GESUNDBRUNNEN Wir haben uns vermisst! Die Ampel steht auf "Grün" Hallo, Blumenfreu(n)de - Evangelische ...

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GESUNDBRUNNEN Wir haben uns vermisst! Die Ampel steht auf "Grün" Hallo, Blumenfreu(n)de - Evangelische ...
Juli 2021

GESUNDBRUNNEN
Corona-Rückblick

Wir haben uns vermisst!

Digitalisierung in der Pflege

Die Ampel steht auf „Grün“

Freundes- und Förderkreis

Hallo,
Blumenfreu(n)de

       Magazin der Ev. Altenhilfe Gesundbrunnen
GESUNDBRUNNEN 1.21
GESUNDBRUNNEN Wir haben uns vermisst! Die Ampel steht auf "Grün" Hallo, Blumenfreu(n)de - Evangelische ...
Inhalt

                                                                              Gesundheit
                                                                     21       Das „schlaue“ Virus und unsere Abwehr

                                                                              Digitalisierung
                                                                     22       Die Ampel steht auf „Grün“
                                                                     24       Telemedizin im Alter
                                                                     26       Assistive Robotik für ältere Menschen

                                                                              Social Media
                                                                     28       Online vorne

                                                                              Ausbildung
                                                                     30       Wegen Infektionsgefahr: (Pflege-)Prüfung
                                                                              an der Übe-Puppe

                                                                              Stadtgeschichte
                                                                     32       „Für oder gegen Menschlichkeit“

                                                                              Nachruf
                                                                     36       Sütterlin lesbar gemacht

                                                                     37       Freunde und Förderer
                                                                     38       Hallo, Blumenfreu(n)de
                                                                     40       „Was kann ich dafür?“
         Besinnung                                                   40       Hilfe, die gut ankommt
4        Du stellst meine Füße auf weiten Raum!                      41       ... und dann sind die Enkel an der Decke
                                                                     41       Rückhalt in der Corona-Krise
         Corona-Rückblick                                            41       Neustart mit Shoppen & Schnuddeln
6        Man hat sich vermisst!                                      41       Ihre Spenden für soziale Aktivitäten
9        Wie die Memory-Station zur
         Corona-Station wurde                                                 Ev. Krankenhaus Gesundbrunnen
13       Rasch getestet, wertvolle Zeit gewonnen                     42       Frischer Glanz ab Herbst
14       Breitungen und Kirchhain: Corona-Momente
17       „Wir waren Brückenbauer“                                             Würdigung
18       Radfahren gemeinsam neu entdecken                           43       Den Augenblick gestalten und
19       „Es war teilweise knapp auf Kante!“                                  Spuren hinterlassen

Impressum
GESUNDBRUNNEN, Magazin des Ev. Altenhilfe Gesundbrunnen e. V., Ausgabe Juli 2021 | 38. Jahrgang, gegründet 1982
Herausgeber: Ev. Altenhilfe Gesundbrunnen e. V. | Brunnenstr. 23 | 34369 Hofgeismar | Tel. 05671 882-0 | Fax 05671 882-211 |
E-Mail: info@gesundbrunnen.org | Internet: www.gesundbrunnen.org
ViSdP: Dr. Jochen Gerlach, Theologischer Vorstand | Redaktionsteam: Martin Bleckmann, Jochen Gerlach, Brigitte Rathmann, Anne-
Kathrin Stöber | Bilder: Ev. Altenhilfe Gesundbrunnen, Gitta Hoffmann, Olaf Dellit, Bernd Schünemann (HNA) (S. 14), Nadine Weigel/
dpa (S. 18), HILSE:KONZEPT/CAREInvest 2020 (S. 28 Qwiek GmbH (S. 41), Ev. Krankenhaus Gesundbrunnen, Familie Hancken, Familie
Rüdiger | Titel: De Visu – stock.adobe.com; S. 2: (unten) iStockphoto.com/shapecharge; S. 16: (oben) Inka – stock.adobe.com; (unten)
iStockphoto.com/Leonsbox; S. 22: (oben) iStockphoto.com/FredFroese, (unten) agenturfotografin – stock.adobe.com; S. 23: (oben)
iStockphoto.com/fizkes, (unten li.) bilderstoeckchen – stock.adobe.com, (unten re.) romul014 – stock.adobe.com; S. 24: greenbutterfly
– stock.adobe.com; S. 27: iStockphoto.com/nadia_bormotova; S. 29: (Tablet) istockphoto.com/tuulijumala; S. 36: (Lupe) iStockphoto.
com/olegback | Layout: Brigitte Rathmann | Druck: Meister Print, Kassel
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Editorial

Liebe Leserinnen
und Leser,
Wir wollen Ihnen in diesem Magazin      Wohl der Bewohnerinnen und Bewoh-         neuen Techniken besser unterstützen.
erzählen, was uns in den letzten Mo-    ner und Mitarbeitenden tun, aber wir      „Menschlichkeit pflegen“ – das ist und
naten bewegt hat und wo wir in der      haben dabei auch Besuche, Kontakte        bleibt unser Leitwort und unsere Ori-
Pflege und Betreuung zukünftig hin-     und Begegnungen und damit die Frei-       entierung. In der Corona-Zeit hat es
wollen. Damit sind die Themen der       heiten eingeschränkt. Die Organisati-     uns geholfen, mit den Spannungen
Ausgabe klar: Corona und Digitali-      on und die Vermittlung dieser vorge-      gelassener umzugehen und es leitet
sierung. Beides betrifft und berührt    schriebenen Maßnahmen waren ein           uns dabei, die Digitalisierung gut zu
uns alle. Wir hoffen sehr, dass Sie,    Kraftakt. Unser großer Dank gilt allen,   entwickeln und menschlich zu nutzen.
Ihre Familien und Freundinnen und       in der Pflege, der Küche, der Haus-
Freunde diese besonderen Zeiten gut     wirtschaft und der Verwaltung und         Ich danke Martin Bleckmann, dem Vor-
überstanden haben und da, wo es         Technik. Das große Engagement und         sitzenden des Freundes- und Förder-
beschwerlich und schmerzlich war,       die Einsatzbereitschaft vor Ort waren     kreises, dass er das Magazin initiiert
Menschen und Beistand an Ihrer Sei-     außerordentlich. Wir danken auch den      und die Erstellung gesteuert hat. Er hat
te erfahren konnten. Auch wir trauern   Bewohnerinnen und Bewohnern und           damit die Aufgaben von Christiane
um Menschen, von denen wir in den       deren Angehörigen, die viel Verständ-     Gahr, Referentin für Öffentlichkeit,
letzten Monaten Abschied nehmen         nis aufgebracht und dies auch den         übernommen, die leider erkrankt ist.
mussten und sprechen den Angehöri-      Mitarbeitenden gezeigt haben. Diese       Wir wünschen ihr an dieser Stelle al-
gen unser Mitgefühl aus.                Zeichen in schwierigen Zeiten sind        les Gute und freuen uns, wenn sie den
                                        wichtig und helfen.                       kommenden Gesundbrunnen wieder
Die Pandemie hat Ihnen, uns und allen                                             in bewährtem Stil vorbereiten kann.
viel abverlangt. Wir standen in einem   Eine der Auswirkungen der Pandemie        Ich danke allen für ihre Beiträge und
Spannungsfeld. Wir haben die gesetz-    war der Schub in Sachen Digitalisie-      Interviews und allen im Redaktions-
lichen Auflagen, Hygienevorschriften    rung. Liebe Leserin, lieber Leser, die    team: der Journalistin Anne-Kathrin
und Schutzmaßnahmen umgesetzt.          meisten von uns nutzen im privaten        Stöber für ihre Recherchen, Brigitte
Wir wollten und mussten dies zum        Bereich digitale Technologien, Smart-     Rathmann für die Textbearbeitung
                                        phones, Tablets oder digital gesteu-      und Grafik, Sabrina Fechtner für die
                                        erte Technologien. Auch viele Be-         Hilfe bei der Bildauswahl und Alina
                                        wohnerinnen und Bewohner haben,           Erhardt für die Unterstützung im
                                        bisweilen unterstützt durch unsere        Sekretariat.
                                        Mitarbeiter, mit ihren Angehörigen
                                        geskypt oder gezoomt und so eine          Herzlichst
                                        neue Möglichkeit des Kontakts zu ih-      Ihr Pfarrer Dr. Jochen Gerlach
                                        ren Angehörigen schätzen gelernt.         Theologischer Vorstand der Evange-
                                        Das war bei den eingeschränkten Be-       lischen Altenhilfe Gesundbrunnen
                                        suchen besonders wertvoll.                Hofgeismar

                                        Diesen Weg der Digitalisierung wol-
Pfarrer Dr. Jochen Gerlach,             len wir als Evangelische Altenhilfe
Theologischer Vorstand der              Gesundbrunnen weitergehen und
Ev. Altenhilfe Gesundbrunnen            auch die Arbeit der Pflege durch die

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Besinnung

               Du stellst meine Füße
                auf weiten Raum!
                                             (Psalm 31,9)

                                      Liebe Leserinnen und Leser,
                         liebe Freundinnen und Freunde des Gesundbrunnens!

