Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg

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Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
Mitteilungen
für die Altenarbeit
Herausgeber: Altenwerk der Erzdiözese Freiburg e.V.   2 0 1 8             2

                                                       und Geschichten“
                                                         „Geschichte
Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
Suchende sind wir
    Mehr als in früheren Zeiten verstehen sich Men-
    schen als „Suchende“ – das gilt für alle Lebensalter.
                                                            INHALT
                                                            Vorwort                                           3
    Gewissheiten, die lange unbefragt gültig waren,
    werden hinterfragt und müssen neu begründet wer-        Hintergrundinformationen
    den. Wer älter ist, hat in seinem Leben sicherlich      Geschichte und Geschichten                        5
    schon vieles gefunden, was tragfähig ist, worauf er     Biografiearbeit mit Senioren                      6
    oder sie sein Leben aufgebaut hat. Und dennoch          „Erzähle von Gott“                                9
    bleibt mit Blick auf die Zukunft auch Unsicherheit,
    vielleicht sogar Sorge und Angst: Wie geht es wei-
                                                            Praxis
    ter mit mir, mit uns?
                                                            Adventsfeier „Suchen und Finden“                 11
                                                            Seniorennachmittag
    In Übergangssituationen, die neue Schritte erfor-
                                                            „Suchet und ihr werdet finden“                   16
    dern, befinden sich nicht nur Menschen, sondern
                                                            Bildbetrachtung zum Einstieg eines Treffens      18
    auch Organisationen, wie die Kirche, die Gemein-
                                                            Immer auf der Suche                              19
    de, die Seniorenarbeit. Immer wieder gibt es neue
                                                            Geschichte, die das Leben schrieb                20
    Herausforderungen, die verunsichern und deshalb
                                                            Erzählcafé                                       21
    ein neues Suchen und Finden anstoßen, z.B. bei
                                                            Zug des Lebens                                   23
    Umstrukturierungen und Stellenneubesetzungen.
                                                            Lebensgeschichtliches Erzählen braucht Anstöße   24
    Die Zukunft ist offen. Wir können sie gestalten und
    müssen sie auch annehmen – und dabei Kraft und
    Zuversicht aus unseren Lebenserfahrungen schöp-         Altenheimseelsorge
    fen. Mit diesen „Mitteilungen“ machen wir mit vielen    Das Kirchenjahr und seine Geschichten            26
    Anregungen Mut, sich solchen Suchbewegungen             Neu: Kalender zum Kirchenjahr                    27
    zu stellen – im Vertrauen darauf, dass wir anste-
    hende Übergänge mit Gottes Segen gut meistern           Lebensqualität im Alter
    werden. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viele        Baustein „Geschichte und Geschichten“            28
    gute Erfahrungen beim Suchen und Finden, sowohl         Neue Arbeitshilfe „Welt“                         30
    ganz persönlich, wie auch bei Ihrer Tätigkeit in der
    Seniorenarbeit!
                                                            Kinderhilfe Bethlehem
                                                            Die Kinder in Bethlehem nicht vergessen          31
    Mit diesen „Mitteilungen“ geht für Bernhard Kraus,
                                                            Hinweise: Spenden, Aktion
    der im Januar in Rente geht, eine Epoche zu Ende.       „Ein Herz für Bethlehem“                         32
    In den „Mitteilungen 1988/2“ hat er sich als neuer
    Referent des Altenwerkes vorgestellt und seitdem        Materialien                                      33
    bei der Gestaltung dieses Aushängeschildes der
                                                            Impressum
    Altenarbeit unserer Diözese mitgearbeitet. Dafür
    danken wir ihm und wünschen ihm viel Freude beim
    Meistern der Herausforderungen, die der Übergang
    in das „Dritte Alter“ mit sich bringt.

    Das Redaktionsteam:
    Elfi Eichhorn-Kösler, Bernhard Kraus
    Anette Kempf, Alfred Laffter

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VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,
ich möchte Ihnen die Themenvielfalt unserer neu-
esten Ausgabe besonders ans Herz legen. Das
Hauptthema trägt die Überschrift: Geschichte und
Geschichten. Unter der bewährten Regie unseres
Redaktions-Teams ist eine Fülle von interessanten
Beiträgen zu diesem Thema entstanden.
Wir sind fest davon überzeugt, dass die aufgezeich-
neten Hintergrundinformationen und die konkreten
praxisbezogenen Vorschläge Sie bei der Senioren-
arbeit tatkräftig unterstützen können und darüber
hinaus hoffen wir, dass neue Impulse Ihnen Freude
machen, um sich selbst und natürlich unsere Senio-
ren immer wieder aufs Neue zu motivieren.

Medizinischer Fortschritt und materielle Stabilität
führen zu einem zunehmenden Älterwerden. Es stellt
sich uns die Frage, was können wir in der Senio-
renarbeit beitragen, dass die gewonnenen Jahre           erst viel später realisiertes Geschenk. Die Tatsache,
sinngebend bewältigt werden? Bei unserem Auf-            dass die Senioren der reichen Fülle ihrer bisheri-
trag steht der einzelne Mensch im Mittelpunkt. Die       gen Lebensjahre so offen mit angenehmen und
gewonnenen Lebensjahre sollten ja ein geglückter         unangenehmen Erinnerungen begegnen, macht mir
Abschnitt werden, in dem Selbstbestimmung, Krea-         persönlich Mut, auch meine Aufgabe, mein eigenes
tivität und Anspruch auf gesellschaftliche Akzeptanz     Altern anzunehmen, um in diesem Prozess zu leben,
fest verankert sind. Eines unserer dringlichsten Ziele   anstatt dagegen anzuleben.
sollte es sein, die Kompetenzen jedes Einzelnen und      Auch ich habe oftmals die Wahrnehmung, dass die
seine Fähigkeiten mit hilfreichen Impulsen sichtbar      Senioren dann unmerklich bereit und entschlossen
zu machen. Darüber besteht kein Zweifel: Jede/r ein-     sind, mit den neuen Herausforderungen des Älter-
zelne Senior/in trägt in sich eine Schatztruhe, die im   werdens so zurecht zu kommen, dass das Leben
Laufe der Jahre viele Ereignisse erfahren hat, oder      schön und bejahenswert bleibt. Erinnertes dem
der viele Lebenssituationen widerfahren sind.            Vergessen zu entreißen, kann befreiend sein, Mut
                                                         machen und auch Verletzungen heilen. Erzählen und
Der manchmal formulierte Satz: „Was habe ich             Zuhören kann unterhaltend sein, aber es ist vor allen
schon zu erzählen?“ ist Ihnen wohl vertraut. Bei der     Dingen sinnstiftend und eine lohnende Herausforde-
Mehrzahl unserer Senioren muss man den Deckel            rung.
dieser „Schatztruhen“ nur leicht – gelegentlich be-
hutsam – anheben, und dann wird Lebensgeschich-          Häufig bin ich tief beeindruckt, wie strukturiert
te zur Geschichtsstunde.                                 und herausfordernd die Erzählenden biografische
Mich freut stets der Blick in die Runde der älteren      Inhalte darlegen. Wenn erste Hemmnisse abgelegt
Menschen, wenn kommunikatives Lernen aus Le-             sind, findet Rückblick statt. Dann wächst innerhalb
bensgeschichten stattfindet. Dann wird urplötzlich       der Gruppe eine Kraft und Stärke, und das Gefühl
die Ich-Geschichte des Erzählers/der Erzählerin zur      einer Verbundenheit unter den Teilnehmern wird
Gesellschaftsgeschichte. Für mich ist es ein Glück,      spürbar. Selten musste ich erleben, dass ältere
bei diesen Erzählgesprächen zuhören zu dürfen,           Menschen sich zurückgezogen in den Runden
wo lebensgeschichtliche Erinnerungen und Refle-          verhielten, obwohl auch in den Gesprächen Verluste
xionen ein wertvoller Zugewinn für meine persön-         und Verletzungen erinnert werden. Aber auch diese
liche Bildung darstellen. In besonders geglückten        schmerzlichen Prozesse können für die Teilnehmer
Gesprächsrunden erlebe ich ein weiteres, oftmals         letztendlich wohltuend sein – im Prozess des Erin-
                                                                                                                 3
Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
VORWORT

    nerns und Erzählens können sie zu ihrer persönli-       „Berühren und berührt werden“ wäre eine weitere
    chen Würde und Heilung finden. Im Gegensatz zu          denkbare Überschrift für diese „Mitteilungen“. Le-
    den digitalen Netzwerken des Computerzeitalters         bensgeschichtliches Erinnern ist eine sehr schöne,
    haben diese Foren der unmittelbaren „Seniorennetz-      hilfreiche und wohltuende Möglichkeit, Berühren und
    werke“ ein urmenschliches Gesicht, welches Zuhö-        Berührt sein auf geistiger und seelischer Ebene glei-
    ren und Empathie entgegenbringen kann.                  chermaßen stattfinden zu lassen. Ich wünsche Ihnen
    Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auf unsere     viel Freude beim Lesen und danke Ihnen herzlich für
    Erzählrunden mit Recht stolz sein dürfen und dass       alles, was Sie für unsere älteren Menschen mit uns
    wir den Kreis unserer Zielgruppen erweitern sollten.    gemeinsam tun.
    Zum biografischen Erzählen sollten Angehörige aller
    Generationen Zugang haben, insbesondere unsere
    Kinder und Enkel!

