3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick

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3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
BILDUNG BRAUCHT
DIGITALE KOMPETENZ

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              Digitale Technik und
              interaktive Medien
              als Ressourcen
              in frühkindlichen
              Bildungseinrichtungen
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ                      2

Das Dokument ist Teil des Projektes „Bildung braucht digitale Kompetenz“.              Danksagung der NAEYC und des FRC
Das Projekt ist eine Kooperation des Didacta Verband e.V. mit dem Bayerischen          Die NAEYC und das FRC danken dem gemeinsamen Autoren-Team von NAEYC
Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales.                                    und FRC für seine Arbeit und den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für ihre Mitwir-
Alle Bände des Projektes sind verfügbar unter: www.didacta-digital.de                  kung an diesem Positionspapier: Roberta Schomburg, Vorsitz, Carlow University
                                                                                       und FRC; Chip Donohue, Vorsitz, Erikson Institute und FRC; Madhavi Parikh, NAEYC;
                                                                                       Warren Buckleitner, Children‘s Technology Review; Pamela Johnson, Corporation
Das vorliegende Dokument ist ein gemeinsames Positionspapier der National              for Public Broadcasting; Lynn Nolan, International Society for Technology in Educa-
Association for the Education of Young Children (NAEYC) und des Fred Rogers            tion; Christine Wang, State University at Buffalo, SUNY; Ellen Wartella, Northwestern
Center for Early Learning and Children’s Media (FRC) am Saint Vincent College.         University und FRC. Unser Dank gilt auch den beteiligten Vorstandsmitgliedern der
                                                                                       NAEYC, den mitwirkenden Vertretern des Sachverständigenrats des FRC und wich-
                                                                                       tigen Mitarbeitern beider Institutionen für ihren Beitrag.

                                                                                       Danksagung des Didacta Verbandes
National Association                                                                   Wir bedanken uns für die freundliche Abdruckgenehmigung bei der National
for the Education of Young Children                                                    Association for the Education of Young Children und dem Fred Rogers Center
1313 L Street, NW, Suite 500                                                           for Early Learning and Children’s Media. Die Erstveröffentlichung mit dem Titel
Washington, DC 20005-4101                                                              „Technology and Interactive Media as Tools in Early Childhood Programs Serving
www.naeyc.org                                                                          Children from Birth through Age 8“ finden Sie auf:
                                                                                       www.naeyc.org/files/naeyc/file/positions/PS_technology_WEB2.pdf

                                                                                       Stand: Juni 2018

                                                                                       Diese Veröffentlichung ist ausschließlich zur persönlichen Nutzung bestimmt.
                                                                                       Jede Weitergabe an Dritte ist ebenso untersagt wie jede Form des Vertriebs oder
Fred Rogers Center                                                                     einer anderen kommerziellen ­Nutzung. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
for Early Learning and Children’s Media
Saint Vincent College
300 Fraser Purchase Road
Latrobe, PA 15650-2690
info@fredrogerscenter.org

Herausgeber der deutschen Version:
Didacta Verband e. V.
Verband der Bildungswirtschaft
Rheinstraße 94, 64295 Darmstadt
www.didacta.de

Gefördert durch:
Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales
Winzererstraße 9, 80797 München
www.stmas.bayern.de

Übersetzung:
Pamela Oberhuemer, München
Dr. Anne-Kristin Cordes, Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP Bayern), München

Satz:
AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH, München

Bildcredits:
© AISPIX by Image Source, Bloomua, Elvira Koneva, jfk image, juninatt, Patrick Foto,
Rawpixel.com, Syda Productions, Tyler Olson, wavebreakmedia / Shutterstock.com
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EINLEITUNG                                                                                            BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ   3

                                 Digitale Technik und interaktive Medien
                                 als Ressourcen in frühkindlichen
                                 ­Bildungs­einrichtungen
                                 Gemeinsames Positionspapier1 der

                                 NAEYC (National Association for the Education of Young Children)
                                 und des Fred Rogers Center for Early Learning and Children’s Media
                                 am Saint Vincent College

                                   Dieses Positionspapier wurde in erster Linie als Orientierung für frühpädagogische
                                   Fachkräfte entwickelt, die in Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungseinrichtungen mit
                                   Kindern im Alter von 0 bis 8 Jahren arbeiten. Zusätzlich können die Informationen in
                                   diesem Positionspapier Familien bei der Auswahl und Nutzung technischer Geräte
                                   und interaktiver Medien im häuslichen Umfeld unterstützen, auch wenn dies nicht
                                   das Hauptanliegen dieses Papiers ist.

                                   Die NAEYC und das Fred Rogers Center geben keine Empfehlungen für Software,
                                   ­Hardware, Curricula oder andere Materialien.

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    Angenommen im Januar 2012.
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EINLEITUNG                                                                                     BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ       4

             F
                     rüher war der Fernseher das neu-        kindliche Entwicklung und Lernprozesse bei               Interaktive
                     este technische Medium in unseren       der Nutzung modernster Technik und neuer                 Medien umfas-
                     Familien, später kamen Videos und       Medien anzuwenden. Die Einbindung digi-                  sen digitale und
                     Computer hinzu. Heutzutage wach-        taler Technik und interaktiver Medien in der             analoge Kommu-
                     sen Kinder in einem sich schnell        frühkindlichen Bildung muss auf einem soli-              nikationsmittel,
             ändernden digitalen Zeitalter auf; ihre         den Entwicklungsverständnis der Fachkräfte               inkl. Software-Pro-
             Lebenswelt unterscheidet sich erheblich         aufbauen. Frühpädagogische Fachkräfte                    grammen, Apps,
             von der ihrer Eltern und Großeltern. Wir sind   müssen die Herausforderungen und Chan-                   Rundfunk und
             jederzeit von einer Vielfalt digitaler Geräte   cen kennen, die mit mit dem Einsatz von                  Streaming-Diens-
             umgeben – zu Hause, im Büro und in der          Technik und Medien verbunden sind. Nur                   ten, einige
             Schule. Wenn man sie geschickt und gezielt      dann können sie die Qualität frühkindlicher              Kinder-Fern-
             eingesetzt, können neue technische Kom-         Bildungs- und Lernprozesse verbessern,                   sehsendungen,
             munikationsmittel und Medien Lernprozesse       indem sie das Potenzial digitaler Technik                E-Books, Internet
             und Beziehungen unterstützen. Gemein-           und interaktiver Medien bewusst zum Vorteil              sowie weitere
             same Lernerlebnisse können die Bindung          jedes Kindes nutzen.                                     Kommunikati-
             zwischen Kindern und Erwachsenen sowie                                                                   onsmittel, die so
             Beziehungen unter Kindern stärken, voraus-      Dieses Positionspapier aus dem Jahr 2012                 konzipiert sind,
             gesetzt die Lernerfahrungen sind interessant    spiegelt das sich ständig wandelnde digitale             dass sie Kinder zur
             und unterhaltsam und optimal auf das            Zeitalter wider. Es bietet frühpädagogischen             aktiven und kreati-
             kindliche Lern- und Entwicklungspotenzial       Fachkräften Anhaltspunkte dafür, wie sie digi-           ven Beschäftigung
             abgestimmt.                                     tale Technik und interaktive Medien einsetzen            anregen und
                                                             können, um Lerngelegenheiten zu schaffen                 gleichzeitig die
             Dank umfangreicher Forschung wissen wir         und Entwicklungsprozesse zu unterstüt-                   Interaktionen mit
             viel darüber, wie Kinder aufwachsen, lernen,    zen im kognitiven, sozialen, emotionalen,                anderen Kindern
             spielen und sich entwickeln. Nie war es         motorischen und sprachlichen Bereich.                    und mit Erwachse-
             wichtiger als heute, dieses Wissen über früh-   Die Definition des Begriffs t­echnische                  nen unterstützen.
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DARSTELLUNG DES THEMAS                                                                      BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ       5

