderer Weise dankbar. Trotzdem bleibt er eine span- nungsvolle Einheit, die zusam- mengehalten werden will. Carsten Schüler, neuer Bereichsleiter des Kinder- Deshalb ist es erfreulich, dass und Jugendhilfe-Verbundes ab April 2021 mit Herrn Schüler ein Nachfol- ger gefunden werden konnte, Herr Schüler arbeitet seit über 20 Jahren in der Kinder- der über fundierte Führungs- und Jugendhilfe und bringt darüber hinaus Erfahrungen aus den Bereichen Behindertenhilfe und Schule mit. Zu- erfahrungen und Zusatzquali- letzt hatte er die Funktion des Regionalleiters Thüringen bei einem großen diakonischen Träger inne. fikationen verfügt. Da Herr Schüler Wurzeln in der Bergischen Region hat, kehrt er mit seiner Familie gerne in heimische Gefilde zu- rück. Vorstand und Bereichsleitungen freuen sich auf die Zusammenarbeit und werden ihn nach Kräften dabei un- terstützen, die erfolgreiche Arbeit von Frau Leon weiter- zuführen und eigene Akzente zu setzen. Pfarrer Jörg Hohlweger, theologischer Vorstand der Bergischen Diakonie 15
DIAGES – digital – agil – gesund Digitales Lernen in der Bergischen Diakonie Das Projekt DIAGES (digital – agil – gesund) ermöglicht Neben spannenden fachlichen Impulsen war es eine uns die Entwicklung digitalunterstützter Lernformen im schöne Erfahrung: Digitale Großveranstaltungen sind in Unternehmensverbund. Mit unterschiedlichen Online- der Bergischen Diakonie möglich. Die ersten technischen Formaten sammeln wir gemeinsam Erfahrungen Hürden konnten wir gemeinsam mit kooperativen Teil- und erproben diese in der Praxis. nehmerinnen und Teilnehmern und der pragmatischen und effizienten Unterstützung der IT-Abteilung überwinden. Die notwendigen Corona-Beschränkungen führen dazu, dass wir uns in der digitalen Welt schneller treffen, als wir Weitere Onlineveranstaltungen im Projekt folgen. Seit es geplant hatten. 130 Teilnehmer*innen nahmen an der November 2020 laufen die ersten DIAGES-Basisschu- DIAGES-Auftaktveranstaltung am 10. September 2020 lungen. Themenschwerpunkt ist die Handlungssicherheit online teil. Kolleginnen und Kollegen aus dem Kinder- im Umgang mit digitalen Medien in der Arbeit mit Kindern und Jugendhilfe-Verbund und dem Sozialtherapeutischen und Jugendlichen oder mit psychisch kranken Erwach- Verbund setzten sich gemeinsam mit den „Chancen und senen. Hier nutzen wir die neuen technischen Möglich- Risiken im Umgang mit digitalen Medien in der sozialen keiten und organisieren diese Schulungen über eine Arbeit“ auseinander. Prof. Dr. Nadia Kutscher von der digitale Lernplattform. Universität Köln beleuchtete in ihrem differenzierten Vor- trag die Herausforderungen der Digitalisierung für die Wir freuen uns auf und über diese neuen Wege soziale Arbeit. des Lernens und der Kommunikation. Im Projekt DIAGES verstehen wir Digitalisierung als stra- tegische Ressource: eine Verbesserung der Agilität der Organisation sowie der Gesundheit der Mitarbeitenden. Insgesamt werden rund 690 Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter der Bergischen Diakonie an dem Projekt teilneh- men. Das Projekt DIAGES wird im Rahmen des „Rückenwindprogramms“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozial- fonds gefördert. 16
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„Das ist meine Diakonie.“ – Facebook, Instagram und Co. Social Media für den sozial engagierten Arbeitgeber Bergische Diakonie 18
„Hast Du gesehen, die Kollegen aus dem Diese Präsenz ist ein wichtiger Schritt in zwei Richtun- gen: Einerseits werden wir und unsere vielfältigen Aufga- HPZ hatten ein schönes Kinderfest?“ ben in der Außenwelt präsenter. Auch die Vermittlung „Ja, hab’ ich. Die Ausschreibung der Stelle von Werten und Haltungen geschieht unmittelbar und für das Diakoniezentrum in Monheim war direkt. auch gut.“ „Ach, hab’ ich noch nicht Andererseits ist die Nutzung der Social-Media-Kanäle gesehen. Schau ich gleich mal.“ ein unkomplizierter Weg nach innen. „Ja, mach mal. Habe sie gleich geteilt.