    Edith Fabry verfasste ihr allererstes Grußwort in den
    „Mitteilungen“ im denkwürdig heißen Sommer 2003,
    dem Beginn ihrer Amtszeit als Diözesanvorsitzende
    des Altenwerkes. Sie schrieb damals: „Ich sitze in       Abschied und Neubeginn
    meinem Garten im Schatten und genieße diesen             Im Frühjahr 2018 wurde auch ein Übergang zu
    ungewöhnlichen Sommer.“ Auch in diesem Jahr              einem neuen Diözesanvorstand des Altenwerkes
    2018 hat uns die Wetterlage mit einer langen Perio-      vollzogen: Die von allen sehr geschätzte Edith
    de ungewöhnlich heißer Sommertage überrascht. Im         Fabry übergab ihren Vorsitz an die neu gewählten
    Gegensatz zu Edith hatte ich meine Schreibunterla-       Vorsitzenden Ulrike Kütscher, Monika Baur und
    gen für das Vorwort nach Dänemark mitgenommen.           Alfred Laffter, die diese Aufgabe in Personalunion
    Auch hier kann man sich zum Schreiben an einen           wahrnehmen. Edith Fabry hat die Geschicke und
    schattigen Platz in der wunderbar berührenden ruhi-      das Wohl des Altenwerkes der Erzdiözese Frei-
    gen Landschaft zurückziehen.                             burg von 2003 – 2018 mit großem persönlichem
                                                             Einsatz vorbildlich gestaltet. In ihrer Obhut haben
    Ein besonderer und wohl weit verbreiteter Brauch         wir uns stets wie in einer großen Familie gefühlt.
    der Dänen hat mich auf besondere Weise berührt           Dankbar bin ich dafür, dass mir wiederholt Gele-
    und begeistert. Es ist der Brauch, sich in hyggeli-      genheit geboten wurde, die besondere Persön-
    ger Runde zu treffen. Das dänische Wort „Hygge“          lichkeit Edith Fabry in einer Laudatio – z.B. anläss-
    ist nicht so leicht ins Deutsche zu übersetzen. Am       lich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
    ehesten bedeutet es Gemütlichkeit, herzliche At-         – zu würdigen. Liebe Edith, für Deine langjährigen
    mosphäre, in der man das Leben mit netten Leuten         Verdienste als Vorsitzende des Altenwerkes gibt
    zusammen genießt. Das warme Licht der Kerzen             es eine sehr schöne christliche Formel des Dan-
    ist hygge. Möglicherweise hat die Tradition des          kes: Vergelt´s Gott!
    „Hygge“ dazu beigetragen, dass in Dänemark die           Mit der Diözesanversammlung 2018 endete die
    glücklichsten Menschen dieser Erde leben: Freund-        Amtszeit des bisherigen Diözesanvorstandes,
    lichkeit und Liebenswürdigkeit mit viel Freisein von     dem herzlich für sein Engagement gedankt wur-
    Unruhe. In Gesprächen und in Geschichten wird ein        de. Das neue „Dreier-Team“ steht nicht allein an
    Mensch berührt von den Gedanken anderer und              der Spitze des Altenwerkes, der neugewählte Vor-
    kann sie seinerseits mit Gedanken berühren. Aber         stand hat bereits hoch motiviert mit seiner Arbeit
    auch stillschweigend können hier Gedanken aus-           begonnen und mehrere Arbeitsgruppen gebildet.
    getauscht werden. Diese sinnliche Erfahrung habe         Näheres und Aktuelles zum neuen Diözesanvor-
    ich gerne in meinem Reisegepäck aus Dänemark             stand finden sie auf unserer Homepage
    mitgenommen. Sie hat mich tief bewegt und es war         www.seniorenweb-freiburg.de .
    mir ein Anliegen, Sie davon wissen zu lassen, denn
    dieser Brauch hat mich atmosphärisch sehr an unse-       Ulrike Kütscher
    re Zusammenkünfte mit älteren Menschen erinnert.

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HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Geschichte und Geschichten
Vom Feind zum Freund
Es ist eine unendliche Ruhe um mich. Mein Blick          und dazu Kartoffel gedämpft. So was gibt`s aber
schweift in die Rheinebene und auf die Hügel des         nur sehr selten. Meist besteht unser Kochzettel nur
Schwarzwaldes. Hier haben vor mehr als hundert           aus Linsen ,Erbsen oder Reis. Morgen werde ich
Jahren zehntausende von Soldaten, deutsche und           nochmal aus Rindfleisch Schmorbraten machen und
französische, in einem grausamen Krieg ihr Le-           dann ist`s wieder einmal Schluss für längere Zeit mit
ben verloren. Hier am Hartmannsweilerkopf sind           den guten Bissen. Läuft Dir da nicht das Wasser im
die Wunden dieses Krieges immer noch präsent.            Munde zusammen, liebe gute kleine Anna?
Gräben, Sandsäcke und Stellungen erinnern immer          Liebe Anna, ich glaube, wir werden nicht mehr lange
noch an den Wahnsinn dieses Krieges. In dieser           hier bleiben. Seit gestern wird wieder tüchtig ge-
Ruhe fällt mir ein Brief eines Soldaten ein, den er an   schossen, nachdem fast vierzehn Tage Ruhe gewe-
seine liebe Anna in der Heimat schrieb. Dieser Brief     sen war. Wenn es vorwärts geht, müssen auch wir,
wurde von mir vor vielen Jahren in einem Kriegsta-       die immer dicht hinter der Front sind, hinter her.
gebuch des Krieges 1914/1918 entdeckt.
                                                         Warum ist mir dieser Brief eines Kochs gerade jetzt
                                                         eingefallen? Weil ich hungrig bin in dieser Mittags-
Der Brief eines Feldkochs                                zeit?
                                                         Jetzt fahre ich zum nächsten Gasthaus im Elsass
Meine liebe kleine Anna!                                 und esse Schwarzwälder Schinken, Elsässer Sauer-
Endlich finde ich wieder einmal Zeit, Dir ein biss-      kraut mit einem knusprigen französischen Baguette.
chen zu schildern, was wir jetzt tun und treiben. Man    Aus Blutfeinden wurden über die Zeit Blutsbrüder,
hat Tag für Tag seine Arbeit und da bleibt nicht viel    aus fürchterlichen Geschichten wurde eine friedliche
Zeit zum Briefeschreiben übrig. Heute habe ich zum       Geschichte.
Beispiel erst Kaffee gekocht, dann Fleisch zerhauen,
gewaschen und gekocht. Dazu zwei gewaltige Töpfe         Alfred R. Laffter
Reis. Gestern hatte ich Hammelkeule geschmort

Große Holzkreisel laden ein, miteinander ins Spiel zu kommen. Sie erinnern an das Motto der Aktion „Graue
Haare – Buntes Leben“. Die Homepage der Aktion mit einer reich gefüllten Ideenbörse (zu den Bereichen Alt
sein, Sich engagieren, beweglich bleiben, Lebensgeschichten ins Gespräch bringen, Generationen begeg-
nen sich, Gottesdienst) ist noch im Netz: www.grauehaare-buntesleben.de

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HINTERGRUNDINFORMATIONEN

    Biografiearbeit mit Senioren –
    Lebensgeschichten ins Gespräch
    bringen
    Unter Biografiearbeit wird die Auseinandersetzung des
    Menschen mit seiner Lebensgeschichte verstanden

