Clocks without Hands - Berliner Festspiele

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Clocks without Hands - Berliner Festspiele
Berliner Festspiele     # maerzmusik

                      Clocks
                      without Hands
                      28.3.2019
Clocks without Hands - Berliner Festspiele
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Do   28.3.2019,   20:00
     Konzerthaus Berlin,   Großer Saal

                         ASHLEY FURE
                         Bound to the Bow
                         für Orchester und Elektronik (2016) DE

                         JUSTĖ JANULYTĖ
                         Was there a Swan?
                         für Orgel und Orchester (2019) UA

                         Kompositionsauftrag MaerzMusik – Festival für Zeitfragen
                         und Konzerthaus Berlin

                         Pause

                         OLGA NEUWIRTH
                         Masaot / Clocks without Hands
                         für großes Orchester (2013, rev. 2015)

                         Konzerthausorchester Berlin
                         Peter Rundel Leitung
                         Daniel Weingarten Klangregie
                         Martin Knizia Orgel

     19:00
     Konzerthaus Berlin / Carl-Maria-von-Weber-Saal

                         Künstlerinnengespräch mit
                         Ashley Fure und Justė Janulytė
                         Martina Seeber Moderation

        In Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin.
        Mit Unterstützung von Berliner Künstlerprogramm des DAAD und Lithuanian Culture Institute.

        Mitschnitt Deutschlandfunk Kultur, Live-Sendung 20:03 Uhr

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Bound to the Bow

Der Impuls zu diesem Stück kam von einem Klangbild in meinem Ohr. Es
war inspiriert durch Samuel Taylor Coleridges berühmte Ballade „Rime of
the Ancient Mariner (Der alte Seefahrer)“, aber mit einer Wendung: Hier
wurde der Albatros, dieses riesige, geflügelte Wesen, nicht erschlagen und
um den Nacken des Seemanns gehängt, sondern stattdessen an den Bug
des Boots gebunden. Aus diesem Bild ergaben sich für mich wichtige
Kontraste: eine schwere Leichtigkeit, ein geerdeter Flug und nasse,
gewichtete Flügel. „Bound to the Bow“ ist aufgeladen mit einer eingesperr-
ten kinetischen Energie. Rasende Klangsträhnen verwirren sich und werden
zu dichten, lärmenden Geflechten. Bogen wirbeln über die Saiten wie in
Kisten gefangene Vögel: Sie flattern, ohne zu fliegen, sie krallen sich hin
zum Ton, im Versuch aufzusteigen.
„Bound to the Bow“ ist eine Auftragsarbeit für die New York Philharmonic
Biennale 2016 und wurde am 5. Juni 2016 vom Interlochen Arts Academy
Orchestra in der David Geffen Hall uraufgeführt.

        Ashley Fure

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Was there a Swan?
für Orgel und Orchester (2019)
Kompositionsauftrag von MaerzMusik – Festival für Zeitfragen
und Konzerthaus Berlin

Peter Rundel gewidmet

          How many swans were there? White
          Constellation, their silence, piercing some violence,
          The water. Each planetary, an organ.
          If the train slowly rips the field in two,
          Makes a shore, as it were, then where
          Were you, burning like birds…

          Aus: Quinn Latimer, „Like a Women“. Essays, Readings, Poems, Sternberg Press, 2017

          Die Inspiration für dieses Werk wurde, visuell wie klanglich, durch den
          poetischen Essay Quinn Latimers ausgelöst. Auch die Orgel als zentrales
          Element einzusetzen, sozusagen als Rückrat des musikalischen Körpers,
          wurde dadurch angeregt. Die Orgel fungiert hier als eine Art Sandglas
          (mit Bezug auf meine Komposition „Sandglasses”, die bei MaerzMusik 2011
          aufgeführt wurde), und die Reichweite ihres Umfangs bestimmt die
          Grenzen des Zeitraums, in dem sich der ganze akustische Organismus
          entfaltet. Auch werden alle anderen Schichten des Orchesters durch die
          starke Gravitationskraft, die die Orgel ausübt, beeinflusst. Die dualistische
          Struktur der Komposition beruht auf einander entgegengesetzten
          Bewegungen (Katabasis versus Anabasis*), die sich langsam gegenseitig
          durchkreuzen, was an die perfekte symmetrische Gestalt des Sternenbilds
          des Schwans erinnert.
          Der Titel der Komposition ist eine Hommage an eine Komponistin, die zu
          meinen „Leuchtturm-Komponist*innen“ gehört, an Onutė Narbutaitė und
          ihr Werk „Was there a Butterfly?“ für Streichorchester.

