Report " 1.18 - Kommunal Agentur NRW
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abwasser report Kommunal Agentur NRW | abwasserreport | Ausgabe 1.18 | G 43999 » 1.18 Alarm- und Einsatzplanung zum Hochwasser- und Überflutungsschutz – gute Vorbereitung für einen sichereren Umgang mit Gefahrensituationen
2 | EDITOR IAL | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Liebe Leserinnen und Leser, arbeit aller beteiligter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vieles mehr. unsere Ausgabe 1.2018 beschäftigt sich in erster Linie mit den Themen Hochwasser- Dazu berichten die Stadtentwässerungsbe- und Überflutungsschutz. Beide Themen und triebe Solingen, wie sie angefangen haben, mögliche Unterstützungsangebote dazu für sich dem Überflutungsschutz vor Starkregen Städte und Gemeinden haben wir uns schon ereignissen zu nähern. Von der Kartenerstel- lange auf unsere Fahnen geschrieben. lung, die Aufschluss gibt über gefährdete Gebiete, die Möglichkeiten, die Eigentüme Überflutungen durch Starkregenereignisse rinnen und Eigentümer vor dem Ereignis zu und Hochwasser stellen sich rasch ein. Eine warnen, bis hin zu der empirisch untersuch- Vorbereitung, die Material zur Verfügung ten Erkenntnis, dass alle Fachbereiche einer stellt und Zuständigkeiten benennt, muss Verwaltung einzubinden sind und keines- also schon weit vor der möglichen Überflu- wegs nur die Entwässerungsbetriebe. tung durch Hochwasser oder ein plötzlich einsetzendes Starkregenereignis erfolgt sein. Wir berichten über die Erstellung von Alarm- Was ist wie und wann, in welcher Reihenfolge und Einsatzplänen und darüber, wie bspw. von wem oder besser gesagt, von welchem Architekten mit Informationen zu den Aus- Fachbereich zu tun? wirkungen von Starkregenereignissen und deren Folgen informiert werden können. Es geht um die Erstellung von Unterlagen- So wird die mögliche Gefahr schon bei der wie Fließwege- oder Starkregenrisikokarten Bebauung von Anfang an mit eingeplant. und deren mögliche Veröffentlichung, die Aufstellung von Alarm- und Einsatzplänen, Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen! die Koordination der Einsätze, die Zuständig keiten in den einzelnen Fachbereichen der Ihre Kommune, die Organisation der Zusammen- Kommunal Agentur NRW GmbH www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | I N HALT | 3 Impressum Eine Information der Kommunal Agentur NRW GmbH Technik » Recht » Cecilienallee 59, 40474 Düsseldorf Telefon 0211 / 430 77 0, Telefax 0211 / 430 77 22 » 04 H ochwasserrisikomanagement – » 32 D er praktische Fall – info@KommunalAgenturNRW.de gemeinsames Projekt gestartet die Geschichte Alleingesellschafter der vom Schnullerbaum GmbH Kommunal-Stiftung NRW » 07 W ie ein Starkregen die Stadt umkrempelt – was tun? » 34 E ntscheidungen www.KommunalAgenturNRW.de » 34 OVG NRW zur Reinigung von » 14 A larm- und Einsatzplanung zum Straßenoberflächenwasser Abwasserreport online Hochwasser- und Überflutungs- » 35 OVG NRW zur Festsetzung von Log-in erhalten Sie über: schutz: gute Vorbereitung für Gebührenforderungen info@KommunalAgenturNRW.de einen sichereren Umgang mit » 35 OVG NRW zur Abgabenfreiheit Gefahrensituationen nach AbwAG Verantwortlich für den Inhalt » 36 OVG NRW zum beitragsfähigen Michael Lange (v.i.S.d.P.) » 19 W ind – Sonne – Faulgas: Aufwand Dr. Peter Queitsch Auf dem Weg zur energetisch besten Lösung für die Kläranlage Bocholt Redaktion Info » Gudrun Abel abel@KommunalAgenturNRW.de Organisation » » 37 Neuigkeiten im technischen Regelwerk der DWA, Gestaltung » 24 Q ualitäts-, Umwelt- und Arbeits- Stand Februar 2018 liniezwei Kommunikationsdesign GbR, Düsseldorf schutzmanagement: www.liniezwei.de STEB Paderborn stellt sich den » 39 Der Starkregenindex Produktion und Druck externen Anforderungen Die Qualitaner GmbH, Düsseldorf und ist erfolgreich rezertifiziert » 39 Buchbesprechung Fotos: fotolia.de, photocase.de, thenounproject.com » 30 Q ualität, Umwelt- und Arbeits » 40 Veranstaltungstermine (Einzelnachweis auf Seite 42) schutz rechtssicher managen! der Kommunal Agentur NRW Erfahrungen nordrhein-westfälischer 2018 Betriebe mit der Rezertifizierung nach der Normenrevision » 43 Anzeigen Hinweis Die Inhalte der Artikel entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung der Herausgeber. www.KommunalAgenturNRW.de
4 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 H o c hwasse rrisikom anagement – ge me i n sa m e s P ro jek t ges tar tet Fast jedes Jahr sind Kommunen in NRW von extremen Niederschlägen eindringen und Schäden verursachen kann. Angesichts der Gefahren betroffen, mit gravierenden Folgen: Häuser, Tiefgaragen, Unterführun durch Starkregen und Hochwasser wird verstärkt diskutiert, wie gen, Kindertagesstätten und Produktionsanlagen werden überflutet. Risiken im Vorfeld identifiziert werden und welche Gegenmaßnah- Neben den wirtschaftlichen Folgen sind auch Menschenleben durch men ergriffen werden sollten, um zukünftig Schäden zu vermindern. Starkregen und Hochwasser gefährdet. Dieser Trend droht sich weiter Dabei sind nicht nur Grundstücke in der Nähe zu Bächen oder Flüs- zu verschärfen Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) sen betroffen. Auch Städte und Gemeinden können diese Extrem prognostiziert in einer aktuellen Studie1 auch für Nordrhein-West- ereignisse nicht durch größere Dimensionierung der entwässerungs- falen einen erheblichen Anstieg des Hochwasserrisikos. Demnach technischen Anlagen und technischen Hochwasserschutz komplett könnte sich im Zeitraum 2035 – 2044 die Zahl der jährlich durch auffangen. Hochwasser betroffenen gegenüber 1971 – 2004 verzehnfachen, wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Darüber hinaus In der Konsequenz werden zukünftig der unmittelbare Schutz von beschleunigt der Klimawandel die Auftretenshäufigkeit von extremen Bauwerken und Anlagen sowie die Planung des städtischen Raums Starkregenereignissen1, die zu hohen Abflüssen an der Geländeober (von öffentlichen Flächen) verstärkt den Schutz vor Starkregen und fläche führen, durch die Wasser in Gebäude und technische Anlagen Hochwasser berücksichtigen müssen. 