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au d i t o r e n Alles klar ? In der digitalen Welt verschwimmen die Grenzen zwischen Vermarktern, Agenturen und Auditoren. Doch wer kontrolliert dabei die Mediakontrolleure? Agenturen klagen über fiese Methoden bei der Konditionenabfrage, Kunden bemängeln fehlendes Digital-Know-how, Auditoren werfen sich gegenseitig Interessenkonflikte vor. Über die Undurchsichtigkeiten im Markt der Media-Profiler 10 | W&V 36-2018 W&V 36-2018 | 11
Die Anti-TKP-Benchmarker und ihre Argumente Es gibt Mediaauditoren und Berater, die Konditionenauditing über Datenbanken vor allem im Digitalen für wenig zielführend halten. Hier sagen sie, warum TEXT: Jud i th P fa nne nmü l l e r Christian Bachem, Markendienst Fairer Vergleich von Konditionen wäre nur mög- lich, wenn alle Variablen einer Kampagne mit einberechnet würden – Zielsetzung der Kampa- gne, Zielgruppe, Platzierung, Art des Werbemit- tels. (Sechs bis acht Variable sind die Regel.) A Mit jeder Variablen, die dazukommt, sinkt die Wahrscheinlichkeit eines aussagekräftigen Vergleichs. Die meisten ls der globale Beratungskonzern von Werbekunden einlassen, sie mit einem Anteil an den Auditoren generell „Defizite, die Dynamik in den Märkten Datenpools sind für den statistisch korrekten Vergleich zu klein. Accenture kürzlich mitteilte, bei der Agentur herausgeholten Preisnachlässen zu bezah- zu adaptieren, die der digitalen Transformation unterlie- Im Digitalbereich gibt es viele behauptete Konditionen-Benchmarks, zukünftig auch im Programma- len – eine fragwürdige Art der Honorierung, die sich aus- gen“. aus denen man keinerlei Aussagen ableiten kann. Dort ist eine neu- trale und umfassende Leistungsbewertung Pflicht, um verlässlich tic Advertising mitmischen zu schließlich dem Diktat der Kostendrückerei unterwirft. Trotz dieses Befunds erfreuen sich bei Werbekunden innerhalb einer Kampagne zu erkennen, welche Buchungen gut laufen wollen, schrillten in der Media- Die lästige Konkurrenz jedoch ist gekommen, um vor allem die Preisvergleichs-Datenpools der Auditoren und welche weniger gut. Zum Beispiel: Was passiert, wenn man welt die Alarmglocken: Bald zu bleiben: Accenture versichert, man wolle auf jeden Fall großer Beliebtheit. Dabei waren sie schon für die klassi- Targeting auf Facebook zuspitzt oder wegnimmt? hilft das Beratungsunterneh- an seiner Audit-Sparte Accenture Operations festhalten. sche Mediawelt höchst umstritten. Sie vergleichen anhand men Werbekunden nicht nur Die operiere „strikt getrennt“ von der Agentur Accenture anonymisierter Daten (und deswegen kaum nachprüf- beim Aufbau eigener Daten- und Einkaufsplattformen, Interactive. Firewalls stellten die „Geheimhaltung“ und bar), was Wettbewerber im Durchschnitt für ihre Kam- Markus Werner, Brain sondern übernimmt neben Budget- und Kampagnen „Nicht-Weitergabe von Daten“ sicher, sagt Matthias pagnen von gestern bezahlt haben. Damit soll der Kunde Der Preisvergleich basiert auf Durchschnitts planung auch den maschinengesteuerten Einkauf von Schrader, Geschäftsführer von Accenture Interactive. quasi auf Knopfdruck erfahren können, ob er im Ver- rabatten der Vergangenheit. Diejenigen Preise, Werbeflächen. Weil Accenture seit Jahren gleichzeitig als Sanofi-Mediachef Christof Baron hat Accenture ent- gleich zum Wettbewerb seine Medialeistung günstig oder die eigentlich wichtig sind, beispielsweise Media-Auditor auftritt (beispielsweise für Ferrero oder gegen der Bedenken im Markt gerade als