Clocks without Hands - Berliner Festspiele
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Do 28.3.2019, 20:00 Konzerthaus Berlin, Großer Saal ASHLEY FURE Bound to the Bow für Orchester und Elektronik (2016) DE JUSTĖ JANULYTĖ Was there a Swan? für Orgel und Orchester (2019) UA Kompositionsauftrag MaerzMusik – Festival für Zeitfragen und Konzerthaus Berlin Pause OLGA NEUWIRTH Masaot / Clocks without Hands für großes Orchester (2013, rev. 2015) Konzerthausorchester Berlin Peter Rundel Leitung Daniel Weingarten Klangregie Martin Knizia Orgel 19:00 Konzerthaus Berlin / Carl-Maria-von-Weber-Saal Künstlerinnengespräch mit Ashley Fure und Justė Janulytė Martina Seeber Moderation In Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin. Mit Unterstützung von Berliner Künstlerprogramm des DAAD und Lithuanian Culture Institute. Mitschnitt Deutschlandfunk Kultur, Live-Sendung 20:03 Uhr 3
Bound to the Bow Der Impuls zu diesem Stück kam von einem Klangbild in meinem Ohr. Es war inspiriert durch Samuel Taylor Coleridges berühmte Ballade „Rime of the Ancient Mariner (Der alte Seefahrer)“, aber mit einer Wendung: Hier wurde der Albatros, dieses riesige, geflügelte Wesen, nicht erschlagen und um den Nacken des Seemanns gehängt, sondern stattdessen an den Bug des Boots gebunden. Aus diesem Bild ergaben sich für mich wichtige Kontraste: eine schwere Leichtigkeit, ein geerdeter Flug und nasse, gewichtete Flügel. „Bound to the Bow“ ist aufgeladen mit einer eingesperr- ten kinetischen Energie. Rasende Klangsträhnen verwirren sich und werden zu dichten, lärmenden Geflechten. Bogen wirbeln über die Saiten wie in Kisten gefangene Vögel: Sie flattern, ohne zu fliegen, sie krallen sich hin zum Ton, im Versuch aufzusteigen. „Bound to the Bow“ ist eine Auftragsarbeit für die New York Philharmonic Biennale 2016 und wurde am 5. Juni 2016 vom Interlochen Arts Academy Orchestra in der David Geffen Hall uraufgeführt. Ashley Fure 4
Was there a Swan? für Orgel und Orchester (2019) Kompositionsauftrag von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen und Konzerthaus Berlin Peter Rundel gewidmet How many swans were there? White Constellation, their silence, piercing some violence, The water. Each planetary, an organ. If the train slowly rips the field in two, Makes a shore, as it were, then where Were you, burning like birds… Aus: Quinn Latimer, „Like a Women“. Essays, Readings, Poems, Sternberg Press, 2017 Die Inspiration für dieses Werk wurde, visuell wie klanglich, durch den poetischen Essay Quinn Latimers ausgelöst. Auch die Orgel als zentrales Element einzusetzen, sozusagen als Rückrat des musikalischen Körpers, wurde dadurch angeregt. Die Orgel fungiert hier als eine Art Sandglas (mit Bezug auf meine Komposition „Sandglasses”, die bei MaerzMusik 2011 aufgeführt wurde), und die Reichweite ihres Umfangs bestimmt die Grenzen des Zeitraums, in dem sich der ganze akustische Organismus entfaltet. Auch werden alle anderen Schichten des Orchesters durch die starke Gravitationskraft, die die Orgel ausübt, beeinflusst. Die dualistische Struktur der Komposition beruht auf einander entgegengesetzten Bewegungen (Katabasis versus Anabasis*), die sich langsam gegenseitig durchkreuzen, was an die perfekte symmetrische Gestalt des Sternenbilds des Schwans erinnert. Der Titel der Komposition ist eine Hommage an eine Komponistin, die zu meinen „Leuchtturm-Komponist*innen“ gehört, an Onutė Narbutaitė und ihr Werk „Was there a Butterfly?“ für Streichorchester. Justė Janulytė * Die Anabasis oder auch Ascensus (lat.: hinauf-, heraufsteigen) ist eine musikalische Figur, die eine Aufwärtsbewegung in einer musikalischen Linie beschreibt. Das Gegenstück dazu ist die Abwärtsbewegung einer musikalisches Linie, die Katabasis. 5
