Affektive Störungen ORIANA CLASEN KLINIK FÜR KINDER- U. JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK U. PSYCHOTHERAPIE - Universitätsklinikum des Saarlandes
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Affektive Störungen ORIANA CLASEN KLINIK FÜR KINDER- U. JUGENDPSYCHIATRIE, PSYCHOSOMATIK U. PSYCHOTHERAPIE UNIVERSITÄTSKLINIKUM DES SAARLANDES HOMBURG
2 01 02 03 Diagnosekriterien Ätiologie und Psychotherapeutis Lernziele einer Depression Prävalenzen der che und und depressiven medikamentöse Symptomunterschi Störung Behandlung der ede abhängig Depression vom Alter Oriana Clasen 30.10.2020
3 Ein 16-jähriges Mädchen, das zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits seit ca. 6 Monaten folgende Beschwerden hatte: • Weniger Antrieb u. Energie • stärkere innere Unruhe Kopf- und Bauchschmerzen Fallbeispiel • • Druckgefühl auf der Brust • Leeregefühl • Schlafstörungen • sozialer Rückzug • könne sich nicht mehr richtig freuen • Hobbys weitgehend reduziert • treffe sich auch nur noch selten mit ihrer besten Freundin Oriana Clasen 30.10.2020
4 • könne sich in der Schule schlechter konzentrieren • die Leistungen seien noch in Ordnung • Morgentief • Hinweise auf selbstverletzendes Fallbeispiel Verhalten oder akute Suizidalität ergaben sich nicht • Grübeln • Keine Auffälligkeiten in der Eigen- und Familienanamnese Oriana Clasen 30.10.2020
5 Gruppe von Störungen tendieren Störungen, deren zu wiederholtem Hauptsymptom die Auftreten krankhafte Veränderung der Stimmungslage ist Definition in der ICD-10 und Klassifikation gemäß DSM-5 kategoriale ICD-10 gilt für alle Einteilung nach Altersgruppen Schweregrad Oriana Clasen 30.10.2020
6 ICD-10 unterscheidet Episoden (aller drei Ausprägungsgrade der Schweregrade)= ab Symptomatik einer Dauer von zwei (leicht, mittelgradig, schwer oder Wochen rezidivierende depr. Definition Störung, evtl. mit psychot. Symptomen) Rezidiv= mind. Depressive Störungen zweimonatiges können bereits ab beschwerdefreies dem Alter von drei Intervall Jahren diagnostiziert werden (Luby, Belden, Spitznagel, 2006) Oriana Clasen 30.10.2020
7 ICD-10 DSM-5 Hauptsymptome: Mindestens depressive Verstimmung, Freudlosigkeit, Interessensverlust innerhalb Herabgestimmtheit, die meiste Zeit, fast von wenigstens 2 Wochen täglich, seit mind. 2 Wochen Interessensverlust, Freudlosigkeit, Aktivitätseinschränkung Antriebslosigkeit Schnelle Ermüdbarkeit, Müdigkeit Diagnosekriterien Weitere mögliche Symptome: Fünf von neun Symptomen müssen ICD-10 und DSM-5 Kognitive Einschränkungen (Konzentration, vorhanden sein: Aufmerksamkeit) 1. Depressive Verstimmung Früherwachen, Morgentief 2. Interessenverlust/Freudlosigkeit Unentschlossenheit oder Unschlüssigkeit 3. Appetit- oder Reduzierte Selbstwertgefühl, geringes Gewichtsveränderungen Selbstvertrauen 4. Schlaflosigkeit oder starke Müdigkeit Gefühl der Wertlosigkeit 5. Psychomotorische Agitation oder Unangemessene Schuldgefühle, Gehemmtheit Selbstvorwürfe 6. Energielosigkeit oder Fatigue Psychomotorische Agitation oder (Erschöpfung) Gehemmtheit 7. Schuldgefühle oder red. Suizidgedanken, suizidales Verhalten Selbstwertgefühl Schlafstörung 8. Konzentrationsstörung oder Appetitmangel oder –steigerung mit Unentschlossenheit Gewichtsveränderungen 9. Suizidgedanken oder suizidales Verhalten Oriana Clasen 30.10.2020
