21 kostenlos 2020/2021 - Freie Waldorfschule Magdeburg
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1 facetten Außerschulische Lernorte Magazin der Freien Waldorfschulen Magdeburg und Harzvorland Freie Waldorfschule Magdeburg und Harzvorland 21 kostenlos 2020/2021 Am Tor zur Welt Seite 4 I Wer darf den Frosch küssen? Seite 8 I MHKW Seite 11 I Vorn rund - hinten spitz? Seite 14 I Rückmeldung zu neuen Ideen eingefordert Seite 20 I Der Corona-Walk Seite 22 I Mitleid wollen sie nicht! Seite 28
2 3 als das Redaktionsteam – der „AKÖ“ (Arbeitskreis Öffent- Natürlich sind wir alle froh und lichkeitsarbeit) - sich im Januar 2020 das Thema für die erleichtert, dass wir uns im neu- neuen Facetten überlegte, entstand der Wunsch, zu zei- en Schuljahr wieder persönlich gen, dass Waldorfschule nicht nur in der heilen Welt un- begegnen dürfen. Doch die serer liebevoll gestalteten Schulhäuser und Klassenräume Artikel in diesem Heft zeigen, stattfindet, sondern auch in die Welt hinausgeht, entfernte dass Lehrer und Eltern auch in schwierigen Situationen Lernorte einbezieht und die Schüler anregt, die Welt zu er- Wege finden, das Interesse an der Welt und am Lernen kunden. So entstand das Thema „Außerschulische Lern- aufrecht zu erhalten und das soziale Miteinander zu pfle- orte“. Welchen neuen Sinn dieser Begriff schon im März gen – und sei es eben über „digitale Monatsfeiern“. Auf ein bekommen sollte, ahnten wir damals noch nicht. Sommerfest mussten wir ebenso verzichten wie auf eine Jubiläumsfeier zum 30. Geburtstag (Magdeburg) bzw. 15. Die Schulschließung im März mit den nur langsam einset- Geburtstag (Thale). Vielleicht können wir in 3 1/3 Jahren zenden vorsichtigen Öffnungsbewegungen anschließend das drittel Jahrhundert feiern? Vielleicht in einer neuen traf uns so unvermittelt wie alle anderen Schulen, Einrich- Festhalle und ohne 2-Meter-Abstand? Wir verlieren die tungen und Betriebe. Lehrer und Eltern standen vor der Hoffnung nicht. Besuchen Sie uns und schauen Sie ab und Aufgabe, in dieser Situation die bestmögliche Betreuung zu auf unsere Website: www.waldorfschule-magdeburg.de für die Schüler zu erfinden. Kreativität war gefragt und die bisher eher sparsam genutzte Informationstechnik wurde Viel Spaß beim Lesen wünscht plötzlich zum unentbehrlichen Hilfsmittel. Und sie wurde genutzt, mit größerem Erfolg als wir uns den selbst vorher zugetraut hatten. Geschäftsführer Christward Buchholz Inhalt 4 Am Tor zur Welt 20 Rückmeldung zu neuen Ideen eingefordert Klassenfahrt nach Bremerhaven Lehrer an der FWS in Thale hinterfragen ihre eigene Leistung 6 Stolpersteine für Magdeburg 22 Der Corona-Walk Eine Initiative, die zum Gedenken mahnt Grenzerfahrung 7 Erlebnissport bei jedem Wetter 24 Durch den Lockdown mit Bewegung Gute Voraussetzungen: Disziplin, Ausdauer, Teamgeist Kinderpodcast 8 Wer darf den Frosch küssen? 25 Struktur und Ordnungssinn Fasching in den Klassen eins bis sechs Zeit für Eigenes und Gemeinsames 10 Schüler ergreifen Initiative 26 Durch Elterninitiative digital verbunden Impulsgruppe Umwelt Drei virtuelle Monatsfeiern 11 MHKW 27 Kein Wunschberuf, aber eine tolle Erfahrung 650.000 Tonnen Müll im Jahr Praktikum in einer sozialen Einrichtung 12 Deutsch-russische Begegnung 28 Mitleid wollen sie nicht! Die Zeit mit unseren Gastschülern aus Samara Dialog im Dunkeln 14 Vorn rund, hinten spitz? 32 Unsere neuen Schüler in Magdeburg Panik - Pollen - Propolis 33 Unsere neuen Schüler in Thale 16 133 begeisterte Musiklehrer 34 Veranstaltungen Magdeburg Bundesweite Jahrestagung 2020/21 17 Verantwortung für die Kleinen 35 Veranstaltungen Thale Neue Freundschaften durch Tradition 2020/2021 18 Lasst uns mal zusammen kochen! Sozial- und Fachkompetenz in der Ganztagsschule Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet und das generische Maskulinum verwendet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.
4 5 Am Tor zur Welt „Tell me and I forget. Teach me and I remember. Involve me and I learn. Benjamin Franklin Klassenfahrt nach Bremerhaven Das Wort „Lernort“ verbindet man meistens sofort mit Ebenso würde ich das Deutsche Auswandererhaus be- der Schule, Universität oder dem eigenen Schreibtisch. schreiben. Dieser Ausflug war mein persönlicher Favorit. Doch eigentlich kann man an jedem Ort etwas lernen. Zu Beginn erhielt jeder von uns eine kleine Karte mit dem Und an vielen Orten auf der Welt werden wichtige The- Namen einer Person, deren Geschichte wir erfahren wür- men anschaulich und ausführlich dargestellt und mit den. Dafür legten wir die Karte auf verschiedene Scanner, Spaß vermittelt. die es an jeder Station, also jedem Raum des Hauses, zu finden galt. Wir bekamen den Ablauf einer Auswanderung Auf unserer Klassenfahrt in Bremerhaven besuchten so anschaulich mit, dass ich mich manchmal erschrak, wir mehrere solcher Orte, an denen man miterleben dass da nur eine lebensgroße Puppe vor mir stand und und erkunden konnte – ob im Watt der Nordsee, bei der kein lebendiger Mensch. Die Reise eines Auswande- Rundfahrt durch den Hafen oder im Klimahaus und im rers oder sogar von ganzen Familien wurde uns Schritt Deutschen Auswandererhaus. Die Wattwanderung war für Schritt erklärt. Sehr gut war auch, dass wir das Haus überraschend informativ und machte zudem noch gro- selbständig erkunden konnten und nicht an eine Führung ßen Spaß. Begleitet wurde die Tour durch zwei Betreuer gebunden waren. So konnten wir uns genug Zeit neh- und einen Guide. Viele Schüler, mich eingeschlossen, men, um die Geschichte der uns zugeordneten Person machten diese Wanderung ohne Schuhe, was eine zu hören und durch die Räume zu stöbern. Der Rund- merkwürdige Erfahrung war. Und obwohl es sich an- gang führte uns von einer Wartehalle bis zum Hafen, in fangs ein bisschen eklig anfühlte, gewöhnte man sich „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung einen Schiffsbauch und wieder zurück an Land. In dem schnell an das Wandern im Watt. Die ersten Schritte wa- derer, die die Welt nie angeschaut haben.