Vom Schaukeln der Dinge im Strom der Zeit „Wo zwischen der Moldau, der Donau und meinem Kindheitsfluß alles einen Begriff von mir hat.“ Ingeborg Bachmann, Prag im Jänner 1964 2010 wurde ich von den Wiener Philharmonikern gebeten, anlässlich des 100. Todestages von Gustav Mahler ein Orchesterwerk zu schreiben. Da ich aber zwei Opern bis Ende 2011 fertigzustellen hatte, musste ich absagen. Als der Auftrag nach 2015 verschoben wurde, wollte ich dennoch die Idee von 2010 nicht fallen lassen, Mahler zu reflektieren. Ich hatte in dieser Zeit einen Traum, der zum Auslöser der „musikalischen Turbulenzen“ meines Orchesterwerks wurden. Mein Großvater, den ich nie kennengelernt hatte und nur durch Fotos und Erzählungen meiner Großmutter kenne, erschien mir im Traum. In den sonnendurchfluteten Donauauen mit dahin plätscherndem Wasser bewegte der Wind Myriaden grüner Grashalme in einer Umgebung verworrenen Schilfrohrs. Mein Großvater stand inmitten der Grashalme und spielte mir auf einem alten, krachenden Tonbandgerät ein Lied nach dem anderem vor und sagte: „Von Anfang an fiel ich aus dem Rahmen. Ich war ein Außen seiter und passte nie ganz zu meiner österreichischen Umgebung. Ich hatte ein lebenslanges Gefühl des Ausgegrenztseins. Hör diesen Liedern zu, das ist meine Geschichte.“ Er war aus der Zeit gefallen und teilte es mir mit. Dieser Traum hat mich sehr bewegt, sodass ich ihn komponierend verarbei- ten wollte, denn Schreiben ist für mich ohnehin eine Sache der Erinnerung. Es sollte so sein, als würde man Geträumtes hören, als würde man selbst träumen beim Hören. „Masaot / Clocks without Hands“ möge als poetische Reflexion über das Verschwinden von Erinnerung angesehen werden. Das Stück vereint immer wieder kurz aufblitzende Melodiefragmente aus sehr unterschiedlichen Orten und Lebenserfahrungen meines Großvaters. Es ist ein geformter Fluss von Erinnerungen. Die Komposition entfaltet ein „Raster“, in dem Liedfragmente immer wieder anklingen und neu miteinander kombiniert werden. Dem entgegen steht ein „musikalisches Objekt“, basierend auf Metronom-Schlägen, die die Zeit hör- und spürbar machen. Wie in einem 6
Karussell tauchen auch diese Metronom-Schläge auf und verschwinden wieder. Aber anders als bei einem Karussell bleiben sie nicht unverändert, sondern verwandeln sich durch einen je leicht verschobenen Zusammen- hang und die Überlagerung verschiedener Tempi. Durch dieses „Metronom- Ticken“, durch diesen äußerlich regulierten Zeit-Puls, wird die Zeit zu einem zeitlos empfundenen, subjektiven Gefilde des Unterbewusstseins. Und schließlich löst sich die Zeit vermeintlich auf: die Zeiger sind abgebrochen. Mein Großvater wurde in einer Stadt am Meer geboren, die in ihrer wechsel haften Geschichte mal im venezianischen, mal im kroatisch-ungarischen Herrschaftsgebiet lag. Später wuchs er im zwischen Kroatien und Ungarn gelegenen Donau-Zwischenstromland auf. Vielleicht ging es meinem Großvater so wie Canetti, der über seine Zeit der Kindheit an der Donau wie folgt schrieb: „Als Kind hatte ich keinen Überblick über diese Vielfalt, aber ich bekam unaufhörlich ihre Wirkung zu spüren“ und „... dass ich aus vielen Personen bestehe, deren ich mir keineswegs bewusst bin.