    Formen der Biografiearbeit                                   haben. Es macht einen Unterschied ob man in
    Biografiearbeit kann in Form eines Selbstgesprächs           den Bergen, am Meer, in einem Waldgebiet oder
    stattfinden, in dem der Mensch seine Eindrücke               in der Heidelandschaft aufgewachsen ist. Damit
    sortiert, neu zusammenstellt, für gut befindet und           gehören Orte, topografische Beschaffenheiten,
    als kleinen Schatz speichert. Oder in Form eines             Elemente der Natur und Jahreszeiten zur Natur-
    angeleiteten Erinnerns in einer Gruppe, bei der es           biografie.
    um ein bestimmtes Thema z.B. die Einschlung geht.            Die Mythobiografie zu der Glaubenseinstellun-
    Diese Form ist auch unter dem Begriff Erzählcafé             gen, Weltbilder und Ideologien gehören sowie
    bekannt. Aber auch als lebensgeschichtliches                 deren Wandel im Lebenslauf.
    Erzählen, bei dem ein Auslöser, ein sogenannter              Die Lern- und Bildungsbiografie zu der die
    Trigger z.B. ein Foto, Erinnerungen weckt, die dem           formalen Bildungsabschlüsse gehören, die in In-
    Zuhörenden mitgeteilt werden. Bei Menschen mit               stitutionen wie der Schule erworben wurden und
    Demenz wird die Erinnerungspflege eingesetzt,                die beiläufigen Lernerfahrungen die im Leben
    damit sie über Erinnerungsstücke Zugang zu ver-              gemacht wurden z.B. durch Reisen, Krisen.
    schütteten Erlebnissen bekommen. Aber auch das           Alle diese Teilaspekte machen die Persönlichkeit
    Schreiben der eigenen Biografie ist eine Form der        eines Menschen aus. Da Menschen ständig gesell-
    Biografiearbeit.                                         schaftlichen, kulturellen und persönlichen Verän-
                                                             derungen ausgesetzt sind, haben sie keine stabile
    Die verschiedenen Aspekte der Biografie                  Identität, sondern müssen sich immer wieder mit den
    Jede Biografie ist aus Teilbiografien zusammenge-        Fragen auseinandersetzen „Wer bin ich?“ – „Was
    setzt1. Hierzu gehören:                                  geschieht mit mir?“ – „Was wird aus mir?“
       Die soziale Biografie die die Geschichte der so-
       zialen Beziehungen (Familie, Freunde, Kollegen,       Biografien geben Auskunft über Menschen. Sie sind
       Bekannte) und Lebensverhältnisse (Finanzielle         aber keine Abbildungen der Wirklichkeit, sondern
       Situation, Wohnstandort, Umfeld) umfasst.             Konstruktionen. Menschen haben keine abgeschlos-
       Die Kulturbiografie die die Begegnungen mit der       sene Biografie. Jeder findet oder erfindet im Lauf
       großen Kultur (Oper, Theater, Literatur, Malerei …)   seines Lebens seine Lebensgeschichte. In dieser
       als auch mit der Alltagskultur (wie wir Wohnen,       werden Ereignisse und Erinnerungen, die sowohl die
       Essen, uns kleiden, miteinander streiten) umfasst.    individuelle als auch die gesellschaftliche Dynamik
       Sowie das Milieu in dem Menschen aufwachsen.          umfassen, so zusammengebunden, dass es sich
       Aber auch die Rituale und Gewohnheiten die            sinnvoll damit leben lässt.
       gepflegt werden gehören zur Kulturbiografie.
       Die Naturbiografie umfasst die Geschichte             Was erzählt wird
       unseres Körpers, der im Lauf des Lebens spezi-        Biografien werden aus unterschiedlichen Quellen
       fischen Einflüssen und Prägungen ausgesetzt ist       gespeist: Dies zeigt sich in den Erzählungen der
       und die natürlichen Umwelten in denen wir gelebt      Menschen.

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        Hubert Klingenberger: Lebensmutig. München 2003 S. 106ff
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HINTERGRUNDINFORMATIONEN

   Menschen haben Erinnerungen an persönlich            fen wurden und welche Werte wichtig waren. Men-
   Erlebtes. Eine Frau erzählt z.B. „1940 heiratete     schen erkennen woran sie sich ausrichten können,
   ich. Da war es noch nicht selbstverständlich,        wenn Lebensweichen zu stellen sind.
   dass ich als katholische Frau einen evangeli-        Biografisches Arbeiten kann ermutigen, da der
   schen Mann heiratete“.                               Rückblick zeigt, dass im bisherigen Leben schon
   Menschen erzählen Dinge, die sie aus Erzählun-       viel geleistet, ausgehalten oder losgelassen wurde
   gen anderer wissen. z.B. „Als Kleinkind konnte       und Herausforderungen angenommen und bewäl-
   ich nur dann einschlafen, wenn ich meinen Teddy      tigt wurden. Diese entdeckten Ressourcen können
   im Arm hatte“.                                       helfen, schwierige Situationen zu meistern.
   Menschen stellen Verbindung zu allgemeinen           Menschen können durch die Biografiearbeit zur
   Zeitbildern her z.B. „Nach dem Krieg als es allen    Lebensbejahung finden, wenn sie ihr Leben zu
   schlecht ging und viele ausgebombt waren und         einem Ganzen zusammenfügen und Sinn im Leben
   keine eigene Wohnung mehr hatten.“                   entdecken.
   Menschen erzählen von ihren Persönlichen             Biografiearbeit führt zur Stärkung der eigenen Iden-
   Interessen, diejenigen die Kunst lieben berichten    tität, da Menschen mehr über sich und ihr „Gewor-
   davon, andere von Reisen, ihrem Garten, vom          den sein“ erfahren und ihren eigenen Wert entde-
   Sport ...                                            cken. Im Rückblick entdecken sie, von wem, wann
   In den Erzählungen werden die Deutungs-              und wofür sie Anerkennung erhalten haben und
   muster sichtbar, d.h. die spezifische Sicht des      stellen fest, dass sie etwas bewirken konnten. Sie
   Menschen, wie er Wirklichkeit deutet und wie er      können auch Spuren entdecken, die sie im eigenen
   auf der Grundlage dieser Deutung handelt. Z.B.       Leben gesetzt und der Nachwelt hinterlassen haben.
   erzählt ein alter Mann „Ich habe den Beruf des       Biografiearbeit trägt dazu bei, dass Erlebnisse und
   Schreiners ergriffen, den mein Vater für mich        Erfahrungen nicht verloren gehen.
   ausgewählt hat, der hatte mehr Lebenserfahrung
   und wusste was gut für mich war“.                    Was zum Gelingen der Biografiearbeit beiträgt
   Die Erzählungen machen die Werte deutlich.           Fürs lebensgeschichtliche Erzählen benötigt man
   Was Menschen wichtig ist, erhält breiten Raum        Zeit und einen ungestörten Raum, sowie eine
   in den Erzählungen z.B. ihre Beziehungen, die        entspannte Atmosphäre, der Offenheit und des
   Kinder, der Erfolg/Leistung, die Religion.           Vertrauens. Die Zugewandtheit, Neugierde und
                                                        Anteilnahme des Zuhörenden entscheiden über den
Was Biografiearbeit bewirken kann                       Gesprächsverlauf und die Tiefe der erzählten Inhal-
Wer sich mit der eigenen Lebensgeschichte ausei-        te. Nur wo offene Ohren sind, wird Erzähltem Raum
nandersetzt, hat die Möglichkeit den roten Faden        gegeben. Darüberhinaus helfen Impulse, Fragen,
im eigenen Leben zu finden. Das was tragfähig war,      Texte, Bilder, Symbolische Zeichen um an Erinnerun-
was geprägt hat, was den Menschen angetrieben           gen heranzukommen. Hierzu finden Sie in diesem
hat und dem Leben Inhalt, Richtung und Sinn gab         Heft im Praxisteil zahlreiche Anregungen.
und gibt.
Beim biografischen Erinnern fügen sich Fragmente        Die Bedeutung der Biografiearbeit für Erzählende
eines Lebens zusammen, die bisher zusammen-             und Zuhörende
hanglos nebeneinander standen. Menschen können          Für den Erinnernden ist die Rückschau auf das ei-
Lebenseinschränkungen erkennen und dadurch              gene Leben eine Möglichkeit die eigenen Lebenser-
vielleicht annehmen. Sie können konflikthafte Lebens-   fahrungen zu ordnen und ihnen Bedeutung zuzu-
situationen bearbeiten sowie Kränkungen und Ver-        schreiben. Er versucht aus seiner heutigen Sicht, der
letzungen sehen und sich damit auseinandersetzen.       Gegenwart und der Vorausschau auf die Zukunft,
Dadurch kann Heilung geschehen. Nicht im Sinne,         die Vergangenheit zu rekonstruieren. Im persönli-
dass alles wieder so ist wie zuvor, sondern, dass das   chen Rückblick geschieht eine Einbettung in das
Geschehene akzeptiert und als Basis für die persönli-   gesellschaftliche Leben, da Menschen die Bedeu-
che Weiterentwicklung „genutzt“ werden kann.            tung erkennen, die die Zeitgeschichte auf ihr Leben
Der Blick in die eigene Biografie kann Orientierung     hat. In der Schau auf das gesellschaftliche Leben
geben, da deutlich wird, wie Entscheidungen getrof-     wächst das Verständnis für das Eigene. Dadurch er-