                    Justė Janulytė

* Die Anabasis oder auch Ascensus (lat.: hinauf-, heraufsteigen) ist eine musikalische Figur,
die eine Aufwärtsbewegung in einer musikalischen Linie beschreibt. Das Gegenstück dazu ist die
Abwärtsbewegung einer musikalisches Linie, die Katabasis.

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Vom Schaukeln der Dinge
         im Strom der Zeit

                   „Wo zwischen der Moldau, der Donau
                   und meinem Kindheitsfluß
                   alles einen Begriff von mir hat.“

                   Ingeborg Bachmann, Prag im Jänner 1964

2010 wurde ich von den Wiener Philharmonikern gebeten, anlässlich des
100. Todestages von Gustav Mahler ein Orchesterwerk zu schreiben. Da ich
aber zwei Opern bis Ende 2011 fertigzustellen hatte, musste ich absagen.
Als der Auftrag nach 2015 verschoben wurde, wollte ich dennoch die Idee
von 2010 nicht fallen lassen, Mahler zu reflektieren. Ich hatte in dieser Zeit
einen Traum, der zum Auslöser der „musikalischen Turbulenzen“ meines
Orchesterwerks wurden.
Mein Großvater, den ich nie kennengelernt hatte und nur durch Fotos und
Erzählungen meiner Großmutter kenne, erschien mir im Traum. In den
sonnendurchfluteten Donauauen mit dahin plätscherndem Wasser bewegte
der Wind Myriaden grüner Grashalme in einer Umgebung verworrenen
Schilfrohrs. Mein Großvater stand inmitten der Grashalme und spielte mir
auf einem alten, krachenden Tonbandgerät ein Lied nach dem anderem vor
und sagte: „Von Anfang an fiel ich aus dem Rahmen. Ich war ein Außen­
seiter und passte nie ganz zu meiner österreichischen Umgebung. Ich hatte
ein lebenslanges Gefühl des Ausgegrenztseins. Hör diesen Liedern zu, das
ist meine Geschichte.“ Er war aus der Zeit gefallen und teilte es mir mit.
Dieser Traum hat mich sehr bewegt, sodass ich ihn komponierend verarbei-
ten wollte, denn Schreiben ist für mich ohnehin eine Sache der Erinnerung.
Es sollte so sein, als würde man Geträumtes hören, als würde man selbst
träumen beim Hören.
„Masaot / Clocks without Hands“ möge als poetische Reflexion über das
Verschwinden von Erinnerung angesehen werden. Das Stück vereint immer
wieder kurz aufblitzende Melodiefragmente aus sehr unterschiedlichen
Orten und Lebenserfahrungen meines Großvaters. Es ist ein geformter
Fluss von Erinnerungen. Die Komposition entfaltet ein „Raster“, in dem
Liedfragmente immer wieder anklingen und neu miteinander kombiniert
werden. Dem entgegen steht ein „musikalisches Objekt“, basierend auf
Metronom-Schlägen, die die Zeit hör- und spürbar machen. Wie in einem

