Rasse ohne Realität Warum das Konzept der Unterarten fragwürdig und das der Menschenrassen überholt ist - Biologie in unserer Zeit
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
TAXONOMIE | IM FOKUS Warum das Konzept der Unterarten fragwürdig und das der Menschenrassen überholt ist Rasse ohne Realität S tefan R ichter | T orben G öpel E he wir zur Beantwortung dieser Frage kommen, müs- sen wir uns zunächst mit der Begrifflichkeit beschäf tigen. Der Begriff Rasse wird heute nur noch in zwei Zusammenhängen verwendet, zum einen bei Haustieren, zum anderen beim Menschen. Da Haustiere aber Ergeb nisse menschlicher Züchtung darstellen, wird im Eng lischen der viel geeignetere Begriff breed verwendet (im Deutschen wären die Begriffe Sorte oder Zucht/Züchtung wohl am ehesten angebracht), nur beim Menschen spricht man von race. Die besonderen Eigenschaften von Haus- tierrassen wurden von Fischer et al. [2] ausführlich behan- delt und sollen hier nicht wieder aufgegriffen werden. Schon eine oberflächliche Beschäftigung mit dem Begriff race reicht aus, um zu erkennen, dass im angelsächsischen Sprachraum der Begriff auch heute noch kulturell über lagert ist. Races sind vorrangig soziale Konstrukte, die www.pixabay.com nur bedingt biologische Realität widerspiegeln sollen. Als „folk races“ haben sie Eingang in die Literatur gefunden [3–5]. Die beiden Arbeiten von Q. Spencer [4, 5] sind be- sonders lesenswert, da sie sich sowohl mit der vermeint- Anlässlich der 112. Jahrestagung der Deutschen Zoo lichen Realität einer biologisch begründeten als auch mit logischen Gesellschaft in Jena wurde die „Jenaer Erklärung – der sozialen Kategorie Rasse beschäftigen. Ein kulturell überlagerter Rassebegriff mit impliziten und häufig genug Das Konzept der Rasse ist das Ergebnis von Rassismus expliziten zuweisenden Wertigkeiten der einzelnen Ras- und nicht dessen Voraussetzung“ bekannt gegeben. Die sen kennzeichnet auch die ganz überwiegende Sichtweise Autoren betonen, dass der Nichtgebrauch des Begriffes seit Beginn der Ausweisung von Menschenrassen [2]. Im (US-)Amerikanischen ist der Begriff race allgegenwärtig. Rasse – bezogen auf den Menschen – heute und zukünftig So lässt sich erklären, dass Ernst Mayr in seinem kurzen zur wissenschaftlichen Redlichkeit gehören sollte, da Essay „The biology of race and the concept of equality“ Menschenrassen keinerlei biologische Realität haben. Die [6], der sich an eine allgemeine Leserschaft und nicht an Biologen wendet, den Begriff race durchgehend verwen- Jenaer Erklärung ist nachfolgend in der Biologie in unserer det, wenn auch mit dem Hinweis, dass die Begriffe „geo- Zeit publiziert worden [1]. Neben überwiegender Zustim- graphic race“ und „subspecies“ austauschbar sind. Auch mung hat die Erklärung auch Kritik erfahren, vereinzelt Pigliucci & Kaplan [3] verwenden den Begriff race in ih- rem Beitrag „On the concept of biological race and its auch von Fachkollegen (W. Kunz, dieses Heft). Eine aus- applicability to humans“. Sie vertreten, dass es „human führliche Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen natural races“ durchaus gibt, diese aber als ecotypes der Jenaer Erklärung ist inzwischen in den Mitteilungen der (Ökotypen) existieren, die nichts mit den folk races zu tun haben – wir kommen darauf noch zurück. Deutschen Zoologischen Gesellschaft erschienen und frei zugänglich [2]. Hier sollen nur einige wenige, zentrale Der Rassebegriff in der Zoologie Aspekte noch einmal aufgegriffen werden. Im Zentrum Der Begriff „Rasse“ war in der Biologie nicht auf eine ein- zige allgemeingültige Definition bezogen und kämpft seit steht dabei die Frage nach der biologischen Realität von jeher mit Unschärfen in der Abgrenzung zu anderen Be- Menschenrassen. griffen, wie Varietät, Population, Ökotyp, Morphe oder auch © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit Online-Ausgabe unter: veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz www.biuz.de 2/2021 (51) Biol. Unserer Zeit 179
Die mit einem dem Artbegriff selbst. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- verwendet wird, ausgerechnet auf den Menschen bezo- grünen Pfeil derts wurde die Darwinsche Evolutionstheorie durch Er- gen in einem biologischen Zusammenhang Anwendung markierten Begriffe kenntnisse der Populationsgenetik und Speziation maß- finden soll. Der Verzicht auf den Begriff „Rasse“ sollte in werden im Glossar auf Seite 187 er- geblich zur Synthetischen Theorie der Evolution erweitert, einem zoologischen Kontext selbstverständlich sein. Das klärt. so dass auch für die Systematisierung des Lebens neue Mindeste, was festzustellen ist, ist dass der Begriff in der Paradigmen Einzug in die systematische Zoologie hielten. Zoologie seit langem überholt ist. Theodosius Dobzhansky beispielsweise kritisierte in die- Nun soll es hier ja vorrangig nicht um Benennungen sem Zusammenhang die Definitionsvielfalt und entspre- gehen, sondern um die dahinterstehenden Konzepte und chende Unschärfe des Rassebegriffs in der Evolutionsbio- die Frage nach ihrer biologischen Realität. Die Frage ist logie [7]. Jedoch wandelte sich auch Dobzhanskys Rasse- also, ob Unterarten reale biologische Einheiten sind, wo- konzept mehrfach mit den Jahren [8], und auch er nutzte bei wir uns auf die Zoologie beschränken und daran an- die Begriffe Rasse und Subspezies synonym für distinkte schließend die Frage stellen, ob sich die Primatenart geografische Formen [7]. So ist die (auch historische) Syn- Homo sapiens in ähnlicher Art und Weise in Unterarten onymie dieser Begriffe etabliert [9, 10], und es setzte sich, untergliedern lässt, wie dies bei vielen Reptilien, Vögeln nicht zuletzt durch die Ar- und Säugetieren, wie z. B. beiten von Ernst Mayr, all- beim Schimpansen (Pan mählich der Begriff der DER VERZICHT AUF DEN BEGRIFF „RASSE“ troglodytes) erfolgt. Darü- Subspezies durch [10]. SOLLTE IN EINEM ZOOLOGISCHEN KONTEXT ber hinaus ist zu fragen, In der Zoologie wird SELBSTVERSTÄNDLICH SEIN ob die möglichen Unterar- der Begriff Rasse oder das ten beim Menschen zu- englische Pendant race mindest in Annäherung schon lange nicht mehr verwendet. In dem Standardwerk dem entsprechen, was allgemein als Menschenrassen an- „Grundlagen der zoologischen Systematik“ von Ernst Mayr gesehen wird. Wir wollen den Ansatz Ökotypen als Rassen ([11]; deutsche Übersetzung der 1969 erschienen „Prin- aufzufassen hier nur kurz streifen [3]. Der Begriff Ökotyp ciples of Systematic Zoology“; siehe auch [12]) sind es hat ja tatsächlich seine frühere Entsprechung in jenem der nur wenige Sätze, die auf eine Synonymie von „geografi- „ökologischen Rasse“. Die konvergente Entstehung von scher Rasse“ und Unterart und auf die Verwendung des Ökotypen und die vorgeschlagene Zuordnung von Indivi- Begriffs der „ökologischen Rasse“ hinweisen (S. 44–47). duen zu verschiedenen Ökotypen, d. h. zu verschiedenen Das eigentliche biologische Phänomen wird unter dem Rassen [3] – z. B. neben einer hellhäutigen Rasse noch zu Begriff der Unterart (Subspezies) diskutiert. Im offiziellen einer laktosetoleranten Rasse, beides Merkmale die mehr- deutschen Text der Internationalen Regeln für die Zoo fach konvergent entstanden sind und keineswegs de- logische Nomenklatur [13] – von Otto Kraus übersetzt – ckungsgleiche Gruppen umfassen – lassen ein solches taucht der Begriff Rasse gar nicht auf, stattdessen wird der Konzept fragwürdig erscheinen [2]. Insbesondere bleibt Begriff Unterart verwendet. Es stellt sich somit die Frage, zu hinterfragen, warum das Konzept des Ökotypus heute warum der Begriff „Rasse“, der in der Zoologie (die Haus- noch mit dem Begriff der Menschenrasse korreliert wer- tierkunde außer acht lassend) nun schon lange nicht mehr den soll, da es nicht nur dem allgemeinen Gebrauch von Menschenrassen (im Sinne der folk races) widerspricht, sondern auch der früheren Verwendung des Rassebegriffes I N KÜRZ E (heute Unterart) in der Zoologie. Dass Unterarten heute in der Zoologie, insbesondere – Der Begriff „Rasse“ wird in der modernen Zoologie seit auch in der Ornithologie, noch eine gewisse – manche Jahrzehnten nicht mehr verwendet. Er ist vollständig würden auch sagen große – Bedeutung haben, ist sicher- durch den Begriff Unterart ersetzt worden. lich auch dem Einfluss Ernst Mayrs zuzuschreiben. In sei- – Es gibt kein objektives Kriterium für die Zuordnung der nem Lehrbuch [11] geht er auf den Status der Unterart Kategorie Unterart. Wenn die als Unterarten bezeichne- ten Taxa eigenständige evolutive Linien darstellen, kön- detailliert ein. „Im Hinblick auf die vielen Fälle falscher nen sie auch als eigene Arten betrachtet werden. Das ist Benutzung des Terminus muß betont werden, daß die häufig aber gar nicht der Fall. Unterart eine von der Art grundverschiedene Kategorie – Ontologisch betrachtet stellen Unterarten Konstrukte darstellt. Es gibt kein Kriterium zur Definition der Katego- dar, die keine biologische Realität besitzen. Dies unter- rie Subspezies, das nicht künstlich wäre. Die Unterart ist scheidet sie ontologisch von Arten. – Die fünf Blumenbachschen „Menschenrassen“ lassen sich auch keine Evolutionseinheit, – es sei denn, sie stellt zu- nicht klar voneinander trennen. Sie sind offensichtliche gleich ein geografisches oder genetisches Isolat dar.“ Konstrukte des menschlichen Geistes. (S. 45). Mayr schreibt hier also selbst, dass es sich bei Un- – Es gibt beim Menschen auch keine anderen Populationen, terarten um künstliche Klassifizierungen, also Konstrukte für die sich ein Unterartstatus rechtfertigen lassen ließe. im ontologischen Sinne handelt (s. u.). Dennoch definiert Das genetische Potpourri Menschheit lässt sich nicht sauber in Gruppen trennen. Mayr [11] die Unterart: „Eine Subspezies ist die Zusam- menfassung phänotypisch ähnlicher Populationen einer © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit 180 Biol. Unserer Zeit 2/2021 (51) www.biuz.de veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz
TAXONOMIE | IM FOKUS Art, die ein geografisches Teilgebiet des Areals der Art An dieser Stelle muss nun darauf hingewiesen werden, bewohnen und sich taxonomisch von anderen Popula dass der wissenschaftliche Diskurs in der Zoologie sich tionen der Art unterscheiden.“ (Auch in Mayr & Ashlock vom Ernst Mayrschen „Biologischen Artkonzept“ wegbe- [12] wird an gleicher Stelle im englischen Original der wegt. Insbesondere durch das Aufkommen molekular- Begriff subspecies gebraucht und nicht race). Ernst Mayr genetischer Methoden werden Arten immer mehr primär erläutert die Definition dann noch wie folgt: „Jede lokale als � evolutive Linie (Art) mit eigener, von anderen sol- Population ist von jeder anderen lokalen Population ge- chen Linien (Arten) unterschiedener Evolutionsgeschichte ringfügig verschieden [...] Es wäre widersinnig und wür- angesehen, wobei im Detail eine ganze Reihe von unter- de zu einem nomenklatorischen Chaos führen, wollte schiedlichen Artkonzepten miteinander konkurrieren man jede geringfügig verschiedene, lokale Population for- [17]. Nach de Queiroz [18] können diese Konzepte unter mell mit einem Trinomen belegen, wie es für Subspezies einem „unified species concept“ zusammengefasst werden. üblich ist. Deshalb können Unterarten nur benannt wer- Hier stellen vermeintliche Unterarten, sofern sie � allo den, wenn sie sich „taxonomisch“, d. h. durch ausreichen- patrische Linien kennzeichnen, eigenständige Arten dar de diagnostische morphologische Merkmale unterschei- [17–19]. Ist das nicht der Fall, so handelt es sich nach de den.“ Allein aus diesen Zitaten wird deutlich, dass sogar Queiroz [18, S. 209] um nichts anderes als „artificial divi- für Ernst Mayr als wichtigsten Proponenten von Unterar- sions in continuous patterns of geographic variation“, also ten die Zuweisung eines Unterartstatus ein artifizielles einer letztlich willkürlichen Kategorisierung ohne evolu- Hilfsmittel der Taxonomie darstellt. Für uns ist klar, dass tive Bedeutung. eine Entscheidung, was „ausreichende diagnostische Nun werden – unbestrittenermaßen – Unterarten unter- Merkmale“ sind, der Subjektivität und Willkür Tür und Tor schieden, auch dann, wenn die klare Abgrenzung als allo- öffnet und die Systematik in eine vorevolutionäre Typolo- patrische Einheiten nicht möglich ist; mag es aus Praktika gie zurückführt. bilitätsgründen sein oder Eine moderne Sicht auf um den besonderen Status das Unterartenproblem be- ES WÄRE WIDERSINNIG (...), WOLLTE MAN für Artenschutz und Ma- schreibt Frank Zachos in JEDE GERINGFÜGIG V ERSCHIEDENE, nagement herauszustellen seinem Buch „Species Con- LOKALE POPULATION FORMELL MIT EINEM [14]. Außerdem ließe sich cepts in Biology“ ([14], TRINOMEN BELEGEN, W IE ES FÜR SUBSPEZIES ja – so mag das Argument S. 137–141). Zachos betont, ÜBLICH IST sein – eine gewisse Realität, dass auch bei der Unter- die sich in morphologischen art – genauso wie bei der Unterschieden und geneti- Art – zwischen der Kategorie und dem Taxon unterschie- scher Diversität zeigt, von U nterarten nicht abstreiten. Ein den werden muss. Während die Subspezies als Kategorie schönes Beispiel stellen die Schimpansen dar, deren be- ganz offensichtlich artifiziell ist, wäre ein Taxon Subspe- schriebene Unterarten überwiegend aneinandergrenzen, zies dann biologisch real, wenn es evolutionär und/oder ohne sich deutlich zu überschneiden (Parapatrie); nur � phylogenetisch e inen distinkten Teil einer Art darstellt, Pan troglodytes verus zeigt eine allopatrische Verbreitung d. h. eine evolutionäre Linie innerhalb einer Art. Allerdings zu den anderen Unterarten. Dieses Beispiel wurde von fügt er gleich an, dass die Zuordnung der Kategorie Sub- Fischer et al. [2] detailliert diskutiert. Dabei wurde auf die spezies „almost certainly“ das vorhandene intraspezifische Problematik hingewiesen, dass es keine objektiven Krite- hierarchische Muster innerhalb von Arten ignorieren