1 S. N. Willner, A. Levermann, F. Zhao, K. Frieler, Adaptation required to preserve future high-end river flood risk at present levels. Sci. Adv. 4, eaao1914 (2018) www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 5 Jedoch wird der Umgang mit Wasser nicht (mehr) selbstverständlich dem jeweiligen Hochwasserrisiko angepassten Bauweise errichtet in der Planung berücksichtigt. Einfache Beispiele sind die Ausführung oder erweitert werden. Bei den Anforderungen an die Bauweise ist eines Hauseingangs (ebenerdig oder Stufen) oder Öffnungen zum neben der Lage des betroffenen Grundstücks auch die Höhe des mög Keller. Hochwasserangepasstes Bauen ist Teil des umfangreichen lichen Schadens, also das Schadensrisiko, angemessen zu berück- Themengebiets der Hochwasser- und Überflutungsvorsorge. Das muss sichtigen. sich nicht auf sogenannte (rechtlich) festgesetzte Überschwem mungsgebiete beschränken. Grundsätzlich ist jedermann verpflichtet2, Architekten und Objektplaner müssen bereits umfangreiche Regel- Vorsorgemaßnahmen zu treffen, die zum Schutz vor nachteiligen werke und Bestimmungen wie z. B.: ENEF, Statik, Barrierefreiheit usw. Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung geeignet sind. Der beachten. Der Hochwasserschutz sowie der Schutz vor eindringendem Eigenverantwortung und Eigenvorsorge des Grundstückseigentümers Wasser über die Geländeoberfläche und aus dem Kanal sind im Ver- kann z. B. durch geeignete Objektschutzmaßnahmen nachgekommen gleich dazu bisher nur Randthemen, die oft zu wenig beachtet werden. werden. Die Bauweise älterer Bauwerke lässt vermuten, dass in der Vergangen Seit dem 05.01.2018 sind die Änderungen des Wasserhaushaltsge- heit die Gefahren von eindringendem Wasser selbstverständlicher setzes (WHG), die im Rahmen des Hochwasserschutzgesetzes II erfolgt mitbedacht wurden (WBW 20156). Heute wird die Gefahr durch sind, in Kraft. So wurden z. B. Risikogebiete außerhalb von festge- Hochwasser und Starkregen oft unterschätzt. Das führt zum einen setzten Überschwemmungsgebieten3 eingeführt, die in etwa den verbunden mit einem steigenden Wohnungsmangel in vielen Städten HQ-Extremgebieten der landesweit erstellten Hochwassergefahren zu veränderten Nutzungen, die das Schadensrisiko erhöhen (z. B. Kita karten4 entsprechen und nicht im Bereich der festgesetzten Über- im Souterrainbereich). Zum anderen kommt es durch die gestiegene schwemmungsgebiete5 liegen. Hier sollen der Schutz von Leben und Bedeutung neu aufkommender Anforderungen und ästhetischen Gesundheit und die Vermeidung erheblicher Sachschäden bereits im Ansprüche zu einer Verlagerung der Prioritäten. Aber auch das Wissen Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung berücksichtigt werden. über die Gefahren und Risiken und sinnvolle Maßnahmen ist schlicht Darüber hinaus sollen in Risikogebieten bauliche Anlagen nur in einer weg nicht ausreichend vorhanden. 2 § 5 Abs. 2 WHG 4 § 74 Abs. 2 WHG 6 WBW Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung mbH, Striffler, Heiland, 3 § 78 b WHG 5 § 76 Abs. 2 WHG (2015): Hochwasser-Risiko-bewusst planen und bauen www.KommunalAgenturNRW.de
6 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Architekten und Objektplaner haben Beratungspflichten für hoch- Im Rahmen des Hochwasserschutz-Symposiums NRW 20187 im Ja- wasserangepasstes Bauen und Sanieren – in allen Leistungsphasen. nuar hat Dr. Ralf Togler das Projekt bereits vor fast 500 Zuhörern Anhand der Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten ist vorgestellt und ist auf breites Interesse gestoßen, den Vortrag finden eine Abwägung der Gefährdungspotenziale mit wirtschaftlichen Sie unter: Überlegungen durchzuführen: Ist es überhaupt sinnvoll, z. B. eine technische Objektschutzmaßnahme durchzuführen? Wirksamer www.flussgebiete.nrw.de/hwrm-symposium-2018-7674 Schutz gegen Hochwasser und Starkregen ist mit planerischem und baulichem Aufwand verbunden und muss verhältnismäßig sein. Dies kann analog auch für den Schutz vor Starkregen bei vorhandenen Zu Beginn des Projekts werden der Informationsstand und die Sensi und veröffentlichten Starkregengefahrenkarten erwartet werden. bilisierung in Bezug auf den Schutz vor Starkregen und Hochwasser Planer, private Bürger und Unternehmen müssen stärker in die Ver untersucht. Außerdem werden bekannte Informationsquellen und antwortung genommen, aber auch besser informiert und beraten deren Anwendung in der derzeitigen Planungspraxis festgestellt, werden, um mehr Maßnahmen der Bauvorsorge zu realisieren. Die und neben der Analyse des bestehenden Informationsangebots eine Aufklärung und Sensibilisierung ist daher für die Hochwasservorsor- umfangreiche Online-Umfrage bei den Mitgliedern der Kammern ge, aber auch den Schutz vor Starkregen von besonderer Bedeutung. und Einzelinterviews durchgeführt. Die Ergebnisse werden ausge- wertet und genutzt, um passende Informations- und Fortbildungs- Informationskonzept Architekten und Ingenieure angebote herauszuarbeiten und den Informationsfluss zwischen den Um hier ein gezieltes Vorgehen sicherzustellen, haben die Architekten Akteuren zu verbessern. Anregungen und Ideen der Planer sollen in kammer NRW und die Ingenieurkammer-Bau NRW gemeinsam mit Informationen oder Fortbildungen zum Thema berücksichtigt werden. der Kommunal Agentur NRW das Projekt „Entwicklung eines Informa Je nachdem, in welchen Bereichen Schwerpunkte auffallen, soll ein tionskonzepts und Maßnahmenplans für Architekten, Ingenieure, Bestandteil des Informationskonzepts praktisch umgesetzt werden. Kommunen und Bauherren zur Umsetzung von Maßnahmen der Bau Hier wäre bspw. die praktische Umsetzung in Form von einem Vor- vorsorge und des Objektschutzes bei Starkregen und Hochwasser“ Ort-Seminar „Objektschutz“ denkbar. Themen könnten Maßnahmen auf den Weg gebracht. des hochwasserangepassten Planens, Nutzens und Bauens sowie hochwasserangepasste Ausführung von Architekten- und Ingenieur Ziel des Projekts ist eine stärkere Berücksichtigung des Schutzes vor leistungen sein. Hochwasser und Starkregen im „Planungsalltag“ von Architekten, Stadtplanern, Landschaftsplanern, Ingenieuren etc. Es sollen auch Erste Ergebnisse werden im Sommer 2018 erwartet, voraussicht Möglichkeiten erarbeitet werden, Informationen zu Gefahren und licher Abschluss des Projekts ist Anfang 2019. Informationen oder Risiken besser zu kommunizieren. Schnittstellen, Kommunikations- Anregungen richten Sie bitte an Simon Stein. wege und Informationsbereitstellung zwischen den Beteiligten im gesamten Planungsprozess werden im Hinblick auf Optimierungen untersucht. Alles mündet in einem Informationskonzept. Das Projekt wird mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Land- Autor wirtschaft, Natur- & Verbraucherschutz des Landes NRW gefördert. Simon Stein, M. Sc., Kommunal Agentur NRW, Düsseldorf 7 www.flussgebiete.nrw.de/hwrm-symposium-2018-7674 www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 7 Wi e ein S ta rkre ge n di e S tadt umkrempel t – wa s t u n ? Zunahme der Überflutungsgefahr Die Bemessung und Dimensionierung