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Karussell tauchen auch diese Metronom-Schläge auf und verschwinden
wieder. Aber anders als bei einem Karussell bleiben sie nicht unverändert,
sondern verwandeln sich durch einen je leicht verschobenen Zusammen-
hang und die Überlagerung verschiedener Tempi. Durch dieses „Metronom-
Ticken“, durch diesen äußerlich regulierten Zeit-Puls, wird die Zeit zu einem
zeitlos empfundenen, subjektiven Gefilde des Unterbewusstseins. Und
schließlich löst sich die Zeit vermeintlich auf: die Zeiger sind abgebrochen.
Mein Großvater wurde in einer Stadt am Meer geboren, die in ihrer wechsel­
haften Geschichte mal im venezianischen, mal im kroatisch-ungarischen
Herrschaftsgebiet lag. Später wuchs er im zwischen Kroatien und Ungarn
gelegenen Donau-Zwischenstromland auf. Vielleicht ging es meinem
Großvater so wie Canetti, der über seine Zeit der Kindheit an der Donau wie
folgt schrieb: „Als Kind hatte ich keinen Überblick über diese Vielfalt,
aber ich bekam unaufhörlich ihre Wirkung zu spüren“ und „... dass ich aus
vielen Personen bestehe, deren ich mir keineswegs bewusst bin.“ Daher
ging es mir in diesem Stück um viele unterschiedliche (musikalische)
Geschichten, die der Fluss, in meinem Fall die Donau, hört und hinunter bis
zum Meer trägt.
Zurück zu Mahler. Seiner Ersten Symphonie wurde nach der Uraufführung
Eklektizismus vorgeworfen und diese als „Katzenmusik“ bezeichnet. Genau
das hat mich interessiert. Daher wollte ich diesem musikalischen Phäno-
men und diesem „alten Duft aus Märchenzeit“ nachgehen. In diesem Fall
eben der Kindheit und Jugend meines Großvaters an der Donau. Ich wollte
aus meinem Hier und Jetzt auf das Gebiet einer ehemalig kakanischen
Herkunft blicken. Auf der Suche nach Verortung und Identität. Vielleicht ist
dieses Stück ein ironisch-wehmütiger Abgesang einer österreichischen
Komponistin, die sich „negativ frei“ fühlt zu komponieren was sie möchte
und damit Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“ nahe steht.
„Masaot / Clocks without Hands“ entstand durch den vielstimmigen Gesang
meiner zersplitterten Herkunft und aus dem Wunsch heraus nach einem
kontinuierlichen Fluss, der durch das fortlaufende Mittel sich austauschen-
der Zellen bestimmt ist, die durch das gesamte Stück laufen.
Heimat ist für mich ein nebulöses Etwas. In „Masaot/Clocks without
Hands“ versuchte ich, mir das Thema „mehrere Heimaten“ zu beantworten,
nämlich durch das Komponieren von Musik als Heimat und Fremde zu-
gleich. Zwischen vertrauten und nicht vertrauten Klängen, jenseits kakani-
scher Nostalgie als unmöglicher Versuch, durch das Komponieren die Zeit
aufzuhalten.

         Olga Neuwirth

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Ashley

                                      © Kai Bienert
Fure

Ashley Fure, 1982 geboren, ist eine US-               Ihre Arbeit wurde von bedeutenden Ensem­
amerikanische Komponistin und Klangkünst-             bles in ganz Europa und der USA gefördert,
lerin. Sie erforscht den kinetischen Ursprung         einschließlich der New Yorker Philhar­
des Klangs und legt damit Fokus auf den               moniker, der Los Angeles Philharmoniker,
physischen Akt des Musikmachens und                   Klangforum Wien, Ensemble Modern, dem
den chaotischen Verhaltensweisen roher                Diotima Quartet, dem International Contem-
akustischer Materie. Sie promovierte an               porary Ensemble, Talea, den San Francisco
der Harvard Universität und ist seit 2015             Music Players und Dal Niente.
Assistenzprofessorin am Dartmouth College.            Projekte aus jüngster Zeit sind: „Filament“
Ihre kompositorische Arbeit wurde in den              für Trio, Orchester und bewegte Stimmen;
letzten Jahren zunehmend durch hoch­                  „The Force of Things: An Opera for Objects“,
rangige Auszeichnungen gewürdigt: 2017                eine immersive intermediale Oper, die vom
gewann sie den Rom-Preis der American                 International Contemporary Ensemble bei
Academy in Rom für Komposition und ein                den Internationalen Ferienkursen für Neue
Guggenheim Stipendium; 2016 war sie                   Musik Darmstadt 2016 aufgeführt wurde;
Finalistin des Pulitzerpreises für Musik;             „Anima: For Augmented String Quartet“,
im selben Jahr erhielt sie die Förderung              ermöglicht durch IRCAM und GMEM-Centre
Grant for Artists für zeitgenössische Kunst;          National de Création Musicale für das
2015 förderte die Ernst von Siemens                   Diotima Quartet und „Bound to the Bow“
Musik­stiftung ihre Komposition „A Force of           für Orchester und Elektronik, das ein
Things“; 2014 erhielt sie den Kranichsteiner          Auftragswerk der New York Philharmonic
Kompositionspreis Darmstadt, den Busoni-              Biennial 2016 ist.
Preis der Akademie der Künste Berlin und              2018 war Ashley Fure Stipendiatin des
ein Mellon Post-doctoral Fellowship der               Berliner Künstlerprogramms des DAAD.
Columbia Universität; 2013 folgte ein
Fulbright Stipendium für Frankreich und ein
Impuls International Kompositionspreis;
2012 erhielt sie den Darmstadt Stipendien-
preis und das Staubach Honora­rium; 2011
den Ježek-Preis des öffentlichen TV- und
Radiosenders RTV SLO und eine zehn­
monatige Residenz an der Akademie Schloss
Solitude.