“ Daher ging es mir in diesem Stück um viele unterschiedliche (musikalische) Geschichten, die der Fluss, in meinem Fall die Donau, hört und hinunter bis zum Meer trägt. Zurück zu Mahler. Seiner Ersten Symphonie wurde nach der Uraufführung Eklektizismus vorgeworfen und diese als „Katzenmusik“ bezeichnet. Genau das hat mich interessiert. Daher wollte ich diesem musikalischen Phäno- men und diesem „alten Duft aus Märchenzeit“ nachgehen. In diesem Fall eben der Kindheit und Jugend meines Großvaters an der Donau. Ich wollte aus meinem Hier und Jetzt auf das Gebiet einer ehemalig kakanischen Herkunft blicken. Auf der Suche nach Verortung und Identität. Vielleicht ist dieses Stück ein ironisch-wehmütiger Abgesang einer österreichischen Komponistin, die sich „negativ frei“ fühlt zu komponieren was sie möchte und damit Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ nahe steht. „Masaot / Clocks without Hands“ entstand durch den vielstimmigen Gesang meiner zersplitterten Herkunft und aus dem Wunsch heraus nach einem kontinuierlichen Fluss, der durch das fortlaufende Mittel sich austauschen- der Zellen bestimmt ist, die durch das gesamte Stück laufen. Heimat ist für mich ein nebulöses Etwas. In „Masaot/Clocks without Hands“ versuchte ich, mir das Thema „mehrere Heimaten“ zu beantworten, nämlich durch das Komponieren von Musik als Heimat und Fremde zu- gleich. Zwischen vertrauten und nicht vertrauten Klängen, jenseits kakani- scher Nostalgie als unmöglicher Versuch, durch das Komponieren die Zeit aufzuhalten. Olga Neuwirth 7
Ashley © Kai Bienert Fure Ashley Fure, 1982 geboren, ist eine US- Ihre Arbeit wurde von bedeutenden Ensem amerikanische Komponistin und Klangkünst- bles in ganz Europa und der USA gefördert, lerin. Sie erforscht den kinetischen Ursprung einschließlich der New Yorker Philhar des Klangs und legt damit Fokus auf den moniker, der Los Angeles Philharmoniker, physischen Akt des Musikmachens und Klangforum Wien, Ensemble Modern, dem den chaotischen Verhaltensweisen roher Diotima Quartet, dem International Contem- akustischer Materie. Sie promovierte an porary Ensemble, Talea, den San Francisco der Harvard Universität und ist seit 2015 Music Players und Dal Niente. Assistenzprofessorin am Dartmouth College. Projekte aus jüngster Zeit sind: „Filament“ Ihre kompositorische Arbeit wurde in den für Trio, Orchester und bewegte Stimmen; letzten Jahren zunehmend durch hoch „The Force of Things: An Opera for Objects“, rangige Auszeichnungen gewürdigt: 2017 eine immersive intermediale Oper, die vom gewann sie den Rom-Preis der American International Contemporary Ensemble bei Academy in Rom für Komposition und ein den Internationalen Ferienkursen für Neue Guggenheim Stipendium; 2016 war sie Musik Darmstadt 2016 aufgeführt wurde; Finalistin des Pulitzerpreises für Musik; „Anima: For Augmented String Quartet“, im selben Jahr erhielt sie die Förderung ermöglicht durch IRCAM und GMEM-Centre Grant for Artists für zeitgenössische Kunst; National de Création Musicale für das 2015 förderte die Ernst von Siemens Diotima Quartet und „Bound to the Bow“ Musikstiftung ihre Komposition „A Force of für Orchester und Elektronik, das ein Things“; 2014 erhielt sie den Kranichsteiner Auftragswerk der New York Philharmonic Kompositionspreis Darmstadt, den Busoni- Biennial 2016 ist. Preis der Akademie der Künste Berlin und 2018 war Ashley Fure Stipendiatin des ein Mellon Post-doctoral Fellowship der Berliner Künstlerprogramms des DAAD. Columbia Universität; 2013 folgte ein Fulbright Stipendium für Frankreich und ein Impuls International Kompositionspreis; 2012 erhielt sie den Darmstadt Stipendien- preis und das Staubach Honorarium; 2011 den Ježek-Preis des öffentlichen TV- und Radiosenders RTV SLO und eine zehn monatige Residenz an der Akademie Schloss Solitude. 8