          ­ essourcen in diesem Positionspapier ist
          R                                                 DARSTELLUNG DES THEMAS                                 Digitale
          sehr breit. Sie umfasst einerseits ein breites                                                           ­Kompetenz
          Spektrum an digitalen Geräten wie Compu-         Digitale Technik und interaktive Medien                  (digital literacy):
          ter, Tablets, Multi-Touch-Screens, interaktive   sind nicht mehr wegzudenken.                             Der Begriff „digi-
          Whiteboards, mobile Geräte, Kameras,             Bereits kleine Kinder sind umgeben von                   tale Kompetenz“,
          DVD-Player bzw. digitale Musikplayer, Aufnah-    interaktiven Medien. Sie wachsen ganz                    der in diesem
          megeräte, elektronisches (Lern-)Spielzeug,       selbstverständlich mit digitalen Geräten                 Positionspapier
          Spiele und E-Book-Reader. Andererseits           auf, die sich in kürzester Zeit zu selbst-               durchgehend
          schließt sie auch ältere, noch verwendete        verständlichen Kommunikationsmitteln in                  verwendet wird,
          analoge Geräte wie Tonbandgeräte, Video-         der Familie, der Schule, am Arbeitsplatz                 umfasst sowohl
          rekorder, Plattenspieler, Kassettenrekorder,     und in der Gesellschaft entwickelt haben                 technische Kom-
          Leuchttische, Projektoren und Mikroskope ein.    (Kerawalla & Crook 2002; Calvert et al.                  petenz als auch
                                                           2005; National Institute for Literacy 2008;              Medienkompetenz.
          Im Entstehungsprozess dieses Positionspa-        Buckleitner 2009; Lisenbee 2009; Berson
          piers haben wir uns am Vermächtnis von           & Berson 2010; Chiong & Shuler 2010;
          Fred Rogers orientiert. Fred Rogers nutzte       Couse & Chen 2010; Rideout, Lauricella,
          das neueste Medium seiner Zeit, das Fern-        & Wartella 2011). Digitale Medien haben
          sehen, auf adäquate und bewusste Art und         die Mainstream-Kultur transformiert durch
          Weise, um eine Verbindung zum einzelnen          die neuen Möglichkeiten, die sie in den
          Kind, zu Eltern und Familien herzustellen. So    Bereichen der Kommunikation, der Zusam-
          gelang es ihm, das Potenzial aufzuzeigen,        menarbeit, der sozialen Vernetzung und der
          das die Nutzung neuer technischer Geräte         Verbreitung nutzergenerierter Inhalte bieten.
          und Medien birgt, wenn sie auf den Grund-        Insbesondere haben diese Ressourcen ver-
          prinzipien kindlicher Entwicklung fußt.          ändert, wie Eltern und Familien ihren Alltag
                                                           organisieren und sich unterhalten lassen.
                                                           Zudem haben sie verändert, wie frühpäda-
                                                           gogische Fachkräfte Lernmaterialien in ihre
                                                           Arbeit mit Kindern einbringen, wie sie sich
                                                           mit Eltern austauschen und wie sie aus-,
                                                           fort- und weitergebildet werden (Rideout,
                                                           Vandewater, & Wartella 2003; Roberts &
                                                           Foehr 2004; Rideout & Hamel 2006; Rideout
                                                           2007; Foundation for Excellence in Educa-
                                                           tion 2010; Gutnick et al. 2010; Barron et al.
                                                           2011; Jackson 2011a, 2011b; Wahi et al.
                                                           2011). Das Tempo dieses Wandels ist so
                                                           rasant, dass die Gesellschaft einen Bruch
                                                           erlebt, der nahezu so fundamental ist wie
                                                           die Einschnitte, als sich die Sprache vom
                                                           gesprochenen hin zum geschriebenen Wort
                                                           entwickelte oder als der Buchdruck den
                                                           Zugang zu Büchern und Printmedien erheb-
                                                           lich erleichterte. Der Übergang hin zu neuen
                                                           Medienkompetenzen und die Notwendigkeit
                                                           digitaler Kompetenz, die sowohl technische
                                                           Kompetenz als auch Medienkompetenz
                                                           umfasst, werden die Welt, in der sich Kinder
                                                           entwickeln und lernen, weiterhin prägen
                                                           (Linebarger & Piotrowski 2009; Flewitt 2011;
                                                           Alper n.d.). Die weite Verbreitung elektro-
                                                           nischer Medien im Leben kleiner Kinder
                                                           bedeutet, dass sie zunehmend mehr Zeit in
                                                           der Woche vor Bildschirmen oder Displays
                                                           verbringen – sei es vor dem Fernseher,
                                                           PC-Monitoren, Smartphones, Tablets, tragba-
                                                           ren Geräten oder Spielekonsolen (Common
                                                           Sense Media 2011). Die Unterscheidung
                                                           zwischen Gerät, Inhalt und Nutzererfah-
                                                           rung wurde durch die Entwicklung von
                                                           Touchscreens und bewegungsaktivierten
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
DARSTELLUNG DES THEMAS                                                                         BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ       6

          Technologien, die die Bewegungen des              Bildschirmen verbringen, auf weniger als zwei             Nicht-interaktive
          Kindes erkennen und darauf reagieren,             Stunden täglich zu begrenzen. Diese Empfeh-               Medien umfassen
          zunehmend schwierig. Wenn Erwachsene              lungen zur Beschränkung der „Bildschirmzeit“              bestimmte Fern-
          Kinder altersgemäß anleiten, ist es möglich,      stehen in Zusammenhang mit zwei Faktoren,                 sehsendungen,
          diese unterschiedlichen technischen Res-          die möglicherweise zur Fettleibigkeit bei Kin-            Videos, DVDs und
          sourcen für Lern- und Entwicklungsprozesse        dern beitragen: 1) der Nahrungsmittel- und                Streaming-Dienste,
          zu nutzen; ohne Anleitung besteht die             Getränkewerbung, die Kinder sehen, wenn sie               die mittlerweile
          Gefahr, dass sie unangemessen eingesetzt          vor dem Fernseher sitzen oder andere Medien               auf verschiedenen
          werden und/oder kindliche Lern- und Ent-          nutzen, und 2) der Zeit, die sie insgesamt                Bildschirmen und
          wicklungsprozesse beeinträchtigen.                vor Bildschirmen verbringen (Birch, Parker,               Displays verfügbar
                                                            & Burns 2011; Institute of Medicine of the                sind. Nicht-inter-
          Es bestehen Bedenken, ob schon                    National Academies 2011). Die Kinderbe-                   aktive Ressourcen
          Kleinkinder und Kindergartenkinder in             treuungsinitiative Let’s Move! empfiehlt dem              und Medien sind
          frühkindlichen Bildungseinrichtungen              Fachpersonal, unter 2-Jährigen keine Zeit vor             weder Teil der
          Zugang zu digitalen Medien haben und              dem Bildschirm zu erlauben. Für Kinder, die               Definition noch der
          Zeit vor Bildschirmen verbringen sollen.          älter als 2 Jahre sind, wird angeregt, die Bild-          hier vorgenomme-
          Mehrere Fachexpertengruppen, Gesundheits-         schirmzeit in der Betreuungseinrichtung auf               nen Beschreibung
          organisationen und Kinderrechtsgruppen,           höchstens dreißig Minuten in der Woche zu                 effektiver und
          die sich mit den Auswirkungen von gesund-         begrenzen. Außerdem sollen Eltern und Fach-               angemessener
          heitlichen Problemen wie Adipositas auf die       kräfte gemeinsam darauf hinarbeiten, die Zeit             Mediennutzung,
          kindliche Entwicklung beschäftigen, haben         vor dem Bildschirm auf ein bis zwei Stunden               es sei denn, sie
          sich gegen die passive, nicht-interaktive         täglich zu beschränken und auf die Auswahl                werden eingesetzt,
          Nutzung technischer Medien in frühpädago-         qualitativ hochwertiger Medieninhalte zu                  um die aktive
          gischen Settings ausgesprochen. Außerdem          achten (Schepper 2011; White House 2011).                 Auseinanderset-
          empfehlen sie, dass Säuglinge und Kleinkinder     Frühpädagogische Fachkräfte müssen diese                  zung mit Inhalten
          gar keine Zeit vor dem Bildschirm verbringen.     Bedenken kennen und sich bewusst sein,                    und zwischen-
          Der NAEYC und dem Fred Rogers Center              dass sie eine Schlüsselrolle bei den frühen               menschlichen
          sind Fragen zur kindlichen Entwicklung und        Medienerfahrungen der Kinder und der                      Interaktionen zu
          Gesundheit ebenfalls sehr wichtig, weshalb sie    Beschränkung der kindlichen Mediennutzung                 fördern. Nicht-in-
          sich bei der Entwicklung dieser Positionierung    spielen.                                                  teraktive Medien
          eingehend mit diesen Themen befassten.                                                                      können bei
                                                            Nicht alle Bildschirme sind gleich.                       kleinen Kindern
          Die amerikanische Vereinigung der Kinder-         Die weite Ausbreitung von digitalen Geräten               zur passiven und
          ärzte (American Academy of Pediatrics 2009,       mit Bildschirmen oder Displays erschwert                  übermäßig langen
          2010, 2011a, 2011b) und die Arbeitsgruppe         eine genaue Definition von „Bildschirmzeit“,              Bildschirmnutzung
          des Weißen Hauses, die sich mit Adipositas        denn es geht nicht mehr nur darum, wie                    führen. Sie stellen
          bei Kindern beschäftigt (White House Task         lange Kleinkinder fernsehen und Videos                    keinen Ersatz für
          Force on Childhood Obesity 2010), raten           oder DVDs anschauen. Die vor dem Fern-                    die interaktive und
          davon ab, dass unter 2-Jährige digitale           seher verbrachte Zeit ist nur ein Aspekt, der             intensive Beschäfti-
          Medien in irgendeiner Form nutzen oder Zeit       berücksichtigt werden muss, wenn man                      gung mit digitalen
          vor einem Bildschirm verbringen. Für Kinder       versucht, Bildschirmzeit zu verstehen und                 Medien oder für
          ab 2 Jahre empfehlen sie, die Zeit vor dem        zu quantifizieren. Kinder und Erwachsene                  Interaktionen mit
          Bildschirm auf 1 bis 2 Stunden täglich zu         haben heutzutage Zugang zu einer ständig                  Erwachsenen und
          begrenzen (Funk et al. 2009; Campaign for         wachsenden Auswahl an Bildschirmen und                    anderen Kindern
          a Commercial-Free Childhood 2010). Die            Displays von Computern, Tablets, Smartpho-                dar.
          Richtlinien zur Prävention frühkindlicher Fett-   nes, handgesteuerten Spielgeräten, tragbaren
          leibigkeit (Early Childhood Obesity Prevention    Videospielern, Digitalkameras, Videorekordern
          Policies – Birch, Parker, & Burns 2011; Insti-    und vielem mehr. Die Bildschirmzeit ist die
          tute of Medicine of the National Academies        Gesamtzeit, die vor diesen Bildschirmen
          2011) legen Fachkräften nahe, die Zeit, die       und Displays verbracht wird (Common
          Kinder in frühpädagogischen Betreuungsein-        Sense Media 2011; Guernsey 2011c). Digi-
          richtungen vor Bildschirmen (einschließlich       tale Medien haben sich weg von linearen,
          Fernsehen, Internet, Videos, Videospielen,        nicht-interaktiven Kommunikationsmitteln
          Mobiltelefonen, digitaler Medien und mobiler      hin zu solchen mit interaktiven Optionen
          Endgeräte) verbringen, für halbtags betreute      entwickelt. Doch durch die Vielfalt unter-
          2- bis 5-Jährige auf 30 Minuten und für ganz-     scheiden sich auch die jeweiligen Kriterien
          tags betreute Gleichaltrige auf eine Stunde       für die optimale Nutzung heutzutage von
          zu beschränken. Außerdem regt der Bericht         Bildschirm zu Bildschirm (Kleeman 2010).
          Fachkräfte und Eltern an zusammenzuar-            Die ­Herausforderungen für frühpädagogische
          beiten, um die Zeit, die 2- bis 5-Jährige vor     Fachkräfte liegen nun in zwei Bereichen:
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
DARSTELLUNG DES THEMAS                                                                     BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ   7