“ Alexander von Humboldt Schiff konnten wir den Unterschied zwischen armen und ren leicht, man sank noch nicht ein und war sich noch reichen Auswanderern klar erkennen, vor allem als wir nicht der vielen kleinen Tierchen bewusst, über die man die Kabinen der ersten, zweiten und dritten Klasse sahen, © Klimahaus Antarktis Zelt, Hannes Voigts watete. Vom Guide erfuhren wir, dass in einem Bereich denn dabei entdeckte man deutliche Unterschiede in der von 1 m2 bis in 30 cm Tiefe erstaunlicherweise 1.000.000 Ausstattung, angefangen bei hygienischen Verhältnissen kleine Tiere leben. Ich denke, vor allem wir Barfußläufer viel über die tägliche Nutzung des Hafens, sowie über das Tageslicht zu sehen bekommen. Und immer erfuhr bis zum Komfort. All die Stationen, die Räume und Hal- haben uns diese Information gemerkt. Uns wurden viele die vielen Docks, in denen die Schiffe kontrolliert, repa- man etwas über die Menschen, die am 8. Längengrad len waren sehr detailliert und realistisch dargestellt. Das der Tierchen gezeigt, hauptsächlich Krabben, Würmer riert und gebaut werden. Außerdem war uns die Größe leben, über die klimatischen Bedingungen und was sich Deutsche Auswandererhaus hat definitiv bei vielen von und Muscheln. Während der ganzen Tour konnte man des Hafens vorher gar nicht so bewusst, ebenso die diesbezüglich verändert hat. Und am wichtigsten: Was uns einen bleibenden Eindruck hinterlassen. die Nordsee nicht am Horizont erkennen. Sie war wohl riesigen Schiffe, vor allem die Kreuzfahrtschiffe, die wir sind die tatsächlichen Folgen dieser Veränderung? Wie 20 km von uns entfernt und hinterließ somit ein riesiges erst während der Fahrt richtig betrachten konnten. Wir veränderte sich die Lebensweise der Menschen und Ich denke, außerschulische Lernorte findet man eigentlich Watt. Am Ende der Wanderung erfuhren wir durch ein lernten etwas über die Technik der Schiffe und sahen all Tiere? Wurde es besser? Schlechter? Was wird sich in überall, je nachdem ob man interessiert ist und inwiefern Bewegungsspiel, wie genau das Watt überhaupt entsteht die Sachen, die über das Meer transportiert werden. Da- der Zukunft klimatisch verändern? Oft konnten wir lesen, man bereit ist, etwas zu lernen. Das Besondere an den und was die Sonne und der Mond damit zu tun haben. runter waren tausende Autos und wir haben sogar einen dass es den Menschen eher schlechter erging, nachdem von uns besuchten Orten war allerdings, dass man immer Während der Hafenrundfahrt in Bremerhaven lernten wir alten amerikanischen Schulbus entdecken können. das Klima sich änderte. Es regnet nicht mehr genug, um einbezogen wurde. Es ist genau wie Benjamin Franklin ihre Pflanzen wachsen zu lassen oder es ist zu windig. schon vor so langer Zeit gesagt hat: „Tell me and I forget. Bei unserem Besuch im Klimahaus erlebten wir die ver- Und ohne Pflanzen gibt es kein Futter für die Tiere. Viele Teach me and I remember. Involve me and I learn.“ schiedenen Klimazonen der Erde entlang des 8. Längen- Probleme treten auf: Überschwemmungen, Dürren, Hit- grades. Auf diesem Weg erfuhren wir viele Geschichten zewellen, Kälte. Die gesamte Ausstellung ist riesig und Wir danken unserem Klassenbetreuer, David Woidacki und der Menschen, die an den verschiedenen Orten leben wirklich beeindruckend dargestellt, so dass ich es wohl Claudia Seide aus der Ganztagsschule für die tolle Mög- und gelebt haben. Axel Werner, der eigentlich ein Bre- kaum als einfaches Museum beschreiben würde, son- lichkeit, an diesen besonderen Orten lernen zu können. mer Architekt ist, reiste zwischen 2004 und 2006 entlang dern mehr als Erlebnismuseum, indem wir auf einem Ki- des 8. Längengrades und traf all diese Menschen und lometer Weg die gesamte Erde erkunden konnten. Luna Alvira Alma Warnke, Schülerin Kl. 11A hörte sich ihre Geschichten an. Im Klimahaus wird die- se Reise nachgestellt. Dabei spazierten wir durch fünf Kontinente und lernten neun Orte entlang des 8. Längen- grades kennen. Allein das war schon spannend! Anfangs Die Überseehäfen Bremerhaven befanden wir uns in normaler Raumtemperatur, doch im- sind das Drehkreuz für den Im- und mer, wenn wir an einem neuen Ort ankamen, erlebten Export diverser Waren. Eine Vielzahl wir hautnah ein anderes Klima, von den Tropen bis zur von Schleusen und Brücken gehören in einer Hafenstadt ebenso dazu wie Das Deutsche Auswandererhaus befindet sich an einem historischen Standort: Es liegt Antarktis. An jedem Ort trafen wir außerdem auf Tiere, Sportboothäfen und Marinas. direkt am Neuen Hafen in Bremerhaven, der 1852 eröffnet wurde und von dem bis 1890 die normalerweise dort leben. Mehrere von uns hatten knapp 1,2 Millionen Menschen in die Neue Welt aufbrachen. Mitleid mit ihnen, da sie in diesem Klimahaus ja niemals © www.bremerhaven.de © www.bremerhaven.de
6 7 Stolpersteine für Magdeburg Erlebnissport bei jedem Wetter Eine Initiative, die zum Gedenken mahnt Gute Voraussetzungen: Disziplin, Ausdauer, Teamgeist ter Demnig, der diese Initiative 1992 startete und in mitt- „Herzlich Willkommen im Bootshaus des Kanu-Klubs übt. Ziel ist es, sich zügig ohne kippeln über eine längere lerweile über 1200 Städten Stolpersteine verlegt hat, gab Börde e.V. an der Alten Elbe!“ - so heißt es alle Jahre Strecke auf dem Wasser fortbewegen zu können. Das den Schülern noch einen Satz mit auf den Weg, der Ver- wieder zu Beginn eines neuen Schuljahres für Mädchen Training ist anstrengend und nicht selten wird man richtig pflichtung und Gedenken gleichermaßen sei: „Ein Mensch und Jungen der 7. Klasse. nass. Spätesten dann wird den Schülern auch bewusst, ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Somit wie wichtig es war, im Rahmen vergangener Sportunter- eröffnete sich die Möglichkeit, diesen außerschulischen Im Sportunterricht haben unsere Schüler - dank der Un- richte das sichere Schwimmen erlernt zu haben. Lernort zum ständigen Ort des Gedenkens werden zu terstützung durch den Sportverein am Cracauer Was- lassen. Angeregt durch den Religionsunterricht, wo das serfall - die Möglichkeit, auf der Alten Elbe das Paddeln Begleitet wird die Ausbildung auf dem Wasser von ei- Judentum als eine der abrahamitischen Religionen be- als Erlebnissportart kennenzulernen. Und es stellen nem gezielten Ausdauer- und Krafttraining an Land. Die handelt wird, durch den Geschichtsunterricht und durch sich gleich zu Beginn viele