rien gibt, um die Anzahl von Unterarten zu bestimmen, wird. Dabei ist zu bedenken, dass tatsächlich gleichrangi- und dass ohnehin nur die geografische Separation die Idee ge Kategorien ja grundsätzlich nur an Schwestergruppen (oder auch Hypothese) aufkommen ließe, dass hier Unter- (der Begriff lässt sich innerhalb einer Art eigentlich nicht arten vorhanden sind. Es gibt keine „ausreichenden diag- anwenden, sei hier aber zur Verdeutlichung gebraucht) nostischen“ Unterschiede im Sinne Mayrs, von der allopa- vergeben werden kann, es also höchstens zwei Unterarten trischen P. t. verus abgesehen (auf deren grundsätzliche innerhalb einer Art geben könnte. Zachos [14] nennt Willkürlichkeit wurde schon hingewiesen). Ein Großteil durchaus Beispiele, bei denen – seiner Überzeugung nach der genetischen Unterschiede besteht innerhalb einer Po- – Unterarten reale biologische Einheiten darstellen. Beson- pulation (64,2 %) und nur ein geringerer Anteil zwischen ders interessant ist hier ein Beispiel aus der Ornithologie, den Populationen verschiedener Regionen (30,1 %) [20]. wo durch den Einfluss Ernst Mayrs besonders viele Unter- Ehe wir auf den Menschen zu sprechen kommen, wol- arten beschrieben wurden. Ernst Mayr selbst hat 25 neue len wir für das Tierreich festhalten: Gruppen, die als Vogelarten und 410 Unterarten beschrieben [15]. Philli- Unterarten beschrieben wurden, mögen reale evolutive more & Owens [16] fanden bei einer globalen Analyse der Einheiten darstellen, sofern es sich um allopatrische, ge- Vogelunterarten nur 36 Prozent phylogenetisch distinkt, trennte Linien handelt; viele Artkonzepte würden diese zeigen aber auch, dass kontinentale Unterarten eine gerin- Einheiten als eigenständige Arten erkennen. Sofern es sich gere Wahrscheinlichkeit haben, genetisch distinkt zu sein, bei Unterarten um � parapatrische Gruppierungen han- als Unterarten auf Inseln. delt, zwischen denen Genfluss stattfindet, kommt eine © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz www.biuz.de 2/2021 (51) Biol. Unserer Zeit 181
noch größere Willkür ins Spiel: Weder gibt es ein absolu- Africaner“ für „mehr oder weniger schwarz“, die „übrigen tes Maß genetischer Unterschiede, welches objektiv zur Americaner“ für „meist von kupferrother Farbe“ und die Feststellung eines Unterartstatus herangezogen werden „Südsee-Insulaner“ für „meist schwarzbraun“ ([23], S. 82–83). könnte, noch einen eindeutigen Grad der morphologi- Da hier die geografische Zuordnung zugleich Teil des schen Unterschiedlichkeit, die eine Kennzeichnung als Konzeptes ist, steht die Frage, ob es sich hierbei um geo- Unterart rechtfertigt. Ganz offensichtlich besteht hier grafische Unterarten handeln kann, im Zentrum unserer auch die Gefahr des Zirkel- nachfolgenden Betrach- schlusses. Es werden be- tung. stimmte einzelne Merkmale WEDER GIBT ES EIN ABSOLUTES MAß Bereits als Blumenbach identifiziert, die einem geo- G ENETISCHER U NTERSCHIEDE, (...) NOCH EINEN seine fünf Rassen des Men- grafischen Muster entspre- EINDEUTIGEN GRAD DER MORPHOLOGISCHEN schen unterschieden hat, chen, um dann damit die UNTERSCHIEDLICHKEIT, DIE EINE KENNZEICH- war ihm bewusst, dass zwi- Existenz geografischer Un- NUNG ALS UNTERART RECHTFERTIGT schen den vermeintlichen terarten vermeintlich zu Rassen eine beliebige An- belegen. Dass hierbei viele zahl von Zwischenformen Merkmale ausgeblendet werden, die eben dieser Eintei- existiert und die morphologischen Unterschiede eigent- lung widersprechen, verstößt somit nicht nur gegen das lich Gradienten darstellen. Ein ganz offensichtliches Bei- Requirement of Total Evidence (also dem wissenschaftli- spiel ist ja die Hautfarbe, deren Zuordnung zu den fünf chen Prinzip alle verfügbaren Informationen für die Blumenbachschen Rassen recht willkürlich war, und die Schlussfolgerung einzubeziehen und nicht nur jene, die sich mehrfach und in kurzen Zeiträumen evolutiv verän- gerade passen), sondern führt zu einem Zirkelschluss. dert hat. Ohnehin stellt die Intensität der Pigmentierung Nun wird behauptet, dass Unterarten Gruppen mit der Haut ein Kontinuum dar, ähnlich wie die Farben des evolutiver Bedeutung sind, da auf ihren Unterarten-spezi- Farbenkreises. Gerade hier muss jede Unterscheidung dis fischen Merkmalen ein positiver Selektionsdruck zu wir- tinkter Gruppen scheitern. Eine detaillierte Auseinander- ken scheint, der diese Gruppen aufrechterhält. Selektion setzung und Zitate finden sich bei Fischer et al. [2]. Die allerdings wirkt zunächst nur auf das einzelne Individuum, Blumenbachschen Kontinentalrassen fanden dann eine erst in weiteren Schritten führt sie zur Veränderung inner- vermeintliche Unterstützung durch die sogenannte halb von Populationen. Durch gleiche Selektionsdrücke Kandelaber-Hypothese zur multiregionalen Entstehung (z. B. im selben Habitat) können sich über längere Zeit des modernen Menschen aus verschiedenen Populationen räume zwar durchaus Gruppen von Individuen mit ähn des Homo erectus. Diese Hypothese ist jedoch falsch [24]. lichen Merkmalen bilden, Der letzte gemeinsame evolutive Einheiten stellen Vorfahre aller heute leben- diese jedoch nur dann dar, DAS GENETISCHE POTPOURRI MENSCHHEIT der Menschen hat vor ca. wenn sie allopatrisch sepa- LÄSST SICH NICHT SAUBER IN GRUPPEN 150 000 Jahren gelebt – riert sind [11]. Ernst Mayr T RENNEN morphologische Homo sa- ([21], S. 389) betont: „Der piens mögen älter sein – Begriff der entstehenden Art die nicht-afrikanischen Men- ist also nur lose mit den infraspezifischen Kategorien der schen gehen auf einen ca. 55 000 Jahre alten Auswanderer Taxonomen verknüpft. Was bei der Speziation in Wirk- aus Afrika zurück. Nun wären diese Zeiträume theoretisch lichkeit zu untersuchen ist, sind geografische Isolate.“ sicher ausreichend, um allopatrische Unterarten auszubil- den. Es muss jedoch betont werden, dass es keinerlei Hin- Gibt es Unterarten (Rassen) beim Menschen? weise darauf gibt, dass eine der Blumenbachschen Ras- Wie viele und welche Menschenrassen zu unterscheiden sen – die ja die heute bzw. im 18. Jahrhundert existierende seien, hat sich in der Geschichte mehrfach gewandelt, Menschheit repräsentieren sollen – über e inen längeren Ernst Haeckel ging sogar von einer Vielzahl von Men- Zeitraum in Allopatrie oder auch nur Parapatrie von den schenarten aus [2]. Allerdings lässt sich wohl festhalten, anderen Rassen existierte. Wanderungsbewegungen und dass es die Blumenbachschen Kontinentalrassen sind, die Bevölkerungsaustausche gab es lange vor dem Kolonialis- von den meisten Menschen mit dem Begriff Menschen mus. Ein Großteil der genetischen Diversität ostafrikani- rassen in Verbindung gebracht werden: „1. Die caucasische scher und südafrikanischer Populationen stammt von Rasse, 2. die mongolische Rasse, 3. die äthiopische Rasse, eurasischen Rückwanderern der letzten 3000 Jahre. Nicht 4. die americanische Rasse und 5. die malayische Rasse“ nur die verschiedenen Gruppen des modernen Menschen [22]. Wenn auch mit Vorbehalt und durchaus differen- zeigen globalen Genfluss, auch Neandertaler- und Deni- ziert, erklärte Blumenbach die „Europäer und westlichen sovaner-Gene finden sich signifikant in Menschen aller Asiaten ... nebst den Nord-Africanern“ für „mehr oder nicht-afrikanischen Regionen (in Ostasiaten und austra weniger weiß“, die „übrigen Asiaten ... nebst den nord- lischen Ureinwohnern übrigens in höherem Anteil als lichsten Americanern“ für „meist gelbbraun“, die übrigen in Europäern). Dass sich aber Neandertaler-Gene ebenso © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit 182 Biol. Unserer Zeit 2/2021 (51) www.biuz.de veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz
TAXONOMIE | IM FOKUS in den Genomen von Massai nachweisen lassen, veran- A B B . 1 O N T O L O G I S CH E R S T A T U S DE R W E S E N T L I CH E N EIN HEITEN schaulicht die stete Durchmischung aller Menschengrup- DE R B I O L O G I S CH E N S Y S T E MA T I K pen in den letzten 100 000 Jahren [25]. Das genetische Potpourri Menschheit lässt sich nicht sauber in Gruppen trennen. Hier sei jedem das Buch von Johannes Krause (mit Thomas Trappe) „Die Reise unserer Gene“ [24] empfohlen. Nun ließe sich ja einwenden, dass, wenn auch nicht die fünf Blumenbachschen Menschenrassen, die Kriterien von Unterarten erfüllen (auf die allgemeine Willkürlich- keit dieser Kriterien haben wir bereits mehrfach hinge- wiesen), andere Gruppen innerhalb des Menschen jedoch möglicherweise als Rassen bezeichnet werden könnten. In der Tat folgt die genetische Unterschiedlichkeit vor Es können Dinge (konkrete, reale Objekte) von Klassen (abstrakte Objekte) allem einem geografischen Muster in Form eines Gradien- unterschieden werden. Individuen, d. h. einzelne Organismen, stellen Dinge ten, z. B. entsprechen die genetischen Unterschiede zwi- dar, ebenso wie Populationen, da diese als integrale Systeme agieren. Es schen Europäern der Geografie des Kontinents [1]. Auch können ferner zwei verschiedene Arten von Klassen unterschieden werden: kann durch quantitative Verfahren die Region der Abstam- Natural Kinds (Natürliche Sorten) sind Klassen, die durch Eigenschaften defi- niert sind, die natürlichen Gesetzmäßigkeiten folgen. Dies sind Arten und mung der eigenen Gene mit einer gewissen Genauigkeit monophyletische Taxa, die durch ihre exklusive Abstammung definiert sind. bestimmt werden; Rückschlüsse auf den Phänotyp oder Konstrukte hingegen sind menschengemachte Klassifizierung, d. h. die defini- genauere Implikationen sind jedoch nicht möglich [24, torischen Kriterien folgen keinen natürlichen Gesetzmäßigkeiten, sondern 26]. Und allopatrische Inselpopulationen scheint es – entspringen der willkürlichen Klassifikation des menschlichen Geistes. Para- allerdings nur in einer groben Näherung – durchaus zu und polyphyletische Gruppierungen sowie Subspezies („Rassen“) stellen solche Konstrukte dar, da sie aufgrund einzelner, ausgesuchter Merkmale geben. Die Einwohner von Sardinien, die Sarden, scheinen gruppiert werden. genetisch weitgehend von den übrigen Europäern isoliert [24]. Wir halten aber mit Ernst Mayr [11] fest, dass es widersinnig wäre, jede „geringfügig verschiedene, lokale chen wird, so ist aber zu bedenken, dass die Klassifizierung Population“ als Rasse/Unterart anzusehen. Wir werden auf lebendiger Dinge in der Biologie inhärente Unterschiede diesen Aspekt zum Ende unseres Beitrages zurückkom- zur Klassifizierung lebloser Objekte aufweist [29]. men. � Monophyla (geschlossene Abstammungsgemein- schaften) sind Natural Kinds (Abbildung 1), deren defini- Der ontologische Status von Taxa torische Eigenschaften in der gemeinsamen phylogeneti- Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler aller schen Abstammung liegen [29]. Die manifestierten Folgen Disziplinen eint der Realismus als zentrales metaphysi- dieser Abstammung, also die materiellen � Autapomor sches Paradigma. Zwar mögen die genauen Vorstellungen phien dieser Monophyla dienen dabei als operationales über Realität und unsere Wahrnehmung dieser durchaus Hilfsmittel zum Erkennen dieser phylogenetischen Bezie- unterschiedlich sein, die Existenz einer Realität außerhalb hungen, auch wenn sie nicht bei allen Subtaxa ausgeprägt unserer Wahrnehmung stellt jedoch die Voraussetzung sein mögen. So fehlt den Delfinen die Säugetier-Autapo- der naturwissenschaftlichen Arbeit dar. Das Verständnis morphie „Haare“, dennoch sind sie Säugetiere. Von einem der Natur als Realität, also Beschreibung und Erklärung ontologischen Standpunkt also ist für die phylogenetische ihrer Bestandteile, Prozesse und Phänomene ist dabei das Systematik die Abstammung das entscheidende Kriterium. fundamentale Ziel der Naturwissenschaft [27, 28]. In der Damit geht auch einher, dass � Paraphyla („Reptilien“, Darstellung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen „Menschenaffen“) keine Natural Kinds darstellen [29, 30], folgen wir weitgehend den Überlegungen von Martin da die Abgrenzung willkürlich ist und die operationalen Mahner und Mario Bunge (zusammengefasst in „Philo Eigenschaften, die � Plesiomorphien, nur eine Teilmenge sophische Grundlagen der Biologie“ [29]). In der Wissen- einer Abstammungsgemeinschaft klassifizieren [29, 31]. schaftsphilosophie lassen sich real existierende Dinge Die taxonomischen Ränge oberhalb der Art (Gattung, Fa- (auch als ontologische Individuen bezeichnet) von Klas- milie, Ordnung, etc.) mögen der angewandten Taxonomie sen unterscheiden (Abbildung 1). Während nun die meis- manchmal dienlich sein, entsprechen jedoch keiner Rea- ten Klassen Konstrukte des menschlichen Geistes sind, lität, die über ihren möglichen Status als Monophylum und werden andere Klassen durch natürliche Eigenschaften damit als Natural Kind hinausgeht. Der Rang der „Familie“ definiert, deren Existenz unabhängig vom menschlichen ist ebenso wenig real wie die Kategorie der „Gattung“. Erkenntnisapparat ist, wie z. B. Mineralien. Diese Klassen Auch die Gattung ist ein rein operationaler Rang, und ver- werden dann als Natural Kinds (natürliche Sorten) be- schiedene Gattungen sind ebenso wenig vergleichbar wie zeichnet. Wenn von „Gruppenbildung“ oder Klassifizie- verschiedene Familien, Infraordnungen, Subklassen oder rungen im Rahmen einer biologischen Systematik gespro- Stämme [29]. Es ist vollständig beliebig, ab welcher äußer- © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz www.biuz.de 2/2021 (51) Biol. Unserer Zeit 183
