ARBEITSHILFE FÜR MITGLIEDER DER JUGENDHILFEAUSSCHÜSSE - LANDESJUGENDAMT
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Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung Abteilung Landesjugendamt Arbeitshilfe für Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse in Rheinland-Pfalz Aktualisierte Auflage (2021)
INHALT Rechtliche Grundlagen der Jugendhilfe 3 Aufgaben der Jugendhilfe 4 Leitlinien der modernen Jugendhilfe 6 Träger der Jugendhilfe 8 Geschichte und Struktur des Jugendhilfeausschusses 10 Rechtliche Grundlagen für den Jugendhilfeausschuss 12 Funktion des Jugendhilfeausschusses 18 Aufgaben und Rechte des Jugendhilfeausschusses 19 Zusammensetzung des Jugendhilfeausschusses 21 Arbeitsweise des Jugendhilfeausschusses 22 Jugendhilfeplanung als Aufgabe des Jugendhilfeausschusses 24 Beteiligung junger Menschen 29 Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – Änderungen des SGB VIII 31 Aufgaben außerhalb des SGB VIII 34 Das Landesjugendamt als obere Landesjugendbehörde 39 Die Ministerien als oberste Landesjugendbehörden 42 Anhang 43 Jugendhilfeleistungen im Überblick – Einige ausgewählte Charakteristika 44 Satzungsmuster für kommunale Jugendämter in Rheinland-Pfalz 54 Rechtsquellenverzeichnis 60 Übersicht der Empfehlungen des Landesjugendamtes/des Landesjugendhilfeausschusses seit 2008 63 Adressen und E-Mail- bzw. Internetverbindungen 64 Literaturliste 67 2
RECHTLICHE GRUNDLAGEN DER JUGENDHILFE Bundesrecht Sozialgesetzbuch Achtes Buch – SGB VIII1 Kinder- und Jugendhilfe Landesrecht Rheinland-Pfalz Landesgesetz zur Landesgesetz zur Förde- Landesgesetz zur Ausführung des Kinder- rung der Jugendarbeit und Stärkung des Ehrenamts Kindertagesstätten- und Jugendhilfegesetzes Jugendsozialarbeit in der Jugendarbeit gesetz 2 (AGKJHG) (Jugendförderungsgesetz) (Ehrenamtsgesetz) Verwaltungsvorschriften Verwaltungsvorschrift Verwaltungsvorschrift Landesverordnung zur Förderung ... zur Förderung ... ... ... ■ Sozialer Beratungsstellen ■ Jugendarbeit und ■ zur Stärkung des Ehren- ■ zur Ausführung von Be- ■ Familienbildung Jugendsozialarbeit amts in der Jugendarbeit stimmungen des Landes- ■ Familienerholung (VV-JuFöG) (VV-Ehrenamt) gesetzes (KiTaGAVO) ■ Erholungs- und Kurmaß- ... ■ über den Beirat nahmen für Mütter und (KiTaGBeiratLVO) Väter ■ über die Elternmitwir- kung (KiTaGEMLVO) sowie Förderprogramme sowie Förderprogramme sowie ■ Kinderschutzdienste ■ „Jugendarbeit im Verwaltungsvorschrift freier Träger ländlichen Raum“ ... ... ■ Eigenständige Jugendpo- litik in Rheinland-Pfalz ■ zur Gewährung von Zu- „JES! Jung.Eigenständig. wendungen zu den Bau- Stark.“ kosten von Kindertages- ... stätten (I-Kosten VV 20) 1 Das SGB VIII wurde durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz geändert (BGBl, Nr. 29 vom 09.06.2021) 2 Landesgesetz über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege 3
AUFGABEN DER JUGENDHILFE Ziele nach § 1 Abs. 3 SGB VIII Aufgaben des SGB VIII ■ Förderung des jungen Menschen in seiner indi- ■ Allgemeine Vorschriften, §§ 1-10 SGB VIII viduellen und sozialen Entwicklung und Abbau von Benachteiligungen ■ Aufgaben der Jugendhilfe, §§ 11-60 SGB VIII ■ Leistungen, §§ 11-41 ■ Verwirklichung der Selbstbestimmungsrechte ■ Andere Aufgaben, §§ 42-60 junger Menschen in den sie betreffenden Le- bensbereichen, um gleichberechtigt am Leben ■ Schutz von Sozialdaten, §§ 61-68 SGB VIII in der Gesellschaft teilhaben zu können ■ Träger der Jugendhilfe, Zusammenarbeit, ■ Beratung und Unterstützung der Eltern und an- Gesamtverantwortung und zentrale Aufgaben, derer Erziehungsberechtigter §§ 69-84 SGB VIII ■ Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Gefahren ■ Zuständigkeit, Kostenerstattung, §§ 85-89 h SGB VIII ■ Mitwirken bei Erhaltung und Schaffung einer kinder- und familienfreundlichen Umwelt ■ Kostenbeteiligung, §§ 90-97c SGB VIII ■ Kinder- und Jugendhilfestatistik, Verpflichtung zur §§ 98-103 SGB VIII ■ Zusammenarbeit mit und Förderung der freien ■ Straf- und Bußgeldvorschriften, Jugendhilfe (§ 4 SGB VIII) sowie selbstorgani- §§ 104, 105 SGB VIII sierten Zusammenschlüssen zur Selbstvertre- tung (§ 4a SGB VIII) ■ Fortbildung und Praxisberatung (§ 72 SGB VIII) ■ Umsetzung von § 72a SGB VIII (erweitertes Führungszeugnis) ■ Vereinbarungen u.a. über Leistungsangebote, Qualitätsentwicklung (§ 78 a SGB VIII) ■ Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Ju- gendhilfe (§ 79 a SGB VIII) ■ Jugendhilfeplanung (§ 80 SGB VIII) ■ Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öf- fentlichen Einrichtungen (§ 81 SGB VIII) ■ Kinder- und Jugendhilfestatistik (§ 98 SGB VIII) 4
Aufgaben der Jugendhilfe, §§ 11-60: Leistungen §§ 11-41 Andere Aufgaben §§ 42-60 ■ Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit/Schulsozialarbeit/ ■ Vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und erzieherischer Kinder- und Jugendschutz, §§ 11-15 Jugendlichen, §§ 42-42 f ■ Inobhutnahme ■ Förderung der Erziehung in der Familie, §§ 16-21 ■ Herausnahme ■ Familienbildung, § 16 (2) Nr. 1 ■ Familienberatung, § 16 (2) Nr. 2 ■ Schutz von Kindern und Jugendlichen in Familienpflege ■ Familienfreizeit, Familienerholung, § 16 (2) Nr. 3 und in Einrichtungen ■ Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und ■ Erlaubnis Kindertagespflege, § 43 Scheidung, § 17 ■ Erlaubnis Vollzeitpflege, § 44 ■ Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der ■ Erlaubnis für den Betrieb von Einrichtungen u.a., Personensorge und des Umgangsrechts, § 18 §§ 45-49 ■ Gemeinsame Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder, § 19 ■ Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren ■ Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituatio- nen, § 20 ■ Unterstützung des Vormundschafts-/Familiengerichts, ■ Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur § 50 Erfüllung der Schulpflicht, § 21 ■ Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind, § 51 (auch AdVermiG) ■ Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kinder- ■ Mitwirkung im Verfahren nach dem Jugendgerichtsge- tagespflege (Kinderkrippen, Kindergärten, Kinderhorte), setz, § 52 (auch JGG) §§ 22-26 ■ Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft für Kinder ■ Grundsätze der Förderung, § 22 und Jugendliche, §§ 52 a-58a ■ Förderung in Tageseinrichtungen, § 22 a ■ Förderung der Kindertagespflege, § 23 ■ Vaterschaftsfeststellung, Unterhaltssicherung ■ Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in ■ Beratung und Unterstützung von Pflegern und Kindertagespflege, § 24 Vormündern ■ Unterstützung selbst organisierter Förderung von ■ Gesetzliche und bestellte Amtspflegschaft und Amts- Kindern, § 25 vormundschaft ■ Landesrechtsvorbehalt, § 26 ■ Beistandschaft und Gegenvormundschaft ■ Sorgeregister ■ Hilfe zur Erziehung, §§ 27-35 ■ Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seeli- ■ Beurkundungen, Beglaubigungen, Aufnahme scher Behinderung oder drohender seelischer Behinde- vollstreckbarer Urkunden, §§ 59-60 rung, § 35 a ■ Gemeinsame Vorschriften, §§ 36-40 ■ Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung, §§ 41-41a ■ Hilfen zur Erziehung, § 27 ■ Erziehungsberatung, § 28 ■ Soziale Gruppenarbeit, § 29 ■ Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer, § 30 ■ Sozialpädagogische Familienhilfe, § 31 ■ Erziehung in einer Tagesgruppe, § 32 ■ Vollzeitpflege, § 33 ■ Heimerziehung, sonst. betreute Wohnformen, § 34 ■ Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung, § 35 ■ Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung 5
