30 Jahre adfc Bochum 15 Extraseiten - NR. 01/2019 - Kreisverband Bochum
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MAGAZIN für BOCHUM NR. 01/ 2019 ne: In Feierlau 30 Jachhure m adfc Bo iten 15 Extrase Aus dem Inhalt: Alltagsradler berichten Interview mit dem OB Platz für Adressaufkleber Radinitiativen Radfahren für die Ohren und vieles mehr... 1
inhalt 4 Bochums Straßen-Infrastruktur 8 Trouble um die Königsallee 12 OB Eiskirch im Interview 16 Radfahren in der RUB 12 OB vor dem 20 Best-Of: 27 Jahre »frei atmen!« Interview 26 Alltagradler berichten... Infrastruktur 28 Fahrradklimatest 32 RS1 34 E-Bike-Garage 40 36 Zählstelle Frischer Wind Aktivitäten um graues Haar 38 Lastenrad 40 Altersradeln 42 NRW Radtour Tourberichte 44 Radfahren in Peking 44 Fahrrad Gewusel 46 Altena Drahtmuseum in Peking 48 Go West 2.0 Halle - Winterberg 52 Schokofahrt #5 53 Bochum - Adria - Salzburg 54 Mit dem Fahrrad zur Kunst Initiativen 52 Wie kommt die 56 Fahrrad Podcast Schokolade in die 58 Poonudel-Tour Stadt? 60 Radwende 61 Stadtradeln Termine / Veranstaltungen 62 Termine / Veranstaltungen 64 Mit dem Rad zur Arbeit 58 Halt‘! Abstand – 65 Mängelmelder mit der Poolnudel 66 Rücklicht 67 Impressum 2
editorial Liebe Fahrradfreunde und Fahrradfreundinnen, nun halten Sie zum ersten Mal unser In diesem großen Kanon spielt auch der neu gestaltetes Heft „FreiRad“ in den ADFC eine kleine, aber nicht unbedeu- Händen. Nachdem unser langjähriger tende Rolle. Mit der neuen Aktion „Mehr Redakteur Gerd Bergauer fast dreißig Platz fürs Rad“ soll die Verkehrswende in Jahre zuverlässig „frei atmen!“ gestaltet unseren Städten weiter voran gebracht wer- hatte, stellte sich uns anfangs die Frage, den, Alternativen zum Auto und dem damit ob es in Zeiten des Internets sinnvoll verbunden Flächenfraß, lebenswerte Städte ist, weiterhin eine gedruckte Ausgabe mit Raum für alle geschaffen werden. zu produzieren. Doch nach kurzer Diskussion, Inspiration bei den anderen Ich selbst bin nun seit ebenfalls dreißig Kreisverbänden und Abwägung der Jahren dabei, erinnere mich noch an die Vor- und Nachteile, fand sich mit Georg große Fahrraddemonstration auf der Uni- Puhe, Bernhard Raeder und Werner versitätsstraße und die auf dem Ring, eine Elbrecht ein neues Redaktionsteam. Im Ausstellung zum Radfahren in Bochum gemeinsamen Abstimmungsprozess der im BVZ, die Sternfahrten und viele, viele Aktiven wurde der neue Name FreiRad andere Aktionen für den Radverkehr. als Verbindung zwischen alt und neu Seitdem hat sich in Bochum noch nicht gewählt und ein neues Design vollendet alles, aber doch einiges zugunsten des den Wandel. Radverkehrs verändert, zum Beispiel die Radfahrstreifen auf der Universitätsstra- An Themen mangelt es nicht. Wer die ße; und auch die Verantwortlichen der Medien verfolgt, wird feststellen, dass Um- Stadt sind wieder zum Dialog auf uns weltthemen fast täglich in den Schlagzei- zugekommen und wir haben das Angebot len stehen: Diesel-Skandal, Luftverschmut- angenommen. Als ein Ergebnis dieser zung in den Städten, Plastikmüll im Kommunikation finden sie ein Interview Meer, Insektensterben und vor allem der mit dem Oberbürgermeister der Stadt, Klimawandel haben die Jugend der Welt Herrn Thomas Eiskirch, in diesem Heft. aufgerüttelt, mit Schulstreiks für unsere Erde zu kämpfen. Mit freundlichen Radlergrüßen Gerlinde Ginzel 1. Vorsitzende Bochum – 709 – 3
Infrastruktur: Bochums straSSen Bessemerstraße Die autozentrierte Gestaltung des Stra- Solche Bauten haben die Stadt autoge- ßenraumes hat in Bochum einige große recht gemacht und damit den Autoverkehr Schneisen geschlagen: Die Universitäts- weiter verstärkt. Der motorisierte Verkehr straße, die Königsallee, der Hustadtring wurde und wird noch immer durch einen und die Wittener Straße sind mindestens Großteil der Bochumer Bevölkerung als in Teilabschnitten autobahnähnlich aus- die wichtigste weil auf die meisten Arten gebaut worden. Dabei wurden die Ver- wahrnehmbare und am meisten Raum kehrsflächen aus heutiger Sicht an meh- beanspruchende Verkehrsart wahrgenom- reren Stellen überdimensioniert oder für men. Dass sich die Wahrnehmung nicht Verkehrsprojekte angelegt, die letztlich von heute auf morgen ändern kann, ist nicht zustande kamen. Beispiele sind die nur allzu verständlich – Menschen lieben jeweils südlichen Enden der Königsallee ihre Gewohnheiten. Und doch gibt es auf und des Hustadtringes, die stumpf enden. den Straßen und in den Köpfen Verände- rungen, die dem Radverkehr wieder den Weg ebnen. Etwa im Jahr 1997 begannen aus heutiger Sicht die ersten Maßnahmen zur geziel- ten Radverkehrsförderung, als die Herner Straße neu gestaltet wurde. Im Jahr 1999 Hustadtring wurde dann ein neues Radverkehrskon- Unicenter zept veröffentlicht. Seitdem wurden fast 4
flächendeckende Tempo 30-Zonen in len vorgegebenen Rahmenbedingungen Wohngebieten eingerichtet, Einbahnstra- (Einbau der neuen Straßenbahn, Erhalt ßen wurden für den Radverkehr freige- von Bäumen, Erhalt von Parkplätzen) ge- geben, durchlässige Sackgassen wurden schaffen werden. Dies bedingt hier auch entsprechend beschildert, Umlaufgitter Kompromisse an einigen Engstellen. Ende des Hustadtrings ab- oder umgebaut und die Benutzungs- Neben diesen einzelnen Maßnahmen wur- pflichten auf einigen alten und nicht mehr de im Jahr 2004 eine Rahmenplanung zur zeitgemäßen Radwegen wurden aufgeho- Um- und Ausgestaltung der Cityradialen ben. Diese Arbeiten sind weiterhin nicht aufgelegt. Die Planung sieht seitdem die vollständig abgeschlossen, es sind konti- Installation von Radverkehrsanlagen auf nuierlich Anpassungen erforderlich – weil den Radialen vor. Gleichzeitig weist das sich unsere Wahrnehmung ändert, weil jetzt schon 15 Jahre alte Konzept im De- wir neue Erfahrungen machen, weil sich tail noch Bereiche aus, die damals als die rechtlichen Voraussetzungen oder fertig hergestellt und nicht zu betrachten aber die politischen Rahmenbedingungen galten, die aus heutiger Sicht aber über- ändern. plant werden müssen (Teile jeweils der Kö- Einige der früher überdimensioniert für den Autoverkehr angelegten Straßen konnten mit komfortablen Radfahrstrei- fen ausgestattet werden. Prominenteste Beispiele sind der Werner Hellweg zwi- schen Laer und Am Koppstück, die Bes- semerstraße, der Hustadtring, Teile der Markstraße und auch die Unterstraße in Langendreer. Bei Letzterer konnte eine durchgehende Befahrbarkeit trotz der vie- Markstraße AS 448 5
