Onkologische Medikamente mit Bedeutung für die Dermatologie

 
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Onkologische Medikamente mit Bedeutung für die Dermatologie
Dermatologie & plastische Chirurgie                                                                                Referat

Onkologische Medikamente
mit Bedeutung für die
Dermatologie
Zielgerichtete onkologische Therapeutika verursachen eine große Band-
breite an dermatologischen Nebenwirkungen. Das Wissen um Klinik und
Behandlungsoptionen dieser substanzspezifischen „side effects“ ist für
Dermatologen von eminenter Bedeutung.                                                                        K. Harmankaya, Wien

Seit etwas mehr als zehn Jahren wer-        der Kopf-Hals-Region und der Haut         schen Lokalisationen der ersten Ma-
den zielgerichtete Substanzen nun-          sowie dem Kolorektalkarzinom bei          nifestation sind die seborrhoischen
mehr eingesetzt und haben einen fes-        einer Vielzahl der betroffenen Pati-      Areale von Kopf und Stamm (Abb. 1).
ten Platz in den Therapie-Guidelines        enten zu einer Überexpression von         Das Exanthem zeigt sich meist bereits
beinahe aller Tumorentitäten gefun-         EGFR. Überexpression von EGFR             in den ersten ein bis zwei Wochen un-
den. Dieser Trend wird sich nach der-       und konsekutive Aktivierung der           ter Therapie. Auffallend ist, dass sich
zeitigem Kenntnisstand in der nächs-        nachgeschalteten intrazellulären Si-      zu keinem Zeitpunkt die für die Acne
ten Zukunft noch verstärken. Durch          gnalkaskade korrelieren bekannter-        vulgaris obligaten Komedonen zeigen.
den Einsatz von „targeted drugs“            maßen mit einer schlechten Prognose       Anfangs hat das Exanthem einen oft
konnten in der Behandlung vieler            der Erkrankung. Zurzeit existieren        makulopapulösen, später den klassi-
Tumorarten zwar Erfolge erzielt wer-        zwei Möglichkeiten, um die Funktion       schen papulopustulösen Charakter,
den, sie weisen jedoch eine beträcht-       des EGFR zu blockieren. Einerseits        der an das papulopustulöse Stadium
liche Bandbreite an Nebenwirkungen          erfolgt dies durch die EGFR-Anti-         der Rosazea erinnert. Wird die The-
auf. Viele davon sind primär inter-         körper Cetuximab (Erbitux®) und           rapie fortgesetzt, breitet sich das Ex-
nistischer Genese, jedoch zeigt sich        Panitumumab (Vectibix®), welche           anthem oft auf die gesamte Haut aus.
eine große Variabilität und Vielfalt        den Rezeptor an der Zelloberfläche        Typisch sind Aussparungen an Hän-
an dermatologischen Nebenwirkun-            direkt inhibieren, andererseits durch     den, Füßen und der Periorbitalregion
gen. In der Therapie onkologischer          die „small molecules“ Erlotinib (Tar-     (Abb. 1). Wie bei allen „targeted the-
Erkrankungen eingesetzte Antikörper         ceva®), Gefitinib (Iressa®) und Lapati-   rapies“ liegt eine deutliche Dosisab-
und Tyrosinkinaseinhibitoren zeigen         nib (Tyverb®), welche die intrazellulär   hängigkeit hinsichtlich der Intensität
meist ein für ihre Zielstruktur spezifi-    gelegene EGFR-Tyrosinkinase inhi-         des Exanthems vor. Wird die Dosis
sches Nebenwirkungsprofil. In diesem        bieren (Tab. 1).                          reduziert oder das Medikament ab-
Artikel soll auf bereits etablierte, aber                                             gesetzt, kommt es in der Folgezeit zu
auch auf neue Substanzen eingegan-          Das Profil der Nebenwirkungen der         einer kompletten Rückbildung der
gen werden.                                 oben genannten Medikamente auf die        Hauterscheinungen. Als Ursache wird
                                            Haut ist weitgehend als ident anzuse-     eine verstärkte Expression des EGFR
EGFR-Antikörper/EGFR-Tyrosinkinase-         hen. Generell ist zu bemerken, dass die   auf epidermal und follikulär lokali-
& MEK-Inhibitoren                           EGFR-Antikörper durchwegs stärke-         sierten Keratinozyten sowie apokri-
                                            re Nebenwirkungen auslösen als die        nen Drüsen angenommen (Robert,
Seit vielen Jahren ist die besondere        EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren. Die        Lancet Oncology 2005). Initial zeigt
Bedeutung des Rezeptors des epider-         mit Abstand häufigste und für diese       sich oft ein aus Makrophagen und
malen Wachstumsfaktors (Epidermal           Medikamentenklasse nahezu patho-          T-Zellen zusammengesetztes periad-
Growth Factor Receptor, EGFR) be-           gnomonische kutane Nebenwirkung           nexielles Infiltrat, welches in weiterer
kannt. Beispielsweise kommt es beim         ist das in der internationalen Litera-    Folge durch Invasion neutrophiler
nicht kleinzelligen Bronchuskarzi-          tur als „acneiform rash“ beschriebene     Granulozyten den typischen pustu-
nom, bei Plattenepithelkarzinomen           papulopustulöse Exanthem. Die typi-       lösen Charakter ausbildet. Frühere

