AUDIT COMMITTEE QUARTERLY - SPORTS GOVERNANCE - EXTRA
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Audit Committee Quarterly ex t ra das magazin für corporate governance Gefördert durch Audit Committee Institute e.V. Sp orts Gov ern a nce
EDITORIAL Die Pandemie und der Sport Das Jahr 2020 wird im Gedächtnis bleiben. Weltweit beherrscht die Corona-Pandemie die Schlagzeilen. Die Maßnahmen gegen die allzu rasche Ausbreitung von Covid-19 haben in vielen Ländern zu einer starken Rezession bis hin zum zeitweisen Stillstand des gesell- schaftlichen und kulturellen Lebens geführt. Auch der Sport ist massiv betroffen. Spielverbote und Geister- spiele haben für viele Menschen etwas von einem bedrohlichen Ausnahmezustand. Es fehlt etwas Wich- tiges für das Gefühl von Alltag und Normalität. Der sportliche Wettkampf ist ein soziales Ereignis, bei dem man sich aus Anlass der schönsten Nebensache begegnet, ein Gemeinschaftserlebnis, das Identität stiftet, Spaß macht, manchmal auch Spannungen abbaut, wenngleich damit nicht gewalttätige Formen der Hooligans gemeint sind. Ohne den Jubel, die Anfeuerungsrufe, die Stadionwellen wirkt auch ein Finale der Champions League irgendwie fad. © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Menschen leiden unter der Virusinfektion, andere leiden unter den Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus. Gewerbebetriebe stehen vor der Insolvenz oder haben sie schon hinter sich. Auch wirtschaft- lich geführte Fußballvereine werden 2020 nicht als Erfolg buchen können. Bei vielen wächst Verstimmung, bei manchen sogar die Wut. Im A ugust haben Zehntausende in Berlin und in London gegen die Corona-Beschränkungen demonstriert, in einer – wohlwollend formuliert – recht bunten Mischung. Die Sinnhaftigkeit und Verhält- nismäßigkeit des Lockdowns sind umstritten. Aber die Bilder von Bergamo waren keine mediale Täuschung, sondern echt. Und wenn Prof. Dr. jur. Dr. sc. pol. Udo Di Fabio sich ein Land wie Deutschland mit seinen Begrenzungsmaßnahmen, war bis Ende 2011 Richter des Bundes verfassungsgerichts, er wirkt heute seinem Gesundheitssystem und der Vernunft seiner Bürger bislang an der Universität Bonn als Inhaber des im internationalen Vergleich sehr gut schlägt, dann sollte man aus der Lehrstuhls für Öffentliches Recht. niedrigen Zahl schwerer Verlaufsfälle nicht schlussfolgern, eine reale Gefahr habe gar nicht bestanden, alles sei nur übertriebene mediale Reaktion. Die Tücke des Virus und seine Entwicklung sind immer noch nicht ganz klar, die Frage nach dem Impfstoff offen. Dennoch gehen wir Schritt für Schritt den Weg zurück zu unserer bekannten Entfaltungsfreiheit, soweit man es eben verantworten kann. Die Wiederzulassung der großen sportlichen Massenveranstaltung steht vielleicht erst am Ende dieses Weges, aber die ersten Schritte zur Zulassung von größeren Zuschauerzahlen sind gemacht. Bei allen Schäden, mit denen wir umgehen müssen, so ist doch auch eines sichtbar geworden. Der Umgang mit der Pandemie ist an vielen Stel- len nicht nur von Bund und Ländern angeordnet und befohlen, son- dern auch selbstregulativ von Gewerbetreibenden oder Vereinen umgesetzt worden. Freiheit ist immer auch die Einsicht in das Not- wendige. Jeder entfaltet sich dann in vorbildlicher Weise, wenn er die Rechte und das Anderssein des Anderen mit auf dem Radarschirm seiner eigenen Weltdeutung hat. In einer fragmentierten Gesellschaft fehlt es daran manchmal, wenn allzu viele im Alltag vereinzelte Men- schen sich in den Blasen des Netzes verirren, mit allerlei Verschwö- rungstheorien und kruden Wirklichkeitsannahmen. Dann ist es gut, wenn Vereine und Verbände des organisierten Sports mit ihrer inne- ren Regelbildung und Ordnungskraft auch ein Stück Mitte der Gesell- schaft repräsentieren. Die Anstrengung, den Sport lebendig, verant- wortlich und anständig zu halten, muss von innen kommen. Den Wert dieser Anstrengungen werden wir nach Ende der Krise in der Rückschau vermutlich noch besser erkennen können. Prof. Dr. jur. Dr. sc. pol. Udo Di Fabio © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
i n h alt Sp o r t s G o v e r n a n c e 2 E ditorial A us der Pr a xis Prof. Dr. jur. Dr. sc. pol. Udo Di Fabio 30 er deutsche Profifußball muss den Sport wieder D an die Spitze setzen und braucht ein »wirtschaft- A nstoss liches Hygienekonzept« Interview mit Oke Göttlich 6 Sports Governance – nicht sexy, aber zielführend Dr. Alexander Juschus und Prof. Dr. Kai C. Andrejewski 34 Interview mit Manfred Hülsmann 9 Rechtsformen der Fußballklubs Saison 2020 / 2021 36 ereinspolitik soll Vereinssache bleiben – V Dr. Alexander Juschus Vermeidung externer Einflussnahme Stephan A. C. Schippers F uSSball und 38 Interview mit Michael Krall (wissenschaftliche) Analyse 41 Fußball bleibt in erster Linie immer ein Sport, 10 Ausgliederungen von Profifußball-Abteilungen der die Kraft hat, eine Gesellschaft positiv zu auf Aktiengesellschaften verändern und zu gestalten Univ.-Prof. Dr. Sebastian Mock, LL.M. (NYU), Herbert Hainer Attorney-at-Law (New York) 44 nsere Fans sagen: »Wir sind deutscher Meister U 14 What’s the common purpose? geworden, nicht der Scheich« Prof. Dr. Henning Vöpel Interview mit Hans-Joachim Watzke 16 Die strukturellen Risiken der Fußball-Bundesliga. 46 Interview mit Ilja Kaenzig Anmerkungen aus sportökonomischer Sicht Prof. Dr. Christoph Breuer 49 Interview mit Dr. Jan Lehmann 18 Was läuft schief in der Finanzierung der Fußball- 52 Interview mit Klaus Filbry Bundesliga? Peter Thilo Hasler 56 Interview mit Per Mertesacker 22 Nachhaltigkeitsmanagement im Profifußball H erzblut – Die Fans Prof. Dr. Remmer Sassen 60 Interview mit Peter Lohmeyer 25 iderstandskraft der Bundesligisten stärken: W Eigenkapitalbasis verbessern, Finanzbeteiligung 64 arum ein Lied in der 67. Minute mehr über W von Mitgliedern und Fans ermöglichen, Vereins Fußball erzählt als die soundsovielte Meister- logik stärken schaft in Folge Prof. Dr. habil. Stefan Prigge Dr. Lorenz Zwingmann 28 ach der Krise ist vor der Krise – was müssen N 66 ußball: von der Ratio zur Emotion – F Vorstand und Aufsichtsrat eines Bundesligisten Spiegelbild der Gesellschaft bei Transferentscheidungen beachten? Gesprächsteilnehmer: Prof. Dr. Kai