                                                                                                                7
Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
HINTERGRUNDINFORMATIONEN

    möglicht Biografiearbeit dem Menschen sich als Teil      Wer sich auf die Geschichte eines Menschen ein-
    eines Ganzen zu definieren. In der Biografiearbeit       lässt, lernt ihn besser kennen und kann angemesse-
    kreiert der Erinnernde eine für ihn tragbare Wirklich-   ner mit ihm umgehen. Die Beziehung verändert sich,
    keit. Denn in der Rückschau kann man das eigene          durch das Erzählen, das miteinander Freude und
    Leben glätten, Irritierendes ausblenden und logische     Leid teilen, das Zusammensein und das gemeinsa-
    Entwicklungslinien entstehen lassen.                     me Erleben.

    Durch Biografiearbeit gewinnt der Mensch für den         Wenn Biografiearbeit gelingt, findet wirkliche Be-
    Begleiter Profil. Es entsteht ein unverwechselbares      gegnung statt. Denn dann geschieht das, was die
    Gesicht, ein einzigartiges Individuum wird deutlich.     Psychologin Virginia Satir, so ausdrückt: „Ich glaube,
    Besonders in Situationen wie Krankheit und Pflege-       das größte Geschenk, das ich von jemand bekom-
    bedürftigkeit, wo die Defizite des pflegebedürftigen     men kann, ist, dass er mich sieht, mir zuhört, mich
    Menschen als erstes sichtbar werden und im Vorder-       versteht und mich berührt. Das größte Geschenk
    grund stehen, hilft das biografische Erinnern wahr-      das ich einem anderen Menschen geben kann, ist,
    zunehmen, was diesen Menschen noch ausmacht              ihn zu sehen, ihm zuzuhören und ihn zu berühren.
    und was er im Lauf seines Lebens erfahren, erlebt,       Wenn das gelingt, habe ich das Gefühl, dass wir uns
    erlitten, bewältigt hat. Dadurch werden Menschen         wirklich begegnet sind.“
    nicht mehr reduziert auf die oberflächliche Erschei-
    nung der Gegenwart, sondern werden aus ihrer Ver-        Elfi Eichhorn-Kösler
    gangenheit heraus wahrgenommen. Dies verändert
    die Haltung gegenüber dem Menschen.

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Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
HINTERGRUNDINFORMATIONEN

„Erzähle von Gott“
Geschichtenerzählen in der Pastoral

Ob er wusste, dass er seinen letzten Brief schreibt?    Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan“) und
Vielleicht hat er es geahnt. Erst nach seinem Tod im    der entscheidende Auferstehungsglaube wird in den
Januar 1994 wurde das Hirtenwort des damaligen          4 Evangelien aus unterschiedlichen Perspektiven
Bischofs von Aachen, Klaus Hemmerle, in der Fas-        erzählt. Das Christentum steht hier in der jüdischen
tenzeit in allen Kirchen seines Bistums verlesen. Die   Tradition, die Meisterwerke der Erzählungen vorweisen
Worte darin, berühren. Sie klingen wie ein Vermächt-    kann. Bibelwissenschaftler sprechen nicht ohne Grund
nis an sein Bistum.                                     davon, dass „das Christentum in einem eminenten
Klaus Hemmerle, gebürtiger Freiburger und eine der      Sinn als Erzähl- und damit Erinnerungsgemeinschaft
prägenden Persönlichkeiten in der Kirche des 20.        wahrgenommen werden [muss].“2 Ohne das münd-
Jh., begann seinen Fastenhirtenbrief mit den Worten     liche und schriftliche Weitergeben von Geschichten,
eines Kindes: „Papa, erzähle mir von Gott.“1            gäbe es keine Christen. Und die Kraft der Erzählungen
                                                        spüren Christen bis heute: Mit den Gleichnissen und
Klaus Hemmerle legt den Lesern darin ans Herz:          Geschichten der Bibel können wir uns auch nach 2000
Erzählt eure Glaubensgeschichten und Lebens-            Jahren leicht identifizieren. Mit den Reinheitsvorschrif-
geschichten. Er benennt hier in den 90iger-Jahren       ten, die keine Geschichten sind, geht das nicht. Wahr-
schon eine Entwicklung, die in den letzten 15 Jahren    heit im christlichen Sinn ist also weniger Kopfsache,
richtig Fahrt aufgenommen hat: In Gesellschaft,         sondern mehr eine Beziehungsfrage.
Literaturwissenschaft, Psychologie und sogar in der     Schon 1973 forderten Johann Baptist Metz und
Wirtschaft wird neu entdeckt, wie wichtig und wie       Harald Weinrich deshalb ein Umdenken in der Theo-
prägend das Erzählen von Geschichten ist. Bei-          logie weg von einer abstrakten, analytischen Theo-
spielhaft hat dies der Gründer von Apple (eines der     logie hin zu einer „narrativen Theologie“. Fulbert
weltweit erfolgreichsten Technologieunternehmen),       Steffensky schreibt ganz in diesem Sinne 45 Jahre
Steve Jobs, formuliert: „Die mächtigste Person in       später durchaus kirchenkritisch: „Je autoritärer die
der Welt ist der Geschichtenerzähler. Der Geschich-     Struktur einer Religion ist, umso mehr hat sie Inter-
tenerzähler legt die Vision, die Werte und die Auf-     esse an Beschreibung, Genauigkeit und Kontrollier-
gaben für eine ganze Generation fest, die kommen        barkeit. Aber die Hoffnung kann man nicht in enthäu-
wird.“ Tatsächlich ist es so, dass Menschen sich        teten Gedanken haben. Sie führt sich auf in Bildern
mehr von ergreifenden Geschichten bewegen und           und Erzählungen.“3
verändern lassen, als durch wissenschaftliche Texte
oder moralische Zeigefinger.                            Erzählen für die Pastoral vor Ort
                                                        Was bedeutet diese Einsicht für die Pastoral (auch in
Auch für die Glaubensverkündigung und für die           der Seniorenarbeit) vor Ort? Wir brauchen Gelegen-
ganze Pastoral, gerade in der Seniorenarbeit, ist das   heiten, uns unsere Lebens- und Glaubensgeschich-
Geschichtenerzählen neu zu entdecken. In 3 Schrit-      ten zu erzählen und es braucht Menschen, die zuhö-
ten soll dies dargelegt werden:                         ren. Entscheidend wird sein, dass wir das Erzählen
                                                        auf Augenhöhe wiederentdecken. Wenn es um die
Ohne Geschichten keine Kirche                           Erfahrungsweisheiten des Lebens und Glaubens
Jesus hat seine Zuhörer nicht mit Katechismus-Ar-       geht, ist jeder Mensch mit seiner einzigartigen Ge-
tikeln belehrt. Er hat vor allem Geschichten erzählt.   schichte gleich wichtig und wertvoll. Jahrhunderte
Streitgespräche mit Kritikern hat er mit Erzählungen    haben wir Glaubensfragen an Experten abgescho-
beantwortet (vgl. z.B. die Erzählung vom barmherzi-     ben. Doch wie Papst Franziskus es wunderbar vor-
gen Samariter), Visionen vom Himmelreich hat er mit     lebt: Priester und Laien, Professoren und Praktiker
Begegnungen und Geschichten umschrieben (vgl.           brauchen sich gegenseitig mit ihren Perspektiven
Mt 25, „was ihr dem geringsten meiner Brüder und        auf den Glauben. Klaus Hemmerle schreibt dazu:

                                                                                                                    9
Mitteilungen für die Altenarbeit Seniorenweb Freiburg
HINTERGRUNDINFORMATIONEN

     „Erzähle von Gott! Das heißt nicht, sich vor den                    „langweilen“ Welt, dann folgt ein Ruf zu einem
     Problemen in harmlos fromme Geschichten flüchten.                   Abenteuer/einer Herausforderung, den der Held
     Aber es heißt: mit Gottes Wort leben, so dass es                    zuerst ablehnt, dann aber von einer weiteren
     unser Leben, unsere Maßstäbe, unser Verhalten än-                   Schlüsselfigur in seinem Leben („Mentor“) dazu
     dert – und dann darüber miteinander reden. Es heißt                 ermutigt wird, die Aufgabe anzunehmen. Der
     auch: das einander anvertrauen, was uns Gott fern                   Held wird auf seiner Reise vor erste Bewährungs-
     und fremd erscheinen lässt. Erzählen von Gott heißt:                proben gestellt und trifft dabei auf Verbündete
     aufmerksam sein auf die großen Dinge, die Gott in                   und Feinde, bis hin zur Entdeckung der eigenen
     aller Stille bei den kleinen Leuten wirkt.“                         Abgründe, die zum letzten Kampf führen, wo
     Das befreiende daran ist: Keiner von uns muss                       der Held die Aufgabe meistert und verändert
     Theologie studiert haben, um davon zu erzählen,                     in die heile Welt des Anfangs zurückkehrt. Der
     was unser Leben trägt und uns Kraft gibt. Es gilt:                  Pastoralreferent Christian Schröder4 im Bistum
     „Was du entdeckt hast, was dir zu leben hilft und dir               Aachen hat anhand dieser Heldenreise einen
     Hoffnung gibt, das sollst du den anderen mitteilen“                 ganzen Firmweg mit Jugendlichen entwickelt:
     (Papst Franziskus, Evangelii Gaudium 121).                          Die Firmvorbereitung deckt hier den Abenteuer-
                                                                         weg des Lebens auf, den jeder einzelne Mensch
     Praktische Beispiel und Ideen                                       im Vertrauen gehen darf, dass Gott ihn durch die
        Es gibt schon viele gute Angebote, wie z.B. Er-                  Herausforderungen des Lebens begleitet und ein
        zählcafés in der Seniorenarbeit oder biografische                gutes Ende verspricht.
        Elemente in der Jugendarbeit („Wer hat Dich im                   Anhand von Kurzfilmen kommt man meist schnell
        Glauben geprägt?“). Hilfreiche Methoden und                      und persönlich ins Gespräch: Das Angebot
        Einsichten dazu bieten die Kurse zum Biografi-                   „blickwechsel“ der Erzdiözese Freiburg bietet
        schen Arbeiten (vgl. www.lebensmutig.de)                         dazu 5 spannende Filme und Materialien für
        Ganz überraschend neue Formate könnten auch                      Gesprächsabende zu Glaubensfragen (www.
        für die Pastoral entdeckt werden: Es gibt z.B. in                mediathek-freiburg.de/blickwechsel)
        größeren Städten sogenannte „Diary Slams“, das                   Sehr gute, ästethische und niederschwellige Mate-
        sind Veranstaltungen, bei denen mehrere Vor-                     rialien bieten auch die Sinnsucher-Pakete aus dem
        tragende aus ihren Tagebüchern vorlesen, meist                   Bistum Rottenburg-Stuttgart (kostenfreie Bestellung
        auch mit einem humorvollen Abstand. Wieso                        unter www.sinnsucher.plus), die sich auch für die
        nicht solche Vorträge aus Tagebüchern, die sich                  intergenerationelle Arbeit hervorragend eignen.
        mit Glaubensfragen und Sinnfragen beschäfti-
        gen, als Anlass zum Austausch nutzen?                        Klaus Hemmerles Vermächtnis-Hirtenbrief ist ein Ver-
        Die Botschaft von der Liebe Gottes, die jedem                mächtnis an uns heutige Christen:
        Menschen gilt und die Schuld, Verletzung und                 „Wird das Einmalige, Andersartige der Botschaft
        sogar den Tod überwindet, ist so großartig, dass             Jesu nicht von uns verwaltet statt bezeugt? Spre-
        wir diese nicht unterbelichten dürfen. Die Metho-            chen wir so von Gott, dass wir dabei über uns per-
        den von „Storytellern“ rücken eine Geschichte in             sönlich sprechen, sprechen wir so von uns persön-
        ein spannendes Licht: Diese Technikern können                lich, dass wir dabei von Gott sprechen? Wenn Kirche
        für Predigten und Vorträge genutzt werden.                   Erzählgemeinschaft von Gott würde, dann könnte sie
          Beispielhaft sei hier die „Heldenreise“ genannt,           der Welt etwas geben, was andere ihr nicht geben
          ein Grundmuster von Geschichten, das in                    können.“
          vielen Büchern, Mythen und Filmen, auftaucht.
          Der „Held“ der Geschichte durchläuft mehrere               Tobias Aldinger, Referent für Glaubenskommunika-
          Stationen, beginnend in einer heilen auch meist            tion, Evangelisierung und Bonifatiuswerk im Erzbi-
                                                                     schöflichen Seelsorgeamt Freiburg
     1
         Hemmerle, Klaus, Fastenhirtenbrief 1994, unter: http://www.klaus-hemmerle.de/index.php?option=com_content&vie-
         w=article&id=212:fastenhirtenbrief-1994&catid=8:briefe&Itemid=38 [abgerufen am 13.09.2018]
     2
         Mauz, Andreas, Theologie, in: Martinez, Matias [Hg.], Erzählen. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2017,
         187–195, 187
     3
         Steffensky, Fulbert, Heimathöhle Religion. Ein Gastrecht für widersprüchliche Gedanken, Stuttgart 2015, 56
     4
         Schröder, Christian, Mehr Drama bitte! Mit Storytelling spannend vom Glauben reden, in: Euangel 01/2017, unter: htt-
         ps://www.euangel.de/ausgabe-1-2017/sprache/storytelling/ (abgerufen am 26.03.2018)
10
PRAXIS

Suchen und Finden
Adventsfeier

 Die Künstlerin

 Kerstin Rehbein, 1960 in Stuttgart geboren, Ausbildung zur Medizinisch-Technischen
 Assistentin, Arbeit in Kliniken. Ab 1990 Studium der Freien Malerei und Grafik in Stuttgart
 und an der Hochschule der Bildenden Künste in Dresden.
 Seit dieser Zeit als Künstlerin tätig. In der Altenpflege in Teilzeit beschäftigt. Verschiede-
 ne Ausstellungen in privaten und öffentlichen Räumen, sowie diverse Auftragsarbeiten.
 Für das Altenwerk wurden von ihr folgende Adventskarten gestaltet. „Und Engel be-
 gleiten dich auf all deinen Wegen“ (2001, vergriffen), „Sie folgten den Stern“ (2007), „In
 Erwartung“ (2010), „Fenster“(2011), „Engel“ (2014), „Jetzt ist die Zeit“ (2016).
 Das Bild „Suche“ stammt aus einer Serie von Arbeiten mit dem Titel „Lebensklänge“:
 „Alte Schwarz-Weiß-Fotos, die lange in einer Schachtel aufbewahrt wurden, bilden die Grundlage dieser
 Arbeiten. Erinnerungen, Lebensgeschichten, festgehalten auf einem Foto. Vieles davon ist schon verges-
 sen und begraben. Wie ein Spurensucher näherte ich mich diesen Bildern um Verdecktes aufzuspüren,
 Vergangenes in die Gegenwart zurück zu holen, Vergessenes wieder neu zu entdecken. Der Prozess des
 Erinnerns selbst ist das zentrale Thema der daraus entstandenen Bilder: Durch Erinnerungen hindurch in
 seinem Inneren berührt werden um wieder neu seiner Lebensspur zu folgen“.