            Genießen Sie auch, dass wieder so viel möglich ist? Freuen Sie sich an den Lo-
            ckerungen? Wir kommen wieder zu Familienfesten und Nachbarschaftstreffen
            zusammen. Viele gehen wieder in Restaurants oder ins Kino. Auch im Gesund-
            brunnen sind wir raus aus dem Krisenmodus und rein in die neue Normalität ge-
            kommen. Die Besuche sind zum Glück wieder fast wie gewohnt möglich. Die Tref-
            fen der Bewohnerinnen und Bewohner untereinander können wieder ungehindert
            gelebt werden. Erste Feierlichkeiten, kleinere Sommerfeste finden wieder statt.
            Wir atmen auf. Die Masken fallen immer öfter, wenn nur geimpfte oder genese-
            ne Bewohnerinnen und Bewohner zusammen sind. Mitarbeitende können wieder
            standortübergreifenden Treffen, Fortbildungen und Konferenzen besuchen.

            Zur neuen Normalität gehört leider auch, dass wir weiter mit den Gefahren des
            Corona-Virus leben. Wir sind beunruhigt, weil sich auch Geimpfte wieder anste-
            cken und dann auch das Virus – wenn auch reduziert – weitergeben können. Die
            Variante D trägt die Gefahr in sich, dass die neue Normalität nur ein Zwischenhoch
            bildet. Also braucht es weiter die eingeübten Schutzmaßnahmen. Besucher und
            Besucherinnen, die noch nicht oder erst einmal geimpft sind, müssen eine Beschei-
            nigung über ein Negativ-Ergebnis eines Antigentests vorlegen oder sich vor Ort
            testen lassen. Die meisten unserer Einrichtungen bieten eine Testmöglichkeit an.
            Trotzdem: Wir erfreuen uns an den Lockerungen. Wir spüren, wie gut uns und an-
            deren die vermehrten Begegnungen tun. Was haben wir darauf gewartet!

4                                                                                                GESUNDBRUNNEN 1.21
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Besinnung

                     „Du stellst meine Füße auf weiten Raum!“ Mit den Worten des Psalms 31 können wir
                     unser Erleben ausdrücken. Wir danken Gott, dass wir uns freier bewegen können.
                     Wir betreten wieder neue Räume, besuchen Menschen, machen Ausflüge, fahren
                     in Urlaub. – Was geschieht aber, wenn sich durch Unvorsichtigkeit die Variante D
                     vermehrt ausbreitet, wenn wieder mehr Beschränkungen und Auflagen kommen
                     sollten? Ein Blick in den Psalm 31 macht deutlich, dass es kein Schön-Wetter-Gebet
                     ist. Der Mensch, der das Gebet erstmals aufgeschrieben hat, hat schwerste Nöte
                     durchlebt und er beschreibt sie eindrücklich. Alles spricht er aus vor Gott und das
                     führt ihn zu der Erfahrung: „Du stellst meine Füße auf weiten Raum!“

                     Wie auch immer die Corona-Krise weiter verläuft, ob wir sie schon überwunden
                     haben oder ob wir uns in einem Zwischenhoch befinden, ich wünsche Ihnen diese
                     Erfahrung des weiten Raumes: aus der Enge und Ängstlichkeit des Herzens in Zu-
                     versicht und Hoffnung! Dazu können wir Orte, Zeiten und Menschen aufsuchen,
                     die uns gut tun, die Gott für uns bereit hält. Er stellt unsere Füße auf weiten Raum.
                     Nehmen wir uns beherzt diesen Raum.

                                                            Ihr
                                                      Jochen Gerlach
                              Leitender Pfarrer der Evangelischen Altenhilfe Gesundbrunnen

                                       Pfarrer Dr. Jochen Gerlach vor dem Verwaltungs-
                                           gebäude der Ev. Altenhilfe in Hofgeismar

                                                                                                                     5
GESUNDBRUNNEN 1.21
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Corona-Rückblick

Man hat sich vermisst!
Rückblick auf die Corona-Monate im Kasseler
Altenhilfezentrum Stiftsheim
anne-kathrin stöber

Ein schwüler Vormittag im Juni, die Wiesen dampfen, aus        und dort keinerlei Besuch bekommen dürften, höchst er-
dem Café Lottermoser im Stiftsheim hört man Vorberei-          greifend, wenn sich die Senioren und deren Angehörige
tungen zum Mittagessen. Wer spazieren war, freut sich auf      dann nach manchmal wochenlanger Trennung endlich wie-
kühlen Schatten im Haus. Charlotte Bellin, Einrichtungslei-    dersehen dürften. Man hat sich vermisst!
terin, und Eva-Maria Wehmeyer, zuständig für die soziale
Betreuung im Altenhilfezentrum, haben eingeladen zum           So ging es auch während der Lockdown-Corona-Zeit: Besu-
Rückschau-Halten. Wie ist es den Bewohnern, den Mitar-         che fielen während des Ausbruchs flach und waren ansons-
beitern und Angehörigen ergangen in der Corona-Zeit? Im        ten eingeschränkt, wie so vieles andere an Begegnung. Fast
Andachtsraum, mit zum Garten geöffneten Flügeltüren,           muss Eva-Maria Wehmeyer lachen, wenn sie berichtet, mit
kann man inzwischen die Masken abnehmen, sitzt aber auf        wie viel Improvisationstalent man versucht hat, die kom-
Abstand: Noch ist nicht alles vorbei. „Aber wir sind zweimal   munikativen Angebote trotzdem am Leben zu erhalten:
geimpft“, erklären Bellin und Wehmeyer, das erleichtere        Es wurde ein akustischer Adventskalender erfunden, für
schon mal vieles.                                              den jeden Vormittag um elf Uhr etwas vorgelesen wurde
                                                               – die Bewohner konnten am Lautsprecher in den Zimmern
Der schwierigste Zeitpunkt sei im Oktober/November 2020        zuhören. Auch der Gottesdienst, jeden Freitag, fand zwar
erreicht gewesen, erinnern sich beide. Damals gab es eine      live im Andachtsraum statt mit Pfarrerin und Organist,
kleine Ansteckung in einem Bereich des Hauses, und da-         aber eben ohne Besucher, ebenso die Zeitungsrunde oder
mit absolutes Besuchsverbot. „Aber die Bewohner waren          auch die Gymnastik mit just einer Vorturnerin; die anderen
sehr, sehr wacker!“ Dennoch – bis heute sei es, zum Beispiel   lauschten vom Zimmer aus. Neue Formate entstanden, auf
wenn Bewohner eine Zeit lang ins Krankenhaus müssten           die man im Stiftsheim beinahe stolz ist und die vielleicht
                                                               weiter existieren sollen: Balkonkonzerte, Hofkonzerte, und
                                                               Ausflüge „eins zu eins“, heißt: ein Bewohner, ein Fahrer.
                                                               Klingt verrückt, kam aber sehr gut an!

                                                               Auch die – zum Glück – vielen Ehrenamtlichen galt es, auf
                                                               neue Art einzusetzen. Manche fuhren nun Wäsche nach
                                                               Hofgeismar, andere sprangen ein, wenn dienstags und frei-
                                                               tags Schnelltests gemacht wurden. Aber trotz aller Ideen
                                                               – die Bewohner vermissten das Miteinander sehr. Und auch
                                                               die Mitarbeitenden mussten umdenken, so zum Beispiel, als
                                                               die Tagespflege ihren Betrieb zeitweise komplett einstellen
                                                               oder reduzieren musste. Um Kurzarbeit zu vermeiden, wur-
                                                               den sie an anderen Stellen im Haus eingesetzt. Auch die
                                                               Mitarbeitenden des Café Lottermoser, das eine Zeit lang
                                                               schließen musste, halfen anderswo aus – zum Beispiel im
Charlotte Bellin, Einrichtungsleiterin, und Eva-Maria
Wehmeyer, soziale Betreuung, sprechen über die Corona-         Pfortendienst. „Das alles haben sie mitgemacht, wie toll!“,
Zeit in ihrer Einrichtung und was Mitarbeitern, Bewohnern      lobt Charlotte Bellin. So kann die Leiterin (die auf Nachfrage
und Angehörigen während der Pandemie geholfen hat              offen bekennt, dass sie zeitweise „komplett geschlaucht“

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GESUNDBRUNNEN Wir haben uns vermisst! Die Ampel steht auf "Grün" Hallo, Blumenfreu(n)de - Evangelische ...
Aufmunterung im Corona-Jahr: Die Saxophonistin Kerstin Röhn spielte
beim Hofkonzert im Garten des Stiftsheims Kassel

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                    7
GESUNDBRUNNEN Wir haben uns vermisst! Die Ampel steht auf "Grün" Hallo, Blumenfreu(n)de - Evangelische ...
Corona-Rückblick

                                                              Froh sind Bellin und Wehmeyer auch darüber, dass „nie-
                                                              mand bei uns alleine sterben“ musste, Begleitung wurde
                                                              immer ermöglicht. Dass man sich sehr früh für das Imp-
                                                              fen meldete und bereits am 1. Januar damit begann, war
                                                              klug – „so waren wir früh durchgeimpft“. Noch immer, sagt
                                                              Wehmeyer, gebe es ja keine Entwarnung, aber erste Locke-
                                                              rungen, die nun zögernd genutzt würden. Zum Beispiel das
                                                              gemeinsame Singen – auf Abstand. Da ist manche Stimme
                                                              arg eingerostet, manches Lied in Vergessenheit geraten
                                                              nach der langen Pause. Quasi ein Neubeginn!