C. Andrejewski, Ulrich Reers und Dr. Sebastian Beyer, LL.M. (Auckland) Ulrich Balke, Ralph Fischer und Dr. Knut Tonne F uSSball und Ethik 72 ie Verantwortung von Sportorganisationen D aus ethischer Sicht Hans-Joachim Eckert 74 Impressum 75 Bestellformular 4 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Fußball – weit mehr als eine Freizeitbeschäftigung. Fußball ist das Brennglas für viele gesellschaftliche Entwicklungen und ein Thema, welches uns alle im positiven Sinne emotional berührt. Die Bundesliga ist aber auch ein enormer Wirtschaftsfaktor. Doch wie steht es um das Geschäftsmodell der Liga – und des Amateur- sports? Wie könnten die G eschäftsmodelle der Vereine nachhaltig modernisiert werden? Und wie ist die Governance ausgestaltet? Fragen wie diese werden auf den folgenden Seiten u. a. aus Sicht der Wissenschaft, von Experten aus den Vereinen und Fans beleuchtet – und auch kontrovers diskutiert. Die Auswahl der Vereine erfolgte rein zufällig und stellt keinerlei Wertung dar. Wir möchten ein aktuelles Stimmungsbild zeichnen und eine Diskussionsgrundlage geben, denn wir wissen, auch mit Videobeweis ist nicht immer klar, ob es jetzt Elfmeter war oder nicht! Die Redaktion Sports Governance 5 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Dr. Alexander Juschus ist Vorsitzender des Sports Governance e.V. i. Gr. und geschäftsführender Gesellschafter der Governance & Values GmbH. Neben Veranstaltungen zum Thema Governance und Finance im Sport ist er auch Mitautor der Studienreihe »Governance in der Fußballbundesliga«, welche Ende des Jahres mit einer Erweiterung um die 2. Bundesliga wieder erscheinen wird. Sports Governance – nicht sexy, aber zielführend Autoren: Dr. Alexander Juschus und Prof. Dr. Kai C. Andrejewski 6 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Prof. Dr. Kai C. Andrejewski ist Regionalvorstand Süd der KPMG AG Wirtschafts prüfungsgesellschaft und Leiter des Audit Committee Institute. Grundsätzlich werden wir uns alle darüber einig sein, Sports Governance als Schlüssel dass nicht nur der Fußball, sondern auch die olympi- zu mehr Erfolg, materiell, ideell schen Sportarten in den vergangenen Jahren alles und sportlich andere als ein gutes Bild abgegeben haben. Denken wir nur an die vielen Bestechungsskandale im Fußball, Um dem ganzen Konzept eine Form zu geben und es die verschiedensten Dopingaffären bei olympischen auf den Sport zu übertragen, könnte man den noch Sportarten, den sexuellen Missbrauch oder die Miss- ziemlich jungfräulichen Begriff »Sports Governance« in wirtschaft in vielen Vereinen und Verbänden. Vorbild- Anlehnung an die Definition der OECD zur Corporate haft war das nicht, und man fragt sich, wann und wo Governance wie folgt mit Leben füllen: »Gegenstand der nächste Skandal aufgedeckt wird. der Sports Governance ist das Geflecht der Bezie hungen zwischen der Leitung einer Organisation, z. B. Ähnlich war es, zu Beginn des neuen Jahrtausends, eines Vereins oder Verbands, ihrem Aufsichtsorgan auch auf dem Kapitalmarkt, als Enron, Worldcom, Tyco und ihren Stakeholdern. Die Sports Governance liefert und zahlreiche andere Unternehmensskandale die zudem den strukturellen Rahmen für die Festlegung Finanzwelt durcheinanderwirbelten und für das Ende der Organisationsziele, die Identifizierung der Mittel der Dotcom-Blase sorgten. Letztendlich ebneten aber und Wege zu ihrer Umsetzung und die Modalitäten diese Skandale den Weg für Reformen im Bereich der Erfolgskontrolle. guter Unternehmensführung. Auch wenn das norma- tive Umfeld und treuhänderische Pflichtgefühl im Einfacher gesagt: Sports Governance ist der Schlüssel Kapitalmarkt heute noch alles andere als perfekt sind, zu mehr Erfolg, materiell, ideell und sportlich. Dadurch wie zuletzt der Fall Wirecard zeigt, ist gute Corporate werden auch wichtige Voraussetzungen für die Ver- Governance in der Unternehmens- und Finanzwelt mittlung des Ethos des Sports geschaffen. mittlerweile fest verankert und von allen Marktteilneh- mern akzeptiert. Governance – (k)ein Thema im Unbestritten ist mittlerweile auch, dass Unternehmen Sportgeschäft mit einer guten Corporate Governance wertstabiler und krisenbeständiger sind. Weitere positive Nebeneffekte Wo liegen die Herausforderungen auf dem Weg zu wie eine gesteigerte Reputation (ein nicht zu vernach- einer guten Unternehmens- und Organisationsfüh- lässigendes Argument für Klubs und Verbände), ver- rung – für den Sport im Allgemeinen und den Fußball besserte Finanzierungsmöglichkeiten und effizientere im Besonderen? Strukturen sollen nicht unerwähnt bleiben. Da ist zum einen das Bewusstsein. Viele Verantwortli- che haben die Risiken einer schlechten und Möglich- keiten einer guten Governance noch nicht erkannt. Sie haben sich schlichtweg noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt. Dies überrascht, zumal oftmals Nuancen – auch neben dem Spielfeld – über den sportlichen Erfolg entscheiden. Von daher würde man erwarten, dass alle Register gezogen werden sollten, um sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Also ähnlich wie beim Doping – nur legal. Durch ein transparentes und verantwortungsvolles Auf- treten kann man nicht nur seine Stakeholder überzeu- gen, sondern auch die Öffentlichkeit. Sports Governance 7 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Die Veröffentlichung der Finanzkennzahlen durch die Welche Lösungsansätze bieten sich? DFL1 ist diesbezüglich ein erster Schritt in die richtige Richtung. Viele Klubs und Verbände sollten nun die- Im Kapitalmarkt hat die Einführung des Deutschen Corporate Gover- sem Beispiel folgen und ebenfalls mehr Transparenz nance Kodex über die Jahre den gewünschten Erfolg gebracht. an den Tag legen. Zum Beispiel sind Kurzlebensläufe Unternehmen berichten transparent über ihre Vorstellungen guter der Verantwortlichen, Leitbilder bzw. Verhaltenskodi- Unternehmensführung, ihre Strukturen und die etablierten Prozesse. zes oder ein veröffentlichter Bericht der Verwaltung für Mittlerweile ist der Kodex, trotz der einen oder anderen berechtigten die Vertrauensbildung hervorragende und kostengüns- Kritik, fest etabliert. Hieran anknüpfend bietet sich eine Diskussion tige Mittel. zur Einführung eines Sports / Fußball