“ Auch hier dienen die Mitteilungen zu Veranstaltungen, So könnte ein Dialog auf dem Flur nach funktionierendem Spendenaufrufen, Erfolgsmeldungen, aktuellen Entwick- Buschfunk oder aber auch online über einen unserer lungen oder einfach die kurzen Vorstellungen der unter- Social-Media-Kanäle, z. B. dem Facebook-Messenger, schiedlichen Einrichtungen und Arbeitsfelder einer breit aussehen. gefächerten Information. Viele von uns kennen es aus ihrem Privatleben. Oft ist es In beiden Fällen kommunizieren wir auf direktem Weg. über Social Media einfacher, direkter und vor allem orts- Das stärkt die Transparenz des Unternehmensverbunds unabhängiger, spontane Nachrichten oder Anfragen zu und die Identifikation aller am Unternehmen senden. Die Infos landen beim Adressat, ohne dass „Bergische Diakonie“ Beteiligten. dieser paratstehen muss. Kurze Statements, informative oder tolle Fotos, Imagefilme oder auch kurze Projekt- Letztendlich präsentieren wir uns hier als sympathisches, Videoclips erzählen jetzt aktuell und mit viel Herz von sozial relevantes und zugleich attraktives Arbeits- und der Bergischen Diakonie. Lebensumfeld. Hier gibt es noch viel zu tun, Bergische Diakonie – lebendig und zukunftssicher. aber es macht jede Menge Spaß! Seit Beginn des Jahres 2020 ist die Bergische Diakonie mit eigenen Kanälen auf verschiedenen Social-Media- Plattformen vertreten: auf Facebook, Instagram und YouTube. 19
„Wo Blumen blühen, da lächelt die Welt.“ Neues Angebot im Haus Monheim für Bewohner*innen mit Demenz Pflanzen, pflegen, beobachten, ernten, schnippeln, Immer sind die Gespräche im und über den Garten sehr kochen und natürlich: essen! In der Gartengruppe im lebendig. Es wird gefachsimpelt und viel von eigenen Haus Monheim gehört all dies unbedingt dazu. Gärten und Bauernhöfen erzählt. Altbekannte Gemüse- sorten, Blumen und Kräuter sowie die Tätigkeiten im Man braucht aber nicht erst die Ergebnisse der For- Garten fördern biografisches Erinnern und lösen bei schungsarbeit abzuwarten, um zu erkennen und zu spü- vielen ein vertrautes Gefühl aus. Düfte, Farben und die ren, welche vorteilhaften Wirkungen Gartenarbeit auf das Pflanzen als solche regen die verschiedenen Sinne an. Wohlbefinden der teilnehmenden Bewohner*innen hat. Das Arbeiten in der Natur, der Kontakt mit der Erde, die Beim gemeinsamen Kochen werden Rezeptideen aus- Möglichkeit, den Pflanzen beim Wachsen zuzusehen, getauscht und es wird wieder viel von früher erzählt. Pflegeaufgaben zu übernehmen, aber auch das Gemein- Einen krönenden Abschluss bildet schließlich das ge- schaftsgefühl beim gemeinsamen Arbeiten, erzielt eine meinsame Essen. Der positive therapeutische Effekt bei große positive Wirkung. den an Demenz Erkrankten ist unübersehbar. Zum Ende des Projektes ist es deshalb nicht verwunder- Allein die Vorfreude auf die Ernte der Tomaten, der Kohl- lich, dass immer wieder Bewohner*innen und auch rabi, Gurken, der roten Beete und verschiedenen Kräuter deren Angehörige die Gartengruppe unbedingt weiter- regt zu Gesprächen an, in denen es darum geht, wie das führen wollen: „Wir würden wirklich etwas vermissen, Gemüse zubereitet werden sollte. Das Ernten der liebe- wenn es die Gartengruppe nicht mehr gäbe“, ist die ein- voll gezüchteten, gehegten und gepflegten Obst- und hellige Meinung der befragten Teilnehmenden. Gemüsesorten lässt dann allen gleichermaßen „das Wasser im Mund zusammenlaufen“. Ralf Philipkowski heißt nun unser „Mann mit dem grünen Daumen“. Er übernahm mittlerweile die Federführung bei der Durchführung der Gartengruppe. Unterstützung er- fährt er von unserer engagierten ehrenamtlichen Mitar- beiterin Marion Kutsch und Mitarbeiterinnen der Sozialen Betreuung. So wird in Haus Monheim auch weiterhin ge- meinsam gesät, gepflanzt, gegossen und gepflegt werden. 20