                                                              So gibt es eine Art Aufatmen – aber auch das Verzeichnen
                                                              von Verlusten. Manche Bewohner hätten in der Corona-Zeit
                                                              wegen des eingeschränkten Lebens doch ein wenig „abge-
Eine reiche Johannisbeerernte wird in der Kochgruppe          baut“ – das Aufatmen wird dauern, so scheint es, und noch
verarbeitet                                                   lange wird sich auch bei den Mitarbeitern die Erinnerung an
                                                              den riesigen öffentlichen Druck erhalten, der anfangs der
                                                              Pandemie auf den Altersheimen lag – immer im Fokus, je-
war und angespannt wegen ständig neuer Verordnungen,          den Tag Schlagzeilen; ständig neue „Hotspots“ und Krank-
Umorganisation, Nachfragen und der ja stets lauernden         heitsausbrüche erzeugten eine Art Daueralarmzustand.
Corona-Gefahr) auch ein großes Plus verzeichnen: das
funktionierende Team. „Es ging alles nur mit einem guten      Ein letzter Tipp – wie managt man das große Ganze und
Miteinander, Hand in Hand“, sagt sie, und dafür sei sie un-   kommuniziert dies auch noch an die Angehörigen? Charlot-
glaublich dankbar.                                            te Bellin hat da beste Erfahrungen gemacht mit E-Mails; die
                                                              hat sie nicht nur regelmäßig an alle Angehörigen verschickt
Eva-Maria Wehmeyer ergänzt: „Zum Glück gab es auch kei-       und darin über die jeweilige Situation im Haus berichtet.
ne Querelen bei uns, keine großen Diskussionen über die       Sondern sie hat auch deren „tolle Rückmeldungen“ ins
Maßnahmen. Wir haben eine klare Linie gefahren, das war       Team weitergemeldet. Auf diese Weise blieben „drinnen“
anstrengend, und wir haben so viel aufrechterhalten wie       und „draußen“ im Gespräch und miteinander verbunden –
möglich.                                                      frei nach der Devise: „Wir leben trotzdem!“

                                                              Zuhörer beim sommerlichen Hofkonzert
                                                              im Stiftsheim-Garten

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Corona-Rückblick

Wie die Memory-Station zur
Corona-Station wurde
Fragen an Dr. Manfred Wappler, Chefarzt der Geriatrie
am Ev. Krankenhaus Gesundbrunnen
das gespräch führte anne-kathrin stöber im mai 2021

                                           ben auch hier im Krankenhaus be-          die Mitarbeiter in ihren Pausen beim
   Wie haben Sie, wie                      gonnen, Schutzmasken zu nähen.            Mittagessen noch zu zweit am Tisch.
   haben Ihre Mitarbeiter                  Um Ostern 2020 war das Maximum            Ein Ausbruchsteam bestehend aus
                                           der Erkrankungen in der ersten Wel-       Leitung, Chefärzten, Hygienebeauf-
   in der Geriatrie den
                                           le zu erwarten, wir befürchteten ei-      tragten, Ärztinnen und Ärzten und der
   Beginn der Corona-                      nen Engpass der Intensivkapazitäten       Pflegedirektion wurde einberufen und
   Epidemie erlebt?                        und der Versorgungsmöglichkeiten          traf sich in kurzen Abständen, um alle
                                           für die erkrankten Patienten auf den      relevanten Festlegungen zu treffen.
                                           Covid-Stationen. Diese Zeit war für
                                           alle Mitarbeiter mit einer starken Ver-
                                           unsicherung verbunden, die erst dann        Kam es zu Ausbrüchen
Ich weiß noch gut, wie die ersten Fäl-     nachließ, als alle wussten, was auf je-     auf den Stationen?
le in der chinesischen Provinz Wuhan       den Einzelnen zukommt.
aufgetreten sind. Die Verbreitung ver-
lief immer einen Schritt schneller, als
wir es dachten. Als das Virus in unse-       Welche Veränderun-
rer unmittelbaren Nähe angekommen
                                             gen haben sich für den
war, hatten wir alle große Angst: zu                                                 Anfang April 2020 erkrankte eine Pa-
wenig Schutzausrüstung, vor allem
                                             Betrieb des Kranken-                    tientin und wurde positiv getestet.
Masken und Schutzkleidung. Wir ha-           hauses ergeben?                         Auch Mitarbeiter waren infiziert. Na-
                                                                                     hezu eine komplette Station wurde
                                                                                     in Quarantäne genommen, alle Pati-
                                                                                     enten und Mitarbeiter getestet und
                                                                                     auch die Kontakte der Mitarbeiter
                                           Es wurde so viel Schutzmaterial wie       umfassend nachverfolgt. Die Mit-
                                           möglich organisiert. Gruppenthera-        arbeiter wurden in Quarantäne ge-
                                           pien konnten nicht mehr stattfinden,      schickt und die Patienten mit Schutz-
                                           die Tagesklinik geschlossen. Die Lan-     kleidung, Schutzhaube, doppeltem
                                           desregierung erließ Besuchsverbote        Mundschutz, Schutzbrille und dop-
                                           für die Krankenhäuser. Alle Bespre-       pelten Handschuhen isoliert. Keiner
                                           chungen mit mehr als fünf bis sechs       kann erahnen, was für eine Aufgabe
                                           Personen mussten wegen der Ab-            es bedeutete, alle Kontakte betroffe-
Dr. Manfred Wappler, Chefarzt der Geria-   standsregelungen abgesagt werden,         ner Personen rückwirkend bis zwei
trie am Ev. Krankenhaus Gesundbrunnen:     auch die Gottesdienste fanden nicht       Tage vor Beginn der Symptome nach-
„Ich habe die Pflegekräfte bewundert.“     mehr statt. Im Andachtsraum saßen         zuverfolgen.