                   Einerseits müssen sie fundierte Entschei-        Anderseits ist die Forschungsevidenz nicht
                   dungen treffen, um die Lernangebote der          eindeutig und deshalb für Fachkräfte und
                   Kinder zu erweitern. Andererseits müssen sie     Eltern schwer überschaubar. Einige Medi-
                   die Bildschirmzeit der Kinder organisieren       enforscher fanden keine Belege dafür, dass
                   und potenziellen Missbrauch und mögliche         Bildschirmmedien grundsätzlich schädigend
                   übermäßige Nutzung im Blick behalten. Dies       sind. Die Ergebnisse der öffentlich-rechtlichen
                   ist vor allem deshalb wichtig, weil technische   Fernsehinitiative Ready to Learn lassen Fol-
                   Geräte ständig neue Benutzeroberflächen          gendes vermuten: Wenn Fernsehsendungen
                   bieten, die ihre Nutzung schon für kleine Kin-   und elektronische Ressourcen sorgfältig kon-
                   der immer attraktiver macht.                     zipiert sind und Erkenntnisse über effektive
                                                                    Leselernstrategien einbeziehen, dann können
                   Empirische Befunde zu den Auswirkun-             sie als geeignete und wirksame Hilfsmittel in
                   gen digitaler Technik auf die kindliche          Lehr- und Lernprozessen dienen (Pasnik et
                   Entwicklung sind widersprüchlich.                al. 2007; Neuman, Newman, & Dwyer 2010;
                   Einerseits werden Fachkräfte und Eltern vor      Corporation for Public Broadcasting 2011).
                   dem negativen Einfluss eines im Hintergrund      Ähnlich kamen Wainwright and Linebarger
                   laufenden Fernsehers gewarnt (Kirkorian          (2006) auf Grundlage der bestehenden
                   et al. 2009; AAP 2011b), vor der passiven        Fachliteratur zu dem Schluss, dass die
                   Nutzung von Bildschirmmedien (AAP 2011b)         Warnungen der Kritiker vor Fernsehern und
                   und vor dem Zusammenhang zwischen                Computern und den negativen Auswirkun-
                   Mediennutzung und kindlicher Fettleibig-         gen ihrer Nutzung nicht die naheliegendste
                   keit (White House Task Force on Childhood        Folgerung ist. Ihrer Auffassung nach kommt
                   Obesity 2010; Birch, Parker, & Burns 2011;       es auf den Bildungsinhalt an – nicht auf das
                   Schepper 2011). Zu den möglichen nega-           Vermittlungsformat (Wainwright & Linebar-
                   tiven Auswirkungen zählen unregelmäßige          ger 2006). Kurz gesagt gibt es eine Reihe
                   Schlafrhythmen, Verhaltensauffälligkeiten,       pädagogisch wertvoller Fernsehsendungen,
                   Konzentrations- und Aufmerksamkeits-             Websites und sonstiger digitaler Medien
                   probleme, verminderte Schulleistungen,           und andere, die weniger wertvoll oder sogar
                   Schwierigkeiten im Sozialverhalten, Sprach-      ­pädagogisch wertlos sind.
                   entwicklungsauffälligkeiten und eine weitere
                   Zunahme der Bildschirmzeit (Cordes & Miller      Wie viel Zeit Kinder mit digitaler Technik
                   2000; Appel & O’Gara 2001; Christakis et         und neuen Medien verbringen ist wichtig
                   al. 2004; Anderson & Pempek 2005; Rogow          (Christakis & Garrison 2009; Vandewater
                   2007; Vandewater et al. 2007; Brooks-Gunn        & Lee 2009; Tandon et al. 2011), aber was
                   & Donahue 2008; Common Sense Media               Kinder in dieser Zeit genau tun ist ebenso
                   2008, 2011; Lee, Bartolic, & Vandewater          ausschlaggebend, wenn ermessen werden
                   2009; Campaign for a Commercial-Free             soll, was förderlich und angemessen ist
                   Childhood 2010; DeLoache et al. 2010;            (Christakis & Garrison 2009; Tandon et al.
                   Tomopoulos et al. 2010; AAP 2011a, 2011b).       2011). Das Entscheidende ist, dass pädago-
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
DARSTELLUNG DES THEMAS                                                                    BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ   8