Gespannt warten wir auf den Abschlussbericht, der mit dem Projektende zum Jahreswechsel mit einem Bild- band bei uns eintreffen soll. Alle Beteiligten sind sich einig, dass das Projekt ein voller Erfolg ist, und die Fort- führung der Gartenarbeit den Alltag in unserer Einrich- tung bereichert. Die Motivation, die Hochbeete und die sonstigen Pflanz- flächen auch zwischendurch aufzusuchen, ist groß. Immer wieder sind jetzt Bewohnerinnen und Bewohner im Garten zu sehen, die das Gedeihen der Pflanzen be- trachten und beobachten. Das fördert ganz nebenbei den Erhalt der Mobilität und schafft einen neuen Ort der Begegnung. Denn, wie schon der amerikanische Autor und Naturliebhaber Emerson sagte: „Wo Blumen blühen, da lächelt die Welt.“ Das Altenheim Haus Monheim nahm an einem For- schungsprojekt des Instituts für Leistung, Arbeit und Ge- sundheit (ILAG) als Kooperationspartner teil. In einem gartentherapeutischen Projekt sollte die Wirkung von ge- meinsamer Gartenarbeit auf Menschen mit Demenz un- tersucht werden – begleitet und durchgeführt von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des ILAG, Jessica Bau, in Zusammenarbeit mit der Gartentherapeutin, Silke Walther. 21
Einmischen gehört zum Programm Warum Bewohnerbeiräte zum Alltag in Pflegeeinrichtungen gehören So richtig sieht man sie erst auf den zweiten Blick Darüber hinaus ist der Beirat der direkte Draht der und dennoch ist der Bewohnerbeirat unverzichtbar Bewohner*innen für ihre Wünsche, Anregungen und für die Erfüllung unserer Aufgaben in unseren Pflege- auch ihre Beschwerden. einrichtungen. Denn, Seniorinnen und Senioren in Pflegeeinrichtung müssen auch laut Gesetz eine Gelegenheit haben, sich aktiv in die Abläufe von Mitwirkung und Gemeinschaft Pflegeeinrichtungen einzubringen. So auch in den beiden Wülfrather Pflegeeinrichtungen Als wichtiges Instrument zur Mitwirkung an Aufgaben Haus August von der Twer und Haus Luise von der und Abläufen in einer Pflegeeinrichtung findet die Arbeit Heyden. des Beirats zwar eher im Verborgenen statt, dennoch ist er ein wirksames Instrument der Interessenvertretung Auch hier wird der Bewohnerbeirat alle zwei Jahre neu der Bewohnerinnen und Bewohner einer Pflegeein- gewählt. Die Wahl wird vom Wahlausschuss und den richtung. Mitarbeiter*innen des Sozialen Dienst vorbereitet und be- gleitet. In beiden Einrichtungen sind gerade je fünf Mit- glieder (Bewohner*innen und Angehörige) im Beirat aktiv. Der Beirat ist Sprachrohr und Interessenvertretung. Sie treffen sich ca. drei bis vier Mal im Jahr und beraten zu den aktuellen Fragen und Anliegen aus der Bewoh- Er ist zum einen zuständig für Fragen und Anregungen nerschaft. Offen sind die Mitglieder des Beirates für alle aus der Bewohnerschaft und zum anderen wird er um Fragen. Ob zu den Angeboten externer Anbieter wie Mitwirkung bei grundsätzlichen Veränderungen im Alltag Friseur, Fußpflege, mobile Mode oder interne Abläufe in und Ablauf der Pflegeeinrichtung angefragt. den Wohnbereichen, Wünschen zu den Mahlzeiten bis zur Planung von gemeinsamen Veranstaltungen. Dadurch ist es möglich, alle Belange der Pflegeeinrich- tungen von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrach- ten und vor allem können ganz unterschiedliche Ideen miteinander verwoben und in der Umsetzung abge- stimmt verwirklicht werden. 22
Gemeinsam im Gespräch. Bewohnerinnen und die Mitarbeiterin des Sozialen Dienst im Haus August von der Twer. Auch in der Weiterentwicklung von Möglichkeiten Das Recht von Pflegebedürftigen auf Mitwirkung ist arbeitet die Einrichtungsleiterin, Gabriele Schimmich, gesetzlich festgelegt und hat seine Grundlagen in Nord- gerne mit den Mitgliedern der Beiräte zusammen. rhein Westfalen im Alten- und Pflegegesetz (APG) Im Gespräch ist zum Beispiel aktuell der bessere und im Wohn- und Teilhabegesetz (WTG). Sonnenschutz auf der Dachterrasse im Haus August von der Twer. Der Beirat wird immer für einen Zeitraum von zwei Jahren gewählt. Zwar sollte dieser in erster Linie mit „Eine gute Zusammenarbeit mit den Beiräten Bewohnerinnen und Bewohnern besetzt sein, doch viele pflegebedürftige Senioren sind dazu gesundheitlich nicht unserer beiden Pflegeeinrichtungen ist uns mehr in der Lage. So ist es eine gute Möglichkeit, dass sehr wichtig. Sie sind ein Sprachrohr der sich auch Angehörige aktiv im Beirat engagieren können. Bewohnerschaft. So können wir gemeinsam So können sie mit ihrer Mitwirkung Gutes tun und An- unser Angebot verbessern und uns darum regungen für die Weiterentwicklung der Pflegesituation in der jeweiligen Einrichtung geben. kümmern, dass sich die hier lebenden Menschen wohlfühlen.“ Weiterführende Informationen zu diesem Thema finden Sie auch bei der „Bundesinteressensvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e. V.“ 23
