AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal
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AUS SICHERER QUELLE dreso.com HEFT 2 03/21 Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter. © Andriy Onufriyenko – gettyimages.com
// INHALT 2 D R E E S & S OM M E R 07 40 Ob wir die Energiewende schaffen, entscheidet sich in den Städten Stresstest fürs Stromnetz 23 03 Vorwort – Dierk Mutschler Grüner Wasserstoff 04 E RNEUERBARE ENERGIEN: WEGE IN DIE ZUKUNFT – D r. Ludger Eltrop als Basis für E-Fuels 07 U NTER STROM 07 Stresstest fürs Stromnetz – Christopher Vagn Philipsen, Henrik Töpelt 12 Ihre Strom-Bestellung bitte! – Klaus Dederichs, Bita Sotoudeh 16 WASSERSTOFF: DER STAR UNTER DEN ELEMENTEN 16 Wasserstoffwirtschaft: Grün und Global – Thomas Bittner 20 „Aus zwei mach drei oder mehr“ – Leonardo Estrada, Christoph Gawlik 23 Grüner Wasserstoff als Basis für E-Fuels – Prof. Dr.-Ing. Hans Sommer 26 Exytron: Abschied von den fossilen Energiedinosauriern – Klaus Schirmer 29 K RAFTWERKE – IM KLEINEN WIE GROSSEN 29 Mikrosicht: 2050 – Kraftwerke im Kompaktformat – Prof. Dr. Michael Bauer, Johannes Hopf 34 Makrosicht: Was passiert künftig eigentlich mit den Großkraftwerken? 36 „Wie man Kohlekraftwerke auf Erdgas umrüstet“ – Prof. André D. Thess 29 37 Grüne Wiesen statt Reaktorkuppeln – Peter Liebsch, Hans-Peter Semmler 40 E NERGIE IN DER CITY 40 Ob wir die Energiewende schaffen, entscheidet sich in den Städten – Gregor Grassl, Iris Belle 44 Mit der richtigen Energie zum klimapositven Gebäude – Dr. Christine Lemaitre 47 Weitergeben! Die Wärme der Herzkammern des World Wide Webs – Andreas Ahrens, Daphne Gielesen 51 Energie, die Menschen bewegt – Fabian Gierl, Jan Vorkötter 55 Ausblick – Steffen Szeidl 58 Impressum 2050 – Kraftwerke im Kompaktformat
// 3 VORWORT D R E E S & S OM M E R ENERGIE- REICHES Liebe Leserinnen, liebe Leser, keine Frage: Die Transformation der Energiesysteme ist zweifellos die Heraus- FUNDAMENT forderung schlechthin, die wir als Menschheit im 21. Jahrhundert bewältigen müssen. Beim Ziel der Klimaneutralität bis 2050 geht es aber längst nicht nur um den Umweltschutz an sich, sondern vielmehr um die Modernisierung der Wirtschaft als Ganzes. Und dafür muss grüne Energie in ausreichenden Mengen UNSERER das bedingungslose Fundament bilden – gerade in Zeiten des strukturellen Wan- dels hin zur energieintensiven Digitalökonomie. Zwar befinden wir uns bereits mitten im Umschwung auf Erneuerbare Energien, nichtsdestotrotz ist weltweit ZUKUNFT die Abhängigkeit von fossilen Energierohstoffen noch immer enorm. Für das weitere Gelingen der Energiewende ist mehr denn je Mut zur Innovation gefragt. Unsere Expertinnen und Experten von Drees & Sommer begleiten zahlreiche Projekte, um die Energieversorgung und die Energieeffizienz für unsere Städte, Quartiere, Immobilien und auch unsere Infrastruktur nachhaltiger und besser zu machen. Sie setzen dabei auf interdisziplinäre Zusammenarbeit und vor allem darauf, übergreifende Lösungsansätze für unsere Kunden der öffentlichen Hand als auch der Wirtschaft umzusetzen – und achten dabei stets auch auf eine Reduzierung des gesamten CO2-Fußabdrucks. Welche Herausforderungen unsere Kolleginnen und Kollegen tagtäglich in ihren Projekten lösen, dazu geben sie schlaglichtartig Einblicke in zahlreichen Beiträgen und Interviews. Das reicht vom Ausbau unseres Stromnetzes – und wie es mittlerweile sogar mit intelligenten Immobilien kommunizieren kann – über eine kluge Abwärmenutzung bei Rechenzentren oder den Rückbau sowie die Umnutzung von Großkraftwerken bis hin zu Einsatzmöglichkeiten des grünen Wasserstoffs in Quartieren oder im Verkehr. Und das sind nur einige der Themen, mit denen wir uns bei Drees & Sommer – und auch in diesem Themenheft – Von Dierk Mutschler, beschäftigen. Bei unseren internen, aber genauso auch bei allen externen Auto- Vorstand der Drees & Sommer SE rinnen und Autoren möchte ich mich im Namen des gesamten Vorstands an dieser Stelle sehr herzlich für die wertvollen Anregungen und Inhalte bedanken. Mit unserem umfassenden Energie-Dossier wollen wir Ihnen Impulse liefern, wie die Energiewende gelingen kann. Da wir als Drees & Sommer dieses Ziel zu keinem Zeitpunkt aus den Augen lassen, kann ich Ihnen garantieren, dass wir unseren „Blue Way“, der uns seit Jahrzehnten auszeichnet, auch weiterhin entschlossen und konsequent verfolgen werden. Darunter