8 Epidemiologie • Lebenszeitprävalenz depressiver Störungen: 10-20% • Altersgruppe 9-17 Jahre: 6%; in 4,9% Major depression (Entwicklungspsychiatrie, 2. Auflage) • Prävalenzraten USA (8-15 J.): 2,7 % Major depression, 1,0 % Dysthymia (Ries Merikangas et al., 2009) • ab dem 13.LJ treten Depressionen signifikant häufiger auf (Mehler-Wex u. Kölch, 2008) • ab Jugendalter weibliche Geschlecht häufiger (2:1) Oriana Clasen 30.10.2020
9 Symptome in den verschiedenen Altersstufen Kleinkind (1-3 J.): eher Vorschulkind (4-6 J.): somatische Symptome, wie reduzierte Psychomotorik, Appetit-, Schlaf-, Gedeih- u. Lustlosigkeit, Entwicklungsstörungen o. Stimmungsschwankungen, Bauchschmerzen; Reizbarkeit u. Aggressivität Cave: Diagnose aber erst ab Leitsymptom: Anhedonie dem Alter von 3 Jahren geringe Frustrationstoleranz Irritabilität, Ausdrucksarmut, Agitation Passivität, verminderte Gestik und Mimik Oriana Clasen 30.10.2020
10 Symptome in den verschiedenen Altersstufen Schulkind (7-12 J.): Jugendalter (13-18 J.): Selbstbericht über Leistungsprobleme, sozialer Traurigkeit, Schuldideen, Rückzug, Antriebs- u. Versagensängste, sozialer Interessenverlust, Rückzug, erste Zukunftsängste, lebensmüde/suizidale Selbstwertprobleme, Gedanken Suizidalität Schulleistungsstörung Oriana Clasen 30.10.2020
Komorbiditäten 11 VORSCHULKINDER: HOHE • 40-70% weisen eine weitere psych. KOMORBIDITÄTSRATEN MIT Störung auf (Lehmkuhl, Walter u. Lehmkuhl, 2008) EXTERNALISIERENDEN STÖRUNGEN (LUBY ET AL., 2003): • 20-25 % mind. 2 weitere Störungen 42% ADHS (Lehmkuhl et al., 2008) 62% ODD • Angststörungen (bis zu 75%) 41% ADHS+ODD 28% Angststörung • Störungen des Sozialverhaltens (bis zu 50%) GLEICHZEITIGE AUFTRETEN VON EINER • Substanzmissbrauch u./o. Aggressivität DEPRESSIVEN U. EINER (25%) EXTERNALISIERENDEN STÖRUNG (ADHS U./O. ODD) KEINE • Essstörungen VERSCHLECHTERUNG DER • Zwangsstörungen SYMPTOMATIK Oriana Clasen 30.10.2020
Ätiologie u. Pathogenese 12 • Ursachen ungenügend geklärt • biologische und psychosoziale Modelle • biologische Modelle: neuroendokrine, biochemische u. genetische Hypothesen • Genetische Faktoren: Risiko steigt mit zunehmendem Verwandtschaftsgrad, bei zwei erkrankten Elternteilen bis 50% • höhere Konkordanzraten bei eineiigen Zwillingen (40% für eineiige und 14% für zweieiige Zwillingspaare) • Polygenetischer Erbgang • Polymorphismus (Gen-Variante) des Serotonintranspoter-Gens • Gen-Umwelt-Interaktion Oriana Clasen 30.10.2020
13 Ätiologie u. Pathogenese Neurotransmission: Dysregulations- und Dysbalancemodelle: Überwiegen der cholinergen Aktivität gegenüber noradrenerger und serotoninerger, Grundlage der depressiven Affektlage (Mangel an Serotonin und Noradrenalin) Neuroendokrine Faktoren: Störungen der Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden-Achse mit erhöhter Cortisolsekretion Oriana Clasen 30.10.2020
14 Ätiologie u. Pathogenese Psychosoziale Modelle: Psychoanalytische Theorie: Depression als eine gegen das Selbst introjizierte Aggression in Reaktion auf Liebesverlust oder Trennung Lerntheoretisches Modell: Depression als Mangel an positiver Verstärkung oder sozialen Fertigkeiten Kognitionspsychologische Ansätze: Bewerten sich selbst, Umwelt und Zukunft negativ; selektives Filtern von Hinweisreizen (Beck); Theorie der erlernten Hilflosigkeit (Seligmann) Oriana Clasen 30.10.2020