Wichtig für den Kontakt zur Familie. Video-Gespräche in Zeiten des Lockdown. Die andere Seite der Medaille Gemeinsam sind wir stark – Ein Beispiel aus dem Diakoniezentrum Heiligenhaus 24
Die Pflegeeinrichtungen waren durch den „Lockdown“ Auch viele Freudentränen flossen während der unzähli- im März besonders hart beansprucht. Betagte Bewoh- gen Skype-Gespräche zwischen zunächst ungläubigen ner*innen der Hoch-Risikogruppe, Mitarbeiter*innen, Bewohner*innen und ihren Kindern, Enkeln und Uren- die täglich ihre Arbeit nach hektisch neu herausgege- keln. Es gab Geschichten, gemeinsame Erinnerung benen Corona-Schutz-Verordnungen ausrichten muss- und manchmal auch kleine Flötenkonzerte. ten, und besorgte Angehörige waren in ständigem Man sah beruhigt: „Ja, dem anderen geht es gut!“ Wandel unter einen Hut zu bekommen. Ein weiterer Effekt. Auch die wichtige Logopädie-Thera- pie konnte so für einige Bewohner*innen fortgesetzt Besuche, der wichtige und dringende soziale Kontakt werden. zur Familie, zu verbliebenen Freundinnen und Freunden, zur Außenwelt waren lange Zeit nicht und sind bis heute Die Skype-Telefonie konnte in allen Pflegeeinrichtungen nur unter Einschränkungen möglich. Physiotherapie, der Bergischen Diakonie dank einer großzügigen Spende Fußpflege und Friseur wurden abgesagt. Nur Notärzte rasch und unkompliziert eingesetzt werden. Sie wurde durften ins Haus. Das Gemeinschaftsleben kam zum von allen äußerst positiv und sozial stärkend erlebt und Erliegen. Ab Mitte Mai wurden nach und nach einzelne wird sicherlich fester Bestandteil des Angebotes im Aktivitäten, immer unter strengen Corona-Schutzmaß- Haus werden. nahmen und Hygieneauflagen, auf ihre Machbarkeit geprüft und in veränderter Form wieder eingesetzt. Das Diakoniezentrum Heiligenhaus hatte Glück im Unglück: Da die Tagespflege mit Beginn des „Shut- Der „Shutdown“ zeigte uns aber auch intensiv die downs“ schließen musste, konnten freiwerdende Mitar- anderen Seiten unseres gesellschaftlichen Daseins: beiter die Kollegen im stationären Bereich gut unter- Wir brauchen sozialen Kontakt. Wir brauchen Zusam- stützen. Das Haus hat eine großzügige Terrasse und menhalt. Das Diakoniezentrum Heiligenhaus hat in die- einen weitläufigen Außenbereich, so dass man sich hier sen schwierigen Zeiten der Schließung des öffentlichen an der frischen Luft mit gebührendem Abstand begeg- Lebens auch ganz wunderbare Erfahrungen gemacht, nen konnte. Und auch die Gemeinschaftsräumlichkeiten für die alle im Haus sehr dankbar sind. ließen den geforderten Mindestabstand bei den Mahlzeiten zu. Beispielsweise nähte eine Heiligenhauserin, direkt zu Beginn, als die Schutzausrüstungen noch rar waren, sofort 150 bunte Stoffmasken für alle. Wir sind uns gegenseitig dankbar und Eine Heiligenhauser Familie gab über den Zaun kleine klassische Konzerte mit Saxofon, Trompete und Flöte. halten noch enger zusammen. Auch das Die Bewohner*innen hörten gern am offenen Fenster zu. hat uns Corona gebracht. Eines der Highlights jedoch war die sechsjährige Maja Sophie. Sie bastelte 80 Ostergeschenke aus Papier, kleine Mandalas oder Fensterbilder, packte sie liebevoll ein und verteilte sie über den Zaun an die gerührten Bewohner*innen. 25