                   gische Fachkräfte digitale Lernmittel genauso    übernehmen, indem sie sicherstellen, dass
                   wie Gedrucktes und alle anderen Lernmittel       die Zugangsgerechtigkeit zu technischen
                   auf der Grundlage von Lernprinzipien und         Ressourcen und interaktiven Medien für
                   dem Entwicklungsstand der Kinder auswählen       alle Kinder, Eltern und Familien in ihrer
                   und einsetzen (Van Scoter, Ellis, & Railsback    Einrichtung gegeben ist. In den frühen
                   2001; Clements & Sarama 2003a; Plowman           1960er-Jahren zielten Head Start und
                   & Stephen 2005, 2007).                           andere frühkindliche Bildungsprogramme
                                                                    auf die Unterschiede im Zugang zu Printme-
                   Der Reiz digitaler Technik kann zu unan-         dien zwischen Kindern mit verschiedenen
                   gemessener Nutzung in frühkindlichen             sozio-ökonomischen Hintergründen. Heute
                   Bildungseinrichtungen führen.                    stehen Fachkräfte vor ähnlichen Heraus-
                   Digitale Technik und neue Medien sind            forderungen – nur geht es nun um den
                   nur dann nützliche Ressourcen, wenn sie          Zugang zu technischen Ressourcen, Medien
                   angemessen eingesetzt werden. Es besteht         und dem Internet. Kinder aus gut situierten
                   die Gefahr, dass der Reiz digitaler Technik      Familien haben zu Hause häufig leichteren
                   und die Entwicklung immer neuer Geräte           Zugang zu digitalen Ressourcen und dem
                   manche Fachkraft dazu verleitet, Technik         Internet, sie beginnen das Internet bereits
                   um der Technik willen anstatt als Mittel zum     früh zu nutzen und verfügen daher bereits
                   Zweck zu einzusetzen. Technische Mittel          beim Schuleintritt über weit entwickelte
                   sollen nicht für Aktivitäten genutzt werden,     technische Kompetenz im Umgang mit
                   die weder pädagogisch sinnvoll noch ent-         digitalen Geräten und erste digitale Kom-
                   wicklungsangemessen oder wirksam sind            petenzen. Kinder aus schlechtergestellten
                   (wie etwa elektronische Arbeitsblätter bei       Familien haben unter Umständen kaum
                   Vorschulkindern). Die passive Nutzung von        oder gar keinen Zugang zu den neuesten
                   digitalen Angeboten oder Bildschirmme-           technischen Geräten in ihrer Familie, Betreu-
                   dien ist ein unangemessener Ersatz für           ungseinrichtung oder Nachbarschaft (Becker
                   aktives Spielen, die Kommunikation mit           2000; Burdette & Whitaker 2005; Calvert
                   anderen Kindern und Interaktionen mit            et al. 2005; National Institute for Literacy
                   Erwachsenen. Fachkräfte müssen digital           2008; Cross, Woods, & Schweingruber 2009;
                   kompetent sein, ein fundiertes Wissen über       ­Common Sense Media 2011).
                   die kindliche Entwicklung mitbringen und
                   ein entwicklungsbezogenes pädagogisches          Kinder benötigen schon im jungen Alter
                   Verständnis haben. Dann verfügen sie über        Gelegenheiten, den Umgang mit digitaler
                   das notwendige Wissen, die Fähigkeiten           Technik und interaktiven Medien zu üben,
                   und die Erfahrung, technische Ressourcen         um so frühe digitale Kompetenz zu entwi-
                   und interaktive Medien so auszuwählen            ckeln – der Zusammenhang ist ähnlich wie
                   und einzusetzen, dass sie dem Alter und          der zwischen dem frühzeitigen, regelmäßi-
                   dem Entwicklungsstand der Kinder ent-            gen Umgang mit Büchern und der frühen
                   sprechen. Dann wissen sie, wie und wann          Entwicklung der Schreib- und Lesekompe-
                   digitale Technik und Medien wirksam in das       tenz (National Institute for Literacy 2008).
                   Bildungsprogramm einbezogen werden               Die Internationale Gesellschaft für Technik
                   können. Fachkräfte ohne technische und           im Bildungsbereich (International Society
                   digitale Kompetenz laufen Gefahr, unpas-         for Technology in Education) empfiehlt, dass
                   sende Medien auszuwählen und sie so              5-Jährige über Basiskompetenzen und -kon-
                   einzusetzen, dass sie negative Auswirkungen      zepte im Bereich digitaler Technik verfügen
                   auf die Lern- und Entwicklungsprozesse der       (2007). Frühpädagogische Tageseinrich-
                   (kleinen) Kinder haben.                          tungen können gerade Kindern, die sonst
                                                                    keinen Zugang zu derartigen Ressourcen
                   Fragen der Chancen- und Zugangs­                 haben, Gelegenheiten bieten, den Umgang
                   gerechtigkeit bleiben offen.                     mit Digitalkameras, Audio- und Videorekor-
                   Digitale Technik und interaktive Medien ber-     dern, Druckern und anderen technischen
                   gen das Potenzial, das gesunde Aufwachsen        Geräten zu erlernen. Fachkräfte sollten auch
                   von Kindern und ihre natürliche Entwicklung      den Nutzen für Lernprozesse und Kreativität
                   positiv zu beeinflussen. Daher ist es wichtig,   erkennen, den der Umgang mit qualitativ
                   dass frühpädagogische Fachkräfte Fragen          hochwertigen interaktiven Medien für Kinder
                   der Chancen- und Zugangsgerechtigkeit            haben kann. Er stellt sich vor allem dann
                   bei der Auswahl, Nutzung, Einbindung und         ein, wenn kompetente Vermittlung und
                   Evaluation von Medien und digitaler Tech-        curriculare Ressourcen zusammenwirken.
                   nik berücksichtigen. Frühpädagogische            Lernprozesse werden dadurch gestärkt und
                   Fachkräfte können eine führende Rolle            das Leistungsgefälle zwischen Kindern aus
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
UNSERE POSITION                                                                           BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ   9

                  einkommensschwachen und einkommens-              wirkungsvoll sein könnten. Jedes Kind in der
                  starken Familien verringert.                     Gruppe wird dabei sowohl als Individuum als
                                                                   auch im Kontext seiner eigenen Familie, der
                  Wenn es frühpädagogischen Fachkräften            Gesellschaft, der Kultur, der linguistischen
                  gelingt, technische Geräte und interaktive       Normen, der sozialen Gruppe, seiner bishe-
                  Medien angemessen in den Bildungsalltag          rigen Erfahrungen (auch hinsichtlich des
                  einzubinden, so werden sie den Ansprüchen        Lernens und Verhaltens) und seiner aktuel-
                  auf Chancen- und Zugangsgerechtigkeit            len Lebensbedingungen gesehen.
                  gerecht, da allen Kindern Gelegenheiten
                  zum Mitmachen und Lernen geboten wer-            Die eigenen Erfahrungen der Kinder mit tech-
                  den (Judge, Puckett, & Cabuk 2004; Cross,        nischen Geräten und Medien werden immer
                  Woods, & Schweingruber 2009). In einer sol-      mehr Teil ihres Lebenskontextes und müssen
                  chen Lernumgebung erhalten auch Kinder           somit in der entwicklungsangemessenen
                  mit besonderem Unterstützungsbedarf die          Praxis berücksichtigt werden. Damit frühpäda-
                  Chance, technische Hilfsmittel selbstständig     gogische Fachkräfte fundierte Entscheidungen
                  zu nutzen (Hasselbring & Glaser 2000).           über den unterstützenden Einsatz digitaler
                  Ebenso kommen dort digital oder medial           Geräte und interaktiver Medien in Lern- und
                  gestützte Strategien zur Förderung bilingua-     Entwicklungsprozessen treffen können, benö-
                  ler Kinder zum Einsatz.                          tigen sie Informationen und Materialien zu
                                                                   den einzelnen Geräten und Medien und den
                  Fragen der Chancen- und Zugangsge-               Auswirkungen von deren Einsatz.
                  rechtigkeit haben auch Auswirkungen auf
                  frühpädagogische Fachkräfte und Entschei-        Die NAEYC und das Fred Rogers Center
                  dungsträger. Manche frühpädagogische             empfehlen die Orientierung an folgenden
                  Fachkräfte stehen selbst vor den gleichen        Grundprinzipien beim Einsatz technischer
                  Herausforderungen wie die Familien der           Geräte und interaktiver Medien in frühkindli-
                  Kinder, die sie betreuen. Auch sie benötigen     chen Bildungseinrichtungen.
                  bei der Arbeit und zu Hause Zugang zu tech-
                  nischen Ressourcen und dem Internet. Es ist
                  wichtig, politischen Entscheidungsträgern,
                  die an Fragen der Chancen- und Zugangs-
                  gerechtigkeit für Kinder, Eltern, Familien und
                  Fachkräfte interessiert sind, entsprechende
                  Forschungsergebnisse zu vermitteln und
                  ihr Bewusstsein für den Wert technischer
                  Hilfsmittel und interaktiver Medien in der
                  frühkindlichen Bildung zu wecken.

                  UNSERE POSITION

                  Die NAEYC und das Fred Rogers Center
                  vertreten die folgende Position:
                  Technische Geräte und interaktive Medien
                  sind Ressourcen, die Lernen und Entwick-
                  lung wirksam fördern können, wenn sie
                  Kinder beim Erreichen ihrer Lernziele unter-
                  stützen. Dazu müssen die Ressourcen von
                  frühpädagogischen Fachkräften bewusst
                  eingesetzt und auf den kindlichen Entwick-
                  lungsstand abgestimmt werden (NAEYC
                  2009a). Eine pädagogische Praxis, die sich
                  am kindlichen Entwicklungsstand orientiert,
                  setzt zuallererst Wissen darüber voraus, wie
                  sich die Kinder einer Betreuungsgruppe mit
                  einer bestimmten Alters- und Entwicklungs-
                  spanne typischerweise verhalten. Dieses
                  Wissen gibt Fachkräften eine generelle
                  Vorstellung davon, welche Aktivitäten, Übun-
                  gen, Interaktionen und curricularen Ansätze
3 Digitale Technik und - BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ - Bildungsklick
GRUNDPRINZIPIEN                                                                           BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 10