Infrastruktur: Bochums straSSen nigsallee, Hattinger Straße, Alleestraße). gen- und Erzbahntrasse sind die bekann- Seit dieser Rahmenplanung ist auf den testen Beispiele, die bisher meist durch Cityradialen zugegebenermaßen wenig den RVR ausgebaut wurden und werden. geschehen. Ganz aktuell werden im Tech- Nachdem die meisten dieser ehemaligen nischen Rathaus aber konkrete Pläne für Bahntrassen zunächst nur mit einer wasser- den Umbau zumindest von Teilbereichen, gebundenen Decke (= Schotter) ausgestat- ersten Abschnitten oder Lückenschlüssen tet wurden, wird bei allen Sanierungs- und erarbeitet. Konkret werden Veränderun- Erschließungsarbeiten heute Asphalt als gen auf der Castroper Straße, der Univer- einzige alltagstaugliche Oberfläche verwen- sitätsstraße, der Hattinger Straße und der det. Diese ursprünglich als „Freizeitwege“ Alleestraße geplant. Für die Königsallee bezeichneten Routen sind heute viel mehr wurden verschiedene Varianten der Rad- als das: Neben dem persönlichen Eindruck verkehrsführung teils mit gutachterlicher belegt die neue Fahrradzählstelle auf der Unterstützung eingehend untersucht. Springorumtrasse eindeutig, dass hier inten- Oskar-Hoffmann-Str. Radstreifen Die konkreten Pläne können hier noch siver Alltagsverkehr stattfindet, was künftige nicht vorgestellt werden, da sie zunächst Verbesserungen bedingt: Durchgehende Be- parlamentarisch beraten und beschlos- leuchtung, Markierung und eine Widmung sen werden müssen. Davon und von den der Wege sind erklärtes Ziel. finanziellen Rahmenbedingungen abhän- gig kann in den kommenden Jahren also Zusätzlich wurden einige eigenständige mit teils weitreichenden Umgestaltungen Wege wie das Parkband West oder der gerechnet werden. Dabei wird immer die Parkway Emscher-Ruhr installiert, die in zum aktuellen Zeitpunkt bestmögliche ihrer Gesamtheit dem Freizeitverkehr die- Radverkehrsführung eingerichtet werden. nen, deren einzelne Abschnitte aber auch im Alltagsverkehr einen Gewinn für uns Im Jahr 2008 wurde ein Bahntrassenkon- Radfahrende darstellen. zept aufgestellt, das die Reaktivierung Im Jahr 2017 wurde die Bochum Stra- ehemaliger Bahntrassen als Geh- und tegie vorgestellt, in der der Radverkehr Radwege vorsieht. Springorum-, Lothrin- insbesondere als Teil der Kompetenz 6
„Großstadt mit Lebensgefühl“ thema- hensweise bei Planungen hat sich dement- tisiert wird. Seit dem Jahr 2019 gibt es sprechend auch so verändert, dass bei allen in diesem Zusammenhang die Kern- Umbauten eine gute Lösung für den Rad- aktivität „BoVelo“, worunter verschie- und Fußverkehr gefunden werden muss. dene Ansätze zur verstärkten Radver- kehrsförderung zusammengefasst sind. Letztlich sind aber praktisch alle Opti- mierungen unserer Straßen und Wege Weitere Impulse sind durch die Nahmobili- und damit unseres Lebens in der Stadt tätskonzepte für Wattenscheid / Werne, Lan- neben den finanziellen Mitteln abhängig gendreer Alter Bahnhof / Laer zu erwarten, vom Willen der Bochumer Bevölkerung, in denen die Rahmenbedingungen für den sich zu verändern und dabei möglicher- Fuß- und Radverkehr untersucht werden weise auch Gewohntes neu zu betrachten und die Handlungsansätze für kommende – ausgedrückt durch parlamentarische Anpassungen definieren. Ein Schwerpunkt Entscheidungen. Viktoriastr. Uraltproblem dieser Betrachtungen wird der ruhende Kfz-Verkehr sein, der in den dicht bebauten Quartieren der Dreh- und Angelpunkt aller Bestrebungen hin zu einer fuß- und radver- kehrsfreundlichen Stadt ist. Alle drei Konzep- te werden aktuell entwickelt. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Notwendigkeit und Dringlichkeit von infra- strukturellen Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr praktisch allen jetzt fachlich Verantwortlichen bewusst ist. Die Herange- Text: Matthias Olschowy, Foto: Stadt Bochum, Georg Puhe, Bernhard Raeder 7
STadtplanung: Königsallee Die Königsallee Von der Schwierigkeit, richtige Erkenntnisse in Handeln umzusetzen von Bernhard Raeder Es gibt Dinge, die allen vernunftbegabten Menschen klar sind, handeln tun sie aber nicht danach, nicht als Bürger, nicht als ökonomisch oder politisch Verantwortlicher. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes wünschen sich 80% der Bundesbürger weniger Autos, saubere und leisere Städte, gleich- zeitig aber stieg das PS-Niveau der Neuwagen und die Zulassungsquote von SUVs ständig an. Das führte zwischen 2008 und 2015 zu einem Mehr- verbrauch von 3,7 Milliarden Litern Treibstoff und zu 9,3 Millionen Tonnen CO2-Emmisionen. Dies widerspricht allen Erkenntnissen über die Notwen- digkeit der Reduktion von Treibhausgasen, um die allgemein anerkannten Klimaziele zu erreichen. W arum halten die meisten diesen Wider- Autobahnen mal frei sein, kann man zudem spruch zwischen Wissen und Handeln ganz in der Tätigkeit des Fahrens aufgehen gerade im Mobilitätsv erhalten so gut und abschalten. Einfacher ausgedrückt: man aus? Für den Nutzer ist das Automobil fest hat sich seit Jahrzehnten an die Automobilität in seinen inzwischen „entfernungsintensiven gewöhnt und sich eingerichtet und glaubt trotz Lebensstil“ eingebaut, angesichts zerstreuter zunehmender Widrigkeiten an ihren täglichen Siedlungsstrukturen ist es oft die einzige Mög- Nutzen. lichkeit zur sozialen Teilhabe oder um einfach Und warum tut sich Politik so schwer ihr zur Arbeit zu kommen. Sollten Straßen und Handeln an dem Ziel nachhaltiger Automobil- 8
und Verkehrspolitik auszurichten? Zu- Der ADFC Bo- nächst: ein Verkehrssystem, das einmal chum übergab dem existiert, kann nicht ohne weiteres stark Stadtbaurat Ahuis verändert oder beseitigt werden. die Diplomarbeit Das, was in Bochum nach dem Zweiten eines Dortmunder Weltkrieg an autogerechter Infrastruktur Stadtplanungsstu- geschaffen wurde, das System von Straßen, denten, die genau Parkflächen, der Rückbau von Radwegen dem Geist des fort- an allen Ausfallstraßen zu Parkstreifen, schrittlichen Lan- korrespondierte mit dem damaligen desverkehrsministers Lebensgefühl von Moderne. Das Ziel der Zöpel entsprach und autogerechten Stadt bekam spätestens eine Zweispurigkeit 1962 mit der Ansiedlung der Adam Opel mit fahrbahnseiti- AG in Bochum dogmatische Züge. Es gen Radwegen und wurden auch bei den Planungen für die multifunktionellem Ruhr-Universität Bochum (1965; siehe auch Mittelstreifen vorsah. Beitrag von Georg Puhe an anderer Stelle) Damals bissen wir und des Ruhr Parks (1964) konsequent bei Ahuis und der umgesetzt und bestimmte über Jahrzehnte Mehrheit der SPD das stadtplanerische Denken und Handeln auf Granit. Es dau- in Bochum. erte 9 Jahre, bis sich Hinter dieser Macht des Faktischen, die Düsseldorf (Zöpel) ein Umsteuern heute so schwer macht, durchsetzte und am steht im politischen System der Automobi- 1.3.1998 der erste lität ein machtpolitischer Schulterschluss Spatenstich erfolg- von Automobilwirtschaft und Politik. Die te. 