15 Ätiologie u. Pathogenese jeder Mensch ist zu depressiven Reaktionen in der Lage, intraindividuelle Unterschiede liegen in der Vulnerabilität Hypothese der „biologischen Bahnung“, äußere Belastungsfaktoren induzieren neurobiolog., vulnerabilitätssteigernde Veränderungen (z.B. erhöhte Katecholamin- u. Kortisolexkretion) d.h. Ausgangspunkt für die Genese depressiver Störungen sind einerseits eine genetisch determinierte Vulnerabilität, andererseits defizitäre Erlebnisse bzw. Umstände im psychosozialen Bereich Oriana Clasen 30.10.2020
16 Biologische Faktoren: Psychologische Faktoren: genetische Vulnerabilität, schwieriges körperliche Erkrankungen Temperament, niedriger Selbstwert Risikofaktoren für die Entwicklung einer Depression Familiäre Faktoren: Lebensgeschichte: psychische Störungen der Verlust- u. Trennungs- Eltern, Disharmonie, erfahrungen, Missbrauch Bindungsdefizit, defizitäre Mobbing, Krankheit, Erziehungsstile Leistungsversagen, Trauma Oriana Clasen 30.10.2020
17 Risikofaktoren für die Entwicklung einer Depression Aufrechterhaltende Faktoren: Biologische Faktoren: Neurotransmitterstörung, Dysregulation des endokrinen Systems, Dysregulation des Immunsystems Psychologische Faktoren: negative Kognitionen, Defizite an Sozialkompetenz u. Bewältigungsstrategien Familiäre Faktoren: psychische Störungen der Eltern, Disharmonie, Bindungsdefizit, defizitäre Erziehungsstile, Vernachlässigung Oriana Clasen 30.10.2020
18 Diagnose u. Differenzialdiagnostik Eigenanamnese: Entwicklung der Symptome, Symptommanifestation (saisonal, zyklisch), Erstmanifestation vs. Rezidiv, lebensgeschichtlicher Kontext, körperliche Krankheiten Familienanamnese: affektive Störungen, andere psychische Störungen, Familiensituation Psychopathologischer Befund Körperliche Untersuchung (ggf. Labor) Testpsychologische Untersuchung Diagnostische Klassifikation gemäß ICD-10 DD: Angststörungen, emotionale Störungen, Ausschluss somatogene o. pharmakogene Genese Oriana Clasen 30.10.2020
19 Verlauf u. Prognose Im Kindes- u. Jugendalter bisher nur begrenzte Erfahrungen: Anpassungsstörungen mit depressiver Stimmung insgesamt günstige Prognose Major Depression: ein Jahr nach Behandlungsbeginn 70-80% geheilt, 10% haben eine anhaltende Depression Persistenz der Depression korreliert mit Schweregrad zu Beginn, einer komorbiden Zwangsstörung, anhaltenden belastenden Lebensereignissen, psychoendokrinen Fehlfunktionen in 40-80% kommt es zu Rückfällen innerhalb von 2 Monaten nach Remission, bei 50% innerhalb von 3-5 Jahren die Dysthymie hat einen Verlauf von 3-4 Jahren, mit hoher psychiatrischer und psychosozialer Morbidität, erhöhtes Risiko für Major Depression schwere depressive Störungen: erhöhtes Risiko für Suizidalität, Suizid, Substanzmissbrauch Oriana Clasen 30.10.2020
Behandlung von depressiven 20 Störungen bei Kindern u. Jugendlichen (S3-Leitlinie, Stand: 01.07.13) 1. Empfehlung: Aktiv abwartende 2. Empfehlung: Ambulante Behandlung Maßnahmen/Maßnahmen zur In der Regel erfolgt die Behandlung Förderung der Gesundheit depressiver Störungen bei Kindern u. bei leichten depressiven Jugendlichen ambulant. Voraussetzung: Störungen ohne Komorbidität, angemessenes psychosoziales Funktionsniveau. ohne Risikofaktoren, ohne familiäre Vorbelastungen oder Warnsignale für einen Rückfall über einen Zeitraum von 6-8 Wochen Nachkontrolle nach 2 Wochen Oriana Clasen 30.10.2020