Fragen: Wie steuert man ein Übungen entsprechen in Umfang und Intensität den das Kennenlernen des Buches „Das Tagebuch der Anne Kanu? Welche Paddelschläge führen zu welchen Reakti- Anforderungen der Klassenstufe und sind auf die Schu- Frank“ waren die Schüler für dieses Thema sensibilisiert. onen des Bootes? Wie reagiere ich, wenn das Boot ken- lung der Paddeltechnik ausgerichtet. Besonders in den Am 18. November 2015 verlegte Gunter Demnig 5 Stolpersteine für So gelang es Jahr für Jahr entweder am 9. November, tert? Heutzutage verbringen viele junge Menschen viel Familie Kreisel. Er wurde 1947 in Berlin geboren und studierte u.a. Kunstpädagogik u. Industrial Design, Kunstpädagogik und Freie Kunst. in Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938 oder am Zeit in geschlossenen Räumen vor dem Computer. Wie Den ersten Stein setzte er am 16. Dezember 1992 in Köln ein. Anfang Vortag des Beginns der jährlichen „Aktionswoche für ein interessant und abwechslungsreich die Bewegung in der 2020 waren es über 75.000 Gedenksteine in fast 1.200 deutschen weltoffenes Magdeburg“ in Erinnerung der Bombardie- Natur sein kann, bleibt ihnen leider verborgen. Das Pad- Städten und Gemeinden. Die Stolpersteine wurden bisher in 25 weite- rung Magdeburgs durch alliierte Einheiten, dass die ge- deln als eine erlebnisorientierte Bewegungshandlung in ren Ländern verlegt. samte Klasse sich zum Stolpersteinputzen einfand. Dort der freien Natur stellt für die Schüler eine willkommene wurden mit Polierpaste und Tüchern die Steine gereinigt. Abwechslung zum sonst üblichen Schul- bzw. Schul- Außerschulische Lernorte können überall sein. Sobald Dann verlas ein Schüler die Biografien der Schwestern sportalltag dar. Sport unter den Einflüssen von Wasser man mit einer Klasse die Schule verlässt, befindet man Cäcilie Wincelberg, geb. Kreisel und Trude Gusta Tova und Sonne, Wind und Kälte, die Auseinandersetzung mit sich an einem außerschulischen Lernort. Viele Lehrer Meiri, geb. Kreisel sowie die der Eltern und der jüngsten natürlichen Umwelteinflüssen sind der besondere Reiz. nutzen mit ihren Klassen diese Möglichkeit, entweder die Schwester. Es war jedes Mal sehr beeindruckend, wie aus Das Ausgeliefertsein bei schlechtem Wetter oder die eu- Schüler im Straßenverkehr sicherer zu machen, ihnen einer jugendgemäß lauten Klasse an den Stolpersteinen phorische Stimmung, die ein Sonnentag am Gewässer eine Bibliothek oder ein Theater nahezubringen, die Hei- eine ruhige, nachdenkliche Gruppe wurde. Während der vermittelt, sind Erfahrungen, die Woche für Woche beim matstadt besser kennenzulernen, Handwerker zu besu- Verlesung der Biografien stellten sich ab und zu Passan- Paddeln möglich sind. Zum Üben stehen unserer Schule chen oder Pflanzen und Tiere in der Natur zu beobachten. ten mit hinzu und lauschten. Ein Strauß Blumen, der auf Einer-, Zweier- und ein Zehnermannschaftsboot zur Ver- Der Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt. die Steine gelegt wurde, beendete diese Zeremonie. fügung. Neben dem eigenen technischen Vermögen und der Willensstärke in einem Einer kommt es beim Pad- Die Alte Elbe ist ein dankbarer Übungsplatz für angehende Wassersportler. Einen ganz besonderen außerschulischen Lernort schaff- Nun bleibt zu hoffen, dass dieser außerschulische Lernort deln im Zweier und im Mannschaftsboot vor allem auf te sich vor Jahren eine damals 7. Klasse unter Mithilfe weiterhin von Klassen der Waldorfschule genutzt wird. Die Teamgeist und Disziplin an. Im gleichen Takt, im gleichen kalten Monaten wird auf diesem Gebiet hart gearbeitet. ihrer Klassenlehrerin. Sie bekamen die Möglichkeit, zwei Gründungsklasse ist mittlerweile der Schule entwachsen, Schwung, im gleichen Rhythmus bewegt sich das Team. Wenn dann die Schüler erleben, wie das Boot sicher, wie Stolpersteine zu finanzieren und an der Verlegung teil- nur einige lernen noch in der 13. Klasse für das Abitur. Vorsichtig und doch kraftvoll wird das Boot durch das von unsichtbaren Kräften getragen, scheinbar mühelos zunehmen. Außerdem konnte eine andere Klasse der Aber auch diese Schüler dürfen weiterhin mit den Blicken Wasser geschoben. Maximale Spannung (fahren ohne durch die Fluten gleitet, wird man für die vorangegange- Waldorfschule diese Feierstunde musikalisch begleiten. über diese oder andere Steine stolpern und das Geden- umzukippen) und beschauliche Ruhe (das gleichmäßige nen, anstrengenden Trainingsmühen entschädigt und ist Stolpersteine sind Erinnerungssteine, die in das Straßen- ken an die Opfer von Rassismus, Antisemitismus und In- Gleiten durch das Wasser) liegen selten so nahe beiei- stolz auf das Erreichte. pflaster eingelassen werden und somit der Opfer des Na- toleranz wachhalten. nander wie beim Paddeln in einem schmalen Boot. Im tionalsozialismus gedenken. Ein sicher eindrückliches Er- Rahmen des Sportunterrichtes wird das Ein- und Aus- Holger Dammbrück, Sportlehrer und Dirk Harpke, lebnis für die Schüler, da die von ihnen finanzierten Steine Christian Haas, Klassenlehrer, Lehrer für Religion und steigen sowie das sichere Fahren auf dem Wasser ge- Übungsleiter an zwei jüdische Schwestern erinnern, die im selben Al- Handwerken ter wie die Schüler die Möglichkeit bekamen, mit einem Kindertransport nach England zu entkommen und somit überlebten. Ihre Eltern kamen kurz danach zu Tode und ihre jüngere Schwester wurde nach Ausschwitz depor- tiert, wo sich ihre Spur verliert. Der Kölner Künstler Gun- Ein Kanu ist ein Boot, das mit Paddeln in Blickrichtung bewegt wird. Die wesentlichen Gattungen sind Kajaks und Kanadier. Den Ursprung des Kanus datiert man auf ca. 4000 v. Chr. Ein Ur-Kanu, das etwa dieses Jedes Jahr am 9. November in Erinnerung an die Reichspogromnacht Alter hat, wurde auch am Euphrat gefunden. Der Einbaum ist jedoch 1938 oder am Vortag des Beginns der jährlichen „Aktionswoche für ein kein direkter Vorfahre der heutigen Kanusportboote. So sind Kajaks, weltoffenes Magdeburg“ findet sich die Klasse zum Putzen der Stolper- Kanadier und Faltboote aus den Fellbooten der Eskimos und den steine ein. Mit Polierpaste und Tüchern werden sie gereinigt. Rindenbooten der Indianer Nordamerikas weiterentwickelt worden.