jatros I Seite 32                                                                           Dermatologie & Plastische Chirurgie 2/14
Onkologische Medikamente mit Bedeutung für die Dermatologie
Referat                                                                 Dermatologie & plastische Chirurgie

Publikationen gingen von einer steri-      grad der Nebenwirkung auf die Haut                       Pruritus sein. Es können Fissuren und
len Pustulierung des Exanthems aus,        nachgewiesen ist. Für den optimalen                      Rhagaden als Folge von Bagatelltrau-
doch gibt es zunehmend Evidenz, dass       Erfolg ist es daher besonders wich-                      mata im Rahmen der Behandlung auf-
bakterielle Superinfektionen (meist S.     tig, die Adhärenz des Patienten zur                      treten. Auch hier ist eine symptomati-
aureus) den ohnehin schon irritierten      Therapie zu festigen und aufrecht-                       sche Lokaltherapie mit rückfettenden
Lokalstatus weiter aggravieren. Eine       zuerhalten. Lacouture et al (Journal                     Emollienzien oder systemischen An-
Inzidenz von ca. 38% wurde angege-         of Clinical Oncology 2010) fanden                        tihistaminika     essenziell. Berichten
ben (Gerber, Hautarzt 2010).               heraus, dass bis zu 50% weniger Ne-                      über therapierefraktäre Einzelfälle
                                           benwirkungen auf die Haut auftreten,                     nach war die Behandlung mit dem
Trotz großer Anstrengungen konnten         wenn Patienten eine prophylaktische                      Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten
bisher keine evidenzbasierten The-         Therapie anwenden. Das präventive                        Aprepitant erfolgreich.
rapieschemata für das papulopus-           Behandlungskonzept ist mittlerweile
tulöse Exanthem etabliert werden.          auch in Therapien mit anderen Subs-                      Für den Patienten besonders unange-
Die Behandlung richtet sich somit          tanzen wie den Multityrosinkinasein-                     nehm und teilweise sehr schmerzhaft
rein nach der Schwere des zugrunde         hibitoren fest etabliert.                                sind Paronychien und Rhagaden an
liegenden Exanthems. Des Weiteren                                                                   Fingern und Zehen. Mitunter sind
werden Symptome wie z.B. Ausdeh-           Eine weitere Problematik in der Lang-                    diese auch superinfiziert und ähneln
nung, Brennen, Pruritus, Superin-          zeittherapie mit EGFR inhibierender                      klinisch einem Granuloma pyogeni-
fektion, psychische Belastung und          Medikation können Xerosis cutis und                      cum. Wichtig ist daher, vor Beginn
Beeinträchtigung der Tagesroutine                                                                   der Therapie mögliche Friktionsstel-
herangezogen. Initial erfolgt die The-                                                              len und überschüssiges Horn zu ent-
rapie durch topisch angewandte anti-                                                                fernen sowie lange Nägel zu kürzen.
septische/antibakterielle Arzneimittel
(Erythromycin, Clindamycin oder                                                                     Unter Therapie kann es auch zu
Metronidazol). Kurzfristig können                                                                   Haarwachstumsstörungen kommen.
auch topische Kortikosteroide sowie                                                                 Dies kann Wimpern, Augenbrauen
Calcineurininhibitoren (z.B. Tacroli-                                                               und das Kopfhaar betreffen. Am Ca-
mus bzw. Pimecrolimus) angewandt                                                                    pillitium ist mitunter eine nicht ver-
werden. In schweren Fällen muss                                                                     narbende diffuse Alopezie zu sehen.
eine orale Antibiose (z.B. Minocyc-                                                                 Es findet sich dort histologisch ein
lin bzw. Doxycyclin 100mg/d für 3–6                                                                 entzündliches Zellinfiltrat. Bei Wim-
Wochen) verabreicht werden. Sollten                                                                 pern und Augenbrauen kann es zu
sich die Nebenwirkungen trotz The-                                                                  übermäßigem Längenwachstum (Tri-
rapie nicht bessern, muss die Dosis                                                                 chomegalie) respektive gesteigerter
des EGFR-Inhibitors reduziert oder                                                                  Brüchigkeit (Trichorrhexis) kommen.
die Therapie ganz beendet werden.
Zur besseren Übersicht ist in Tabel-                                                                Die neue Substanzgruppe der MEK-
le 3 ein therapeutischer Algorithmus                                                                Inhibitoren (Tab. 1) hat ein dermato-
angeführt. In 10–32% der Fälle sind                                                                 logisches Nebenwirkungsspektrum,
dermatologische      Nebenwirkungen                                                                 das mit dem der EGFR-Inhibitoren
für die Beendigung der Therapie ver-                                                                ident ist. Derzeit ist Trametinib (Me-
antwortlich. Dies ist für Patient und      Abb. 1: Schweres papulopustulöses Exanthem Grad          kinist®) am besten erforscht; der freie
Arzt gleichermaßen frustrierend, zu-       3 unter Panitumumab (Vectibix®) bei metastasiertem       therapeutische Einsatz für Patienten
                                           Kolorektalkarzinom. Sichtbar sind auch die exfoliative
mal eine direkte Korrelation zwischen      Komponente und die typischen periorbitalen Ausspa-
                                                                                                    mit metastasiertem Melanom wird in
Therapieeffektivität und Schwere-          rungen                                                   den kommenden Monaten erwartet.