Behandlung von depressiven 21 Störungen bei Kindern u. Jugendlichen (S3-Leitlinie, Stand: 01.07.13) 3. Empfehlung: Stationäre und teilstationäre 4. Empfehlung: Behandlung der ersten Wahl Behandlung für Kinder u. Jugendliche ab 8 Jahren Kriterien für eine stationäre Behandlung: kognitive Verhaltenstherapie (KVT) oder interpersonelle Psychotherapie Suizidalität verbunden mit fehlender Absprachefähigkeit erheblicher Mangel an Ressourcen o. bei leichter bis mittelgradiger erhebliche aktuelle abnorme Depression zunächst Psychotherapie psychosoziale Belastungen erhebliche Funktionseinschränkungen bei schwerer Depression Kombination Eine teilstationäre Behandlung ist unter aus KVT und Fluoxetin Berücksichtigung des Schweregrades der Störung, der Ressourcen des familiären und bei Pharmakotherapie Auftreten sozialen Umfeldes sowie der regionalen unerwünschter Arzneimittelwirkungen Versorgungskapazitäten zu beobachten und empfohlene Kontrolluntersuchungen durchführen prüfen u. ggf. zu empfehlen. Oriana Clasen 30.10.2020
Behandlung von depressiven 22 Störungen bei Kindern u. Jugendlichen (S3-Leitlinie, Stand: 01.07.13) 5. Empfehlung: Alternativen zu Behandlung der ersten Wahl wenn bei älteren Kindern u. Jugendlichen kognitive Verhaltenstherapie (KVT) oder interpersonelle Psychotherapie nicht möglich o. nicht gewünscht ist, sollte eine psychodynamische o. systemische Psychotherapie empfohlen werden wenn die Gabe von Fluoxetin nicht möglich ist o. nicht gewünscht ist, sollten die Medikamente Escitalopram, Citalopram o. Sertralin empfohlen werden Oriana Clasen 30.10.2020
Behandlung von depressiven 23 Störungen bei Kindern u. Jugendlichen (S3-Leitlinie, Stand: 01.07.13) Behandlungsansätze mit unzureichender Evidenz Gesprächspsychotherapie, künstlerische Therapien (Kunst- u. Musiktherapie), Ergotherapie, Maßnahmen der Jugendhilfe, repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS), Vagusnervstimulation, Schlafdeprivation/Wachtherapie, Massagen Für diese Methoden liegt bisher keine ausreichende Evidenz vor, daher kann keine Empfehlung für oder gegen diese Ansätze ausgesprochen werden. Gegen den Einsatz von Johanniskraut und Agomelatin sprechen mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen Oriana Clasen 30.10.2020
24 Abbau belastender Faktoren Aufbau positiver Aktivitäten Strukturierung des Alltags Kernziele der Depressionstherapie Förderung und Bewusstmachung (Mehler-Wex u. Kölch, 2008) vorhandener Ressourcen Training sozialer Kompetenzen Erlernen von Problemlösungsstrategien Modifikation negativer Perzeptions- und Interpretationsmuster Steigerung von Selbstsicherheit und Selbstwert Oriana Clasen 30.10.2020
25 Manie und Bipolare Störungen Oriana Clasen 30.10.2020
26 01 02 03 Diagnosekriterien Ätiologie und Psychotherapeutis Lernziele einer Manie und Prävalenzen der che und Bipolaren Störung Manie und medikamentöse und das klinische Bipolaren Störung Behandlung der Bild Manie und Bipolaren Störung Oriana Clasen 30.10.2020
27 • 17,3 JAHRE ALTES MÄDCHEN • SEIT MAI AUSGEPRÄGTE DEPR. SYMPTOMATIK • MED. BEHANDLUNG MIT CITALOPRAM • AB HERBSTFERIEN: EUPHORISCH, GESTEIGERTE AKTIVITÄT U. APPETIT, VERRINGERTES SCHLAFBEDÜRFNIS, BEI VERSCHIEDENE PRAKTIKUMSSTELLEN BEWORBEN UND NICHT HINGEGANGEN, UNZÄHLIGE KONTAKTE ÜBERS HANDY, MEHR ALKOHOL KONSUMIERT, 500€ Fallbeispiel INTERNTSHOPPING, GELOGEN UND NICHT MEHR AN ABSPRACHEN GEHALTEN • GERINGER ALKOHOLKONSUM DER KINDESMUTTER WÄHREND DER SCHWANGERSCHAFT • KEINE PSYCH. ERKRANKUNGEN IN DER FAMILIE BEKANNT Oriana Clasen 30.10.2020