© Dimitrij Matvejev Justė Janulytė Justė Janulytė, 1982 in Vilnius geboren, Festival, SonicA (Glasgow), MaerzMusik studierte an der Litauischen Musik- und (Berlin), Biennale Némo (Gaîté lyrique, Paris), Theaterakademie, in Mailand am Konserva- festival musica (Strasbourg), musikprotokoll torium Giuseppe Verdi und nahm an ver- im steirischem Herbst (Graz), Musicadhoy schiedenen Meisterklassen teil. Sie hat mit (Madrid), Vale of Glamorgan Festival einigen weltweit führenden Ensembles und (Cardiff), Expositions of New Music, Moravi- Solist*innen zusammengearbeitet, u.a. mit: an Autumn Festival (Brünn), Gaida (Vilnius), Teatro La Fenice Symphonieorchester, dem um nur einige zu nennen. Symphonieorchester der Oper Gothenburg, Mit ihrer Komposition „White music” für dem Walisischen Symphonieorchester der 15 Streicher, vom Litauischen Komponisten- BBC, dem Nationalen Symphonieorchester verband mit dem Preis Bestes Kammer des Polnischen Rundfunks, dem Philhar musikwerk des Jahres versehen, wurde sie monischen Orchester Brünn, dem Franzö einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Auch sischen Flötenorchester, der Sinfonietta ihre nächsten fünf Kompositionen haben Riga, der Birmingham Contemporary Music diese Auszeichnung erhalten. 2009 gewann Group, dem Ensemble Bit20, mit Orches sie mit „Aquarelle“ für Chor den 1. Preis in trutopica, mit der Estnischen Kammer der Kategorie Komponst*innen unter 30 philharmonie und Männerchor, dem beim International Rostrum of Composers Kammerorchester des Dänischen Radios, in Paris. 2011 wurde sie mit dem Junge- mit Sequenza 9.3 und dem Chor Camerata Künstler-Preis des Litauischen Kulturminis- Silesia, mit Quasar, mit den Saxofon teriums geehrt und 2017 mit der höchsten quartetten Xasax und Flotilla, den Violon künstlerische Auszeichnung Litauens, dem cellisten Mario Brunello, Henri Demarquette, Nationalpreis für Kunst und Kultur. Francesco Dillon und Anton Lukoszevieze, Der größte Teil ihres Werkes ist für dichte dem Flötisten Manuel Zurria, dem Saxofonis- monochromatische meist nur aus Streichern ten Marcus Weiss und dem Harfenisten oder Bläsern oder Stimmen bestehende Goska Isphording. Ensembles geschrieben. Sie loten die Ihre Werke werden in Europa, Amerika und Wahrnehmung von musikalischer Zeit und Australien aufgeführt und sind bei zahl Raum aus mit großflächigen, vielschichtigen reichen Musikfestivals präsent wie dem Texturen und extrem gradueller Meta Sydney Festival, Schleswig-Holstein Musik morphose. Festival, Musik Biennale in Venedig, Festival Ihre Klangästhetik bewegt sich zwischen Romaeuropa, Holland Festival, Warschauer Minimal Musik, spektraler Musik und Herbst, Huddersfield Contemporary Music Drohnen-Musik. Justė Janulytė komponiert 9
© Harald Hoffmann Olga Neuwirth auch akustische Metaphern von optischen Olga Neuwirth wurde 1968 in Graz (Öster- Ideen („Observation of Clouds“ reich) geboren. Ab dem siebten Lebensjahr für Stimmen, Bläser und Streicher, „The hatte sie Trompetenunterricht. 1986 studier- Colour of Water“ für Saxofon Solo und te sie in San Francisco am Conservatory of Orchester und „Here at the quiet Limit“ für Music und am Art College Malerei und Film. Männerchor und Streichorchester) und In Wien führte sie ihre Studien an der untersucht die visuelle Seite musikalischer Hochschule für Musik und Darstellende Phänomene in ihren Arbeiten, in denen sie Kunst sowie am Elektroakustischen Institut Klang und Bild verbindet („Breathing Music“ weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie für Streichquartett, Elektronik und kineti- durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky, schen Skulpturen, „Eclipses“ für vier Tristan Murail und Luigi Nono. Streicher, Live-Elektronik und schalldichter 1991 wurde Olga Neuwirth mit ihren beiden Glassinstallation, „Sandglasses“ für vier Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek Violoncellos, Elektronik und Video-Szeno- mit nur 22 Jahren das erste Mal international grafie). bekannt. 