Vorbereitung                                            Hilfreich ist, wenn Instrumentalisten mitwirken zum
  Adventskranz oder Adventsgesteck mit 4 Kerzen,        Begleiten der Lieder und für die Instrumentalstücke.
  die nach und nach angezündet werden.                  Gut ist, wenn einige Sänger/innen oder eine
  Auf jedem Platz liegt eine Bild-Text-Karte „Suche“    Schola mitwirken zum Lieder anstimmen; für die
  (evtl. nach der Feier weitere Karten zum Verkauf      „Herbergssuche“ in 2 Gruppen und auch mehr-
  für 0,50 EUR anbieten; evtl. in die Bild-Text-Kar-    stimmig (Unterstützung vom Kirchenchor?).
  te einen Weihnachtsgruß und die Einladung zu          Am Ausgang Körbchen für Spenden (z.B. für die
  Veranstaltungen 2019 einlegen). Bitte bestellen       Kinderhilfe Bethlehem).
  Sie die Karten rechtzeitig beim Diözesanbüro!         Falls Schokoherzen zu Gunsten der Kinderhilfe
  Auf jedem Platz ein „Gotteslob“ (oder ein Lied-       Bethlehem angeboten werden sollen: Bitte rechtzei-
  blatt, alle vorgeschlagenen Lieder sind aus dem       tig die Herzen besorgen! Näheres auf www.senio-
  Gotteslob).                                           renweb-freiburg.de unter „Kinderhilfe Bethlehem“.
                                                                                                               11
PRAXIS

     Mitwirkende                                                   Daneben eine dunklere männliche Gestalt, die
        3 Lektoren/innen: A), B), C)                               Gesichtszüge sind zu erahnen, er schaut mich
        Jemand zum Kerzen nach und nach anzünden                   an. Er hat seine Hände in die Manteltaschen
        Instrumentalisten/innen                                    gesteckt. Seine Farbe und in etwa sein Umriss,
        Sänger/innen                                               gleichen dem vermoderten Blatt rechts dane-
                                                                   ben.
                                                                   Zwischen den Gestalten ist ein überdimensional
                            Ablauf                                 großes schwarz-weiß-Foto. Man könnte meinen,
                                                                   die mittlere Figur hält das Foto wie ein Poster an
     Begrüßung und Bildbetrachtung                                 einer Ecke fest. Das Foto wirkt wie ein Fremd-
                                                                   körper in dem Bild, und doch verbindet es die
     Instrumentalmusik                                             drei Personen. Das Foto ist teilweise übermalt,
                                                                   teilweise abgeschnitten. Es ist ein altes Foto von
     A) Herzlich willkommen zu unserer Adventsfeier mit            früher mit weißem gezackten Rand. Zu erken-
        dem Thema „Suchen und finden“.                             nen ist eine ältere und eine jüngere Frau, die in
        Öffnen wir uns für unser Suchen nach der Be-               einem Garten stehen.
        deutung der Botschaft von Advent und Weih-                 Im Bild ist keine Bewegung. Es ist ein Stand-
        nachten für uns.                                           Bild. Die drei Personen stehen da wie angewur-
        Öffnen wir uns unserer Sehnsucht, den Sinn un-             zelt. Wo kommen sie her? Wo gehen sie hin?
        seres Lebens und die Nähe Gottes auf unseren               Und doch ist das Bild voller Spannungen:
        Wegen zu spüren.                                               Der warme Hintergrund – das kalte Grau in
        In den adventlichen und weihnachtlichen Tex-                   der rechten Figur.
        ten der Bibel begegnen uns Menschen, auf der                   Die scharf ausgeschnittenen Konturen der
        Suche – sie sollen in dieser Stunde im Mittelpunkt             Menschen – die weichen zarten Linien der
        stehen und uns Mut machen für unser eigenes                    Blattrippen.
        Suchen.                                                        Alleinsein, Alleinstehen – Zusammenstehen,
        Aber zunächst nehmen Sie bitte das Bild zur                    Zusammenhalten, Zusammengehören.
        Hand, das Sie auf Ihrem Platz gefunden haben.
        Es hat den Titel „Suche“. Und es ist selbst wie            Das Bild zeigt einen Moment der Gegenwart:
        ein Suchbild, rätselhaft, vieles bleibt offen für die      Drei Menschen treffen zusammen. Aber auch
        Bedeutung, die wir beim Betrachten hineinlegen.            die Vergangenheit ist da. Das alte Foto steht
        Lassen wir dieses Bild ein wenig auf uns wirken.           für die vielen Lebensgeschichten und Erinne-
        Welche Gefühle, Stimmungen und Gedanken löst               rungen, die im Alter wach werden oder auch
        es bei mir aus? – kurze Stille                             zunehmend verblassen und sich auflösen. Und
                                                                   das Bild stellt die Frage: Wie geht es weiter?
     B) Zunächst sprechen mich die Farben an. Der gan-             Wohin gehen die drei Personen? Dem Sonnen-
        ze Hintergrund ist in einem warmen rotbraunen              untergang entgegen? Welches sind ihre nächs-
        Ton gehalten – die Farbe der Erde, Abendstim-              ten Schritte?
        mung beim Sonnenuntergang, Wärme und Liebe
        …; aber auch Feuer, Wut, Aggression…                    C) Auch wir sind unterwegs als Suchende, Ler-
        Dann sehe ich ganz zarte Muster wie die Struktu-           nende, bis ins höchste Alter. Wir suchen den
        ren eines abgefallenen Blattes im Herbst kurz vor          „roten Faden“ in unseren Lebenswegen. Wir
        dem Verfall. In der Mitte zwei rotbraune Blätter,          suchen das Ziel angesichts unserer begrenzten
        rechts ein dunkelgraues Blatt.                             Möglichkeiten. Lassen wir uns vom „Ja“ Gottes
        Im Zentrum des Bildes stehen drei menschli-                ermutigen, die Herausforderungen des Lebens
        che Gestalten. Sie heben sich deutlich von der             anzunehmen.
        Umgebung ab. Zwei Personen sind nahe beiei-
        nander, in Tuchfühlung, ocker- und braunfarben,
        Gesicht und Arme sind nicht sichtbar. Kommen
        sie auf uns zu? Oder gehen sie weg?

12
PRAXIS

1. „Ja“ zu den Herausforderungen                        B) Vielleicht geht es uns auch manchmal wie Maria.
   des Lebens – Maria                                      Wir sind in einem undurchdringlichen, ausweg-
                                                           losen, verletzenden Dornengestrüpp verfangen.
Lied (GL 223, 1. Str.): Wir sagen euch an … Wir            Doch ein Wunder geschieht: Ein Ausweg öffnet
sagen euch an eine heilige Zeit. Machet dem Herrn          sich, die Dornen erblühen als Rosen. Stille
die Wege bereit …
Dabei die 1. Kerze anzünden.
                                                        2. Willkommen sein – Herbergsuche
A) Der Engel trat bei Maria ein und sagte: Sei
   gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie     Lied (GL 223, 2. Str.): Wir sagen euch an … So neh-
   erschrak über diese Anrede und überlegte, was        met euch eins um das andere an, wie auch der Herr
   dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der           an uns getan …
   Engel zu ihr: Fürchte dich nicht Maria, denn du      Dabei die 2. Kerze anzünden.
   hast bei Gott Gnade gefunden. (Lk 1,28-30)
                                                        A) In jenen Tagen zog Josef von der Stadt Nazaret
B) Eine unerwartete Begegnung bringt das Leben             hinauf in die Stadt Davids nach Bethlehem. Denn
   von Maria in eine neue Richtung mit vielen Unge-        er war aus dem Geschlecht Davids. Er wollte
   wissheiten. Sie entscheidet sich, Ja zu sagen zu        sich eintragen lassen mit seiner Verlobten Maria,
   dem Weg, der sich ihr eröffnet – trotz aller Unsi-      die ein Kind erwartete. Als sie in Bethlehem wa-
   cherheiten, Fragen und Zweifel. Was bestärkt sie        ren, gebar Maria ihren Sohn, den Erstgeborenen.
   zu diesem Ja? Ein Engel mit der Botschaft: Du           Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine
   bist nicht allein. Gott ist auf allen Deinen Wegen      Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie
   bei dir. Sein Segen und seine Gnade begleiten           war. (nach Lk 2,7)
   dich. Fürchte dich nicht!
                                                        B) Ein junges Paar auf der Suche nach einem Dach
C) Wie gut wäre es,                                        über dem Kopf. Die Geburt ihres Kindes steht
   wenn uns mitten in unseren Unsicherheiten,              unmittelbar bevor. Aber sie finden keine Unter-
   Fragen, Zweifeln und Ängsten                            kunft in den Herbergen der Stadt.
   ein guter Engel begegnen würde,
   der uns die Hand auf die Schulter legt               Lied: Wer klopfet an, GL 921,4 (in 2 Gruppen sin-
   und uns hochachtungsvoll und liebevoll               gen: Männer = Wirt: Frauen = Maria und Josef)
   anschaut.
   Wie gut, wenn wir seiner Botschaft trauen            C) Jeder Mensch braucht ein Dach über seinem
   könnten:                                                Kopf; eine Tür die sich öffnet; einen Tisch, an
   „Du bist nicht allein.                                  dem man sich dazu setzen kann; jeder braucht
   Gott ist auf allen Deinen Wegen bei Dir.                Menschen, die verstehen.
   Sein Segen und seine Gnade begleiten Dich.              Und jedes neugeborene Kind sollte auf unserer
   Fürchte dich nicht!“                                    Welt willkommen sein, sollte von Vertrauen und
   Wie gut, dass es auch in unserem Leben solche           Liebe getragen sein.
   Engel gibt.                                             Beten wir für Menschen, die aus ihrer Heimat
   Und wie oft sind wir auch selbst solche Engel für       fliehen mussten und eine Bleibe suchen – Stille.
   andere!                                                 Beten wir für die Kinder auf unserer Welt, die
                                                           nicht in menschenwürdigen Verhältnissen auf-
Stille                                                     wachsen können.– Stille
                                                           Beten wir für uns selbst, dass wir unsere Türen
Lied:                                                      und Herzen nicht verschlossen halten. – Stille
Maria durch ein Dornwald ging, GL 224 (Str. 1 – 3)