8 9 Wer darf den Frosch küssen? Fasching in den Klassen eins bis sechs Warum feiern wir Fasching? Heißt das nicht sowieso gliedert sich in drei Teile. Im rhythmischen Teil wird ge- „Karneval“? Warum verwandeln Lehrer und Eltern jeden sungen und rezitiert und so zum Beispiel die Sprachkom- Rosenmontagnachmittag die Klassenräume in einen petenz erweitert - wer deutlich spricht, kann auch richtig prunkvollen Palast, einen verwunschenen Wald oder ei- schreiben lernen. Dann folgt der Arbeitsteil, der der je- nen ägyptischen Tempel? Warum verzaubern die Hort- weiligen Epoche gewidmet ist, und zum Schluss ein Er- ner ihre Räume in funkelnde Säle oder zünftige Wirts- zählteil. Dieser dient besonders der Herausbildung von häuser? Wird hier ein Brauch, der in die Freizeit gehört, Werten und moralischen Grundhaltungen, ohne dass in die wertvolle Unterrichtszeit gezogen? diese direkt mit erhobenem Zeigefinger postuliert wer- den müssen. Im Märchen „Die Bienenkönigin“ von den Für einen gelungenen Kinderfasching legen sich viele Eltern ins Zeug, sei es beim Schmücken am Vorabend, beim Backen oder Aufräumen, das Wir feiern den Fasching mit den unteren sechs Klassen Brüdern Grimm finden drei Königssöhne einen Ameisen- Nähen und Basteln der Kostüme nicht zu vergessen. durchaus als Fortsetzung und Vertiefung des Waldorf- haufen und die zwei Ältesten wollen ihn zerschlagen. lehrplanes. Der Hauptunterricht der Klassenlehrerzeit Doch der Jüngste, den sie Dummling nennen, hilft den Ameisen. Später bedanken sich die Ameisen, indem sie So darf jedes Kind eintauchen in die wunderbare Mär- eine unlösbar erscheinende Aufgabe für ihn erledigen. chenwelt, ins Tierreich und in die rustikale Welt der Mit der Weisheit der Volksmärchen werden die Kinder Handwerker. Bisher Erfahrenes und Erlerntes findet nicht in der 1. Klasse auf einer Ebene angesprochen, die sie nur allein in den Erzählungen der Pädagogen und der ei- spontan verstehen. Nun dürfen sie für einen Vormittag genen Vorstellung statt, sondern darf nach Herzenslust selbst Prinzessin, Ritter, Fee oder Zwerg sein. ausgelebt werden. Welch eine Lust für die Viertkläss- ler, einen Zirkus zu organisieren und dafür wochenlang In der zweiten Klasse wendet sich der Erzählteil den Hei- während der Hortzeit zu proben. Wird der Kartentrick ge- ligenlegenden und den Tierfabeln zu. Wenn der Wolf den lingen? Wie vereinbaren wir uns, um die Einradnummer Hirsch fressen will, nachdem dieser ihn aus einer missli- bühnenreif zu üben? Aufregung und Lampenfieber las- chen Lage befreit hat, versteht jedes Kind, dass hier Un- sen das Zirkuszelt in der Sporthalle glitzern. Wie staunen dankbarkeit und Ungerechtigkeit angeprangert werden. da die Prinzessinnen und Ritter der ersten und die wilden Zum Fasching darf man nun selbst einmal Fuchs, Rabe Tiere der zweiten Klasse, die als Gäste zu einer atem- oder Frosch sein. Mit dieser Identifikation werden die Er- raubenden Vorstellung geladen sind! Auch die fünften zählungen noch einmal tiefer erlebt. Später geht es um und sechsten Klassen sind eifrig dabei und gestalten nun das Leben der Handwerker im Mittelalter, dann um alte ihre Räume teilweise sogar schon in Eigenregie, sodass Kulturen wie Ägypter, Griechen, Römer oder hanseati- die Ägypter und Römer in farbenfroh dekorierten und mit sche Kauf- und Seeleute. Der Erzählteil folgt jeweils dem riesigen Bilderwänden ausgestatteten „Säulenhallen“ in Unterricht oder bereitet diesen vor. Wenn im Geschichts- ausgelassener und fantasievoller Weise spielen, ma- unterricht der 5. Klasse gegen Ende des Schuljahres len, bauen, drucken, knobeln. Das freie und freudvolle tatsächlich die griechischen Stadtstaaten mit ihren unter- Tun und Erleben verbindet die kunterbunte Kinderschar schiedlichen Gesellschaftsformen besprochen werden, zu einer außergewöhnlichen Gemeinschaft. Und diese mit dem zentralistischen Sparta, dem demokratischen Gemeinschaft ist an diesem verrückten Tag so gar nicht Athen und so weiter, haben die Kinder vorher erfahren, eine „Lerngemeinschaft“. So wird der Fasching der Klas- welche Vorstellungen die Griechen von ihren Göttern, se eins bis sechs ein „außerschulischer Lernort“ in der Halbgöttern und Heroen hatten. Sie haben Herakles und Schule! seine mutigen, aber auch klugen Taten bewundert – und nun können sie selbst einen Vormittag lang Herakles sein oder Aphrodite, Ares oder eine Muse, eine Prieste- rin, ein griechischer Bauer. Claudia Fiedler, Klassenlehrerin 5B und Musik Bilder Seite 8: Am Faschingstag geht es um Spaß und Spiel. Die Kinder lernen durch alternative Übungen, Rätsel und Aufgaben. Beliebte Beschäf- tigungen sind das Balancieren einer Kugel, die immer in Bewegung bleiben muss. Die Schale wird weitergegeben, ohne dass die Kugel herausfällt. Die Tierkinder in Klasse zwei sammeln mit einem Strohhalm Früchte in Form kleiner Papierschnitzel ein und tragen sie im Wettstreit in einem Korb zusammen. Die älteren Schüler amüsieren sich bei Gruppen- und Vertrauensspielen und es werden themenbezogene Zeichnungen und Skulpturen angefertigt.
10 11 Schüler ergreifen Initiative MHKW „Ich habe mir diesen Rundgang ziemlich langweilig vorgestellt, dadurch war ich umso mehr überrascht, wie es im Inneren der Anlage aussieht. Es war spannender, als ich gedacht habe.“ Impulsgruppe Umwelt 650.000 Tonnen Müll im Jahr Im letzten Jahr, seit dem Beginn der Fridays For Future Natürlich sind wir auch offen für neue Ideen und haben Bewegung hier in Deutschland, wo vielen die Lage um am Haupteingang eine kleine Kiste aufgestellt. So be- unsere Umwelt bewusst wurde, erklärte sich eine klei- steht für alle die Möglichkeit, ihre guten Gedanken und Die Abfälle werden in Bunkern gesammelt, bevor ne Gruppe von Schülern an unserer Schule bereit, sich Einfälle aufzuschreiben und einzuwerfen. Wir würden der Krangreifer das durchmischte Gut auf die Verbrennungsroste der Kessel befördert. Nach circa auch hier für mehr Klimaneutralität einzusetzen. Die uns auch sehr über Ihre Initiative für die Umwelt und die zweistündiger Ausbrandzeit bei 1000°C verbleibt Idee entstand, nachdem wir ein Gespräch mit Lehrern, Klimafreundlichkeit an unserer Schule freuen. Mitma- lediglich Schlacke als Reststoff. Extern aufberei- Eltern und Schülern über den Umgang mit Fridays For chen kann jeder, der Lust hat, sich dafür einzusetzen und tet steht sie z. B. für den Straßenbau wieder zur Future und dem Klimawandel führten. Wir wollten die sich gern engagiert, um etwas zu ändern. Verfügung. Klimafreundlichkeit an unserer Schule verbessern und beschlossen die Gründung der “Impulsgruppe Umwelt”. Jolanthe Erbrich, Luca Rosenlöcher, Kl. 12B Wir trafen uns einige Male, um neue Ideen zu sammeln Wir, die Klasse 9B, besuchten am 07.02.2020 das Müll- sie uns Schritt für Schritt die einzelnen Geräte. Es sah und erste Impulse zu setzen. Zu unseren bisherigen Er- heizkraftwerk Rothensee, welches mit „MHKW“ abge- kompliziert aus in dem kleinen Raum mit den vielen Com- folgen zählen kürzere Wasserinterwalle auf den Toiletten kürzt wird. Vor dem Hintergrund der Jahresarbeit einer putern. Der letzte Stopp war die Attraktion unserer Füh- oder der Fahrradtag, jeweils am ersten Montag im Mo- Schülerin aus der 8. Klasse wollten wir schauen, was mit rung. In einem kleinen Raum mit großen Fenstern wurde nat, an dem Schüler und Mitarbeiter dazu aufgefordert dem Müll aus Magdeburg und Umgebung passiert. ein Kran gesteuert. Wir sahen dem Kranführer dabei zu, sind, umweltfreundlich zur Schule zu kommen. Dieser wie er den Müll sortierte. Durch die Verbrennung unseres Montag wird von einem Großteil der Lehrer- und Schü- Zu Beginn stellten sich unsere Gruppenleiter vor und zeig- Mülls gewinnen wir Strom und Fernwärme für Magdeburg. lerschaft beachtet und umgesetzt. Viele größere Ideen ten uns ein Video über das Müllheizkraftwerk und über sind in der Planung. Dazu gehören die Begrünung des die Entstehung des Werkes sowie grundlegende Infor- Klasse 9B mit Unterstützung von Miriam Schlundt, Speisesaaldaches, eine Müllsammelaktion oder eine mationen. Im Anschluss belehrten sie uns und bekamen Lehramtsstudentin Kleiderbörse für Eltern und Schüler. Diese stehen noch Schutzhelme. Nachdem sie uns in zwei Gruppen aufge- ganz oben auf unserer Liste und wir werden alles dar- teilt hatten, machten wir uns auf den Weg zum Außenbe- ansetzen, diese der Schulgemeinschaft näherzubringen. Ein für unsere Schule entworfener Fahrradständer reich, wo uns das Gebäude gezeigt wurde. Unser Leiter erklärte uns alles verständlich. Bei der Müllanlieferung luden Mülltransporter und LKWs den Müll ab. Dazu fuh- ren die Mülltransporter an große Tore heran, um den Müll in eine riesige Lagerhalle zu kippen. Wir setzten unseren Rundgang um das Gebäude fort und unser Leiter zeigte uns ein kleines Abwasserbecken. Auf dem Weg konnten wir zufällig die Reparatur und Reinigung der Greifschaufel „Der Tag war interessant, weil man mal gesehen hat, wo der eines Krans, der in der großen Halle stand, beobachten. Müll hinkommt und wie er verarbeitet wird. Wir haben gelernt, Mit einem Fahrstuhl gelangten wir wieder in das Innere wie wichtig es ist, den Müll zu trennen. Ich fand es gut, dass wir des Gebäudes. In der Überwachungsstation erklärten jetzt genaueres über die Branche wissen.“ Alle Bilder © Peter Gercke i. A. der MHKW Rothensee In den Dampferzeugern wird die Wärmeenergie der heißen Rauchgase genutzt und Hochdruckdampf erzeugt. Dieser Dampf wird den Turbinen zugeführt und erzeugt Wärme und mechanische Energie für die Nutzung der Generatoren zur Stromerzeugung. Die mit Schadstoffen beladenen Rauchgase werden in den Rauchgasreinigungsanlagen gereinigt, bevor sie in die Atmosphäre austreten.