1998 wurde sie im Rahmen der Justė Janulytė unterrichtet zurzeit an der Reihe Next Generation bei den Salzburger Litauischen Musik- und Theaterakademie Festspielen in zwei Porträtkonzerten und lebt in Vilnius und Mailand. vorgestellt und im darauffolgenden Jahr kam ihr erstes abendfüllendes Musiktheater „Bählamms Fest“ mit einem Libretto der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach Leonora Carrington in einem Bühnenbild der Brothers Quay bei den Wiener Festwochen zur Uraufführung. Ihr für Pierre Boulez und das London Symphony Orchestra geschriebenes Werk „Clinamen / Nodus“ war nach der Londoner Uraufführung 2000 in einer weltweiten Tournee zu hören. 2002 war sie Composer- in-Residence bei den Luzerner Festwochen, wo sie auch das Remixen ihrer Musik durch DJ Spooky auf das Programm setzte. Neuwirth lässt sich oft von anglo-amerika 10
nischen Kulturen inspirieren, so z.B. in ihrem ben für die Wiener Philharmoniker, wurde 2003 uraufgeführten Musiktheater „Lost im Mai 2015 in Köln unter Daniel Harding Highway“ nach David Lynchs gleichnamigem uraufgeführt. Nach Aufführungen in Wien Film. Der Neuproduktion der English National und Luxemburg dirigierte es Valerij Gergiev Opera im Young Vic wurde 2009 der South in der Carnegie Hall. Bank Show Award verliehen. Seit ihrer Teen- „Le Encantadas o le avventure nel mare delle ager-Zeit interessiert sich Olga Neuwirth für meraviglie“ für sechs Ensemblegruppen Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film und (Live-)Elektronik ist ein gemeinsamer und Bildende Kunst, und daher lässt sie in Auftrag von Ensemble intercontemporain, vielen ihrer Stücke seit den frühen 1990er Cité de la musique, Festival d‘Automne à Jahren Ensemble, Elektronik und Video Paris, Donaueschinger Musiktage, IRCAM, einspielungen zu einem genreübergreifenden Lucerne Festival und dem Wiener Konzert- visuellen und akustischen Sinnerlebnis haus. 2017 wurde das Werk bei den Festivals verschmelzen. Dafür gilt sie in der sogenann- musica in Straßburg und bei Wien Modern ten Neuen Musik-Szene als Pionierin. Aus aufgeführt. diesem vielfältigen Interesse heraus entstan- Das Schlagzeugkonzert „Trurliade – Zone den auch verschiedene Klanginstallationen, Zero“ ist ein Auftrag der Roche-Commission Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken, und wurde beim Lucerne-Festival unter der die mit der Einladung zur documenta 12 in Leitung von Susanna Mälkki mit Victor Kassel ihren Höhepunkt fanden. 2006 und Hanna uraufgeführt, wo Olga Neuwirth 2016 2009 entstanden zwei Solokonzerte: ein als Composer-in-Residence im Zentrum Trompetenkonzert für Håkan Hardenberger stand. Weitere Aufführungen erfolgten beim und ein Viola-Konzert für Antoine Tamestit. Musikfest Berlin und bei Wien Modern. Olga Neuwirth erhielt verschiedene nationale Im Februar 2018 wurde das neue Flöten und internationale Preise, u. a. 2010 den konzert „Aello – ballet mécanomorphe“ Großen Österreichischen Staatspreis. vom Swedish Chamber Orchestra und der 2012 gab es die Premieren gleich zweier Flötistin Claire Chase uraufgeführt. Am neuer Musiktheaterwerke: „The Outcast“ 4. August 2018 feierte Olga Neuwirth ihren nach dem Leben und Werk von Herman 50. Geburtstag. Die internationale Musikwelt Melville und „American Lulu“, eine Neu würdigt die Komponistin zu diesem Anlass interpretation von Alban Bergs „Lulu“. Diese mit zahlreichen Konzerthighlights. Dazu war 2013 in einer Neuproduktion in Bregenz, zählen die Uraufführung der revidierten Edinburgh und London zu hören. Fassung des Musicstallation-theaters „Masaot / Clocks without Hands“, geschrie- „The Outcast“ sowie die Uraufführung von 11