Dermatologie & Plastische Chirurgie 2/14                                                                                  Seite 33 I jatros
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Dermatologie & plastische Chirurgie                                                                                                            Referat

Weitere Substanzen wie Selumetinib
und Cobimetinib sind in klinischen
Studien bereits gut untersucht wor-
den. Ein papulopustulöses Exanthem
(Abb. 2a und b) in den seborrhoi-
schen Arealen tritt bei ca. 60% der
Patienten auf. Paronychien und Ver-
änderungen der Haarbeschaffenheit
sowie Xerosis cutis zeigen sich bei
ca. 15% der Patienten meist zu einem
etwas späteren Zeitpunkt im Verlauf
der Therapie. Auch in der Therapie
dieser MEK-Inhibitor-eigenen Neben-
wirkungen lehnen sich die Behand-
lungsstrategien größtenteils an die der                Abb. 3: Fototoxische Reaktion am Hals durch Sonnenexposition unter Vemurafenib (Zelboraf®) bei metastasier-
EGFR-Inhibitoren an.                                   tem Melanom

Besonders bei stigmatisierenden und                    Multityrosinkinaseinhibitoren                          Vielzahl anderer Substanzen, darun-
die Lebensqualität herabsetzenden                                                                             ter Regorafenib (Stivarga®), Nilotinib
dermatologischen Nebenwirkungen,                       Die Substanzklasse der Multityrosin-                   (Tasigna®) und Dasatinib (Sprycel®),
wie z.B. dem papulopustulösen Ex-                      kinaseinhibitoren (MTKI) konnte sich                   sind mit ähnlichen Wirkungs- bzw.
anthem oder Paronychien, ist eine                      in den vergangenen Jahren als Funda-                   Nebenwirkungsspektren im klini-
frühzeitige, ja sogar präventive The-                  ment in der Therapie einer Vielzahl                    schen Einsatz.
rapie zwingend indiziert. Der Patient                  von Malignomen durchsetzen. Suni-
muss über die Korrelation zwischen                     tinib (Sutent®) und Pazopanib (Vot-                    Die für MTKI typische kutane Neben-
Wirkung der onkologischen Thera-                       rient®) werden derzeit beim metasta-                   wirkung ist das Hand-Fuß-Syndrom
pie und dermatologischer Nebenwir-                     sierten Nierenzellkarzinom (mRCC)                      (HFS) respektive die palmoplanta-
kung eindringlich aufgeklärt werden.                   und anderen Malignomen eingesetzt.                     re Erythrodysästhesie. Es ist durch
Provokationsfaktoren (z.B. Druck-                      Sorafenib (Nexavar®) ist beim hepa-                    Dysästhesien und Parästhesien an
stellen) sollten nach Möglichkeit ver-                 tozellulären Karzinom (HCC) und                        Händen und Füßen gekennzeichnet.
mieden werden. Eine weiterführende                     auch beim mRCC etabliert. Imatinib                     In schwereren Fällen bilden sich be-
Erforschung der dermatologischen                       (Glivec®) ist die Erstlinientherapie                   sonders an Druck- und Reibestellen
Pathologie hinter kutanen Neben-                       beim gastrointestinalen Stromatumor                    (Fersen, Fußballen, Friktionsstellen
wirkungen ist ebenfalls unbedingt                      (GIST) und auch bei der chronisch                      von Schuhen) schmerzhafte Erytheme,
erforderlich.                                          myeloischen Leukämie (CML). Eine                       welche in weiterer Folge unter Blasen-
                                                                                                              bildung nässende Erosionen ausbilden
                                                                                                              können. Die Füße sind durchwegs
                                                                                                              stärker betroffen als Hände. Mecha-
                                                                                                              nische sowie physikalisch-thermische
                                                                                                              Faktoren können das Auftreten des
                                                                                                              HFS fördern. Histologisch finden
                                                                                                              sich Anzeichen für Schädigungen der
                                                                                                              Keratinozyten im Bereich der Epi-
                                                                                                              dermis, darüber hinaus sind perivas-
                                                                                                              kuläre lymphohistiozytäre Infiltrate
                                                                                                              und Hinweise auf eine beschleunigte
                                                                                                              epidermale Zellproliferation (Degen,
                                                                                                              JDDG 2010) festzustellen. Das HFS
                                                                                                              tritt dosisabhängig verstärkt auf. So
                                                                                                              kann man in zwei zwischen aktiven
Abb. 2a und b: Papulopustulöses Exanthem Grad 1–2 unter dem MEK-Inhibitor Trametinib (Mekinist®) bei meta-
stasiertem Melanom. Paronychie und Fissuren an Fingern nach Bagatelltrauma. Bemerkenswert ist die klinische
                                                                                                              Therapiephasen unter Sunitinib lie-
Ähnlichkeit mit den Symptomen unter EGFR-Antikörper-Therapie                                                  genden Wochen, in denen kein Medi-

jatros I Seite 34                                                                                                      Dermatologie & Plastische Chirurgie 2/14
Referat                                                                   Dermatologie & plastische Chirurgie

