3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
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BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 3 Digitale Technik und interaktive Medien als Ressourcen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen
BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 2 Das Dokument ist Teil des Projektes „Bildung braucht digitale Kompetenz“. Danksagung der NAEYC und des FRC Das Projekt ist eine Kooperation des Didacta Verband e.V. mit dem Bayerischen Die NAEYC und das FRC danken dem gemeinsamen Autoren-Team von NAEYC Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. und FRC für seine Arbeit und den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für ihre Mitwir- Alle Bände des Projektes sind verfügbar unter: www.didacta-digital.de kung an diesem Positionspapier: Roberta Schomburg, Vorsitz, Carlow University und FRC; Chip Donohue, Vorsitz, Erikson Institute und FRC; Madhavi Parikh, NAEYC; Warren Buckleitner, Children‘s Technology Review; Pamela Johnson, Corporation Das vorliegende Dokument ist ein gemeinsames Positionspapier der National for Public Broadcasting; Lynn Nolan, International Society for Technology in Educa- Association for the Education of Young Children (NAEYC) und des Fred Rogers tion; Christine Wang, State University at Buffalo, SUNY; Ellen Wartella, Northwestern Center for Early Learning and Children’s Media (FRC) am Saint Vincent College. University und FRC. Unser Dank gilt auch den beteiligten Vorstandsmitgliedern der NAEYC, den mitwirkenden Vertretern des Sachverständigenrats des FRC und wich- tigen Mitarbeitern beider Institutionen für ihren Beitrag. Danksagung des Didacta Verbandes National Association Wir bedanken uns für die freundliche Abdruckgenehmigung bei der National for the Education of Young Children Association for the Education of Young Children und dem Fred Rogers Center 1313 L Street, NW, Suite 500 for Early Learning and Children’s Media. Die Erstveröffentlichung mit dem Titel Washington, DC 20005-4101 „Technology and Interactive Media as Tools in Early Childhood Programs Serving www.naeyc.org Children from Birth through Age 8“ finden Sie auf: www.naeyc.org/files/naeyc/file/positions/PS_technology_WEB2.pdf Stand: Juni 2018 Diese Veröffentlichung ist ausschließlich zur persönlichen Nutzung bestimmt. Jede Weitergabe an Dritte ist ebenso untersagt wie jede Form des Vertriebs oder Fred Rogers Center einer anderen kommerziellen Nutzung. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. for Early Learning and Children’s Media Saint Vincent College 300 Fraser Purchase Road Latrobe, PA 15650-2690 info@fredrogerscenter.org Herausgeber der deutschen Version: Didacta Verband e. V. Verband der Bildungswirtschaft Rheinstraße 94, 64295 Darmstadt www.didacta.de Gefördert durch: Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales Winzererstraße 9, 80797 München www.stmas.bayern.de Übersetzung: Pamela Oberhuemer, München Dr. Anne-Kristin Cordes, Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP Bayern), München Satz: AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH, München Bildcredits: © AISPIX by Image Source, Bloomua, Elvira Koneva, jfk image, juninatt, Patrick Foto, Rawpixel.com, Syda Productions, Tyler Olson, wavebreakmedia / Shutterstock.com
EINLEITUNG BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 3 Digitale Technik und interaktive Medien als Ressourcen in frühkindlichen Bildungseinrichtungen Gemeinsames Positionspapier1 der NAEYC (National Association for the Education of Young Children) und des Fred Rogers Center for Early Learning and Children’s Media am Saint Vincent College Dieses Positionspapier wurde in erster Linie als Orientierung für frühpädagogische Fachkräfte entwickelt, die in Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungseinrichtungen mit Kindern im Alter von 0 bis 8 Jahren arbeiten. Zusätzlich können die Informationen in diesem Positionspapier Familien bei der Auswahl und Nutzung technischer Geräte und interaktiver Medien im häuslichen Umfeld unterstützen, auch wenn dies nicht das Hauptanliegen dieses Papiers ist. Die NAEYC und das Fred Rogers Center geben keine Empfehlungen für Software, Hardware, Curricula oder andere Materialien. 1 Angenommen im Januar 2012.
EINLEITUNG BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 4 F rüher war der Fernseher das neu- kindliche Entwicklung und Lernprozesse bei Interaktive este technische Medium in unseren der Nutzung modernster Technik und neuer Medien umfas- Familien, später kamen Videos und Medien anzuwenden. Die Einbindung digi- sen digitale und Computer hinzu. Heutzutage wach- taler Technik und interaktiver Medien in der analoge Kommu- sen Kinder in einem sich schnell frühkindlichen Bildung muss auf einem soli- nikationsmittel, ändernden digitalen Zeitalter auf; ihre den Entwicklungsverständnis der Fachkräfte inkl. Software-Pro- Lebenswelt unterscheidet sich erheblich aufbauen. Frühpädagogische Fachkräfte grammen, Apps, von der ihrer Eltern und Großeltern. Wir sind müssen die Herausforderungen und Chan- Rundfunk und jederzeit von einer Vielfalt digitaler Geräte cen kennen, die mit mit dem Einsatz von Streaming-Diens- umgeben – zu Hause, im Büro und in der Technik und Medien verbunden sind. Nur ten, einige Schule. Wenn man sie geschickt und gezielt dann können sie die Qualität frühkindlicher Kinder-Fern- eingesetzt, können neue technische Kom- Bildungs- und Lernprozesse verbessern, sehsendungen, munikationsmittel und Medien Lernprozesse indem sie das Potenzial digitaler Technik E-Books, Internet und Beziehungen unterstützen. Gemein- und interaktiver Medien bewusst zum Vorteil sowie weitere same Lernerlebnisse können die Bindung jedes Kindes nutzen. Kommunikati- zwischen Kindern und Erwachsenen sowie onsmittel, die so Beziehungen unter Kindern stärken, voraus- Dieses Positionspapier aus dem Jahr 2012 konzipiert sind, gesetzt die Lernerfahrungen sind interessant spiegelt das sich ständig wandelnde digitale dass sie Kinder zur und unterhaltsam und optimal auf das Zeitalter wider. Es bietet frühpädagogischen aktiven und kreati- kindliche Lern- und Entwicklungspotenzial Fachkräften Anhaltspunkte dafür, wie sie digi- ven Beschäftigung abgestimmt. tale Technik und interaktive Medien einsetzen anregen und können, um Lerngelegenheiten zu schaffen gleichzeitig die Dank umfangreicher Forschung wissen wir und Entwicklungsprozesse zu unterstüt- Interaktionen mit viel darüber, wie Kinder aufwachsen, lernen, zen im kognitiven, sozialen, emotionalen, anderen Kindern spielen und sich entwickeln. Nie war es motorischen und sprachlichen Bereich. und mit Erwachse- wichtiger als heute, dieses Wissen über früh- Die Definition des Begriffs technische nen unterstützen.