Governance Kodex an, der auch ökologische und soziale Elemente beinhalten könnte. Nachhaltige Finanzplanung schafft In Großbritannien ist man diesen Schritt für die olympischen Sicherheit und Vertrauen Sportarten bereits gegangen. Der »Code for Sports Governance«2, dessen Befolgung die Voraussetzung für finanzielle Unterstützung Entscheidend für das Wohl und Wehe eines Vereins ist durch die Regierung und die nationale Lotteriegesellschaft ist, findet auch das Meistern des Spagats zwischen sportlichem nach anfänglichen Diskussionen (insbesondere mit dem Tischtennis- Erfolg auf der einen Seite und der wirtschaftlichen verband) nun allgemein Anerkennung. Vernunft auf der anderen. Erfolgreich ist man entwe- der nur mit einer großen Risikobereitschaft oder einer In der neuesten Studie von Juschus / Leister / Prigge zur Corporate langfristigen und nachhaltigen Planung. Letzteres ist im Governance in der Fußballbundesliga 3, welche Ende dieses Jahres, schnelllebigen Fußballgeschäft für die meisten Stake- mit einer Erweiterung um die 2. Bundesliga, wieder erscheinen wird, holder aber so attraktiv wie ein Glas Leitungswasser. war zu sehen, dass viele Vereine sich bereits Leitbilder oder Verhal- Der Preis, welcher für das hohe Risiko beim Ausbleiben tenskodizes geben. Dies deutet darauf hin, dass die Vereine einer des Erfolgs hierfür gezahlt wird, lässt sich am besten Richtlinie oder einem Kodex gegenüber aufgeschlossen sein könnten. in den unteren Ligen festmachen. Hier haben in den letzten 20 Jahren 110 Vereine Insolvenz angemeldet – Eine weitere Möglichkeit bietet sich durch eine Anpassung der DFL- 111, wenn man den 1. FC Kaiserslautern mitzählt. Doch Lizenzierungsordnung. So empfiehlt es sich, Elemente guter Unter- auch die Finanzkennzahlen vieler etablierter Klubs nehmensführung aufzunehmen, welche unstrittig sein müssten. Zum geben einen guten Einblick in eine verfehlte und von Beispiel sollte ein Antragsteller ein hinreichend unabhängiges und kurzfristigem Erfolgsdenken geprägte Investitionspoli- qualifiziertes Aufsichtsgremium vorweisen, sein Risikomanagement- tik. Hier ist also ein Umdenken hin zu einer nachhalti- system erläutern sowie einen Verantwortlichen für Compliance gen Finanzplanung notwendig. Viele Bundesligaklubs benennen. haben Umsätze und Mitarbeiterzahlen, welche mit Unternehmen im SDAX vergleichbar sind. Somit haben Eine Ausweitung des Financial Fairplay bietet sich ebenfalls an, sie auch eine gesellschaftliche Verantwortung, der sie wird aber für sich allein noch nicht ausreichen, da auch strukturelle gerecht werden müssen. Defizite adressiert werden müssen. Zu guter Letzt ergibt sich hieraus auch eine Rechen- schaftspflicht. Bereits jetzt gibt es viele Klubs, welche Eigeninitiative statt Regulierung im Bundesanzeiger ausführlich über ihre jeweiligen Geschäftsjahre berichten. Auch wenn hier noch Luft In jedem Fall wird Sports Governance in den nächsten Jahren an nach oben ist, lässt sich hierauf aufbauen. Stakeholder Bedeutung gewinnen. Auch die Politik weiß, dass sie ihre Hausauf- sollten eine gute Vorstellung über die Geschäftstätig- gaben machen muss. Ansonsten braucht sie an eine erneute Bewer- keit bekommen. Denn nur so lässt sich Vertrauen auf- bung um Olympische Spiele gar nicht erst zu denken. Die Stakehol- bauen und proaktiv Zweifel zerstreuen. Leider gibt es der und die Öffentlichkeit werden sicherlich in ihrer Erwartung an aber auch viele Klubs, die dieser Form der Transparenz eine verantwortungsvolle und nachhaltige Unternehmensführung der nicht folgen. Schade. Klubs und Verbände anspruchsvoller und ungeduldiger. Noch kön- nen die Protagonisten Tempo und Ausgestaltung ihrer Sports Gover- nance selbst bestimmen. Sie sollten das Heft des Handelns aber selbst in die Hand nehmen und ihre Sports Governance selbst erar- beiten, bevor jemand anders die Spielregeln festlegt. 2 https://www.uksport.gov.uk/resources/governance-code 1 https://www.dfl.de/de/hintergrund/lizenzierungsverfahren/finanzkenn- 3 https://www.zcgdigital.de/ce/das-corporate-governance-monitoring-der-ersten-fussballbun- zahlen-der-proficlubs/ desliga-2017-2018/_sid/PEUZ-714964-Snc6/detail.html 8 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
1. Bundesliga Name Rechtsform 1. FC Köln GmbH & Co. KGaA 1. FC Union Berlin e.V. Bayer 04 Leverkusen GmbH Rechtsformen Borussia Dortmund Borussia VFL 1900 Mönchengladbach GmbH & Co. KGaA GmbH DSC Arminia Bielefeld GmbH & Co. KGaA der Fußballklubs Eintracht Frankfurt Fußball FC Augsburg 1907 AG GmbH & Co. KGaA FC Bayern München AG Saison 2020/2021 Fußball-Club Gelsenkirchen-Schalke 04 Fußball- und Sportverein Mainz 05 Hertha BSC e.V. e.V. GmbH & Co. KGaA RasenBallsport Leipzig GmbH Sport-Club Freiburg e.V. SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH VFB Stuttgart 1893 AG VFL Wolfsburg-Fußball GmbH 2. Bundesliga Name Rechtsform 1. Fußballclub Heidenheim 1846 e.V. 1. Fußball-Club Nürnberg e.V. Fortuna Düsseldorf 1895 e.V. Fußballclub Erzgebirge Aue e.V. Fußball-Club St. Pauli von 1910 e.V. Hannover 96 GmbH & Co. KGaA HSV Fußball AG Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA Karlsruher Sport-Club Mühlburg-Phönix GmbH & Co. KGaA Kieler Sportvereinigung Holstein von 1900 e.V. SC Paderborn 07 GmbH & Co. KGaA SpVgg Greuther Fürth GmbH & Co. KGaA SV Darmstadt 98 e.V. SV Sandhausen 1916 e.V. VFL Bochum 1848 GmbH & Co. KGaA VFL Osnabrück GmbH & Co. KGaA Autor: Dr. Alexander Juschus 3. Liga Name Rechtsform 1. FC Kaiserslautern GmbH & Co. KGaA 1. FC Magdeburg Spielbetriebs GmbH 1. FC Saarbrücken e.V. FC Bayern München II AG F. C. Hansa Rostock e.V. FC Ingolstadt 04 Fussball GmbH FC Viktoria Köln 1904 Spielbetriebs GmbH Fussball-Sport-Verein Zwickau e.V. Hallescher Fußballclub e.V. KFC Uerdingen 05 Fußball GmbH MSV Duisburg GmbH & Co. KGaA SG Dynamo Dresden e.V. Sportclub Verl von 1924 e.V. SpVgg Unterhaching Fußball GmbH & Co. KGaA SV Meppen e.V. 1912 e.V. SV Waldhof Mannheim 07 Spielbetriebs GmbH SV Wehen 1926 Wiesbaden GmbH TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA Türkgücü München Fußball GmbH VFB Lübeck von 1919 e.V. Sports Governance 9 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Ausgliederungen von Profifußball-Abteilungen auf Aktiengesellschaften Autor: Univ.