17 Jahre später Dieser Abschnitt der König- Abhängigkeit vieler Regionen und der konnte man dann sallee wird von der Verwal- gesamten Volkswirtschaft vom Wohl und auf einem vorbild- tung z.Z. neu geplant Wehe der Autoindustrie, die Angst vor lichen Radweg vom den arbeitsmarktpolitischen und sozialen Kortländer bis Riemke radeln. Dauert es Folgen einer Krise der Autoindustrie, macht immer ein Vierteljahrhundert? die Politik zu oft ängstlich, erpressbar und Wie sieht die Situation in Bochum heu- handlungsschwach. te aus? Bochum ist seit 2016 Mitglied in Zurück nach Bochum! Manchmal wenn der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundli- auch nicht oft gibt es Anlass hoffnungsfroh cher Städte AGFS. Ausgangspunkt war im zu sein. Schauen wir auf die wichtige Ver- Dezember 2012 ein Leitantrag von SPD kehrsachse zwischen Bochum und Herne, und Grünen zur Verbesserung der „Fuß- die Herner Straße. gänger- und Fahrradfreundlichkeit“ in Knapp hundert Jahre nach der ersten Bochum, der das „bislang große Zögern“, Straßenbahn auf dieser Strecke verbindet das die WAZ kritisch konstatierte, been- seit 1989 die U35 beide Städte und die den sollte. Am Ende des Antrages steht Innenstadt mit der Ruhr-Universität. Als ein Satz, der die Aufgabe und zugleich klar war, dass durch den Wegfall der ober- grundlegende Problematik klar formu- irdischen Straßenbahn die Herner Straße liert: „Die vorgeschlagenen Maßnahmen umgebaut werden könnte, gab es ein klares verfolgen den Zweck, möglichst rasch die Signal aus Düsseldorf, die Straße radver- Situation von Radfahrern und Fußgän- kehrsgerecht umzubauen. gern zu verbessern. Dabei sind Konflikte 9
STadtplanung: Königsallee Radfahrer neben dem Schauspielhaus: auf engstem Raum kämpfen Fußgänger und Radfahrer um ihren Platz Rückbau der Königsallee analog zur Herner Straße? Ein Gutachten sieht diese Möglichkeit und schafft Raum für das Verkehrsmittel Fahrrad. mit dem motorisierten Individualverkehr Bochum den Radialstraßen zu, weil sie nicht zu vermeiden. Aufgrund der Not- die zentralen Achsen zum Erreichen wendigkeit der Stärkung des Umwelt- der Innenstadt sind. Einen wertvollen verbundes ist hier eine Bewusstseins- Vorschlag hat die städtische Verkehrspla- änderung hin zur Akzeptanz und zur nung bereits in der Bewerbungsphase im Stärkung der „Kultur des Radfahrens“ in Oktober 2015 gemacht. Eine umfangrei- einer von Autoverkehr geprägten Stadt che Verkehrszählung und Leistungsfähig- notwendig.“ keitsberechnung sollte Aufschluss darüber Wenn also der Titel der AGFS- geben, ob die Königsallee zwischen der Bewerbung „Eine Stadt wird nahmobil“ Hattinger Straße und der Wohlfahrsstra- Wirklichkeit werden soll, muss dem Fahr- ße ähnlich wie die Herner und Dostener rad buchstäblich mehr Platz eingeräumt Straße zurückgebaut werden kann, damit werden. Die angestrebte Erhöhung des an beiden Seiten der Fahrbahn Radwege Radverkehrsanteils auf welchen Wert angelegt werden können. Gegen den hefti- auch immer ist mit dem vorhandenen gen Widerstand der CDU schloss sich die Radwegeverkehrsnetz nicht zu erreichen. rot-grüne Koalition diesem Vorschlag an. Darum sollte man den in der Ökonomie Im Januar 2019 teilte die Verwaltung dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität sich das Angebot seine eigene Nachfrage das Ergebnis mit: schafft, akzeptieren: eine bessere Radinf- „Das Gutachten prüft die Einrichtung rastruktur erhöht den Radverkehrsanteil von Radverkehrsanlagen auf der Kö- und stärkt die Nahmobilität! nigsallee mit der Vorgabe, ohne große Besondere Bedeutung kommen in Umbaumaßnahmen und mit möglichst 10
Ab der Farnstraße wird es eng. Hier braucht der Radfahrer seinen Platz auf der Straße! „Radfahrer frei“ - Schritttempo Zeichen einer verfehlten Radverkehrspolitik kostengünstigen Maßnahmen eine Weg zur „Stadt der Nahmobilität“. deutliche Qualitätsverbesserung für Die nächste Bürgerkonferenz im April den Radverkehr zu erreichen und den diesen Jahres steht unter dem Motto der Alleecharakter der Königsallee zu wahren. Mobilität. Die Königsallee soll hier zentra- Das Gutachten schlägt vor, die jeweils les Thema werden. zwei Fahrspuren je Fahrtrichtung zu einer Ein OB, der „Sichtweise verändern, überbreiten Fahrspur mit Schutzstreifen Strategie entwickeln, Menschen beteili- für Radfahrer umzumarkieren. Vor den gen“ will, der sich bemüht, „verkrustete Lichtsignalanlagen soll eine Markierung Strukturen aufzubrechen, Dinge neu in zwei Aufstellflächen erfolgen. Durch zu denken, neue Prozesse anzustoßen“ punktuelle bauliche Veränderungen sowie (Stadtspiegel 13.3.2019), lässt mich an eine Anpassung der Signalisierung ist Zöpel denken und könnte hier genau der eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Richtige sein. Verkehrsflusses gewährleistet.“ Bisher ist Thomas Eiskirch nicht Der ADFC kann den Mut der Ver- aufgefallen, Liebhaber „kognitiver waltung nur loben, diese Lösung als Dissonanz“ zu sein, den Widerspruch Verkehrsversuch für zunächst ein Jahr zwischen Wissen und Handeln zur po- installieren zu wollen. Es wäre genau litischen Doktrin erheben zu wollen. Im der Schritt, zu dem sich die SPD bereits großen Interview mit dem Stadtspiegel 2012 in ihrem Leitantrag theoretisch kommt das Thema Mobilität leider nicht bekannte und der das „große Zögern“ vor. Der ADFC hat aber bald Gelegen- beinahe vergessen machen könnte. Es heit, mit ihm darüber zu sprechen. Siehe wäre ein entscheidender Schritt auf dem Beitrag an anderer Stelle! 11
30 jahre ADFC: Interview mit ob eiskirch Interview mit Oberbürgermeister Thomas Eiskirch „Radverkehr in Bochum wird heute konstitutiv mitgedacht und nicht mehr nur additiv hinzugefügt.“ OB Thomas Eiskirch Thomas Eiskirch mit seinem Dienst-Pedelec FreiRad: Wir erleben durchaus eine fahren mitzumachen, um deutlich zu Aufbruchstimmung in Bochum, auch machen, dass das Thema ernstgenom- was das Thema Radverkehr angeht. men wird und eine hohe Priorität hat. Die Der Fahrradklimatest 2016 hat für Bo- Veränderung von Mobilität ist spürbar. chum ja sehr viel Vorschusslorbeeren gebracht. Können die Erwartungen FreiRad: Mit der Aufnahme in die eingelöst werden? AGFS hat sich Bochum dem Ziel ver- Aufsteiger des Jahres zu sein, hatte uns schrieben, einen Fahrradverkehrsan- damals richtig gefreut und war Ansporn, teil von 25 % anzustreben, 2016 liegt weiterzuarbeiten. Aber natürlich braucht der Anteil noch bei 5 %. Im Leitbild es Zeit, bis manche Entscheidungen und Mobilität bleiben die Aussagen wieder veränderte Haltungen auch sichtbar wer- vage. Mit welchen Maßnahmen will Bo- den. Der gerade veröffentlichte Fahrrad- chum das erreichen? Welche Zielpers- klimatest zeigt, dass wir