DARSTELLUNG DES THEMAS BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 5 essourcen in diesem Positionspapier ist R DARSTELLUNG DES THEMAS Digitale sehr breit. Sie umfasst einerseits ein breites Kompetenz Spektrum an digitalen Geräten wie Compu- Digitale Technik und interaktive Medien (digital literacy): ter, Tablets, Multi-Touch-Screens, interaktive sind nicht mehr wegzudenken. Der Begriff „digi- Whiteboards, mobile Geräte, Kameras, Bereits kleine Kinder sind umgeben von tale Kompetenz“, DVD-Player bzw. digitale Musikplayer, Aufnah- interaktiven Medien. Sie wachsen ganz der in diesem megeräte, elektronisches (Lern-)Spielzeug, selbstverständlich mit digitalen Geräten Positionspapier Spiele und E-Book-Reader. Andererseits auf, die sich in kürzester Zeit zu selbst- durchgehend schließt sie auch ältere, noch verwendete verständlichen Kommunikationsmitteln in verwendet wird, analoge Geräte wie Tonbandgeräte, Video- der Familie, der Schule, am Arbeitsplatz umfasst sowohl rekorder, Plattenspieler, Kassettenrekorder, und in der Gesellschaft entwickelt haben technische Kom- Leuchttische, Projektoren und Mikroskope ein. (Kerawalla & Crook 2002; Calvert et al. petenz als auch 2005; National Institute for Literacy 2008; Medienkompetenz. Im Entstehungsprozess dieses Positionspa- Buckleitner 2009; Lisenbee 2009; Berson piers haben wir uns am Vermächtnis von & Berson 2010; Chiong & Shuler 2010; Fred Rogers orientiert. Fred Rogers nutzte Couse & Chen 2010; Rideout, Lauricella, das neueste Medium seiner Zeit, das Fern- & Wartella 2011). Digitale Medien haben sehen, auf adäquate und bewusste Art und die Mainstream-Kultur transformiert durch Weise, um eine Verbindung zum einzelnen die neuen Möglichkeiten, die sie in den Kind, zu Eltern und Familien herzustellen. So Bereichen der Kommunikation, der Zusam- gelang es ihm, das Potenzial aufzuzeigen, menarbeit, der sozialen Vernetzung und der das die Nutzung neuer technischer Geräte Verbreitung nutzergenerierter Inhalte bieten. und Medien birgt, wenn sie auf den Grund- Insbesondere haben diese Ressourcen ver- prinzipien kindlicher Entwicklung fußt. ändert, wie Eltern und Familien ihren Alltag organisieren und sich unterhalten lassen. Zudem haben sie verändert, wie frühpäda- gogische Fachkräfte Lernmaterialien in ihre Arbeit mit Kindern einbringen, wie sie sich mit Eltern austauschen und wie sie aus-, fort- und weitergebildet werden (Rideout, Vandewater, & Wartella 2003; Roberts & Foehr 2004; Rideout & Hamel 2006; Rideout 2007; Foundation for Excellence in Educa- tion 2010; Gutnick et al. 2010; Barron et al. 2011; Jackson 2011a, 2011b; Wahi et al. 2011). Das Tempo dieses Wandels ist so rasant, dass die Gesellschaft einen Bruch erlebt, der nahezu so fundamental ist wie die Einschnitte, als sich die Sprache vom gesprochenen hin zum geschriebenen Wort entwickelte oder als der Buchdruck den Zugang zu Büchern und Printmedien erheb- lich erleichterte. Der Übergang hin zu neuen Medienkompetenzen und die Notwendigkeit digitaler Kompetenz, die sowohl technische Kompetenz als auch Medienkompetenz umfasst, werden die Welt, in der sich Kinder entwickeln und lernen, weiterhin prägen (Linebarger & Piotrowski 2009; Flewitt 2011; Alper n.d.). Die weite Verbreitung elektro- nischer Medien im Leben kleiner Kinder bedeutet, dass sie zunehmend mehr Zeit in der Woche vor Bildschirmen oder Displays verbringen – sei es vor dem Fernseher, PC-Monitoren, Smartphones, Tablets, tragba- ren Geräten oder Spielekonsolen (Common Sense Media 2011). Die Unterscheidung zwischen Gerät, Inhalt und Nutzererfah- rung wurde durch die Entwicklung von Touchscreens und bewegungsaktivierten
DARSTELLUNG DES THEMAS BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 6 Technologien, die die Bewegungen des Bildschirmen verbringen, auf weniger als zwei Nicht-interaktive Kindes erkennen und darauf reagieren, Stunden täglich zu begrenzen. Diese Empfeh- Medien umfassen zunehmend schwierig. Wenn Erwachsene lungen zur Beschränkung der „Bildschirmzeit“ bestimmte Fern- Kinder altersgemäß anleiten, ist es möglich, stehen in Zusammenhang mit zwei Faktoren, sehsendungen, diese unterschiedlichen technischen Res- die möglicherweise zur Fettleibigkeit bei Kin- Videos, DVDs und sourcen für Lern- und Entwicklungsprozesse dern beitragen: 1) der Nahrungsmittel- und Streaming-Dienste, zu nutzen; ohne Anleitung besteht die Getränkewerbung, die Kinder sehen, wenn sie die mittlerweile Gefahr, dass sie unangemessen eingesetzt vor dem Fernseher sitzen oder andere Medien auf verschiedenen werden und/oder kindliche Lern- und Ent- nutzen, und 2) der Zeit, die sie insgesamt Bildschirmen und wicklungsprozesse beeinträchtigen. vor Bildschirmen verbringen (Birch, Parker, Displays verfügbar & Burns 2011; Institute of Medicine of the sind. Nicht-inter- Es bestehen Bedenken, ob schon National Academies 2011). Die Kinderbe- aktive Ressourcen Kleinkinder und Kindergartenkinder in treuungsinitiative Let’s Move! empfiehlt dem und Medien sind frühkindlichen Bildungseinrichtungen Fachpersonal, unter 2-Jährigen keine Zeit vor weder Teil der Zugang zu digitalen Medien haben und dem Bildschirm zu erlauben. Für Kinder, die Definition noch der Zeit vor Bildschirmen verbringen sollen. älter als 2 Jahre sind, wird angeregt, die Bild- hier vorgenomme- Mehrere Fachexpertengruppen, Gesundheits- schirmzeit in der Betreuungseinrichtung auf nen Beschreibung organisationen und Kinderrechtsgruppen, höchstens dreißig Minuten in der Woche zu effektiver und die sich mit den Auswirkungen von gesund- begrenzen. Außerdem sollen Eltern und Fach- angemessener heitlichen Problemen wie Adipositas auf die kräfte gemeinsam darauf hinarbeiten, die Zeit Mediennutzung, kindliche Entwicklung beschäftigen, haben vor dem Bildschirm auf ein bis zwei Stunden es sei denn, sie sich gegen die passive, nicht-interaktive täglich zu beschränken und auf die Auswahl werden eingesetzt, Nutzung technischer Medien in frühpädago- qualitativ hochwertiger Medieninhalte zu um die aktive gischen Settings ausgesprochen. Außerdem achten (Schepper 2011; White House 2011). Auseinanderset- empfehlen sie, dass Säuglinge und Kleinkinder Frühpädagogische Fachkräfte müssen diese zung mit Inhalten gar keine Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Bedenken kennen und sich bewusst sein, und zwischen- Der NAEYC und dem Fred Rogers Center dass sie eine Schlüsselrolle bei den frühen menschlichen sind Fragen zur kindlichen Entwicklung und Medienerfahrungen der Kinder und der Interaktionen zu Gesundheit ebenfalls sehr wichtig, weshalb sie Beschränkung der kindlichen Mediennutzung fördern. Nicht-in- sich bei der Entwicklung dieser Positionierung spielen. teraktive Medien eingehend mit diesen Themen befassten. können bei Nicht alle Bildschirme sind gleich. kleinen Kindern Die amerikanische Vereinigung der Kinder- Die weite Ausbreitung von digitalen Geräten zur passiven und ärzte (American Academy of Pediatrics 2009, mit Bildschirmen oder Displays erschwert übermäßig langen 2010, 2011a, 2011b) und die Arbeitsgruppe eine genaue Definition von „Bildschirmzeit“, Bildschirmnutzung