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Corona-Rückblick

                                        men oder eindeutig palliativer Aus-        kenhäusern die Kapazitäten für Ope-
     Was bedeuteten                     gangssituation haben wir auf unse-         rationen heruntergefahren wurden.
     Ausbrüche für die                  rer eigenen Covid-Station betreut.         Auch nahmen wir in dieser Zeit keine
                                        Hierfür haben wir unsere Memory-           Patienten von zu Hause auf, die Tages-
     Pflegekräfte, wie                  Station, in der bisher – etwa immer        klinik war ebenfalls geschlossen. Wir
     konnten sie geschult               elf – Menschen mit Demenz oder             konnten die Patienten mit schweren
     und gestützt werden?               Delir behandelt wurden, kurzerhand         Symptomen ohne Probleme in andere
     Wie konnten sie                    umfunktioniert. Diese Station konnte       Krankenhäuser verlegen, auch in die
                                        separat betreten werden, die Mitar-        hiesige Kreisklinik. Gemeinhin bleiben
     ermutigt werden –
                                        beiter der Covid-Station legten dort       die Patienten drei bis vier Wochen
     oder inwiefern waren               frische Wäsche und die komplette           oder länger in unserem Haus.
     sie auch entmutigt?                Schutzkleidung an. Die wurde wäh-
                                        rend der gesamten Schicht getragen
                                        und in genauestens vorgegebener               Wie ging es den Ange-
                                        Reihenfolge abgelegt. Die Covid-Sta-          hörigen? Wer hat sie
                                        tion wurde so bei Bedarf für mehrere
                                                                                      informiert, wie waren
Wichtig war für die Pflegekräfte und    Monate in Betrieb genommen. Be-
auch die Ärzte sowie Therapeuten,       handelt wurden dort je nach Bedarf
                                                                                      die Reaktionen?
das korrekte An- und Ablegen der        zwei bis elf Patienten. Die Patienten
Schutzkleidung zu üben. Wir hatten      waren dort anfangs nur durch Arzt/
ein Video, das dies in aller Ausführ-   Ärztin und Pflegekräfte versorgt und
lichkeit zeigte. Dann wurde in Schu-    später auch durch den Einsatz von
lungen durch das angegliederte ex-      Physiotherapeuten. Die Mitarbeiter         Für die Angehörigen waren die Situ-
terne Hygieneinstitut geübt. Ich habe   – alle freiwillig in der Covid-Station –   ationen sehr schwer. Aber es gab so
es immer bewundert, wie die Pflege-     arbeiteten in dieser Zeit ausschließ-      gut wie keine Vorwürfe. Alle wuss-
kräfte mit dieser schweren Aufgabe      lich dort.                                 ten, wie schwer auch die Situation im
umgegangen sind. Neben der Gefähr-                                                 Krankenhaus ist. Sie wurden in der
dung der eigenen Person und der ei-                                                Regel durch die behandelnden Ärzte
genen Familie muss man auch damit          Wie viele Patienten                     informiert. Es waren die bestehenden
klarkommen, dass Menschen an der           sind im Jahr 2020 in                    Patientenverfügungen, Vollmachten
Krankheit sterben oder man vielleicht                                              und amtlichen Betreuungen zu be-
                                           Ihrer Abteilung
selbst andere infiziert hat. Ich habe                                              rücksichtigen. Ferner war es gerade
bei uns ausschließlich erlebt, dass        gewesen – lief der                      am Anfang der Pandemie schwer,
sich die Pflegepersonen und die wei-       Betrieb weitgehend                      festzulegen, ob Intensivmaßnahmen
teren Mitarbeiter dieser Aufgabe mit       gleich, was die                         angewandt werden sollten. Keiner
großem Engagement gestellt haben.          Kapazität angeht?                       wusste damals, was eine Beatmung
                                                                                   bei einem hochbetagten Patienten
                                                                                   bedeutet, nicht nur in Bezug auf die
     Was passierte mit                                                             Überlebenschancen, sondern in erster
     positiv getesteten                                                            Linie auch im Hinblick auf die resultie-
     Patienten?                                                                    rende Lebensqualität, wenn man die
                                        Wir hatten im Jahr 2020 zwei Aus-          Infektion überstehen sollte.
                                        bruchssituationen im Krankenhaus,
                                        im Frühjahr und im Herbst. Über das
                                        komplette Jahr war unsere Auslastung          Wie gehen Sie aktuell
Patienten mit akuter Atemnot, hohem     wie in allen hessischen Krankenhäu-           mit dem Thema
Fieber oder kritischen Symptomen        sern reduziert. Dies lag zum einen am         Besuchsverbot um?
haben wir auf die Covid-Stationen       notwendigen Schutzkonzept – eine
der umliegenden Akutkrankenhäu-         Gefährdung von neuen Patienten soll-
ser verlegt. Patienten mit leichten     te vermieden werden – und aber auch
oder gar fehlenden Covid-Sympto-        daran, dass in den umliegenden Kran-

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Corona-Rückblick

Aktuell gilt weiter das Besuchsverbot
der Hessischen Landesregierung. Die
Patienten nehmen die notwendigen
Isolierungsmaßnahmen meistens gut
an, wenn sie den Sinn der Maßnahmen
begreifen können. Viele Patienten ha-
ben ihre Angehörigen seit Wochen
und Monaten nicht mehr gesehen.
Das ist schlimm, weshalb wir aktuell
in diesen Fällen einen Besuch eines
Angehörigen in der Woche erlauben.
Bedauerlich ist, dass während der Be-
handlung die Therapie nur im Zimmer
stattfinden kann und Therapieeinrich-
tungen des Krankenhauses noch nicht
ausreichend genutzt werden können.

  Wie sah die Situation
  für Schwerkranke oder
  Sterbende aus?

Besuche bei Sterbenden oder tod-
kranken Patienten sind immer durch
Ausnahmeregelungen erlaubt gewe-
sen. Bei Patienten mit Covid-Infektion
war die Sterbebegleitung besonders
                                         Das Abstrich-Team: Nina Schildknecht (links) und Dr. Jutta Schweer-Herzig
schwer. Auch die Angehörigen waren
in diesen Situationen belastet. Durch
die Einführung der Schnelltests haben
wir mehr Sicherheit, dass Besucher,      den des Krankenhauses impfen, deren         täne gestellt, bis das Testergebnis da
externe Dienstleister oder ambulan-      zweite Impfung erfolgte Anfang Feb-         ist. Meine Hoffnung geht auch dahin,
te Patienten den Keim nicht mit ins      ruar. Im März wurden dann nochmals          dass wir durch Öffnungsstrategien
Krankenhaus bringen. Aktuell werden      160 Mitarbeitende geimpft, aktuell          wieder zu unseren Behandlungsstan-
Besucher bei uns getestet oder brin-     wird die zweite Impfung organisiert         dards zurückkehren können. Und:
gen einen aktuellen Schnelltest mit.     und steht uns unmittelbar bevor. Die        Ein Angehörigengespräch, das am
                                         Einführung der Schnelltests hat uns         Nachmittag durch ein eher zufälli-
                                         viel mehr Sicherheit gebracht. Derzeit      ges Zusammentreffen auf der Station
  Was lässt Sie für die                  ist unser hauseigenes Testzentrum an        stattfindet, kann mehr helfen als eine
  Zukunft hoffen?                        drei Tagen in der Woche für die Mit-        große Anzahl an Telefonaten. Grup-
                                         arbeitenden geöffnet, die Patienten         penaktivitäten, Einsatz der ehrenamt-
                                         werden regelmäßig wöchentlich auf           lichen Mitarbeiter, Wiederherstellung
                                         den Stationen abgestrichen. Patien-         von adäquaten Bedingungen für die
                                         ten, die neu in unser Haus aufgenom-        Seelsorge, das alles hilft, die Behand-
Die Impfung! Wir konnten glückli-        men werden, erhalten unabhängig             lung im Krankenhaus wieder vielfälti-
cherweise bereits Anfang Januar die-     von den Voruntersuchungen einen             ger und interessanter für die Patien-
sen Jahres die ersten 50 Mitarbeiten-    PCR-Test und werden unter Quaran-           ten zu gestalten.

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                        11
Pfarrerin Kirsten Bingel mit ihrem Akkordeon

                                               und Organisation aller notwendigen       beitenden und die Angehörigen. Sie
     Wer sind Ihre persön-                     Hygienefragen. Bis Ende April dieses     überrascht uns mit spontanen Einfäl-
     lichen Helden in                          Jahrs erfolgten 735 PCR-Abstriche bei    len, die uns pandemiebedingt etwas
                                               den Mitarbeitern des Hauses und          abhandengekommen sind.
     dieser Pandemie?
                                               1652 PCR-Abstriche bei Patienten des
                                               Hauses.
                                               Eine Heldin ist auch unsere Pfarrerin       Wie ist die Stimmung
                                               Kirsten Bingel. Sie nahm die Verände-
                                                                                           im Moment?
                                               rungen von Anfang an so an, wie sie
Meine Oberärztin Frau Dr. Jutta                sind. Es ist schwierig, unter der ge-
Schweer-Herzig und unsere Mitarbei-            genwärtigen Situation Seelsorge zu
terin Nina Schildknecht. Die beiden            leisten. Dies ist bei allem Wechsel im
haben ein riesiges Arbeitspensum zur           Krankenhaus flächendeckend nicht
Bewältigung der Herausforderungen              möglich. Frau Bingel besucht die Sta-    Sehr heterogen. Wir geben uns größ-
geleistet: angefangen von der Durch-           tionen, sie hält den Kontakt mit den     te Mühe, unser vorheriges Level zu
führung von Tests an Mitarbeitern              Patienten und Angehörigen und sie        erreichen. Auch ohne Corona haben
und Patienten, Schulungen, Doku-               spielt jeden Donnerstag auf unseren      wir den Fachkräftemangel ja in allen
mentation des Infektionsgeschehens,            Stationen mit Ihrem Akkordeon. Sie       Bereichen, die Patienten kommen
Kontakt mit den Gesundheitsämtern              hat ein offenes Ohr für die Mitar-       kränker zu uns, es soll alles optimiert
                                                                                        werden – das ist relativ anstrengend.
                                                                                        Ich würde sagen, es geht jetzt darum,
                                                                                        noch eine Weile durchzuhalten. Eins
Abhängig vom Infektionsgeschehen               Bitte informieren Sie sich unter         entspannt uns aber: Dass geimpft
können sich tagesaktuell Änderungen            www.ekh-gesundbrunnen.de                 wird. Das dramatische Ausbruchsge-
für Mitarbeitende, Besucherinnen               oder wenden Sie sich an den              schehen wie zu Anfang – das kommt
und Besucher sowie Patienten des               Empfang: 05671 5072-0                    nicht mehr!
Ev. Krankenhauses Gesundbrunnen
ergeben.