Auditor enga- teuer eingekauft hat. Die Kritik: Oft wird dabei ver aktuelle Ausschreibungspreise aus aktuellen Daimler-Benz) und damit Mediaagenturen kontrolliert, giert. Accenture soll für die Pharmafirma überprüfen, zu glichen, was sich gar nicht vergleichen lässt. Pitches, sind darin nicht erhalten (jedenfalls wenn die freiwillige Selbstverpflichtung der mit denen das Unternehmen zukünftig im Mediaeinkauf welchen Preisen die Agentur Mindshare digital eingekauft Auditoren eingehalten wird, die beispielsweise konkurrieren wird, sorgt das für Unruhe – nicht nur in hat. Gleichzeitig checkt die Datenfirma Meetrics die von untersagt, aktuelle Daten aus Pitches einfließen zu lassen). der Agenturwelt, sondern auch bei den Wettbewerbern der Agentur verwendeten Zielgruppen-Daten. Mindshare Datenbanken werden Benchmarks berücksichtigen weder die Verhandlungshistorie noch in der Kontrolletti-Szene. Klaus-Peter Schulz, Geschäfts- überlegt, ob sie Accenture Einblick in alle Daten gewähren wild zusammengeschustert die aktuelle Preisentwicklung. Besonders fällt hier die „Media-Infla führer des Mediaagenturenverbands OMG, sagt, was alle will. CEO Katja Anette Brandt will sich zum Konflikt mit tion“ ins Gewicht, zum Beispiel wenn TV-Sender X an Leistung ver- denken: „Man kann nicht gleichzeitig unabhängiger dem Kunden Sanofi nicht äußern. Für Werbekunden sind diese Kosten-Benchmarks den- liert, aber seine Preise nicht nach unten anpasst. Berater und Einkaufs-Agentur sein wollen. Da ist ein Der Werbungtreibenden-Verband OWM hält sich noch sehr verlockend: sie lassen sich schnell von der Je mehr programmatische Werbung über Auktionsmodelle ausge- glasklarer Interessenkonflikt.“ heraus: „Solange der faire Leistungswettbewerb nicht Datenbank ausspucken. Als Rechtfertigung vor der Ein- spielt wird, desto weniger lassen sich Preise vergleichen. Viel wich- Besonders aufgeregt war Ebiquity, der deutsche gefährdet ist, kann jedes Unternehmen seine geschäftliche kaufs-Abteilung des Konzerns lassen sie sich einfacher tiger sind Fragen, ob Targeting tatsächlich einen Mehrwert in der Fotos: Plainpicture/Ilona Wellmann; Getty Images/Dennis Walton; Plainpicture/Renée Del Missier; Unternehmen Marktführer unter den Auditoren, der nicht zuletzt über Ausrichtung frei festlegen und eventuell auftretende Kon- darstellen als Verbesserungen in der Mediastrategie. Zielgruppe erzielt, ob die Digitalwerbung sichtbar war und ob betrü- seinen Finanzprüfer Firm Decisions mit Accenture flikte bilateral verhandeln“, sagt OWM-Geschäftsführer Viele Auditoren bedienen diese Sehnsucht nach der gerische Klicks und schädliche Umfelder ausgeschlossen wurden. konkurriert. Ebiquity verschickte ein ausführliches Alarm- Joachim Schütz. einfachen Lösung. Sie rüsten ihre Datenbanken nun auch schreiben an Kunden, das Interessenkonflikte des Wett- für den digitalen Preisvergleich auf. Dabei haben Preis- bewerbers en détail aufdröselte, und legte Accenture den vergleiche auf Basis vergangener Kampagnen im Digita- Verkauf seiner Media-Audit-Sparte nahe – ein beispiel Mangelnder digitaler Durchblick len noch weniger Sinn als bei klassischen Medien – schon würden im Pitch nicht nur die Rabattkonditionen für das loses Vorgehen. bei den Mediakontrolleuren gar nicht dort, wo automatisiert über Auktionen ein aktuelle Budget des Kunden abgefragt, sondern auch die Es zeigt, wie sehr die Mediakontrolleure durch den gekauft wird. „Benchmarking in digitalen Medien hat Preise für potenzielle Budgetabweichungen