-Prof. Dr. Sebastian Mock, LL.M. (NYU), Attorney-at-Law (New York) Der Fußball ist im deutschen Vereinsrecht ein verhält- im Rahmen allgemeiner Sportvereine oder spezieller nismäßig spätes Phänomen, da dieser in der Zeit der Fußballvereine organisiert war, setzte Ende des Entstehung des deutschen Vereinswesens zunächst 20. Jahrhunderts eine neue Entwicklung ein, in deren als undeutsche Sportart wahrgenommen oder auch Rahmen andere Organisationsformen eingeführt wur- als englische Krankheit betrachtet wurde. Zu Beginn den, um vor allem neue Finanzierungsmöglichkeiten des 20. Jahrhunderts kam es allerdings zu einer rasan- zu erschließen. In jüngerer Zeit erfreut sich dabei das ten Entwicklung, die u. a. durch die Gründung des Modell der Ausgliederung von Profifußball-Abteilungen Deutschen Fußball-Bundes e.V. (DFB) in Leipzig am auf (Tochter-)Aktiengesellschaften großer Beliebtheit, 28.1.1900 befördert wurde, der sich u. a. der Ordnung die allerdings nur eine Option der Umstrukturierung und Strukturierung der zahlreichen regionalen Ligen von Sportverbänden darstellt. und Vereine annahm. Auch wenn der Fußball fortan 10 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Univ.-Prof. Dr. Sebastian Mock, LL.M. (NYU), Attorney-at-Law (New York), ist seit 2018 Inhaber des Lehrstuhls für Zivil- und Unternehmensrecht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Seine Forschungs schwerpunkte sind neben dem Bilanzrecht vor allem das Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Grundmodell der Profifußball-AG Erhöhter Finanzierungsbedarf und Veränderung der ökonomischen Grundlagen des Profifußballs Die Gründung einer solchen Tochter-AG durch einen Der in den deutschen Bundesligen und den europäi- Sportverein ist inzwischen ein im Profifußball relativ schen Wettbewerben organisierte Fußball hat in den verbreitetes Organisationsmodell. So waren in der vergangenen 30 Jahren einen enormen ökonomischen Saison 2019 / 2020 in der 1., 2. und 3. Bundesliga zahl- Wandel durchlebt. Während bis in die 1970er-Jahre reiche Teilnehmer in der Rechtsform der Aktiengesell- ein Großteil der bei deutschen Vereinen spielenden schaft organisiert (FC Bayern München AG [seit 2001], Fußballer noch nebenberuflich tätig war und von den Eintracht Frankfurt Fußball AG [seit 2001], HSV Fuß- Vereinen lediglich geringe Aufwandsentschädigungen ball AG [seit 2014] und VfB Stuttgart 1893 AG [seit erhielt, kamen in den 1970er-Jahren die ersten Voll- 2017]). Hintergrund dieser Entwicklung ist vor allem profispieler auf. Insbesondere Gehälter stiegen in der der seit Ende der 1990er-Jahre bestehende erhöhte Folge schnell an und sorgten für erhebliche Budget Finanzierungsbedarf der Teilnehmer der Fußball-Bun- erhöhungen bei den Vereinen, die in der Anfangszeit desligen und die fehlende Eignung der Rechtsform vor allem noch durch steigende Sponsoreneinnahmen des eingetragenen Vereins. ausgeglichen werden konnten. Ein weiterer Kosten- faktor waren die ebenfalls schnell ansteigenden Trans- ferausgaben, die die Vereine aufbringen mussten, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Abbildung 1: Ausgliederung auf eine Tochter-AG des jeweiligen Vereins Letztere Entwicklung wurde durch das Bosman-Urteil des EuGH vom 15.12.1995 enorm beschleunigt, da der EuGH Transferbeschränkungen nach Ablauf der Ver- Sponsor 1 Sponsor 2 Sponsor 3 tragszeit und nationale Spielerkontingente für europa- rechtlich unzulässig erachtete. Damit wurden grenz- überschreitende Transfers erheblich erleichtert, die in Beteiligungen von insgesamt < 50 % der Folgezeit in ihrer Zahl dramatisch zunahmen, und somit wurde ein europäischer Markt für Fußballlizenz- spieler geschaffen. Diese Entwicklungen führten vor allem seit Mitte der 1990er-Jahre zu einem stetigen Sportverein Anwachsen der Gesamtaufwendungen der an der Bundesliga teilnehmenden Verbände, denen allerdings Ausgliederung gleichwohl immer neue Umsatzrekorde gegenüber- Profisport-AG standen. So konnte die Deutsche Fußball Liga GmbH in ihrem jährlichen Wirtschaftsreport 2020 den 15. Um- satzrekord in Folge und – für die Erstligisten – das erst- malige Überschreiten der Vier-Milliarden-Euro- Umsatzmarke vermelden. Die Personalaufwendungen für Spieler betrugen dabei bei allen Erstligisten ca. 1,4 Mrd. EUR, bei denen Transferausgaben noch nicht inbegriffen sind. Vergleicht man dies mit der Situation im Jahr 2004 / 05 wird die rasante Entwicklung deutlich, da der Gesamtumsatz seinerzeit noch bei 1,5 Mrd. EUR lag und sich somit in den vergangenen 15 Jahren um ca. 266 Prozent erhöht hat. Umgekehrt betrugen die Personalkosten für den Spielbetrieb der 1. Bundes- liga 2002 / 2003 lediglich ca. 28 Mio. EUR und haben sich aus heutiger Sicht um den Faktor 50 (!) erhöht. Sports Governance 11 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Fehlende Eignung der Rechtsform des eingetragenen Vorteile des Ausgliederungsmodells Idealvereins Die Bewältigung dieses Finanzierungsbedarfs stellte die in der Die Vorteile der Ausgliederung auf eine Tochtergesell- Rechtsform des eingetragenen Vereins organisierten deutschen schaft bestehen vor allem in der flexiblen und unpro Fußballvereine vor enorme Herausforderungen. Das Hauptproblem blematischen Kapitalgewinnung durch Ausgabe von der Organisationsform des eingetragenen Idealvereins sind die Aktien. Auch wenn der Verein wegen der 50 +1-Regel beschränkten Eigenkapitalfinanzierungsmöglichkeiten. So wird das niemals mehr als 50 Prozent der Aktien an Investoren deutsche Vereinsrecht von dem Grundsatz geprägt, dass eine Per- ausgeben darf, besteht grundsätzlich die Möglichkeit son nur über eine Mitgliedschaft verfügen kann, womit Mehrfach einer unbegrenzten Ausgabe neuer Aktien, da die bis- beteiligungen an eingetragenen Idealvereinen schon der Sache nach herigen Aktionäre mit Ausnahme des Vereins dafür ausgeschlossen sind. Daher kann bei einem eingetragenen Ideal nur auf ihr Bezugsrecht verzichten müssen. Dies fällt verein keine Kapitalerhöhung durchgeführt werden, bei der ein bereits den Altaktionären aufgrund der meist nur aus ideellen bestehendes Mitglied die neuen Mitgliedschaften gegen Zahlung oder Imagegründen erfolgten Beteiligung an der AG von (Eigen-)Kapital