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Corona-Rückblick

Rasch getestet,
                                                              sprung. Mitte Oktober schließlich waren 26 Bewohner
                                                              positiv getestet, viele ohne Symptome. Borgmann: „Ein

wertvolle
                                                              Alptraum.“ Rasch wurde Isolation organisiert, Tage höchs-
                                                              ter Anspannung folgten. Immerhin gelang es, die Krank-
                                                              heit auf einen einzigen Wohnbereich zu begrenzen. Als

Zeit gewonnen
                                                              dann auch noch Mitarbeiter erkrankten und von 28 nur
                                                              noch vier im Dienst waren, kam das System extrem an die
                                                              Grenzen – und funktionierte nur, weil von den restlichen
                                                              Anwesenden alle überall aushalfen. „Jede und jeder haben

Corona-Rückblick:
                                                              sich aufopferungsvoll gekümmert“, sagt Borgmann. Nach
                                                              dem Dienst eilig nach Hause, kurz ausgeruht, wieder auf-
Haus Elisabeth                                                getaucht.

Kirchhain                                                     Jammern bringt nichts, so motivierte er sich selbst, und
                                                              sah eher auf die Ressourcen als auf den Mangel. Gut, dass
anne-kathrin stöber                                           das Heim ausreichend bevorratet war, was Schutzkleidung
                                                              angeht. Gefühlt drehte sich im vergangenen Jahr alles um
                                                              Corona, aber, sagt der 32-Jährige, man dürfe sich nicht da-
                                                              hinein vergraben. Das Haus, sein Team, der Zusammenhalt
                                                              – das hat prima funktioniert. Aber auch von außen kam
                                                              „geistiger Beistand“, Kindergärten und Grundschulklassen
                                                              sandten „bergeweise“ Briefe und Zeichnungen, um den
                                                              isolierten Bewohnern zu signalisieren: Ihr seid nicht allein.
„Wir denken an dich!“ Das steht auf einer Genesungskar-       Jugendbands haben Musik gespielt, und Nachbarn haben
te der Mitarbeitenden im Haus Elisabeth an ihre Kollegin.     Süßigkeiten an der Pforte abgegeben. „Das klingt wie eine
Sie ist an Covid-19 erkrankt und auch jetzt nach langen,      Kleinigkeit“, sagt Björn Borgmann. Aber in diesen anstren-
schweren Wochen noch nicht wieder arbeitsfähig. Ein be-       genden, kritischen Tagen und Wochen sei es ein „schönes
sonders bewegender Fall von vielen. „Jeder kennt jeman-       Gefühl“ gewesen, dass Anteil genommen wurde, ein „Dan-
den, der krank war, jeder kennt Menschen, die es hart ge-     ke, dass Ihr Euch kümmert.“.
troffen hat,“ sagt Björn Borgmann, Pflegedienstleiter im
Kirchhainer Altenhilfezentrum.                                Wie geht es weiter? Ja, das Jahr stecke allen schon in den
                                                              Knochen, gibt Borgmann zu. Aber er freut sich schon auf
Schlimme Erinnerungen hat man auch an jenen Moment            neue Projekte, nimmt mit seiner als einer von bundesweit
damals, ganz zu Beginn der Pandemie, als Altersheime          20 Einrichtungen an einem Modellprojekt zur Bewegungs-
noch nicht als Hotspots galten und keine besonderen           förderung für Bewohnerinnen und Bewohner teil und sagt,
Vorsichtsregeln, sondern nur allgemeine Empfehlungen          „ich blicke links und rechts, aber schaue trotzdem nach
galten. Da gab es den ersten kranken Bewohner, der aller-     vorn.“
dings untypische Symptome hatte; zunächst befand man,
er huste wohl, weil er bei geöffnetem Fenster geschlafen
hatte.

Der Hartnäckigkeit der Mitarbeitenden war es zu verdan-                                             Björn Borgmann,
ken, dass dennoch sofort ein PCR-Test gemacht wurde –                                               Pflegedienstleiter am
und sich schnell herausstellte: Es ist Covid-19. Das war an                                         Haus Elisabeth in Kirch-
einem Samstagmorgen, erinnert sich Borgmann, und so-                                                hain, erinnert sich an
fort traf man sich für weitere Entscheidungen in der Ein-                                           den Corona-Ausbruch:
richtung: Es musste getestet werden!                                                                „Ein Alptraum.“ Das
                                                                                                    aufopferungsvoll
                                                                                                    arbeitende Team und
Kurzerhand strichen er und seine Kollegin selbst mit ab                                             viel Zuspruch von
– „ich habe bestimmt 700 Abstriche im letzten Jahr ge-                                              außen halfen durch die
macht!“ – und erreichten so einen wertvollen Zeitvor-                                               Krise.

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                       13
Corona-Rückblick

Corona-
Momente                                                                      Schlechte Laune vertreiben
                                                                    Bäume, Blumen, Schmetterlinge und Worte, von Kinder-
                                                                    hand geschrieben: Man musste auf Distanz bleiben –
Pandemie-Notizen aus                                                und rückte doch ein wenig zusammen, sozusagen „von

den Gesundbrunnen-                                                  Herzen“ und per Post. Im April 2020 malten Schüler aus
                                                                    der Grundschule Wernshausen Briefe für die Bewohner
Einrichtungen                                                       im Haus Werragarten in Breitungen. Warum? Sie woll-
                                                                    ten uns Gutes tun, schilderte es die Einrichtungsleiterin,
                                                                    Meike Pieske. „Ohne dass wir uns kennen, möchte ich
anne-kathrin stöber
                                                                    dir ganz liebe Grüße schicken. Ich hoffe, dir geht es gut.
                                                                    Zusammen werden wir diese Zeit überstehen. Ich hoffe,
                                                                    sie geht schnell vorbei und alles wird wieder normal.
                                                                    Gerne möchte ich wieder mit allen Kindern zusammen
Aufmunterungspost von Schülern,                                     lernen und spielen dürfen. So wie du sicherlich auch“,
Lachen beim Impfen, kleine Auszeiten                                lautete der Gruß der Kinder. Im Haus wurden die Briefe
für die Mitarbeiter – bei allem Leid, das                           verlesen und eine liebe Antwort verfasst. Angestoßen
                                                                    hatte die Post-Aktion die Hortkoordinatorin der Schule,
Corona brachte, gilt es doch, die kraft-
                                                                    die von der Kontaktsperre in Altenheimen gelesen hat-
spendenden Impulse nicht zu übersehen.                              te und die mit ihrem Projekt dazu beitragen wollte, die
Und die waren durchaus vorhanden, wie                               „schlechte Laune zu vertreiben“. Eine Einladung an die
die kleine Rückschau auf ausgewählte                                Schüler ins Haus Werragarten für die Nach-Corona-Zeit
                                                                    wurde ausgesprochen!
Beispiele zeigt.

Freiwilliger Empfangsdienst,
nette Begegnungen
Zur Tür gehen, Besucher begrüßen, Corona-Testergebnis
kontrollieren, Besucher einlassen – all‘ das kostete wert-
volle Zeit der Mitarbeiter, als die Besuchsverbote im April
2021 aufgehoben waren. Eine unterstützende Lösung orga-
nisierte Rudolf Schmidt, der ehemalige Leitende Pfarrer der
Evangelischen Altenhilfe Gesundbrunnen. 29 ehrenamtli-
che Helfer übernahmen diese Aufgabe in vier Häusern
der Altenhilfe in Hofgeismar und haben beispielsweise in
einer Woche über 560 Besucher kontrolliert. Dankbar nah-
men die Mitarbeiter dieses Empfangsangebot an, konnten
sie sich doch nun wieder ausschließlich auf ihre Arbeit
mit den Bewohnern konzentrieren. Besonders erstaunlich:
Etliche – nämlich zwei Drittel – der Freiwilligen waren üb-
rigens älter als 65 Jahre, einige sogar über 80 Jahre. Für sie
ergaben sich beim Türdienst nebenbei nette Begegnungen           Im Bild von links Horst Lux, der im Else-Steinbrecher-Haus
mit Besuchern, Bewohnern und Personal – ein Gewinn für           empfängt, Annegret Schmidt (Albert-Klingender-Haus) und
alle.                                                            Angela Rudolff (Neues Brunnenhaus)

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Corona-Rückblick

                     Bunte Schülergrüße aus Wernshausen
                     an die Bewohner im Haus Werragarten
                     in Breitungen