Guter Abschluss und großer Dank Mit Hilfe der Glücksspirale wird ein kindgerechter Platz geschaffen Bereits 2012 begannen erste Planungen, die in die Was für ein wunderbarer Abschluss der Bauphase. Jahre gekommenen Gruppenhäuser des Heilpädago- Darüber bin ich dankbar und froh: Dankbar für die Ge- gisch-Psychotherapeutischen Zentrums durch Neu- duld der Klienten und Mitarbeitenden während der an- bauten zu ersetzen. Wie bereits im Freundesbrief 2019 strengenden Bauphase, dankbar für die großartige berichtet, liegen die drei Jahre Bauphase mit Baulärm, Unterstützung durch die Glücksspirale, dankbar aber Baggern und Staub inmitten von 60 ohnehin beson- auch den Firmen, die die wunderbare Planung vorge- ders belasteten Kindern endgültig hinter uns. nommen haben, und an die, welche die Planungen dann sorgfältig umsetzten. Zwei der alten Gruppenhäuser wurden abgerissen, so Und doch nein, es ist noch nicht alles fertig. dass nicht nur die neuen Häuser größer und heller sind, Es an fehlt an Spielgeräten bei den Häusern, auch sondern es ist auch ein großer, luftiger Mittelplatz ent- Sonnensegel wären wunderbar. Aber die große Bau- standen. Dieser würde sich hervorragend als Treffpunkt, stelle, die ist fertig. Und das ist gut. Spielplatz, Platz der Begegnung eignen. Doch leider war er nach Abschluss der Bauarbeiten erst einmal nur ein Dass mit der Gestaltung des Mittelplatzes nun ein so leerer, verlassener Bauplatz – Brache! schöner Schlusspunkt unter das gesamte Projekt ge- setzt werden konnte ist für mich eine besondere Freude. Erde bewegen, Wege anlegen, Spielgeräte – das tat Not. Denn dieser Schlusspunkt bildet auch einen gelungenen Aber das ist auch teuer. Nun hat uns die Glücksspirale Abschluss für mein Berufsleben. Nach 30 Jahren in der unterstützt: mit 40.000 €. Eine Menge Geld, für das wir Bergischen Diakonie verabschiede ich mich als Leiterin sehr dankbar sind. Dazu kommen noch einmal rund des Kinder- und Jugendhilfe-Verbundes in die Rente. 30.000 € Eigenmittel. Und so wurde ein schöner, kind- Mein Dank gilt auch Ihnen, den Leserinnen und Lesern, gerechter Platz, der auch für Rollstuhlfahrer nutzbar ist, die unsere Arbeit begleiten und gern auch mit einer geplant und umgesetzt. Spende unterstützen Bleiben Sie der Bergischen Diakonie verbunden. Evelyn Leon, Bereichsleiterin KJHV Gemeinsam und zentral im Kinder- und Jugendhilfe-Verbund. Die neuen Gruppenhäuser rund um den noch nicht fertiggestellten Mittelplatz. 26
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Mo.Ki „inklusiv“ – am Lebensort Schule Bergische Diakonie ist Kooperationspartner des multi- professionellen und systemübergreifenden Inklusionsprojektes für Kinder und Jugendliche Kinder der Schulklassen 1 bis 6 in psychosozialen Ri- Das Projekt Mo.Ki „inklusiv“ mit einer Laufzeit von sikolagen bzw. Kinder mit psychischen Auffälligkeiten drei Jahren unterstützt den Ausbau und die (Weiter-) oder in den Übergängen von der Kita in die Grund- Entwicklung einer koordinierten und multiprofessionel- schule und zur weiterführenden Schule sollen durch len Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen eine abgestimmte Jugendhilfe-, Förder- und Unter- Systemen (Schule und Jugendhilfe) unter Einbezie- richtsplanung präventiv und damit frühestmöglich hung des Familiensystems am Lebensort Schule. unterstützt und gefördert werden. Diese systemübergreifende Zusammenarbeit soll die verschiedenen Kräfte vor Ort bündeln. 28
Ziele • Insbesondere am Lebensort Schule wird die system- • Weitere wichtige Aspekte sind die notwendige übergreifende multiprofessionelle Zusammenarbeit wei- Qualifizierung aller am Schulstandort tätigen Lehr- und terentwickelt und gestärkt: Aufbauend auf bestehenden Fachkräfte sowie die wissenschaftlich fundierte Förderprogrammen und Maßnahmen werden ganzheitli- Projektbegleitung und Evaluation. che konzeptionelle Ansätze entwickelt und die Lehr- und Fachkräfte prozessbegleitend qualifiziert. Evaluation • Alle Kinder und Jugendlichen mit emotionalen und • Das Projekt wird im Rahmen einer unabhängigen sozialen Verhaltensproblemen erhalten eine umfassende Evaluation wissenschaftlich begleitet. Förderung, die sich an ihren individuellen Bedarfen und ihren Lebenswelten orientiert. • Effekte des Projektes werden auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen, der Eltern sowie der Lehr- • Die Familien erhalten Beratung und ggf. weiterführende und