12 13 Deutsch-russische Begegnung Die Zeit mit unseren Gastschülern aus Samara Unter anderem besuchten sie in Potsdam das Schloss Sanssousi. Friedrich II. von Preußen bemühte sich, den Anbau der Kartoffel in den preußischen Provinzen durchzusetzen und verfasste dazu Anordnun- gen, Rundschreiben und Verordnungen - den Kartoffelbefehl. Ziemlich einschneidend wirkten sich die beginnenden gen Leute erstehen. Den „Spätaufsteherzug“ Einschränkungen durch die Coronasituation aus. Vielsei- erreichten wir am Sonntagmorgen nur mit äu- tig Geplantes von der Schule, aber auch Privates konnte ßerster Anstrengung. In Potsdam angekommen, plötzlich nicht mehr umgesetzt werden. Doch wir woll- schien herrlich die Sonne. Die besten Voraus- ten, dass unsere jungen Gästen etwas Schönes erleben. setzungen Potsdams Straßen und den Park von Ein Plan B musste her! So öffneten sich extra für uns Sanssousi im Freien zu erkunden. Vom Bahnhof die Türen des Domes. Beeindruckt von einem solchem aus führte unser Weg über die Havel zur Niko- Raum durchstreiften unsere Gäste jeden Winkel. Krö- laikirche, weiter Richtung Holländischem Vier- nend stiegen wir die Stufen des nördlichen Domturmes tel, kreuz und quer durch die alten Straßenzüge hoch und schlugen zwischendurch die Glocken an. Nach Potsdams mit der schönen Fußgängerzone auf 433 Stufen oben angekommen, hatten wir einen weiten das Brandenburger Tor zu. Auf diesen Wegen Bei der russischen Sprache gab es zu Beginn Hemmungen. Doch durch lustige Spiele und Alltägliches lernt man sich auch ohne viele Worte ken- sonnigen Blick über Magdeburg. Es wurden viele Fotos kehrten wir zum Mittagessen ein und nahmen nen. Die gemeinsamen Ausflüge prägen sich ein und werden noch lange in Erinnerung bleiben. gemacht, um diesen besonderen Moment festzuhalten. auch noch Kaffee und Eis mit. Gestärkt ging es Am Abend trafen wir uns zum gemeinsamen Essen am weiter zum Park von Sanssousi. Wir begegne- Am späten Abend des Frauentages, nach russischer Le- auch uns „Älteren“ hin und her: „Welcher Mensch wird Feuer unter nächtlichem Himmel. Jede und jeder brachte ten zuerst der auch im geschlossenen Zustand bensart der Geburtstag aller Frauen, trafen Familien der wohl mit uns kommen und für die nächsten zwei Wochen etwas an Speis und Trank mit. Es wurde gegrillt, gelacht, imposanten Friedenskirche und ihrer Umge- 9. und 10. Klassen der Magdeburger Waldorfschule am ein Teil unserer Familie werden?“ Munter riefen Natali gesungen... In diese frohe Stimmung hinein erreichte bung. Kurz danach eröffnete sich für uns von der Busbahnhof ein. Wir warteten gespannt auf unsere Gäs- Siegling und Olga Brysiakina die Namen der russischen uns überraschend die Nachricht, dass unsere gemeinsa- Hauptallee ein imposanter Blick auf das Schloss te. Nach langer – mehrtägiger – Anreise zwischen den Schülerinnen und Schüler und die dazugehörigen Fami- me Zeit ein jähes Ende findet. Die ursprüngliche Abreise mit seinen Terrassen. Fast ein wenig unschein- Zeitzonen kamen 19 junge Leute mit 3 Lehrern aus der lien auf. Man nahm sich bei der Hand und nach und nach wurde von russischer Seite (coronabedingt) um fast eine bar, aber sehr interessant der Grabstein von Waldorfschule Samara in Magdeburg an. Mit tatkräftiger löste sich die Gruppe in alle Richtungen auf. Woche vorverlegt. Wir waren sprachlos und aufgewühlt. Friedrich dem Großen mit „seinen“ Kartoffeln. Unterstützung von Frau Siegling (zu diesem Zeitpunkt Bleiben uns jetzt wirklich nur noch ein paar Stunden, wo Klassenlehrerin der 9B und Fachlehrerin für Russisch Nach einem kurzen Kennenlernen auf den Nachhause- wir uns zunehmend – auch nach manchem anfänglichen Trotz der vielen - durch die Hygieneauflagen - und Mathematik) konnten wir alle zusammen – egal wegen und ersten nächtlichen Gesprächen und Gast- Zögern – so gut zusammengefunden hatten? Doch es schon geschlossenen Türen war dieser Tag für ob des Russischen mächtig oder nicht – unsere Gäste geschenken begann nach viel zu wenig Schlaf schon wurde noch ein ganzer Tag daraus und den wollten wir uns alle ein sehr offener gewesen. Wir haben mit einem lautstarken: „Добро пожаловать Самарa“ - der erste Schultag um acht Uhr morgens. Die Schüler so schön und spannend wie möglich gemeinsam verbrin- es genossen, uns zu begegnen und viel Freu- „Herzlich Willkommen Samara“ begrüßen. Viele neugie- aus Samara und Magdeburg hatten in durchmischten gen!!! Unsere Wahl fiel auf Potsdam. Vielleicht könnten de miteinander erlebt. So war es fast selbst- rige Blicke wechselten zwischen den jungen Leuten und Gruppen Unterricht und führten gemeinsam Projekte wir dort auch noch Gastgeschenke für die Familien in verständlich, dass wir die anschließende Nacht durch. Der durchorganisierte Schulalltag lies trotzdem Russland sowie ein paar Erinnerungsstücke für die jun- – wieder in Magdeburg angekommen - kaum Zeit für Begegnungen im Privaten. Man verabrede- schliefen, sondern weitererzählten, spielten, te sich zum Beispiel zum Burgeressen. Nicht typisch in den frühen Morgenstunden auf den Paulus- deutsch, aber doch sehr gern von den jungen Leuten kirchturm stiegen und uns verabschiedeten. Um angenommen. Auch die schmackhafte russische Kü- fünf Uhr in der Früh brachten wir unsere jungen che wurde durch die Gäste in so manchen Familien er- Menschen zum Bahnhof oder zur Schule. Durch lebbar gekocht und genossen. Bei den Sprachen hat- spontan von Lehrern und Eltern organisierten ten wir so manche Hemmnisse und Hindernisse. Doch Autofahrten konnten sie ihre Flugzeuge in Berlin versuchten wir uns durch viel gemeinsames Spielen Richtung Heimat rechtzeitig erreichen. Was für anzunähern. Zum Glück braucht Kommunikation nicht eine gute und viel zu kurze Zeit. Danke! Es gab viele schöne Momente wie gemeinsames Backen und Kochen deutscher und nur Worte, um einander zu verstehen. Viel lachen, ein- russischer Gerichte, zusammen am Feuer sitzen oder gemeinsame Spiele. Durch den fach Spaß miteinander haben, wir konnten uns so ganz Maria Czinege, Ute Gawellek-Braun, Christiane Lockdown mussten die Austauschschüler leider früher als geplant wieder abreisen. anders kennenlernen. Mai, Eltern der Klasse 10B