                  GRUNDPRINZIPIEN FÜR DEN                          alltag ergänzt und unterstützt Aktivitäten,
                  ANGEMESSENEN EINSATZ                             Interaktionen und den Einsatz traditioneller
                  TECHNISCHER GERÄTE UND                           Materialien (Anderson 2000; Van Scoter,
                  INTERAKTIVER MEDIEN ALS                          Ellis, & Railsback 2001; Copple & Brede-
                  RESSOURCEN IN BILDUNGS-                          kamp 2009; NAEYC 2009a). Technische
                  EINRICHTUNGEN FÜR KINDER                         Ressourcen und Medien sollen kein Ersatz
                  VON 0 BIS 8 JAHREN                               sein für Aktivitäten, die für die kindliche
                                                                   Entwicklung zentral sind, wie kreatives
                  An erster Stelle steht die Prämisse, dass        Spiel, Explorationsverhalten, Bewegung,
                  die Nutzung technischer Ressourcen               das Spielen im Freien, Gespräche und
                  und interaktiver Medien Kindern nicht            soziale Interaktionen. Sie sollen keinen
                  ­schaden darf.                                   isolierenden Tätigkeiten dienen, sondern
                  Die gesunde kognitive, soziale, emotionale,      Lernprozesse unterstützen und Kindern
                  motorische und sprachliche Entwicklung der       neue Zugangsmöglichkeiten zu Wissen und
                  Kinder ist im digitalen Zeitalter so bedeutend   Informationen eröffnen (Guernsey 2010a,
                  wie eh und je. Der Zugang zu technischen         2011b). Im Säuglings- und Kleinkindalter
                  Geräten und interaktiven Medien darf die         sind feinfühlige Interaktionen zwischen
                  gesunde Kommunikation, soziale Inter-            Erwachsenen und Kindern unentbehrlich
                  aktionen, das kindliche Spiel und andere         für die Entwicklung des Gehirns und für die
                  entwicklungsangemessene Aktivitäten mit          kognitive, soziale, emotionale, körperliche
                  Gleichaltrigen, Familienmitgliedern und          und sprachliche Entwicklung. Die NAEYC
                  Fachkräften nicht verhindern, einschränken       und das Fred Rogers Center stehen hinter
                  oder beeinträchtigen. Digitale Technik und       der im öffentlichen Gesundheitswesen
                  Medien dürfen nie so eingesetzt werden,          vertretenen Position, in Einrichtungen, die
                  dass sie emotional verletzend, körperlich        unter 2-Jährige betreuen, auf die Nutzung
                  beeinträchtigend, respektlos, entwürdigend,      von Bildschirmmedien zu verzichten. Auch
                  gefährlich, ausbeuterisch oder einschüch-        wenn es angemessene Formen der Medien-
                  ternd sind. In diesem Sinne ist es auch          nutzung für Kleinkinder geben mag (wie
                  unzumutbar, dass Kinder gewaltsamen              zum Beispiel das Anschauen digitaler Fotos,
                  oder hochsexualisierten Bildern ausgesetzt       die Teilnahme an Skype-Interaktionen mit
                  ­werden (NAEYC 1994; AAP 2009).                  Familienmitgliedern und engen Freunden,
                                                                   die gemeinsame Betrachtung von E-Books
                  Schon lange werden frühpädagogische              oder die Nutzung bestimmter interaktiver
                  Fachkräfte dazu angehalten, sich über die        Apps), sollten Fachkräfte den Umfang der
                  neuesten Forschungsergebnisse auf dem            Bildschirmzeit eingrenzen. Wie alle anderen
                  Laufenden zu halten und sie in ihrer Praxis      Aktivitäten mit sehr kleinen Kindern sollte
                  anzuwenden. Bislang ging es dabei um             auch die Nutzung technischer Geräte und
                  Forschungsergebnisse aus den Bereichen           digitaler Medien primär als Mittel zur Stär-
                  Gesundheit und kindliche Entwicklung. Nun        kung der Erwachsenen-Kind-Beziehung
                  kommt das Gebiet digitaler Technik hinzu         dienen. Frühpädagogische Fachkräfte sollten
                  mit Themen wie dreidimensionalem Sehen           beim Einsatz von Technik und Medien auf
                  und Augengesundheit, Auswirkungen elektro-       ihr Wissen über kindliche Entwicklungspro-
                  magnetischer Felder und der Strahlung von        zesse und wirksame pädagogische Konzepte
                  Mobiltelefonen (EMR Policy Institute 2011),      zurückgreifen. Nach sorgfältiger Abwägung
                  Giftstoffen in bleihaltigen Farben oder          sollten sie technische Geräte und digitale
                  Batterien, Erstickungsgefahren bei kleinen       Medien nur dann gezielt einsetzen, wenn
                  Geräteteilen, kindlicher Fettleibigkeit und      sie für eine gesunde Entwicklung, kindliche
                  Bildschirmzeit sowie mit Fragen zu weiteren      Lernprozesse, Kreativität, soziale Interaktio-
                  potenziell gefährlichen Auswirkungen der         nen und Bindungen förderlich sind. Dies gilt
                  Nutzung technischer Geräte auf die kindli-       insbesondere für Fachkräfte, die mit unter
                  che Gesundheit oder Entwicklung.                 2-Jährigen arbeiten.

                  Eine pädagogische Praxis, die sich an            Professionelles Urteilsvermögen ist
                  der kindlichen Entwicklung orientiert,           gefragt, wenn ermessen wird, ob die
                  bildet die Grundlage für Entscheidungen          Nutzung bestimmter technischer Res-
                  darüber, ob und wann technische Geräte           sourcen oder Medien altersgerecht ist,
                  und interaktive Medien in frühkindlichen         zu dem jeweiligen Kind passt und kultu-
                  Bildungseinrichtungen eingesetzt werden.         rell und sprachlich angemessen ist.
                  Die angemessene Einbindung technischer           Frühpädagogische Fachkräfte müssen ent-
                  Geräte und Medien in den Betreuungs-             scheiden, ob technische Geräte und Medien
GRUNDPRINZIPIEN                                                                           BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 11

                  eingesetzt werden und, wenn ja, welche, auf      Hardware- und Software-Upgrades sowie
                  welche Art und Weise, wann und warum.            sonstige, unspezifische Kosten wie zusätzli-
                  Damit Fachkräfte diese Entscheidungen            che Artikel, die für die Nutzung des Produktes
                  kompetent treffen können, müssen sie auf ihr     notwendig sind. Weitere Überlegungen
                  Fachwissen zu frühkindlichen Entwicklungs-       betreffen die Langlebigkeit des Produktes
                  und Lernprozessen, auf ihre Kenntnisse           bei aktiver Nutzung durch (jüngere) Kinder
                  der Interessen und Mitmachbereitschaft           und Neuanschaffungskosten, wenn das
                  einzelner Kinder und auf ihr Wissen über die     Gerät zu Boden fällt oder beschädigt wird.
                  sozialen und kulturellen Lebensumstände          Anreize für Kinder zur Verwendung des
                  der Kinder zurückgreifen. Der Erwachsene         Produktes oder zum Kauf weiterer Produkte
                  ist maßgeblich dafür verantwortlich sicher-      des Herstellers müssen kritisch betrachtet
                  zustellen, dass alle Entscheidungen, Technik     und bei der Auswahl berücksichtigt werden.
                  und Medien in Betreuungseinrichtungen            Wenn sich Entwickler und Herausgeber tech-
                  einzusetzen, von umsichtiger Planung, sorg-      nischer Geräten und digitaler Medien dazu
                  fältiger Umsetzung, kontinuierlicher Reflexion   verpflichten, Forschungsergebnisse in der
                  und Evaluation geleitet werden. Die Auswahl      Entwicklung, Vermarktung und Werbung ihrer
                  angemessener technischer Geräte und              Produkte anzuwenden, dann wird die Aus-
                  Medien für das pädagogische Setting erfor-       wahl technischer und medialer Ressourcen
                  dert ähnliche Überlegungen wie die Auswahl       weniger stark durch wirtschaftliche Belange
                  anderer Lernmaterialien. Fachkräfte müssen       getrieben und so für Fachkräfte und Eltern
                  fortwährend gut durchdachte, einfühlsame         transparenter und einfacher (Buckleitner
                  und bewusste Entscheidungen treffen, die         2011a; Fred Rogers Center o.J.).
                  positive Auswirkungen auf alle Kinder haben
                  (NAEYC 2009a).                                   Die angemessene Nutzung von Technik
                                                                   und Medien hängt mit dem Alter, dem
                  Die Auswahl von Lernmaterialien, auch            Entwicklungsstand, den Bedürfnissen
                  die technischer Hilfsmittel und interak-         und Interessen sowie dem sprachlichen
                  tiver Medien, muss jederzeit von einem           Hintergrund und den Fähigkeiten jedes
                  pädagogischen Ansatz geleitet werden,            einzelnen Kindes zusammen.
                  der die Angemessenheit der Materialien           In der Art und Weise, wie Kinder mit Res-
                  für die jeweilige Entwicklungsphase              sourcen und Materialien umgehen, gibt es
                  beachtet.                                        eine entwicklungsabhängige Progression.
                  Zunächst müssen sich Fachkräfte die Zeit         Diese bewegt sich typischerweise vom
                  nehmen, die Eignung technischer Geräte           Ausprobieren und Explorieren über das
                  und digitaler Medien für die pädagogische        kompetente Beherrschen bis hin zum
                  Arbeit zu prüfen und passende Ressour-           funktionellen Zueigenmachen (Verwen-
                  cen auszusuchen. Dann müssen sie den             dung der Ressourcen zur Erfüllung anderer
                  Umgang der Kinder mit diesen Materialien         Aufgaben). Erfahrungen legen nahe, dass
                  sorgfältig beobachten, um Chancen und            Kinder die gleiche Progression durchlaufen,
                  Probleme zu ermitteln und in der Folge           wenn sie technische Ressourcen nutzen.
                  entsprechende Änderungen vorzunehmen.            Kinder brauchen Zeit, um die Funktions-
                  Fachkräfte müssen gewillt sein, neue Tech-       weise unbekannter technischer Geräte oder
                  nik und Medien kennenzulernen und sich           Medien auszuprobieren, bevor sie diese als
                  damit auseinanderzusetzen, wenn sie auf          Kommunikationsmittel einsetzen können.
                  den Markt kommen. Sie müssen bereit sein,        Ähnlich, wie wir den Umgang mit Stiften
                  eine zielgerichtete Auswahl zu treffen und       und Papier unterstützen, bevor wir erwar-
                  sicherzustellen, dass die Inhalte entwick-       ten, dass Kinder ihren Namen schreiben,
                  lungsangemessen sind und keine Vorurteile        erscheint es sinnvoll, Kindern technische
                  vermitteln.                                      und mediale Ressourcen zum Ausprobie-
                                                                   ren und Experimentieren zur Verfügung
                  Bei der Auswahl von technischen Geräten          zu stellen. Sicherlich sind die meisten
                  und Medien für Kinder dürfen sich Fachkräfte     technischen Geräte und Medienressourcen
                  nicht auf nicht-überprüfbare Behauptungen        (zum aktuellen Zeitpunkt) nicht für unter
                  der Produktwerbung verlassen. Im Auswahl-        2-Jährige geeignet. Zudem gibt es bisher
                  prozess müssen Einrichtungsleitung und           keine dokumentierten Belege für Zusam-
                  Fachkräfte das jeweilige Budget mitbeden-        menhänge zwischen der passiven Nutzung
                  ken und das Preis-Leistungs-Verhältnis im        von Bildschirmmedien und bestimmten
                  Blick behalten, u.a. die Anschaffungskosten,     Lernresultaten bei Säuglingen und Kleinkin-
                  die laufenden Kosten für die kontinuierliche     dern (Schmidt et al. 2009). Säuglinge und
                  Aktualisierung von Programmen und für            Kleinkinder brauchen zuvorderst feinfühlige
GRUNDPRINZIPIEN                                                                          BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 12