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© Dimitrij Matvejev
Justė
Janulytė

Justė Janulytė, 1982 in Vilnius geboren,                    Festival, SonicA (Glasgow), MaerzMusik
studierte an der Litauischen Musik- und                     (Berlin), Biennale Némo (Gaîté lyrique, Paris),
Theaterakademie, in Mailand am Konserva-                    festival musica (Strasbourg), musikprotokoll
torium Giuseppe Verdi und nahm an ver-                      im steirischem Herbst (Graz), Musicadhoy
schiedenen Meisterklassen teil. Sie hat mit                 (Madrid), Vale of Glamorgan Festival
einigen weltweit führenden Ensembles und                    (Cardiff), Expositions of New Music, Moravi-
Solist*innen zusammengearbeitet, u.a. mit:                  an Autumn Festival (Brünn), Gaida (Vilnius),
Teatro La Fenice Symphonieorchester, dem                    um nur einige zu nennen.
Symphonieorchester der Oper Gothenburg,                     Mit ihrer Komposition „White music” für
dem Walisischen Symphonieorchester der                      15 Streicher, vom Litauischen Komponisten-
BBC, dem Nationalen Symphonieorchester                      verband mit dem Preis Bestes Kammer­
des Polnischen Rundfunks, dem Philhar­                      musikwerk des Jahres versehen, wurde sie
monischen Orchester Brünn, dem Franzö­                      einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Auch
sischen Flötenorchester, der Sinfonietta                    ihre nächsten fünf Kompositionen haben
Riga, der Birmingham Contemporary Music                     diese Auszeichnung erhalten. 2009 gewann
Group, dem Ensemble Bit20, mit Orches­                      sie mit „Aquarelle“ für Chor den 1. Preis in
trutopica, mit der Estnischen Kammer­                       der Kategorie Komponst*innen unter 30
philharmonie und Männerchor, dem                            beim International Rostrum of Composers
Kammer­orchester des Dänischen Radios,                      in Paris. 2011 wurde sie mit dem Junge-
mit Sequenza 9.3 und dem Chor Camerata                      Künstler-Preis des Litauischen Kulturminis-
Silesia, mit Quasar, mit den Saxofon­                       teriums geehrt und 2017 mit der höchsten
quartetten Xasax und Flotilla, den Violon­                  künstlerische Auszeichnung Litauens, dem
cellisten Mario Brunello, Henri Demarquette,                Nationalpreis für Kunst und Kultur.
Francesco Dillon und Anton Lukoszevieze,                    Der größte Teil ihres Werkes ist für dichte
dem Flötisten Manuel Zurria, dem Saxofonis-                 monochromatische meist nur aus Streichern
ten Marcus Weiss und dem Harfenisten                        oder Bläsern oder Stimmen bestehende
Goska Isphording.                                           Ensembles geschrieben. Sie loten die
Ihre Werke werden in Europa, Amerika und                    Wahrnehmung von musikalischer Zeit und
Australien aufgeführt und sind bei zahl­                    Raum aus mit großflächigen, vielschichtigen
reichen Musikfestivals präsent wie dem                      Texturen und extrem gradueller Meta­
Sydney Festival, Schleswig-Holstein Musik                   morphose.
Festival, Musik Biennale in Venedig, Festival               Ihre Klangästhetik bewegt sich zwischen
Romaeuropa, Holland Festival, Warschauer                    Minimal Musik, spektraler Musik und
Herbst, Huddersfield Contemporary Music                     Drohnen-Musik. Justė Janulytė komponiert

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© Harald Hoffmann
                                               Olga
                                               Neuwirth