                                                                                                               13
PRAXIS

     Instrumentalstück (Melodie von „Suchen und fragen“       4. Miteinander aufbrechen – „3 Könige“
     GL 457).
                                                              Lied (GL 223, 4. Str.): Wir sagen euch an … Gott
     3. Ohne Furcht in Frieden leben – Hirten                 selber wird kommen, er zögert nicht. Auf, auf, ihr
                                                              Herzen, und werdet licht …
     Lied (GL 223, 3. Str.): Wir sagen euch an … Nun          Dabei die 4. Kerze anzünden.
     tragt eurer Güte hellen Schein weit in die dunkle Welt
     hinein …                                                 A) Da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach
     Dabei die 3. Kerze anzünden.                                Jerusalem und fragten: Wo ist der neugebore-
                                                                 ne König der Juden? Wir haben seinen Stern
     A) In jener Gegend lagerten Hirten auf dem freien           aufgehen sehen und sind gekommen, ihm zu
        Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.             huldigen. (Mt 2,1f)
        Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die
        Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Doch sie       B) Von weit im Osten sind Sterndeuter aufgebro-
        fürchteten sich sehr.                                    chen. Sie haben einen Stern gesehen, der ihnen
        Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht,           sagt: Ein Kind ist geboren, ein König, mit dem
        denn siehe, ich verkünde euch eine große                 eine neue Zeit anbricht. Sie hatten ein Ziel, für
        Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll:          das sich alles Suchen und alle Mühen lohnen.
        Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter            Dabei mussten sie gut auf ihren Wegweiser am
        geboren; er ist Christus, der Herr. Und das soll         Himmel achten und ihn von den vielen anderen
        euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind             Lichtern unterscheiden. Ihr Weg nahm eine über-
        finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer        raschende Wendung: Sie fanden das ersehnte
        Krippe liegt.                                            Kind keineswegs wie erwartet am Königshof
        Und plötzlich war bei dem Engel ein großes               in Jerusalem – im Gegenteil. Ihr Suchen endet
        himmlisches Heer, das Gott lobte:                        draußen vor den Toren in einem armseligen
        Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Men-           Viehstall.
        schen auf Erden.
        Und die Hirten sagten zueinander: Auf, lasst uns      Evtl. Lied, das sehr gut passt, aber etwas schwierig
        nach Bethlehem gehen! (nach Lk 2,8 –15)               ist (Unterstützung durch Instrumentalisten und Scho-
                                                              la, auch als Kanon): GL 447: „Die Gott suchen, die
     Lied: Als ich bei meinen Schafen wacht, GL 246           Gott suchen, denen wird das Herz aufleben, denen
                                                              wird das Herz aufleben“.
     B) Guter Gott,
        schicke Deine Engel auch in unsere Nacht-             Sonst
        wache.                                                C): Auch heute ziehen Kinder als „Sternsinger“, als
        Bestärke unsere Sehnsucht nach Frieden.                   „Drei Könige“, von Haus zu Haus und wünschen
        Lass uns mit unserer Furcht vor allem Dunkel              uns Gottes Segen.
        nicht allein.                                             Lied: Stern über Bethlehem, zeig uns den Weg,
        Lass uns aufbrechen und einstimmen in den                 GL 261
        himmlischen Lobgesang!
                                                              A) Bitte nehmen Sie nochmals die Bild-Text-Karte
     Lied: Engel auf den Feldern singen GL 250, Str. 1–3         zur Hand. Vielleicht kann die Karte Sie in den
                                                                 nächsten Tagen ein wenig begleiten und an un-
     Stille                                                      sere Feier erinnern. Auf der Rückseite steht ein
                                                                 Text, der unser Suchen in Worte fasst und auch
                                                                 unsere Hoffnung, zu finden, was unser Leben
                                                                 trägt und unserem Leben Sinn und Halt gibt.
                                                                 Lesen wir gemeinsam:

14
PRAXIS

Alle:                                                         A) (bzw. Priester oder Diakon)
                         Suche                                   So begleite uns und unsere Lieben der Segen
       Frieden mit mir, mit anderen, in der Welt.                Gottes durch diese Tage:
             Verlässlichkeit in Beziehungen,
    ein gutes Miteinander von Mensch und Natur.                   Guter Gott,
             Ein Leben lang eine Aufgabe,                         nimm uns an mit unserer Sehnsucht, unserem
           denn nichts ist selbstverständlich.                    Hoffen und unseren zaghaften Schritten.
                  Immer auf dem Weg.                              Du bist mitten unter uns Mensch geworden –
             Suchend nach dem, was trägt                          bleibe bei uns mit Deiner Nähe, mit Deinem
           als Empfangende und Gebende,                           Segen.
          mit allen Erfahrungen und Zweifeln,                     So segne und behüte uns: Der Vater – der Sohn
      aufeinander angewiesen und miteinander                      – und der Heilige Geist.
                       verbunden.                             Alle: Amen
            Bis zum Lebensende Suchende,
              hoffend am Ende zu finden,                      A) Lasst uns bleiben in seinem Frieden!
          was anfanghaft schon immer da ist.                  Alle: Dank sei Gott dem Herrn.

                 (Elfi Eichhorn-Kösler)                       B) Vielen Dank allen, die an dieser Feier mitgewirkt
                                                                  haben (evtl. nennen und kleines Präsent geben).
Wunsch                                                            Am Ausgang finden Sie ein Körbchen mit der
                                                                  Bitte um eine Spende für das Caritas-Babyhos-
Lied: Suchen und fragen, GL 457                                   pital in Bethlehem. Auch können Sie gerne noch
                                                                  weitere Bild-Text-Karten für Ihre Weihnachtspost
A) Wir wünschen Ihnen, dass Gottes „Ja“ zu jedem                  erstehen. Ihnen einen guten Heimweg (bzw. ein
   von uns Mut macht zum Suchen und Fragen,                       frohes Beisammensein bei Kaffee und Kuchen)
   zum Hoffen und Seh´n, zum miteinander Glau-                    und hoffentlich ein baldiges Wiedersehen!
   ben und sich Versteh´n.
                                                              Instrumentalmusik
B) Wir wünschen Ihnen, dass Ihnen in diesen
   Tagen gelingt, was wir im Lied besungen haben:             Bernhard Kraus
   Lachen, sich öffnen, tanzen, befrein.

C) Wir wünschen Ihnen noch einen guten Weg
   durch die Adventszeit, sodass Sie frohen Her-
   zens Weihnachten feiern können.