                  Interaktionen mit Erwachsenen. Dennoch          kompetenter im Umgang mit technischen
                  haben tragbare Endgeräte wie Tablets oder       Geräten sind, können sie einsetzen, um ihre
                  Smartphones und andere neuere technische        Ideen und Gefühle mitzuteilen, ihre Umge-
                  Entwicklungen verändert, wie die Jüngsten       bung zu erforschen und Informationen zu
                  mit Bildern, Geräuschen und Ideen intera-       finden. Je nutzerfreundlicher Geräte und
                  gieren (Buckleitner 2011b). Fachkräfte,         Apps werden, desto kompetenter werden
                  die mit unter 2-Jährigen arbeiten, müssen       auch jüngere Kinder in der Nutzung techni-
                  sicherstellen, dass die Kinder Technik und      scher Hilfsmittel für die Bewältigung einer
                  Medien nur sehr begrenzt ausgesetzt sind.       Aufgabe: Sie können ein Bild gestalten,
                  In diesem engen Rahmen müssen sie               ein Spiel spielen, eine Geschichte hören,
                  dafür sorgen, dass technische Geräte und        fotografieren, ein Buch erstellen oder an
                  Medien ausprobiert werden können. Dabei         anderen altersgerechten Lernaktivitäten teil-
                  sollten alle Aktivitäten einen gemeinsamen      nehmen. Technische Geräte und interaktive
                  Aufmerksamkeitsfokus haben und von              Medien bieten neue, zusätzliche Quellen
                  sprachanregenden Interaktionen begleitet        zum Entdecken und Lernen.
                  werden. Gleichzeitig müssen Fachkräfte
                  darauf achten, dass Gelegenheiten für           Der wirksame Einsatz von Technik und
                  feinfühlige und fürsorgliche Interaktionen      Medien ist lebendig, interaktiv, anspre-
                  zwischen Kind und Betreuungsperson nicht        chend und stärkend; er überlässt dem
                  reduziert werden. Kinder im Vorschulalter       Kind die Kontrolle; er bietet schrittweise
                  haben unterschiedlich stark ausgeprägte         anpassungsfähige Hilfe, die das Bewälti-
                  Fähigkeiten im Umgang mit Technik und           gen von Aufgaben erleichtert; und er ist
                  Medien. Doch durch die Mithilfe von Erwach-     eine Möglichkeit von vielen zur Unter-
                  senen sind sie in der Lage, einfache digitale   stützung kindlicher Lernprozesse.
                  Geräte zu handhaben, und oft kann man           Digitale Technik und Medien sollten mit
                  beobachten, wie sie diese Ressourcen im         anderen Schlüsselerfahrungen und Lern-
                  Symbolspiel einsetzen. Schulkinder, die         gelegenheiten im Einklang stehen. Dazu
GRUNDPRINZIPIEN                                                                        BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 13

                  benötigen Kinder digitale und mediale          telmaterialien, Spielmaterialien, Bücher oder
                  Ressourcen, die ihnen den Raum geben zu        Schreibutensilien. Bildschirmmedien können
                  forschen, zu gestalten, Probleme zu lösen,     Kindern Tiere, Gegenstände, Personen, Land-
                  zu überlegen, nachzudenken, kritisch zuzu-     schaften, Aktivitäten und Orte nahebringen,
                  hören und zuzusehen, Entscheidungen zu         die sie nicht selbst besuchen oder erleben
                  treffen, zu beobachten, zu dokumentieren,      können. Technische Mittel können auch dazu
                  zu recherchieren, Nachforschungen anzu-        beitragen, dass Kinder ihre Erfahrungen
                  stellen, Gelerntes auszuprobieren, sich        durch die Aufnahme von Bildern, Geschich-
                  abzuwechseln und mit- und voneinander          ten und Geräuschen sichern, dokumentieren,
                  zu lernen.                                     wieder aufgreifen und mit anderen teilen
                                                                 können.
                  Effektive technische Ressourcen verbinden
                  Aktivitäten auf und vor dem Bildschirm         Die aktive und angemessene Nutzung von
                  und legen den Schwerpunkt auf das              technischen Ressourcen und Medien kann
                  gemeinsame Ansehen (Co-Viewing) und            traditionelle Materialien in wertvoller Art
                  Mitwirken (Co-Participation) von Erwachse-     und Weise ergänzen. Forschungsergebnisse
                  nen und Kindern oder einer Kindergruppe        deuten auf positive Effekte des Einsatzes
                  (Takeuchi 2011). Solche technischen Mittel     digitaler Technik auf die kognitiven und
                  ermöglichen Erwachsenen und Kindern            sozialen Lern- und Entwicklungsprozesse
                  gemeinsame Erlebnisse anstatt sie auf          von Kindern hin (Haugland 1999, 2000;
                  Distanz zueinander zu halten. Eine Fach-       Freeman & Somerindyke 2001; Heft & Swa-
                  kraft kann eine Geschichte beispielsweise      minathan 2002; Clements & Sarama 2003a,
                  klassisch aus dem gedruckten Buch vor-         2003b; Fischer & Gillespie 2003; Rideout,
                  lesen, auf einem elektronischen Gerät als      Vandewater, & Wartella 2003; Greenfield
                  interaktives E-Book oder beides. Wenn diese    2004; Kirkorian, Wartella, & Anderson 2008;
                  unterschiedlichen Arten der Beschäftigung      Linebarger, Piotrowski, & Lapierre 2009;
                  mit Medien in die zwischenmenschliche          Adams 2011). Allerdings ist zusätzliche
                  Kommunikation eingebettet sind, so sind        Forschung notwendig, um die positiven Aus-
                  sie einander doch ziemlich ähnlich. Jede       wirkungen der Nutzung technischer Geräten
                  gemeinsame Aktivität von Erwachsenen und       auf die Sprach- und Wortschatzentwicklung
                  Kindern, auch das Vorlesen, kann zu gemein-    der Kinder, das logisch-mathematische
                  samer, aktiver Mediennutzung führen. Den       Verständnis, das Problemlöseverhalten, die
                  zunehmenden Bedenken, dass Fernsehkon-         Selbstregulation sowie die Entwicklung der
                  sum und Computerspiele die Zeit verringern,    sozialen Kompetenz zu untermauern.
                  in der Kinder sich bewegen oder draußen
                  spielen, kann man entgegenwirken. Dazu         Der Umgang mit Technik und Medien
                  setzt man digitale Technik und interaktive     sollte spielerisch sein und Kreativität,
                  Medien ein, die das Erkundungsverhalten im     Explorationsverhalten, Symbolspiel,
                  Freien und die Dokumentation der Natur för-    Rollenspiele und Aktivitäten im Freien
                  dern oder körperliche Aktivitäten einbinden    fördern.
                  und Kinder dazu anregen, sich zu bewegen       Das kindliche Spiel ist zentral für Entwick-
                  anstatt passiv vor dem Bildschirm zu sitzen.   lungs- und Lernprozesse von Kindern. Wie
                                                                 Kinder mit Technik und Medien umgehen,
                  Digitale Technik und Medien sind nur zwei      spiegelt ihre Erfahrungen mit anderen
                  von vielen Arten von Ressourcen, die wirk-     Spielmaterialien wider, z.B. mit sensomoto-
                  sam und adäquat in frühpädagogischen           rischen Übungsspielen, dem Symbolspiel
                  Einrichtungen mit kleinen Kindern eingesetzt   und Regelspielen. Deshalb brauchen
                  werden können. Wie vieles andere sollten       kleine Kinder Gelegenheiten, technische
                  auch Technik und Medien maßvoll eingesetzt     Geräte und interaktive Medien spielerisch
                  werden und zur Bereicherung von Bildungs-      und kreativ zu entdecken. Angemessene
                  prozessen, nicht als Ersatz für elementare     Erfahrungen erlauben Kindern, das Medium
                  Aktivitäten, Erfahrungen und Materialien.      und das Ergebnis ihres Lernerlebnisses zu
                                                                 steuern, seine Funktionsweise des Mediums
                  Durch ihren adäquaten Einsatz können           zu untersuchen und sich vorzustellen, wie
                  Technik und Medien die kognitiven und          es im realen Leben genutzt werden könnte.
                  sozialen Kompetenzen der Kinder stärken.       Hersteller von Bildungsmedien untersuchen
                  Neue Technik und Medien bieten im früh-        zunehmend das Lernpotenzial interaktiver
                  kindlichem Kontext Lerngelegenheiten,          und kooperativer Spielen, die Kinder und
                  ähnlich wie auch andere Ressourcen,            ihre Familienmitglieder oder Betreuungsper-
                  z.B. Bauklötze, Bausteine und Puzzles, Bas-    sonen miteinbeziehen. Digitale Spiele sind
GRUNDPRINZIPIEN                                                                          BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 14