© Henrik Jordan Peter Rundel Neuwirths Live-Vertonung des frisch Die tiefe Durchdringung komplexer Parti restaurierten Stummfilms „Die Stadt ohne turen der unterschiedlichsten Stilrichtungen Juden“ bei Wien Modern, die Deutschland- und Epochen bis hin zur zeitgenössischen premieren beider Werke auf Kampnagel in Musik sowie seine dramaturgische Kreativi- Hamburg und die UK-Erstaufführung von tät machen Peter Rundel zu einem gefragten „Aello – ballet mécanomorphe“ bei den BBC Partner führender europäischer Orchester. Proms, gefolgt von fünf weiteren Interpreta- Regelmäßig gastiert er beim Symphonie tionen des Werks in fünf Ländern. In Arbeit orchester des Bayerischen Rundfunks, dem ist ihre neue Oper „Orlando“, DSO Berlin und den Rundfunkorchestern des die Ende 2019 an der Wiener Staatsoper WDR, NDR, des Saarländischen Rundfunks Premiere feiert. und des SWR. Olga Neuwirth lebte in San Francisco, New Internationale Gastengagements führten ihn York, Prag, Paris, Venedig, Triest, Wien und zuletzt unter anderem zum Orchestre Berlin. Sie ist seit 2006 Mitglied der Akade- Philharmonique de Radio France, Orchestre mie der Künste Berlin und seit 2013 Mitglied National de Lille, Orchestre Philharmonique der Akademie der Künste München. de Luxembourg, Brussels Philharmonic, Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, Orchestra del Teatro dell’Opera Roma, zu den Wiener Symphonikern und zum hr Sinfonieorchester Frankfurt. Die Zusam- menarbeit mit Ensembles zeitgenössischer Musik wie Klangforum Wien, Ensemble Musifabrik, Collegium Novum Zürich, Ensemble intercontemporain Paris oder dem Asko|Schönberg Ensemble ist ebenfalls ein fester Bestandteil seiner Dirigententätigkeit. Peter Rundel ist auch als Operndirigent sehr gefragt. Er leitete Opernaufführungen an der Deutschen Oper Berlin, der Bayerischen Staatsoper, bei den Wiener Festwochen, am Gran Teatre del Liceu, den Bregenzer Festspielen und den Schwetzinger SWR Festspielen. Seine Operntätigkeit umfasst sowohl das traditionelle Repertoire als auch 12
bahnbrechende Produktionen zeitgenössi- Mit großem Engagement widmet sich Peter schen Musiktheaters wie Stockhausens Rundel zudem der Ausbildung und Förde- „Donnerstag“ aus „LICHT“, „Massacre“ von rung des musikalischen Nachwuchses. In Wolfgang Mitterer und die Uraufführungen Porto gründete er die Remix Academy für von Georg Friedrich Haas’ „Nacht“ und Ensemblemusiker und Dirigenten. Neben „Bluthaus“ u.v.a.m. Die von ihm dirigierte einer eigenen Dirigierwerkstatt, die er in spektakuläre Inszenierung von Carl Orffs Bayern leitete, unterrichtet er regelmäßig im „Prometheus“ bei der Ruhrtriennale wurde Rahmen internationaler Ensembleakademien 2013 mit dem Carl-Orff-Preis gewürdigt. unter anderem mit der London Sinfonietta, Außerdem tourte er mit Heiner Goebbels’ dem Ulysseus Ensemble bei der Manifeste 2014 für die Ruhrtriennale entstandenen Academy in Paris, am Teatro alla Scala Inszenierung von Louis Andriessens „De Mailand und der Lucerne Festival Academy. Materie“ an die Amory Hall in New York Für