lichen Unterschiedlichkeit Arten in unterschiedliche Gat- fluss auf den ontologischen Status von Unterarten (Ras- tungen eingeteilt werden. Die hier angelegte Grenze ist sen). Beide Konzepte sind grundverschieden, wie schon ebenso künstlich wie alle anderen Kategorien, vielleicht von Ernst Mayr betont wurde [11]. Spricht man von der mit Ausnahme der Art. Definition von Unterarten (Rassen), so macht sie dies ein- Ob Arten Dinge (Individuen) oder (wie Monophyla) deutig zu Klassen, da Dinge im ontologischen Sinne nicht Natural Kinds darstellen, ist umstritten [14, 29, 32, 33] definiert werden können [35]. So können wir beispiels- und untrennbar mit der Diskussion über Artkonzepte ver- weise Angela Merkel nicht anhand ihrer Eigenschaften bunden. Unstrittig ist, dass supraindividuelle Entitäten definieren, sondern sie lediglich als Individuum erkennen durchaus Dinge (Individuen) im ontologischen Sinne dar- (ostensiv: „Das ist Angela Merkel.“) und ihre individuellen stellen können. So sind nicht nur Kolonien bestehend aus Eigenschaften beschreiben. zahlreichen einzelnen Organismen ein solches „komple- Damit Unterarten im Allgemeinen und Menschenras- xes Ding“ oder „System-Ding“ (z. B. Staatsquallen wie die sen im Besonderen also nicht nur bloße Konstrukte, also Portugiesische Galeere, Physalia physalis), sondern auch erfundene Klassen des menschlichen Geistes, sondern Populationen, die als integrale Systeme funktionieren [29]. Klassen in Abbildung einer natürlichen Realität darstellen, Die einzelnen Organismen sind hierbei streng genommen müssten sie als Natural Kind einer natürlichen Gesetz nicht als Mitglieder, sondern als Bestandteile der Popula- mäßigkeit folgend definiert sein (also in der Systematik tion anzusehen, also als ein „funktionierender“ Part des anhand exklusiver, gemeinsamer Abstammung [29]). Dies Systems als solchem. Je trifft aber, wenn überhaupt, nach angewandtem Art- nur auf allopatrische Lini- konzept können Art und ES IST VOLLSTÄNDIG BELIEBIG, AB WELCHER en innerhalb der Arten des Population letztlich zusam- ÄUSSERLICHEN UNTERSCHIEDLICHKEIT Biospezieskonzepts (wel- menfallen, wodurch die ARTEN IN UNTERSCHIEDLICHE G ATTUNGEN che wie bereits erwähnt Art durchaus zum System- EINGETEILT WERDEN als eigenständige Arten in Ding würde [30]. Wenn phylogenetisch/evolutiven Arten kein integrales Sys- Artkonzepten aufgefasst tem darstellen, sind sie Natural Kinds, vergleichbar den würden) zu, aber sicherlich auf keine Einteilung von Men- Monophyla [29]. Die Evolution und das Aussterben von schenrassen (und generell auf keine gängige Definition Arten sind dagegen keineswegs endgültige Argumente für von Rassen insgesamt [26], Kap. 11). Somit sind nicht nur Arten als Dinge (auch „historisches Individuum“, z. B. [34]). die Kontinentalrassen Blumenbachs, sondern alle anhand So sind Entstehen und Aussterben von Arten durchaus kom- einzelner morphologischer, ethologischer oder geneti- patibel mit der Vorstellung von Arten als Natural Kinds, scher Merkmale postulierten „Rassen“, die der (mithilfe von da dies keine Veränderung der Definition der Art, sondern Genomsequenzierung entschlüsselten) phylogenetischen lediglich eine Veränderung ihrer Mitglieder durch Erlöschen Verwandtschaft widersprechen, in der Typologie des 18. oder Entstehen ihrer jeweiligen Existenz als Individuum und 19. Jahrhunderts verbliebene Konstrukte, welche kei- darstellt. So verändert sich die Klasse „Äpfel“ als solche ner phylogenetisch-systematischen Realität entsprechen. auch nicht durch jedes Verspeisen eines Apfels. Ultimativ kann dies auch dazu führen, dass keine Mitglieder solch „Menschenrassen“ und Medizin einer Klasse mehr existieren, die Klasse also leer ist. Auch Die statistisch ungleiche Verteilung medizinischer Phäno- supraspezifische Taxa können im Zuge der Evolution alle mene oder Risikofaktoren ist der neueste Versuch, die ihre Mitglieder verlieren (z. B. Vogelbeckendinosaurier Existenz bzw. Unterscheidung von Menschenrassen zu (Ornithischia) oder Seeskorpione (Eurypterida)). rechtfertigen. Es soll hier keineswegs die genetische Un- Was genau eine Art ist, lässt sich vielleicht gar nicht terschiedlichkeit von verschiedenen menschlichen Popu- für die gesamte belebte Natur in einem einzigen Konzept lationen und die damit potenziell einhergehende Unter- ausdrücken, zumindest nicht, wenn dieses Konzept in der schiedlichkeit ihrer Physiologie in Abrede gestellt werden. Praxis auch zum Erkennen von Arten anwendbar sein soll. Wie sich jedoch zeigen wird, sprechen diese vermeint Es ergibt sich eine Zweiteilung in ontologische Artkon- lichen Argumente zur Legitimierung von Rasseneinteilun- zepte, die die Realität in Worte zu fassen versuchen, sowie gen vielmehr für eine individuelle Medizin. Hierzu einige operationale Artkonzepte, deren Anwendung in der Praxis Beispiele: dem Erkennen von realen Arten dienen soll [14]. Werden Dass Risikofaktoren, wie die � Faktor-V-Leiden-Muta Arten als evolutive Linien aufgefasst – oder als „äußere tion geografisch ungleich verteilt sind, ist medizinisch Grenze“, innerhalb derer reproduktive (tokogenetische) durchaus relevant, rechtfertigt aber sicher keine Einteilung Beziehungen bestehen – so hilft das in der angewandten der Menschen in Rassen. Schon am theoretischen Kon- Taxonomie vielleicht nicht weiter, aber es begreift die Art zept einer Gruppeneinteilung, in welcher das differenzial als ein Taxon, das sich inhärent von Taxa aller anderen diagnostische Merkmal bei der überwältigenden Mehr- supra- wie auch subspezifischen „Rängen“ unterscheidet. heit der Menschen beider Gruppen fehlt, die durch dieses Der ontologische Status von Arten hat aber keinerlei Ein- Merkmal angeblich unterschieden werden können, wird © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit 184 Biol. Unserer Zeit 2/2021 (51) www.biuz.de veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz
TAXONOMIE | IM FOKUS deutlich, dass weder das Merkmal als evolutive Errungen- 20. Jahrhundert Nachkommen der Fugates mit homozygo- schaft einer dieser Gruppen dienen kann, noch das Vor- tem met-H-Allel und entsprechend blauer Haut auf; die handensein oder Fehlen dieses Merkmals der rein prakti- „Blauen Fugates“ oder in der vermeintlichen Logik der schen Zuordnung zu einer angeblichen Rasse hilft. Dass zuvor genannten Beispiele die „Kentuckianer der Appa gezielt solche Merkmale mit geografischem Verteilungs- lachenregion“ aufgrund der höheren Häufigkeit dieses muster (wie auch z. B. die Sichelzellenanämie, welche je- Allels als eigene Rasse zu klassifizieren, ist unseres Wissens doch in Regionen Indiens genauso häufig auftritt, wie im nach noch keinem Verteidiger der Rassenunterteilung tropischen Afrika und daher in erster Linie mit der Mala- beim Menschen eingefallen. riaprävalenz korreliert) gesucht werden, um ein Konzept Das Medikament BiDil als erstes „rassespezifisches“ von geografischen Rassen zu bestätigen, während gleich- Medikament schlug durchaus hohe Wellen. Dabei steht zeitig der Rest des Genoms (und die damit auftretenden der Zulassungsprozess aufgrund seiner zugrundeliegen- Widersprüche [24]) igno- den Studien durchaus in riert wird, ist erkenntnis- der Kritik. In der Original- UNTERM STRICH BLEIBT FESTZUHALTEN, theoretisch zumindest frag- studie, wurde die Wirk- würdig. DASS „RASSE“ NUR EIN SCHWACHER PROXY IST, stoffkombination lediglich Ein weiteres medizini- UM IN