von privaten und kommuna- Starkregenereignisse und andere Extremwetterereignisse wie Sturm len Entwässerungseinrichtungen erfolgte bisher maßgeblich durch und Hitzeperioden werden zukünftig zunehmen. Die negativen Fol- KOSTRA-DWD-Auswertungen. Die Fortschreibung dieser Statistik gen zeigen sich in der hohen Anzahl von Schadensmeldungen. Auch „KOSTRA 2010“ basiert auf Datenerhebungen, die zwischen 1951 und Solingen wurde in der Vergangenheit häufiger von Starkregen heim- 2010 erhoben und ausgewertet wurden. Starkregenereignisse mit gesucht. Aufgrund der ausgeprägten Topografie kommen hier die den Schäden und Gefahren für Städte und Menschen werden in Wassermengen auf den Oberflächen schnell zum Abfluss und sam- Solingen jedoch erst ab der Jahrtausendwende wahrgenommen und meln sich in den Tieflagen. Die Fließwege und Überflutungen stellen registriert. In den vergangenen 17 Jahren sind an verschiedensten bei Starkregen eine Gefährdung der Bevölkerung, der Vermögens- Stellen im Stadtgebiet 16 Regenereignisse niedergegangen, die sich werte (Sach- und Gebäudewerte) und der kommunalen Funktionen statistisch an diesem Ort im Mittel nur alle 15 Jahre wiederholen (Rettungswege, Kommunikation etc.) dar. sollten (Abb. 1). 70 65 60 55 Wiederkehrhäufigkeit in Jahren 50 45 extreme Regenereignisse 40 35 30 25 20 starke Regenereignisse 15 10 5 Bemessungsregen 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Abb. 1: Wiederkehrhäufigkeit von Starkregenereignissen über Solingen www.KommunalAgenturNRW.de
8 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Regenwasser kann nicht komplett in die Kanalhaltungen abgeleitet werden, unabhängig von einer größeren hydraulischen Dimensionie rung. Hier handelt es sich meist nur um eine kostenträchtige Ver- größerung der Kanalquerschnitte, ohne den gewünschten Effekt. Unter dieser Problemstellung ermittelten die Bergische Universität Wuppertal, das Ingenieurbüro Beck und die Technischen Betriebe Solingen (TBS) ein Forschungsvorhaben mit dem Ziel, die Leistungs- fähigkeit von Straßeneinläufen (Gully) zu ermitteln. Das Schluckver- mögen von Gullys wurde unter verschiedensten Längs- und Quer neigungen einer Straße ermittelt (Abb. 2). Die rechtliche Verantwortung für den stadtgebietsweiten Überflu- tungsschutz liegt bei der Kommune. Bis zu bestimmten Bemessungs regenereignissen wird diese Verantwortung innerhalb der Stadt dem Kanalnetzbetreiber weitergegeben. Oberhalb der Bemessungsregen sowie für das Regenwasser, welches bei Starkregen über die Straßen abläufe hinwegfließt und nicht in den Kanal gelangen kann, kann der Kanalnetzbetreiber mit seinem „Kanalnetz“ keinen Überflutungs schutz sicherstellen. Hier sind die kommunalen Fachbereiche mit Oberflächenverantwortung (Straßenbaulast, Grünflächen, Stadtpla- nung, Gewässer etc.) gleichfalls mit in der Pflicht. Entwicklung der Siedlungsentwässerung Aufgrund der thematischen Nähe zur Niederschlagswasserbeseiti- gung übernehmen in Solingen die Technischen Betriebe (TBS) als Kanalnetzbetreiber auch die Koordinierung und Konzeption des stadt weiten Überflutungsschutzes. Hierfür stehen aus der generellen Ent wässerungsplanung Werkzeuge und Daten zur Verfügung, die seit den letzten Jahren sukzessive weiterentwickelt werden. Ziel ist es, möglichst realistisch Starkregengefahren im Stadtgebiet zu identi- fizieren und wirksame Schutzmaßnahmen zu entwickeln. Mit der Zunahme der Überflutungen in den vergangenen Jahren haben die TBS festgestellt, dass das Kanalnetz bei Starkregen häufig gar nicht überlastet ist, obwohl es zu Überflutungen an der Ober- fläche kam. Auch die aus der hydrodynamischen Kanalnetzberech- nung ermittelten Überstauschächte gaben nur selten die realisti- schen Verhältnisse im Kanal wieder. Dieser scheinbare Widerspruch Abb. 2: Laborversuche zur Ermittlung des Leistungsvermögens (Überflutung trotz Restkapazität im Kanal) erklärt sich bei näherer www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 9 Betrachtung der Schnittstellen zwischen Oberfläche und Kanalnetz: Oberflächige Entwässerungssysteme auf Privatgrundstücken oder im öffentlichen Straßenbereich sind bei Starkregen nicht in der Lage, den Abfluss vollständig dem Kanal zuzuführen. Daher wird seit 2014 in Solingen sukzessive das Entwässerungsge- biet mit den gekoppelten Abflussmodellen simuliert (bis Tn = 100 a). Entgegen den Ansätzen der klassischen Kanalnetzberechnung werden bei der neuen gekoppelten Kanalnetzberechnung keine fiktiven Hal tungsflächen, sondern die tatsächlichen Oberflächen mit ihren hydro logischen Eigenschaften beregnet. Hieraus ergeben sich zusätzlich Abflüsse an der Oberfläche, die während des gesamten Simulations vorgangs bis zum Austritt aus dem Entwässerungsgebiet vollständig dargestellt werden. Aufgrund der bei Starkregen begrenzten Zulauf- möglichkeit findet ein Großteil des Abflusses nicht im Kanalnetz, sondern auf den Oberflächen statt. Infolgedessen besitzt das Kanal netz oftmals auch bei Starkregen oberhalb der Bemessungsansätze Abb. 3: Risikopotenzialkarte für öffentliche Liegenschaften Kapazitätsreserven, die genutzt werden könnten. Die Überflutungs- in Solingen bei Starkregen simulation mit Berücksichtigung der Komponenten Kanalnetz, Topo grafie, Gebäude, Bodenkennwerte und Regenereignis ist für eine gesamtstädtische Simulation noch zu komplex. Erst in den nächsten Jahren werden in Solingen die 24 einzelnen Einzugsgebiete berechnet. die – neben der Akkumulation von Flächen – weitere topografische Parameter berücksichtigt. Identifikation der Gefährdung Um schon vor Abschluss der Simulation aller Einzugsgebiete poten- Seit Sommer 2016 sammeln die TBS Bilder von Überflutungen, um zielle Überflutungsbereiche im Stadtbereich identifizieren zu können, die Überflutungsanalysen und -simulationen abzugleichen. Hierzu werden seit 2014 analytische Methoden zur Überflutungsidentifi- wurde eine E-Mail-Adresse (starkregen@solingen.de) eingerichtet, an kation herangezogen und verfeinert. 2014 lag in Solingen die erste die Bilder von Überflutungen gesendet werden können. Gemeinsam Karte zur Fließwegakkumulation vor. Diese rein topografische Ana- mit der Stadt erarbeiten die Technischen Betriebe Solingen derzeit lyse von möglichen Fließwegen bei Starkregen bietet stadtweit eine das Risikopotenzial der kommunalen Infrastruktur, der Vermögens- erste Einschätzung der überflutungsgefährdeten Geländesenken werte und der kommunalen Funktionen (Rettungswesen etc.). und der Fließwege. Mit dieser Karte werden seitdem beispielweise Neubaumaßnahmen hinsichtlich der Überflutungsgefährdung be- Im GIS-Analyseverfahren wird den kommunalen Objekten eine Ge- wertet. fährdungsklasse aus der Gefährdungspotenzialkarte zugewiesen. Mit den jeweiligen Fachbereichen der Stadt wurde die Sensibilität Ergänzend hierzu liegt seit 2015 eine Starkregeneinsatzkarte vor, (Vulnerabilität) der einzelnen Objekte Schadenspotenzialklassen die jährlich aktualisiert wird. Hierin werden die von der Feuerwehr zugeordnet. Die Überlagerung der Gefährdungspotenzialklassen und vom Kanalbetriebshof gemeldeten Einsätze im Zusammenhang und der Schadenspotenzialklasse führt mit einer entsprechenden mit Starkregen grafisch im Stadtplan dargestellt. Aufbauend auf der Bewertungsmatrix zu einem Risikopotenzial der einzelnen kommu- Fließwegkarte wurde Anfang 2016 eine Gefährdungskarte entwickelt, nalen Objekte (Abb. 3). www.KommunalAgenturNRW.de