bis zu 70 Pro- knallharten Wettbewerb inzwischen selbst unter Druck Die anfangs „Erbsenzähler“ geschimpften Mediakontrol- bestenfalls noch komödiantischen Wert“, sagt Markus zent nach unten und nach oben – in jeweils kleinen Bud- geraten sind. Es wird mit harten Bandagen gekämpft: leure sind dabei, sich im Dschungel der digitalen Media- Werner, Gründer der Beratungsfirma Brain. get-Schrittchen. Auditoren bezichtigen sich gegenseitig unschöner Prakti- welt noch unentbehrlicher zu machen. Und viele verun- Die Datenbanken werden offenbar teils mit abenteu- Der Verdacht der Agenturen: Auditoren wollten so ken: So sollen die einen angeblich Mediaagenturen gegen sicherte Kunden klammern sich an die Auditoren wie erlichen Methoden zusammengeschustert. Die Agenturen die Lücken in ihren Preisvergleichsdatenbanken auffüllen. Honorar Einblick in das Pitchverhalten von Kunden ge- Ertrinkende an ein Stück Treibholz. hegen den Verdacht, dass dabei längst wieder eine Regel Er wird durch Fälle bestärkt, wo Auditoren im Namen von ben. Die anderen wiederum sollen angeblich Prognose- Der gewünschte Durchblick in der digitalen Welt der freiwilligen Selbstverpflichtung der Auditoren einge- Kunden, die sie gar nicht hatten, auch bei Medienvermark- Modellings an Medienvermarkter verkaufen, damit die kann von den Auditoren bislang aber nicht geschaffen rissen wird, die 2014 von der OWM aus Marktbefrie- tern Rabattkonditionen für diverse Budgetgrößen abge- ihre Preise auf das erwartete Buchungsverhalten einstellen werden: „Aus Kundensicht ist bei Auditoren oftmals nicht dungsgründen gezimmert worden war. Sie besagt, dass fragt haben. können. Beides wäre für Auditoren, die angeben, nur im genügend Digital-Know-how vorhanden“, sagt OWM- die Rabattkonditionen aus Media-Pitches nicht in die Auditoren begründen ihr Vorgehen damit, sie müss- Interesse von Werbekunden zu agieren, ein unschöner Mann Schütz. Es fehle sowohl an belastbaren Datensätzen, Preisvergleichsdatenbanken der Auditoren einfließen dür- ten für etwaige Budgetveränderungen ihrer Kunden Interessenkonflikt. Belegen lässt sich das alles nicht. als auch an dem strategischen Media-Know-how, die Daten fen, sondern nur reale Einkaufspreise tatsächlich umge- verlässlich Preise kalkulieren können. Anders als früher Die Nervosität im Markt der Auditoren hat einen bewerten zu können. Das betrifft nicht nur die – ohnehin setzter Kampagnen. bestünden die Kunden zudem darauf, die im Pitch ange- Grund: In Pitches werden die Mediakontrolleure von ih- umstrittenen –Preisvergleichsdatenbanken, sondern auch Agenturen beschreiben jedenfalls einen erhöhten botenen Preise vertraglich festzuschreiben – für unter- ren Auftraggebern mittlerweile finanziell ebenso ausge- die Beurteilung datenbasierter Budget-Modellings. Leidensdruck: Es gebe eine aggressive Praxis bei Audito- schiedliche Budgetvarianten. Ebiquity beispielsweise presst wie die Agenturen, die sie kontrollieren sollen. Die Mediaagenturen sehen das ebenso: OMG-Mann ren, einen Pitch nach dem anderen anzuzetteln mit dem versichert, solche Pitchdaten flössen auf gar keinen Fall in Manche Auditoren sollen sich dabei sogar auf das Angebot Klaus-Peter Schulz bescheinigt den externen Beratern und Ziel, möglichst breitflächig Mediapreise abzufragen. Dabei ihre Preisdatenbanken ein. 12 | W&V 36-2018 W&V 36-2018 | 13