LEITLINIEN DER MODERNEN JUGENDHILFE ■ Prävention ■ Lebensweltorientierung ■ Dezentralisierung/Regionalisierung ■ Kommunalisierung ■ Alltagsorientierung ■ Subsidiarität ■ Integration/Normalisierung/Inklusion ■ Diversität (Unterscheidung + Anerkennung von gleichen und indivi- ■ Partizipation duellen Merkmalen) Prävention Anlaufstelle für junge Menschen und ihre Familien sollen nach Möglichkeit vor Ort ansprechbar sein Veränderte Lebensverhältnisse verlangen eine und ihre Leistungen auf den gewachsenen Lebens- stärkere Mitverantwortung der Gesellschaft für die zusammenhang der Menschen zuschneiden. nachwachsende Generation. Sie dokumentiert sich darin, dass der Auftrag der Jugendhilfe heute weit über die frühere Nothilfe in Krisensituationen hi- Alltagsorientierung nausgeht. Als ein einheitlicher Zusammenhang von Leistungen begleitet die Jugendhilfe das Hi- Alltagsorientierung bedeutet, die Jugendhilfe me- neinwachsen von Kindern und Jugendlichen in die thodisch so zu gestalten, dass die Menschen sich Gesellschaft durch eine aktive Mitgestaltung kin- nicht wie unter dem Seziermesser als Objekte des derfreundlicher Lebensverhältnisse, durch Ange- Spezialisten für dieses oder jenes Fach vorkom- bote zur Förderung der Erziehung und Entwicklung men, sondern sich als Personen in ihren gesamten von Kindern, durch Unterstützungsleistungen für Lebens- und Sozialbezügen wahrgenommen und die Erziehung in der Familie und nach wie vor angesprochen fühlen. durch Hilfe in Krisen. Kennzeichnend ist jedoch das durchgängige Prinzip, Leistungen so zu gewähren, dass Probleme gar nicht erst entstehen können. Integration/Normalisierung/Inklusion Nicht Aussonderung und Spezialbehandlung soll Dezentralisierung/Regionalisierung der Ansatz der Jugendhilfe sein. Sie soll ihre Ange- bote so weit wie möglich integrativ und inklusiv Die Angebote der Jugendhilfe sollen für junge gestalten. Damit stimmt auch die Einschätzung Menschen und ihre Familien in räumlicher und or- überein, dass Jugendhilfe nicht mehr nur in beson- ganisatorischer Hinsicht leicht zugänglich sein. Die ders belasteten Lebensverhältnissen gebraucht Anbieter der Jugendhilfe und das Jugendamt als wird, sondern dass sie generell als unterstützende 6
Leistung für die Erziehung und das Aufwachsen Die Zuständigkeit des örtlichen öffentlichen Trä- nötig ist. Auch die Hilfen für besondere Problem- gers für die Jugendhilfe ist nahezu umfassend. Mit lagen sind insofern normal, als diese Krisen heute der planerischen und fachlichen Verantwortung prinzipiell jeden treffen können. ist auch die finanzielle Verantwortung für ein be- darfsgerechtes Angebot an Einrichtungen, Diens- ten und Veranstaltungen einschließlich des dazu Partizipation erforderlichen Fachpersonals verbunden. Die sinn- volle Kooperation der Landkreise mit den Ver- Ziel der Kinder- und Jugendhilfe ist es, dass Men- bands- und Ortsgemeinden in ihrem Bereich soll schen sich selbst als Akteure ihres Lebens, dass sie dadurch nicht verhindert werden. Insofern sehen sich als eigenverantwortlich erleben können. Des- die Ausführungsgesetze des Landes im Rahmen halb ist die Beteiligung der Adressaten, der Kinder, der Erstverantwortung der Landkreise eine aktive Jugendlichen und jungen Erwachsenen, sowie der Mitwirkung der Verbands- und Ortsgemeinden Eltern und sonstigen Personensorgeberechtigten vor, beispielsweise die Förderung der Jugendarbeit an der Gestaltung der Leistungen der Kinder- und und Jugendsozialarbeit, so wie sie dem Leistungs- Jugendhilfe besonders wichtig. Beteiligung wird vermögen der Gemeinde entspricht, sowie ggf. die selbst dann großgeschrieben, wenn Jugendhilfe im Übernahme der Trägerschaft für den örtlichen Sinne des staatlichen Wächteramtes ihre Ange- Kindergarten. botsorientierung verlassen muss und zum Schutze von Kindern und Jugendlichen in Rechte der Be- troffenen, sei es der Kinder und Jugendlichen oder Subsidiarität der Eltern, eingreifen muss. Zum Wohl der jungen Menschen wird die Jugend- hilfe in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öf- Lebensweltorientierung fentlicher und freier Träger erbracht. Die öffentliche Jugendhilfe soll von eigenen Angeboten absehen, Lebensweltorientierung ist positiv verstanden wenn freie Träger sie erbringen oder erbringen kön- eine Ausrichtung auf die Lebenswirklichkeit der nen (Subsidiaritätsprinzip, § 74 SGB VIII). Damit Menschen. Sie bedeutet nicht, dass die Jugend- soll die Vielfalt der Jugendhilfeangebote und die hilfe sich zum ständigen kontrollierenden Beob- Wahlmöglichkeit entsprechend der individuellen achter und Begleiter der jungen Menschen und Wertorientierung sowie der von den Eltern be- ihrer Familien machen soll. Im klassisch pädagogi- stimmten Grundrichtung der Erziehung gewährleis- schen Verständnis muss die Jugendhilfe vor allem tet werden. danach trachten, den Stärken und der Handlungs- fähigkeit der Adressaten Geltung zu verschaffen und diese so zu fördern, dass die Hilfe im Prozess Diversität der Entwicklung immer weniger gebraucht wird. Kinder- und Jugendhilfe soll dazu beitragen, Be- nachteiligungen sowie Diskriminierungen bewuss- Kommunalisierung ter wahrzunehmen, ihnen entgegenzuwirken und dafür die Entwicklung konkreter Handlungsmodelle Zuständig für die weit überwiegende Zahl der Ju- zu unterstützen. Ziel einer diversitätsbewussten gendhilfeleistungen ist seit 1991 der örtliche öf- Kinder- und Jugendhilfe in einer heterogenen Ge- fentliche Träger der Jugendhilfe (Kommunalisie- sellschaft ist es, Kinder und Jugendliche in ihrer rung der Jugendhilfe). Damit wird den fachlichen Vielfalt wahrzunehmen, ihren besonderen Bedarfen Prinzipien der Dezentralisierung und des Lebens- ressourcenorientiert zu begegnen und sie in ihrer weltbezugs entsprochen. individuellen Kompetenz zu stärken. 7