                                            Substanzklasse                Verabreichung         Häufigste Nebenwirkung

                                            EGFR-Antikörper                                     Da sowohl Antikörper als auch Tyrosinkinaseinhibi-
                                                                                                toren gegen die Funktion der EGFR gerichtet sind,
                                            Cetuximab (Erbitux®)          i.v.                  gleicht sich das Spektrum der Nebenwirkungen der
                                                                                                Medikamente.
kament gegeben wird, ein deutliches         Panitumumab                   i.v.
                                            (Vectibix®)
Abnehmen oder gar Verschwinden des                                                              •    apulopustulöses Exanthem: ca. 43–85%
                                                                                                    p
HFS verzeichnen. Das HFS ist somit          EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren                       •   Pruritus: ca. 57%
                                                                                                •    Paronychie: ca. 20%
ein häufiger Grund für Dosisredukti-
                                            Erlotinib (Tarceva®)          oral                  •     Xerosis cutis: ca. 10–20%
on oder gar Absetzen der oralen anti-                                                           •      Stomatitis: ca. 23%
neoplastischen Therapie. Substanzen,        Gefitinib (Iressa®)           oral                  •       Effluvium, Alopezie
welche besonders häufig ein HFS nach
sich ziehen, sind Regorafenib, Sora-        Lapatinib (Tyverb®)           oral
fenib und Sunitinib. Für Regorafenib        MEK-Inhibitoren                                     •    apulopustulöses Exanthem: Inzidenz ca. 60%
                                                                                                    p
sind Inzidenzraten von bis zu 61%, für                                                          •   Pruritus
                                            Trametinib (Mekinist®) oral
Sorafenib von bis zu 34% beschrieben.                                                           •    Paronychie: ca. 15%
                                              z ugelassen,                                     •     Xerosis
Obwohl Pazopanib ein vergleichba-              bald verfügbar                                   •      Effluvium, Alopezie: ca. 20%
res Wirkspektrum hat, tritt das HFS
darunter in weniger als 2% der Fälle       Tab. 1: Übersicht über die zurzeit verfügbaren EGFR-Antikörper und EGFR-Tyrosinkinaseinhibitoren sowie MEK-Inhi-
                                           bitoren. Verabreichungsmodus und die typischen dermatologischen Nebenwirkungen samt Inzidenzen sind gelistet.
auf (Sternberg, JCO 2010). Dies liegt
                                           Diese Substanzgruppen sind aufgrund der großen Übereinstimmung des Nebenwirkungsprofils gemeinsam gelistet
vermutlich an einer unterschiedlich
starken Affinität des Medikaments zu
                                            Substanzklasse                       Verabreichung         Häufigste Nebenwirkung
seinen Zielstrukturen. Evidenzbasier-
te Therapierichtlinien gibt es für das      Multityrosinkinaseinhibitoren                              Oral verabreichte Multikinaseinhibitoren sind
HFS derzeit keine (Lacouture, Oncolo-                                                                  gegen ein weites Spektrum intrazellulär ge-
                                            • Sunitinib (Sutent )®
                                                                                 oral                  legener Tyrosinkinasen gerichtet. Inziden-
gist 2008). Es hat sich als zielführend
                                            Blockt VEGFR1–3, PDGFR,                                    zen variieren aufgrund unterschiedlich star-
herausgestellt, bereits vor Beginn der                                                                 ker Bindungsaffinitäten zu den jeweiligen
                                            c-Kit, FLT3, RET, CSF-1R
Therapie mögliche Friktionsstellen,                                                                    Targets. Insbesondere Pazopanib scheint ein
überschüssiges Horn und lange Nägel         • S orafenib (Nexavar®)             oral                  sehr gutes Verhältnis von Wirkung und Ne-
zu entfernen. Eine intensive Lokalthe-      Blockt VEGFR2/3, PDGFR,
                                                                                                       benwirkungen zu haben.
rapie mit rückfettenden Topika bzw.         c-Kit, FLT3, RAF                                           Die aus klinischer Sicht wichtigsten Neben-
hochpotenten topischen Kortikostero-                                                                   wirkungen:
iden ist sinnvoll. Starke mechanische       • Pazopanib (Votrient )  ®
                                                                                 oral
Belastungen (z.B. Wanderungen) soll-        Blockt VEGFR1–3, PDGFR,                                    •   H and-Fuß-Syndrom
ten nach Möglichkeit vermieden wer-         c-Kit, c-fms, FGFR                                         •   M ukositis/Stomatitis/Dysgeusie
den. Gegebenenfalls muss systemisch                                                                    •   D epigmentierung/Vitiligo
                                            • Regorafenib (Stivarga®)           oral                  •   m akulopapulöses Exanthem
mit Antiphlogistika therapiert werden.                                                                 •   Ö deme der Augenlider
                                            Blockt VEGFR1–3, TIE-2,
Sollte die Lebensqualität des Patienten                                                                •   s ubunguale Hämorrhagien
                                            FGFR-1, PDGFR, c-Kit, RET,
unter der MTKI-Therapie zu stark be-        RAF, p38MAPK
einträchtigt sein, müssen behandlungs-
                                           Tab. 2: Überblick über die zurzeit aus dermatologischer Sicht wichtigsten Multityrosinkinaseinhibitoren. Verabrei-
freie Intervalle ausgeweitet oder eine
                                           chungsmodus und relevante kutane Nebenwirkungen
Dosisreduktion vorgenommen werden.