auch akustische Metaphern von optischen        Olga Neuwirth wurde 1968 in Graz (Öster-
Ideen („Observation of Clouds“                 reich) geboren. Ab dem siebten Lebensjahr
für Stimmen, Bläser und Streicher, „The        hatte sie Trompetenunterricht. 1986 studier-
Colour of Water“ für Saxofon Solo und          te sie in San Francisco am Conservatory of
Orchester und „Here at the quiet Limit“ für    Music und am Art College Malerei und Film.
Männerchor und Streichorchester) und           In Wien führte sie ihre Studien an der
untersucht die visuelle Seite musikalischer    Hochschule für Musik und Darstellende
Phänomene in ihren Arbeiten, in denen sie      Kunst sowie am Elektroakustischen Institut
Klang und Bild verbindet („Breathing Music“    weiter. Wesentliche Anregungen erhielt sie
für Streichquartett, Elektronik und kineti-    durch die Begegnungen mit Adriana Hölszky,
schen Skulp­turen, „Eclipses“ für vier         Tristan Murail und Luigi Nono.
Streicher, Live-Elektronik und schalldichter   1991 wurde Olga Neuwirth mit ihren beiden
Glass­installation, „Sandglasses“ für vier     Mini-Opern nach Texten von Elfriede Jelinek
Violon­cellos, Elektronik und Video-Szeno-     mit nur 22 Jahren das erste Mal international
grafie).                                       bekannt. 1998 wurde sie im Rahmen der
Justė Janulytė unterrichtet zurzeit an der     Reihe Next Generation bei den Salzburger
Litauischen Musik- und Theaterakademie         Festspielen in zwei Porträtkonzerten
und lebt in Vilnius und Mailand.               vorgestellt und im darauffolgenden Jahr
                                               kam ihr erstes abendfüllendes Musiktheater
                                               „Bählamms Fest“ mit einem Libretto der
                                               Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek nach
                                               Leonora Carrington in einem Bühnenbild der
                                               Brothers Quay bei den Wiener Festwochen
                                               zur Uraufführung.
                                               Ihr für Pierre Boulez und das London
                                               Symphony Orchestra geschriebenes Werk
                                               „Clinamen / Nodus“ war nach der Londoner
                                               Uraufführung 2000 in einer weltweiten
                                               Tournee zu hören. 2002 war sie Composer-
                                               in-Residence bei den Luzerner Festwochen,
                                               wo sie auch das Remixen ihrer Musik durch
                                               DJ Spooky auf das Programm setzte.
                                               Neuwirth lässt sich oft von anglo-amerika­

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nischen Kulturen inspirieren, so z.B. in ihrem   ben für die Wiener Philharmoniker, wurde
2003 uraufgeführten Musiktheater „Lost           im Mai 2015 in Köln unter Daniel Harding
Highway“ nach David Lynchs gleichnamigem         uraufgeführt. Nach Aufführungen in Wien
Film. Der Neuproduktion der English National     und Luxemburg dirigierte es Valerij Gergiev
Opera im Young Vic wurde 2009 der South          in der Carnegie Hall.
Bank Show Award verliehen. Seit ihrer Teen­-     „Le Encantadas o le avventure nel mare delle
ager-Zeit interessiert sich Olga Neuwirth für    meraviglie“ für sechs Ensemblegruppen
Wissenschaft, Architektur, Literatur, Film       und (Live-)Elektronik ist ein gemeinsamer
und Bildende Kunst, und daher lässt sie in       Auftrag von Ensemble intercontemporain,
vielen ihrer Stücke seit den frühen 1990er       Cité de la musique, Festival d‘Automne à
Jahren Ensemble, Elektronik und Video­           Paris, Donaueschinger Musiktage, IRCAM,
einspielungen zu einem genreübergreifenden       Lucerne Festival und dem Wiener Konzert-
visuellen und akustischen Sinnerlebnis           haus. 2017 wurde das Werk bei den Festivals
verschmelzen. Dafür gilt sie in der sogenann-    musica in Straßburg und bei Wien Modern
ten Neuen Musik-Szene als Pionierin. Aus         aufgeführt.
diesem vielfältigen Interesse heraus entstan-    Das Schlagzeugkonzert „Trurliade – Zone
den auch verschiedene Klanginstallationen,       Zero“ ist ein Auftrag der Roche-Commission
Ausstellungen, Theater- und Filmmusiken,         und wurde beim Lucerne-Festival unter der
die mit der Einladung zur documenta 12 in        Leitung von Susanna Mälkki mit Victor
Kassel ihren Höhepunkt fanden. 2006 und          Hanna uraufgeführt, wo Olga Neuwirth 2016
2009 entstanden zwei Solokonzerte: ein           als Composer-in-Residence im Zentrum
Trompetenkonzert für Håkan Hardenberger          stand. Weitere Aufführungen erfolgten beim
und ein Viola-Konzert für Antoine Tamestit.      Musikfest Berlin und bei Wien Modern.
Olga Neuwirth erhielt verschiedene nationale     Im Februar 2018 wurde das neue Flöten­
und internationale Preise, u. a. 2010 den        konzert „Aello – ballet mécanomorphe“
Großen Österreichischen Staatspreis.             vom Swedish Chamber Orchestra und der
2012 gab es die Premieren gleich zweier          Flötistin Claire Chase uraufgeführt. Am
neuer Musiktheaterwerke: „The Outcast“           4. August 2018 feierte Olga Neuwirth ihren
nach dem Leben und Werk von Herman               50. Geburtstag. Die internationale Musikwelt
Melville und „American Lulu“, eine Neu­          würdigt die Komponistin zu diesem Anlass
interpretation von Alban Bergs „Lulu“. Diese     mit zahlreichen Konzerthighlights. Dazu
war 2013 in einer Neuproduktion in Bregenz,      zählen die Uraufführung der revidierten
Edinburgh und London zu hören.                   Fassung des Musicstallation-theaters
„Masaot / Clocks without Hands“, geschrie-       „The Outcast“ sowie die Uraufführung von