                                                                   Kommunikationsmittel bieten Fachkräften
                                                                   neue Möglichkeiten, Beziehungen zu Eltern
                                                                   und Familien aufzubauen, im Dialog mit
                                                                   ihnen zu bleiben, Informationen mit ihnen
                                                                   auszutauschen und Online-Ressourcen mit
                                                                   ihnen zu teilen. Gleichzeitig stehen Eltern
                                                                   und Familien die gleichen technischen
                                                                   Mittel zu Verfügung, um Fragen zu stellen,
                                                                   Rat einzuholen, Informationen über ihr Kind
                                                                   weiterzugeben und mehr an der Arbeit der
                                                                   Tageseinrichtung und den Erfahrungen ihres
                                                                   Kindes in der Einrichtung teilzuhaben.

                                                                   Technische Mittel wie Smartphones, Mobil-
                                                                   geräte und Apps bieten vielbeschäftigten
                                                                   Familienmitgliedern neue und kostengüns-
                                                                   tige Wege zu kommunizieren, ins Internet
                                                                   zu gehen oder auf Informationen und
                                                                   soziale Medien zuzugreifen und so mit ihren
                                                                   Familien und den Lehrkräften und Betreu-
                                                                   ungspersonen ihres Kindes in Verbindung
                                                                   zu bleiben. Internetbasierte Kommunikati-
                                                                   onsmittel bergen neue Möglichkeiten für
                                                                   Video-Anrufe und Video-Konferenzen, wenn
                                                                   persönliche Treffen nicht möglich sind. Mit
                                                                   den gleichen Mitteln können Kinder mit
                                                                   anderen Familienmitgliedern in Kontakt
                                                                   treten, die weiter entfernt wohnen. Frühpä-
                                                                   dagogische Fachkräfte haben sowohl den
                                                                   Kindern als auch den Eltern und Familien
                                                                   gegenüber eine Vorbildfunktion: Sie soll-
                                                                   ten einen angemessenen, effektiven und
                                                                   positiven Umgang mit digitaler Technik,
                                                                   verschiedenen Kommunikationsmitteln und
                                                                   sozialen Medien vorleben, der ungefährlich,
                                                                   sicher, gesund, angebracht, verantwortungs-
                                                                   voll und ethisch vertretbar ist.
                  in einer ähnlichen Kategorie wie Brettspiele
                  und andere selbstregulierende Lernaktivi-        Mit technischen Hilfsmitteln können
                  täten einzuordnen. Sie bieten die gleichen       Fachkräfte ihren Beobachtungs- und
                  Möglichkeiten und unterliegen den gleichen       Dokumentationsaufgaben leichter nach-
                  Einschränkungen im Hinblick auf die kindli-      kommen, Entwicklungsverläufe festhalten,
                  chen Entwicklungsphasen.                         Aktivitäten planen und Informationen mit
                                                                   Eltern, Familien und weiteren Beteiligten
                  Technische Kommunikationsmittel                  austauschen. Pädagogische Fachkräfte kön-
                  können Fachkräfte dabei unterstützen,            nen digitale Portfolios mit Fotos, Audio- und
                  Beziehungen zwischen Familien und                Videoaufnahmen erstellen, um Lernerfolge
                  Bildungseinrichtung herzustellen und             und Entwicklungsprozesse der Kinder zu
                  zu verbessern.                                   dokumentieren und zu archivieren; diese
                  Digitale Technik wird immer wichtiger als Mit-   können im persönlichen Gespräch oder über
                  tel zur Informationsweitergabe und sozialen      Kommunikationsmittel und soziale Medien
                  Kommunikation. Dadurch bietet sie frühpä-        mit Familien geteilt werden. Fotos von den
                  dagogischen Fachkräften die Gelegenheit,         kleinen Kunstwerken und Bauwerken der
                  engere Beziehungen zu den Eltern aufzu-          Kinder können gemeinsam mit Geschich-
                  bauen und die Beteiligung von Familien           ten, die die Kinder dazu erfunden haben,
                  zu fördern. Frühpädagogische Fachkräfte          oder mit Erklärungen der Fachkräfte über
                  sind seit jeher dafür verantwortlich, Eltern     die Bedeutung der jeweiligen Aktivität für
                  und Familien durch die Vermittlung von           die kindliche Entwicklung im Gruppenraum
                  Wissen über kindliche Entwicklungs- und          ausgestellt werden. So können Familien die
                  Lernprozesse zu unterstützen. Technische         Schlüsselrolle des kindlichen Spiels für die
GRUNDPRINZIPIEN                                                                         BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 15