GESUNDBRUNNEN 1.21                                         15
Corona-Rückblick

„Ein unverwüstlicher Sinn
für Humor“
In Breitungen gab es drei Gruppengespräche als ers-
ten Schritt der Aufarbeitung von Corona-Erfahrungen.
„Zusätzlich zu allen besonderen Betreuungsangeboten
und angepassten Möglichkeiten der Kontaktgestal-
tung zu Angehörigen wollten wir die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter bei der Bewältigung der enormen Be-
lastungen während der Pandemie und besonders durch
das akute Ausbruchsgeschehen in unserer Einrichtung           Kein Stein ist allein
unterstützen“, so berichten Einrichtungsleiterin Meike
Pieske und Birgit Vering, Leiterin des Fortbildungszent-      Viele weitere kreative Ideen wurden in diesen Wochen
rums für Pflegeberufe (DAFZ).                                 geboren. So malte man im Haus Werragarten bunte Steine
                                                              an und legte sie in Parks aus; „kein Stein ist allein“ hieß die
„Bei einem durch das DAFZ moderierten Gesprächs-              Aktion. Wer einen neuen Stein gemalt hatte, sollte ihn dazu-
angebot konnten wir den Mitarbeiterinnen und Mit-             legen ... Auch ein Regenbogen wurde gemalt, dazu gab es
arbeitern einen Raum bieten, in dem unterschiedliche          ein Fotoshooting mit den Bewohnern, jeder hatte einen
Perspektiven, Erfahrungen und die damit verbundenen           großen Buchstaben vor sich. All das sollte sich dann wie-
Gefühle geäußert werden konnten. Im Gespräch flos-            derfinden auf einer bunten Wand im Haus; und dann –
sen viele Tränen … Wichtig war für uns aber auch der          waren die Buchstaben einmal in die richtige Reihe gesetzt
Blick auf die Ressourcen, die uns die Kraft zum Durch-        – konnte man folgendes Motto für Geduld in Corona-
halten gegeben haben: ein Team, das fest zusammen-            Zeiten lesen: „WIR BLEIBEN ZU HAUS UND MACHEN DAS
hält und sich gegenseitig unterstützt, Verständnis für-       BESTE DARAUS.“
einander hat, ein ‚offenes Ohr‘ der Leitungskräfte, kleine
Kraftquellen und Auszeiten im Alltag und vor allem ein
unverwüstlicher Sinn für Humor und die unschlagba-
re Freude an unserer Arbeit. Das Angebot wurde von
                                                              Geimpft „wie am Schnürchen“
vielen Mitarbeitenden gern angenommen, und die Ver-
anstaltung war ein echter Erfolg. Viele äußerten im An-
                                                              Die Oberhessische Presse berichtete im Januar 2021 über
schluss: ‚Es hat gut getan, sich mal alles von der Seele zu
                                                              Impfungen im Altenhilfezentrum Kirchhain. 104 Bewoh-
reden‘ oder ‚Das war wirklich eine Entlastung!‘“
                                                              ner sowie Beschäftigte des Haus Elisabeth bekamen von
                                                              einem mobilen Impfteam des Landkreises Marburg-Bie-
                                                              denkopf ihren zweiten Piks. „Es läuft wie am Schnürchen.
                                                              Die Bewohnerinnen und Bewohner, die nicht mehr mobil
                                                              sind, werden mit dem Rollstuhl gebracht. Niemand muss
                                                              vor der Tür lange warten. Die Stimmung ist heiter, es wird
                                                              viel gelacht an diesem Morgen. Viele sind offensichtlich
                                                              erleichtert, nun die zweite Impfung zu erhalten“, heißt es
                                                              in der Presse. Eine 94-jährige Bewohnerin erinnert sich an
                                                              den Herbst, sechs Bewohner waren an Corona verstorben.
                                                              Weinend berichtete Elisabeth Fröhlich der Zeitung von
                                                              der Zeit des Corona-Ausbruchs im Evangelischen Altenhil-
                                                              fezentrum, das ihr seit drei Jahren ein neues Zuhause ist.
                                                              „Aber diese Zeit war schlimm. Zu erleben, wie Menschen,
                                                              die man kannte, sterben, das war sehr, sehr traurig. Da
                                                              kann ich wirklich nicht verstehen, wieso sich Menschen
                                                              nicht impfen lassen wollen.“

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Corona-Rückblick

„Wir waren                                                                           Gottesdienst feiern konnten. Und wir

Brückenbauer“
                                                                                     waren selbst dankbar, dass wir die Ar-
                                                                                     beit machen durften.

                                                                                     Longwe

Wie Dankbarkeit, spontane Einfälle
                                                                                     Die alten Menschen haben das Ganze
                                                                                     oft besser verkraftet als ihre Angehö-
und regelmäßiges Telefonieren                                                        rigen. Die haben sich Sorgen gemacht,
                                                                                     berechtigte Sorgen, aber die Bewoh-
den Seelsorgern durch die Corona-                                                    ner haben sich an andere schwere

Monate halfen                                                                        Zeiten erinnert. Und das war eine
                                                                                     Bewältigungsmethode, dies Erzählen
                                                                                     und Erinnern.
anne-kathrin stöber
                                                                                     Longwe
                                                                                     Welchen Bibeltext wir besonders ge-
                                                                                     braucht haben? Psalm 23, der Herr ist
                                                                                     mein Hirte.

                                                                                     Bingel
                                                                                     Wichtig war wohl auch, dass wir die
                                                                                     Möglichkeit gaben, vieles auszuspre-
                                                                                     chen. Warum lässt Gott das zu? Da ist
                                                                                     man als Pfarrer eine Reibungsfläche.
                                                                                     Man ist da, um es auszuhalten, um
                                                                                     es mit auszuhalten. Wiederum haben
                                                                                     uns die Menschen viel Kraft gegeben,
                                                                                     auch für das Persönliche.

                                                                                     Longwe
                                                                                     Wie wir persönlich durchgehalten ha-
                                                                                     ben? Na, wir haben eine nette Kolle-
                                                                                     gin, einen netten Kollegen! Und wir
                                                                                     haben uns regelmäßig getroffen, uns
Kirsten Bingel (44) und Enwood Longwe (60) sind Pfarrer in den vier Häusern am       informiert: Wie sieht es bei dir aus, in
Standort Hofgeismar. Bingel im Herbst 2019 nach Hofgeismar gekommen, Longwe          deinen Häusern? Und ja, unser Glaube
arbeitet bereits seit neun Jahren dort.                                              spielte eine große Rolle in dieser Zeit.

                                                                                     Bingel
Longwe                                     hatte noch niemand erlebt, auch die       Ja, und dann haben wir spontan Ide-
Wir waren eine Art Brückenbauer zwi-       alten Leute nicht, das war ein Schock-    en umgesetzt, nach dem Motto: Wir
schen Bewohnern und Angehörigen,           zustand. Was wird kommen, wie             probieren das jetzt einfach mal aus.
wir hatten die gesamte Zeit über zu        schlimm wird das, fragte man sich je-     Manchmal haben wir auch mitbe-
allen Kontakt und waren einbezogen.        den Tag, und wie geht es weiter?          kommen wie Angehörige gestaunt
Das hat die Arbeit erleichtert.                                                      haben, was bei uns in den Häusern
                                           Bingel                                    trotz all der Einschränkungen an Ak-
Longwe                                     Es war wichtig, in dieser Zeit Seelsor-   tivitäten möglich war – die Pandemie
Das Schlimmste war die Unsicher-           ger sein zu können – wir spürten die      hat uns alle ein Stück zusammenge-
heit – was ist das für ein Virus? Das      Dankbarkeit der Menschen, dass sie        schweißt.

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GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                        17
Corona-Rückblick

Im Frühjahr 2021 nahm das Haus Elisabeth in Kirchhain an der Aktion „Radfahren gemeinsam neu entdecken“ des Landes Hessen
teil. Bewohnerinnen und Bewohner konnten kostenfrei eine Spazierfahrt mit einer Rikscha unternehmen und die Gegend vom Rad
aus entdecken. Unterstützt wurde die Aktion vom Verein Radeln ohne Alter Deutschland e. V. Ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer
traten für die Senioren in die Pedale, nachdem sie ein Fahrtraining absolviert hatten. Nebenbei wurden dann Lebensgeschichten
ausgetauscht und gemeinsame Erinnerungen geschaffen.
Weiterführende Informationen zu dem Projekt „Radfahren gemeinsam neu entdecken“ stellt das Land Hessen unter
www.nahmobil-hessen.de/gemeinsam bereit.