erwirbt. Zwar kann bei einem Beitritt eines neuen nicht schwer, zumal ein tatsächlicher Markt für die Mitglieds ein sehr hohes Agio vereinbart werden. Allerdings ist das Aktien ohnehin nicht besteht. Ein weiterer zentraler neue Mitglied im Umfang dann ebenso wie alle anderen Mitglieder Vorteil der Ausgliederung ist die damit einhergehende an dem eingetragenen Idealverein beteiligt. Professionalisierung der Organisation. An der Haupt- versammlung der AG nehmen lediglich der Verein als Ein weiterer Aspekt ist die aufgrund des immer größer werdenden Hauptaktionär und die übrigen Aktionäre teil, während Geschäftsbetriebs möglicherweise bestehende Rechtsformverfeh- die Mitglieder des Vereins keine Mitwirkungsmöglich- lung bei einer Beibehaltung der Rechtsform des eingetragenen Ideal- keit haben. Daher lassen sich vor allem Personalent- vereins. Diese wirft die Frage auf, ob die Beibehaltung der Rechtsform scheidungen in einem kleinen Kreis schneller, ohne des eingetragenen Idealvereins überhaupt noch zulässig ist, da es sich öffentliche Mitgliederversammlungen und damit ohne bei den Vereinen eigentlich um wirtschaftliche Vereine (§ 21 BGB) die bei Vereinen aufgrund der unterschiedlichen Mit- handelte. Dreh- und Angelpunkt dieser Frage ist dabei, ob das in der gliederpräsenz häufig auftretenden Zufallsmehrheiten höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelte Nebenzweckprivileg treffen. Auch wenn die Mitglieder des Vereins durch aufgrund der Größe des Geschäftsbetriebs schon überschritten ist. eine Beschlussfassung auf der Mitgliederversamm- Ähnliche Fragen stellen sich aus Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts. lung Weisungen gegenüber dem Vereinsvorstand er- Die Konsequenz dieser Diskussionen zeigt sich etwa in Österreich, teilen können, dringen diese aufgrund der eigenver- wo nach einem Erlass des Finanzministeriums aus 2015 Sportvereine antwortlichen Leitung der Tochter-AG durch deren die Gemeinnützigkeit verlieren, wenn sie eine (wie auch immer gear- Vorstand (§ 76 AktG) und der damit einhergehenden tete) Profisportabteilung betreiben. Eine solche liegt vor, wenn mehr Weisungsfreiheit auf diese nicht durch. Schließlich als die Hälfte aller eingesetzten Spieler Profispieler sind, was schon eignet sich die Ausgliederung auf eine Tochter-AG bei einem individuellen Saisoneinkommen von mehr als 21.000 EUR auch wegen der aufgrund der Satzungsstrenge fehlen- der Fall ist. Den Verlust der Gemeinnützigkeit können die Sportvereine den umfassenden Gestaltungsmöglichkeiten. Dadurch nur durch die Ausgliederung der Profisportabteilungen auf eine (Toch- lassen sich langwierige Diskussionen und Streitigkei- ter-)Kapitalgesellschaft verhindern, weswegen insbesondere im ten in dem Ausgliederungsprozess vermeiden, da ins- Bereich des Fußballs alle Teilnehmer der 1. und 2. Österreichischen besondere die Organisationsverfassung der AG nicht Bundesliga inzwischen als Kapitalgesellschaft organisiert sind. durch etwaige Sonder- oder Widerspruchsrechte des Vereins oder seiner Mitgliederversammlung modifiziert Zulässigkeit des Ausgliederungsmodells werden kann. Das Ausgliederungsmodell ist in dieser An der Zulässigkeit der Ausgliederung der Profifußball-Abteilung auf Hinsicht sozusagen ein »take it or leave it«, was den eine AG bestehen aus sportrechtlicher Sicht heute keine Zweifel. Abstimmungsprozess auf Mitgliederversammlungen Problematisch ist und bleibt aber die vereinsrechtliche Zulässigkeit mit ggf. zehntausenden Mitgliedern deutlich einfacher aus Sicht des ausgliedernden Vereins. Diese Diskussion erlangte gestaltet. durch eine Entscheidung des AG München aus dem Jahr 2016 (AG München vom 15.9.2016 – V R 2463) einen vorläufigen Höhepunkt, da geltend gemacht wurde, dass beim FC Bayern München e.V. eine Rechtsformverfehlung vorliegt, da das Nebenzweckprivileg durch den Geschäftsbetrieb über eine Tochter-AG verletzt werden würde. Dies lehnte das AG München unter Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Nebenzweckprivileg überzeugend ab. Damit ist die Diskussion über die Reichweite des Nebenzweckprivilegs bei Sportvereinen freilich nicht abgeschlossen, sodass über der Verwen- dung der Rechtsform des eingetragenen Idealvereins in Kombination mit dem Ausgliederungsmodell stets das Damoklesschwert der Rechtsformverfehlung schwebt. 12 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Alternative Modelle der externen Ausgliederung auf eine GmbH Finanzierung von Profifußball- Weiterhin besteht auch die Möglichkeit der Ausgliede- Abteilungen rung der Profifußball-Abteilung auf eine Tochter- GmbH des Vereins, wovon etwa Borussia VfL 1900 Die Ausgliederung von Profifußball-Abteilungen auf Mönchengladbach Gebrauch gemacht hat. Bei dieser eine Tochter-AG ist allerdings nur eines von verschie- Variante bestehen aber im Vergleich zur Ausgliede- denen Modellen zur externen Finanzierung. rung auf eine Tochter-AG nicht unerhebliche Nachteile, da die Eigenkapital-Beteiligung von Sponsoren an einer Gründung einer GmbH & Co. KGaA solchen Tochter-GmbH im Wesentlichen nur durch Häufig wird auch eine Ausgliederung auf eine GmbH & eine Ausgabe von GmbH-Geschäftsanteilen möglich Co. KGaA vorgenommen, wovon etwa der 1. FC Köln, ist, was im Vergleich zur Ausgabe von Aktien weniger Borussia Dortmund, Hannover 96 oder 1860 Mün- flexibel ist. Zudem bleibt auch bei dieser Gestaltungs- chen Gebrauch gemacht haben. Bei dieser Variante variante das Weisungsrecht des Vereins gegenüber wird die Profifußball-Abteilung auf eine KGaA ausge- der Geschäftsleitung der Tochter-GmbH bestehen. gliedert, an der dann der (bisherige) Verein direkt – oder indirekt über die Zwischenschaltung einer GmbH – als Ausgliederung in eine reine Sponsoren- Komplementär beteiligt wird. Die Sponsoren werden Tochtergesellschaft hingegen nur als Kommanditaktionäre beteiligt, womit Schließlich kann die Profifußball-Abteilung auch auf die Möglichkeit besteht, eine grundsätzlich unbe- eine reine Tochtergesellschaft eines Hauptsponsors grenzte Anzahl von Aktien zur Finanzierung der KGaA ausgegliedert werden, wie dies etwa beim VfL Wolfs- auszugeben. Zentraler Vorteil dieser Gestaltungsvari- burg oder bei Bayer Leverkusen geschehen ist. Dies ante ist zudem, dass