Der von den Kunden gewünschte digitale Doch die Kritik geht noch tiefer: In vielen digitalen Da- Adidas, Lidl, Hornbach). Bei Markendienst arbeiten er- tenbanken werde verglichen, was sich gar nicht seriös vergleichen lässt: Flüchtige Autoplay-Videos auf mobilen fahrene Marken- und Mediaexperten wie Karl-Georg Musiol oder Lutz Meyer. Bachem und sein Team über Durchblick kann von den Facebook-Accounts würden dort mit Homepage-Take- overs über einen Preis-Kamm geschoren – ein Unding, wachen die Auslieferung digitaler Kampagnen, prüfen, ob der Werbedruck in den angesteuerten Zielgruppen aus- Auditoren bislang nicht denn es wird nur eine Schein-Vergleichbarkeit hergestellt. Eigentlich heißen die brennenden Fragen im Digi- reichend ist und versuchen über eigene Forschungstools die Wirkung von Kampagnen zu optimieren. geschaffen werden talen: War die Werbung sichtbar und wie lange, wurde sie Markendienst arbeitet dabei mit dem „Cost per in Umfeldern ausgespielt, die der Marke nicht schaden, Branding“ als „Maß für Wirkeffizienz“ – geht also Fragen wurden sie an die richtige Zielgruppe ausgeliefert, und: nach wie „Was habe ich als Werbekunde dafür bezahlt, War der Aufpreis für das teure Targeting gerechtfertigt? dass eine Person in der Zielgruppe meine Marke kennt, Dem rabattfokussierten Benchmarking steht deswe- sie innovativ findet oder kaufen will?“. „Das ist weit weg gen eine Riege von Mediaberatern kritisch gegenüber, die vom reinen TKP-Vergleich“, sagt Bachem, der das ohnehin eine andere Philosophie im Auditinggeschäft vertreten. nicht für sinnvoll hält: „Gerade im Digitalbereich gibt es Zu ihnen zählt nicht nur Kollat Media Team (Kunden zum viele behauptete Konditionen-Benchmarks, aus denen Beispiel Nintendo, Ritter Sport, Reckitt Benckiser DACH). man keinerlei Aussagen ableiten kann.“ Dessen Gründer Jens Kollat hat die Selbstverpflichtung der OWM (anders als Accenture und Ebiquity) nicht un- terschrieben, weil er deren Form von Benchmarking als Der Anfang vom Ende des „methodisch fragwürdig“ grundsätzlich ablehnt. Konditionen-Auditings Zu den Gegnern zählt aber auch die Münchner Be- ratung Brain (Kunden beispielsweise Allianz, Red Bull, Der Digitalexperte glaubt, dass mit dem Einzug des Pro- Bosch oder Schöffel). Im Gegensatz zu den klassischen grammatic Advertisings das klassische Konditionen- Auditoren agieren Gründer Markus Werner und seine Auditing weiter an Bedeutung verlieren wird – zugunsten Partner Elmar Schmid und Thilo Swoboda als externe ausgefeilterer Spielarten, die im Grunde eher im Bereich Mediamanager oder -berater. Sie analysieren und opti Marktforschung und Wirkungsnachweis liegen. Bachem: mieren Strategie, Planung und Einkauf einer Kampagne „In dem Moment, wo Werbung programmatisch wird, im Voraus: Steht die Strategie für eine Kampagne (zum sind Datenpools nur noch Schall und Rauch“. Beispiel eine Reichweite in einer bestimmten Zielgruppe Und programmatisch wird es jedes Jahr mehr: Hier- zu erreichen), prüfen sie aktuelle Marktpreise für eine zulande wird fast die Hälfte der digitalen Werbung auto- Leistung und verhandeln sie. „Kampagnenziele erreicht matisiert ausgespielt, in den USA sind es laut E-Marketer man durch exzellente Strategie-, Planungs- und Einkaufs- fast 80 Prozent. Doch wer Daten hat, kann unsichere Kun- arbeit, nicht durch Rabattbewertungen der Vergangen- den beeindrucken und so schwindlig reden, dass sie am heit“, sagt Werner. Er kennt Kunden, deren Konditionen Ende nicht mehr wissen, welche grundlegenden Fragen trotz hervorragender Benchmarking-Bewertungen weit sie überhaupt stellen müssten. über aktuellen Marktpreisen lagen, und die obendrein