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Corona-Rückblick

„Es war teilweise
knapp auf Kante!“
Qualitätsmanagerin Stefanie Schneider berichtet
vom Corona-Krisenstab, von Masken-Mangel und dem
Neustart mit Handbremse
anne-kathrin stöber

Wie alles anfing? Stefanie Schneider      Länder Hessen und Thüringen umzu-          Fragen: Was darf im ambulanten Pfle-
erinnert sich exakt. Bereits im Februar   setzen. Die Corona-Pandemie wurde          gedienst gemacht werden? Wie ist
2020, nach ersten breiteren Informa-      von Tag zu Tag mehr zur allgemeinen        der Müll zu entsorgen? Wann gibt es
tionen über Covid-19, ging eine Mail      Wirklichkeit. Was ist das für ein Virus?   Kinder-Krankengeld, was geschieht,
des Trägers hinaus an die Einrichtun-     Man machte sich schlau. Organisierte       wenn jemand aus dem Urlaub zu-
gen: „Guckt mal, ob ihr alles habt!“      Schutzausrüstung für die Einrichtun-       rückkommt – die Pflegedienstleiter
So umschreibt die Qualitätsmanage-        gen – normalerweise deren eigene           mussten schließlich den Mitarbei-
rin der Evangelischen Altenhilfe die      Zuständigkeit –, denn bald herrschte       tenden Auskunft geben können. „Wir
Bitte zu kontrollieren, ob ausreichend                                               haben ja letztlich nur Verordnungen
Schutzkleidung, Desinfektionsmittel,                                                 gelesen, aber die Pflegedienst- und
Masken zur Verfügung stehen wür-                                                     Einrichtungsleitungen vor Ort, die
den. Kurz darauf wurde beim Träger in                                                hatten die Mammutarbeit“, sagt Ste-
Hofgeismar ein Krisenteam berufen,          „Wichtig war vor allem,                  fanie Schneider anerkennend. Mitar-
das sich fortan je nach Bedarf täglich                                               beiter zu motivieren, trotz der Sorgen
                                               überall den gleichen
oder wöchentlich traf und sich im per-                                               um eigenes Leben und Gesundheit
manenten Informationsgewinnungs-                Informationsstand                    weiterzuarbeiten ...
und Entscheidungszustand befand:
Welche neuen Verordnungen gibt es,            herzustellen und sich                  Mit leiser Selbstironie bekennt die
was bedeuten die für uns, für die Pfle-                                              42-Jährige, „für uns kam dann die vir-
ge, was muss wirtschaftlich gesche-              auszutauschen.“                     tuelle Phase – wir sind ja wegen der
hen, was müssen wir wem mitteilen,                                                   Ansteckung nicht mehr hingefahren.
wer übernimmt den Kontakt zu den                   stefanie schneider                Von uns kamen Vorschläge, aber die
Angehörigen? Jeden Moment konnte                                                     Realität fand in den Häusern statt.“
Unerwartetes geschehen, dem man                                                      Schöne Idee, habe es da manches Mal
sich zu stellen hatte. Zehn Personen                                                 geheißen, aber: geht leider nicht.
aus Geschäftsleitung, Referat Ge-         Mangel. Stefanie Schneider sagt:
schäftsleitung, Öffentlichkeitsarbeit,    „Es war teilweise knapp auf Kante!“        Was half, war dennoch oft das Digi-
Referat Pflege und Qualitätsmanage-       Wichtig war, überall den gleichen In-      tale. Sich rasch zusammenschließen
ment, Personal und Zentraleinkauf         formationsstand herzustellen und           per Videokonferenz, das ging von jetzt
waren „quasi rund um die Uhr“ mitein-     sich auszutauschen. Täglich, später        auf sofort. Oft galt es, noch eben ein
ander im Austausch und ansprechbar        wöchentlich gab es Rundmails an die        Handy für Kontakte mit Angehörigen
für andere, um die immer wieder           Leiterinnen und Leiter der Einrichtun-     zu besorgen, einen Laptop für die so-
neuen Pandemie-Masterpläne der            gen mit Antworten auf immer neue           zialen Kontakte nach draußen. Gute

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                      19
Corona-Rückblick

Stefanie Schneider vom Corona-Krisenstab zieht Bilanz: Vieles lief erstaunlich gut. Zeit, den Sommer zu genießen.
Aber trotzdem wachsam bleiben …

Ideen weitergeben – auch das klappte         Nach dem ersten halben Jahr 21, wagt         Arbeit zu widmen“, die teilweise lan-
per Zoom oder Mail. Schließlich ging         man Rückblicke. Zwar, so Krisenstab-         ge in den Schubladen warten musste.
es nicht immer nur um Finanzen und           Mitarbeiterin Stefanie Schneider,            Und für Zwischenfazits: „Was haben
Inzidenz „hoch oder runter“, wenn der        sei allen klar: „Die Delta-Variante          wir gut gemacht, was lief nicht so
Krisenstab sich traf oder nach drau-         kommt!“ Aber dennoch könne man               gut?“ Eigentlich, sagt sie, wäre es an-
ßen meldete. Wie kommt ihr durch             ein wenig den Sommer genießen, be-           gebracht, sich gegenseitig ein wenig
den Arbeitstag?, fragte man nach –           vor im Herbst das große Thema „Auf-          auf die Schulter zu klopfen …
besonders natürlich dort, wo Einrich-        frischungsimpfung“ anstehe.
tungen direkt von Corona betroffen
waren.                                       „Wir sind gespannt, was die Landes-
                                             regierung anordnen wird“, sagt sie.
Anfangs standen auch viele Absa-             Man atme also derzeit auf – „mit an-
gen auf dem Plan: Ostermarkt – fällt         gezogener Handbremse“, drücke die
aus. Sommerfest – nein. „Damals“, so         Daumen, dass die Massenversamm-
darf man es anderthalb Jahre später          lungen in den EM-Stadien und Ur-
nennen, traf man sich als Pandemie-          laubsreisen keine schlimmen Folgen
Gruppe zunächst im großen Saal des           hätten. Und wie vielerorts habe man
Cafés, später liefen die Treffen virtuell    auch in Hofgeismar die Erfahrung ge-
– eine Erfahrung, die auch die Evan-         macht, dass früher Gewohntes nun
gelische Altenhilfe positiv bewertet:        zur Kostbarkeit wurde – wie das erste
So rasch wie jetzt waren sonst Treffen       Einrichtungsleitertreffen, an dem sich
der Leitungskräfte nicht zustande ge-        alle wieder persönlich begegneten. Es
kommen.                                      sei Zeit, sich wieder der „eigentlichen

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Gesundheit

                        Prof. Dr. Werner Vogel
                        war ärztlicher Direktor
                        des Evangelischen
                        Krankenhauses Gesund-
                        brunnen in Hofgeismar

Ein Kommentar zur Debatte um die Folgen von                      potenziert sich diese Kraft. Teams sind stärker als Einzel-
Corona – in vielerlei Hinsicht                                   kämpfer. Hier finden Forscher Wege zu neuen Impfstof-
                                                                 fen, Unternehmer sorgen für deren Massenproduktion
                                                                 und weltweiten Einsatz, Politiker sorgen in nationalen und

Ein „schlaues“
                                                                 internationalen Verbünden für gerechte Verteilung der
                                                                 Güter und der Versorgungsketten. Die Herausforderung
                                                                 ist neu, komplex und nicht problemlos zu bewältigen.

Virus und unsere                                                 Bald hunderttausend Todesopfer allein in unserem Land
                                                                 sind eine traurige Bilanz. An der Basis, ob im Gesundheits-,