des Weißen Hauses, die sich mit Adipositas denn es geht nicht mehr nur darum, wie führen. Sie stellen bei Kindern beschäftigt (White House Task lange Kleinkinder fernsehen und Videos keinen Ersatz für Force on Childhood Obesity 2010), raten oder DVDs anschauen. Die vor dem Fern- die interaktive und davon ab, dass unter 2-Jährige digitale seher verbrachte Zeit ist nur ein Aspekt, der intensive Beschäfti- Medien in irgendeiner Form nutzen oder Zeit berücksichtigt werden muss, wenn man gung mit digitalen vor einem Bildschirm verbringen. Für Kinder versucht, Bildschirmzeit zu verstehen und Medien oder für ab 2 Jahre empfehlen sie, die Zeit vor dem zu quantifizieren. Kinder und Erwachsene Interaktionen mit Bildschirm auf 1 bis 2 Stunden täglich zu haben heutzutage Zugang zu einer ständig Erwachsenen und begrenzen (Funk et al. 2009; Campaign for wachsenden Auswahl an Bildschirmen und anderen Kindern a Commercial-Free Childhood 2010). Die Displays von Computern, Tablets, Smartpho- dar. Richtlinien zur Prävention frühkindlicher Fett- nes, handgesteuerten Spielgeräten, tragbaren leibigkeit (Early Childhood Obesity Prevention Videospielern, Digitalkameras, Videorekordern Policies – Birch, Parker, & Burns 2011; Insti- und vielem mehr. Die Bildschirmzeit ist die tute of Medicine of the National Academies Gesamtzeit, die vor diesen Bildschirmen 2011) legen Fachkräften nahe, die Zeit, die und Displays verbracht wird (Common Kinder in frühpädagogischen Betreuungsein- Sense Media 2011; Guernsey 2011c). Digi- richtungen vor Bildschirmen (einschließlich tale Medien haben sich weg von linearen, Fernsehen, Internet, Videos, Videospielen, nicht-interaktiven Kommunikationsmitteln Mobiltelefonen, digitaler Medien und mobiler hin zu solchen mit interaktiven Optionen Endgeräte) verbringen, für halbtags betreute entwickelt. Doch durch die Vielfalt unter- 2- bis 5-Jährige auf 30 Minuten und für ganz- scheiden sich auch die jeweiligen Kriterien tags betreute Gleichaltrige auf eine Stunde für die optimale Nutzung heutzutage von zu beschränken. Außerdem regt der Bericht Bildschirm zu Bildschirm (Kleeman 2010). Fachkräfte und Eltern an zusammenzuar- Die Herausforderungen für frühpädagogische beiten, um die Zeit, die 2- bis 5-Jährige vor Fachkräfte liegen nun in zwei Bereichen:
DARSTELLUNG DES THEMAS BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 7 Einerseits müssen sie fundierte Entschei- Anderseits ist die Forschungsevidenz nicht dungen treffen, um die Lernangebote der eindeutig und deshalb für Fachkräfte und Kinder zu erweitern. Andererseits müssen sie Eltern schwer überschaubar. Einige Medi- die Bildschirmzeit der Kinder organisieren enforscher fanden keine Belege dafür, dass und potenziellen Missbrauch und mögliche Bildschirmmedien grundsätzlich schädigend übermäßige Nutzung im Blick behalten. Dies sind. Die Ergebnisse der öffentlich-rechtlichen ist vor allem deshalb wichtig, weil technische Fernsehinitiative Ready to Learn lassen Fol- Geräte ständig neue Benutzeroberflächen gendes vermuten: Wenn Fernsehsendungen bieten, die ihre Nutzung schon für kleine Kin- und elektronische Ressourcen sorgfältig kon- der immer attraktiver macht. zipiert sind und Erkenntnisse über effektive Leselernstrategien einbeziehen, dann können Empirische Befunde zu den Auswirkun- sie als geeignete und wirksame Hilfsmittel in gen digitaler Technik auf die kindliche Lehr- und Lernprozessen dienen (Pasnik et Entwicklung sind widersprüchlich. al. 2007; Neuman, Newman, & Dwyer 2010; Einerseits werden Fachkräfte und Eltern vor Corporation for Public Broadcasting 2011). dem negativen Einfluss eines im Hintergrund Ähnlich kamen Wainwright and Linebarger laufenden Fernsehers gewarnt (Kirkorian (2006) auf Grundlage der bestehenden et al. 2009; AAP 2011b), vor der passiven Fachliteratur zu dem Schluss, dass die Nutzung von Bildschirmmedien (AAP 2011b) Warnungen der Kritiker vor Fernsehern und und vor dem Zusammenhang zwischen Computern und den negativen Auswirkun- Mediennutzung und kindlicher Fettleibig- gen ihrer Nutzung nicht die naheliegendste keit (White House Task Force on Childhood Folgerung ist. Ihrer Auffassung nach kommt Obesity 2010; Birch, Parker, & Burns 2011; es auf den Bildungsinhalt an – nicht auf das Schepper 2011). Zu den möglichen nega- Vermittlungsformat (Wainwright & Linebar- tiven Auswirkungen zählen unregelmäßige ger 2006). Kurz gesagt gibt es eine Reihe Schlafrhythmen, Verhaltensauffälligkeiten, pädagogisch wertvoller Fernsehsendungen, Konzentrations- und Aufmerksamkeits- Websites und sonstiger digitaler Medien probleme, verminderte Schulleistungen, und andere, die weniger wertvoll oder sogar Schwierigkeiten im Sozialverhalten, Sprach- pädagogisch wertlos sind. entwicklungsauffälligkeiten und eine weitere Zunahme der Bildschirmzeit (Cordes & Miller Wie viel Zeit Kinder mit digitaler Technik 2000; Appel & O’Gara 2001; Christakis et und neuen Medien verbringen ist wichtig al. 2004; Anderson & Pempek 2005; Rogow (Christakis & Garrison 2009; Vandewater 2007; Vandewater et al. 2007; Brooks-Gunn & Lee 2009; Tandon et al. 2011), aber was & Donahue 2008; Common Sense Media Kinder in dieser Zeit genau tun ist ebenso 2008, 2011; Lee, Bartolic, & Vandewater ausschlaggebend, wenn ermessen werden 2009; Campaign for a Commercial-Free soll, was förderlich und angemessen ist Childhood 2010; DeLoache et al. 2010; (Christakis & Garrison 2009; Tandon et al. Tomopoulos et al. 2010; AAP 2011a, 2011b). 2011). Das Entscheidende ist, dass pädago-
DARSTELLUNG DES THEMAS BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 8 gische Fachkräfte digitale Lernmittel genauso übernehmen, indem sie sicherstellen, dass wie Gedrucktes und alle anderen Lernmittel die Zugangsgerechtigkeit zu technischen auf der Grundlage von Lernprinzipien und Ressourcen und interaktiven Medien für dem Entwicklungsstand der Kinder auswählen alle Kinder, Eltern und Familien in ihrer und einsetzen (Van Scoter, Ellis, & Railsback Einrichtung gegeben ist. In den frühen 2001; Clements & Sarama 2003a; Plowman 1960er-Jahren zielten Head Start und & Stephen 2005, 2007). andere frühkindliche Bildungsprogramme auf die Unterschiede im Zugang zu Printme- Der Reiz digitaler Technik kann zu unan- dien zwischen Kindern mit verschiedenen gemessener Nutzung in frühkindlichen sozio-ökonomischen Hintergründen. Heute Bildungseinrichtungen führen. stehen Fachkräfte vor ähnlichen Heraus- Digitale Technik und neue Medien sind forderungen – nur geht es nun um den nur dann nützliche Ressourcen, wenn sie Zugang zu technischen Ressourcen, Medien angemessen eingesetzt werden. Es besteht und dem Internet. Kinder aus gut situierten die Gefahr, dass der Reiz digitaler Technik Familien haben zu Hause häufig leichteren und die Entwicklung immer neuer Geräte Zugang zu digitalen Ressourcen und dem manche Fachkraft dazu verleitet, Technik Internet, sie beginnen das Internet bereits um der Technik willen anstatt als Mittel zum früh zu nutzen und verfügen daher bereits Zweck zu einzusetzen. Technische Mittel beim Schuleintritt über weit entwickelte sollen nicht für Aktivitäten