28 • PPB: FREUNDLICH, SCHÜCHTERN, VERMIED BLICKKONTAKT, AFFEKT ADÄQUAT, GAB AN SICH DEUTSCHLADWEIT NACH EINER WG UMZUSCHAUEN, DA SIE UNTER KONFLIKTEN DER ELTERN LEIDE, ANSONSTEN UNAUFFÄLLIGER BEFUND VERLAUF: STAT. BEHANDLUNG, Fallbeispiel • ZUNÄCHST MIT BENZODIAZEPINEN AUSREICHEND SCHLAF SICHERGESTELLT • GLEICHZEITIG BEGINN MIT DER MED. BEHANDLUNG MIT EINER PHASENPROPHYLAXE (LAMOTRIGIN) • KONTAKT ZUM JUGENDAMT UND VERHÜTUNG ALS DEPOT GESPRITZT Oriana Clasen 30.10.2020
29 Definition/Klassifikation: Manie und Bipolare Störungen Emil Kraepelin (1856-1926) Eugen Bleuler (1875-1939) „Eine abnorme Erleichterung des „Die manische Verstimmung Vorstellungsverlaufes und die Umsetzung besteht in übertriebenem zentraler Erregungszustände in Handlungen.“ Frohgemut. Diese Euphorie schlägt aber schnell in Zorn und Wut um.“ Oriana Clasen 30.10.2020
30 Definition/Klassifikation: Manie und Bipolare Störungen Die isolierte manische Episode ist selten Bei vorbekannter depressiver Episode ist eine bipolar affektive Störung zu diagnostizieren Bipolare Störungen: Auftreten wiederholter Episoden von Depression und oder Manie, dazwischen freie Intervalle Auftreten häufig ohne erkennbaren Anlass und werden später als persönlichkeitsfremd erlebt Oriana Clasen 30.10.2020
ICD-10 DSM-5 31 fordert als gemeinsames Kriterium der drei im DSM-5 werden bipolare u. verwandte Schweregrade der manischen Episode: Störungen von den depressiven Störungen getrennt betrachtet • Gehobene Stimmung (häufig situationsinadäquat) • Steigerung im Ausmaß und in der Geschwindigkeit der körperlichen und psychischen Aktivität Diagnosekriterien • „Rededrang“ • Bipolar-I-Störung (klassisch manisch- depressive Erkrankung; Kriterien für ICD-10 und DSM-5 • vermindertes Schlafbedürfnis mindestens eine manische Episode wurden erfüllt) • Verlust sozialer Hemmungen • Bipolar-II-Störung (charakterisiert durch mind. einer Episode einer Major • überhöhte Selbsteinschätzung Depression u. mind. einer hypomanen Episode) • Größenwahn • Zyklothyme Störung (über mind. 2 Jahre, bei Kinder 1 Jahr, Perioden mit • leichtsinniges Verhalten hypomanen u. depressiven Symptomen) • gesteigerte Libido • Substanz-/Medikamenteninduzierte bipolare u. verwandte Störungen F31 Bipolare affektive Störung • Bipolare u. verwandte Störungen (hypomanisch, manisch, leicht depressiv, aufgrund eines anderen medizinischen schwer depressiv, gemischt) Krankheitsfaktors • andere näher bezeichnete bipolare u. verwandte Störungen • n.n.b. bipolare u. verwandte Störungen Oriana Clasen 30.10.2020
32 Epidemiologie • Prävalenz der bipolaren affektiven Störung: 0,5%-3%; im Kindes- und Jugendalter: 0,1%-1% • In der Pubertät sind Jungen häufiger betroffen, im Erwachsenenalter überwiegen Frauen • Erkrankungsalter häufig zwischen 20 und 50 Jahren • Nur ca. 15-20% der Patienten erkranken vor dem 20. Lebensjahr • Depressive Phasen treten häufiger auf als manische Oriana Clasen 30.10.2020
33 Klinisches Bild: Manie und bipolare Störungen Symptome im Jugendalter wie im Erwachsenenalter Im Kindesalter ist das Spektrum unspezifischer Klinisches Bild ist gekennzeichnet durch: Kürzere Phasen der Verstimmung Rascheren Phasenwechsel (rapid cycling, ultrarapid cycling) Phasen mit normaler Stimmungslage ebenfalls deutlich kürzer Oriana Clasen 30.10.2020