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© Henrik Jordan
                                                Peter
                                                Rundel

Neuwirths Live-Vertonung des frisch             Die tiefe Durchdringung komplexer Parti­
restaurierten Stummfilms „Die Stadt ohne        turen der unterschiedlichsten Stilrichtungen
Juden“ bei Wien Modern, die Deutschland-        und Epochen bis hin zur zeitgenössischen
premieren beider Werke auf Kampnagel in         Musik sowie seine dramaturgische Kreativi-
Hamburg und die UK-Erstaufführung von           tät machen Peter Rundel zu einem gefragten
„Aello – ballet mécanomorphe“ bei den BBC       Partner führender europäischer Orchester.
Proms, gefolgt von fünf weiteren Interpreta-    Regelmäßig gastiert er beim Symphonie­
tionen des Werks in fünf Ländern. In Arbeit     orchester des Bayerischen Rundfunks, dem
ist ihre neue Oper „Orlando“,                   DSO Berlin und den Rundfunkorchestern des
die Ende 2019 an der Wiener Staatsoper          WDR, NDR, des Saarländischen Rundfunks
Premiere feiert.                                und des SWR.
Olga Neuwirth lebte in San Francisco, New       Internationale Gastengagements führten ihn
York, Prag, Paris, Venedig, Triest, Wien und    zuletzt unter anderem zum Orchestre
Berlin. Sie ist seit 2006 Mitglied der Akade-   Philharmonique de Radio France, Orchestre
mie der Künste Berlin und seit 2013 Mitglied    National de Lille, Orchestre Philharmonique
der Akademie der Künste München.                de Luxembourg, Brussels Philharmonic,
                                                Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino,
                                                Orchestra del Teatro dell’Opera Roma,
                                                zu den Wiener Symphonikern und zum
                                                hr Sinfonieorchester Frankfurt. Die Zusam-
                                                menarbeit mit Ensembles zeitgenössischer
                                                Musik wie Klangforum Wien, Ensemble
                                                Musifabrik, Collegium Novum Zürich,
                                                Ensemble intercontemporain Paris oder dem
                                                Asko|Schönberg Ensemble ist ebenfalls ein
                                                fester Bestandteil seiner Dirigententätigkeit.
                                                Peter Rundel ist auch als Operndirigent sehr
                                                gefragt. Er leitete Opernaufführungen an
                                                der Deutschen Oper Berlin, der Bayerischen
                                                Staatsoper, bei den Wiener Festwochen,
                                                am Gran Teatre del Liceu, den Bregenzer
                                                Festspielen und den Schwetzinger SWR
                                                Festspielen. Seine Operntätigkeit umfasst
                                                sowohl das traditionelle Repertoire als auch