Bei vielen Patienten kommt es unter        rapieassoziierten Nebenwirkungen                            oder die Medikation gar abgesetzt
Therapie mit Sunitinib (36% nach           klinisch asymptomatisch, es kann                            werden muss.
Lee, BJD 2009) respektive Sorafenib        jedoch später zur Ausbildung von
(28% nach Lee, BJD 2009) zum Auf-          Aphthen, Erosionen oder Ulzera der                          Hypo-/Depigmentierung bestimmter
treten von Mukositis bzw. Stomatitis       Mundschleimhaut kommen. Häufig                              Hautareale wird durch die Blockade
und damit assoziiert zu Dysgeusie          werden empirische Behandlungsan-                            der Tyrosinkinase c-Kit ausgelöst und
im Bereich der Mundschleimhaut.            sätze wie Mundspülungen mit anti-                           tritt bei ca. 24% der Patienten unter
Für Pazopanib und Imatinib wird            septischen/antibiotischen Lösungen                          Sunitinib auf (Rosenbaum, Support
über diese Nebenwirkung in Einzel-         oder lokaler Applikation von Kor-                           Care Cancer 2008). Sie wurde für
fällen berichtet. Insbesondere in der      tikosteroiden (Volon-A-Haftsalbe)                           Pazopanib mit ca. 38% angegeben
Therapie des mRCC führt dies zu            oder lokalen Anästhetika (Xylocain-                         (Sternberg, JCO 2010). Für Imatinib
einer deutlich besseren Verträglich-       viskös-Gel) durchgeführt. Diese sind                        und Sorafenib sind deutlich niedrige-
keit von Pazopanib verglichen mit          oft nicht von Erfolg gekrönt, sodass                        re Fallzahlen hinsichtlich Depigmen-
Sunitinib. Oftmals sind diese the-         die therapeutische Dosis reduziert                          tierung übermittelt. Die betroffenen

Dermatologie & Plastische Chirurgie 2/14                                                                                              Seite 35 I jatros
Dermatologie & plastische Chirurgie                                                                                                  Referat