DER PRAXIS AUF DEN GENOTYP VON bei 49 schwarzen Patien- sches Phänomen, welches PATIENTINNEN UND PATIENTEN SCHLIESSEN tinnen und Patienten un- in Zusammenhang mit ei- ZU KÖNNEN tersucht, eine Stichproben- ner Rasseneinteilung dis- größe, die in der Medizin kutiert wird, ist die Inzi- nicht für robuste statisti- denz von Prostatakrebs [26]. In den USA haben Männer sche Aussagen ausreicht [39]. In der für die Zulassung afrikanischer Herkunft ein 1,7-mal höheres Risiko, an Pro- maßgeblichen Studie (die vorzeitig abgebrochen wurde) statakrebs zu erkranken [26]. Dieses erhöhte Risiko kor- wurden ausschließlich schwarze Probandinnen und Pro- reliert dabei mit dem genetischen Risikofaktor 8q24 [26], banden untersucht [39], eine Aussage über eine geringere der sich häufiger in amerikanischen Männern afrikanischer Wirkung bei Weißen ist somit kaum machbar [40]. Inwie- Herkunft findet als in Männern europäischer Herkunft. Die fern in diesem Fall die patentrechtliche Situation und kom- Ursache wurde hierbei in der westafrikanischen Abstam- merzielle Interessen eine große, vergleichende Studie mit mung vermutet [26]. Diese ungleiche Inzidenz der Krebs- Probandinnen und Probanden unterschiedlichen Phäno erkrankung und die Ungleichverteilung des Risikofaktors typs verhindert haben, darf durchaus diskutiert werden mag von medizinischer Bedeutung sein. Ein stichhaltiges [39], tätigte doch Studienleiter Jay Cohn selbst die Aus Argument für etwaige Rasseeinteilungen lässt sich daraus sage, dass BiDil vermutlich bei Menschen aller „Rassen“ jedoch nicht ableiten. Die Datenlage zur Inzidenz von Pro- wirke [40]. Eine Arbeit, welche Medikamentenstudien mit statakrebs in Afrika zeigt (wenn sie auch nicht so umfang- postulierten differenziellen Eigenschaften bei Menschen reich ist wie für Europa oder Nordamerika), dass die Inzi- unterschiedlicher Herkunft genauer untersuchte, zeigte, denz nicht nur zwischen verschiedenen Regionen Afrikas dass sich die wenigsten dieser berichteten Unterschiede stark schwankt [36], son- als so evident herausstell- dern auch, dass gerade in ten wie ursprünglich be- Westafrika die Inzidenz UNTERARTEN UND INSBESONDERE hauptet [41]. Unterm Strich von Prostatakrebs im Ver- MENSCHENRASSEN SIND KONSTRUKTE DES bleibt festzuhalten, dass gleich mit anderen Regio- MENSCHLICHEN GEISTES UND HABEN KEINE „Rasse“ (oder was man da- nen Afrikas auffällig niedrig BIOLOGISCHE R EALITÄT für hält) nur ein schwacher zu sein scheint [37]. Der Proxy ist, um in der Praxis traditionellen Blumenbach- auf den Genotyp von Pati- schen Einteilung in fünf Rassen widerspricht das Phäno- entinnen und Patienten schließen zu können [42] sowie men Prostatakrebs in jedem Fall, aber auch jegliche Ablei- dass die Notwendigkeit einer individuellen Medizin mit tung kleinerer Gruppen (z. B. „Westafrikaner“) lässt sich Genotypisierung offensichtlich ist [43]. nicht plausibel begründen. Letztendlich könnten einzelne Familien mit seltenen Von dem Bedürfnis, Menschen in Rassen Erbkrankheiten in den Rang einer separaten Rasse erho- zu unterteilen ben werden, so z. B. die Nachkommen von Martin und Für uns steht es außer Zweifel, dass es Menschenrassen Elisabeth Fugate (Kentucky, frühes 19. Jahrhundert [38]), als geografische Unterarten nicht gibt, ja nie gegeben hat. welche durch Zufall beide heterozygote Träger des Allels Das Konzept der Unterarten in der Zoologie ist bestenfalls für Methämoglobinämie waren. Vier ihrer Kinder trugen vage und hält einer kritischen Überprüfung nicht stand, dieses Allel homozygot und entwickelten die charakteris- sobald man es auf parapatrische Gruppen anwendet, die tische blaue Hautfarbe. In der abgeschiedenen Bergregion keine eigenständigen evolutiven Linien darstellen. Die am Troublesome Creek in Kentucky tauchten bis ins Willkürlichkeit der Zuordnung einer Kategorie Unterart © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz www.biuz.de 2/2021 (51) Biol. Unserer Zeit 185
(oder historisch geografische Rasse) ist schon von Ernst Globalisierung durch Wanderungsbewegungen und Bevöl- Mayr erkannt worden. Unterarten und insbesondere Men- kerungsaustausche beeinflusst. Moderne Genomanalysen schenrassen sind Konstrukte des menschlichen Geistes zeigen globalen Genfluss, was jeder Einteilung in unter und haben keine biologische Realität; sie sind keine Natu- schiedliche Rassen widerspricht. Dass eine Unterteilung in ral Kinds und erst recht keine Dinge im Sinne von Mahner Menschenrassen eine medizinische Bedeutung haben könn- & Bunge [29]. Das gilt für die Blumenbachschen Rassen, te, erscheint zweifelhaft. Natürlich sind auch die Häufigkei- wie auch für andere, kleinteilige Gruppierungen. Warum ten medizinisch relevanter Allele nicht gleichmäßig über sollten nun die Einwohner aller abgeschiedenen länd die Menschheit verteilt, aber auch hierbei handelt es sich lichen Regionen und aller Inseln plötzlich eigenständige um Gradienten. Bei der Grenzziehung bleibt die gleiche Will- Unterarten (Rassen) darstellen, nur weil sich (alleine schon kür wie bei anderen Merkmalen. Die Zukunft gehört einer aufgrund der begrenzten Migration) gewisse Genhäufig- individuellen Medizin mit Genotypisierung des Einzelnen. keiten von denen anderer solcher Regionen unterschei- den? Die von Mayr [11] geforderte taxonomische Differenz Summary (die als Einschätzung durch einen Bearbeiter ohnehin Will- Why the concept of subspecies is questionable kür in Reinstform darstellt) kann dort erst recht nicht ge- and that of human races obsolete funden werden. Die sich somit aus der Abkehr von phy- The vast majority of biologists reject the differentiation of logenetischen Entitäten ergebende Notwendigkeit des humans into “races”. Occasional reference is made to other Ziehens artifizieller Grenzen untermauert die Künstlich- vertebrates, such as birds, for which “geographic races” keit des Konstruktes von Unterarten/Rassen, und getrenn- have been described, but the term (geographic) race is not te phylogenetische Einheiten gibt es beim Menschen mit actually used in zoological science anymore and has been seinen immerwährenden und heute noch andauernden fully substituted by the term subspecies. For that reason Wanderungsbewegungen nicht. Das Bedürfnis des Klassi- alone, the use of the term race with exclusive regard to hu- fizierens scheint dem Menschen eigen zu sein [44], das mans is inappropriate. The question then arises of whether Bedürfnis dabei den Begriff der Rasse beim Menschen als there are different subspecies within Homo sapiens. The biologische Realität beibehalten zu wollen, mag eher his- attribution of the status “subspecies” to a group of popula- torisch und soziologisch begründet sein. tions is entirely arbitrary and subjective. There is no ration- ale as to the degree of genetic or morphological difference Zusammenfassung necessary for the assignment of subspecies status. Ontolog- Die große Mehrheit der Biologen lehnt die Untergliederung