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bahnbrechende Produktionen zeitgenössi-         Mit großem Engagement widmet sich Peter
schen Musiktheaters wie Stockhausens            Rundel zudem der Ausbildung und Förde-
„Donnerstag“ aus „LICHT“, „Massacre“ von        rung des musikalischen Nachwuchses. In
Wolfgang Mitterer und die Uraufführungen        Porto gründete er die Remix Academy für
von Georg Friedrich Haas’ „Nacht“ und           Ensemblemusiker und Dirigenten. Neben
„Bluthaus“ u.v.a.m. Die von ihm dirigierte      einer eigenen Dirigierwerkstatt, die er in
spektakuläre Inszenierung von Carl Orffs        Bayern leitete, unterrichtet er regelmäßig im
„Prometheus“ bei der Ruhrtriennale wurde        Rahmen internationaler Ensembleakademien
2013 mit dem Carl-Orff-Preis gewürdigt.         unter anderem mit der London Sinfonietta,
Außerdem tourte er mit Heiner Goebbels’         dem Ulysseus Ensemble bei der Manifeste
2014 für die Ruhrtriennale entstandenen         Academy in Paris, am Teatro alla Scala
Inszenierung von Louis Andriessens „De          Mailand und der Lucerne Festival Academy.
Materie“ an die Amory Hall in New York          Für seine Aufnahmen mit Musik des
(2016) und an das Teatro Argentino La Plata     20. Jahrhunderts erhielt Peter Rundel
(2017). Mit der Uraufführung von Hector         zahlreiche Preise, darunter mehrmals den
Parras’ „Les Bienveillantes“ in der Regie von   Preis der deutschen Schallplattenkritik
Calixto Bieito ist er 2019 erstmals an der      (Nono, „Prometeo“; Kyburz, Ensemble- und
Opera Vlaanderen zu Gast.                       Orchesterwerke; Reich, „City Life“; Furrer,
Geboren in Friedrichshafen, studierte Peter     Klavierkonzert) sowie den Grand Prix du
Rundel Violine bei Igor Ozim und Ramy           Disque (Barraqué, Gesamtwerk), eine
Shevelov sowie Dirigieren bei Michael           Grammy-Nominierung (Heiner Goebbels,
Gielen und Peter Eötvös. 1984 bis 1996 war      „Surrogate Cities“) und einen Echo Klassik
er als Geiger Mitglied des Ensemble Modern,     („Sprechgesänge“ mit dem Ensemble
mit dem er auch als Dirigent auf eine           Musikfabrik).
langjährige Zusammenarbeit zurückblickt.
Nach Tätig­keiten als musikalischer Leiter
des Königlich-Philharmonischen Orchesters
von Flandern sowie der damals neu gegrün-
deten Kammerakademie Potsdam übernahm
Peter Rundel im Januar 2005 die Leitung des
Remix En­semble Casa da Música in Porto.
Inzwischen feiert dieses Ensemble für Neue
Musik Erfolge bei wichtigen Festivals in ganz
Europa.

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© Marco Borggreve
Konzerthaus­orchester
Berlin

1952 als Berliner Sinfonie-Orchester (BSO)     Kurt-Sanderling-Akademie werden hoch­
gegründet, erfuhr es unter Chefdirigent Kurt   begabte junge Orchestermusiker*innen
Sanderling (1960 bis 1977) seine entschei-     ausgebildet.
dende Profilierung und internationale          Während der letzten Jahre hat das Konzert-
Anerkennung. 1977 wurde Günter Herbig          hausorchester sein Profil auf ein wesent­
zum Chefdirigenten berufen, 1984 gefolgt       liches Anliegen hin besonders geschärft:
von Claus Peter Flor. In diesem Jahr bekam     dem Publikum Musik nahe zu bringen. Dafür
das Orchester als eigene Spielstätte das       engagieren sich die Musiker*innen etwa
Schauspielhaus am Gendarmenmarkt. Unter        beim begeistert aufgenommenen Format
Michael Schønwandt (1992 bis 1998) wurde       „Mittendrin“, wo Zuhörer im Konzert direkt
das BSO offiziell zum Hausorchester am         neben Orchestermusikern sitzen, oder auch
Konzerthaus Berlin.                            als Mitwirkende der Clips #klangberlins, die
Nach fünf Spielzeiten unter Eliahu Inbal       in den sozialen Medien millionenfach geklickt
(2001 bis 2006) begann 2006 die Amtszeit       und geteilt wurden. Wie sehr sich das
von Lothar Zagrosek. Im selben Jahr wurde      Konzerthausorchester der Stadt und ihrer
aus dem Berliner Sinfonie-Orchester das        Bevölkerung verbunden fühlt, zeigt sein
Konzerthausorchester Berlin. Chefdirigent      direktes Engagement als Jugendorchester-
von 2012 bis 2018 war der Ungar Iván           mentor im Rahmen von „Tutti Pro“, in
Fischer, der dem Klangkörper seitdem als       mehreren Patenschulen und einem Kranken-
Ehrendirigent verbunden ist. Mit der Saison    haus sowie die dauerhafte Zusammenarbeit
2019/20 übernimmt Christoph Eschenbach         mit einer Wohnungsbaugesellschaft, die
die Position des Chefdirigenten. Seit der      sozial benachteiligten Kindern Teilhabe in
Saison 2017/18 ist Juraj Valčuha Erster        Form eines Zugangs zum Konzerthaus und
Gastdirigent.                                  zu klassischer Musik bietet.
Heute gehört das Konzerthausorchester
Berlin mit seinen über 12.000 Abonnenten zu
den Klangkörpern mit der größten Stamm­
hörerschaft in ganz Deutschland. In mehr als
100 Konzerten pro Saison begeistert es sein
Publikum im Haus am Gendarmenmarkt mit
Werken von Monteverdi bis Lachenmann.
Darüber hinaus ist es regelmäßig national
und international auf Tourneen und Festivals
zu hören. An der 2010 gegründeten heutigen