10 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Abb. 4: Öffentliche Grünfläche zur Notableitung von Starkregen in topografischen Tiefpunkten Information, Beratung und Warnung vor Gefahren Umsetzung von Überflutungsschutzmaßnahmen Mit Feststellung der Überflutungsgefahren gilt es, den Bürger über Zum konkreten Schutz vor Überflutungen sind letztendlich Maß- diese Gefahr zu informieren und davor zu schützen. Nach dem Be- nahmen notwendig, die Abflussbildung verhindern (vorbeugender schluss des Solinger Verwaltungsvorstands zur Veröffentlichung der Überflutungsschutz) oder Abflüsse schadlos umleiten bzw. in geeig Gefährdungskarte wird aktuell eine Homepage aufgebaut, mit der neten Flächen zurückhalten („konzeptioneller Überflutungsschutz“). über die Starkregengefahren und über Objektschutzmaßnahmen in Vorbeugender Überflutungsschutz sucht am Entstehungsort der formiert und Beratung angeboten wird. Darin wird die Gefährdungs- Abflussbildung nach Möglichkeiten, Abflüsse zu vermeiden bzw. zu potenzialkarte veröffentlicht und mit dem Regenradar des Deutschen reduzieren. So können beispielsweise bei Neubaumaßnahmen Vor- Wetterdienstes (DWD) überlagert. Die veröffentlichte Gefährdungs- gaben zur Entsiegelung (Dachbegrünung) sowie zur Regenwasser- karte zusammen mit dem Informations-/Beratungsangebot bietet nutzung gemacht werden. Ortsnahe Versickerung oder Einleitung den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich mit dem Thema von Niederschlagswasser in Gewässer sind Optionen. zu beschäftigen und die exponierte Lage eines Grundstücks einzu- schätzen. Eine Voraussetzung für die Eigenvorsorge, wie im Wasser- Nicht vermeidbarer Abfluss aus Neubaugebieten ist möglichst ge- haushaltsgesetz gefordert. drosselt (Retentionsflächen) und beispielsweise durch offene Regen wasserführung zeitlich verzögert abzuleiten, um bei Starkregen den Parallel zum Aufbau der Homepage wird derzeit auf Grundlage der umgebenden Siedlungsbereich nicht zusätzlich zu belasten. Gefahrenkarte und der DWD-Regendaten eine Starkregen-Warn-App entwickelt. Durch sogenannte Push-Nachrichten auf das Handy wird Im bestehenden Stadtgebilde sind Fließwege anzupassen bzw. im der Bürger frühzeitig vor Starkregen im Stadtbereich gewarnt. Kurz geeigneten Straßenraum und durch Grünflächen zurückzuhalten, vor dem Starkregenereignis wird konkret auf die exponierte Lage sodass Schäden im weitergehenden Fließwegverlauf vermieden seines Grundstücks hingewiesen. werden können. Letztendlich kommen die Starkregenabflüsse – vor www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 11 allem im topografisch geprägten Solinger Stadtgebiet – in einem der Maßnahmenplanung und deren Umsetzung beschäftigen kann, zahlreichen Solinger Gewässer als Vorflut zum Abfluss. Hier gilt es, muss eine Defizitanalyse die Risiken aus dem Thema Klimawandel den Starkregenabfluss schadlos für die Gewässerstruktur einzubinden. für das gesamte Stadtgebiet identifizieren. Für die Finanzierung von Überflutungsschutzmaßnahmen ist die Novellierung des LWG NRW 2016 mit der Festlegung der Gebühren- Die Generalentwässerungsplanung von Solingen wird mittelfristig finanzierung von Überflutungsschutzmaßnahmen in § 54 ein wichti auf der neuesten Modelltechnik für die Kanalnetz- und Oberflächen- ger Schritt. simulation aufbauen. In dem Systembild (Abb. 5) wird die Entwick- lung im Bereich der hydraulischen Nachweise deutlich. Die bisherigen Zukunftskonzept Ergebnisse zeigen, dass die Berechnungen mit dem beregneten Für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung, die sowohl den öko gekoppelten Modell (Abb. 5, Bild 3) weniger Überstauschächte und logischen Ansprüchen an Landschaft/Gewässer und den schon wesentlich geringere Überstauvolumina ergeben, was für die Be spürbaren Problemen aus dem Klimawandel bezogen auf Stark standsberechnung eine hohe Übereinstimmung mit den Erfahrungen niederschläge gerecht wird, braucht es neue ganzheitliche Entwick- des Kanalbetriebs bezüglich der Überflutungsschwerpunkte gelie- lungskonzepte. Bevor sich aber ein interdisziplinäres Team mit der fert hat. fiktive, temporäre Speicher Bild 1 Bild 2 Bild 3 Abb. 5: Entwicklung der Modelltechnik www.KommunalAgenturNRW.de
12 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Abb. 6: Topografische Analyse (Abflussakkumulation) Die auch für Nichtexperten „lesbare“ Abflussvisualisierung aus der ckeln kann. Der weitaus größte Teil (ca. 95 %) der Jahresniederschläge topografischen Analyse zeigt deutlich, wo Wasser über die Oberfläche liegt deutlich unter den Bemessungsgrenzen für die Kanalisation direkt dem Gewässer zugeleitet wird. Das heißt, der Abfluss im Ge- und ist damit für eine ökologische Betrachtung relevant. Bei den wässer bei starken Regenereignissen wird nicht vom Abfluss aus dem seltenen, aber immer öfter auftretenden Starkniederschlägen größer Kanalnetz, sondern aus den Oberflächenabflüssen dominiert. Das als Tn = 20 a steht nicht die Ökologie im Vordergrund, sondern der zeigt noch einmal deutlich, dass Rückhaltemaßnahmen am Ende Schutz von Mensch und Infrastruktur. Hier kann der Netzbetreiber eines Kanalnetzes, an der Einleitung ins Gewässer, nur den deutlich mit dem Kanalnetz, wie oben beschrieben, nur einen begrenzten geringeren Abflussanteil beeinflussen können (Abb. 6). Beitrag leisten. Im Gebietsentwicklungsplan (GEP) werden zukünftig Handlungsschwerpunkte für eine nachhaltige Gewässerentwicklung Die hydraulischen Verhältnisse im Gewässer aus Regenereignissen aufgezeigt. jenseits der Wiederkehrzeit von Tn = 20 a sind also vom Netzbetreiber nur noch im geringen Umfang durch Maßnahmen zu beeinflussen. Zur Abschätzung der Wirksamkeit solcher Maßnahmen, d. h., bis zu Kanalisationsanlagen können nur den Abfluss behandeln oder zurück welcher Starkregenhäufigkeit diese