in einigen weite- pektive verfolgt das Leitbild Mobilität ren Bereichen besser geworden sind. Die für den Radverkehr? Zahl der Fahrraddiebstähle ist zurück- Das Leitbild wird aller Voraussicht nach gegangen, das Angebot an öffentlichen vom Rat noch vor der Sommerpause ver- Leihfahrrädern gut. Insgesamt bleiben abschiedet. Es legt den Grundstein dafür, wir aber bei einer Gesamtbewertung, die dass Mobilität sich verändert, deutlich für uns Ansporn ist, noch mehr zu tun. mehr in Richtung ÖPNV und Rad- und Fußverkehr. Die konkreten Umsetzungen FreiRad: Herr Eiskirch, wir haben Sie werden an vielen Stellen sichtbar – auch bei verschiedenen Veranstaltungen in zwei Projekten der Bochum Strategie: auch als Fahrradfahrer erlebt. Wie se- Eins befasst sich mit dem ÖPNV und das hen Sie die Radverkehrstauglichkeit andere mit dem Radverkehr. Es heißt „Bo- Bochums, wo sehen Sie Stärken, wo ha- Velo“. Darin wird ein ganzer Reigen von ben Sie Schwächen entdeckt? Maßnahmen aufgeführt, die wir in Angriff Den Radverkehr erlebe ich manchmal nehmen möchten, um den Radverkehr toll und manchmal furchtbar, so wie die alltagstauglicher in Bochum zu gestalten. Realität halt ist. Die Freizeitrouten, die Was da genau reinkommt, können die auch als Alltagsrouten genutzt werden Bochumerinnen und Bochumer mitge- können, sind klasse. Es gibt aber genau- stalten; das wird das zentrale Thema der so Straßenabschnitte, wo man auf dem dritten Bürgerkonferenz am 18. Mai sein. Rad sitzt und verzweifelt. Mir ist wichtig, Das Ziel ist, noch fahrradfreundlicher und an Veranstaltungen zum Thema Fahrrad fahrradgerechter zu werden. 12
FreiRad: Wann wird BoVelo als be- Die Situation auf der Königsallee schlossen? kenne ich aus der eigenen Erfahrung. Wenn’s inhaltlich fertig ist. Da muss ja Wir werden im Sommer erste Überle- ein ganzes Bündel von Maßnahmen rein. gungen präsentieren, wie man mit der Ich gehe davon aus, dass wir bis Mitte Königsallee umgehen kann. Das was 2020 soweit sind. im Gutachten zum Verkehrsversuch vorgeschlagen war, ist, glaube ich, noch FreiRad: Wichtig ist ja dann, dass es nicht das Richtige. Die Ideen, die vor Ort zur Umsetzung auch Finanzen gibt. entwickelt wurden, sind jetzt von einem Das ist uns bisher mit der Bochum Team aus Verkehrs- und Straßenplanern Strategie 2030 ganz gut gelungen. In intensiv geprüft und diskutiert worden. manchen Kommunen ist es ja so, dass Wir sollten eine Lösung hinbekommen, es manchmal nur die Strategie und kein die zukunftstauglich ist. Eine erste Geld gibt, in manchen stand auch Geld Ansicht wird auf der Bürgerkonferenz zur Verfügung aber keine Idee dazu. Wir vorgestellt werden. schaffen es in Bochum, das überein- ander zu bringen. Wir haben einen FreiRad: Musterstädte wie Kopenhagen, zentralen Ansatz zur Anfinanzierung aber auch Karlsruhe oder Hamburg ha- von Strategiemaßnahmen in Höhe von ben Programme zur Radverkehrsförde- drei Millionen Euro. Die Strategiemaß- rung aufgelegt und investieren kräftig nahmen, die in die Umsetzung sollen, in die Infrastruktur. Ist ein solches Pro- werden dazu in den nächsten Haushalt gramm auch für Bochum angedacht? miteingebracht. Teile davon werden sich in BoVelo wie- derfinden. Ich habe eine Dokumentati- FreiRad: Das 30jährige Jubiläum fei- on der Ausstellung in Frankfurt „Fahr- ert der ADFC Bochum in diesem Jahr. Rad - die Rückeroberung der Stadt“ Beinahe genauso lange, 1992 in „frei mitgebracht, wo genau diese Frage, wie atmen!“ notiert, wird um vernünftige sieht Radverkehr in Metropolen heute Radverkehrsanlagen an der Königsallee aus, Thema ist. Eine interessante Lek- gerungen. Warum dauern Entscheidun- türe, die auch spannende Anregungen gen in Bochum für eine nachhaltige Mo- für Bochum enthält. bilität so lange? Der Grundsatz, alle Cityradialen fahr- FreiRad: Bochum hat ab den 50iger Jah- radfreundlicher zu gestalten, ist gesetzt. ren einen beispiellosen Wandel hingelegt. Da haben wir bereits einiges geschafft, Von der Bergbaustadt zur Autostadt und aber auch noch eine ganze Menge vor jetzt zur Wissenschaftsstadt. Für den der Brust. Dazu gehört auch die Kö- Mobilitätssektor wünscht sich der ADFC nigsallee. Zunächst wird jetzt das letzte auch einen solchen vorbildlichen Wan- Stück Hattinger Straße in Angriff ge- del. Ist das nicht auch im Mobilitätssektor nommen. Hier werden wir durchgängige machbar und dringend erforderlich? Radverbindungen von der Hüttenstraße Ich glaube,dieser Wandel wird kommen, in die Innenstadt schaffen. Noch in die- Mobilität wird sich grundsätzlich verän- sem Jahr werden wir den Lückenschluss dern. Das wird sich in der Angebotspa- auf der Unistraße zwischen Alsenstraße lette des ÖPNV niederschlagen und das und Ring schaffen. Ab 2021 werden die wird sich auch in der Wahl der Ver- Alleestraße und die Castroper Straße kehrsmittel zeigen. In einer Stadt, die so umgebaut gelebte Automobilstadt ist wie Bochum, 13
30 jahre ADFC: Interview mit ob eiskirch wird sich nichts dadurch verändern, dass FreiRad: Jetzt müssen die Ergebnisse man Dinge verbietet, sondern dadurch, kommen! dass man das Neue attraktiv, den Wechsel Keine Frage. Aber ich kann gut damit leicht macht. Das ist unsere Aufgabe und leben, wenn es ein halbes Jahr länger der werden wir uns stellen, um sowohl dauern sollte, aber dafür richtig gut wird. der Verbesserung des Klimas, als auch Aber es muss kommen. um einem Wandel der Lebenssituationen gerecht zu werden. Unsere Aufgabe ist es, FreiRad: In Bochum wird gebaut: Wie die Rahmenbedingungen so zu verändern, fließen die Belange der Nahmobilität in dass im Modal Split die Bereiche ÖPNV, die Planungen ein? Am Beispiel Mark Fußgängerverkehr und Fahrradverkehr 51˚7 oder am Beispiel Ostpark. deutlichen Zuwachs bekommen. Gemein- Wir sind in Gesprächen, um zu klären, sam mit der Uni haben wir beispielsweise ob wir eine alte Bahntrasse für den Rad- das Thema Bikesharing gestartet. Das verkehr zu Mark 51˚7 nutzen können möchten wir noch mal auf eine qualitativ und ich bin ganz zuversichtlich, dass es neue Stufe stellen. Es ist kein Zufall, dass uns gelingt. Aber natürlich ist auch auf in Bochum 185 „DeinRadschloss“- Stand- dem Gelände Radverkehr vorgesehen. orte vorhanden sind; so viel wie Auch hier gilt: Bei neuen Pla- in keiner anderen Stadt. Und es „Fahrradfahren nungen wird Radverkehr heute ist auch kein Zufall, dass wir die wird einfach konstitutiv mitgedacht und nicht E-Bike Garage als Kommune in Bochum“. mehr nur additiv hinzugefügt. fördern – ursprünglich ein Projekt OB Eiskirch der technischen Berufsschule in FreiRad: Welche aktuellen Maß- Bochum. Es gibt im Moment ganz nahmen ergreift die Stadt zur viele Dinge, die ineinandergreifen, um