                  frühkindliche Entwicklung leichter verstehen.   die Aufmerksamkeit des Kindes oder der
                  Wöchentliche, monatliche oder sogar tägli-      Fachkraft auf die Aktivität oder die Beschäf-
                  che Berichte über soziale Medien oder per       tigung selbst gerichtet ist und nicht auf das
                  E-Mail können es Familien erleichtern, einen    Gerät oder Medium, das dazu verwendet
                  Einblick in den Alltag und die Aktivitäten      wird. Die Einbindung digitaler Technik ist
                  ihres Kindes in der Betreuungseinrichtung       dann erfolgreich, wenn die Nutzung digitaler
                  zu gewinnen. Kindern vorzuschlagen, ein         Geräte und Medien die Ziele der Fachkräfte
                  Foto von etwas Selbstgemachtem aufzu-           und des Bildungsplans unterstützen, Kindern
                  nehmen, und ihnen dabei zu helfen, das          entsprechende Lern- und Kommunikati-
                  Foto in ein Dokument hochzuladen, das           onsmittel zur Verfügung stehen und sie zur
                  sie per E-Mail verschicken können, fördert      Verbesserung der Lernerfolge der Kinder
                  das kindliche Verständnis verschiedener         führen (Edutopia 2007).
                  Kommunikationsmöglichkeiten und integriert
                  zudem die Tätigkeit des Lesens und Schrei-      Die sorgfältige Begutachtung und Auswahl
                  bens. Die meisten Fachkräfte verstehen,         von Materialien ist in frühpädagogischen
                  wie wichtig das Aufschreiben oder Aufneh-       Kontexten unerlässlich. So gehören bei-
                  men von Notizen ist, die ein Kind vielleicht    spielsweise Fröbel-Bausteine zu den am
                  an seine Eltern weitergeben möchte. Die         frühsten verwendeten und bekanntesten
                  Nutzung von E-Mail, Textnachrichten (zu         Materialien in frühpädagogischen Settings.
                  pädagogischen Zwecken) oder anderen             Auch Montessori-Materialien zählen zu den
                  Kommunikationsmitteln kommt diesem              traditionellen Lernmitteln in diesem Bereich.
                  kindlichen Mitteilungsbedürfnis ebenso nach     Filzstifte eröffneten Kindern einst neue Mög-
                  und trägt zudem zur Entwicklung digitaler       lichkeiten der grafischen Darstellung und
                  Kompetenz bei. Wenn die Daten auf einem         waren als neues Lernmittel zwischen Malpin-
                  Computer gespeichert sind, können Fotos         seln und Buntstiften einzuordnen.
                  und Notizen auch ausgedruckt und an
                  Familien ausgehändigt werden, die diese         Da die Lebenswelten von Kindern, Eltern,
                  Kommunikationsmittel nicht nutzen (Edu-         Familien und Fachkräften von digitalen
                  topia 2010). Die effektive Nutzung digitaler    Geräten und Medien geprägt sind, können
                  Technik und interaktiver Medien, um mit         auch frühkindliche Bildungseinrichtungen
                  Eltern und Familien zu kommunizieren und        von den Möglichkeiten profitieren, kindliche
                  sie miteinzubeziehen, hat Vorbildcharakter:     Lernprozesse durch die umsichtige Nutzung
                  Sie schafft Gelegenheiten dafür, Eltern         dieser Ressourcen zu erweitern. Als Teil der
                  besser zu informieren. Sie befähigt Eltern,     Bildungskonzeption sollten digitale Geräte
                  verantwortungsvolle Entscheidungen für          und interaktive Medien so eingesetzt wer-
                  Mediennutzung in der Familie zu treffen. Sie    den, dass sie bestehende Entwicklungs- und
                  bindet Eltern als Lehrer ein, die das in der    Bildungsaufträge unterstützen anstatt sie zu
                  Tageseinrichtung Gelernte zu Hause wei-         verzerren oder zu ersetzen. So können Kin-
                  terführen. Und sie fördert die gemeinsame       der durch das Malen auf einem Touchscreen
                  Mediennutzung von Eltern und ihren Kindern      beispielsweise eine zusätzliche Möglichkeit
                  sowie die gemeinsame Beschäftigung mit          der grafischen Darstellung ausprobieren;
                  Medieninhalten (Stevens & Penuel 2010;          das Verschieben und Anordnen von ver-
                  Takeuchi 2011).                                 schiedenfarbigen Plastikformen auf einem
                                                                  Leuchttisch ermöglicht es Kindern, Farben
                  Digitale Technik und Medien können              und Formen zu erforschen. Diese Lernmittel
                  die frühpädagogische Praxis stärken,            sollen Malfarben, Filzstifte, Buntstifte und
                  wenn sie in die Lernumgebung, den               andere Malutensilien nicht ersetzen, sondern
                  Bildungsplan und die täglichen Abläufe          zusätzliche Möglichkeiten zur Selbstentfal-
                  eingebunden sind.                               tung bieten. Wenn Fachkräfte digitale Geräte
                  Bei der erfolgreichen Nutzung von tech-         und interaktiven Medien als Ressourcen –
                  nischen Ressourcen und Medien in                nicht als Selbstzweck – verstehen, können
                  frühkindlichen Bildungskontexten werden         sie die passive und potenziell schädliche
                  Ressourcen wie Computer, Digitalkameras,        Nutzung von nicht-interaktiven, linearen und
                  Software-Apps und das Internet in die täg-      für den frühpädagogischen Kontext unan-
                  liche Praxis eingebunden (Edutopia 2007;        gemessenen Bildschirmmedien vermeiden.
                  Technology and Young Children Interest          Der Schlüssel zu einer entwicklungsan-
                  Forum 2008; Hertz 2011). Eine gelungene         gemessenen Nutzung ist ein bewusstes,
                  Einbindung liegt vor, wenn die Nutzung von      wohlüberlegtes Vorgehen. Es gilt abzuwägen,
                  technischen Geräten und Medien zur Rou-         ob die Ziele durch die Verwendung traditio-
                  tine gehört und „unsichtbar“ wird – wenn        neller Lernmaterialien leichter zu erreichen
GRUNDPRINZIPIEN                                                                         BILDUNG BRAUCHT DIGITALE KOMPETENZ 16

                  sind oder ob der Einsatz bestimmter tech-        Beteiligung erlauben. Instrumente zur
                  nischer Geräte und Medien die Lern- und          unterstützten Kommunikation, Schalter zum
                  Entwicklungsprozesse der Kinder tatsächlich      Starten adaptiver Unterstützungssysteme
                  auf eine Weise erweitern kann, die sonst         und sonstige (informations-)technische
                  nicht möglich wäre.                              Hilfsmittel sind in Gruppen für Kinder mit
                                                                   Beeinträchtigungen zur Selbstverständlich-
                  Spannende neue Ressourcen wie 3D-Spiele          keit geworden. Dennoch verlangen diese
                  mit vielen Mitspielenden und virtuelle Welten    (informations-)technischen Hilfen jenseits
                  stellen in der technikreichen Welt von heute     der Möglichkeiten, die sie bieten, eine
                  den nächsten Meilenstein digitalen Lernens       durchdachte Einbindung in frühkindliche
                  für unsere jüngsten Bürgerinnen und Bürger       Bildungspläne. Fachkräfte sind gefordert,
                  dar. Und wieder ist es an den fähigen Fach-      das jeweilige (informations-)technische
                  kräften und den fürsorglichen Erwachsenen        Instrumentarium an die spezifischen
                  zu entscheiden, wie eine jede neue techni-       Bedürfnisse, Lernstile und individuellen
                  sche Entwicklung so genutzt werden kann,         Vorlieben jedes einzelnen Kindes anzu-
                  dass sie kindliche Lernprozesse entwick-         passen (Behrmann 1998; Muligan 2003;
                  lungsgerecht unterstützt. Eine sorgfältige       Sadao & Robinson 2010). Es ist essenziell,
                  Begutachtung und Auswahl der Materialien         dass alle frühpädagogischen Fachkräfte
                  ist unerlässlich für die angemessene Einbin-     die technischen und digitalen Hilfen, die
                  dung von technischen Mitteln und Medien in       für Kinder mit Beeinträchtigungen verfüg-
                  frühkindlichen ­Kontexten.                       bar sind, kennen und einsetzen können.
                                                                   Ebenso wichtig ist, dass sie den anderen
                  Informationstechnische Hilfsmittel               Kindern in der Gruppe ähnliche oder ver-
                  müssen gegebenenfalls verfügbar                  gleichbare technische und medienbasierte
                  sein, um die Zugangsgerechtigkeit für           ­Lernmöglichkeiten bieten.
                  Kinder mit besonderem Förderbedarf
                  zu ­gewährleisten.                              Informationstechnische Hilfsmittel kön-
                  Kindern mit besonderem Förderbedarf             nen zweisprachig aufwachsende Kinder
                  bieten informationstechnische Hilfsmittel       dadurch unterstützen, dass sie ihnen
                  erwiesenermaßen viele potenzielle Vor-          ihre Familiensprache und Kultur zugäng-
                  teile. Unterstützende Informations- und         lich machen und zugleich das Lernen
                  Kommunikationstechnik (IKT) kann ein-           der Umgebungssprache fördern.
                  gesetzt werden, um Sinneseindrücke zu           Forschungsergebnisse legen nahe,
                  verstärken oder Ablenkungen zu verringern.      dass der Zugang zu Informationen in
                  Sie kann kognitive Verarbeitungsprozesse        der Familiensprache bei (kleinen) Kin-
                  unterstützen oder Gedächtnisleistungen          dern zu Lernfortschritten sowohl in ihrer
                  verbessern. Die Bandbreite der adap-            Familiensprache als auch in der Umge-
                  tiven und unterstützenden IKT bewegt            bungssprache beiträgt (Espinosa 2008).
                  sich von Low-Tech-Spielzeug mit einfa-          Digitale Ressourcen und Medien bieten
                  chen Knöpfen bis hin zu umfangreichen           pädagogischen Fachkräften die Chance,
                  High-Tech-Systemen mit differenzierten          kulturell und sprachlich passende Geschich-
                  Organisationsmöglichkeiten für komplexe         ten, Spiele, Musik und Aktivitäten für jedes
                  Umgebungen. Wenn diese (informations-)          Kind zu finden, zu denen die Fachkräfte
                  technischen Geräte bedachtsam eingesetzt        anderweitig keinen Zugang hätten (Uchi-
                  werden, können sie Kinder stärken, ihre         koshi 2006; Nemeth 2009). Da jedes Kind
                  Selbstständigkeit fördern und die Inklusion     die vier sprachlichen Grundfertigkeiten
                  im Gruppenkontext mit Gleichaltrigen            Sprechen, Hören, Schreiben und Lesen
                  verbessern. Mithilfe von angepassten            üben muss, sollten technische Hilfsmittel
                  Materialien können (kleine) Kinder mit          Lernaktivitäten, Gespräche, Explorations-
                  Behinderungen in Aktivitäten eingebunden        verhalten und Selbstausdruck unterstützen.
                  werden, an denen sie früher nicht hätten        Technische Ressourcen sollten der Unter-
                  teilnehmen können. Durch den Einsatz von        stützung der Sprachentwicklung und des
                  unterstützender IKT können Fachkräfte die       Schriftspracherwerbs dienen, nicht jedoch
                  Chancen erhöhen, dass Kinder Gelegenhei-        zwischenmenschliche Interaktionen
                  ten zum Lernen, Bewegen, Kommunizieren,         ersetzen. Die Rolle der Sprache auf die
                  Basteln und Bauen bekommen. (Infor-             Entwicklung des Selbstwertgefühls und auf
                  mations-)technische Hilfsmittel können          die Entwicklung der sozialen Kompetenz
                  die alltägliche Inklusion in frühkindlichen     muss beim Einsatz technischer Hilfsmit-
                  Settings durch Angebote fördern, die            tel in heterogenen Gruppen ebenfalls
                  Kindern mit Behinderungen eine stärkere         ­berücksichtigt werden.
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