14 15 Vorn rund, hinten spitz? Panik - Pollen - Propolis Kaum ein Nutztier hat sich im Laufe der Evolution so wenig den Imker-Augen, von Weisheit, die einem Bienenvolk ei- re, sagt er, hätte es gedauert, ehe er diese Tiere einigerma- Hier waren sie wieder, die Begriffe aus der Zeitschrift – und verändert wie die Biene. Mit dem Leben in einem Bienen- gen ist und davon, dass es spricht. Ich selbst bin auf einem ßen verstanden hätte. Verstanden? Ja, im besten Sinne, diesmal ganz greifbar. stock und mit der Produktion von Honig sind regelmäßig Dorf groß geworden, meine Großeltern versorgten Kühe, bestätigt er. Die Bienenvölker sprechen. Du hörst an ihrem Superlative verbunden: Anzahl von Lebewesen pro Volk, Schafe, Hühner. Das war üblich, diese Tiere waren groß, Summen, wenn es ihnen gut geht. Und den Waldorf-Bie- Der Honig selbst gerät bei dieser Art der Betrachtung fast geflogene Kilometer, besuchte Blüten… Dass man von machten sichtlich Arbeit, gaben Milch, Wolle, Eier – und am nen geht es gut. Im Moment blühen noch einige Linden in zum angenehmen Nebeneffekt. Immerhin 25 kg sind es pro Bienen mehr bekommt als nur süßen Brotaufstrich, lernt Ende konnte man sie essen. Unser Nachbar hatte Bienen. der Umgebung und die Wildwiese direkt vor den Stöcken Volk und Jahr. Er wird hauptsächlich zum Vespern in der man am besten nicht im Klassenzimmer, sondern in der Die gaben zwar Honig, waren aber auf ihre Art unfassbar hat auch noch eine Zeit lang einiges zu bieten. Eigentlich Grundschule oder im Hort genutzt oder verkauft. Über das Bienen-AG unserer Schule. und wir wurden häufig gewarnt, dem Bienenstock nicht ist nach der Sommersonnenwende Schluss mit der Haupt- Bienenwachs zur Kerzenherstellung freuen sich Grund- zu nahe zu kommen, denn diese Tiere waren ja auch ge- sammelsaison. Nun geht es darum, Wintervorrat anzule- schule und Hort. Propolis – das Kittharz, welches die Bie- In einer früheren Ausgabe der Zeitschrift Erziehungskunst fährlich. Ich bewunderte unseren Nachbarn ein wenig, der gen. Die Aufgabe des Imkers sieht Herr Förster darin, der nen als Baumaterial zur Abdichtung und Instandhaltung findet sich ein auf den ersten Blick etwas verzückt wirken- mit ihnen umgehen konnte, auch wenn er dabei in seiner Biene eine Umgebung zu schaffen, in welcher sie einen des Bienenstocks verwenden – bildet eine Grundlage für der Beitrag über die Imkerei. Da ist die Rede von leuchten- Schutzkleidung recht exotisch aussah. Ob er leuchtende Überschuss erzeugen kann, der dem Menschen dann in Kosmetika, die ebenfalls in der Arbeitsgemeinschaft er- Augen hatte, wenn er an seine Bienen dachte? Ich weiß Form von Honig, Wachs, Pollen und Propolis zur Verfü- zeugt wird. es nicht. gung steht. Das hört sich jetzt natürlich sehr idealistisch an, dennoch bestätigt er mir, dass die wesensgemäße Hal- Natürlich macht die Imkerei auch Arbeit. Vier Stunden pro Vor acht Jahren lenkte der Schweizer Dokumentarfilm tungsform dieser Bienenvölker weitgehend den strengen Woche sind es etwa in der Hauptsaison. Doch Tom Förster „More Than Honey“ eine starke mediale Aufmerksamkeit Demetervorgaben entspricht. ist froh über „seine“ Bienen, die Freiheit, die er für seine auf die Biene und bewirkte ein Stück weit, dass sie „neu“ Arbeit an der Schule hat, über das Interesse der Schüler wahrgenommen wurde. Aber nicht nur das Tier selbst geriet Vor drei Jahren wurde Tom Förster die Betreuung der seit an der Bienen-AG und darüber, dass er ihnen zeigen kann, in den Fokus der Aufmerksamkeit, sondern auch ihr Nutzen 2014 vorhandenen Bienenvölker angetragen und von An- dass eine Biene eben nicht nur „vorn rund und hinten spitz“ für Natur und letztlich Mensch – und die Probleme, die wir fang an hilft ihm Frau Fechner, Klassenlehrerin und eben- ist. Auf die Frage, ob die Kinder nicht erstmal Angst vor dem Insekt (und damit uns) bereiten: Pestizideinsatz, Mo- falls Imkerin, in der von ihm geleiteten Bienen-AG. Es trifft diesen Insekten haben, lacht er. Alle der Waldorf-Bienen- nokulturen, Krankheiten. Nach einer vom Deutschen Im- sich gut, dass er nicht nur Physik und Informatik unterrich- völker seien eher sanftmütig. Der respektvolle Umgang mit kerbund veröffentlichten Statistik steigt seit gut zehn Jah- tet, sondern auch in der Holzwerkstatt zu finden ist, denn den Tieren wirkt bei den meisten Schülern tatsächlich als ren die Zahl der Bienenvölker zumindest in Deutschland einige der Bienenkisten stammen inzwischen von dort – Initial und öffnet ihnen die Augen für die Vorgänge und Zu- und das Honig sammelnde Insekt wurde so populär, dass eine zum Beispiel als Jahresarbeit eines Schülers der 8. sammenhänge in der Natur, von denen wir als Menschen hierzulande sogar mehr Bienenstöcke in Städten zu finden Klasse. Die Beschäftigung mit den Bienen sei idealer Lern- letztlich abhängig sind. sind als auf dem Land. stoff für viele Gebiete, so der Lehrer. Der Bogen spannt sich von Biologie und Ökologie über Ernährungskunde bis André Seifert, Schulvater Kl. 13 Bestes Beispiel für diese Tatsache sind unsere derzeit elf hin zu Meteorologie, Geografie und Geschichte. Und bei Quellen/Material: Erziehungskunst, April 2018, deutscherimkerbund.de, www. stadtbienen.org/wissen/bienenwissen/bienenprodukte, www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/ Waldorf-Bienenvölker. Gleich neben der atemberaubend der Betrachtung des Großen und Ganzen eines Bienen- insekten-und-spinnen/hautfluegler/bienen/13980.html,welt-der-biene.de/kommunikation- unter-bienen, www.netdoktor.de/medik, www.bee-careful.com/de/initiative/wie-lange- blühenden Wildwiese hinter dem Speisehaus stehen die volkes gerät man ohnehin schnell ins Philosophieren, dann leben-bienen/amente/propolis Beuten und die Luft ist erfüllt mit einem deutlich vernehm- fallen Begriffe wie Schwarmintelligenz, ja sogar Weisheit. baren Summen. Allerdings riecht es nach Rauch. Brennt hier was? Nein, Imker Tom Förster, ein junger Lehrer unse- rer Schule, kümmert sich – mit typischem Kopfschutz, aber kurzärmelig (!) – um einen der Bienenstöcke. Im Moment wird einer der Bienenkästen oder Beuten inspiziert. An der Außenwand steht ein Vermerk: Keine Königin. Der Rauch aus einem kaffeekannen-ähnlichen Gerät, dem Smoker, vertreibt die Bienen in die tiefer gelegenen Bereiche der Wabenrähmchen, so dass sie nicht wild umherfliegen. Herr Förster nimmt ein Rähmchen nach dem anderen aus dem Kasten und sucht die Königin. Sie ist größer als die Arbeiterinnen und – Oha, da ist sie! – mit einem kleinen Klebepunkt auf dem Rücken markiert, der sogenannten Das Bienenjahr lässt sich in vier Abschnitte gliedern: Vorbereitung (neue Jungbienen für das Frühjahr) Schlupfjahrmarkierung. Sie hat natürlich zu tun. Eier legen und Ruhe von August bis Januar, Arbeitsbienen- vor allem, ca. 1.500 bis 2.000 sind es pro Tag. vermehrung von Februar bis Mai, neue Königinnen und Schwarmbildung im Juni, Drohnenschlacht (alle In der Bienen-AG (ab Klasse 5) werden Beuten Schon bevor Tom Förster aus dem sächsischen Neukirch Drohnen sterben) im Juli. Bildserie: Frau Fechner und Rahmen gebaut damit die Bienen fleißig nach Magdeburg kam, waren Bienen sein Hobby. Fünf Jah- setzt ein neues Volk in unsere Beute um. die Waben füllen und natürlich muss der Honig auch probiert werden.