ihr Weil rund um das Thema digitales Marketing viel Kampagnenziel auch inhaltlich verfehlt hätten. Geld im Spiel ist, entfesselt das auch unter den Media Man könnte den Benchmark-Gegnern vorwerfen, kontrolleuren einen gnadenlosen Wettbewerb. „Die Zahl dass sie ihre Haltung nur deswegen einnehmen, weil sie derer, die sich Auditoren nennen, hat sich in den vergan- keine Preisvergleichsdatenbanken haben, die sie vermark- genen Jahren enorm vergrößert“, sagt Hellmut Fischer, bei ten können. Doch sie führen für ihre Position gute Argu- Ebiquity General Manager für den deutschsprachigen mente ins Feld (S. 13). Raum. Die Entwicklung setzt den börsennotierten Markt- Zu den profiliertesten Beratern im digitalen Dschungel führer unter Druck, der sich als neutraler Schnittstellen- zählt der Berliner Christian Bachem. Der Digitalexperte hat und Media-Investmentberater rund um den (automati- im Januar die von ihm gegründete Strategieberatung Com- sierten) Mediaeinkauf positionieren will – mit dem Ziel, panion verlassen und wurde Gesellschafter der Hamburger Beratung, Preisvergleichsdatenbanken und ökonometri- Mediaberatung Markendienst (Kunden: beispielsweise sche Modellings mit den Einkaufstools der Kunden zu 14 | W&V 36-2018 W&V 36-2018 | 15
Das müssen Sie bei der Auswahl der Auditoren beachten Die wichtigsten Audit-Grundsätze der OWM Transparenz Verfügt der Auditor selbst über die relevanten Tools und eigene Systeme zur eigenen Datenanalyse oder muss er zur Datengewinnung auf Agenturen und/oder Medienvermarkter zurück- greifen? Der Auditor sollte in seinen Revisions-Berichten offenlegen, auf welche Datenquellen er sich bezieht. Unabhängigkeit Der Auditor muss einzig und alleine im Interesse des Kunden arbeiten und grundsätzlich immer vom Kunden bezahlt werden, nie von Medien oder Agenturen. Man sollte danach fragen, in wessen Auftrag ein Auditor sonst noch arbeitet. Branchenerfahrung Auditoren, die Benchmarking, also quantita- verbinden. Ebiquity wurde auf dem deutschen Markt tives Auditing anbieten, sollten genügend Marktkenntnisse vorweisen kürzlich dadurch geschwächt, dass sich ein Team aus acht können, um über den Preisvergleich hinaus individuelle Beratung (Digital-) Spezialisten unter dem Namen Independent anbieten zu können. Gibt es genügend Digital-Know-how um Daten Media Guides (Imediag) selbstständig gemacht hat – mit bewerten zu können? Berater mit einem Anteil an der erzielten Kondi- Kunden wie Continental Foods, Moia und Stada. tionenverbesserung zu bezahlen ist der falsche Anreiz, weil er zu Lasten von qualitativen Strategie-Audits geht. Gründer Rouven Dankert und die Ebiquity-Mana- ger Dietmar Kruse und Hellmut Fischer kennen sich Datentiefe und Aktualität Preisvergleichs-Datenbanken sollten schon eine Weile. Sie engagierten Dankert bei ihrer da- über eine belastbare Datentiefe verfügen, also nicht nur fünf Kunden pro Branche aufweisen. Kunden sollten zudem die Frage maligen Firma Media Audits. Als Accenture die inhaber- nach Herkunft, Alter und Zusammensetzung der Daten stellen. geführte Media Audits 2006 übernahm, warb die britische Auditorenfirma Billets das Trio Kruse, Fischer und Dan- Vertraulichkeit Werden die Kundendaten, die beim Auditor in eine Vergleichsdatenbank einfließen, vertraulich genug behandelt? Kun- kert ab, um im deutschsprachigen Raum Fuß zu fassen. In vielen digitalen Billets wurde 2011 in Ebiquity umgetauft, saugte 2012 den den sollten sich in einer Erklärung unterschreiben lassen, dass sensi- ble