zu Verbesserung des Radverkehrs? zeigen, „Fahrradfahren wird einfach in Neben den bereits erwähnten Maßnah- Bochum“. men setzen wir zurzeit noch eine ganze Menge um: Wir werden die Markstraße FreiRad: Noch ist es nicht einfach. und die Berliner Straße noch in diesem Behaupte ich auch nicht. Aber mit dieser Jahr teilweise mit neuen Radfahrstreifen Sichtweise sind wir beim Fahrradkli- versehen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, matest 2016 nicht Aufsteiger des Jahres mindestens 100 neue Anlehnbügel pro geworden. Wir sind es auch deshalb Jahr in der Stadt anzubringen, 185 Boxen geworden, weil bei der Frage, wie man von „Dein Radschloss“ sind gerade in eine Straße baut, eine Veränderung Betrieb gegangen. Wir werden am Haupt- eingekehrt ist. Früher wurde erst die bahnhof beim Neubau des Parkhauses P Straße für Kraftfahrzeuge geplant, 7 das erste Fahrradparkhaus Bochums dann die Frage gestellt, wie kann ich bauen. Wenn wir wollen, dass sich der die anderen Verkehrsteilnehmer noch Modal Split verändert, müssen wir die unterbringen. Jetzt heißt die Frage- Schnittstellen zwischen den Verkehrsmit- stellung: Wie plant man eine Straße teln verbessern. optimal, so dass sie für alle Verkehrs- teilnehmerinnen und Verkehrsteilneh- FreiRad: Herr Eiskirch, wir laden Sie mer gute Ergebnisse bringt. Das ist die zum Fahrradaktionsstand am 21. zentrale Veränderung in der Haltung September in der City ein, anlässlich und das hat man auch schnell gespürt des 30-jährigen Bestehens des Kreis- in der Stadt. verbandes Bochum. 14
Ich komme gerne zum Fahrradaktions- stand, um auch zu sagen: Herzlichen Dank an den ADFC für die geleistete Arbeit. Es gibt Veränderungsnotwen- digkeiten; eine davon ist definitiv, dass sich unsere Mobilitätswahrnehmung verändert und dabei ist das Rad ein ganz wichtiger Faktor. Ich möchte Ihnen noch ein Geschenk zum 30. Jubiläum machen: Wir sind kurz vor der Vergabe für ein komplett neues Radver- kehrsbeschilderungssystem. 3.800 neue Schilder sollen errichtet werden, die das Thema Alltagsradverkehr unterstützen. Wir bekommen damit ein deutlich engeres, beschildertes Radnetz. Die Planung ist abgeschlossen, die erste Ausschreibung für die Montage wird jetzt angegangen. Ob es dann noch in diesem Jahr losgehen kann, hängt vom Auftragnehmer ab. FreiRad: Das nächste große Jubiläum feiert der ADFC Bochum in 20 Jahren, das 50 jährige Bestehen. Herr Eiskirch, wie sieht es dann mit der Nahmobilität und speziell dem Fahrradverkehr in Bo- chum aus? Deutlich mehr Menschen als heute werden das Fahrrad nutzen. Es wird deutlich mehr Strecke mit dem Fahrrad zurückgelegt und das Fahrrad wird viel stärker Bestandteil der tagtäglichen Mobilität sein. Ich bin mir sicher, dass das Fahrrad sich technologisch weiter entwickeln und der Modal Split sich eindeutig Richtung Fahrrad verschieben wird. Und natürlich ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich zum 50. Jubiläum einladen würden. Frei Rad: Herr Eiskirch, herzlichen Dank für das Interview. Das Interview führten Gerlinde Ginzel und Georg Puhe am 2. April 2019 15
Rad infrastruktur: Radweg der rub Bei der Planung der Ruhr-Universität ebenfalls am Rande der Kapazität ange- Mitte der 60iger Jahre, die erste Universi- langt, die Takterhöhung zu den Hauptver- tätsneugründung im Ruhrgebiet, wurde kehrszeiten lindern den Mangel, lösen ihn ein funktionaler Campus konzipiert, der aber nicht. Wissenschaft auf komprmiertem Raum ermöglichte. Das Postulat der kurzen 2013 stürmte zudem ein Doppeljahrgang Wege sah unter der Uni Autoebenen die Universitäten, denn hier machten vor, darüber autofreie Verbindungen gleichzeitig die alten G 13 der Gebäude für Fußgänger. Bar- und rierefreiheit war Mitte der 60iger Jahre noch die neuen G 12 Klassen ihr Abitur. Jedem Student ein Studienplatz war das Ziel der Hochschulen, so natürlich auch das der Ruhr-Universität Bochum. Die zu bewältigende Logistik für die Aufnahme eines zusätzlichen Jahrgangs war ernorm. Neben vielen anderen Maß- nahmen zur Raumbeschaffung wurde ein Mobilitätsmanagement aufgelegt, um dem kein erhöhten Verkehrsaufkommen genügen Ziel, der Topographie geschuldet gibt es zu können. Alle Verkehrsträger kamen viele Treppen auf den Fußgängerebenen, auf den Prüfstand: Eine vorgeschaltete die die Gebäude miteinader verbinden. Mobilitätsbefragung ermittelte 2012 die Das Fahrrad war bei der Planung der RUB Grundlage für eine Mobilitätsstrategie un- Mitte der 1960er Jahre nicht vorgesehen. ter der Bezeichnung MOVE. Darin wurden Komplett mit Tiefparkgaragen errichtet, alle Studierenden und Beschäftigten der kann man mit dem Auto in die Uni fahren RUB zur Ihrem Mobilitätsverhalten be- und unterhalb der Fußgängerpromenade fragt. Nur 6,3 % der Beschäftigten nutzten parken. Der maximal zurückzulegende das Fahrrad, bei den Studierenden betrug Fußweg beträgt 15 Minuten von einem der Anteil lediglich 3,6 %. Hier sind die zum anderen Ende. Eine perfekt erschlos- Kombinationen aus ÖPNV und Fahrrad sene Bildungsmaschine, die damit auch schon eingerechnet. in besonderer Weise die Verbindung aller Fakultäten problemlos ermöglicht. 6.600 Deutlich Luft nach oben konstatierten Parkplätze im Umfelde der RUB reichen die Planer und entwickelten ein Bündel inzwischen nicht mehr aus. Die zur ÖPNV von Maßnahmen unter anderem auch zur Erschließung gebaute Stadtbahn U 35 ist Stärkung des Fahrradverkehrs in einem 16
Bochum erstellt, die die Hauptachse Uni- versität West über die Max-Imdahl-Straße jetzt sicher und bequem befahrbar macht und das bis dahin praktizierte Parken am Straßenrand endgültig unterbindet. Eine zweite Modal Split Erhebung 2014 zeigte bereits Steigerungen in der Rad- verkehrsnutzung: Bei den Beschäftigten eine Zunahme um 2,2 % auf 8,5 %, bei den Studierenden eine Zunahme von 1,7 % auf 5,3 %. Neuere Erhebbungen gibt es bisher noch nicht, gefühlt sind die Radverkehrs- anteile aber weiter gestiegen. Die Univer- sität ist inzwischen auch nicht mehr auf Über Rad und Fußwege zur Uni den Campus beschränkt, Institute und Außenstellen gibt es am Gesundheitscam- pus-Nord, an der Universitätsstraße, am eigentlich nicht sehr geeigneten Bewe- Bergbaumuseum, in der Stadtbadgalerie gungsraum. Investiert wurde kurzfristig und in der Bongardstraße. Auch auf Mark in den Bau von Abstellanlagen und in 51.7, der ehemaligen Opelfläche, wird die das Bikesharing System Metropolrad- Universität weitere Einrichtungen in Be- ruhr. Dazu ein paar Zahlen: 8 gesicherte trieb nehmen. Damit sind auch die Anfor- Fahrradabstell-Sammelanlagen wurden derungen an Mobilität deutlich gestiegen. gebaut mit etwa 180 Stellplätzen, 450 Anlehnbügel für das gesicherte Abschlie- Der