tatsächlich noch schützen, ist auch halten, der durch die „Einlaufinfrastruktur“ (z. B. Straßeneinläufe) auf- hierfür eine Oberflächenabflussberechnung mit einem 2-D-Modell genommen werden kann. Darstellen lässt sich dieser Sachverhalt in erforderlich. Koppelt man dieses mit einem Kanalnetzberechnungs- der allgemein gehaltenen Abbildung „Abflussbilanz im Gewässer“ modell für die kanalisierten Baugebiete an der Peripherie, kann man (Abb. 7). hiermit auch die Gewässerhydraulik berechnen, die Wirksamkeit ge planter und gebauter Rückhaltemaßnahmen nachweisen, mögliche In den niedrigeren Wiederkehrzeiten Tn = 1 a – 10 a liegt der Abfluss Hochwassergefahren erkennen, ggf. Schutzmaßnamen planen und aus dem Siedlungsraum aus den befestigten Flächen deutlich über deren Wirksamkeit mit den Modellen nachweisen. den potenziell natürlichen Abflüssen. Hier ist ein ökologischer Aus gleich der Wasserführung gemäß BWK-M3 z. B. durch Regenrückhal Im Rahmen der Neuaufstellung und -ordnung der generellen Entwäs tebecken sinnvoll, damit sich ein guter Gewässerzustand entwi- serungsplanung in Solingen sind die gewonnenen Erkenntnisse der www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 13 Gesamtabfluss Siedlung (gesamt) Siedlung (Kanal) Oberflächenabfluss 20.000 Starkregen 18.000 16.000 14.000 Oberflächenabfluss 12.000 Wirksamkeit Kanalnetz 10.000 8.000 6.000 ökologischer Gewässerschutz Oberfläche, Kanal. Einzugsgebiet 4.000 RRB 2.000 Kanalisation idealtypisch, ohne Verlegung der Einläufe 0 0,1 Wiederkehrzeit Tn 1 2 5 10 20 50 100 Auslastung der Entwässerungseinrichtungen Zuständigkeit Netzbetreiber Zuständigkeit Stadt/Gemeinde Abb. 7: Abflussbilanz im Gewässer vergangenen Jahre implementiert. Sowohl die erforschte realitäts- Bedingungen zum Überflutungsschutz der Straßenkörper als Notwas nähere Leistungsfähigkeit der Straßenentwässerungseinrichtungen, serweg genutzt werden kann, hierfür umgebaut werden darf und die reale Flächenakkumulation der Einzugsgebiete als auch die neu durch den Abwasserbeseitigungspflichtigen finanziert werden kann. entwickelte gekoppelte hydraulische Berechnungsmethodik. Auf der Eine essenzielle Voraussetzung hierzu ist, dass bei einem Starkregen Grundlage dieser Daten sind die TBS nun in der Lage, die wirkliche Abwasser (Regenwasser) von Nachbargrundstücken auf die öffent- Abflussmenge einer Kanalhaltung zu bestimmen und zu überprüfen, liche Straße fließt. Gemäß § 48 Satz 1 LWG NRW ist in diesem Fall unter welchem Aufwand und Konsequenz eine Nutzung festgestell- der Straßenbaulastträger überlassungspflichtig, obwohl es sich nicht ter Leistungsfreiräume möglich ist. Darüber hinaus wurde erkannt, um Straßenoberflächenwasser handelt. Der Straßenbaulastträger dass es viel wirtschaftlicher ist, bei Starkregen anfallendes Ober kann die Zuständigkeit für eine solche Situation auf die abwasser- flächenwasser nicht bis in den topografischen Tiefpunkt fließen zu beseitigungspflichtige Stelle übertragen. Nach Abschluss einer ent- lassen, sondern vorher schad- und gefahrlos in Grünflächen oder sprechenden Vereinbarung zwischen dem Straßenbaulastträger und Gewässer abzuleiten. Hierzu ist es sinnvoll, in den entsprechenden dem Abwasserbeseitigungspflichtigen, dass für den Starkregenfall Bereichen den Straßenkörper der neuen Situation baulich anzupassen. zur Allgemeinwohlverträglichkeit der Straßenraum zur Ableitung von Regenwasser genutzt und umgebaut werden kann, dürfen die Ein weiteres Forschungsvorhaben entstehenden Kosten (gemäß § 54 Satz 2 Nr. 7 LWG NRW) in die In einem weiteren vom Land NRW geförderten Forschungsvorhaben Abwassergebühr eingestellt werden. mit der Bergischen Universität Wuppertal wurden die Möglichkeiten der Finanzierung von oberflächigen Überflutungsschutzmaßnahmen Hiermit konnte ein weiterer wesentlicher Schritt für Sicherheit, Wirt- im Straßenkörper untersucht. Aufgrund der wichtigen Bedeutung schaftlichkeit und Realisierbarkeit im zukünftig immer wichtiger von Straßen bei Starkregenabflüssen im urbanen Bereich ist diese werdenden Umgang mit Starkregenereignissen generiert werden. Frage zur Verwirklichung eines kommunalen Überflutungsschutzes relevant. Im September 2017 wurde das Forschungsvorhaben abge Autor schlossen. Die wesentliche Erkenntnis ist, dass unter bestimmten Dipl.-Ing. Manfred Müller, Technische Betriebe Solingen www.KommunalAgenturNRW.de
14 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 A l a r m - u nd Einsatzp l anung z um H o c hwasse r- u nd Ü ber fl utung s s chutz : gu te Vo r be re itu ng für ei nen s i chereren U m gan g m it G e fa hrens i tuati onen Voraussetzungen anderem Pläne für Großeinsatzlagen und Katastrophen (Katastro- Naturereignisse wie Hochwasser oder Starkregen (sog. Katastrophen phenschutzpläne) aufzustellen und fortzuschreiben (§ 4 Abs. 3 BHKG regen) können öffentliche Notstände verursachen. Die Stadt bzw. NRW). Dazu gehört auch die Organisation der Zusammenarbeit ver die Gemeinde mit ihrer Feuerwehr hat die Aufgabe, die Bevölkerung schiedener Fachbereiche in Stäben. durch vorbeugende und abwehrende Maßnahmen für den Brand- schutz und durch Hilfeleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, „Mit unserem alten Hochwasserplan konnte man nicht arbeiten …“ § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 BHKG NRW). Für den Hochwasser- und – Entwicklung und Optimierung eines Hochwasseralarm- und Ein- Überflutungsschutz können durch die Aufstellung eines entsprechen satzplans den Alarm- und Einsatzplans Hilfeleistungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BHKG) Krisenmanagement in der Hochwasservorsorge heißt, auf Hochwas- erbracht werden. Gemäß § 3 Abs. 3 BHKG NRW haben die Gemeinden sersituationen oder Gefahren durch Starkregen schnell und ange- unter Beteiligung ihrer Feuerwehr Brandschutzbedarfspläne sowie messen reagieren zu können. Im Hochwasseralarm- und Einsatzplan Pläne für den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr aufzustellen, umzu wird systematisch festgelegt, wie die effektive Gefahrenabwehr zum setzen und spätestens alle fünf Jahre fortzuschreiben (Stichwort: Schutz von Menschen, Sachwerten und der Umwelt sichergestellt Krisenmanagement). werden kann. Die entwickelten Maßnahmen sollen Schäden durch unkontrolliert abfließendes Wasser vermeiden oder reduzieren. Um Die Kreise treffen insbesondere die erforderlichen Maßnahmen zur ausreichend Vorbereitungszeit zu haben, muss viel Wert auf die indi Vorbereitung der Bekämpfung von Großeinsatzlagen und Katastro- viduelle Optimierung von Alarmstufen und die daran gebundenen phen (§ 4 