16 17 133 begeisterte Musiklehrer Verantwortung für die Kleinen Bundesweite Jahrestagung Neue Freundschaften durch Tradition weite der musikalischen Ausdrucksformen dargeboten Wenn die Schüler das neunte Schuljahr beginnen, sind sie die großen Schüler eine Blume überreicht, eine Lilie. Bei wurden: Klavier und Geige mit Eurythmie (Triolando), in der Oberstufe angekommen und haben bis dahin viel- der Einschulung haben die damaligen Neuntklässler den ein Gospelkonzert mit „echter Technik“ (Wolmirstedter seitige Erfahrungen und Erlebnisse in der Waldorfschule Schulanfängern eine Sonnenblume geschenkt. So schließt Gospelchor), ein selbstgestalteter Bunter Abend, an dem sammeln dürfen. Zu Beginn gibt es zahlreiche Verände- sich der Kreis einer lebendigen Patenschaft und einer viel- sehr viel getanzt wurde. Die Schule und auch die Stadt rungen für die Klasse. Der Klassenlehrer gibt die Klasse fach persönlichen Beziehung unter den Schülern. Magdeburg konnten sich dem Musiklehrerpublikum prä- an einen Klassenbetreuer ab und viele neue Fachlehrer sentieren und einen guten Eindruck hinterlassen! Ganz übernehmen als fachliche Autoritäten den Unterricht, den besonders berührend war für uns, dass unser langjähri- sonst der Klassenlehrer im Hauptunterricht gegeben hat. ger Lehrer, Mentor und Wegbegleiter Wolfgang Wünsch Diese Klassenstufe ist ein Übergang in die Oberstufe, die ein letztes Mal an der von ihm mitgegründeten Tagung erste Klasse bei den „Großen“ und ein neuer Abschnitt im teilnehmen konnte. Ließen seine Lebenskräfte bereits Bereich des selbstständigen Lernens beginnt. In diesen merklich nach, so war es doch wie ein Wunder, zu er- Wechsel fällt auch die Aufgabe, die Schüler der ersten Mit der Tagung zeigt die Schule außerdem, wie vielfältig leben, mit welcher Vitalität und Geistesgegenwart er zu Klasse bis zum vierten Schuljahr zu begleiten. Diese Pa- das kulturelle Leben in Magdeburg ist. uns sprach und wie eindringlich er uns allen ans Herz tenschaft von Ober- und Unterstufe ist an unserer Schule legte, auf die Kinder zu hören und zu erspüren was in Zu- eine besondere Ebene der Begegnung und Unterstüt- kunft entstehen will: Die Stimme erwecken und zuhören! zung, sie ist ein Freiraum für gemeinsame Wahrnehmung Vom 10. bis 15. Januar fand die Musiklehrertagung der und Kreativität, aber auch Verantwortung, die jeweils an- Freien Waldorfschulen an unserer Schule statt. Einhun- Claudia Fiedler, Klassen- und Musiklehrerin dere Seite nicht aus dem Blick zu verlieren. dertdreiunddreißig Menschen fanden sich unter dem Motto „Die Stimme erwecken!“ zusammen. Namhafte Schon während der Einschulungsfeier begleiteten die Während der gemeinsamen Ausflüge lassen sich die Schüler aufein- Dozenten boten vierundzwanzig Kurse an, die zum einen Schüler meiner neuen 9. Klasse die Erstklässler durch ander ein und erleben auch außerhalb der Schulzeit eine besondere Ebene der Begegnung und Unterstützung. der Vorbereitung auf den Musikunterricht einer Klassen- den Blumenbogen auf die Bühne und im Anschluss in ihr stufe dienten, zum anderen die individuelle Schulung der Klassenzimmer. Danach folgten viele Jahresfeste, die ge- Lehrer in den Fokus stellte. Gemeinsames Singen war meinsam begangen wurden, zum Beispiel St. Martin im der wesentlichste Bestandteil des reich gefüllten Stun- November, Nikolaus oder das gemeinsame Ostereiersu- Mir ist aufgefallen, dass meine Schüler bei den Begeg- denplanes. Ergebnisse dieser fruchtbringenden Kurse chen. Ein Zoobesuch ist noch in bester Erinnerung. Die nungen mit den „Kleinen“ eine Offenheit und Herzlich- wurden am letzten Tag der Schulgemeinschaft in einer Großen erklärten den Kleinen die Eigenarten der Tiere keit entwickelten, die sich im normalen Schulalltag nicht Monatsfeier präsentiert, sodass die meisten Schüler und und spielten auf dem Spielplatz ausgelassen zusammen sofort einstellt. Eine unbekümmerte Vertrautheit im Um- Kollegen sich anstecken lassen konnten von der Begeis- oder teilten ihr Picknick miteinander. Die Adventszeit nah- gang entstand. So ist die Patenschaft zu einer Gepflo- terung und Spielfreude der Gäste. Beide ehemalige 10. te. „Wir wollten doch einen Kalender für die Kinder vor- genheit geworden mit einer klaren pädagogischen Idee. Klassen und ihre Klassenbetreuer kümmerten sich um bereiten. Wer macht das?“ Initiative ist gefragt! Das ging Hier wird etwas gelernt, nämlich soziale Verantwortung die Ausgestaltung und Bewirtung des Tagungscafés, ei- nicht immer reibungslos und meine Schüler und ich haben zu übernehmen, sich einzulassen auf den anderen und nem wichtigen Treff- und Kommunikationsort für die zum sicher auch mal ein Jahresfest vergessen. Während der die gemeinsamen Vorhaben umzusetzen. Jede Klasse Teil aus fernen Ländern angereisten Gäste. Insgesamt 4 Jahre hat sich eine intensive Beziehung zu der dann in der Oberstufe ergreift ihre Aufgabe unterschiedlich waren knapp zehn verschiedene Kulturkreise vertreten! 4. Klasse aufgebaut und einzelne Schüler waren sehr und entwickelt eigene Schwerpunkte und Ideen für die Nach der intensiven Arbeit am Tage organisierte das enttäuscht, wenn bei den Ausflügen ihr Pate gerade nicht gemeinsamen Begegnungen. So wird individuell soziale Das Programm war bunt und abwechslungsreich: Internationale Tänze Magdeburger Musiklehrerteam ein abwechslungsrei- und Lieder, der Bau eigener Instrumente und über 20 Workshops dabei war. Lebenspraxis geübt. ches kulturelles Abendprogramm, in dem die Spann- namhafter Dozenten. Die Klassenlehrerin, Frau Fiedler, war zudem auch die Markus Iser, Klassenbetreuer 9B, Lehrer für Handwerk, ehemalige Klassenlehrerin der 9B und insofern gab es Kunstgeschichte und Kunst immer noch eine enge Beziehung zu ihren ehemaligen Schülern. Im Laufe der Patenzeit schlug sie vor, gemein- sam Stück für Stück die Elbe hinaufzuwandern. Die erste Etappe führte uns durch den Stadtpark bis in den Stadtteil Cracau, wo wir uns im Bioladen der Familie von Pokrzwni- cki mit Getränken stärken konnten. Einen zweiten Teil ab- solvierten wir von Cracau bis zum Kreuzhorst und setzten mit der Gierseilfähre nach Westerhüsen über. Die letzte Begegnung war die offizielle Zeugnisübergabe der 12. Klasse im Juli dieses Sommers. Diesmal bekamen