Weg zu einer fahrradfreundlichen ßen von 900 Fahrrädern entstanden Universität ist noch lang, die eingeleiteten und die Universität investierte in das Schritte aber zeigen die richtige Richtung Metropolradruhr und baute 17 Stationen auf und tragen erste Früchte. Was strebt auf dem Campus. Besonders begehrte die Mobilitätsbeauftragte der Universität, Radverbindungsachsen für die Nutzung Lea Gemmeke, für die nächsten Jahre an? des Leihfahrrades MRR sind inzwischen die Verbindungen zwischen Unicampus Hauptzufahrt in die Tiefgaragen der Uni und Sportcampus und die Verbindungen zwischen den Studentenwohnheimen und der Universität. Für die Studenten ist die Nutzung des Metropolradesruhr für die ersten 60 Minuten gratis, die Hochschule Bochum und die Hochschule für Gesund- heit Bochum sowie die Folkwang Univer- sität der Künste können diesen günstigen Tarif ebenfalls nutzen. Zur Verbesserung der Befahrbarkeit des Unicampus wurden Rampen angelegt, eine Einbahnstraße im Unibereich in Gegen- richtung für den Fahrradverkehr geöffnet und die erste „Protected Bike Lane“ in 17
Rad infrastruktur: Radweg der rub „Ich träume schon von einem Modal Split Anteil von über 20%, dazu sind aber gemeinsame Anstregungen zusam- men mit der Stadt Bochum erforderlich. Beauftragt ist eine Text: Georg Puhe Machbarkeitsstudie zur Verbindung des Uni Campus mit der Fotos: Bernhard Raeder zukünftigen Uniaußenstelle Mark 51.7, dem ehemaligen Opel Gelände. Universität, Bogestra und die Perspektive Bochum 2022 erarbeiten hier gemeinsam eine Mobilitätsstudie.“ Weitere Informationen: Information über Mobilitätsmöglichkeiten sind der Schlüssel www.ruhr-uni-bochum. zu einer Verhaltensveränderung. Auch hier hat die Universitäts- de/move/move-die- verwaltung erhebliche Anstrengungen unternommen. Informa- strategie tionsstände zur Einschreibung und bei Großveranstaltungen der Uni sind wichtige Schritte, Erreichbarkeitspläne stehen im Netz, Campusrundgänge und Fahrradexkursionen wurden zur Information eingesetzt. Und wer es individuell braucht, erhält sogar per E-Mail Beratung zur Streckenführung und Erreich- barkeit. Das Fahrrad hat Einzug gehalten in die Universität, das Wachstumspotential des Radverkehrs ist groß. Protected Bike Lane 18
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medien: Best-of »Frei atmen!« B 27 Jahrgänge „frei atmen!“, in der Regel 3 Ausgaben pro Jahr, informierten und un- Städte begleite der ADFC Bochum die Radverkehrspolitik. Im Jahr 2000 fasste e terhielten ADFC Mitglieder und Fahrradin- der damalige Vorsitzende des ADFC teressierte in Bochum zu allen wichtigen Bochum Gert Haarmann die Akivitäten s Themen rund ums Fahrradfahren in der zusammen: „In eigener Sache..... Liebe Stadt. Tourenberichte, neues aus dem ADFC Fahrradfreunde, die letzten 20 Monate des Bochum, Aktionen zur Förderung des alten Jahrhunderts waren starke Monate, t Radverkehrs in der Stadt und viele kritische die den Kreisverband des ADFC in Bo- Auseinandersetzungen mit den Entschei- chum verändert haben. Der ADFC hat sich -o dungen der Politik und der Arbeit der in einer bisher nie gekannten Art in die Stadtverwaltung „Radweg Irrsinn im Revier“ verkehrspolitischen Belange dieser Stadt (frei atmen! 3/2010) haben den treuen Leser eingemischt. Nie vorher wurde der ADFC informiert. Ganz wichtig der Kalender, der zu so vielen Terminen geladen und nie alle Termine zu Fahrradaktivitäten und vorher war sein fachkompetenter Rat bei f Radtouren in Bochum enthielt. Behörden und Verbänden so gefragt, wie Die kleine, nicht repräsentative, Rückschau heute. Nie zuvor ist es den paar Verant- frei atmen! n! durch Radfahre Neue Freunde Reality-Radweg Radhauskreuzung Stadtverkehr Inhalt: Verkehrführung umweltfreundlicher Aktionsbündnis Herausforderung? Korsika - eine 8/93 -12/93 Radtourenprogramm rversammlung Protokoll der Mitgliede fahrzeitschrift Bochumer Rad 2/93 m d-Club Bochu her Fahrra Allgemeiner Deutsc auf 27 Jahre „frei atmen!“ zeigt 27 Jahre wortlichen des ADFC so schwer gefallen 1992 Engagement für den Fahrradverkehr in alle Termine wahrzunehmen. Die Presse Bochum, zeigt den schweren Stand der ist auf uns aufmerksam geworden. Man Aktivisten, zeigt wie schwer ein Mobili- kann mit Fug und Recht behaupten, der tätswechsel in einer Stadt fällt, in der bis ADFC ist in Bochum Stadtgespräch ge- Dezember 2014 Autos produziert wurden. worden.“ (1/00) Über viele Aktionen wurde berichtet, u. a. über Aktionen mit Schülern Verkehrs- und Fahrradverkehrspolitik der Gymnasien an der Königsallee: „Rad- Immer kritisch setzte sich „frei atmen!“ streifen auf der Königsallee: Mit der Aktion mit Verkehrs- und Radverkehrspolitik in vom 24. Juni (1993) sollte für unseren Bochum auseinander. Am 30. 10. 1991 fand Vorschlag geworben werden, Radstreifen eine Fahrraddemo (AStA und ADFC) von auf der Königsallee einzurichten (s. Fahr- der Uni zur Stadtmitte statt, von Anbeginn Rad 1/93) und somit den Schulweg für die an wurde die mangelhafte Verbindung zahlreichen radfahrenden Schulpendler zwischen Uni Campus und Innenstadt auf der Königsallee zu sichern.“(2/93) kritisiert. Mit Eingaben, Forderungen und Schwarzbüchern, Wahlprüfsteinen und Kultur Positionspapieren zur Aufnahme in die Kreatives und Weltgewandtes vermittelte Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher die Bochumer Radfahrzeitschrift, berichtete 20
über eine Fotoausstellung „Radfahren in Bochum – Salto mortale in der Pedale“ Stadt und Umgebung. Aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung zitierte „frei 27 Y (f a! Nr.1992) im Forum der Volkshochschule, atmen!“ den Bericht des Vorstandes: „Su- die vom ADFC Bochum gestaltet wurde. sanne Wibbeke berichtet von dem Zuwachs Auch Museumsradtouren standen immer auf 582 Mitglieder, die größtenteils auf den e wieder auf dem Programm, so zum Beispiel Radtouren geworben wurden. Desweiteren zur Ausstellung „Bärenlese - Zum Wesen teilte sie mit, dass im Jahre 2009 insgesamt des Teddies“ in Essen. (Report 91) 58 Radtouren durchgeführt wurden mit a 1.572 Teilnehmern, die eine Strecke von Radreisen 107.235 km gefahren sind.“ 2/10 Besonders Radreiseberichte aus aller r Welt öffneten dem „frei atmen!“ Leser Das verschlechterte sich allerdings in den den Blick über den Bochumer Tellerrand folgenden Jahren: „Oh Radtouren, wo seid s hinaus. Radreisen nach Norwegen und ins ihr? Als die Radtourangebote abhanden Baltikum, in den Jemen 2/97 oder durch kamen“ lautete in der Ausgabe 1/16 der Titel. russisch Karelien 2/00 und viele weitere Tourenleiter verabschiedeten sich, es fehlte an Nachzulesen sind alle Ausgaben im Internet unter der Adresse: ht- tp://www.adfc-bo.de/ zeitung/zeitung.php Tourberichte zeigten die Vielfältigkeit des Nachwuchs. Dafür warb der Artikel offensiv. 