seine Aufnahmen mit Musik des (2016) und an das Teatro Argentino La Plata 20. Jahrhunderts erhielt Peter Rundel (2017). Mit der Uraufführung von Hector zahlreiche Preise, darunter mehrmals den Parras’ „Les Bienveillantes“ in der Regie von Preis der deutschen Schallplattenkritik Calixto Bieito ist er 2019 erstmals an der (Nono, „Prometeo“; Kyburz, Ensemble- und Opera Vlaanderen zu Gast. Orchesterwerke; Reich, „City Life“; Furrer, Geboren in Friedrichshafen, studierte Peter Klavierkonzert) sowie den Grand Prix du Rundel Violine bei Igor Ozim und Ramy Disque (Barraqué, Gesamtwerk), eine Shevelov sowie Dirigieren bei Michael Grammy-Nominierung (Heiner Goebbels, Gielen und Peter Eötvös. 1984 bis 1996 war „Surrogate Cities“) und einen Echo Klassik er als Geiger Mitglied des Ensemble Modern, („Sprechgesänge“ mit dem Ensemble mit dem er auch als Dirigent auf eine Musikfabrik). langjährige Zusammenarbeit zurückblickt. Nach Tätigkeiten als musikalischer Leiter des Königlich-Philharmonischen Orchesters von Flandern sowie der damals neu gegrün- deten Kammerakademie Potsdam übernahm Peter Rundel im Januar 2005 die Leitung des Remix Ensemble Casa da Música in Porto. Inzwischen feiert dieses Ensemble für Neue Musik Erfolge bei wichtigen Festivals in ganz Europa. 13
© Marco Borggreve Konzerthausorchester Berlin 1952 als Berliner Sinfonie-Orchester (BSO) Kurt-Sanderling-Akademie werden hoch gegründet, erfuhr es unter Chefdirigent Kurt begabte junge Orchestermusiker*innen Sanderling (1960 bis 1977) seine entschei- ausgebildet. dende Profilierung und internationale Während der letzten Jahre hat das Konzert- Anerkennung. 1977 wurde Günter Herbig hausorchester sein Profil auf ein wesent zum Chefdirigenten berufen, 1984 gefolgt liches Anliegen hin besonders geschärft: von Claus Peter Flor. In diesem Jahr bekam dem Publikum Musik nahe zu bringen. Dafür das Orchester als eigene Spielstätte das engagieren sich die Musiker*innen etwa Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Unter beim begeistert aufgenommenen Format Michael Schønwandt (1992 bis 1998) wurde „Mittendrin“, wo Zuhörer im Konzert direkt das BSO offiziell zum Hausorchester am neben Orchestermusikern sitzen, oder auch Konzerthaus Berlin. als Mitwirkende der Clips #klangberlins, die Nach fünf Spielzeiten unter Eliahu Inbal in den sozialen Medien millionenfach geklickt (2001 bis 2006) begann 2006 die Amtszeit und geteilt wurden. Wie sehr sich das von Lothar Zagrosek. Im selben Jahr wurde Konzerthausorchester der Stadt und ihrer aus dem Berliner Sinfonie-Orchester das Bevölkerung verbunden fühlt, zeigt sein Konzerthausorchester Berlin. Chefdirigent direktes Engagement als Jugendorchester- von 2012 bis 2018 war der Ungar Iván mentor im Rahmen von „Tutti Pro“, in Fischer, der dem Klangkörper seitdem als mehreren Patenschulen und einem Kranken- Ehrendirigent verbunden ist. Mit der Saison haus sowie die dauerhafte Zusammenarbeit 2019/20 übernimmt Christoph Eschenbach mit einer Wohnungsbaugesellschaft, die die Position des Chefdirigenten. Seit der sozial benachteiligten Kindern Teilhabe in Saison 2017/18 ist Juraj Valčuha Erster Form eines Zugangs zum Konzerthaus und Gastdirigent. zu klassischer Musik bietet. Heute gehört das Konzerthausorchester Berlin mit seinen über 12.000 Abonnenten zu den Klangkörpern mit der größten Stamm hörerschaft in ganz Deutschland. In mehr als 100 Konzerten pro Saison begeistert es sein Publikum im Haus am Gendarmenmarkt mit Werken von Monteverdi bis Lachenmann. Darüber hinaus ist es regelmäßig national und international auf Tourneen und Festivals zu hören. An der 2010 gegründeten heutigen 14