                                                                                                    Sonnenexposition zu einer deutlichen
    Mild:                                                 EGFR-Inhibitor-Therapie fortsetzen        Reduktion der Lebensqualität (Abb. 3).
    Lokalisierte Verteilung                                 Nebenwirkungen monitieren
    Kaum Symptome                                                        Topische Kortikosteroide   Dabrafenib (Tafinlar®), ein weiterer
                                                         Keine
    Keine Beeinträchtigung des Allgemeinzustands        Therapie
                                                                           +/- Erythromycin oder    BRAF V600E-Inhibitor, zeigt deutlich
                                                                               Metronidazol         niedrigere Inzidenzen kutaner Ne-
    Keine Superinfektion
                                                         Wenn keine Besserung nach 2 Wochen         benwirkungen im Vergleich zu Vemu-
                                                                                                    rafenib (Hauschild, Lancet 2012).
    Moderat:                                              EGFR-Inhibitor-Therapie fortsetzen        Angesichts der derzeit zur Verfügung
    Generalisiert                                           Nebenwirkungen monitieren               stehenden Daten kann dahingehend
    Milde Symptome (Juckreiz, Brennen)                 Topische Kortikosteroide, Antibiotika oder   von einer deutlichen Verbesserung
    Geringe Beeinträchtigung des Allgemeinzustands                Pimecrolimus PLUS                 der Lebensqualität ausgegangen wer-
    Keine Superinfektion                                      Doxycyclin bzw. Minocyclin            den. Fototoxizität ist beispielsweise
                                                         Wenn keine Besserung nach 2 Wochen         bei weniger als 10% der Patienten zu
                                                                                                    beobachten. Eine Kombination die-
    Schwer:                                               EGFR-Inhibitor-Therapie fortsetzen        ser Substanz mit dem oben erwähn-
    Generalisiert                                           Nebenwirkungen monitieren               ten Trametinib (Mekinist®) hat einen
    Schwere Symptome (Juckreiz, Brennen)                                                            synergistischen Effekt auf den Tu-
                                                       Topische Kortikosteroide, Antibiotika oder
    Starke Beeinträchtigung des Allgemeinzustands                                                   mor und reduziert das Auftreten von
                                                                  Pimecrolimus PLUS
    Mögliche Superinfektion                                 Doxycyclin bzw. Minocyclin PLUS         Plattenepithelkarzinomen und Kera-
                                                                  syst. Kortikosteroid              toakanthomen auf wenige Prozent
                                                        Wenn keine Besserung nach 2 Wochen,         (Flaherty, NEJM 2012).
                                                         Medikation pausieren oder absetzen
                                                                                                    Conclusio
Tab. 3: Exanthem Algorithmus
                                                                                                    Dermatologische       Nebenwirkungen
                                                                                                    neuartiger onkologischer Therapien
Haare zu tönen oder zu färben, ist                   Neuartige Substanzen wie Pazopanib             sind ein integraler Bestandteil des
eine einfache Methode, diese Neben-                  zeigen ein im Vergleich zufriedenstel-         Toxizitätsspektrums. Oftmals sind
wirkung zu behandeln.                                lendes Nebenwirkungsprofil (Powe-              sie mit einer deutlichen Reduktion