         „Ich fühle mich auch immer wie eine Spurensucherin, die hinterherläuft.
         Ich suche eine Wahrheit, eine Ganzheit, die ich nicht greifen kann …
         letztendlich auch Gottes Spuren in meinem Leben“
         Kerstin Rehbein, die Künstlerin der Adventskarte 2018
         (in einem Film über die Ausstellung Lebensklänge in YouTube)

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PRAXIS

     Suchet und ihr werdet finden
     Seniorennachmittag
     Etwas zu suchen ist uns allen vertraut. Suchen           Wenn die Mutter schimpft weil im Zimmer so
     ist ein aktiver Prozess, ein Bemühen etwas ganz          richtiges Chaos herrscht und alles durcheinander
     bestimmtes zu finden was bisher noch nicht da ist.       liegt, sodass man keine Übersicht mehr hat und
     Das Suchen ist somit mit einem Wunsch oder einer         lange braucht bis man etwas findet sagt der
     Sehnsucht verbunden z.B. etwas zu finden, was            Sohn:
     verloren ging, oder etwas herauszufinden, was man        Wer Ordnung hält ist nur zu faul zum Suchen.
     noch nicht weiß, oder etwas zu erlangen, was man         Wenn man jemand für ungeschickt oder dumm
     noch nicht hat, oder etwas zu entdecken, was man         hält und derjenige trotzdem Erfolg hat, wird diese
     noch nicht kennt, oder etwas anzustreben, was            Redewendung benutzt. Sie handelt von einem
     erfüllend erscheint. Diese unvollständige Liste an       Tier auf dem Bauernhof, das gerne Samen pickt.
     unterschiedlichen Suchvorgängen zeigt, dass wir ein      Wie heißt die Redewendung?
     Leben lang Suchende sein werden, auch wenn wir           Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn.
     immer wieder finden, was wir gesucht haben.              Wenn jemand immer irgendetwas zu bemängeln
                                                              hat und solange nach dem schaut, was nicht
     Lebensgeschichtliches Erzählen                           stimmt dann sagt man diese Redewendung. Sie
     Jede Tischgruppe erhält ein Kartenset mit folgenden      besteht aus einer warmen Vorspeise und etwas,
     Begriffen: Geborgenheit – Anerkennung – Glück            was wir auf dem Kopf haben. Wie heißt diese
     – Hilfe – Liebe – Schnäppchen – Beziehungen –            Redewendung?
     Geschenk – Verlässlichkeit – Lebenssinn – Arbeit         Das Haar in der Suppe suchen.
     – Zuhause – Gott – Heimat – Wissen – Partner/in –        Wenn jemand nach der Lösung einer Aufgabe
     Freunde                                                  sucht, die eigentlich unlösbar ist, gebraucht man
                                                              diese Redewendung. In Ihr ist von zwei geomet-
     Schauen Sie sich die Begriffe an und überlegen Sie,      rischen Formen die Rede, von einer runden und
     ob etwas dabei ist, das Sie in Ihrem Leben gesucht       einer eckigen. Wie heißt diese Redewendung?
     und gefunden haben. Erzählen Sie sich dann gegen-        Nach der Quadratur des Kreises suchen.
     seitig Ihre Erlebnisse:
        Was haben Sie gesucht?                             Bildbetrachtung Karte „Suche“
        Weshalb haben Sie dies gesucht?                    Betrachten Sie die Karte, die den Titel „Suche“ trägt.
        Wie war es, als Sie das Gesuchte gefunden ha-         Was sehen Sie? Beschreiben Sie möglichst ge-
        ben? Was hat sich dadurch erfüllt/verändert?          nau, was Sie auf dem Bild entdecken können.
                                                              Teilnehmende äußern sich
     Redewendungen erraten (Langzeitgedächtnis)               Welche Gefühle löst das Bild und die Farben bei
     Wir suchen miteinander Redewendungen, die mit            Ihnen aus?
     „Suchen“ und „Finden“ zu tun haben. Ich umschrei-        Teilnehmende äußern sich
     be diese und Sie versuchen diese zu erraten.             Wenn Sie das Bild mit dem Titel „Suche“ in Ver-
        Wenn etwas ganz schwierig und nahezu un-              bindung bringen, was fällt Ihnen dann dazu ein?
        lösbar erscheint, benutzt man diese Redewen-          Teilnehmende äußern sich
        dung. In der Redewendung wird von einem sehr
        kleinen spitzen Gegenstand gesprochen, den die     Die Menschen auf dem Bild sind auf dem Weg. Wir
        Schneiderin braucht und von einem Ballen von       können nicht genau erkennen ob sie auf uns zu oder
        geschnittenem Gras. Wie heißt diese Redewen-       von uns weggehen. Zwei Menschen sind eng beiei-
        dung?                                              nander. Die andere Person hält Abstand zu den an-
        Die Stecknadel im Heuhaufen suchen.                deren. Ein Paar und ein Single? Sie bewegen sich im

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PRAXIS

Freien, in ihrer Umwelt. Dies zeigen die Blattabdrü-       Bei jemand anklopfen ist oft nicht leicht. Es erfor-
cke auf dem Bild. Fallende Blätter suggerieren uns,        dert die eigene Scheu zu überwinden und seine
dass es Herbst ist. Vielleicht sind diese Menschen         Hilfsbedürftigkeit zu zeigen. Welche Erfahrungen
im Herbst des Lebens, im Ruhestand. Eine Zeit der          haben Sie mit „anklopfen“ gemacht?
Entpflichtung, in der Menschen mehr Ruhe haben,
um sich auf sich selbst zu besinnen und dem nach-       Diese Bibelstelle macht deutlich, dass wir bitten
zuspüren, was für sie in ihrem Leben wichtig und        dürfen und dass wir suchen und anklopfen müssen.
bedeutsam war und ist. Ein Foto kann hier hilfreich     Dies beinhaltet ein aufrichtiges, ernsthaftes Bemü-
sein, das Erinnerungen weckt. In der Rückschau auf      hen und einen langen Atem. Wir müssen dranblei-
das Leben können Menschen sehen, was sie erlebt,        ben und Ausdauer haben und dürfen in unseren Ge-
erfahren, erlitten, bewegt, ertragen, geschafft und     beten nicht erlahmen und ermatten. Gott hört jedes
erreicht haben. Welche Wünsche und Sehnsüchte           Gebet und lässt niemand in der Not einfach allein.
erfüllt wurden und was offen blieb. Aber auch was       Die Bibelstelle sagt auch, macht euch keine Sorgen.
noch nicht gefunden wurde, was neu angegangen           Gott wird euch geben, was ihr braucht. Allerdings zu
oder angepackt werden kann. In der Lebensphase          dem Zeitpunkt, den er wählt und auf seine Weise.
Alter werden Menschen mit der eigenen Endlich-
keit konfrontiert, da der längste Lebensabschnitt       Dass wir als Suchende unterwegs sind und Gott mit
hinter ihnen liegt. Dies wirft neue Fragen auf, deren   uns diesen Weg geht, wird in dem Lied: „Suchen
Antwort gesucht wird z.B. Wohin geht mein Weg?          und fragen, hoffen und sehn“ (Gotteslob Nr. 457)
Worauf kann ich hoffen und vertrauen? Wird meine        deutlich. Dieses Lied singen wir nun gemeinsam.
lebenslange Suche beendet? Was erwartet mich?
Worum kann und darf ich bitten?                         Zum Abschluss unserer Auseinandersetzung mit
                                                        Suchen und Finden lesen wir miteinander den Text
In der Bergpredigt (Mt 7,7–11) macht Jesus deutlich,    auf der Karte
dass wir Gott bitten dürfen. Hier steht:                Alle lesen gemeinsam
                                                        Diese Hoffnung begleite Sie, heute und alle Tage
Vom Vertrauen beim Beten                                Ihres Lebens. Amen.
Bittet und es wird euch gegeben; sucht und ihr
werdet finden; klopft an und es wird euch geöffnet!     Einen guten Heimweg und viele Freude und Zuver-
Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet;   sicht bis zum Wiedersehen beim nächsten Treffen.
und wer anklopft, dem wird geöffnet. Oder ist einer
unter euch, der seinem Sohn einen Stein gibt, wenn      Elfi Eichhorn-Kösler
er um Brot bittet, oder eine Schlange, wenn er um
einen Fisch bittet? Wenn nun ihr, die ihr böse seid,
euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel
mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes ge-
ben, die ihn bitten.

Austausch in der Tischgruppe
Jede/r erhält eine Kopie der Bibelstelle mit den
Impulsen
Kommen Sie miteinander ins Gespräch
   Was löst diese Bibelstelle bei Ihnen aus?
   Wie deuten Sie diese Stelle?
   In welchen Situationen haben Sie gebetet und
   eine Bitte vor Gott gebracht? Was hat dies be-
   wirkt?

                                                                                                                  17
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