34 Klinisches Bild: Manie und bipolare Störungen depressive Phasen manische Phasen Kinder niedergeschlagen, freudlos, im Kindesalter Irritabiltät, emotionale antriebsschwach, gehemmt, Weinen Labilität, Hyperaktivität, leicht und ohne erkennbaren Anlass, Schlafstörungen, wirken schwunglos, interesselos, Konzentrationsstörungen, Rededrang, Schuld- und Versündigungsideen, Trennungsängste, Größenwahn und erhöhtes Suizidrisiko! Hochstimmung; im Jugendalter bizarre Verhaltensweisen, bizarre Kleidung, gesteigertes Risikoverhalten, gehobene Stimmung, Irritabilität, Rededrang, Ideenflucht Oriana Clasen 30.10.2020
35 Ätiologie: Manie und bipolare Störungen Familiäre Häufungen: Kinder betroffener Eltern haben ein 24% Risiko selbst zu erkranken, 50% wenn beide Eltern betroffen sind D.h. genetische Faktoren sind von besonderer Bedeutung Konkordanz eineiige Zwillinge: 70%, zweieiige 20% Vererbt wird allerdings nur die Anlage, durch das Einwirken von unspezifischen Umweltfaktoren kann es zur Krankheitsmanifestation kommen Als biochemische Faktoren werden biogene Amine (GABA- Mangel- Hypothese) bei der Verursachung der bipolaren Störungen bedeutsam Oriana Clasen 30.10.2020
36 Diagnose: Manie und bipolare Störungen Bei Verdacht auf manische Entwicklungen sind alterstypische Größenideen von manischen oder hypomanischen Zuständen abzugrenzen Erst im Verlauf durch die Periodizität lässt sich die Diagnose sichern Familiäre Belastung: stützendes Kriterium DD: ADHS, emotional instabile Persönlichkeitsstörungen, schizophrene Psychosen Oriana Clasen 30.10.2020
37 ZIEL: REMISSION DER AKUTEN SYMPTOME UND VORBEUGUNG VON RÜCKFÄLLEN MULTIMODALE BEHANDLUNG MIT PSYCHOPHARMAKA, Therapie: Manie PSYCHOEDUKATION, STÜTZENDER PSYCHOTHERAPIE, STATIONÄRER und bipolare THERAPIE Störungen PHARMAKOTHERAPIE: ALLGEMEIN: AUSWAHL DER MEDIKATION RICHTET SICH NACH DER VORLIEGENDEN ERKRANKUNGSPHASE Oriana Clasen 30.10.2020
38 Therapie: Manie und bipolare Störungen Bei bipolaren Störungen können Antidepressiva manische Symptome und oder schnelle Phasenwechsel provozieren Behandlung manischer Phasen: Neuroleptika (Olanzapin, Risperdal, Quetiapin, Aripiprazol) und Stimmungsstabilisatoren (Lithiumsalze und Antikonvulsiva) Letztere dienen auch der Prophylaxe erneuter Phasen und sollen Stimmungsinstabilitäten verhindern. Sie vergrößern nachweislich die Zeitdauer des freien Intervalls Therapeutischer Plasmaspiegel für Lithium: 1,0-1,5mmol/l; Rezidivprophylaxe: 0,6-1,2mmol/l Oriana Clasen 30.10.2020
39 Therapie und Verlauf: Manie und bipolare Störungen Carbamazepin: Tagesdosis von 600-1.200mg (Serumspiegel 4-12μg/ml) Valproat: 600-1500mg/d Lamotrigin: 100-200mg/d Benzodiazepine (z.B. Lorazepam, Clonazepam): Behandlung von Agitation und Schlaflosigkeit bei der akuten Manie, in Kombination mit Stimmungsstabilisatoren; zeitlich begrenzt, max. 2 Wochen Verlauf: 60% der Pat. sind nach 20 Jahren sozial gut integriert, 20% signifikant beeinträchtigt, 25% chronisch krank Gute Compliance bei Lithiumeinnahme kann Verlauf günstig beeinflussen Oriana Clasen 30.10.2020
40 Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Oriana Clasen 30.10.2020
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