TRÄGER DER JUGENDHILFE Träger der Jugendhilfe in Rheinland-Pfalz Träger der freien Jugendhilfe 3 Kirchen- und Religionsgemein- Wohlfahrtsverbände Jugendverbände Sonstige schaften Träger der öffentlichen Jugendhilfe örtliche überörtliche Träger Träger möglich: Land kreisfreie kreis- Landkreise Rheinland- Städte angehörige Pfalz Gemeinden Jugendamt 4 Landesjugendamt 3 siehe: Anerkannte Träger der freien Jugendhilfe unter www.lsjv.rlp.de 4 in Rheinland-Pfalz = 41 Jugendämter 8
Träger der Jugendhilfe § 3 SGB VIII Träger der freien Jugendhilfe Träger der öffentlichen Jugendhilfe § 3 SGB VIII § 69 Abs. 1 SGB VIII 1. Verbände der freien Wohlfahrtspflege 1. Örtliche Träger (z.B.: Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonisches in RLP = Kreise, kreisfreie Städte, Werk, Paritätischer, Deutsches Rotes Kreuz, ggf. kreisangehörige Gemeinden Zentralwohlfahrtsstelle der Juden) (§ 2 Abs. 1 und 2 AGKJHG RLP) Jeder örtliche Träger errichtet für die Wahrneh- 2. Jugendverbände, Jugendgemeinschaften mung der Aufgaben nach dem SGB VIII ein Ju- (z.B.: Jugendrotkreuz, Jugendfeuerwehr, gendamt, (§ 69 Abs. 3 1. Hs. SGB VIII). Sportjugend, Landesmusikjugend, Gewerk- schaftsjugend etc.) 2. Überörtliche Träger in RLP = Land 3. Juristische Personen und Jeder überörtliche Träger errichtet für die Personenvereinigungen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem die auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sind SGB VIII ein Landesjugendamt, (z.B.: Deutscher Verein für öffentliche und pri- (§ 69 Abs. 3 2. Hs. SGB VIII i.V. m. § 7 Abs. 1 vate Fürsorge) AGKJHG RLP). 4. Kirchen 3. Oberste Landesjugendbehörde und sonstige Religionsgemeinschaften des öf- in RLP = Ministerium für Familie, Frauen, Kul- fentlichen Rechts tur und Integration, Fachbereich Kinder sowie für den Bereich Kinder das Ministerium für Bildung 4. Oberste Bundesbehörde = Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, (vgl. § 83 SGB VIII) 9
GESCHICHTE UND STRUKTUR DES JUGENDHILFEAUSSCHUSSES Das Jugendamt ist seit 1953 als zweigliedrige Be- Im Sinne dieser Ausführungen bekräftigt das hörde, bestehend aus dem Jugendhilfeausschuss AGKJHG Rheinland-Pfalz die Zweigliedrigkeit des und der Verwaltung des Jugendamtes, gesetzlich Jugendamtes und unterstreicht die Bedeutung des vorgegeben. Jugendhilfeausschusses. „Die Aufgaben des Jugendamtes werden durch Der Jugendhilfeausschuss ist Teil der Behörde. den Jugendhilfeausschuss und die Verwaltung des Jugendamtes wahrgenommen.“ Diese „Zweigliedrigkeit“ 6 des Jugendamtes soll die (§ 70 Abs. 1 SGB VIII) Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern und die Nutzung der Erfahrungen der Dr. Reinhard Wiesner, der das Werden und die freien Jugendhilfe strukturell absichern und eine Entwicklung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes bessere Berücksichtigung der Interessen junger über Jahrzehnte der Reformdiskussion hinweg im Menschen und Familien ermöglichen. Deshalb Bundesministerium begleitet hat, beschreibt, dass wurde sie bei der Reform des Kinder- und Jugend- die Änderung 1953 vor dem Hintergrund der Aus- hilferechts 1991 ausdrücklich beibehalten und im schaltung der freien Jugendhilfe in der Nazizeit er- rheinland-pfälzischen Ausführungsgesetz bestätigt. folgte und nach der Gesetzesbegründung die freien Verbände für Jugendwohlfahrt und die Ju- gendverbände im Rahmen des Jugendamtes wie- der in die Mitwirkung und Mitverantwortung für die Jugendhilfe führen sollte. Dem damaligen Ju- gendwohlfahrtsausschuss sollte dabei eine beson- dere Bedeutung zukommen. 5 In der Gesetzesbegründung heißt es: „Die Verantwortung für die Erziehung der Jugend müssen alle im Jugendamt vertretenen Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden im Rahmen der bestehenden Gesetze, der Satzung des Jugendamtes und der Beschlüsse tragen. Es geht darum, gerade im Jugendamt eine echte Demokratie zu entwickeln, um den Bürgerinnen und Bürgern, die durch freie Mitarbeit am Gemeinwohl Gemeinsinn erwiesen haben, Mitverantwortung zu übertragen. Damit wird am besten vermieden, dass sich eine nur reprä- sentative Demokratie entwickelt.“ 5 Wiesner in „Jugendhilfeausschuss und kommunale Jugendpolitik“, Verein für Kommunalwissenschaften, 1997, Seite 7 ff. 6 siehe auch: Jugendhilfeausschüsse als zentrale Beteiligungsstrukturen der Kinder- und Jugendhilfe – Positionspapier zur Aus- gestaltung der Zweigliedrigkeit der Kinder- und Jugendhilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter vom April 2008 (www.bagljae.de) 10
Struktur des Jugendamtes Politische Vertretungskörperschaft Stadtrat/Kreistag Beschlussfassung über grundätzliche Fragen, Satzung und Mittel des Jugendamtes Jugendamt Struktur nach § 70 SGB VIII Jugendhilfeausschuss Verwaltung des Jugendamtes 7 Mitglieder Leitung der Verwaltung (§ 71 Abs. 1 und 2 SGB VIII) der Gebietskörperschaft (Landrat, Oberbürgermeister, ■ stimmberechtigte Mitglieder Bürgermeister) oder in deren Auftrag Leitung der Ver- ■ beratende Mitglieder (zuzüglich selbstorganisierte waltung des Jugendamtes Zusammenschlüsse) Sozialpädagogische Fachkräfte Beschlussrechte + Verwaltungsfachkräfte (§ 71 Abs. 3 und 4 SGB VIII) (§ 71 Abs. 4 und § 72 Abs. 1 und 2 SGB VIII) ■ Geschäftsordnung ■ Angelegenheiten derJugendhilfe ■ Mittelverwaltung jeweils im Rahmen der ... 1. Ausführung der Beschlüsse der Vertretungskörper- schaft und des Jugendhilfeausschusses Anhörungs- und Antragsrecht (§ 70 Abs. 2 SGB VIII) (§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII) 2. Geschäfte der laufenden Verwaltung (§ 70 Abs. 2 SGB VIII) 7 „Verwaltung des Jugendamtes“ ist die korrekte Bezeichnung, auch wenn sich der Begriff „Jugendamt“ als Bezeichnung für den Verwaltungsteil eingebürgert hat. 11