Fachkräfte erfasst. Hilfen im Alltag und im sozialräumlichen Umfeld. • Die Ergebnisse werden den jeweiligen Schulen • Mit der Vision, perspektivisch möglichst alle Kinder prozessbegleitend zur Verbesserung der Förderung bzw. Jugendlichen inklusiv zu beschulen, werden kon- zur Verfügung gestellt. zeptionelle Ansätze so weiterentwickelt, dass Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischen Förderbedarfen zunehmend in Schulen des gemeinsamen Lernens un- „Seit 5 Wochen arbeite ich als pädagogische terrichtet werden können. Sie erleben sich somit zuneh- Fachkraft des Mo.Ki „inklusiv“-Projektes in der Grund- mend als Teil der allgemeinen Schule unter größt- schule am Lerchenweg. Meine Aufgaben sind bunt möglicher Vermeidung einer Stigmatisierung und vielfältig. Ich lerne die Kinder, Lehrer*innen, wei- tere Fachkräfte und die Eltern nach und nach kennen Bausteine und arbeite bereits gemeinsam mit dem multiprofes- sionellen Klassenteam an meinem ersten Mo.Ki „inklu- • Das Projekt baut auf den etablierten Strukturen siv“-Fall. Ich freue mich von Anfang an dabei zu sein multiprofessioneller Teamarbeit auf und entwickelt diese und fühle mich in unserem neuen Team sehr wohl.“ systematisch weiter. • Eine neue Fachstelle zur Moderation und Koordination zwischen Jugendhilfe und Schule wird eingerichtet. • Durch fest verankerte, antragsfreie und präventiv arbeitende Schulbegleitungen wird eine frühzeitige und flexible Unterstützung der Kinder und Jugendlichen ermöglicht. 29
Endlich wieder richtig Schule! Unterrichtsangebote der Ev. Förderschule liefen nahtlos weiter „Es ist beeindruckend, wie rücksichtsvoll unsere „Durch die flexiblere Unterrichtsgestaltung mit reduzierter Kinder und Jugendlichen mit all den an sie gestellten Lerngruppengröße eröffneten sich neue Möglichkeiten, neuen Anforderungen umgehen. Doch der Wunsch die noch näher am Kind orientiert waren: So wurde wurde immer stärker, wieder ganz normal in die Kopfrechnen am Rummikub-Spiel geübt und der Sport- Schule gehen zu dürfen!“ unterricht wurde zum Tretroller-Wettrennen.“ (Susanne Rienas, Schulleiterin) (Anna Krüger, Lehrerin) Gerade zum Beginn des Lockdowns gab es viele Aber es war auch ein Kraftakt: Fragen, Sorgen und auch private Ängste, gemeinsam Die vielen positiven Effekte, wie z. B. das intensivere sind wir in dieser herausfordernden Situation neue Zusammenwachsen der Wohn- und Behandlungsgrup- Wege gegangen. pen mit der Lehrerschaft, können nicht über die Schwie- rigkeiten hinwegtäuschen. Der energetische Aufwand Wir lösten Klassen auf und unterrichteten unsere der Kolleginnen und Kollegen in den Gruppen war im- Schüler*innen in ihren Wohngruppen mit festen Bezugs- mens. Allein den Lagerkoller der Kinder und Jugendlichen lehrern. So konnten wir in kleinen Kontakteinheiten die aufzufangen kostete viel Initiative. Schwierig war ohnehin Kinder und Jugendlichen auch in dieser Zeit individuell das Zusammenführen der unterschiedlichen Rechtsvor- begleiten. Der „Distanzunterricht“ hätte das benötigte schriften der Bereiche Schule, Jugendhilfe und Kranken- Maß an enger persönlicher Begleitung nicht leisten haus: z. B. warum gehört ein Lehrer, der Ü 60 ist, können. automatisch zur Risikogruppe, ein Erzieher diesen Alters in einer Wohngruppe aber nicht? Kolleginnen und Kollegen, die zur Risikogruppe gehörten, arbeiteten uns aus dem Homeoffice zu oder betreuten Hinzu kam der notwendig gewordene intensivere externe Schüler*innen auf digitalem Weg und telefonisch. Rückgriff auf digitale Medien. Dafür musste in zeitge- Konzentriert auf die Kernfächer wurde so kontinuierliches mäße Technik und viele freiwillige Arbeitsstunden Lernen ermöglicht. Die neue verlässliche Tagesstruktur investiert werden. für unsere Kinder und Jugendlichen bot darüber hinaus ein Maximum an emotionaler Stabilität. Auch die Schul- Doch was kommt auf uns zu? aufsicht zeigte positive Resonanz für dieses kreative Inzwischen ist der Schulbetrieb im Schulgebäude wieder Vorgehen. aufgenommen worden. Unsere Schule ist unverändert ein Knotenpunkt innerhalb des Kinder- und Jugendhilfe- Verbundes. Das strukturell veränderte und erprobte Lehrkonzept wurde nach den Sommerferien auf die Schulgebäude übertragen. 30