ically, subspecies are constructs which are completely lack- des Menschen in verschiedene „Rassen“ ab. Vereinzelt wird ing biological reality. In this regard they differ substantially jedoch auf die Vergleichbarkeit mit anderen Wirbeltieren, from species, which – depending on the underlying species z. B. Vögeln, verwiesen, bei denen „geografische Rassen“ be- concept – are natural kinds or even things. At first glance, schrieben wurden. Der Begriff der (geografischen) Rasse wird the continental races proposed by J. F. Blumenbach appear aber in der wissenschaftlichen Zoologie seit Jahrzehnten nicht to be the human equivalent to subspecies. However, Blu- mehr benutzt, er ist vollständig durch den Begriff Unterart menbach’s “races” do not display distinct characters but (Subspezies) ersetzt worden; eine ausschließliche Verwen- occupy a continuum on which it is impossible to draw clear dung bei Menschen verbietet sich schon aus diesem Grund. boundaries. This makes it evident that they are constructs So gesehen kann die Frage nur lauten, ob es beim Menschen of the human mind and not based on biological reality. The (Homo sapiens) Unterarten gibt. Die Zuordnung der Kate- genetic variability of modern humans has been influenced gorie Unterart zu einer Gruppe von Populationen ist in jedem by large-scale migrations which have been taking place Fall eine subjektive Entscheidung des Bearbeiters. Es gibt kein since the emergence of the species, not just since the era of absolutes Maß genetischer oder morphologischer Unter- colonization and globalization. Modern genome analyses schiede, welches zur Feststellung eines Unterartstatus her- reveal gene flow on a global scale which completely contra- angezogen werden könnte. Ontologisch betrachtet stellen dicts the notion of distinct human races. There seems to be solche Unterarten Konstrukte dar, die keine biologische Rea- little benefit in racial classification for medical purposes, lität besitzen. Dies unterscheidet sie ontologisch von Arten, either, as while allele frequencies are not distributed welche je nach Artkonzept Natural Kinds oder sogar Dinge equally, they also form gradients rather than distinct darstellen. Auf den ersten Blick erscheinen die von J. F. Blu- patterns, making classification just as arbitrary as classifi- menbach unterschiedenen fünf „Kontinentalrassen“ des cation on the basis of other characters. The future lies in Menschen wie Unterarten. Zwischen diesen vermeintlichen individualized medicine based on patient-specific geno- Rassen existiert aber eine beliebige Anzahl von Zwischenfor- typing. men, die morphologischen Unterschiede sind keineswegs distinkt. Schon daraus wird deutlich, dass die Blumenbach- Schlagworte: schen Rassen Konstrukte des menschlichen Geistes sind und Unterart, geographische Rasse, taxonomische Differenz, keine biologische Realität haben. Die genetische Variabilität Ding, Natural Kind, Konstrukt, Ornithologie, individuelle des Menschen wurde schon lange vor Kolonialismus und Medizin. © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit 186 Biol. Unserer Zeit 2/2021 (51) www.biuz.de veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz
TAXONOMIE | IM FOKUS [13] O. Kraus (Bearb.), Internationale Regeln für die Zoologische G LOSSA R Nomenklatur. Offizieller deutscher Text, 4. Auflage. Goecke und Evers, Keltern. [14] F. Zachos (2016). Species Concepts in Biology. Historical Develop- allopatrisch: Populationen oder Arten mit geografisch klar ment, Theoretical Foundations and Practical Relevance. Springer getrenntem Verbreitungsgebiet (z. B. durch Barrieren wie International Publishing, Cham. Gebirge oder Ozeane). [15] Encyclopedia Britannica. Autapomorphie: evolutiv abgeleitetes („neues“) Merkmal, [16] B. Phillimore, I. P. F. Owens, Are subspecies useful in evolutionary das in der Stammart eines Monophylums vorhanden war and conservation biology? (2006). Proc R Soc B, 273, 1049–1053. und somit charakteristisch für dieses Monophylum ist (z. B. [17] Q. D. Wheeler, R. Meier (Hrsg.) (2000). Species Concepts and Milchdrüsen als Autapomorphie der Mammalia). Phylogenetic Theory, Columbia University Press, New York. Evolutive Linie (Art): Kontinuierliche Abstammungslinie von [18] K. de Queiroz (2005). A unified concept of species and its conse- Populationen mit eigener evolutiver Geschichte, getrennt quences for the future of taxonomy, Proc Calif Acad Sci, 56 (18), von anderen evolutiven Linien. 196–215. [19] J. Cracraft (1983). Species concepts and speciation analysis. Curr Faktor-V-Leiden-Mutation: Mutation des Blutgerinnungs- Ornithol, 1, 159–187. faktors V als erblicher Risikomarker für Thrombose; benannt [20] M. K. Gonder et al. (2011). Evidence from Cameroon reveals nach der niederländischen Stadt Leiden, dem Ort der Entde- differences in the genetic structure and histories of chimpanzee ckung. populations, PNAS, 108 , 4766–4771 Monophylum: geschlossene Abstammungsgemeinschaft, [21] E. Mayr (1967). Artbegriff und Evolution, Verlag Paul Parey, die eine Stammart und alle aus ihr hervorgegangenen Arten/ Hamburg und Berlin. Taxa umfasst. [22] J. F. Blumenbach (1803). Handbuch der Naturgeschichte, 7. Auflage, parapatrisch: Populationen oder Arten mit aneinander Heinrich Dieterich, Göttingen. angrenzendem (ggf. teilweise überlappendem) Verbrei- [23] J. F. Blumenbach (1790). Beyträge zur Naturgeschichte, Erster Theil, tungsgebiet. Johann Christian Dieterich, Göttingen. Paraphylum: künstliche Gruppierung, die lediglich einen Teil [24] J. Krause, T. Trappe (2019). Die Reise unserer Gene. Propyläen, der aus einer Stammart hervorgegangenen Arten/Taxa Berlin. umfasst (z. B. Reptilien, da die Vögel ausgegliedert werden). [25] J. D. Wall et al. (2013). Higher levels of Neanderthal ancestry in East Asians than in Europeans, Genetics. 194(1), 199–209. phylogenetisch: die evolutive, stammesgeschichtliche [26] D. Reich (2018). Who we are and how we got here, Ancient DNA Verwandtschaft (von Arten und anderen Taxa) betreffend. and the new science of the human past. Oxford University Press, Plesiomorphie: evolutiv ursprüngliches Merkmal (z. B. Oxford. Wirbelsäule bei Mammalia); Grundlage für die Klassifizie- [27] P. Duhem (1908). Ziel und Struktur der physikalischen Theorien rung von Paraphyla. (übersetzt von F. Adler), J. A. Barth, Leipzig. [28] C. G. Hempel, P. Oppenheim (1948). Studies in the Logic of Explanation, Philos Sci 15(2), 135–175. [29] M. Mahner, M. Bunge (2000). Philosophische Grundlagen der Literatur Biologie. Springer, Berlin. [30] T. Göpel, S. Richter (2016). The word is not enough: on morphe- [1] M. S. Fischer et al. (2019). Jenaer Erklärung – Das Konzept der mes, characters and ontological concepts, Cladistics 32(6), Rasse ist das Ergebnis von Rassismus und nicht dessen Voraus 682–690. setzung. BiuZ, 49, 399–402. [31] W. Hennig (1966). Phylogenetic Systematics, University of Illinois [2] M. S. Fischer et