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 BHKG). Hierzu haben sie unter Meldeketten gelegt werden (Abb. 1). www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 15 Bezirksregierung Hochwasserschutzzentrale » Hochwassermeldung Fluss A » Prognose und ab Beispielpegel 1 von 2,50 m, Hochwassermeldung Vorschlag 1,70 m ab 4,50 m Beispielpegel 2 Ansprechpartner/in Ansprechpartner/in mit Telefonnummer mit Telefonnummer informiert (E-Mail) Feuerwehr- und Rettungsleitstelle auf Kreisebene Ansprechpartner/in mit Telefonnummer Sonderfunktion Leitstelle Feuer-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst Nachbarstadt: (z.B. Schleusenwärter) Ansprechpartner/in mit Telefonnummer Ansprechpartner/in mit Telefonnummer » Pegelentwicklung Fluss A und Zusammenfassung mit Fluss B + Stellvertreter informiert informiert informiert alle beteiligten Ämter und Behörden Verantwortliche der Gemeinde/Deichverband » Voralarmierung der Kräfte Ansprechpartner/in mit Telefonnummer » ggf. Information der betroffenen innerhalb der Dienstzeit Bevölkerung außerhalb der Dienstzeit + Stellvertreter » Meldung von Schadensereignissen » Meldungen von Wassereinbruch nein » Ausfallmeldungen von Stromversorgung, keine weiteren Kriterien für Wasserversorgung, Heizung/Klima/Lüftung Maßnahmen Auslöseschwelle durch Wassereinbruch erreicht? » sonstige Schadensmeldungen ja » Nachbearbeitung » Änderung im Alarmplan nötig? Beipiel » gesamten Plan durchgehen und aktualisieren Hochwasseralarm- und ggf. anpassen Einsatzplan » Maßnahmen bearbeiten und anpassen » ggf. Anpassung der HW-Gefahren- und nein Risikokarten in Abstimmung mit der Bezirksregierung ja Ende des Ereignisses? Abb. 1: Meldekette/Informationsfluss www.KommunalAgenturNRW.de
16 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Dabei müssen Warndienste eingerichtet und Warnungen eingestuft Hochwasseralarm- und Einsatzpläne wurden in der Vergangenheit (Pegel, Wetter usw.) werden. In vielen Alarm- und Einsatzplänen sind oftmals umfassend textlich beschrieben. Die entscheidenden Infor- die Informationen hierzu veraltet und berücksichtigen keine neuen mationen mussten dazu in Gefahrensituationen mühsam herausge Informationsquellen und -medien. Zuständigkeiten müssen inner- lesen werden. Es bietet sich an, Maßnahmen zukünftig übersichtlich halb und außerhalb der Dienstzeiten stets geregelt, aktuell und an in tabellarischer Form auf das Wesentliche reduziert darzustellen und ihre Verwaltungsstruktur angepasst sein (Abb. 2). weitergehende Informationen im Anhang zur Verfügung zu stellen (Abb. 3). Im Idealfall können Maßnahmen zu definierten Ereignissen (Pegel- ständen, Unwetterwarnungen) im Vorfeld festgelegt werden, z. B. der Allerdings sind Gefahrensituationen durch Hochwasser und extreme Aufbau von mobilen Schutzwänden bei bestimmten Wasserständen. Starkniederschläge oftmals sehr unterschiedlich, sodass in Abhängig Gute Orts- und Systemkenntnis sowie die Erfahrung und Fachkom- keit von der aktuellen Lage vor Ort und der zu erwartenden Entwick- petenz von allen beteiligten Akteuren sind Voraussetzungen, um lung situativ über Abwehrmaßnahmen entschieden werden muss. neue Maßnahmen zu entwickeln oder bestehende auf den Prüfstand Meist sind hier verschiedene Belange der Kommunalverwaltung be zu stellen. Dabei können sowohl Hochwassergefahren- und Hoch- troffen, weshalb es auch bei Gefahrenlagen, die keine Großeinsatz- wasserrisikokarten, die für ganz NRW flächendeckend vorliegen, als lagen verursachen, sinnvoll ist, Stabsarbeit bereits auf kommunaler auch Starkregengefahrenkarten, die bereits in einigen Kommunen Ebene zu organisieren. Auf diese Weise können alle betreffenden vorliegen, genutzt werden. Fachbereiche einbezogen werden. Dabei ist die Verbindung der admi Alarmphasen Ziel Monitoringphase » Warnungen werden erkannt und weitergeleitet Warnphase » Warnungen werden richtig interpretiert » aktives Beobachten Vorbereitungsphase » Alarmierung, um verhältnismäßige Einsatzbereitschaft sicherzustellen Kontrolle » Wasser unter Kontrolle halten » Schutzeinrichtungen in Betrieb nehmen Notlage » Gefahren für Betroffene abwehren » Schützen, Schadensbegrenzung Öffentlicher Notstand » Hilfe und Schutz des Gemeinwesens » Retten, Schützen, Schadensbegrenzung Katastrophe » Sicherstellung der Führung, Ereignisbewältigung Regenerationsphase » Beseitigung von Schäden » Wiederherstellung des Normalzustands Abb. 2: Das Alarmstufenmodell www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 17 Abb. 3: Auszug Maßnahmentabelle www.KommunalAgenturNRW.de
18 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 nistrativen und organisatorischen Aufgaben der Verwaltung mit den » Organisation der Stabsarbeit operativen und technischen Aufgaben der Feuerwehr oder anderen » Digitalisierung von Hochwasser Alarm- und Einsatzplänen „Hilfsorganisationen“ ein wichtiger Teil des Hochwasseralarm- und Einsatzplans und des Krisenmanagements. Die Zusammenarbeit in Gemeinsam mit Ihnen üben wir den Umgang mit Gefahren- und Stäben sollte nicht nur am „grünen Tisch“ organisiert, sondern auch Risikokarten und leiten dabei neue Maßnahmen ab erprobt sowie der Umgang mit dem Kartenmaterial geübt werden. » identifizieren kritische Objekte » berücksichtigen Starkregen Die Vorbereitung ist nie abgeschlossen. Nur eine ständige Weiterent » stellen einen Hochwasseralarm- und Einsatzplan auf, der Sie im wicklung der Hochwasseralarm- und Einsatzplanung gewährleistet Ernstfall effektiv handeln lässt Aktualität. Die Entwicklungen in der Gemeinde, die Bedürfnisse der Akteure oder neue Erkenntnisse müssen Berücksichtigung finden. Durch die Zusammenarbeit der beteiligten Stellen, die auch im Ernst Je nach Bedarf werden wir Sie bei der Erstellung oder Neugestaltung fall zusammenarbeiten müssen, wird Ihre Verwaltung sensibilisiert, Ihres Hochwasseralarm- und Einsatzplans unterstützen. In verwal- ist auf plötzlich eintretende Ereignisse besser vorbereitet und kann tungsinternen Workshops erproben wir gemeinsam mit Ihnen den angemessen reagieren. Wer sich gut vorbereitet hat, ist später auch Umgang mit Gefahren- und Risikokarten und helfen dabei kritische weniger angreifbar … Objekte zu identifizieren. In Abstimmung mit allen Beteiligten können neue Maßnahmen entwickelt werden und in einem neuen Hochwas seralarm- und Einsatzplan festgehalten werden. Wir begleiten auch bei der Digitalisierung des erarbeiteten Hochwas seralarm- und Einsatzplans. Dazu wird eine für Ihre Bedürfnisse passende Software ausgewählt und die Inhalte übertragen. Wir unterstützen bei der » Erstellung, Überarbeitung und Fortschreibung von Hochwasser alarm- und Einsatzplänen » Optimierung Ihrer Alarmstufen und der entsprechenden Melde kette bzw. Warndienste Autoren » Bewertung von Warnungen (Pegel, Wetter usw.) Simon Stein M. Sc., » Optimierung und ggf. Ergänzung von vorhandenen Schutzmaß- Dipl.