Impressum / Imprint Maerz Musik – Festival für Zeitfragen / Abendprogramm / Programme Information MaerzMusik – Festival for Time Issues Herausgeber / Editor Berliner Festspiele Redaktion / Editorial Department Künstlerische Leitung / Artistic Director Dr. Barbara Barthelmes, Ilse Müller Berno Odo Polzer Grafik / Graphic Design Christine Berkenhoff Organisationsleitung / Head of Organisation Presse / Press Officers Patricia Hofmann, Ida Steffen Ilse Müller Visuelles Konzept & Design / Visual Concept & Design Produktion / Production Eps51 Linda Sepp, Ina Steffan, Jade Tan (Praktikantin / Trainee), Herstellung / Production Medialis Offsetdruck GmbH, Berlin Friedrich Weißbach, Jakob Claus (Mitarbeit / Collaboration Thinking Together) © 2019. Berliner Festspiele, die Autor*innen und Fotograf*innen. Spielstättenleitung und Künstlerbetreuung / Alle Rechte vorbehalten. Abdruck (auch auszugsweise) nur mit Venue Management and Artists Service Genehmigung der Herausgeber*innen und Autor*innen. Karsten Neßler, Katalin Drabant, Thalia Hertel, Copyright 2018. Berliner Festspiele, the authors and photographers. Anna Crespo Palomar, Juliane Spencer All rights reserved. Reprints (including extracts) can only be made Technische Produktionsleitung / Head of Technical Production with the permission of the publishers and authors. Matthias Schäfer Bühnentechnik / Stage Technicians Harald Adams, Pierre Joël Becker, Sybille Casper, Birte Dördelmann, Stefan Frenzel, Daniel Gierlich, Victor Haberkorn, Susanne Honnef, Veranstalter / Presented by Karin Hornemann, Ivan Jovanovic, Ingo Köller, Ricardo Lashley, Berliner Festspiele Anne LeLievre, Hjördis Imke Linde, Mirko Neugart, Jason Osayi, Ein Geschäftsbereich der Felix Petzold, Christoph Reinhardt, René Schaeffges, Juliane Schüler, Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH / Manuel Solms, Julie Louise Speck, Felix Stoffel, Camillo Weber, Daniel A Division of Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH Weidmann, Martin Zimmermann, Matthias Zülke Beleuchtung / Lighting Intendant / Director Günhan Bardak, Christian Benz, Severin Beyer, Frank Brösa, Dr. Thomas Oberender Katrin Büttner, Andreas Harder, Kathrin Kausche, Mathilda Krusche, Kaufmännische Geschäftsführung / Commercial Director Matthias Kümmel, Wolfgang Kunwald, Ruprecht Lademann, Charlotte Sieben Boris Meier, Juri Rendler, Franziska Robitsch, Michael Rudolph, Leitung Kommunikation / Head of Communication Lydia Schönfeldt, Frank Szardenings, Jens Tuch, Bastian Vogel, Claudia Nola Tajima Sachiko Zimmermann Ton, Videotechnik, Projektionstechnik / Berliner Festspiele Sound, Video, Projections Schaperstraße 24, 10719 Berlin Aiks Dekker, Detlef Feiertag, Florian Fischer, Jörn Gross, Stefan Höhne, T + 49 30 254 89 0 Jürgen Kramer, Tilo Lips, Thomas Meier, Hartwig Nickola, info@berlinerfestspiele.de Ulla Pittermann, Felix Podzwadowski, Fernando Quartana, berlinerfestspiele.de Tony Scheunemann, Torsten Schwarzbach Gefördert durch / Funded by Stand / Dated: 18.3.2019 Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten / We reserve the right to make alterations to the programme and casting. Reader 2017 + 2018 + 2019 Im Reader finden Sie Originalbeiträge von Künstler*innen, Essays, Graphiken und Fotos. im Paket Erhältlich ist er hier vor Ort und im Online-Shop. für € 10 Der Reader 2019 kostet € 6. Sie können die Reader 2017 und 2018 zusätzlich im Paket zum Preis von € 4 erwerben. Viel Spaß beim Schmökern! 15
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