2019 Fahrrades und den hohen Erlebniswert. „Frei atmen!“ hat die Diskussion um Berichte über ein Fahrradprojekt in Ugan- umweltfreundliche Mobilität in Bochum 27 da 1/00 zeigte die grenzenlose Arbeit der Jahre kritisch begleitet, hat Forderungen ADFC Mitglieder. formuliert und so einen ganz wichtigen Bei- trag zur Entwicklung der Nahmobilität in Lebenspraktisches Bochum geleistet. Nach 27 Jahren wechselt Auch Kurioses vermittelte „frei atmen!“. lediglich der Titel und das Layout. „Frei- 3/94 titelte das Mitgliedermagazin: „Mann Rad“ wird die Arbeit für Verbesserungen radelt mit Leiche durch Köln“ und in der des Radverkehrs in Bochum fortsetzen und Ausgabe 2/00 wurde die wichtige Frage die Belange des Fahrradverkehrs weiterhin gestellt, „Macht Radfahren impotent?“ „Mein kritisch begleiten. erstes Elektrorad“ war in der Ausgabe 2/13 ein sehr persönlicher Erfahrungsbericht Dem Layouter von „frei atmen!“ ein ganz über die damals neue Fahrradtechnik. großes Lob und ein herzliches Dankeschön. 27 Jahre „frei atmen!“ erfordert Respekt! Fahrradtouren Gerd Bergauer hat sein know how einge- Ein wichtiges Kapitel in der Berichterstat- setzt und viele spannende Hefte zusam- tung waren immer die Radtouren in der mengestellt. 21
umfrage unter alltagsradlern Die Basis spricht: Wer eine Verkehrswende will, braucht Alternativen zum Auto. FreiRad hat Alltagsradler, die ihre Wege zur Arbeit mit dem Fahrrad zurücklegen oder re- gelmäßig das Fahrrad als Verkehrsmittel benutzen, nach ihren Erfahrungen und Wendy Tanriverdi Wünschen gefragt. Frau Tanriverdi wohnt in Weitmar-Mark und fährt ihren Sohn Theo einmal die Woche in die FBS Zechenstraße in Bochum-Hamme . von Georg Puhe und Bernhard Raeder Ihre beiden älteren Kinder ((6 und 8) fahren auch Fahrrad, genau wie ihr Mann, der über die Springorum-Trasse zur Arbeit hinter dem Hauptbahnhof fährt. „Für mich ist das Fahrrad ein Verkehrsmittel, dass mich nach Hamme und zur Uni bringt. Daneben ist es Sportgerät, das mir die Mu- ckibude erspart. Letztlich nutze ich es mit den Kindern auch in der Freizeit“. „Auf den Wegen nach Hamme erlebe ich fast täglich unangenehme und auch brenzli- ge Situationen. Erst heute hatte ich beinahe einen Unfall, weil ein Auto vor mir auf den Radstreifen fuhr um zu wenden. Oft parken auch Autofahrer auf den Radstreifen, um mal eben einzukaufen. Beschwert man sich, wird man angepöbelt.“ „Viele Straßen sind für den Radverkehr schon ganz gut ausgebaut, so die Markstra- ße, der Springorum Radweg, die Dorstener Straße. Es muss aber mehr Bewusstsein ge- schaffen werden, dass Radfahrer ebenbürtige Verkehrsteilnehmer sind! Ihnen muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, sonst Kann denn Parken Sünde sein? bleibt das Radfahren oft zu gefährlich.“ 22
Cengiz Toku Die Familie Toku wohnt in Altenbochum, seine beiden Söhne fahren mit dem Rad zur Goethe-Schule. Seine jüngste Tochter wird jetzt auch fit gemacht, um demnächst über Lohring, Gersteinring, Küpperstraße Jannik van den Boom und Stadtpark auch zur Goethe-Schule zu Jannik (22) ist Student der Psychologie an der radeln. Seine Frau benutzt das Rad für die Uni Essen und wohnt in Bochum Fahrt zur Arbeit. „Ich bin praktisch jeden Tag auf dem Rad. „Die Bewegung beim Radfahren und die Es ist das zentrale Verkehrsmittel für mich. frische Luft sind wichtig für den Körper. Ich In Bochum mache ich alles mit dem Rad. versuche das Rad auch oft als Verkehrsmit- Auch zur Uni Essen fahre ich meistens über tel zu benutzen, das ist gut für die Umwelt. die Erzbahntrasse und dann Richtung Zoll- Man muss nicht immer mit dem Auto fah- verein.“ ren.“ „Da ich das Radfahren liebe, mache ich „Die Stadt Bochum hat schon viel für viele positive Erfahrungen. Schaue ich Radfahrer getan, besonders gut gefallen mir aber die Gesamtverkehrssituation an, mir die Bessemer-, die Oskar-Hoffmann- kann ich nur sagen: ziemlich katastrophal! und die Herner Straße. Es könnte aber Besonders die Hattinger Straße nervt. Im noch mehr sein.“ Stadtgebiet machen viele Schlaglöcher das „Ich wünsche mir eine deutlich bessere Fahren sehr ungemütlich.“ Anbindung der Springorum-Trasse an die „Ich finde, das Bewusstsein fürs Radfah- Bochumer Innenstadt. Meine Frau hät- ren müsste gestärkt werden. Menschen soll- te sicher noch den Wunsch, die Wittener ten verstehen lernen, Radfahren als echte Straße für Radfahrer sicherer und fahrrad- Alternative zum Auto zu begreifen. Dazu freundlicher zu gestalten. Sie benutzt sie hilft auf jeden Fall eine gute Infrastruktur. regelmäßig für ihre Fahrt zur Arbeit an der Irgendwie muss man den Widerspruch Alleestraße“ zwischen Umweltbewusstsein und der täg- lichen Praxis verändern“. 23
umfrage unter alltagsradlern Jan Chmiel Iris Schulz Herr Chmiel wohnt in Altenbochum, ist in- Frau Schulz wohnt in der Nähe vom ehemaligen zwischen über 70 Jahre und fährt viel Fahr- Eistreff und fährt seit acht Jahren regelmäßig mit rad. Und das fast schon immer, wie er sagt. dem Rad zu ihrer Arbeit auf der Hans-Böckler-Stra- ße. Sie hat den Eindruck, dass der Radverkehr in „Fahrradfahren macht mir viel Spaß und so den letzten zwei Jahren deutlich zugenommen hat. tue ich auch etwas für meine Gesundheit. Ich „Ich benutze das Rad häufiger als das Auto. fahre fast täglich zwischen 20 und 30 Kilo- Da ich mitten in der Stadt arbeite, bin ich mit meter. Ich mache damit auch kleinere Ein- dem Rad schneller und flexibler. Es macht mir käufe. Jetzt hole ich gerade Medikamente für auch einfach Spaß. Besonders Einkäufe lassen meine Frau aus der Apotheke.“ sich so schnell erledigen. Für mich ist es in der „In den letzten Jahren hat sich in Bochum Woche das zentrale Verkehrsmittel! Der ÖPNV ist viel verbessert, z.B. in Richtung Uni. Ich be- mir zu teuer.“ nutze viel die Springorum-Trasse, die ist „Radwege sind oft zugeparkt. Auf Bürgerstei- wirklich gut. Ich beobachte auch viele Met- gen, die für Radfahrer freigegeben sind, werde ich ropolfahrräder, das ist gut für die Studenten häufig von Fußgängern beschimpft. Auf vielen und für die Touristen.“ Strecken stehen ständig Pfosten im Weg. Bei der Frage, welche Verbesserungen (Das jahrzehntelange Bestreben der Verkehrs- er sich in Bochum noch wünscht, muss er planer, die Radfahrer aus dem Straßenraum zu lange überlegen. Etwas schüchtern sagt er verbannen und auf die Bürgersteige auszulagern, schließlich, „eigentlich bin ich fast zufrieden, fand 1998 mit der Änderung der StVO ein Ende, ich denke so 90-95% zufrieden.“ Wenn er so dass die Benutzungspflicht fast überall aufge- allerdings die Wittener Straße in die Stadt hoben werden musste. Die unzähligen ‚Radfahrer fährt, geht es erst ab dem Lohring „so eini- frei’ Schilder gehören aber nicht zum Konzept germaßen gut“. einer fahrradfreundlichen Stadt. d.Red.) „Ich wünsche mir mehr eindeutige Radwege in Über die Zustände vorher, schweigt er. der Bochumer Inenstadt! Die sollte auf jeden Fall fahrradfreundlicher werden. Wenn ich an Kopen- hagen denke, könnte ich mir auch Fahrradspu- ren vorstellen“. 24