                                                     les, Eur J Cancer 2012).                       an Lebensqualität und darüber hin-
Das makulopapulöse Exanthem ist                                                                     aus mit einer merklichen Morbidität
ebenfalls von klinischer Relevanz.                   Selektive BRAF-Inhibitoren                     vergesellschaftet. Aus klinischer Sicht
Es tritt unter Sorafenib mit ca. 20%,                                                               sind die derzeit zur Verfügung stehen-
unter Sunitinib mit ca. 10% (Lee,                    Der selektive BRAFV600E-Inhibitor              den Therapien zur Behandlung der
BJD 2009), unter hohen Dosen von                     Vemurafenib (Zelboraf®) ist für Patien-        jeweiligen Nebenwirkung als weitge-
Imatinib mit bis zu 46% (Joensuu,                    ten mit dieser Mutation als Erstlinien-        hend insuffizient anzusehen. Weitere
Cancer Treat Rev 2010) auf. Für Pa-                  therapie beim metastasierten Melanom           Anstrengungen hinsichtlich der Op-
zopanib ist diese Problematik nur in                 zugelassen. Manche Nebenwirkungen              timierung der Therapie der dermato-
Einzelfällen beschrieben. Sollten gro-               haben große Ähnlichkeit mit jenen der          logischen Nebenwirkungen müssen
ße Körperareale davon betroffen sein                 MTKI, doch konnte man im bisherigen            unternommen werden.                  n
und eine Reduktion des Allgemeinzu-                  klinischen Einsatz einige substanzspezi-
standes damit einhergehen, muss eine                 fische Nebenwirkungen feststellen. Bei
Dosisreduktion respektive das Abset-                 ca. 30% der Patienten konnte ein De-
                                                                                                             Autoren: K. Harmankaya, B. Volc-Platzer
zen der Medikation erwogen werden.                   novo-Auftreten von Keratoakanthomen
                                                                                                     Korrespondierender Autor: Dr. Kaan Harmankaya
Eine symptomatische Lokaltherapie                    und Plattenepithelkarzinomen detektiert                             Abteilung für Dermatologie,
mit Kortikosteroiden sowie eine anti-                werden. Auch wurde observiert, dass es                                                    Leitung:
pruriginöse Therapie mittels Antihis-                unter dieser Therapie zu einem gehäuf-                   Prim. Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer
taminika erster und zweiter Generati-                ten Auftreten von Sekundärmelanomen                                         Donauspital, SMZ Ost
                                                                                                                              Langobardenstraße 122
on sind angezeigt.                                   kommen dürfte (Zimmer, JCO 2012).
                                                                                                                                             1220 Wien
                                                     Eine Fehlregulation in der MAP-Kinase-                          E-Mail: kh@mein-dermatologe.at
Generell gilt es, eine möglichst früh-               Signalkaskade ist unter Umständen für
zeitige und präventive Therapie hin-                 dieses Phänomen verantwortlich. Ne-                                  Fotoquelle: Universitätsklinik
sichtlich potenzieller Nebenwirkun-                  ben dem Auftreten von makulopapulö-                                       für Dermatologie, Wien
gen einzuleiten. Es sollten mögliche                 sen Exanthemen, HFS und Effluvium/
Trigger (z.B. mechanische Belastungs-                Alopezie führt eine äußerst schwere
stellen bei HFS) vermieden werden.                   Fototoxizität bei auch nur minimaler

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