damit die für die Teilnahme an stellt sportrechtlich aber einen Ausnahmetatbestand der Bundesliga zwingend zu beachtende 50 +1-Regel dar und setzt voraus, dass sich der Hauptsponsor sozusagen automatisch umgesetzt wird, da die Kom- bereits mehr als 20 Jahre bei dem jeweiligen Verein manditaktionäre aufgrund von § 278 Abs. 2 AktG i.V. m. finanziell engagiert. Zentraler Nachteil dieser Variante § 164 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlos- ist, dass der Verein den Einfluss auf die Profifußball- sen sind und Letztere nur von dem Verein bzw. seiner Abteilung verliert, da dieser nunmehr in einer Tochter- Tochter-GmbH als Komplementär wahrgenommen Gesellschaft des Sponsors organisiert ist. wird. Zentraler Nachteil dieser Gestaltung ist aber das im Gegensatz zur Ausgliederung auf eine Tochter-AG fortbestehende Weisungsrecht des Vereins gegen- Abbildung 3: Ausgliederung auf eine meist über »seiner« Tochter-GmbH, womit eine direkte Mit- 100%ige Tochter-GmbH eines (Haupt-)Sponsors sprachemöglichkeit des Vereins bei der nunmehr in einer KGaA organisierten Profifußball-Abteilung erhal- ten bleibt. Sponsor 100 % Beteiligung Abbildung 2: Ausgliederung auf eine KGaA Sportverein Sponsor 1 Sponsor 2 Sponsor 3 Beteiligungen als Kommandit Ausgliederung Profisport-GmbH aktionäre mit bis zu 100 % Komplementär (typischerweise über eine Tochter-GmbH) Sportverein Ausgliederung Profisport-KGaA Sports Governance 13 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
What’s the common purpose? Autor: Prof. Dr. Henning Vöpel Ein Sinn-getriebener Ansatz zur Entwicklung des professionellen Fußballs im Lichte der Corona-Krise Was ist der Sinn von alledem? Diese Frage ist nicht Corona-Krise wie durch ein Brennglas offengelegt, etwa altmodisch, sondern im Gegenteil außerordent- dass der Fußball sich in einem finanziellen und morali- lich zeitgemäß. Neudeutsch spricht man von »pur schen Spannungsfeld bewegt und dabei stets sehr pose«, gemeint ist damit nicht der bloße Zweck, son- genau beobachtet wird. Ein guter Zeitpunkt vielleicht, dern der übergeordnete Sinn einer Tätigkeit. Die Frage um zu fragen: Was ist der »purpose« des Fußballs in nach dem »purpose« ist auch und gerade für den pro- einer Post-Corona-Welt und wie lässt er sich für die fessionellen Fußball sehr zeitgemäß und geradezu strategische Entwicklung des professionellen Fuß- immanent. Denn der Fußball ist nicht nur Big Busi- balls nutzen? ness, sondern zugleich Kulturgut. Das Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher Verwertung und gesell- Der professionelle Fußball und vor allem die spezifi- schaftlicher Verantwortung besteht bis heute fort, die schen Wettbewerbsanreize des Ligawettbewerbs – Grenzen haben sich zusehends, scheinbar unaufhalt- die Stichwörter hierzu sind: »rate race«, »tournament sam in Richtung Kommerz verschoben. Dabei besteht incentives«, »winner takes it all« – haben wesentlich natürlich nicht nur ein Konflikt, sondern vor allem auch dazu beigetragen, dass die meisten Fußballklubs den ein Zusammenhang: Nur weil der Fußball eine so sportlichen Erfolg zum alleinigen Maßstab und Zweck bedeutende gesellschaftliche Stellung hat, können ihres Handelns gemacht haben, denn je größer der die Akteure so viel Geld damit verdienen. Umso mehr Erfolg, desto mehr Geld fließt. Das Problem ist nur, aber gilt es, den Doppelcharakter des professionel- dass sportlicher Erfolg in einem Ligawettbewerb ein len Fußballs zu erkennen. Nun hat aber gerade die striktes Nullsummenspiel ist. Es wird nur genau ein 14 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Prof. Dr. Henning Vöpel ist Direktor und Geschäftsführer des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts Foto: Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hamburg School of Business Administration (HSBA). Verein Meister und mindestens zwei Vereine stei- Die Chance dafür ist groß, denn das Stakeholder-Umfeld des Fuß- gen am Ende jeder Saison ab. Hohe Investitionen und balls hat sich durch die Krise – ebenso wie in fast allen Bereichen der Erwartungen in Spieler platzen jedes Jahr bei vielen Gesellschaft – noch mal stark verändert, nachdem schon Bewegun- ambitionierten Vereinen; am Ende verbleiben Schul- gen wie Fridays for Future oder #BlackLivesMatter die Bedeutung den. Was hingegen kein Nullsummenspiel, sondern gesellschaftlicher Anliegen gezeigt haben. Wenn sich gesellschaftli- ein kollektives Gut, ein gemeinsames Produkt ist, sind che Werte und Präferenzen verschieben, verändert sich auch Wert- die Qualität und das Image einer Liga. Aus diesen schöpfung. Hinzu kommt, dass sich verschiedene Beziehungsebe- Gründen ist die einseitige und ausschließliche Fokus- nen verschieben werden, dass Fans ebenso wie Konsumenten und sierung auf den sportlichen Erfolg einzelwirtschaftlich Unternehmen sich nach Vertrauen orientieren, nach belastbaren loka- verständlich, kollektiv betrachtet aber paradox. Das Ver- len Beziehungen und Netzwerken suchen. Diese Einsicht ist eine sagen kollektiven Handelns macht den Fußball system große Chance für Vereine, denn sie sind Plattform und Projektion für immanent instabil, es sei denn, Regulierung und Lizen- ganz viele Aspekte einer sich gefährlich polarisierenden und verein- zierung setzen dem einzelwirtschaftlichen Handeln samenden Gesellschaft. So kann man auch ohne sportlichen Erfolg entsprechende Grenzen. Auch das hat die Pandemie in diesem Sinne erfolgreich sein, wenn man verschiedene Ziele und gezeigt: »Schwarze-Schwan«-Risiken, also Ereignisse, nicht nur eines verfolgt. Es kann dabei helfen, Vereine strategisch zu die sehr selten auftreten, nicht vorhersehbar sind und entwickeln, ihre Identität und Tradition zu erhalten, nachhaltig zu arbei- existenzielle Schäden anrichten, können weder durch ten – und mit alledem Geld zu verdienen. Ein Multi-Purpose-Ansatz einzelwirtschaftliche Vorsorge noch durch ligaübergrei- bedingt einen Multi-Stakeholder-Ansatz. Corona mag das Lebens- fende Regulierung restlos kontrolliert werden. Resi gefühl vom oberflächlichen Erfolg hin zu persönlicher Entwicklung lienz liegt in der Fähigkeit, sich in Krisen zusammenzu- und gesellschaftlichem »purpose« verändert haben. Das gilt auch für schließen, um gemeinsam