RECHTLICHE GRUNDLAGEN FÜR DEN JUGENDHILFEAUSSCHUSS 8 Sozialgesetzbuch Achtes Buch Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Ju- (SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe) gendhilfe zu unterstützen, zu begleiten und zu fördern, sowie Selbsthilfekontaktstellen. Sie um- § 3 Freie und öffentliche Jugendhilfe fassen Selbstvertretungen sowohl innerhalb von Einrichtungen und Institutionen als auch im Rah- (1) Die Jugendhilfe ist gekennzeichnet durch die men gesellschaftlichen Engagements zur Wahr- Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorien- nehmung eigener Interessen sowie die verschie- tierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden denen Formen der Selbsthilfe. und Arbeitsformen. (2) Die öffentliche Jugendhilfe arbeitet mit den (2) Leistungen der Jugendhilfe werden von Trägern selbstorganisierten Zusammenschlüssen zusam- der freien Jugendhilfe und von Trägern der öffentli- men, insbesondere zur Lösung von Problemen im chen Jugendhilfe erbracht. Leistungsverpflichtun- Gemeinwesen oder innerhalb von Einrichtungen gen, die durch dieses Buch begründet werden, rich- zur Beteiligung in diese betreffenden Angelegen- ten sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. heiten, und wirkt auf eine partnerschaftliche Zu- sammenarbeit mit diesen innerhalb der freien Ju- (3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe werden von gendhilfe hin. Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenom- men. Soweit dies ausdrücklich bestimmt ist, kön- (3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die selbstorga- nen Träger der freien Jugendhilfe diese Aufgaben nisierten Zusammenschlüsse nach Maßgabe die- wahrnehmen oder mit ihrer Ausführung betraut ses Buches anregen und fördern. werden. § 69 Träger der öffentlichen Jugendhilfe, § 4a Selbstorganisierte Zusammenschlüsse Jugendämter, Landesjugendämter zur Selbstvertretung (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe werden (1) Selbstorganisierte Zusammenschlüsse nach durch Landesrecht bestimmt. diesem Buch sind solche, in denen sich nicht in berufsständische Organisationen der Kinder- und (2) (weggefallen) Jugendhilfe eingebundene Personen, insbesondere Leistungsberechtigte und Leistungsempfänger (3) Für die Wahrnehmung der Aufgaben nach die- nach diesem Buch sowie ehrenamtlich in der Kin- sem Buch errichtet jeder örtliche Träger ein der- und Jugendhilfe tätige Personen, nicht nur Jugendamt, jeder überörtliche Träger ein Landes- vorübergehend mit dem Ziel zusammenschließen, jugendamt. 8 in Auszügen 12
(4) Mehrere örtliche Träger und mehrere überört- der Vertretungskörperschaft gewählt werden; liche Träger können, auch wenn sie verschiedenen Vorschläge der Jugendverbände und der Wohl- Ländern angehören, zur Durchführung einzelner fahrtsverbände sind angemessen zu berück- Aufgaben gemeinsame Einrichtungen und Dienste sichtigen. errichten. (2) Dem Jugendhilfeausschuss sollen als bera- tende Mitglieder selbstorganisierte Zusammen- § 70 Organisation des Jugendamts und des schlüsse nach § 4 a angehören. Landesjugendamts (3) Der Jugendhilfeausschuss befasst sich mit (1) Die Aufgaben des Jugendamts werden durch allen Angelegenheiten der Jugendhilfe, insbeson- den Jugendhilfeausschuss und durch die Verwal- dere mit tung des Jugendamts wahrgenommen. 1. der Erörterung aktueller Problemlagen junger Menschen und ihrer Familien sowie mit Anre- (2) Die Geschäfte der laufenden Verwaltung im gungen und Vorschlägen für die Weiterentwick- Bereich der öffentlichen Jugendhilfe werden vom lung der Jugendhilfe, Leiter der Verwaltung der Gebietskörperschaft 2. der Jugendhilfeplanung und oder in seinem Auftrag vom Leiter der Verwaltung 3. der Förderung der freien Jugendhilfe. des Jugendamts im Rahmen der Satzung und der Beschlüsse der Vertretungskörperschaft und des (4) Er hat Beschlussrecht in Angelegenheiten der Jugendhilfeausschusses geführt. Jugendhilfe im Rahmen der von der Vertretungs- körperschaft bereitgestellten Mittel, der von ihr (3) Die Aufgaben des Landesjugendamts werden erlassenen Satzung und der von ihr gefassten Be- durch den Landesjugendhilfeausschuss und durch schlüsse. Er soll vor jeder Beschlussfassung der die Verwaltung des Landesjugendamts im Rah- Vertretungskörperschaft in Fragen der Jugendhilfe men der Satzung und der dem Landesjugendamt und vor der Berufung eines Leiters des Jugend- zur Verfügung gestellten Mittel wahrgenommen. amts gehört werden und hat das Recht, an die Die Geschäfte der laufenden Verwaltung werden Vertretungskörperschaft Anträge zu stellen. Er von dem Leiter der Verwaltung des Landesjugend- tritt nach Bedarf zusammen und ist auf Antrag amts im Rahmen der Satzung und der Beschlüsse von mindestens einem Fünftel der Stimmberech- des Landesjugendhilfeausschusses geführt. tigten einzuberufen. Seine Sitzungen sind öffent- lich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit, be- rechtigte Interessen einzelner Personen oder § 71 Jugendhilfeausschuss, schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. Landesjugendhilfeausschuss (5) Dem Landesjugendhilfeausschuss gehören mit (1) Dem Jugendhilfeausschuss gehören als stimm- zwei Fünfteln des Anteils der Stimmen Frauen und berechtigte Mitglieder an Männer an, die auf Vorschlag der im Bereich des 1. mit drei Fünfteln des Anteils der Stimmen Mit- Landesjugendamts wirkenden und anerkannten glieder der Vertretungskörperschaft des Trägers Träger der freien Jugendhilfe von der obersten der öffentlichen Jugendhilfe oder von ihr ge- Landesjugendbehörde zu berufen sind. Die übri- wählte Frauen und Männer, die in der Jugend- gen Mitglieder werden durch Landesrecht be- hilfe erfahren sind, stimmt. Absatz 3 gilt entsprechend. 2. mit zwei Fünfteln des Anteils der Stimmen Frauen und Männer, die auf Vorschlag der im (6) Das Nähere regelt das Landesrecht. Es regelt die Bereich des öffentlichen Trägers wirkenden und Zugehörigkeit weiterer beratender Mitglieder zum anerkannten Träger der freien Jugendhilfe von Jugendhilfeausschuss. Es kann bestimmen, dass der 13
Leiter der Verwaltung der Gebietskörperschaft oder (2) Einrichtungen und Dienste sollen so geplant der Leiter der Verwaltung des Jugendamts nach Ab- werden, dass insbesondere satz 1 Nummer 1 stimmberechtigt ist. 1. Kontakte in der Familie und im sozialen Umfeld erhalten und gepflegt werden können, 2. ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives § 72 Mitarbeiter, Fortbildung und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist, (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen 3. ein dem nach Absatz 1 Nummer 2 ermittelten bei den Jugendämtern und Landesjugendämtern Bedarf entsprechendes Zusammenwirken der hauptberuflich nur Personen beschäftigen, die Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Le- sich für die jeweilige Aufgabe nach ihrer Persön- bens- und Wohnbereichen von jungen Men- lichkeit eignen und eine dieser Aufgabe entspre- schen und Familien sichergestellt ist, chende Ausbildung erhalten haben (Fachkräfte) 4. junge Menschen mit Behinderungen oder von oder aufgrund besonderer Erfahrungen in der so- Behinderung bedrohte junge Menschen mit zialen Arbeit in der Lage sind, die Aufgabe zu er- jungen Menschen ohne Behinderung gemein- füllen. Soweit die jeweilige Aufgabe dies erfordert, sam unter Berücksichtigung spezifischer Be- sind mit ihrer Wahrnehmung nur Fachkräfte oder darfslagen gefördert werden können, Fachkräfte mit entsprechender Zusatzausbildung 5. junge Menschen und Familien in gefährdeten zu betrauen. Fachkräfte verschiedener Fachrich- Lebens- und Wohnbereichen besonders geför- tungen sollen zusammenwirken, soweit die jewei- dert werden, lige Aufgabe dies erfordert. 6. Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinba- (2) Leitende Funktionen des Jugendamts oder des ren können. Landesjugendamts sollen in der Regel nur Fach- kräften übertragen werden. (3) Die Planung insbesondere von Diensten zur Gewährung niedrigschwelliger ambulanter Hilfen (3) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben nach Maßgabe von § 36a Absatz 2 umfasst auch Fortbildung und Praxisberatung der Mitarbeiter Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der des Jugendamts und des Landesjugendamts si- Leistungserbringung. cherzustellen. (4) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe in § 80 Jugendhilfeplanung allen Phasen ihrer Planung frühzeitig zu beteili- gen. Zu diesem Zwecke sind sie vom Jugendhilfe- (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben ausschuss, soweit sie überörtlich tätig sind, im im Rahmen ihrer Planungsverantwortung Rahmen der Jugendhilfeplanung des überörtlichen 1. den Bestand an Einrichtungen und Diensten Trägers vom Landesjugendhilfeausschuss zu festzustellen, hören. Das Nähere regelt das Landesrecht. 2. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wün- sche, Bedürfnisse und Interessen der jungen (5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen Menschen und der Erziehungsberechtigten für darauf hinwirken, dass die Jugendhilfeplanung und einen mittelfristigen Zeitraum zu ermitteln und andere örtliche und überörtliche Planungen aufei- 3. die zur Befriedigung des Bedarfs notwendigen nander abgestimmt werden und die Planungen ins- Vorhaben rechtzeitig und ausreichend zu pla- gesamt den Bedürfnissen und Interessen der jun- nen; dabei ist Vorsorge zu treffen, dass auch ein gen Menschen und ihrer Familien Rechnung tragen. unvorhergesehener Bedarf befriedigt werden kann. 14
§ 85 Sachliche Zuständigkeit (3) Für den örtlichen Bereich können die Aufgaben nach Absatz 2 Nr. 3, 4, 7 und 8 auch vom örtli- (1) Für die Gewährung von Leistungen und die Er- chen Träger wahrgenommen werden. füllung anderer Aufgaben nach diesem Buch ist der örtliche Träger sachlich zuständig, soweit nicht der (4) Unberührt bleiben die am Tage des Inkrafttre- überörtliche Träger sachlich zuständig ist. tens dieses Gesetzes geltenden landesrechtlichen Regelungen, die die in den §§ 45 bis 48a bestimm- (2) Der überörtliche Träger ist sachlich zuständig ten Aufgaben einschließlich der damit verbunde- für nen Aufgaben nach Absatz 2 Nr. 2 bis 5 und 7 mitt- 1. die Beratung der örtlichen Träger und die Ent- leren Landesbehörden oder, soweit sie sich auf Kin- wicklung von Empfehlungen zur Erfüllung der dergärten und andere Tageseinrichtungen für Kin- Aufgaben nach diesem Buch, der beziehen, unteren Landesbehörden zuweisen. 2. die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Trägern und den anerkannten Trä- (5) Ist das Land überörtlicher Träger, so können gern der freien Jugendhilfe, insbesondere bei der durch Landesrecht bis zum 30. Juni 1993 einzelne Planung und Sicherstellung eines bedarfsge- seiner Aufgaben auf andere Körperschaften des rechten Angebots an Hilfen zur Erziehung, Ein- öffentlichen Rechts, die nicht Träger der öffentli- gliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder chen Jugendhilfe sind, übertragen werden. und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige, 3.die Anregung und Förderung von Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen sowie deren Landesgesetz zur Ausführung des Kinder- und Schaffung und Betrieb, soweit sie den örtlichen Jugendhilfegesetzes (AGKJHG) Bedarf übersteigen; dazu gehören insbesondere Einrichtungen, die eine Schul- oder Berufsaus- §1 Aufgaben der Jugendhilfe bildung anbieten, sowie Jugendbildungsstätten, 4.die Planung, Anregung, Förderung und Durch- (1) Jugendhilfe trägt in partnerschaftlicher Zu- führung von Modellvorhaben zur Weiterent- sammenarbeit öffentlicher und freier Träger dazu wicklung der Jugendhilfe, bei, dass das Recht junger Menschen auf Förde- 5. die Beratung der örtlichen Träger bei der Ge- rung ihrer Entwicklung und Entfaltung verwirk- währung von Hilfe nach den §§ 32 bis 35 a, licht wird. Sie ist berechtigt und verpflichtet, da- insbesondere bei der Auswahl einer Einrich- rauf hinzuwirken, dass positive Lebensbedingun- tung oder der Vermittlung einer Pflegeperson gen für junge Menschen und ihre Familien sowie in schwierigen Einzelfällen, die Voraussetzungen für eine familien- und kin- 6.die Wahrnehmung der Aufgaben zum Schutz derfreundliche Gestaltung des Gemeinwesens, von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen des öffentlichen und kulturellen Lebens, der Ar- (§§ 45 bis 48 a), beitswelt und der Umwelt geschaffen und erhal- 7. die Beratung der Träger von Einrichtungen ten werden. Zu den Aufgaben der Jugendhilfe ge- während der Planung und Betriebsführung, hört es auch sicherzustellen, dass mögliche Beein- 8.die Fortbildung von Mitarbeitern in der trächtigungen und Gefahren für das Wohl junger Jugendhilfe, Menschen rechtzeitig erkannt werden und ihnen 9.die Gewährung von Leistungen an Deutsche entgegengewirkt wird. im Ausland (§ 6 Abs. 3), soweit es sich nicht um die Fortsetzung einer bereits im Inland ge- (2) Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hat die Ju- währten Leistung handelt, gendhilfe insbesondere darauf hinzuwirken, dass 10. die Erteilung der Erlaubnis zur Übernahme von 1. die Gleichberechtigung von Mädchen und Jun- Pflegschaften oder Vormundschaften durch gen gefördert wird und unter Berücksichtigung einen rechtsfähigen Verein (§ 54). der unterschiedlichen Lebenslagen Benachteili- 15