genutzt werden, technische Kompetenz im Umgang mit die weder pädagogisch sinnvoll noch ent- digitalen Geräten und erste digitale Kom- wicklungsangemessen oder wirksam sind petenzen. Kinder aus schlechtergestellten (wie etwa elektronische Arbeitsblätter bei Familien haben unter Umständen kaum Vorschulkindern). Die passive Nutzung von oder gar keinen Zugang zu den neuesten digitalen Angeboten oder Bildschirmme- technischen Geräten in ihrer Familie, Betreu- dien ist ein unangemessener Ersatz für ungseinrichtung oder Nachbarschaft (Becker aktives Spielen, die Kommunikation mit 2000; Burdette & Whitaker 2005; Calvert anderen Kindern und Interaktionen mit et al. 2005; National Institute for Literacy Erwachsenen. Fachkräfte müssen digital 2008; Cross, Woods, & Schweingruber 2009; kompetent sein, ein fundiertes Wissen über Common Sense Media 2011). die kindliche Entwicklung mitbringen und ein entwicklungsbezogenes pädagogisches Kinder benötigen schon im jungen Alter Verständnis haben. Dann verfügen sie über Gelegenheiten, den Umgang mit digitaler das notwendige Wissen, die Fähigkeiten Technik und interaktiven Medien zu üben, und die Erfahrung, technische Ressourcen um so frühe digitale Kompetenz zu entwi- und interaktive Medien so auszuwählen ckeln – der Zusammenhang ist ähnlich wie und einzusetzen, dass sie dem Alter und der zwischen dem frühzeitigen, regelmäßi- dem Entwicklungsstand der Kinder ent- gen Umgang mit Büchern und der frühen sprechen. Dann wissen sie, wie und wann Entwicklung der Schreib- und Lesekompe- digitale Technik und Medien wirksam in das tenz (National Institute for Literacy 2008). Bildungsprogramm einbezogen werden Die Internationale Gesellschaft für Technik können. Fachkräfte ohne technische und im Bildungsbereich (International Society digitale Kompetenz laufen Gefahr, unpas- for Technology in Education) empfiehlt, dass sende Medien auszuwählen und sie so 5-Jährige über Basiskompetenzen und -kon- einzusetzen, dass sie negative Auswirkungen zepte im Bereich digitaler Technik verfügen auf die Lern- und Entwicklungsprozesse der (2007). Frühpädagogische Tageseinrich- (kleinen) Kinder haben. tungen können gerade Kindern, die sonst keinen Zugang zu derartigen Ressourcen Fragen der Chancen- und Zugangs haben, Gelegenheiten bieten, den Umgang gerechtigkeit bleiben offen. mit Digitalkameras, Audio- und Videorekor- Digitale Technik und interaktive Medien ber- dern, Druckern und anderen technischen gen das Potenzial, das gesunde Aufwachsen Geräten zu erlernen. Fachkräfte sollten auch von Kindern und ihre natürliche Entwicklung den Nutzen für Lernprozesse und Kreativität positiv zu beeinflussen. Daher ist es wichtig, erkennen, den der Umgang mit qualitativ dass frühpädagogische Fachkräfte Fragen hochwertigen interaktiven Medien für Kinder der Chancen- und Zugangsgerechtigkeit haben kann. Er stellt sich vor allem dann bei der Auswahl, Nutzung, Einbindung und ein, wenn kompetente Vermittlung und Evaluation von Medien und digitaler Tech- curriculare Ressourcen zusammenwirken. nik berücksichtigen. Frühpädagogische Lernprozesse werden dadurch gestärkt und Fachkräfte können eine führende Rolle das Leistungsgefälle zwischen Kindern aus
UNSERE POSITION BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 9 einkommensschwachen und einkommens- wirkungsvoll sein könnten. Jedes Kind in der starken Familien verringert. Gruppe wird dabei sowohl als Individuum als auch im Kontext seiner eigenen Familie, der Wenn es frühpädagogischen Fachkräften Gesellschaft, der Kultur, der linguistischen gelingt, technische Geräte und interaktive Normen, der sozialen Gruppe, seiner bishe- Medien angemessen in den Bildungsalltag rigen Erfahrungen (auch hinsichtlich des einzubinden, so werden sie den Ansprüchen Lernens und Verhaltens) und seiner aktuel- auf Chancen- und Zugangsgerechtigkeit len Lebensbedingungen gesehen. gerecht, da allen Kindern Gelegenheiten zum Mitmachen und Lernen geboten wer- Die eigenen Erfahrungen der Kinder mit tech- den (Judge, Puckett, & Cabuk 2004; Cross, nischen Geräten und Medien werden immer Woods, & Schweingruber 2009). In einer sol- mehr Teil ihres Lebenskontextes und müssen chen Lernumgebung erhalten auch Kinder somit in der entwicklungsangemessenen mit besonderem Unterstützungsbedarf die Praxis berücksichtigt werden. Damit frühpäda- Chance, technische Hilfsmittel selbstständig gogische Fachkräfte fundierte Entscheidungen zu nutzen (Hasselbring & Glaser 2000). über den unterstützenden Einsatz digitaler Ebenso kommen dort digital oder medial Geräte und interaktiver Medien in Lern- und gestützte Strategien zur Förderung bilingua- Entwicklungsprozessen treffen können, benö- ler Kinder zum Einsatz. tigen sie Informationen und Materialien zu den einzelnen Geräten und Medien und den Fragen der Chancen- und Zugangsge- Auswirkungen von deren Einsatz. rechtigkeit haben auch Auswirkungen auf frühpädagogische Fachkräfte und Entschei- Die NAEYC und das Fred Rogers Center dungsträger. Manche frühpädagogische empfehlen die Orientierung an folgenden Fachkräfte stehen selbst vor den gleichen Grundprinzipien beim Einsatz technischer Herausforderungen wie die Familien der Geräte und interaktiver Medien in frühkindli- Kinder, die sie betreuen. Auch sie benötigen chen Bildungseinrichtungen. bei der Arbeit und zu Hause Zugang zu tech- nischen Ressourcen und dem Internet. Es ist wichtig, politischen Entscheidungsträgern, die an Fragen der Chancen- und Zugangs- gerechtigkeit für Kinder, Eltern, Familien und Fachkräfte interessiert sind, entsprechende Forschungsergebnisse zu vermitteln und ihr Bewusstsein für den Wert technischer Hilfsmittel und interaktiver Medien in der frühkindlichen Bildung zu wecken. UNSERE POSITION Die NAEYC und das Fred Rogers Center vertreten die folgende Position: Technische Geräte und interaktive Medien sind Ressourcen, die Lernen und Entwick- lung wirksam fördern können, wenn sie Kinder beim Erreichen ihrer Lernziele unter- stützen. Dazu müssen die Ressourcen von frühpädagogischen Fachkräften bewusst eingesetzt und auf den kindlichen Entwick- lungsstand abgestimmt werden (NAEYC 2009a). Eine pädagogische Praxis, die sich am kindlichen Entwicklungsstand orientiert, setzt zuallererst Wissen darüber voraus, wie sich die Kinder einer Betreuungsgruppe mit einer bestimmten Alters- und Entwicklungs- spanne typischerweise verhalten. Dieses Wissen gibt Fachkräften eine generelle Vorstellung davon, welche Aktivitäten, Übun- gen, Interaktionen und curricularen Ansätze