handlungsfähig zu sein. Sponsoren, die ihr Engagement längst nach deutlich differenzierten Kriterien als nur dem sportlichen Erfolg entscheiden. Regionalität, Ver- Was liegt also näher, als die Erfahrungen der Krise mit trauen, Nachhaltigkeit, Werte – alles das sind neue Möglichkeiten, der Frage nach Resilienz im Fußball zu verbinden? dem Management, aber auch den Spielern und Trainern neue Anreize Oder besser: Die Frage nach dem übergeordneten zu geben, Anreize, die nachhaltigeres Handeln möglich machen und Sinn des Fußballs und der ihn repräsentierenden Ver- dem eigenen Tun mehr Sinn geben können. Damit reduzieren Vereine eine mit der prinzipiellen Limitation des sportlichen zugleich finanzielle Risiken und stellen sich so stabiler und resilienter Erfolgs zu verknüpfen, indem Vereine differenzierter gegenüber plötzlichen Schocks und Krisen auf. über ihre unternehmerische Zielfunktion nachdenken? Denn nicht nur der sportliche Erfolg ist wertschöpfend Aber auch hier darf man nicht naiv sein: Um sich als Fußball-Business und insofern eine Erlösquelle, sondern der Wettbe- wieder nachhaltiger als Fußball-Kultur aufzustellen, bedarf es über- werb selbst und darüber hinaus verschiedene andere geordneter Überlegungen. Die Aufmerksamkeitsökonomie hat den Aspekte, wie z. B. die Identifikation, die der Verein für Druck auf die Vereine, Präsenz zu zeigen, erhöht. Eine Verringerung seine Fans bietet, oder die Resonanz, die er seinen des Systemrisikos und eine Veränderung der Branchenmechanis- Aktivitäten verleiht. So wie ein Verein verschiedene men und diesbezüglicher Anreize für Vereine sind notwendig. Lan- Stakeholder hat, so hat er auch verschiedene wert- desbürgschaften für Vereine, um Insolvenzen zu vermeiden, oder schöpfende Aktivitäten, die allesamt Erlösquellen sein die Aushebelung der 50 +1-Regel, um an mehr Eigenkapital zu kom- können und sollten. Dabei geht es nicht darum, den men, sind klare Indikationen für anhaltende Fehlanreize und Wett sportlichen Wettbewerb und den notwendigen Ehrgeiz bewerbsverzerrungen, die durch die Krise und nach der Krise noch auf Erfolg als primäres Motiv zu negieren – denn es stärker zutage treten könnten als vorher. Die Corona-Krise hat diese sind natürlich die Triumphe und Tragödien, die das Defizite klar offengelegt. Es ist also an der Zeit, diese zu korrigieren, Wesen des Sports ausmachen –, sondern Vereine in Zeit für den Fußball, in einem tieferen Sinne systemrelevant zu ihrem Handeln und Selbstverständnis auf breitere, werden. Fußball ist in diesem Sinne eine Art genossenschaftliche nachhaltigere und somit stabilere Füße zu stellen. Purpose Economy. Sports Governance 15 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Prof. Dr. Christoph Breuer ist Universitätsprofessor für Sportmanagement und Vizepräsident der Deutschen Sporthochschule Köln für Planung, Ressourcen und Berufungen. Von 2014 bis 2016 war er Mitglied des Finance and Administration Committee der Weltantidopingagentur (WADA). Die strukturellen Risiken der Fußball-Bundesliga. Anmerkungen aus sportökonomischer Sicht Autor: Prof. Dr. Christoph Breuer Bis vor Kurzem galt die Fußball-Bundesliga noch als Alle Klubs müssen daher hinreichend investieren, um ökonomisches Vorzeigemodell mit Wachstumsgaran- eine reale Chance auf den Klassenerhalt zu haben. tie. Mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie Hinreichend bedeutet im Hinblick auf den Kaderwert, geraten nun aber auch ihre strukturellen Risiken in den möglichst drei Teams hinter sich zu lassen, was auf- Blickpunkt. Sie erschweren nachhaltiges Wirtschaften grund der wechselseitigen Abhängigkeit eine Investi der Liga. Drei strukturelle Risiken gilt es zu unterschei- tionsspirale und damit ein sog. Rattenrennen in Gang den, die (1) auf der Ebene der Liga, (2) der Ebene ihrer setzt. Die Folge ist systemische Überinvestition. Umwelt und (3) auf der Klubebene verortet sind. Rattenrennen und damit Anreize zur systemischen Überinvestition werden aber auch durch andere Ele- Risiko 1: Das ökonomische Design mente in Gang gesetzt, etwa das Rennen um die des Wettbewerbs Meisterschaft. Auch hier sind Mindestinvestitionen erforderlich, die mit der Investitionsbereitschaft der Ligen weisen ökonomische Besonderheiten auf. Das Wettbewerber steigen und sich gegenseitig verstär- Produkt wird nicht vom einzelnen Unternehmen bzw. ken. Zugleich ist festgelegt, dass nur ein Team das Klub erzeugt, sondern entsteht erst im Zusammenspiel sportliche Ziel erreichen kann und damit Aussicht auf aller. Zugleich ist die Abhängigkeit vom Verhalten der einen positiven Return on Investment hat. Konkurrenz größer als in der Normalwirtschaft. Denn das sportliche Ergebnis eines Klubs wirkt sich direkt Hinzu kommt, dass die nationale Liga eingebettet ist auf die anderen Klubs aus. Die Logik einer Liga bringt in ein System des europäischen Wettbewerbs, das es mit sich, dass sich gute Investitionen eines Teams zusätzliche Rattenrennen in der Bundesliga generiert: nicht unbedingt auszahlen, sondern nur, wenn sie zu- die Qualifikation für die UEFA Champions League gleich besser sind als die der konkurrierenden Teams. sowie die UEFA Europa League. Und wer in diesen Je härter und direkter der Wettbewerb in einer Bran- Wettbewerben möglichst weit kommen will, sieht sich che, desto schwieriger ist aber die Rücklagenbildung. mit einem weiteren Rattenrennen konfrontiert. Von einem Hyperwettbewerb zu sprechen, in denen sich Dies gilt insbesondere dann, wenn vom ökonomischen die Klubs der Fußball-Bundesliga befinden, ist somit Design Anreize zur Überinvestition ausgehen. Dies ist nicht übertrieben. In den nordamerikanischen Major in der Fußball-Bundesliga der Fall. Sie hat einen Wett- Leagues begnügt man sich mit einem Rattenrennen: bewerbsmodus gewählt, von dem starke Anreize zur dem Rennen um die Meisterschaft. Die Play-offs sind Überinvestition ausgehen: Man spielt in einer offenen Bestandteil dessen. Die Fußball-Bundesliga kommt Liga mit Auf- und Abstieg. Zweifelsohne werden dagegen auf drei Rattenrennen zuzüglich der Ratten- dadurch zusätzliche Spannungsmomente generiert. rennen in den europäischen Wettbewerben. Aus die- Doch kommt man in den nordamerikanischen Major sem ökonomischen Design resultiert eine deutlich Leagues nicht auf die Idee, von einer »closed league« größere Wahrscheinlichkeit von fehlender Rücklagen- ohne Auf- und Abstieg auf eine »open league« umzu- bildung durch Überinvestition bei gleichzeitig erhöhter steigen. Durchlässigkeit erzeugt Volatilität. Die finan finanzieller Volatilität. Designentscheidungen in puncto zielle Planbarkeit wäre zu gering, das finanzielle Risiko Liga haben somit Auswirkungen auf die finanzielle Sta- zu groß und der durchschnittliche wirtschaftliche Ertrag bilität der Klubs. Sie können allerdings nicht unabhän- würde sinken. Insbesondere Absteiger sind besonde- gig von ihrer Umwelt getroffen werden. ren zusätzlichen finanziellen Risiken ausgesetzt. 16 Audit Committee Quarterly extra © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