-Ing., Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Vöcklinghaus M. A., nahmen Kommunal Agentur NRW, Düsseldorf www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 19 Wi n d – Sonne – Fa ul gas : Au f d e m We g zu r e nergeti s ch bes ten Lös u ng f ü r d i e Klä ra nla ge Bochol t Der Entsorgungs- und Servicebetrieb der Stadt Bocholt (ESB) ist mit unterhaltung. Ein weiteres Geschäftsfeld ist Planung, Bau und Be- seinen über 160 Beschäftigten neben den Aufgaben der Abfallent- trieb der gesamten Stadtentwässerung. Hierzu betreibt der ESB im sorgung und der Stadtbildpflege zuständig für den Betrieb und die Bocholter Industriepark die zentrale Kläranlage zur Reinigung der Ab Unterhaltung der städtischen Infrastruktur in der rund 70.000 Einwoh wässer aus Privathaushalten und von mehreren Tausend Dienstleis- ner zählenden Stadt im westlichen Münsterland. Hierzu zählen die tungs-, Gewerbe- und Industriebetrieben. Die Anlage reinigt aktuell städtischen Grünanlagen, zahlreiche Sport- und Spielplätze, mehrere das Wasser von rund 157.000 Einwohnerwerten bei einer Ausbau- Friedhöfe, die Gewässerunterhaltung und die Aufgaben der Straßen größe von 225.000 Einwohnerwerten. Abb. 1: Luftbild Kläranlage Bocholt www.KommunalAgenturNRW.de
20 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Die Energiekosten der Kläranlage sind aufgrund der vielfältigen Rei nigungs- und Behandlungsstufen ein wesentlicher Kostenfaktor der Abwasserbehandlung. Der Energiebedarf der Anlage konnte in den letzten zehn Jahren aufgrund vielfältiger Energiesparmaßnahmen um knapp 30 % von 4,5 Mio. kWh auf rund 3,2 Mio. kWh reduziert werden. Hierzu gehörten unter anderem die Optimierung der Hydrau lik und der Neubau einer energieeffizienten Belüftungseinrichtung auf dem neuesten technischen Standard. Durch eventuell weiterge hende Maßnahmen zur Abwasserreinigung und durch Überlegungen, eine Trocknungsanlage für den anfallenden Klärschlamm zu realisie- ren, wird der Energiebedarf in den nächsten Jahren jedoch wieder steigen. Der ESB setzt zur Deckung des Bedarfs auf regenerative Energiequel len. Daher wurde ergänzend zur vorhandenen Verstromung des Faulgases in Blockheizkraftwerken, einer schon in Betrieb befindli- chen Kleinwindanlage und der bereits installierten Fotovoltaikanla gen eine Windenergieanlage mit einer Nennleistung von mindestens 2.000 kW ins Auge gefasst. Hierzu wurde ein vierköpfiges Projektteam gebildet, das sich mit dem Genehmigungsverfahren, der baulichen Umsetzung und der Einbin dung der Anlage in das Energiemanagement der Kläranlage befasst hat. Es setzt sich zusammen aus dem ESB-Betriebsleiter Gisbert Jacobs, seinem Stellvertreter Heinz Welberg, dem Leiter der Kläranlage Andreas Wehren und dessen Stellvertreter Christian Schaffeldt. Alle notwendigen Unterlagen und Gutachten zwecks Genehmigung der Anlage beizubringen und der Bau auf dem Gelände der Kläran- lage stellten das Team vor besondere Herausforderungen. Mit der im Dezember 2017 erfolgten behördlichen Abnahme in Verbindung mit der ersten Umweltinspektion wurde ein weiterer Meilenstein Abb. 2: Vorbereitung und Aufbau der Anlage im Projektablauf erreicht. www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 21 Das gesamte Verfahren zog sich dabei über einen mehrjährigen Pro zess, der nachfolgend mit den wesentlichen Eckdaten beschrieben ist: » November/Dezember 2014 » November 2016 » Beschluss des zuständigen Betriebsausschusses des ESB und » Fertigstellung des Fundaments der Stadtverordnetenversammlung, die Errichtung einer Wind energieanlage zu prüfen » Februar/März 2017 » Dezember 2014 bis Januar 2016 » Aufbau der Anlage » Auswahl eines geeigneten und grundsätzlich genehmigungs fähigen Anlagentyps » Durchführung von Wirtschaftlichkeitsberechnungen » März 2017 » Abwicklung diverser Gutachten (u. a. Lärm, Naturschutzbelange, Schattenwurf) » Inbetriebnahme und Produktion der ersten kWh Strom » Erstellung der Genehmigungsunterlagen » Einbindung der Anlage in das Prozessmanagement » Sammlung von Betriebserfahrungen » Juli 2016 » Dezember 2017 » Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch den Kreis Borken » Immissionsschutzrechtliche Abnahme » Umweltinspektion » August 2016 » Januar 2018 » Auftragserteilung an die Firma Enercon zur Lieferung » Aufstellung und Inbetriebnahme einer Windenergieanlage vom » Schalltechnische Nachvermessung unter Volllast Typ Enercon E-82/E-2 www.KommunalAgenturNRW.de
22 | TEC H N I K | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Abb. 3: Montage des Turmsegments Abb. 4: Anlieferung des Maschinenhauses Das Vorhaben wurde vor allem beim Aufbau des Windrads intensiv zu besteigen. Ergänzend hierzu wurde für die Wartung der Anlage durch die örtliche Presse begleitet. Wie hoch dabei das Interesse der ein Enercon-Partnerkonzept vertraglich vereinbart. Bevölkerung war, spiegelte sich besonders beim Tag der offenen Tür wider. Anlässlich der Einweihung der Windkraftanlage kamen über Als nächster Baustein der energetischen und ökobilanziellen Opti- 1.000 Besucher zum Zentralklärwerk, um dabei auch einmal einen mierung befindet sich nun der Bau einer Anlage zur Klärschlamm- Blick hinter die Kulissen werfen zu können. Hierbei erlebten die Inte trocknung in Planung. Neben den eigenen gut 10.000 Jahrestonnen ressierten vor Ort, wie bei der errichteten Anlage durch eine neuar- Klärschlamm mit einem TR-Gehalt von ca. 21 % sollen weitere Input tige Rotorblattgestaltung eine erhebliche Geräuschreduzierung der mengen im Wege interkommunaler Zusammenarbeit für eine gute Anlage erreicht wurde. Auslastung der Anlage sorgen. Rückblickend ist festzuhalten, dass die Zusammenarbeit des ESB mit Nach Abschluss der Vorüberlegungen und Erarbeitung von Grobkon dem Anlagenhersteller Enercon reibungslos funktioniert hat. Zur zepten sind der ESB und die Nachbarkommune Hamminkeln derzeit Unterstützung in diesem speziellen Themenfeld, der für einen Abwas auf der Suche nach einem Ingenieurbüro zur Erstellung einer ent- serbetrieb nicht das Tagesgeschäft darstellt, nahm der ESB Beratungs sprechenden Machbarkeitsstudie. Von besonderem Interesse sind leistungen des ortsansässigen Dienstleisters „Sky-Energy“ in Anspruch. dabei Angebote von Ingenieurbüros, die spezifische Erfahrungen mit dem Energiemanagement von Kläranlagen mitbringen. Die regene Durch die Schulung von