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 10 GRUNDPRINZIPIEN FÜR DEN alltag ergänzt und unterstützt Aktivitäten, ANGEMESSENEN EINSATZ Interaktionen und den Einsatz traditioneller TECHNISCHER GERÄTE UND Materialien (Anderson 2000; Van Scoter, INTERAKTIVER MEDIEN ALS Ellis, & Railsback 2001; Copple & Brede- RESSOURCEN IN BILDUNGS- kamp 2009; NAEYC 2009a). Technische EINRICHTUNGEN FÜR KINDER Ressourcen und Medien sollen kein Ersatz VON 0 BIS 8 JAHREN sein für Aktivitäten, die für die kindliche Entwicklung zentral sind, wie kreatives An erster Stelle steht die Prämisse, dass Spiel, Explorationsverhalten, Bewegung, die Nutzung technischer Ressourcen das Spielen im Freien, Gespräche und und interaktiver Medien Kindern nicht soziale Interaktionen. Sie sollen keinen schaden darf. isolierenden Tätigkeiten dienen, sondern Die gesunde kognitive, soziale, emotionale, Lernprozesse unterstützen und Kindern motorische und sprachliche Entwicklung der neue Zugangsmöglichkeiten zu Wissen und Kinder ist im digitalen Zeitalter so bedeutend Informationen eröffnen (Guernsey 2010a, wie eh und je. Der Zugang zu technischen 2011b). Im Säuglings- und Kleinkindalter Geräten und interaktiven Medien darf die sind feinfühlige Interaktionen zwischen gesunde Kommunikation, soziale Inter- Erwachsenen und Kindern unentbehrlich aktionen, das kindliche Spiel und andere für die Entwicklung des Gehirns und für die entwicklungsangemessene Aktivitäten mit kognitive, soziale, emotionale, körperliche Gleichaltrigen, Familienmitgliedern und und sprachliche Entwicklung. Die NAEYC Fachkräften nicht verhindern, einschränken und das Fred Rogers Center stehen hinter oder beeinträchtigen. Digitale Technik und der im öffentlichen Gesundheitswesen Medien dürfen nie so eingesetzt werden, vertretenen Position, in Einrichtungen, die dass sie emotional verletzend, körperlich unter 2-Jährige betreuen, auf die Nutzung beeinträchtigend, respektlos, entwürdigend, von Bildschirmmedien zu verzichten. Auch gefährlich, ausbeuterisch oder einschüch- wenn es angemessene Formen der Medien- ternd sind. In diesem Sinne ist es auch nutzung für Kleinkinder geben mag (wie unzumutbar, dass Kinder gewaltsamen zum Beispiel das Anschauen digitaler Fotos, oder hochsexualisierten Bildern ausgesetzt die Teilnahme an Skype-Interaktionen mit werden (NAEYC 1994; AAP 2009). Familienmitgliedern und engen Freunden, die gemeinsame Betrachtung von E-Books Schon lange werden frühpädagogische oder die Nutzung bestimmter interaktiver Fachkräfte dazu angehalten, sich über die Apps), sollten Fachkräfte den Umfang der neuesten Forschungsergebnisse auf dem Bildschirmzeit eingrenzen. Wie alle anderen Laufenden zu halten und sie in ihrer Praxis Aktivitäten mit sehr kleinen Kindern sollte anzuwenden. Bislang ging es dabei um auch die Nutzung technischer Geräte und Forschungsergebnisse aus den Bereichen digitaler Medien primär als Mittel zur Stär- Gesundheit und kindliche Entwicklung. Nun kung der Erwachsenen-Kind-Beziehung kommt das Gebiet digitaler Technik hinzu dienen. Frühpädagogische Fachkräfte sollten mit Themen wie dreidimensionalem Sehen beim Einsatz von Technik und Medien auf und Augengesundheit, Auswirkungen elektro- ihr Wissen über kindliche Entwicklungspro- magnetischer Felder und der Strahlung von zesse und wirksame pädagogische Konzepte Mobiltelefonen (EMR Policy Institute 2011), zurückgreifen. Nach sorgfältiger Abwägung Giftstoffen in bleihaltigen Farben oder sollten sie technische Geräte und digitale Batterien, Erstickungsgefahren bei kleinen Medien nur dann gezielt einsetzen, wenn Geräteteilen, kindlicher Fettleibigkeit und sie für eine gesunde Entwicklung, kindliche Bildschirmzeit sowie mit Fragen zu weiteren Lernprozesse, Kreativität, soziale Interaktio- potenziell gefährlichen Auswirkungen der nen und Bindungen förderlich sind. Dies gilt Nutzung technischer Geräte auf die kindli- insbesondere für Fachkräfte, die mit unter che Gesundheit oder Entwicklung. 2-Jährigen arbeiten. Eine pädagogische Praxis, die sich an Professionelles Urteilsvermögen ist der kindlichen Entwicklung orientiert, gefragt, wenn ermessen wird, ob die bildet die Grundlage für Entscheidungen Nutzung bestimmter technischer Res- darüber, ob und wann technische Geräte sourcen oder Medien altersgerecht ist, und interaktive Medien in frühkindlichen zu dem jeweiligen Kind passt und kultu- Bildungseinrichtungen eingesetzt werden. rell und sprachlich angemessen ist. Die angemessene Einbindung technischer Frühpädagogische Fachkräfte müssen ent- Geräte und Medien in den Betreuungs- scheiden, ob technische Geräte und Medien
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 11 eingesetzt werden und, wenn ja, welche, auf Hardware- und Software-Upgrades sowie welche Art und Weise, wann und warum. sonstige, unspezifische Kosten wie zusätzli- Damit Fachkräfte diese Entscheidungen che Artikel, die für die Nutzung des Produktes kompetent treffen können, müssen sie auf ihr notwendig sind. Weitere Überlegungen Fachwissen zu frühkindlichen Entwicklungs- betreffen die Langlebigkeit des Produktes und Lernprozessen, auf ihre Kenntnisse bei aktiver Nutzung durch (jüngere) Kinder der Interessen und Mitmachbereitschaft und Neuanschaffungskosten, wenn das einzelner Kinder und auf ihr Wissen über die Gerät zu Boden fällt oder beschädigt wird. sozialen und kulturellen Lebensumstände Anreize für Kinder zur Verwendung des der Kinder zurückgreifen. Der Erwachsene Produktes oder zum Kauf weiterer Produkte ist maßgeblich dafür verantwortlich sicher- des Herstellers müssen kritisch betrachtet zustellen, dass alle Entscheidungen, Technik und bei der Auswahl berücksichtigt werden. und Medien in Betreuungseinrichtungen Wenn sich Entwickler und Herausgeber tech- einzusetzen, von umsichtiger Planung, sorg- nischer Geräten und digitaler Medien dazu fältiger Umsetzung, kontinuierlicher Reflexion verpflichten, Forschungsergebnisse in der und Evaluation geleitet werden. Die Auswahl Entwicklung, Vermarktung und Werbung ihrer angemessener technischer Geräte und Produkte anzuwenden, dann wird die Aus- Medien für das pädagogische Setting erfor- wahl technischer und medialer Ressourcen dert ähnliche Überlegungen wie die Auswahl weniger stark durch wirtschaftliche Belange anderer Lernmaterialien. Fachkräfte müssen getrieben und so für Fachkräfte und Eltern fortwährend gut durchdachte, einfühlsame transparenter und einfacher (Buckleitner und bewusste Entscheidungen treffen, die 2011a; Fred Rogers Center o.J.). positive Auswirkungen auf alle Kinder haben (NAEYC 2009a). Die angemessene Nutzung von Technik und Medien hängt mit dem Alter, dem Die Auswahl von Lernmaterialien, auch Entwicklungsstand, den Bedürfnissen die technischer Hilfsmittel und interak- und Interessen sowie dem sprachlichen tiver Medien, muss jederzeit von einem Hintergrund und den Fähigkeiten jedes pädagogischen Ansatz geleitet werden, einzelnen Kindes zusammen. der die Angemessenheit der Materialien In der Art und Weise, wie Kinder mit Res- für die jeweilige Entwicklungsphase sourcen und Materialien umgehen, gibt es beachtet. eine entwicklungsabhängige Progression. Zunächst müssen sich Fachkräfte die Zeit Diese bewegt sich typischerweise vom nehmen, die Eignung technischer Geräte Ausprobieren und Explorieren über das und digitaler Medien für die pädagogische kompetente Beherrschen bis hin zum Arbeit zu prüfen und passende Ressour- funktionellen Zueigenmachen (Verwen- cen auszusuchen. Dann müssen sie den dung der Ressourcen zur Erfüllung anderer Umgang der Kinder mit diesen Materialien Aufgaben). Erfahrungen legen nahe, dass sorgfältig beobachten, um Chancen und Kinder die gleiche Progression durchlaufen, Probleme zu ermitteln und in der