Susanne Schlossarek Julia Schulte Frau Schlossarek wohnt in Linden, wo sie auch „Ich benutze das Fahrrad auch als norma- früher lange im Handel gearbeitet hat. Auf der les Verkehrsmittel, besonders zum Einkau- Straße ist sie vielen Mitbürgern bekannt. fen. Viele Wege sind zum Laufen zu weit „Ich bin 50+ und Radfahren ist für mich und fürs Auto einfach zu kurz. Da ist das eine sportliche Betätigung, die mir gut tut. Fahrrad genau richtig. Das Auto ist für die Ich fahre jeden Morgen zum Sport und zur Fahrt in die Innenstadt eh nicht geeignet!“ Arbeit nach Weitmar-Mitte. Unterwegs kann ich dann auch gut einkaufen. Das Auto kann „Allerdings ist die Innenstadt schwer zu man ja mal ruhig stehen lassen. Ich benutze durchfahren, es ist ein schlechtes Durchkom- es etwa einmal die Woche.“ men. Auf den Radwegen oder Radstreifen „Wenn ich auf dem Bürgersteigradweg wird auch zu oft geparkt. Ich finde auch, an der Hattinger Straße in Linden (s. Abb. dass es mehr Abstellmöglichkeiten für Fahr- rechts unten) unterwegs bin, habe ich nicht räder geben müsste. Diese Stahlreifen („Lol- soviel Probleme wie andere. Mich lassen die lys“ d.Red.) würden schon genügen.“ Menschen eigentlich ohne Murren durch, „Ich wünsche mir mehr Radwege in Bo- weil mich viele von meiner damaligen Arbeit chum!“ kennen. Andere werden aber oft angeraunzt oder angepöbelt. Besonders ältere Menschen sind oft extrem. Der Radweg ist ja nur gedul- det.“ (Ich mache sie darauf aufmerksam, dass hier eine Benutzungspflicht vorliegt, Radfah- rer also zwingend den Bürgersteig benutzen müssen. Nach Aussagen der Stadt sei dies notwendig, da in den Haltestellenbereichen die Schienen eine zu große Gefahr für Rad- fahrer darstellten. Das Bild von der Halte- stelle Südbad zeigt die Problematik, die Frau Schlossarek anspricht.) „Besonders sonntags gibt es oft große Diskussionen mit den Kirch- gängern, wenn Gruppen von Radfahrern auf dem Bürgersteig auftauchen.“ 25
umfrage unter alltagsradlern Die Basis befragt: Welchen Stellenwert hat das Fahrradfahren für Sie/dich? Wie erleben Sie / erlebst du das Fahrradfahren in Bochum? Was wünschen Sie sich /wünschst du dir ganz besonders für das Fahrradfahren in deiner Stadt? Patrick Hoenninger fährt aus Weitmar oft mit tofahrer in Bochum am schlimmsten sind; dem Rad zum Bahnhof, um mit dem Zug zum das habe ich in so vielen Städten gehört, Arbeitsplatz zu gelangen. dass es weder originell noch glaubwürdig Der gemessene Anteil des Fahrrads am ist. Akzeptanz fängt im Kopf von jedem berühmten Modal Split wie auch das im und jeder an, wenn die Wahl ansteht, wie Alltag beobachtbare Aufkommen haben ich wohin fahre und dabei ernsthaft das über die Jahren etwas zugenommen. Die Fahrrad einbeziehe – und das Sammeln politische Beachtung, gerade auf kom- von Gegenargumenten nicht als Sport be- munaler Ebene, ist deutlich gewachsen. treibe: zu weit, zu viel Steigung, zu nass, Trotzdem ist das Fahrrad nicht ein weit- zu kalt, zu gefährlich, zu viel Gepäck, zu hin akzeptiertes Verkehrsmitte. Mit Ak- kaputt (das Rad), zu aufwändig (das Rad zeptanz meine ich nicht nur die Position rauszuholen); in Konfliktsituationen – hier will ich aller- Seitdem ich 1993 nach Bochum zog dings nicht ins Horn stoßen, dass die Au- fuhr ich viel mit dem Fahrrad in Bochum bzw. in der Region und kam mir lange pi- onierhaft vor. Ich bin nach wie vor davon Second Hand überzeugt, mit dem Rad in vielen Situati- Kleidung und Möbel onen die beste Wahl zu treffen. Ein wenig - gemeinnützig ist das auch dem ÖPNV-Angebot geschul- - sozial det, was es außerhalb der Hauptverbin- - integrativ dungen nicht mit dem Individualverkehr 2. Hand Möbel: aufnehmen kann. Aber das Kombinieren Tel. 0234 / 955 41 66 von ÖV und Rad kann die jeweiligen Harpener Feld 14 • Hattinger Str. 72-74 Nachteile kompensieren. Und, ehrlich ge- 2. Hand Kleidung: Tel. 02327 / 991 39 66 sagt, kann ich auf das Auto zurückgreifen Castroper Str. 203 • Alte Bahnhofstr. 38 und tue dies gelegentlich tatsächlich. Günnigfelder Str. 99 • Hattinger Str. 72-74 Ich wünsche mir, dass Sonntagsfahrer Dr.-C.-Otto-Str. 119 auch montags mit dem Rad fahren…ist Wir suchen ständig gar nicht so schlimm; und zeigt allen an- gut erhaltene Kleider- und Möbelspenden deren, dass es geht. 26
Dietmar Streit, Dr. L, fährt täglich mit dem Rad in die Stadt Apotheker in Querenburg und Steinkuhl Für mich bedeutet die Nutzung des Fahr- Mit dem Fahrrad erreiche ich meinen Ar- rades Freiheit - ich wähle meine Zeit und beitsplatz am einfachsten. Ich brauche 10 bis meinen Weg, genieße die Natur auch bei 12 Minuten für die Strecke und komme frisch Kälte und Regen. Morgens macht es mich und wach am Arbeitsplatz an. 40 - 50 % dieser wach und abends entspannt es mich. Ich Wege mache ich mit dem Fahrrad. verpeste nicht die Umwelt und spare viel Für mich ist die Anbindung an die In- Geld. Es hält mich fit und jung. nenstadt eine Katastrophe. Auf dem letzten Der Bau des Springorum Radwegs ist ein Stück der Unistraße fehlen komplett die großer Gewinn für mich, da ich den Autos Radverkehrsanlagen, die Innenstadt aus ausweichen kann. Da ich von Linden in die Süden zu erreichen halte ich für brandge- Innenstadt radele, finde ich die Teilstrecke fährlich. von der Musikschule Linden bis zum Sprin- Deshalb wünsche ich mir die zügige Fer- gorumradweg, da ohne Radweg, gefährlich. tigstellung des Radschnellweges und eine Dass die Ampel am Hauptbahnhof zuerst Verbesserung der Erreichbarkeit der Innen- für uns Radler grün wird, gibt mir Sicherheit. stadt. Die Reduzierung des mororisierten In den 30 Jahren, die ich mit dem Rad unter- Individualverkehrs ist für mich ein weiteres wegs bin, ist die Achtsamkeit der Autofahrer wichtiges Ziel. deutlich besser geworden. Aber man muss doch dauernd ausweichen, wenn der Rad- weg zugeparkt ist (z. B. Wasserstr.) oder Au- totüren unerwartet öffnen. Es ist toll, dass viel mehr Radfahrer in der Stadt unterwegs sind als damals. Für die Bogestra habe ich ein Ticket 2000. Dies motiviert mich, selbst bei grausligem Wetter zumindest eine Stre- cke zu radeln. Ich wünsche mir mehr gut markierte Rad- wege, z. B. Königsallee oder Hattinger Straße Schlimmer geht immer! Innenstadt nah. 27
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