zwei Beschäftigten des ESB in puncto Anla rativen Quellen Wind, Faulgas und Sonne bestmöglich für den Eigen gentechnik und Höhenrettung bei der Firma Enercon besitzen diese bedarf vor Ort zu nutzen und aufeinander abzustimmen, bildet dabei nun auch die Befähigung, die Windenergieanlage zu betreiben und die besondere Herausforderung. www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | TEC H N I K | 23 Abb. 5: Maschinenhaus der Windenergieanlage ESB-Bocholt Abb. 6: Montage der Rotorblätter Hierbei gehen die Überlegungen auch dahin, bei der Projektentwick lung eine mögliche Nutzung eines benachbarten Baggersees als zusätzlichen natürlichen Wärmespeicher einfließen zu lassen. Eine Zahlen – Daten – Fakten Prognose darüber abzugeben, ob sich dieser sowohl technisch als der Windenergieanlage ESB-Bocholt auch rechtlich herausfordernde Ansatz weiterverfolgen oder sogar realisieren lässt, ist zum jetzigen Zeitpunkt äußerst schwierig. Es Nennleistung 2.300 kW bleibt daher für den ESB weiter spannend, die Kläranlage nicht nur Nabenhöhe 85 m in Bezug auf die Reinigungsleistung, sondern auch in puncto Energie Rotordurchmesser 82 m bedarf und -versorgung weiter zukunftsfähig auszurichten. Gesamthöhe 126 m Erzeugte Strommenge 3.000.000 kWh/a prognostiziert Gesamtinvestition rund 2,8 Mio. E netto Autor Dipl.-Ing. Heinz Welberg, M. Sc., Entsorgungs- und Servicebetrieb der Stadt Bocholt (ESB) www.KommunalAgenturNRW.de
24 | ORGAN ISATION | A B WA S S E R R E PO RT 1.18 Qualitäts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagement: STEB Paderborn stellt sich den externen Anforderungen und ist erfolgreich rezertifiziert Der Stadtentwässerungsbetrieb Paderborn (STEB) ist erneut im Quali hend aus der Betriebsleitung, dem Managementbeauftragten und täts-, Umwelt- und Arbeitsschutzmanagement zertifiziert worden. den Prozessverantwortlichen, zusammengestellt, welche sich intensiv Dieses hat die DQS, die Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von mit der Einarbeitung der neuen Normanforderungen und der Opti Managementsystemen, nach einer viertägigen Systemüberprüfung mierung der Prozesse befasste. beim STEB bescheinigt. Aufgrund der neuen und geänderten Norm anforderungen der DIN EN ISO 9001:2015 und DIN EN ISO 14001:2015 Mit der Begleitung bei der Normumstellung von der Version 2008 war diese Überarbeitung notwendig. Gleichzeitig wurde die Ablauf auf die neue Version 2015 wurde die Kommunal Agentur NRW vom organisation innerhalb des STEB überprüft und weiter optimiert. Der STEB beauftragt. Das Projektteam der Kommunal Agentur bereitete STEB hat im Jahr 2001 das Qualitäts- und Umweltmanagementsys- die Projektgruppe des STEB detailliert in mehreren Workshops und tem und im Jahr 2010 das Arbeitsschutzmanagementsystem einge- Arbeitsgruppentreffen auf die neuen Anforderungen vor. führt und ist seitdem durchgängig als zertifizierter Betrieb anerkannt. Im Einzelnen wurden die folgenden aktuellen Normanforderun- Der Weg zur Umsetzung gen vorgestellt, deren Auswirkungen auf das Tun und Handeln Für die Überarbeitung der internen Betriebs- und Prozessanweisungen des STEB Paderborn besprochen und das Vorgehen zur Umsetzung (Vorgabedokumentation) wurde zunächst eine Projektgruppe, beste- festgelegt (Abb. 1). www.KommunalAgenturNRW.de
A B WA S S E R R E PO RT 1.18 | ORGAN ISATION | 25 Projektschritte Projektschritt Beteiligte 2.1.2 Workshop: Novellierung der 9001: Strategie und Führung Projektgruppe, Leitungskreis, ggf. Auditoren 2.1.3 Workshop: Novellierung der 14001: Umweltsituation Projektgruppe, ggf. Auditoren 2.1.4 Anforderung zur Steuerung externer Prozesse Projektgruppe, verantwortliche Mitarbeiter, ggf. Auditoren 2.1.5 Anforderungen an ein Wissensmanagement Projektgruppe 2.1.6 Erarbeitung einer Methodik zum Umgang mit Risiken Betriebsleiter, Projektgruppe, weitere Mitarbeiter und Chancen der Prozessabläufe nach Festlegung 2.1.7 Anpassung der vorhandenen Dokumentation Projektgruppe Strategie und Führung Anforderungen zur Steuerung externer Prozesse Gemeinsame Erarbeitung geänderter inhaltlicher Anforderungen Die bisherigen Regelungen zur Beschaffung wurden geprüft und um an ein Qualitätsmanagementsystem hinsichtlich der strategischen Informationen für externe Anbieter und neue Anforderungen an die Ausrichtung des Unternehmens: Steuerung extern bereitgestellter Prozesse ergänzt. » Führungsrollen » interessierte interne und externe Parteien Aufgrund wesentlicher Schnittstellen zur Stadt Paderborn war diese » interne und externe Themen und damit verbundene Prozessgestaltung eine zeitaufwendige Herausforderung und wurde » Risiken und Chancen auf Führungsebene gesteuert. In einem Workshop mit dem Projektteam wurden die Forderungen Anforderungen an das Wissensmanagement zum „Kontext der Organisation“ besprochen, die wesentlichen interes Bestehende Regelungen zur Fort- und Weiterbildung wurden hinter sierten Parteien und Themen identifiziert und daraus resultierende fragt, inwieweit sie den erweiterten Anforderungen an einen bewuss Risiken und Chancen diskutiert. ten Umgang mit Wissen genügen. Umweltsituation Es wurde organisiert, wie das vorhandene Wissen aufrechterhalten, Erarbeitung geänderter inhaltlicher Anforderungen an ein Umwelt- für Mitarbeiter verfügbar gemacht oder benötigtes Zusatzwissen managementsystem hinsichtlich der Betrachtung und Beschreibung für zukünftigen Bedarf erlangt werden kann. der Umweltsituation: » Umweltzustände Methodik zum Umgang mit Risiken und Chancen » Umweltaspekte der Prozessabläufe » Lebenszyklus Mit dem Projektteam wurde die Methodik und die Dokumentation » bindende Verpflichtungen und damit verbundene besprochen, wie Risiken und Chancen zukünftig prozessbezogen » Risiken und Chancen ermittelt, festgehalten und anhand von Kriterien bewertet werden können. Risiken und Chancen wurden beispielhaft gemeinsam iden- In einem Workshop mit dem Projektteam sowie den Beauftragten tifiziert und bewertet. zum Umweltschutz (Gewässerschutz, Abfall, Gefahrstoffe) wurden die Forderungen zur „Umweltsituation der Organisation“ erarbeitet. Die Entscheidung, Chancen und Risiken nicht mehr zentral in einer Die zu beachtenden Umweltzustände wurden besprochen, bindende Prozessanweisung, sondern prozessbezogen darzustellen, soll einen Verpflichtungen zu bedeutenden Umweltaspekten identifiziert und direkten Bezug der prozessverantwortlichen Mitarbeiter mit den daraus resultierende Risiken und Chancen diskutiert. Risiken und Chancen ihres alltäglichen Tuns sicherstellen. Abb. 1: Projektschritte www.KommunalAgenturNRW.de
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