Folge wenn sie technische Ressourcen nutzen. entsprechende Änderungen vorzunehmen. Kinder brauchen Zeit, um die Funktions- Fachkräfte müssen gewillt sein, neue Tech- weise unbekannter technischer Geräte oder nik und Medien kennenzulernen und sich Medien auszuprobieren, bevor sie diese als damit auseinanderzusetzen, wenn sie auf Kommunikationsmittel einsetzen können. den Markt kommen. Sie müssen bereit sein, Ähnlich, wie wir den Umgang mit Stiften eine zielgerichtete Auswahl zu treffen und und Papier unterstützen, bevor wir erwar- sicherzustellen, dass die Inhalte entwick- ten, dass Kinder ihren Namen schreiben, lungsangemessen sind und keine Vorurteile erscheint es sinnvoll, Kindern technische vermitteln. und mediale Ressourcen zum Ausprobie- ren und Experimentieren zur Verfügung Bei der Auswahl von technischen Geräten zu stellen. Sicherlich sind die meisten und Medien für Kinder dürfen sich Fachkräfte technischen Geräte und Medienressourcen nicht auf nicht-überprüfbare Behauptungen (zum aktuellen Zeitpunkt) nicht für unter der Produktwerbung verlassen. Im Auswahl- 2-Jährige geeignet. Zudem gibt es bisher prozess müssen Einrichtungsleitung und keine dokumentierten Belege für Zusam- Fachkräfte das jeweilige Budget mitbeden- menhänge zwischen der passiven Nutzung ken und das Preis-Leistungs-Verhältnis im von Bildschirmmedien und bestimmten Blick behalten, u.a. die Anschaffungskosten, Lernresultaten bei Säuglingen und Kleinkin- die laufenden Kosten für die kontinuierliche dern (Schmidt et al. 2009). Säuglinge und Aktualisierung von Programmen und für Kleinkinder brauchen zuvorderst feinfühlige
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 12 Interaktionen mit Erwachsenen. Dennoch kompetenter im Umgang mit technischen haben tragbare Endgeräte wie Tablets oder Geräten sind, können sie einsetzen, um ihre Smartphones und andere neuere technische Ideen und Gefühle mitzuteilen, ihre Umge- Entwicklungen verändert, wie die Jüngsten bung zu erforschen und Informationen zu mit Bildern, Geräuschen und Ideen intera- finden. Je nutzerfreundlicher Geräte und gieren (Buckleitner 2011b). Fachkräfte, Apps werden, desto kompetenter werden die mit unter 2-Jährigen arbeiten, müssen auch jüngere Kinder in der Nutzung techni- sicherstellen, dass die Kinder Technik und scher Hilfsmittel für die Bewältigung einer Medien nur sehr begrenzt ausgesetzt sind. Aufgabe: Sie können ein Bild gestalten, In diesem engen Rahmen müssen sie ein Spiel spielen, eine Geschichte hören, dafür sorgen, dass technische Geräte und fotografieren, ein Buch erstellen oder an Medien ausprobiert werden können. Dabei anderen altersgerechten Lernaktivitäten teil- sollten alle Aktivitäten einen gemeinsamen nehmen. Technische Geräte und interaktive Aufmerksamkeitsfokus haben und von Medien bieten neue, zusätzliche Quellen sprachanregenden Interaktionen begleitet zum Entdecken und Lernen. werden. Gleichzeitig müssen Fachkräfte darauf achten, dass Gelegenheiten für Der wirksame Einsatz von Technik und feinfühlige und fürsorgliche Interaktionen Medien ist lebendig, interaktiv, anspre- zwischen Kind und Betreuungsperson nicht chend und stärkend; er überlässt dem reduziert werden. Kinder im Vorschulalter Kind die Kontrolle; er bietet schrittweise haben unterschiedlich stark ausgeprägte anpassungsfähige Hilfe, die das Bewälti- Fähigkeiten im Umgang mit Technik und gen von Aufgaben erleichtert; und er ist Medien. Doch durch die Mithilfe von Erwach- eine Möglichkeit von vielen zur Unter- senen sind sie in der Lage, einfache digitale stützung kindlicher Lernprozesse. Geräte zu handhaben, und oft kann man Digitale Technik und Medien sollten mit beobachten, wie sie diese Ressourcen im anderen Schlüsselerfahrungen und Lern- Symbolspiel einsetzen. Schulkinder, die gelegenheiten im Einklang stehen. Dazu
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 13 benötigen Kinder digitale und mediale telmaterialien, Spielmaterialien, Bücher oder Ressourcen, die ihnen den Raum geben zu Schreibutensilien. Bildschirmmedien können forschen, zu gestalten, Probleme zu lösen, Kindern Tiere, Gegenstände, Personen, Land- zu überlegen, nachzudenken, kritisch zuzu- schaften, Aktivitäten und Orte nahebringen, hören und zuzusehen, Entscheidungen zu die sie nicht selbst besuchen oder erleben treffen, zu beobachten, zu dokumentieren, können. Technische Mittel können auch dazu zu recherchieren, Nachforschungen anzu- beitragen, dass Kinder ihre Erfahrungen stellen, Gelerntes auszuprobieren, sich durch die Aufnahme von Bildern, Geschich- abzuwechseln und mit- und voneinander ten und Geräuschen sichern, dokumentieren, zu lernen. wieder aufgreifen und mit anderen teilen können. Effektive technische Ressourcen verbinden Aktivitäten auf und vor dem Bildschirm Die aktive und angemessene Nutzung von und legen den Schwerpunkt auf das technischen Ressourcen und Medien kann gemeinsame Ansehen (Co-Viewing) und traditionelle Materialien in wertvoller Art Mitwirken (Co-Participation) von Erwachse- und Weise ergänzen. Forschungsergebnisse nen und Kindern oder einer Kindergruppe deuten auf positive Effekte des Einsatzes (Takeuchi 2011). Solche technischen Mittel digitaler Technik auf die kognitiven und ermöglichen Erwachsenen und Kindern sozialen Lern- und Entwicklungsprozesse gemeinsame Erlebnisse anstatt sie auf von Kindern hin (Haugland 1999, 2000; Distanz zueinander zu halten. Eine Fach- Freeman & Somerindyke 2001; Heft & Swa- kraft kann eine Geschichte beispielsweise minathan 2002; Clements & Sarama 2003a, klassisch aus dem gedruckten Buch vor- 2003b; Fischer & Gillespie 2003; Rideout, lesen, auf einem elektronischen Gerät als Vandewater, & Wartella 2003; Greenfield interaktives E-Book oder beides. Wenn diese 2004; Kirkorian, Wartella, & Anderson 2008; unterschiedlichen Arten der Beschäftigung Linebarger, Piotrowski, & Lapierre 2009; mit Medien in die zwischenmenschliche Adams 2011). Allerdings ist zusätzliche Kommunikation eingebettet sind, so sind Forschung notwendig, um die positiven Aus- sie einander doch ziemlich ähnlich. Jede wirkungen der Nutzung technischer Geräten gemeinsame Aktivität von Erwachsenen und auf die Sprach- und Wortschatzentwicklung Kindern, auch das Vorlesen, kann zu gemein- der Kinder, das logisch-mathematische samer, aktiver Mediennutzung führen. Den Verständnis, das Problemlöseverhalten, die zunehmenden Bedenken, dass Fernsehkon- Selbstregulation sowie die Entwicklung der sum und Computerspiele die Zeit verringern, sozialen Kompetenz zu untermauern. in der Kinder sich bewegen oder draußen spielen, kann man entgegenwirken. Dazu Der Umgang mit Technik und Medien setzt man digitale Technik und interaktive sollte spielerisch sein und Kreativität, Medien ein, die das Erkundungsverhalten im Explorationsverhalten, Symbolspiel, Freien und die Dokumentation der Natur för- Rollenspiele und Aktivitäten im Freien dern oder körperliche Aktivitäten einbinden fördern. und Kinder dazu anregen, sich zu bewegen Das kindliche Spiel ist zentral für Entwick- anstatt passiv vor dem Bildschirm zu sitzen. lungs- und Lernprozesse von Kindern. Wie Kinder mit