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Impressum / Imprint
Maerz Musik – Festival für Zeitfragen /                                    Abendprogramm / Programme Information
MaerzMusik – Festival for Time Issues                                      Herausgeber / Editor Berliner Festspiele
                                                                           Redaktion / Editorial Department
Künstlerische Leitung / Artistic Director
                                                                           Dr. Barbara Barthelmes, Ilse Müller
Berno Odo Polzer
                                                                           Grafik / Graphic Design Christine Berkenhoff
Organisationsleitung / Head of Organisation
                                                                           Presse / Press Officers Patricia Hofmann, Ida Steffen
Ilse Müller
                                                                           Visuelles Konzept & Design / Visual Concept & Design
Produktion / Production
                                                                           Eps51
Linda Sepp, Ina Steffan, Jade Tan (Praktikantin / Trainee),
                                                                           Herstellung / Production Medialis Offsetdruck GmbH, Berlin
Friedrich Weißbach, Jakob Claus (Mitarbeit /
Collaboration Thinking Together)
                                                                           © 2019. Berliner Festspiele, die Autor*innen und Fotograf*innen.
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                                                                           Alle Rechte vorbehalten. Abdruck (auch auszugsweise) nur mit
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                                                                           Genehmigung der Herausgeber*innen und Autor*innen.
Karsten Neßler, Katalin Drabant, Thalia Hertel,
                                                                           Copyright 2018. Berliner Festspiele, the authors and photographers.
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Matthias Schäfer
Bühnentechnik / Stage Technicians
Harald Adams, Pierre Joël Becker, Sybille Casper, Birte Dördelmann,
Stefan Frenzel, Daniel Gierlich, Victor Haberkorn, Susanne Honnef,
                                                                           Veranstalter / Presented by
Karin Hornemann, Ivan Jovanovic, Ingo Köller, Ricardo Lashley,
                                                                           Berliner Festspiele
Anne LeLievre, Hjördis Imke Linde, Mirko Neugart, Jason Osayi,
                                                                           Ein Geschäftsbereich der
Felix Petzold, Christoph Reinhardt, René Schaeffges, Juliane Schüler,
                                                                           Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH /
Manuel Solms, Julie Louise Speck, Felix Stoffel, Camillo Weber, Daniel
                                                                           A Division of Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH
Weidmann, Martin Zimmermann, Matthias Zülke
Beleuchtung / Lighting
                                                                           Intendant / Director
Günhan Bardak, Christian Benz, Severin Beyer, Frank Brösa,
                                                                           Dr. Thomas Oberender
Katrin Büttner, Andreas Harder, Kathrin Kausche, Mathilda Krusche,
                                                                           Kaufmännische Geschäftsführung / Commercial Director
Matthias Kümmel, Wolfgang Kunwald, Ruprecht Lademann,
                                                                           Charlotte Sieben
Boris Meier, Juri Rendler, Franziska Robitsch, Michael Rudolph,
                                                                           Leitung Kommunikation / Head of Communication
Lydia Schönfeldt, Frank Szardenings, Jens Tuch, Bastian Vogel,
                                                                           Claudia Nola
Tajima Sachiko Zimmermann
Ton, Videotechnik, Projektionstechnik /
                                                                           Berliner Festspiele
Sound, Video, Projections
                                                                           Schaperstraße 24, 10719 Berlin
Aiks Dekker, Detlef Feiertag, Florian Fischer, Jörn Gross, Stefan Höhne,
                                                                           T + 49 30 254 89 0
Jürgen Kramer, Tilo Lips, Thomas Meier, Hartwig Nickola,
                                                                           info@berlinerfestspiele.de
Ulla Pittermann, Felix Podzwadowski, Fernando Quartana,
                                                                           berlinerfestspiele.de
Tony Scheunemann, Torsten Schwarzbach

                                                                           Gefördert durch / Funded by
Stand / Dated: 18.3.2019
Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten /
We reserve the right to make alterations to the programme and casting.

Reader 2017 + 2018 + 2019
Im Reader finden Sie Originalbeiträge von
Künstler*innen, Essays, Graphiken und Fotos.                                                                                im Paket
Erhältlich ist er hier vor Ort und im Online-Shop.                                                                           für € 10
Der Reader 2019 kostet € 6.
Sie können die Reader 2017 und 2018
zusätzlich im Paket zum Preis von € 4 erwerben.
Viel Spaß beim Schmökern!

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