Die Schulräumlichkeiten wurden in Trakte aufgeteilt und Die Pandemie hat uns unseren „Pulsschlag“ die Pausen erfolgen in Schichten, damit sich die einzel- deutlicher gemacht. nen Kontaktgruppen untereinander nicht begegnen. Die Förderschule kann also je nach Infektionsgeschehen Bei allem notwendig gewordenen Abstand: das Herz in beschränktem Rahmen gruppenübergreifend arbeiten. der Schule schlägt in den lebendigen Begegnungen! Sie kann auch ganz schnell wieder auf das enge Grup- Der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern und dem pen-Bezugslehrer-System zurückfahren, da die feste Kollegium, das gemeinsame Gestalten, der tägliche Aus- Zuständigkeit von Lehrkräften zu Bezugsgruppen zumin- tausch über Lerninhalte, Sachthemen, persönliche The- dest noch im ersten Schulhalbjahr 20/21 beibehalten men, das gemeinsame Entwickeln neuer Zugangsformen wird. zur oftmals negativ empfundenen Institution „Schule“… Das alles macht unseren Beruf so reich und lebendig. Die Digitalisierung der Schule und Konzeptentwicklung zum „Distanzunterricht“ werden mit Nachdruck weiter Wir alle waren glücklich, als die ersten Kinderstimmen verfolgt. Möglicherweise bevorstehende Quarantäne- in unseren Schulgebäuden erklangen und auch unsere verordnungen sollen so schulisch gut aufgefangen Schüler*innen waren froh, endlich wieder in die werden können. Schule gehen zu dürfen! 31
Herausforderungen ohne Sicht auf ein Ende Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im SthV Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) soll die Teilhabe und So könnte man freudig erwarten, dass das BTHG als Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen längst fälliger Meilenstein der Inklusion und Autonomie stärken. Mit der 3. Reformstufe ab dem 01.01.2020 einen wichtigen, sozialen Systemwandel markiert. Oder nimmt es volle Fahrt in der Eingliederungshilfe auf. wird es letztendlich nur der künftigen Kosteneinsparung Kaum ein Gesetz hat in den letzten Jahren so viel Be- und Leistungsreduktion zu Lasten derer dienen, die ei- achtung und gleichzeitig Kritik auf sich gezogen und gentlich davon profitieren sollen? Die schrittweise Um- dabei die Menschen so verunsichert wie das BTHG. setzung in der Praxis wird es bis 2023 zeigen. Die praktische Anwendung des BTHG im Sozialthera- Warum eigentlich? Ein Mehr an Teilhabe, Selbstbestim- peutischen Verbund war in 2019 und 2020 überwiegend mung, Individualität und Inklusion, das sind doch genau von der Vorbereitung und der darauf folgenden Umstel- die Forderungen, die die Wohlfahrtspflege, die Fachver- lung der Finanzierungssystematik und der damit bände und die Menschen mit Behinderung seit Jahren veränderten fachlichen Systematik geprägt. zu Recht umgesetzt wissen wollen. 32
Der Kern: Die Existenzsicherung ist nun von der Betreuung getrennt. Das heißt, die Kostenbestandteile Wohnen und Verpfle- Der dichte Zeitplan der Umsetzung erzeugte durch gung werden in den stationären Einrichtungen ab dem Verzögerungen immer mehr Druck. Die Bewohner*innen 01.01.2020 von den Bewohnerinnen und Bewohner mussten eigens Leistungen beantragen. Sie benötigten selbst getragen (ggf. über die Grundsicherung beim örtli- dazu u. a. Wohnraumüberlassungsverträge. chen Sozialamtes finanziert), die Betreuungsleistungen Diese konnten die Träger verbindlich nur nach als „Fachleistung“ verbleiben im neuen Leistungsgesetz „Umstellung“ der Finanzierung mit dem LVR kalkulieren. beim Landschaftsverband Rheinland (LVR). Der Landschaftsverband Rheinland musste alles bear- beiten, genauso wie die örtlichen Sozialämter. Die Auf- Soweit die Theorie. Doch wie macht man aus Wohnhei- stellung ließe sich weiter fortsetzen. Eine arbeitsreiche men, die vor allem ehemalige, ganz unterschiedliche und belastende Situation für die Mitarbeitenden und Be- Wohnhäuser waren und durch einen Pflegesatz finanziert