Technik und Medien umgehen, Digitale Technik und Medien sind nur zwei spiegelt ihre Erfahrungen mit anderen von vielen Arten von Ressourcen, die wirk- Spielmaterialien wider, z.B. mit sensomoto- sam und adäquat in frühpädagogischen rischen Übungsspielen, dem Symbolspiel Einrichtungen mit kleinen Kindern eingesetzt und Regelspielen. Deshalb brauchen werden können. Wie vieles andere sollten kleine Kinder Gelegenheiten, technische auch Technik und Medien maßvoll eingesetzt Geräte und interaktive Medien spielerisch werden und zur Bereicherung von Bildungs- und kreativ zu entdecken. Angemessene prozessen, nicht als Ersatz für elementare Erfahrungen erlauben Kindern, das Medium Aktivitäten, Erfahrungen und Materialien. und das Ergebnis ihres Lernerlebnisses zu steuern, seine Funktionsweise des Mediums Durch ihren adäquaten Einsatz können zu untersuchen und sich vorzustellen, wie Technik und Medien die kognitiven und es im realen Leben genutzt werden könnte. sozialen Kompetenzen der Kinder stärken. Hersteller von Bildungsmedien untersuchen Neue Technik und Medien bieten im früh- zunehmend das Lernpotenzial interaktiver kindlichem Kontext Lerngelegenheiten, und kooperativer Spielen, die Kinder und ähnlich wie auch andere Ressourcen, ihre Familienmitglieder oder Betreuungsper- z.B. Bauklötze, Bausteine und Puzzles, Bas- sonen miteinbeziehen. Digitale Spiele sind
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 14 Kommunikationsmittel bieten Fachkräften neue Möglichkeiten, Beziehungen zu Eltern und Familien aufzubauen, im Dialog mit ihnen zu bleiben, Informationen mit ihnen auszutauschen und Online-Ressourcen mit ihnen zu teilen. Gleichzeitig stehen Eltern und Familien die gleichen technischen Mittel zu Verfügung, um Fragen zu stellen, Rat einzuholen, Informationen über ihr Kind weiterzugeben und mehr an der Arbeit der Tageseinrichtung und den Erfahrungen ihres Kindes in der Einrichtung teilzuhaben. Technische Mittel wie Smartphones, Mobil- geräte und Apps bieten vielbeschäftigten Familienmitgliedern neue und kostengüns- tige Wege zu kommunizieren, ins Internet zu gehen oder auf Informationen und soziale Medien zuzugreifen und so mit ihren Familien und den Lehrkräften und Betreu- ungspersonen ihres Kindes in Verbindung zu bleiben. Internetbasierte Kommunikati- onsmittel bergen neue Möglichkeiten für Video-Anrufe und Video-Konferenzen, wenn persönliche Treffen nicht möglich sind. Mit den gleichen Mitteln können Kinder mit anderen Familienmitgliedern in Kontakt treten, die weiter entfernt wohnen. Frühpä- dagogische Fachkräfte haben sowohl den Kindern als auch den Eltern und Familien gegenüber eine Vorbildfunktion: Sie soll- ten einen angemessenen, effektiven und positiven Umgang mit digitaler Technik, verschiedenen Kommunikationsmitteln und sozialen Medien vorleben, der ungefährlich, sicher, gesund, angebracht, verantwortungs- voll und ethisch vertretbar ist. in einer ähnlichen Kategorie wie Brettspiele und andere selbstregulierende Lernaktivi- Mit technischen Hilfsmitteln können täten einzuordnen. Sie bieten die gleichen Fachkräfte ihren Beobachtungs- und Möglichkeiten und unterliegen den gleichen Dokumentationsaufgaben leichter nach- Einschränkungen im Hinblick auf die kindli- kommen, Entwicklungsverläufe festhalten, chen Entwicklungsphasen. Aktivitäten planen und Informationen mit Eltern, Familien und weiteren Beteiligten Technische Kommunikationsmittel austauschen. Pädagogische Fachkräfte kön- können Fachkräfte dabei unterstützen, nen digitale Portfolios mit Fotos, Audio- und Beziehungen zwischen Familien und Videoaufnahmen erstellen, um Lernerfolge Bildungseinrichtung herzustellen und und Entwicklungsprozesse der Kinder zu zu verbessern. dokumentieren und zu archivieren; diese Digitale Technik wird immer wichtiger als Mit- können im persönlichen Gespräch oder über tel zur Informationsweitergabe und sozialen Kommunikationsmittel und soziale Medien Kommunikation. Dadurch bietet sie frühpä- mit Familien geteilt werden. Fotos von den dagogischen Fachkräften die Gelegenheit, kleinen Kunstwerken und Bauwerken der engere Beziehungen zu den Eltern aufzu- Kinder können gemeinsam mit Geschich- bauen und die Beteiligung von Familien ten, die die Kinder dazu erfunden haben, zu fördern. Frühpädagogische Fachkräfte oder mit Erklärungen der Fachkräfte über sind seit jeher dafür verantwortlich, Eltern die Bedeutung der jeweiligen Aktivität für und Familien durch die Vermittlung von die kindliche Entwicklung im Gruppenraum Wissen über kindliche Entwicklungs- und ausgestellt werden. So können Familien die Lernprozesse zu unterstützen. Technische Schlüsselrolle des kindlichen Spiels für die
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 15 frühkindliche Entwicklung leichter verstehen. die Aufmerksamkeit des Kindes oder der Wöchentliche, monatliche oder sogar tägli- Fachkraft auf die Aktivität oder die Beschäf- che Berichte über soziale Medien oder per tigung selbst gerichtet ist und nicht auf das E-Mail können es Familien erleichtern, einen Gerät oder Medium, das dazu verwendet Einblick in den Alltag und die Aktivitäten wird. Die Einbindung digitaler Technik ist ihres Kindes in der Betreuungseinrichtung dann erfolgreich, wenn die Nutzung digitaler zu gewinnen. Kindern vorzuschlagen, ein Geräte und Medien die Ziele der Fachkräfte Foto von etwas Selbstgemachtem aufzu- und des Bildungsplans unterstützen, Kindern nehmen, und ihnen dabei zu helfen, das entsprechende Lern- und Kommunikati- Foto in ein Dokument hochzuladen, das onsmittel zur Verfügung stehen und sie zur sie per E-Mail verschicken können, fördert Verbesserung der Lernerfolge der Kinder das kindliche Verständnis verschiedener führen (Edutopia 2007). Kommunikationsmöglichkeiten und integriert zudem die Tätigkeit des Lesens und Schrei- Die sorgfältige Begutachtung und Auswahl bens. Die meisten Fachkräfte verstehen, von Materialien ist in frühpädagogischen wie wichtig das Aufschreiben oder Aufneh- Kontexten unerlässlich. So gehören bei- men von Notizen ist, die ein Kind vielleicht spielsweise Fröbel-Bausteine zu den am an seine Eltern weitergeben möchte. Die frühsten verwendeten und bekanntesten Nutzung von E-Mail, Textnachrichten (zu Materialien in frühpädagogischen Settings. pädagogischen Zwecken) oder anderen Auch Montessori-Materialien zählen zu den Kommunikationsmitteln kommt diesem traditionellen Lernmitteln in diesem Bereich. kindlichen Mitteilungsbedürfnis ebenso nach Filzstifte eröffneten Kindern einst neue Mög- und trägt zudem zur Entwicklung digitaler lichkeiten der grafischen Darstellung und Kompetenz bei. Wenn die Daten auf einem waren als neues Lernmittel zwischen Malpin- Computer gespeichert sind, können Fotos seln und Buntstiften einzuordnen. und Notizen auch ausgedruckt und an Familien ausgehändigt werden, die diese Da die Lebenswelten von Kindern, Eltern, Kommunikationsmittel nicht nutzen (Edu- Familien und Fachkräften von digitalen topia 2010). Die effektive Nutzung digitaler Geräten und Medien geprägt sind, können Technik und interaktiver Medien, um mit auch frühkindliche Bildungseinrichtungen Eltern und