18 19 Lasst uns mal zusammen kochen! Sozial- und Fachkompetenz in der Ganztagsschule Das Projekt lief langsam, aber gut an. Eingeladen waren Schüler der 6., 7. und 8. Klassen. Während des laufen- den Jahres interessierten sich immer mehr Schüler und hatten Interesse, selber ein Gericht herzustellen. Dabei trafen sich die Schüler wöchentlich in der Küche der Ge- meinschaftsschule. Nach und nach entwickelten sie ein Gespür für Zutaten und Kombinationsmöglichkeiten. Sie fanden Alternativen zum Süßen mit Zucker, erkannten, welche Zutaten durch gesündere aber schmackhaftere ersetzt werden können, wie man Käse und Schokola- de herstellt, welche Lebensmittel saisonal und regional Diese Überschrift ist ein wenig irreführend, da „Ganztags- verteilt Ideen realisiert, die es den Kindern ermöglichten, sind, was Fairtrade bedeutet und worin die Unterschie- schule“ keinen Ort definiert, sondern unser Schulkonzept unterschiedlichste Varianten gesunder Ernährung aus- de zwischen konventioneller und biologischer Landwirt- beschreibt. „Die Ganztagsschule bedeutet Nahtstelle zu zuprobieren. Das Projekt begann im ersten Schritt damit, schaft liegen. Die Schüler der 7. Klasse konnten sogar sein zwischen der Weiterführung schulischer Inhalte und die Schüler für gesunde und vielfältige Ernährung zu be- an das theoretische Wissen aus ihrer Ernährungsepo- Die Beteiligung war anfangs eher gering. Doch nach der Freizeitgestaltung der Schüler. Der Bogen wird dabei geistern. Dies geschah durch die gemeinsame Auswahl che anknüpfen und dieses praktisch umsetzten. Diese und nach wuchs die Begeisterung und Beteiligung und gespannt von verbindlichen Projekten bis hin zur offenen von interessanten Rezepten, mit dem Fokus gesunde vertiefte Auseinandersetzung führte bei einigen Schü- die Schüler erkannten, wie vielschichtig das Thema Freizeitgestaltung.“ Dieses Zitat stammt aus den Facet- Speisen herzustellen oder leckere Alternativen zur her- ler zu einem veränderten Bewusstsein für Inhaltsstoffe Lebensmittel ist. ten 6 aus dem Jahr 2006, als die Ganztagsschule gera- kömmlichen Zubereitung zu finden. In kleinen Gruppen und ihre Auswirkungen auf den Körper, zum Teil auch de ein halbes Jahr alt war und hat bis heute Gültigkeit. wurden unter anderem glutenfreie, vegetarische, vega- zu anderen Konsumgewohnheiten. Für andere Schüler Seit dieser Zeit haben unzählige Aktivitäten und Arbeits- ne, industriezuckerfreie, rohköstliche Variationen zube- war das gemeinsame Kochen und Essen ein gemein- gruppen stattgefunden. „Insgesamt hat diese Form der reitet. Weiterhin wurden ressourcenschonende, saisona- schaftliches und sozial zusammenbringendes Erlebnis. Arbeitsgruppen einen freiwilligen Charakter. Dennoch – le und fair gehandelte Produkte benutzt und besprochen. Die Nachfrage der Schüler nach einer Fortsetzung des Beenden wollen wir diesen Bericht über ein außerunter- oder vielleicht gerade deshalb – werden sie begeistert Insgesamt verwendeten wir ausschließlich biologisch er- Projektes ist sehr groß und wird sich hoffentlich erfül- richtliches Projekt mit dem Satz, der auch den ersten Be- angenommen, schließlich können die Schüler im thema- zeugte Lebensmittel. Die Ernte aus unserem Schulgar- len, wenn es die Umstände wieder zulassen. Unter dem richt der Ganztagsschule aus dem Jahr 2006 beendete: tischen Rahmen ihre Freizeit selbstverantwortlich gestal- ten bereicherte unsere Küche. Von süß bis herzhaft, von Titel „Ess-Kultur“ wollen wir uns künftig mit der interna- „Die Schule bewegt sich – und das ist gut so! Jeder, der ten. Dieser Punkt gilt noch mehr in der offenen Freizeit- sichtbar gesund bis hin zu selbstgemachtem „Fast Food“ tionalen Küche beschäftigen. Dabei freuen wir uns über mitbewegen möchte, ist herzlich willkommen.“ gestaltung.“ Steht dabei die Mittelstufe im Fokus, haben oder selbst hergestelltem Käse haben wir viele Gerichte Unterstützung durch Schüler, die selbst oder in zweiter die Mitarbeiter der GTS die gesamte Schulgemeinschaft probiert. Zur Abschlussfeier der 12. und 13. Klassen be- Generation Wurzeln in europäischen oder außereuropä- Hendrik Preuschoft (Dipl.-Kulturpäd.), Jennifer Wolf im Blick. Gemeinsam mit der Unterstufe gestalten sie reicherte ein veganes Dessert das Buffet, für die Teestu- ischen Ländern haben. Dieser Aspekt liegt uns beson- (Sozialarbeiterin B.A.), Claudia Seide (Rehabilitations- zum Beispiel das Michaelifest und den St. Martinsum- be beim Adventsbasar lockten verschiedene Süßigkeiten ders am Herzen, da unsere Schule als „Schule ohne psychologin M.Sc.), Team Ganztagsschule zug und arbeiten eng mit den Kollegen des Hortes an die Besucher an den Stand. Rassismus“ anerkannt ist. pädagogischen Themen. Weiterhin ist es auch eine Auf- gabe, Schüler der Oberstufe bei der Umsetzung ihrer In- teressen innerhalb der Schule zu unterstützen. Beispiele hierfür sind die Gestaltung der Verbindungslehrerwahl, die Organisation des Schülercafés oder die Bedienung der Lichtanlage im Ernst-Bindel-Saal. Kooperationen mit außerschulischen Institutionen (OK Live Ensemble aus Wolmirstedt, Schachverband Magdeburg) aber auch An- gebote durch Lehrer und Eltern sorgen für Vielfalt. Nicht zuletzt hat das Landesschulamt Anträge im Rahmen der Ganztagsschulbetreuung genehmigt. Exemplarisch dafür soll hier das Projekt „Gesunde und vielfältige Er- nährung durch das Jahr“ aus dem Jahr 2019 vorgestellt werden. Gesunde Ernährung ist ein fester Bestandteil der Im Sommer kann man viele Früchte auf Plantagen oder Feldern selber Waldorfpädagogik und wird speziell in den siebten Klas- pflücken. In unserem Schulgarten wachsen Kirschen, Äpfel, Erdbee- sen behandelt. Um dieses Wissen für die Schüler auch ren und Himbeeren. Die Schüler verarbeiteten die Nahrungsmittel zu Marmelade, Kompott oder Saft. praktisch erlebbar zu machen, haben wir über das Jahr
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