wohner*innen im Sozialtherapeutischen Verbund. wurden, kurzerhand „fiktive Mietwohnungen“ mit Verpfle- Und das war nur der Auftakt: die eigentlich spannende gungsleistungen und separater Betreuung? Das erweist und ungeduldig erwartete Erarbeitung von fachlich sich als so schwierig, wie es sich anhört. Schließlich ist qualifizierten und verpreislichten Leistungskonzepten das Ganze nicht nur eine Gesamtfinanzierung, sondern gemäß dem brandneuen Landesrahmenvertrag und die auch ein gewachsenes Lebens- und Wohnkonzept, dem damit verbundenen, grundlegenden Änderungen eine neue Systematik - glücklicherweise mit einer gewis- werden uns noch lange und intensiv beschäftigen. sen Übergangsphase - verordnet wurde. Die besonderen Wohnformen nach § 42 a im SGB XII, in die die Wohn- Wir hoffen das Beste! Alle gemeinsam! heime nun umgewandelt wurden, bleiben trotzdem Nur so kann es gehen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Diane Kollenberg-Ewald, Bereichsleiterin 33
„Wie im richtigen Leben“ – mit Ernst, Freude und Pause Nutzer*innen des Ergotherapeutischen Dienstes schaffen neue Möglichkeiten Der sogenannte „Stelzenbau“ in der Hofaue in Zuerst hieß es, die unter dem Stelzenbau gelagerten, Wuppertal-Elberfeld stand lange Zeit ungenutzt leer. übrig gebliebenen, Baumaterialien zu retten und für die Als von außen die brandschutzgerechte Treppe ange- neue Verwendung aufzubereiten. Dann begann der Tro- bracht war, entwickelten die Mitarbeiter*innen im ckenbau. Wände wurden gesetzt, Fenster und Türen Ergotherapeutischen Dienst neue Nutzungsideen. eingebaut. Alles wurde neu verputzt, tapeziert und ge- So entstanden ein neuer Konferenz- und Schulungs- strichen. Strom und Beleuchtung wurden installiert. raum, ein Second-Hand-Laden, eine Spiele-Insel In einem Anschlussprojekt des Offenen Ateliers gestalte- und ein Ruhebereich. ten die Klienten den in hoher handwerklicher Qualität ausgebauten Konferenzraum mit eigenen Bildern Bis dahin galt es aber vom Groben ins Feine zu kom- und Dekorationen. men. Es gab viel zu schleppen, hämmern, schrauben, schleifen oder streichen. Mit Herzblut und Engagement entwickelte der Arbeitstherapeut aus dem Team des Er- Planung und Umsetzung gemeinsam mit gotherapeutischen Dienst, Mustafa Keles, gemeinsam Nutzer*innen der Beschäftigungsangebote: mit Klienten das Nutzungs- und Umbauprojekt • Begehung der Räumlichkeiten „Stelzenbau“. • Zusammenstellen einer Bautruppe • Besprechung des Prozesses (Plattenmaße, Ständer- Die Mitwirkenden sind bis heute sehr stolz und voll werk, Fixmaße nach DIN) von guten Erinnerungen, wenn sie an das ernstzuneh- • Erstellen einer Skizze mende Ergebnis ihrer Arbeit denken. An dem dreimona- • Berechnen und Erstellen einer Materialliste tigen Aus- und Umbau waren immer zwischen fünf bis • Erarbeitung tägliche Vorgehensweise acht Klienten je nach Projektphase beteiligt. • Tägliche Aufgabenverteilung nach Ressourcen und Fähigkeiten bei täglich wechselnden Teilnehmern*innen • Tägliche Selbstkontrolle des Prozesses • Austausch untereinander und mit den Profis wie Elektrikern oder Brandschutzexperten 34
Mit dem Fortschreiten der Baustelle stiegen bei Das war ihnen auch bewusst und hat in hohem Projektleiter und Teilnehmern*innen die Freude und der Maße zu Engagement und Eigenverantwortung beflügelt. Spaß an der Arbeit. Die Gruppenzugehörigkeit und das Sie haben sich ernstgenommen gefühlt. Sie haben mit Selbstvertrauen wuchsen täglich. professionellen Werkzeugen wie Bohrmaschinen, Sägen, Der Ergotherapeutische Dienst ist immer auf der Flex-Schneidern, Akkuschraubern u. Ä. gearbeitet. Und Suche nach Projekten, die sich möglichst nah am ersten ganz wichtig: Es gab Pausen mit Brötchen und Kaffee, Arbeitsmarkt orientieren. Idealerweise konnten wir un- wie auf einer Baustelle. sere Nutzer*innen von Beginn an in diesem Projekt in der Umsetzung aller Arbeitsschritte mit einbeziehen. Arbeiten wie im richtigen Leben... Der Stelzenbau am Gebäude Hofkamp 108 in Wuppertal. 35
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