al. (2020). Jena, Haeckel und die Frage nach den Press, Urbana. Menschenrassen oder der Rassismus macht Rassen. ZOOLOGIE, [32] M. T. Ghiselin (1987). Species concepts, individuality, and Mittlg Dtsch Zool Ges, 7–32. objectivity, Biol Philos 2(2), 127–143. [3] M. Pigliucci, J. Kaplan (2003). On the concept of biological race [33] R. N. Boyd (1999). Kinds, Complexity and Multiple Realization: and its applicability to humans. Philos Sci, 70, 1161–1172. Comments on Millikan’s” Historical Kinds and the Special [4] Q. Spencer (2018). Racial realism I: Are biological races real? Sciences”, Philos Stud 95(1/2), 67–98. Philos Compass 13, e12467. [34] G. Kluge (1990). Species as historical individuals, Biol Philos 5(4), [5] Q. Spencer (2018). Racial realism II: Are folk races real? Philos 417–431. Compass 13, e12468. [35] M. Bunge (1977). Treatise on Basic Philosophy: Ontology I: The [6] E. Mayr (2002). The Biology of Race and the Concept of Equality. Furniture of the World (Vol. 3), Reidel Publishing, Dordrecht, Daedalus 131, 89–94. Boston. [7] T. Dobzhansky (1941). The race concept in biology. Sci Mon 52, [36] L. W. Chu et al. (2011). Prostate cancer incidence rates in Africa, 161–165. Prostate Cancer 947870. [8] L. Gannett, (2013). Theodosius Dobzhansky and the genetic race [37] H. E. Taitt (2018). Global trends and prostate cancer: a review concept. Stud Hist Philos Biol Biomed Sci 44(3), 250–261. of incidence, detection, and mortality as influenced by race, [9] W. Sudhaus, K. Rehfeld (1992). Einführung in die Phylogenetik ethnicity, and geographic location, Am J Mens Health 12(6), und Systematik. G. Fischer, Stuttgart. 1807–1823. [10] J. Mallet (2013). Supecies, semispecies, superspecies, in: Encyclo- [38] S. Donaldson James (2012). Fugates of Kentucky: Skin Bluer than pedia of biodiversity, 2. Auflage (Hrsg.: S. Levin), Academic Press, Lake Louise, abc NEWS online, 21. Februar 2012. https://abcnews. London, 523–526. go.com/Health/blue-skinned-people-kentucky-reveal-todays- [11] E. Mayr, Grundlagen der Zoologischen Systematik: Theoretische genetic-lesson/story?id=15759819 und Praktische Voraussetzungen für Arbeiten auf Systematischem [39] P. Sankar, J. Kahn (2005). BiDil: Race Medicine Or Race Marketing? Gebiet (Übersetzung durch O. Kraus), Paul Parey, Hamburg, Berlin. Using race to gain a commercial advantage does not advance the [12] E. Mayr, P. D. Ashlock (2000). Principles of Systematic Zoology, goal of eliminating racial/ethnic disparities in health care, Health 2. Auflage. McGraw-Hill Book Company, New York, 1991. Aff 24 (Suppl1), W5–455. © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz www.biuz.de 2/2021 (51) Biol. Unserer Zeit 187
[40] J. Kahn (2007). Race in a bottle, Sci Am 297(2), 40–45. Torben Göpel ist Postdoc in der Arbeitsgruppe [41] S. K. Tate, D. B. Goldstein (2004). Will tomorrow’s medicines work Developmental Integrative Biology an der Univer- for everyone?, Nat Genet 36(11), S34–42. sity of North Texas. Kern seiner Forschung sind [42] M. Root (2003). The use of race in medicine as a proxy for genetic Funktion und Evolution des Kreislaufsystems bei differences, Philos Sci 70(5), 1173–1183. Arthropoden. Neben der Morphologie untersucht [43] S. Maurer (2020). Das Rasseproblem der Medizin: Warum er dabei den Einfluss verschiedener Umweltfakto- Herkunft eine Rolle spielen sollte – es aber nicht tut, TAGBLATT, ren auf die Kreislaufphysiologie. Ferner befasst er 16. Juli 2020. https://www.tagblatt.ch/leben/rasse-in-der-medizin- sich mit Ontologie und Wissenschaftstheorie in sollen-aerzte-ihre-patienten-je-nach-herkunft-anders-behandeln- Morphologie und Systematik. ld.1238684 [44] D. Bainbridge (2020). Opinion: Zoology’s Racism Problem, The Korrespondenz: Scientist, 1. September 2020. https://www.the-scientist.com/ Prof. Dr. Stefan Richter reading-frames/opinion-zoologys-racism-problem-67865 Allgemeine & Spezielle Zoologie Institut für Biowissenschaften Universität Rostock Die Autoren Universitätsplatz 2 Stefan Richter ist Professor für Allgemeine und 18055 Rostock Spezielle Zoologie an der Universität Rostock. E-Mail: stefan.richter@uni-rostock.de Schwerpunkte sind Morphologie und Systematik der Krebstiere sowie die Geschichte und Theorie der phylogenetischen Systematik. Sein Interesse an der Phylogeographie australischer Krebstiere führt ihn immer wieder nach Australien. Zusam- men mit Kollegen hat er eine Reihe neuer Arten verschiedener Krebstiergruppen beschrieben. SE M I NAR : CO RO NAV I REN – I M P FS TO F F E U ND TH ERA PEU TI K A Für alle, die Fragen zum Seminar von Prof. Wolfgang Nellen „Covid-19-Impfstoffe und Therapeu Thema Impfen haben und tika“ bietet ausführlichere Einblicke in die gängigen Covid-19-Impfstoffe, sich mehr Hintergrundwissen in die Entwicklung von Therapeutika und geht einigen Verschwörungsge- wünschen, bietet Science schichten auf den Grund. Die Seminare beginnen jeweils um 19:00 Uhr. Die Bridge e. V. im wöchentlichen Online-Veranstaltungen finden in kleinen Gruppen statt, damit viel Raum Wechsel zwei Online-Seminare an. Im Basis-Seminar „Viren und Impfstoffe“ und Zeit für Fragen und Diskussion bleibt. Aktuelle Termine und Anmeldung widmet sich Jann Buttlar (M. Sc. Biologie) den grundlegenden Fragen zu unter https://sciencebridge.net/aktuelles/coronaviren-impfstoffe-und- „Was ist Leben?“, DNA und RNA, (Corona)-Viren und Impfstoffen. Das therapeutika/. TI E RVER S U CHE V ER S TEH EN Mit der Unterrichtseinheit steht ein geplanter Unterrichtsverlauf zur Verfü- gung, der durch die Materialien und Aufgaben führt. Dabei erarbeiten sich die Schülerinnen und Schüler zunächst ein Grundwissen über Tierversuche. Texte leiten sie durch Fragen wie „Zu welchem Zweck werden Tierversuche durchgeführt?“, „Was ist das 3R-Prinzip?“ oder „Wie gut sind Ergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen übertragbar?“. Neben dem Grundwissen zu Tierversuchen und der Diskussion über zentrale Wie können Lehrende ein kontrovers diskutiertes Thema wie Tierversuche Fragen der ethischen Debatte sollen die Jugendlichen vor allem ihre Bewer- im Unterricht behandeln? Die Initiative Tierversuche verstehen bietet dafür tungskompetenz stärken. Das Unterrichtsmaterial sowie einen vom IPN Anregungen. In Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für die Pädagogik entwickelten Kriterienkatalog für Lehrende zur Qualitätssicherung von der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel wurde eine 90-minü- Materialien zum Thema Tierversuche können Sie kostenlos herunter tige Unterrichtseinheit zum Thema Tierversuche entwickelt. Das Material laden unter https://www.tierversuche-verstehen.de/schueler-und-lehrer/ eignet sich für Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Jahrgangsstufe. unterrichtsleitfaden © 2021 Die Autoren. Biologie in unserer Zeit 188 Biol. Unserer Zeit 2/2021 (51) www.biuz.de veröffentlicht durch VBiO e.V. unter der CC-BY-SA 4.0-Lizenz
Sie können auch lesen