gungen abgebaut werden mit dem Ziel, die §5 Stimmberechtigte Mitglieder des Gleichstellung von Frauen und Männern zu er- Jugendhilfeausschusses reichen, 2. die Integration behinderter junger Menschen Die Leiterin oder der Leiter der Verwaltung des gefördert wird, örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe oder 3. die besonderen sozialen und kulturellen Interes- deren ständige Vertreterin oder ständiger Vertre- sen und Belange ausländischer junger Men- ter ist stimmberechtigtes Mitglied nach § 71 schen und ihrer Familien berücksichtigt werden, Abs. 1 Nr. 1 des Achten Buches Sozialgesetzbuch. 4. bei Angeboten der allgemeinen Förderung der Ein Fünftel der stimmberechtigten Mitglieder Erziehung in der Familie die Lebenssituation nach § 71 Abs. 1 Nr. 2 des Achten Buches Sozialge- von jungen Schwangeren und Alleinerziehen- setzbuch ist auf Vorschlag der Jugendverbände, den besonders berücksichtigt wird, ein Fünftel auf Vorschlag der sonstigen anerkann- 5. Suchtgefahren und der Entstehung von Gewalt ten Träger der freien Jugendhilfe zu wählen. Für in besonderer Weise vorgebeugt wird. jedes zu wählende stimmberechtigte Mitglied ist ein stellvertretendes stimmberechtigtes Mitglied (3) Junge Menschen haben das Recht, sich in Ange- zu wählen. Die nicht der Vertretungskörperschaft legenheiten, die ihre Lebensbedingungen betreffen, angehörenden stimmberechtigten und stellvertre- an den zuständigen Jugendhilfeausschuss oder an tenden stimmberechtigten Mitglieder müssen den Landesjugendhilfeausschuss zu wenden. Die ihren Wohnsitz im Bezirk des örtlichen Trägers, Zuständigkeiten der Verwaltung des Jugendamts oder eines unmittelbar benachbarten örtlichen und des Landesjugendamts bleiben unberührt. Trägers der öffentlichen Jugendhilfe haben. Das vorsitzende Mitglied und das stellvertretende vor- sitzende Mitglied werden von den stimmberech- § 4 Jugendhilfeausschuss tigten Mitgliedern aus ihrer Mitte gewählt. (1) Für den Jugendhilfeausschuss gelten, soweit das Achte Buch Sozialgesetzbuch und dieses Ge- § 6 Beratende Mitglieder des setz nichts anderes bestimmen, die Bestimmun- Jugendhilfeausschusses gen der Landkreisordnung oder der Gemeindeord- nung. Er richtet bei Bedarf für einzelne Aufgaben- (1) Als beratende Mitglieder gehören dem Jugend- bereiche Arbeitsgruppen ein. hilfeausschuss an: 1. die Leiterin oder der Leiter der Verwaltung des (2) Im Jugendhilfeausschuss sollen Frauen und Jugendamts, Männer gleichmäßig vertreten sein. Die vor- 2. die oder der Beauftragte für Jugendsachen der schlags- und entsendungsberechtigten Stellen Polizei. sollen verstärkt Frauen benennen. (2) In den Jugendhilfeausschuss entsenden je ein (3) Der Jugendhilfeausschuss kann zu einzelnen weiteres beratendes Mitglied: Tagesordnungspunkten Sachverständige und Be- 1. die Präsidentin oder der Präsident des Landge- troffene, insbesondere junge Menschen, hören; er richts aus der mit Vormundschafts-, Familien- kann Beratungsgegenstände mit ihnen erörtern. oder Jugendsachen befassten Richterschaft, 2. die Agentur für Arbeit, (4) Der Jugendhilfeausschuss wird für die Wahlzeit 3. die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion aus der Vertretungskörperschaft gebildet. Nach Been- der Lehrerschaft, digung der Wahlzeit führt der Jugendhilfeaus- 4. der Träger des Gesundheitsamtes eine Fach- schuss seine Geschäfte weiter, bis ein neuer Ju- kraft des Gesundheitsamtes, gendhilfeausschuss gebildet ist. 16
5. die Leiterin oder der Leiter des örtlichen Trägers §5 Gewährleistungsverpflichtung, der öffentlichen Jugendhilfe Grundsätze der Förderung a) eine kommunale Frauenbeauftragte oder eine in der Mädchenarbeit erfahrene Frau, (1) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugend- b) eine Vertreterin oder einen Vertreter der In- hilfe haben in ihrem Zuständigkeitsbereich zu ge- teressen ausländischer junger Menschen, währleisten, dass die erforderlichen Einrichtungen, c) eine Fachkraft des Jugendamts, Dienste und Veranstaltungen der Jugendarbeit und 6. der Stadt- oder Kreisjugendring, der Jugendsozialarbeit zur Verfügung stehen. 7. die evangelische Kirche, 8. die katholische Kirche, (2) Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugend- 9. die jüdische Kultusgemeinde. hilfe erfüllen ihre Verpflichtung zur Förderung an- derer Träger der Jugendarbeit und der Jugendsozi- (3) Die Satzung hat vorzusehen, dass dem Jugend- alarbeit nach den §§ 12 und 74 des Achten Buches hilfeausschuss eine Person aus dem Kreis der ge- Sozialgesetzbuch sowie nach den Inhalten und wählten Elternvertretungen der Kinder in Kinder- Vorgaben der Jugendhilfeplanung. Kreisangehö- tagesstätten als beratendes Mitglied angehört. Sie rige Gemeinden und Gemeindeverbände, die kann vorsehen, dass dem Jugendhilfeausschuss nicht örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe weitere Personen als beratende Mitglieder ange- sind, fördern die Jugendarbeit und die Jugendsozi- hören. alarbeit in Abstimmung mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit. Speziell auf Jugendarbeit und Jugendsozialar- beit bezogen: (3) ... Landesgesetz zur Förderung der Jugendarbeit (4) ... und Jugendsozialarbeit (Jugendförderungsgesetz) §7 Aufgaben der Jugendhilfeausschüsse § 4 Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit und des Landesjugendhilfeausschusses in der Jugendhilfeplanung (1) Der Jugendhilfeausschuss befasst sich mit (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben allen Angelegenheiten der Jugendarbeit und der im Rahmen ihrer Planungsverantwortung in der Jugendsozialarbeit, insbesondere mit aktuellen Jugendhilfeplanung gemäß § 80 des Achten Bu- Problemen, mit der Jugendhilfeplanung und mit ches Sozialgesetzbuch den Bestand und den Be- der Förderung der freien Jugendhilfe. darf an Einrichtungen, Diensten und Veranstaltun- gen sowie Fachkräften der Jugendarbeit und der (2) Der Landesjugendhilfeausschuss befasst sich Jugendsozialarbeit zu ermitteln und Festlegungen mit allen überörtlichen Angelegenheiten der Ju- für die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen gendarbeit und der Jugendsozialarbeit; er ist vor zu treffen. Maßnahmen für Mädchen und junge dem Erlass von Verwaltungsvorschriften zur Ju- Frauen sind gesondert darzustellen. Der Anteil der gendarbeit und zur Jugendsozialarbeit zu hören. Er für die Jugendarbeit und die Jugendsozialarbeit unterbreitet Vorschläge zur mittel- und langfristi- bereitgestellten Mittel ist gesondert auszuweisen. gen Entwicklung der Jugendarbeit und der Jugend- sozialarbeit. Er trägt zur Koordinierung und Ko- (2) ... operation der Träger der Jugendarbeit und der Ju- gendsozialarbeit sowie zu deren Zusammenarbeit mit anderen Institutionen bei. 17