Risiko 2: Die kompetitive Wettbewerbsumwelt Risiko 3: Unterschiedlichkeit klub- spezifischer Finanzierung Als Unterhaltungsprodukt ist die Fußball-Bundesliga prinzipiell voll- kommen substituierbar. Voraussetzung für ihren ökonomischen Erfolg Hinzu kommen hausgemachte Risiken der Klubs. Der ist die Produktion überdauernder hoher Aufmerksamkeit von Fans Lizenzierungsrahmen lässt den deutschen Klubs Spiel- und damit Konsumenten. Dies gilt in nationaler, aber auch in globaler räume der Rechtsformwahl, der Kapitalbeschaffung Hinsicht und entgegen aller Treueschwüre von Fans. Damit steht die und der strukturierten Finanzierung. In der Normal- Fußball-Bundesliga in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Fußball- wirtschaft wäre dies wenig problematisch, in einer Ligen und anderen Unterhaltungsprodukten. Daher kann es sich die Ligenökonomie hat dies unmittelbare Auswirkungen Liga im Prinzip kaum leisten, Spannungselemente zurückzunehmen auf den Wettbewerb und die Qualität des Produkts. und damit den Nutzen für die Konsumenten einzuschränken. Schließlich determinieren die finanziellen Möglichkei- ten die sportliche Kapazität eines Klubs. Und hetero- Die Umwelt der Liga ist aber auch im Hinblick auf ihren Beschaffungs- gene finanzielle Möglichkeiten von Klubs beeinflussen markt herausfordernd. So operiert die Fußball-Bundesliga in einem über eine stärkere Vorhersagbarkeit des Ausgangs den extrem globalisierten Arbeitsmarkt. Dies ist von Bedeutung, da Trans- Spannungsgrad der Liga und damit den Nutzen für die fers und Gehälter die zentralen Ausgabenpositionen darstellen, die es Konsumenten. in volatilen Situationen anzupassen gilt. Dazu kommen Stareffekte im Arbeitsmarkt Fußball: Kleine Unterschiede in der sportlichen Leis- Die Finanzierungskapazitäten der Klubs sind aber zu tung führen zu großen Unterschieden in Preisen und Gehältern. In ungleich, um gerade in Krisenzeiten einen ausgegli- der Summe führt dies dazu, dass nationale Versuche, Ausgaben für chenen Wettbewerb zu garantieren. Das Festhalten Transfers und Gehälter zu deckeln, effektiv scheitern würden. Eine an der 50 +1-Regelung suggeriert eine Finanzierungs- Liga kann nur dann effektiv Gehaltsobergrenzen einführen, wenn die gerechtigkeit der Klubs, die in der Liga längst nicht besten Spieler dann noch immer dort spielen wollen. mehr gegeben ist. Noch immer können nicht alle Klubs Eigenkapital akquirieren. Der e.V. ist strukturell benach- Dazu muss die Bundesliga alternative Ligen in Sachen Prestige domi- teiligt. Er kann keine Gesellschaftsanteile verkaufen, nieren. Sie muss aber auch sicherstellen, dass es trotz der Gehalts um sich eine bessere wirtschaftliche Situation zu ver- obergrenzen keine relevanten Gehaltsvorteile alternativer Ligen gibt. schaffen. Konzernstrukturen mit Gewinn- und Verlust Ist dies nicht gegeben, würde fußballerisches Talent ohne Probleme abführungsverträgen wie bei Bayer Leverkusen und in andere Arbeitsmärkte abwandern. Spielerberater würden diese dem VfL Wolfsburg tragen zwar zur finanziellen Stabili- Wirkung noch verstärken, weil auch sie von lukrativen Arbeitsmärkten tät der Klubs bei. Sie wirken als Volatilitätspuffer in Kri- angezogen werden. Dies ist der zentrale Unterschied zu den nord- senzeiten und dürften diese Klubs daher vermutlich mit amerikanischen Major Leagues, die mit ihrer Gehaltsobergrenze der Krise sportlich weiter nach vorne spülen. Gerade (»salary cap«) als Vorbild fungieren. Im Fußball könnte gegenwärtig das macht sie aber im Hinblick auf die Chancengleich- lediglich die englische Premier League halbwegs Erfolg versprechend heit fragwürdig. Es wird mit zu ungleichen Lanzen Gehaltsobergrenzen im Alleingang einführen. Versuche anderer Ligen gekämpft. Auch die Möglichkeiten zur strukturierten würden zu einer weiteren Kräfteverschiebung zuungunsten der regu- Finanzierung und die Ausschöpfung entsprechender lierenden Liga führen. Spielräume (wie jüngst die Debt Equity Swaps im Falle von RB Leipzig) liefern einen weiteren Hinweis Dieser Mechanismus gilt im Prinzip für sämtliche Maßnahmen, die darauf, dass sich unter der sportromantisch anmuten- die Personalkosten in den Blick nehmen: von der Implementation des den Oberfläche von 50 + 1 längst ein Sammelsurium Escrow-Systems, nach dem nur ein Teil der Gehälter fix ausgezahlt unterschiedlicher Finanzierungskonstrukte entwickelt wird und ein Teil variabel – je nach wirtschaftlichem Erfolg der Liga, hat, das sicherlich zum Vorteil einzelner Klubs ge- bis hin zur Idee, staatliche Covid-19-Kredite für den Profisport über reicht. Ein reflektierter Blick darauf, ob dies auch dem spätere erhöhte Abgaben auf Spielergehälter zu finanzieren. Folglich Gesamtwohl der Liga dient, scheint aber mehr denn je kann das Thema Ausgaben für Spieler nur im Rahmen einer gemein- angebracht. samen Governance der internationalen Topligen wirkungsvoll ange- gangen werden. Ob dies gelänge, ist allerdings mehr als fraglich. Die finanziell besser ausgestatteten englischen Klubs würden ihren ent- scheidenden Wettbewerbsvorteil aus der Hand geben. Sports Governance 17 © 2020 Audit Committee Institute e.V., assoziiert mit der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einem Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative (»KPMG International«), einer juristi schen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten.
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