Familien zu kommunizieren und von den Möglichkeiten profitieren, kindliche sie miteinzubeziehen, hat Vorbildcharakter: Lernprozesse durch die umsichtige Nutzung Sie schafft Gelegenheiten dafür, Eltern dieser Ressourcen zu erweitern. Als Teil der besser zu informieren. Sie befähigt Eltern, Bildungskonzeption sollten digitale Geräte verantwortungsvolle Entscheidungen für und interaktive Medien so eingesetzt wer- Mediennutzung in der Familie zu treffen. Sie den, dass sie bestehende Entwicklungs- und bindet Eltern als Lehrer ein, die das in der Bildungsaufträge unterstützen anstatt sie zu Tageseinrichtung Gelernte zu Hause wei- verzerren oder zu ersetzen. So können Kin- terführen. Und sie fördert die gemeinsame der durch das Malen auf einem Touchscreen Mediennutzung von Eltern und ihren Kindern beispielsweise eine zusätzliche Möglichkeit sowie die gemeinsame Beschäftigung mit der grafischen Darstellung ausprobieren; Medieninhalten (Stevens & Penuel 2010; das Verschieben und Anordnen von ver- Takeuchi 2011). schiedenfarbigen Plastikformen auf einem Leuchttisch ermöglicht es Kindern, Farben Digitale Technik und Medien können und Formen zu erforschen. Diese Lernmittel die frühpädagogische Praxis stärken, sollen Malfarben, Filzstifte, Buntstifte und wenn sie in die Lernumgebung, den andere Malutensilien nicht ersetzen, sondern Bildungsplan und die täglichen Abläufe zusätzliche Möglichkeiten zur Selbstentfal- eingebunden sind. tung bieten. Wenn Fachkräfte digitale Geräte Bei der erfolgreichen Nutzung von tech- und interaktiven Medien als Ressourcen – nischen Ressourcen und Medien in nicht als Selbstzweck – verstehen, können frühkindlichen Bildungskontexten werden sie die passive und potenziell schädliche Ressourcen wie Computer, Digitalkameras, Nutzung von nicht-interaktiven, linearen und Software-Apps und das Internet in die täg- für den frühpädagogischen Kontext unan- liche Praxis eingebunden (Edutopia 2007; gemessenen Bildschirmmedien vermeiden. Technology and Young Children Interest Der Schlüssel zu einer entwicklungsan- Forum 2008; Hertz 2011). Eine gelungene gemessenen Nutzung ist ein bewusstes, Einbindung liegt vor, wenn die Nutzung von wohlüberlegtes Vorgehen. Es gilt abzuwägen, technischen Geräten und Medien zur Rou- ob die Ziele durch die Verwendung traditio- tine gehört und „unsichtbar“ wird – wenn neller Lernmaterialien leichter zu erreichen
GRUNDPRINZIPIEN BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 16 sind oder ob der Einsatz bestimmter tech- Beteiligung erlauben. Instrumente zur nischer Geräte und Medien die Lern- und unterstützten Kommunikation, Schalter zum Entwicklungsprozesse der Kinder tatsächlich Starten adaptiver Unterstützungssysteme auf eine Weise erweitern kann, die sonst und sonstige (informations-)technische nicht möglich wäre. Hilfsmittel sind in Gruppen für Kinder mit Beeinträchtigungen zur Selbstverständlich- Spannende neue Ressourcen wie 3D-Spiele keit geworden. Dennoch verlangen diese mit vielen Mitspielenden und virtuelle Welten (informations-)technischen Hilfen jenseits stellen in der technikreichen Welt von heute der Möglichkeiten, die sie bieten, eine den nächsten Meilenstein digitalen Lernens durchdachte Einbindung in frühkindliche für unsere jüngsten Bürgerinnen und Bürger Bildungspläne. Fachkräfte sind gefordert, dar. Und wieder ist es an den fähigen Fach- das jeweilige (informations-)technische kräften und den fürsorglichen Erwachsenen Instrumentarium an die spezifischen zu entscheiden, wie eine jede neue techni- Bedürfnisse, Lernstile und individuellen sche Entwicklung so genutzt werden kann, Vorlieben jedes einzelnen Kindes anzu- dass sie kindliche Lernprozesse entwick- passen (Behrmann 1998; Muligan 2003; lungsgerecht unterstützt. Eine sorgfältige Sadao & Robinson 2010). Es ist essenziell, Begutachtung und Auswahl der Materialien dass alle frühpädagogischen Fachkräfte ist unerlässlich für die angemessene Einbin- die technischen und digitalen Hilfen, die dung von technischen Mitteln und Medien in für Kinder mit Beeinträchtigungen verfüg- frühkindlichen Kontexten. bar sind, kennen und einsetzen können. Ebenso wichtig ist, dass sie den anderen Informationstechnische Hilfsmittel Kindern in der Gruppe ähnliche oder ver- müssen gegebenenfalls verfügbar gleichbare technische und medienbasierte sein, um die Zugangsgerechtigkeit für Lernmöglichkeiten bieten. Kinder mit besonderem Förderbedarf zu gewährleisten. Informationstechnische Hilfsmittel kön- Kindern mit besonderem Förderbedarf nen zweisprachig aufwachsende Kinder bieten informationstechnische Hilfsmittel dadurch unterstützen, dass sie ihnen erwiesenermaßen viele potenzielle Vor- ihre Familiensprache und Kultur zugäng- teile. Unterstützende Informations- und lich machen und zugleich das Lernen Kommunikationstechnik (IKT) kann ein- der Umgebungssprache fördern. gesetzt werden, um Sinneseindrücke zu Forschungsergebnisse legen nahe, verstärken oder Ablenkungen zu verringern. dass der Zugang zu Informationen in Sie kann kognitive Verarbeitungsprozesse der Familiensprache bei (kleinen) Kin- unterstützen oder Gedächtnisleistungen dern zu Lernfortschritten sowohl in ihrer verbessern. Die Bandbreite der adap- Familiensprache als auch in der Umge- tiven und unterstützenden IKT bewegt bungssprache beiträgt (Espinosa 2008). sich von Low-Tech-Spielzeug mit einfa- Digitale Ressourcen und Medien bieten chen Knöpfen bis hin zu umfangreichen pädagogischen Fachkräften die Chance, High-Tech-Systemen mit differenzierten kulturell und sprachlich passende Geschich- Organisationsmöglichkeiten für komplexe ten, Spiele, Musik und Aktivitäten für jedes Umgebungen. Wenn diese (informations-) Kind zu finden, zu denen die Fachkräfte technischen Geräte bedachtsam eingesetzt anderweitig keinen Zugang hätten (Uchi- werden, können sie Kinder stärken, ihre koshi 2006; Nemeth 2009). Da jedes Kind Selbstständigkeit fördern und die Inklusion die vier sprachlichen Grundfertigkeiten im Gruppenkontext mit Gleichaltrigen Sprechen, Hören, Schreiben und Lesen verbessern. Mithilfe von angepassten üben muss, sollten technische Hilfsmittel Materialien können (kleine) Kinder mit Lernaktivitäten, Gespräche, Explorations- Behinderungen in Aktivitäten eingebunden verhalten und Selbstausdruck unterstützen. werden, an denen sie früher nicht hätten Technische Ressourcen sollten der Unter- teilnehmen können. Durch den Einsatz von stützung der Sprachentwicklung und des unterstützender IKT können Fachkräfte die Schriftspracherwerbs dienen, nicht jedoch Chancen erhöhen, dass Kinder Gelegenhei- zwischenmenschliche Interaktionen ten zum Lernen, Bewegen, Kommunizieren, ersetzen. Die Rolle der Sprache auf die Basteln und Bauen bekommen. (Infor- Entwicklung des Selbstwertgefühls und auf mations-)technische Hilfsmittel können die Entwicklung der sozialen Kompetenz die alltägliche Inklusion in frühkindlichen muss beim Einsatz technischer Hilfsmit- Settings durch Angebote fördern, die tel in heterogenen Gruppen ebenfalls Kindern mit Behinderungen eine stärkere berücksichtigt werden.
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