Abwehr
                                                                 Sozial- oder Bildungswesen wird Beachtliches geleistet:
                                                                 Digitale Medien werden bei Alt und Jung selbstverständ-
                                                                 lich genutzt und Online-Konferenzen sind in Politik, Orga-
                                                                 nisationen und Schule wie für Privatkontakte unverzicht-
Liebe Leserinnen,                                                bar geworden.
liebe Leser,                                                         Das Virus ist an unserem Unglück nicht „schuld“. Es
                                                                 ist vieltausend mal älter als wir Menschen und will auch
    „Corona hat uns arg zurückgeworfen!“, klagen manche          nur leben und sich vermehren. Dazu braucht es Fortbewe-
Zeitgenossen. Andere halten dagegen: „Nein, die Pande-           gung (über Aerosole) und Nährböden (unsere Atemwege).
mie hat uns gewaltig vorangebracht.“ Kann man solche             Es ist in mancher Hinsicht schneller und „schlauer“ als wir,
gegensätzliche Sichtweisen verstehen und irgendwie un-           indem es aggressivere Mutanten erfindet. Das Gute dabei:
ter einen Hut bringen? Ohne Zweifel hat das Virus uns zu-        Wir können uns wehren. Mit Abstand, Masken und Imp-
rückgeworfen: Die Wirtschaft verzeichnet Einkommens-             fungen. Die Inzidenzentwicklung beweist das. So ist die
verluste, Liefer- und Produktionsengpässe, zunehmende            „Katastrophe“ (gr. = das gewendete Hinab) schlimm und
Insolvenzen. Menschen beklagen mangelnde Kontakte zu             chancenreich zugleich. Die oben genannten gegensätzli-
Angehörigen im Krankenhaus oder Pflegeheim, zu Gleich-           chen Meinungen widersprechen sich nur auf den ersten
altrigen und Gleichgesinnten in Schule, Sport und Kultur.        Blick.
Besonders hart ist die eingeschränkte Bewegungsfreiheit              Grundlage für all dies ist das Zusammenspiel der ältes-
im „Lockdown“, ein Wort, welches das dabei empfundene            ten Hirnteile (das Limbische System, das Antriebe und Ge-
Gefühl gut beschreibt: eingeschlossen und abwärtsge-             fühle regelt) mit den neuesten (Stirnhirn, welches Planen,
richtet, aussichtslos bis hin zur Apathie und Depression.        logisches Denken und vernünftiges Handeln steuert und
Endlich, am Tiefpunkt der Krise angelangt, regen sich die        bei Stress sinnvolle Auswege sucht, um wieder ins Gleich-
Lebensgeister: „Nein, so nicht, jetzt wird ums Überleben         gewicht – Kohärenz – zu kommen). Nach der Krise ist dann
gekämpft. Und die Rückkehr zur Normalität. Es soll alles so      vor der (nächsten) Krise, aber mit dem Vorteil, dass wir
werden wie früher! Wir lassen uns nicht hängen, schon gar        aus der ersteren einiges gelernt haben, bald hoffentlich
nicht Vorschriften machen.“ Aus der Resignation wird Ag-         auch den erfolgreichen Umgang mit Pandemien. Corona-
gression, vor allem wenn’s räumlich eng wird, alltägliche        Leugner wollen übrigens auch nur Kohärenz, aber ohne die
Pflichten einem über den Kopf wachsen und keine Hilfe in         Mühe um neue Erkenntnisse.
Aussicht ist.
    Die Energie, die jetzt bei vielen frei wird, ist der Grund      Bleiben Sie gesund, wünscht herzlich
für „das Rettende“, das zu wachsen beginnt. „Not macht              Ihr
erfinderisch“, lehrt das Sprichwort. Mit Gleichgesinnten            Prof. Dr. Werner Vogel

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                        21
Digitalisierung

Die Ampel steht auf „Grün“
Privat, aber auch in der Pflege läuft immer mehr digital:
Auf dem Weg zum Unternehmen 4.0
denis oswald

Kennen Sie Pepper? Der menschen-           welche Rolle der kleine Pepper und Co.
ähnliche Roboter sorgt seit rund fünf      dabei spielen dürfen?
Jahren für Aufmerksamkeit. Zeit-
gleich schreitet der demografische         Der Trend kommt aus der industriel-
Wandel voran und es bleibt schwierig,      len Entwicklung, dort verändert der
Menschen für die Arbeit in der Pflege      technische Fortschritt die gesamte
zu gewinnen. Um dem entgegenzu-            Arbeitswelt. Wir finden, eine Übertra-
wirken setzen Politik und Forschung        gung auf die Pflege ist möglich, denn
                                           Technik ist hier kein neues Phänomen.
                                           Sie ist ein Weg, den die Ev. Altenhil-
                                           fe Gesundbrunnen mit kleinen und
                                           sorgfältig vorbereiteten Schritten ein-
     Digitalisierung kann/                 geschlagen hat.

  wird/soll gerade älteren,                Wenn Sie jedoch jetzt vor Ihrem in-
                                           neren Auge einen 1,20 Meter großen
 gebrechlichen Menschen
                                           Plastikgefährten im Kasack sehen,
         die Teilhabe am                   sind Sie doch eher in den Bereich
                                           von Science-Fiction und Fantasie ab-
  gesellschaftlichen Leben                 gedriftet ... Technik kann und darf
                                           menschliche Nähe niemals ersetzen!
        ermöglichen und                    Aber sie kann dem Wohl der in Pfle-
                                           geeinrichtungen lebenden und arbei-
     Lebensqualität sichern.
                                           tenden Menschen dienen, indem sie
                                           vernetzt, unterstützt, erleichtert und    mit der richtigen Software gefüttert
          gestaltungsauftrag
                                           – wenn alles gelingt – sogar Ressour-     und verbunden, Arbeitsaufgaben und
     aus dem achten altersbericht
                                           cen für mehr Zeit und Zuwendung           Prozesse digital verändern und intelli-
         der bundesregierung
                                           schafft. Mit dieser Vision im Gepäck      gente Systeme einbinden.
                                           setzt die Ev. Altenhilfe Gesundbrun-
                                           nen zunächst auf eher gewöhnlich          Es wurde eine interdisziplinäre Ar-
                                           erscheinende Technologien, die aber       beitsgruppe auf den Weg geschickt,
verstärkt auf neue technische Mög-         nicht unterschätzt werden sollten.        um auf dem unübersichtlichen Markt
lichkeiten, Robotik-Projekte und Di-       Computer und mobile Eingabegeräte         einen leistungsfähigen Anbieter mit
gitalisierung. Da stellt sich die Frage,   wie Tablets und Smartphones können,       passender Softwarelösung zu finden

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Digitalisierung

und deren Einführung vorzuberei-         nach und nach mit flächendeckenden
ten. Ein passender Partner ist bereits   WLAN-Netzen für Internet ausgestat-
gefunden, mit dem wir die Schwelle       tet, wovon alle profitieren. Mit Blick   „Tablets und Smartphones
in ein neues Zeitalter überschreiten     auf die Kosten kümmert sich die Ab-
wollen.                                  teilung Fundraising darum, möglichst
                                                                                   können [...] intelligente
                                         viele Fördermittel zu bekommen. Da         Systeme einbinden.“
Nach gründlicher Klärung technischer,    die Bundesregierung Digitalisierung
wirtschaftlicher und formeller Bedin-    ausdrücklich unterstützt, fördert         ev. altenhilfe gesundbrunnen
gungen steht die Digitalisierungsam-     die Pflegeversicherung digitale und
pel auf „Grün“. Die Gebäude werden       technische Ausrüstung mit einem

GESUNDBRUNNEN 1.21                                                                                                23
Digitalisierung

                                                                                    qwxzgfh
                                         tenhilfe Gesundbrunnen angestoßen
                                         und nächste Schritte eingeleitet wur-
          „Pflege wird                   den. Bestenfalls kann die konkrete

                                                                                    jlz
                                         Planung des Projektes noch in diesem
     nicht DURCH, sondern                Jahr und erste Einrichtungen bereits
                                         2022 mit der Umsetzung beginnen.
       MIT Technologie
                                                                                    Neun von zehn Menschen in Deutsch-
      fit für die Zukunft.“              Ach und da war ja noch Pepper und          land würden im Alter digitale Techno-
                                         die Frage, welche Rolle er spielen wird.   logien nutzen, z. B. Sensoren, die das
                                         Bei uns zunächst jedenfalls erstmal        morgendliche Aufstehen oder Stürze
           ev. altenhilfe                                                           registrieren.
          gesundbrunnen                  keine tragende. Ehrlich gestanden ist
                                         er im aktuellen Entwicklungsstand
                                         nicht mal halb so intelligent wie er

                                                                                    qwxzgfh
                                         aussieht und seine funktionalen Fä-
ordentlichen Zuschuss. Die Einfüh-       higkeiten eher gering. Allerdings ist
rung eines so weitreichenden Werk-       auch zu beobachten, dass er Jung und

                                                                                    jlz
zeugs unterliegt der vollen Mitbe-       Alt gleichermaßen freudige Momente
stimmung durch die Mitarbeiter-          bereiten kann, überall dort, wo er mit
vertretung, die das Vorhaben aktiv       seinen menschlichen Begleitern auf-
unterstützt.                             taucht. Daraus kann etwas Wesentli-        Acht von zehn Menschen in Deutschland
                                         ches abgeleitet werden: Pflege wird        rechnen damit, dass smarte Technik
Den Beginn der Umsetzungsphase           nicht DURCH, sondern MIT Technolo-         in zehn Jahren für Seniorenhaushalte
                                                                                    selbstverständlich sein wird.
markierte Anfang Juli bereits ein        gie fit für die Zukunft.
von der Geschäftsführung initiierter
Workshop, mit dem die Entwicklung                                                   Quelle: TK-Meinungsplus Pflege,
eines digitalen Zielbildes der Ev. Al-                                              Techniker-Krankenkasse 2018

                                         Telemedizin im Alter
                                         Da geht was!
                                         martin bleckmann

                                         Auf dem 5. Nordhessischen Fachtag „Altersgerechte
                                         Assistenzsysteme“ im November 2020 war das der Titel
                                         eines Vortrags, der in das Thema Telemedizin in der Stadt
                                         und auf dem Land einführte. Die Ev. Altenhilfe Gesundbrun-
                                         nen, Vorstandsmitglied im Arbeitskreis „Altersgerechte
                                         Assistenzsysteme“, hatte auch diesen 5. Fachtag mit
                                         vorbereitet.

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