FUNKTION DES JUGENDHILFEAUSSCHUSSES „Der Jugendhilfeausschuss ist die institutiona- Dieser Auftrag der Jugendhilfe und damit auch des lisierte Form der Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfeausschusses entspricht nicht den übli- öffentlichen und freien Trägern“ 9 chen Grundsätzen des Verwaltungshandelns und ist auch für die kommunale Politik eher untypisch. Von seinen strukturellen Möglichkeiten her ist der Es ist insofern nicht verwunderlich, dass es dem Jugendhilfeausschuss ein Vorbild für die Verzah- Jugendhilfeausschuss als Teil der kommunalen Be- nung von Politik, Verwaltung, Fachmeinung und hörde nicht immer leicht fällt, seine Funktion zu Bürgerwillen. Im Jugendhilfeausschuss geht es erfüllen. nicht um die Vertretung spezifischer Träger- oder Politikinteressen, sondern um die Bedarfe junger Schwierigkeiten in der Umsetzung des Auftrags Menschen und ihrer Familien. Über Einzelinteres- sollten dennoch vor allem als Herausforderung sen hinweg soll der Jugendhilfeausschuss (JHA) gesehen werden, das im Grunde sehr aktuelle beitragen zur sachkundigen Erfüllung des gesell- Beteiligungsgremium „Jugendhilfeausschuss“ schaftlichen Auftrags der Jugendhilfe. Die Sicht- weiterzuentwickeln und seiner Zweckbestimmung weisen unterschiedlicher Einrichtungen, Verbände näher zu bringen. und Fachleute sollen gebündelt werden zu einer fachlichen Gesamtperspektive des Jugendhilfe- ausschusses. Es geht darum, die Interessen junger Menschen und ihrer Familien wirkungsvoll gegenüber anderen Po- litikbereichen zu vertreten und dazu beizutragen, dass das Wohl der nachwachsenden Generation in der Aufsplitterung nach Politikressorts und Ein- flussgruppen nicht aus dem Auge verloren wird. § 1 Abs. 1 AGKJHG, Aufgaben der Jugendhilfe „Jugendhilfe trägt in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlicher und freier Träger dazu bei, dass das Recht junger Menschen auf Förderung ihrer Entwicklung und Entfaltung verwirklicht wird. Sie ist berechtigt und verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie die Voraussetzungen für eine familien- und kinderfreundliche Gestaltung des Gemeinwesens, des öffentlichen und kulturellen Lebens, der Arbeitswelt und der Umwelt geschaffen und erhalten werden. Zu den Aufgaben der Jugendhilfe gehört es auch sicherzu- stellen, dass mögliche Beeinträchtigungen und Gefahren für das Wohl junger Menschen rechtzeitig erkannt werden und ihnen entgegengewirkt wird.“ 9 Wiesner in „Jugendhilfeausschuss und kommunale Jugendpolitik“, Verein für Kommunalwissenschaften, 1997 18
AUFGABEN UND RECHTE DES JUGENDHILFEAUSSCHUSSES Der Jugendhilfeausschuss hat des Jugendhilfeausschusses durch eigene Ent- scheidungen aufheben oder ändern. ■ ein eigenständiges Beschlussrecht. ■ das Recht, angehört zu werden sowie Anträge Der Jugendhilfeausschuss hat das Recht, an die Vertretungskörperschaft zu stellen. angehört zu werden sowie Anträge an die Vertretungskörperschaft zu stellen ■ umfassende Beratungskompetenzen. (§ 71 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII) ■ zusätzliche Aufgaben nach anderen ■ Der Jugendhilfeausschuss soll vor jeder Be- Gesetzen (z. B. Vorschläge für die schlussfassung der Vertretungskörperschaft in Bestellung von Jugendschöffen). Fragen der Kinder- und Jugendhilfe und vor Be- rufung der Leitung des Jugendamtes angehört werden. Der Jugendhilfeausschuss hat ein eigenständiges Beschlussrecht ■ Die „Soll“-Regelung bedeutet, dass grundsätz- (§ 71 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII) lich eine Verpflichtung zur Anhörung besteht. Um ein Abweichen von der Anhörungspflicht ■ Der Jugendhilfeausschuss kann abschließend des Jugendhilfeausschusses zu rechtfertigen, und ggf. mit Außenwirkung für die Kommune muss deshalb in jedem Fall eine „atypische Si- Beschlüsse fassen. tuation“ vorliegen. ■ Seine Beschlüsse sind bindend für die Verwal- ■ Wird der Ausschuss nicht angehört und kann tung des Jugendamtes. diese Unterlassung nicht als Ausnahmefall be- gründet werden (z. B. entsprechende Regelun- ■ Das Beschlussrecht ist allerdings begrenzt gen in der Satzung), stellt die Verletzung des durch die Beschlüsse der Vertretungskörper- Anhörungsrechts einen Verfahrensfehler dar. schaft, die von ihr bereitgestellten Mittel und durch die Satzung. Der Jugendhilfeausschuss hat umfassende ■ Diese Begrenzung darf nicht so weit gehen, dass Beratungskompetenzen das Beschlussrecht praktisch ausgehöhlt würde. Das Beschlussrecht muss insoweit von der Ver- ■ Der Ausschuss befasst sich mit allen Angele- tretungskörperschaft respektiert werden. Die genheiten der Jugendhilfe. Er befasst sich ins- Vertretungskörperschaft muss ihre Rahmenbe- besondere mit der Erörterung aktueller Pro- schlüsse so fassen, dass sie noch ausfüllungsfä- blemlagen junger Menschen und ihrer Familien hig und ausfüllungsbedürftig durch den Jugend- sowie mit Anregungen und Vorschlägen für die hilfeausschuss sind. Sie kann beispielsweise Weiterentwicklung der Jugendhilfe, mit der nicht grundsätzlich im Nachhinein Beschlüsse Jugendhilfeplanung und mit der Förderung der freien Jugendhilfe. 19
■ Ausgenommen von seinen Aufgaben sind nur Rechtsstellung des Ausschusses und seiner die Geschäfte der laufenden Verwaltung, also Mitglieder z.B. solche, für die durch rechtliche Grundlagen und (kommunal)politische Entscheidungen be- ■ Der Jugendhilfeausschuss ist ein Organ der reits eine präzise Handlungsgrundlage vorgege- kommunalen Gebietskörperschaft, das mit ei- ben ist. genen Kompetenzen ausgestattet ist. Wenn der Jugendhilfeausschuss seine Rechte durch die ■ Kein Geschäft der laufenden Verwaltung ist z. B. Vertretungskörperschaft verletzt sieht, besteht die Vereinbarung nach § 72a SGB VIII. Der die Möglichkeit einer Feststellungsklage oder Jugendhilfeausschuss muss jedenfalls die Leistungsklage beim Verwaltungsgericht (sog. Grundsätze festlegen, nach denen sich be- „Kommunalverfassungsstreit“). stimmt, für welche ehren- und nebenamtlichen ■ Wiesner : „Begehrt werden kann die Feststel- 11 Tätigkeiten ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen ist. Der Jugendhilfeausschuss muss lung, dass ein bestimmter Beschluss rechtswid- beschließen, ob in diesem Zusammenhang der rig ist, weil er gegen bestimmte Normen ver- Empfehlung des Landesjugendhilfeausschusses stößt oder weil der Jugendhilfeausschuss nicht gefolgt wird. Erst durch den Beitritt zur Rah- angehört worden ist oder weil sein Beschluss- menvereinbarung auf Landesebene werden die recht irgendwo wesentlich tangiert worden ist.“ dort formulierten Grundsätze verbindlich. 