Unternehmensdaten nie vom Auditor an Dritte weitergegeben beratungsorientierten Auditor Fairbrother Lenz Elay Datenbanken wird (FLE) auf und expandierte in 14 Märkte weltweit. werden, noch für die Akquise von Neugeschäft verwendet werden. Klare Ziele Vor jedem Audit in einem klaren Briefing inhaltliche Nun macht sich Dankert wiederum auf und davon – verglichen, was sich unter anderem mit dem ehemaligen Digitalchef Oliver Schwerpunkte der Prüfung (Finanzströme, Vertragsgestaltung, Preiskonditionen, Mediastrategie hinsichtlich Kampagnenzielen) und Migge und seiner Frau Demet Dankert, die über FLE zu Erwartungshaltung festlegen. nicht vergleichen Ebiquity gekommen war. Dankert hat vor allem die Mit- Hilfreich ist auch die detaillierte Checkliste des Weltverbands der telständler im Fokus. Sein Versprechen: Er will „das Bes- Werbungtreibenden (WFA): lässt. Die Folge: te aus beiden Welten liefern“ – eine aus seiner Sicht be- www.eaca.eu/wp-content/uploads/2016/06/WFA-media-auditor.pdf zwingende „Kombination aus Daten-Tools und Beratung“. aus lokalen Beraterteams und extrem standardisierten null Aussagekraft Neue Player wollen Datenbanken – auf die Kunde, Agentur und Berater zu- den Auditorenmarkt aufmischen greifen können – in den internationalen Markt einzugrei- fen und dabei die Preise der Wettbewerber zu unterbieten. Im Markt der Mediaberater ist es voll geworden: Nicht In Deutschland, ist zu hören, verhandeln die Schweden nur die Unternehmensberatungen, die vor ein paar Jahren gerade mit einem möglichen Partner. allenfalls als Wirtschaftsprüfer auftraten, haben ihr Ge- Sanofi-Manager Baron hat die Lage kürzlich treffend schäft ausgeweitet: Sie befüllen ebenfalls Datenpools oder beschrieben: „In der digitalen Welt gibt es keine Exklusi- bieten Modellings an. Seit Neuestem mischen sie sich auch vität mehr, für niemanden. Die Grenzen zwischen tech- verstärkt in das Geschäft mit internationalen Pitch-Aus- nischen Providern, Beratern, Vermarktern und Agenturen schreibungen ein. Es fehle noch an Media-Know-how, um verschwimmen. Alle Bereiche (…) in denen im Gebots- die Datenergebnisse zu bewerten, heißt es. Doch es verfahren auf Basis von Daten eingekauft wird und am stimmt auch: Die Beratungsfirmen haben das Geld, sich Ende Ergebnisse zählen, stehen jedem offen, der eine ent- das Fachwissen einzukaufen. sprechende Technologie- und Datenkompetenz hat.“ Und es tauchen neue Player am Markt auf, wie etwa Gäbe es denn eine ideale Zukunft? Zum Beispiel, die britische Media Sense (die den globalen Adidas-Pitch wenn irgendwann alle Werbungtreibenden den Einkauf betreute), die für ihr Hamburger Büro Ex-Beiersdorf-Frau digitaler Werbeplätze selbst erledigen? Dann könnten die Katja Haars engagiert hatte. Haars ist inzwischen zwar Mediaagenturen wieder zu dem werden, was sie anfangs schon wieder weitergezogen – als Agency-Partner zu waren – unabhängige Mediaberater. Die Zunft der Audi- Facebook. Es muss sich also noch zeigen, wie nachhaltig toren wäre erledigt. Bis dahin allerdings werden alle an das Media-Sense-Engagement in Hamburg sein wird. ihren Ex-Post-Modellings und der Frage, wie alte und Ein anderer Player – Media Path (Kunden: Ikea, neue Medien im besten Mix aller Zeiten zusammengeführt H&M, AB Inbev) – ist da vermutlich schon weiter. Die werden können, vermutlich noch ziemlich gut verdienen. Stockholmer Beratung versucht, mit einer Kombination j u p @ w u v.d e 16 | W&V 36-2018 W&V 36-2018 | 17
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