10 ■ Der Jugendhilfeausschuss ist beteiligtenfähig, ■ Der Jugendhilfeausschuss wird sich mit solchen d. h., er kann als Institution im rechtlichen Ver- Aufgaben, die z. B. im Rahmen der Leistungser- fahren auftreten und teilnehmen (§ 61 Verwal- bringung und der Erfüllung der sogenannten tungsgerichtsordnung – VwGO). „anderen“ Aufgaben anfallen, nur auf grund- sätzlicher Ebene beschäftigen. ■ Da in der Verletzung der Ausschussrechte auch eine Verletzung der persönlichen Rechte jedes ■ Wiesner (2015) und Kunkel (2018) weisen da- einzelnen stimmberechtigten Mitglieds liegt, rauf hin, dass die Aufzählung der Beratungsge- können die Mitglieder die Verletzung ihrer genstände nicht abschließend ist. Das Mitwir- Rechte unabhängig von einer Klageerhebung kungsrecht bezieht sich im Grundsatz auf alle durch den Ausschuss geltend machen. in den Zuständigkeitsbereich des Jugendhilfe- ausschusses fallenden Angelegenheiten der Ju- ■ Die mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten gendhilfe und beispielsweise auch auf Fragen der Mitglieder ergeben sich aus dem Kommunal- der Organisation des Jugendamtes selbst. verfassungsrecht, d.h. aus der Landkreisordnung (LKO) und der Gemeindeordnung (GemO). Der Jugendhilfeausschuss hat zusätzliche ■ Im Hinblick auf eine mögliche Befangenheit der Aufgaben nach anderen Gesetzen Mitglieder, insbesondere wenn es um Förde- rungsfragen der freien Jugendhilfe geht, stellt ■ Der Jugendhilfeausschuss hat beispielsweise Wiesner (s. u. S. 17 ff) im Anschluss an ein Ur- ein Vorschlagsrecht für die Wahl der Schöffen teil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen fest, der Jugendgerichte (§ 35 Jugendgerichtsgesetz dass von einer Befangenheit erst dann auszuge- – JGG). hen ist, wenn spezielle Interessen eines einzel- nen Verbandes zur Diskussion stehen und das Mitglied diesem Verband angehört. 10 Die Rahmenvereinbarung zu § 72 a SGB VIII und alle notwendigen Hinweise und Formulare sind auf https://lsjv.rlp.de/de/unsere-aufgaben/kinder-jugend-und-familie/jugendarbeit-und-jugendsozialarbeit/erweitertes-fueh- rungszeugnis/rahmenvereinbarung-und-empfehlung/ zu finden. 11 Wiesner in „Jugendhilfeausschuss und kommunale Jugendpolitik“, Verein für Kommunalwissenschaften, 1997, Seite 17 ff. 20
ZUSAMMENSETZUNG DES JUGENDHILFEAUSSCHUSSES Stimmberechtigte Mitglieder Landkreis/Stadt Beratende Mitglieder 3/5 aller Stimmen 1/5 aller Stimmen 1/5 aller Stimmen Leitung der Vertretungs- Jugendhilfe- Jugend- Freie Beauftragte für Amtsgericht Verwaltung körperschaft erfahrene verbände Wohlfahrtsver- Jugendsachen (1 Vormundschafts-/Fa- Personen bände der Polizei milien-/Jugendrichter) Agentur für Arbeit (1 Vertreter) Leitung des Lehrerschaft Jugendamtes Jugendhilfeausschuss (1 Vertreter) Gesundheitsamt (1 Fachkraft) Weitere Elternvertretung Kirchen und jüd. Stadt-/Kreis- Fachkraft Vertretung Frauen- Personen Kindertagesstätten Kultusgemeinde jugendring Jugendamt ausländ. junger beauftragte gemäß Satzung (1 Vertreter) (je 1 Vertreter) (1 Vertreter) Menschen (Spez. Vertreter für (2 Vertreter z.B. für Inklusion/Integration junge Geflüchtete) von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung, selbstorganisierte Zusammenschlüsse) 21
ARBEITSWEISE DES JUGENDHILFEAUSSCHUSSES Der Jugendhilfeausschuss ist kein kommunaler Die Arbeitsweise des Jugendhilfeausschusses Ausschuss der üblichen Art. An seine Zusammen- sollte an dem Ziel einer kooperativen Interessen- setzung ist die Erwartung geknüpft, dass die Ar- vertretung junger Menschen orientiert sein. beit nicht durch parteipolitische Programme oder Einzelinteressen von Verbänden bestimmt wird, sondern durch die Belange junger Menschen und Der Jugendhilfeausschuss ist allerdings nicht völlig ihrer Familien. Ausschussmitglieder sind deshalb frei in der Gestaltung seiner Arbeit. Soweit das nicht vor allem und zuerst Vertretende des Ver- SGB VIII bzw. das AGKJHG nichts anderes regeln, bandes oder der Partei, auf deren Vorschlag sie gelten auch für den Jugendhilfeausschuss die Be- entsandt worden sind, sondern sie sind als in der stimmungen der Landkreis- bzw. Gemeindeord- Jugendhilfe erfahrene Personen angesprochen. nung. Die Vertretungskörperschaft soll durch die Mitwir- kung erfahrener Personen im Jugendhilfeausschuss sachkundigen Aufschluss erhalten darüber, was in der Jugendhilfe anliegt, wo die Bedarfe junger Men- schen und ihrer Familien liegen und was zu tun ist, um der Verantwortung des Gemeinwesens für die nachkommende Generation Rechnung zu tragen. Der Jugendhilfeausschuss … ■ ... wird für die Wahlzeit der Vertretungskörperschaft gebildet. Er führt allerdings danach seine Geschäfte weiter bis ein neuer Ausschuss gebildet wird (§ 4 Abs. 4 AGKJHG RLP). ■ ... wählt die oder den Vorsitzende/n sowie die Stellvertretung aus der Mitte der stimmberechtigten Mitglieder (§ 5 Satz 5 AGKJHG RLP). ■ ... tagt nach § 71 Abs. 4 SGB VIII öffentlich, soweit nicht das Wohl der Allgemeinheit, berechtigte Interessen einzelner Personen oder schutzbedürftiger Gruppen entgegenstehen. ■ ... tritt nach Bedarf zusammen und ist auf Antrag von mindestens einem Fünftel der Stimmberech- tigten einzuberufen (§ 71 Abs. 4 SGB VIII). ■ ... richtet bei Bedarf Arbeitsgruppen (früher: „Unterausschüsse“) ein (§ 4 Abs. 1 AGKJHG RLP). ■ ... kann zu einzelnen Tagesordnungspunkten Sachverständige und Betroffene, insbesondere junge Menschen hören; er kann Beratungsgegenstände mit ihnen erörtern (§ 4 Abs. 3 AGKJHG RLP). 22
Übrigens ... Im Landesjugendamt ist es üblich, die Tagesord- nung in Zusammenarbeit mit dem Vorstand des Landesjugendhilfeausschusses und der Leitung des Landesjugendamtes zu entwickeln. Die örtliche Praxis ist unterschiedlich. Jedenfalls wird jedoch die Verwaltungsleitung der Gebietskörperschaft (Oberbürgermeister/-in, Landrat/-rätin, ...) in die Aufstellung der Tagesordnung einzubeziehen sein, soweit der Vorsitz nicht in ihren Händen liegt. Anregungen zur Tagesordnung werden im Plenum des Landesjugendhilfeausschusses diskutiert und bei entsprechender Beschlussfassung in die Tages- ordnung aufgenommen. Wenn es für bestimmte Fragestellungen angezeigt erscheint, andere als die ausschussüblichen Ar- beitstechniken einzusetzen, z.B. eine Erörterung in Kleingruppen, eine systematische Sammlung von Meinungen oder Bewertung von Problemen, und wenn darin Probleme mit der Geschäftsordnung vermutet werden, kann die Sitzung auch für die Dauer solcher Arbeitseinheiten unterbrochen wer- den. Damit geht man möglichen Konflikten mit der Geschäftsordnung aus dem Weg. Moderne Konferenz- und Beratungsmethoden und formal korrekte Ausschussarbeit schließen sich also keineswegs aus. Im „Zusammenspiel“ mit dem Jugendhilfeaus- schuss hat die Verwaltung des Jugendamtes – abgesehen von den sog. „Geschäften der lau- fenden Verwaltung“ 12 – die Aufgabe, den Ju- gendhilfeausschuss in seiner Aufgabenwahr- nehmung fachlich und organisatorisch zu un- terstützen und seine Beschlüsse umzusetzen bzw. auf ihre Umsetzung hinzuarbeiten. 12 Geschäfte der laufenden Verwaltung sind regelmäßig wiederkehrende Aufgaben, die nach feststehenden Grundsätzen ent- schieden werden. 23
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