verstehen wir Nach- haltigkeit mit all ihren Facetten voranzutreiben: Ökonomie, Ökologie und Soziologie gehören für uns untrennbar zusammen. Bei Drees & Sommer sind wir stolz darauf, dass wir unsere CO2-Emissionen soweit reduziert und kompensiert haben, dass wir seit vergangenem Jahr sogar klimapositiv sind. Wir haben uns zudem auf den Weg gemacht, eine Beneficial Company zu werden. Ein solches Unternehmen übernimmt eine Vorbildfunktion und gibt nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gesellschaft mehr zurück, als es verbraucht. Weiteres Zögern können wir uns nicht mehr leisten. Packen wir‘s gemeinsam an! In diesem Sinne: Viel Freude beim Lesen! Ihr Dierk Mutschler Vorstand der Drees & Sommer SE
// 4 E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T ERNEUER- BARE ENERGIEN: WEGE IN DIE © loveguli– gettyimages.com ZUKUNFT Sie sind höchst attraktiv. Die meisten Erneuerbare Energien haben ein ungeheures Potenzial. Sie sind ausgesprochen vielseitig, in großer Menge verfügbar und auf Menschen kennen sie. Stellenausschrei- der Welt so breit verteilt, dass sie überall – gegebenenfalls mit verschiedenen Schwerpunkten – genutzt werden können. bungen und Job-Profile hierzu finden Es ist aber auch wichtig festzuhalten, dass Erneuerbare Energien nur eine Seite der Medaille eines nachhaltigen Energiesystems immer eine große Resonanz. Und für darstellen. Erst im Konzert mit Energieeffizienz und Energie- einsparung bekommen sie ihre besondere Bedeutung. Nur weil das neue Energiezeitalter werden sie die Energie ‚erneuerbar‘ ist, sollte sie nicht verschwendet oder leichtfertig genutzt werden. Ihre zentrale Eigenschaft, nämlich als die Zukunft schlechthin angesehen. eine vergleichsweise geringe Energiedichte und damit auch eine eingeschränkte – zeitliche und räumliche – Verfügbarkeit, Um es gleich vorneweg zu nehmen: bleibt bestehen. Damit geht einher, dass wir einen relativ hohen Flächenverbrauch für die Anlagen zur Nutzung Erneuer- Das ist auch so! barer Energien haben. Eine Herausforderung, um die sich auch viele Konflikte mit Anwohnern und Anwohnerinnen sowie Bürgern und Bürgerinnen entspinnen. Von Dr. Ludger Eltrop, Abteilungsleiter für Erneuerbare Energien am Hohe Potenziale mobilisieren Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) Erneuerbare Energien haben ein hohes Potenzial. Das muss der Universität Stuttgart angesichts vieler Erhebungen – auch in den Beiträgen in diesem Dossier – daher hier nicht detailliert erörtert werden. Unsere Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien ist möglich und umsetzbar. Aber wo und wie genau? Üblich ist eine getrennte Sicht auf die Bereiche Strom, Wärme und Kraftstoffe oder die Sektoren Verkehr, (private) Haushalte, Industrie sowie Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD). >
// 5 Die deutlichsten Potenziale und Fortschritte haben wir in ist die Nutzung von Biomasse für Strom und Wärme schlichtweg E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T den letzten Jahren im Bereich der Stromerzeugung gesehen. Verschwendung. Die teure und energiereiche Biomasse soll eher Insbesondere die Entwicklung bei den sogenannten ‚volatilen‘ in energieintensive Anwendungen im Schwerlastverkehr oder der oder ‚fluktuierenden‘ Erneuerbaren Energien – Wind und Industrie eingesetzt werden. Im neuen Begriff der Bioökonomie Sonnenenergie – hat den regenerativen Anteil an der jährlichen verbirgt sich dann noch die Forderung, Biomasse eher stofflich, Gesamtstromerzeugung auf bis zu 50 Prozent angehoben. mindestens aber kaskadisch, also erst (mehrfach) stofflich, dann Zu bestimmten Zeiten, in der Regel mittags, sind sogar erst energetisch, einzusetzen. 100 Prozent möglich. Alle diese Argumente sind ernst zu nehmen. Bei der Bioenergie Im Bereich der Wärmeerzeugung sind die Fortschritte weit geht es also letztlich darum, den Rohstoff intelligent zu weniger deutlich. Hier liegt der Anteil an Erneuerbare Energien nutzen, einen technisch, ökonomisch und gesellschaftlich gut am Endenergieverbrauch erst bei ca. 6,5 Prozent und stagniert ausgewogenen Mix an Verfahren und Pfaden zu nutzen – zum seit dem Jahr 2010 bei ca. 170 Terrawattstunden. Und bei den Beispiel die biologischen Reststoffe aus Industrie, Gewerbe Kraftstoffen sieht es noch schlechter aus. Im Verkehrssektor und Haushalten prioritär einzusetzen – und insbesondere die sind es erst ca. 35 von insgesamt rund 750 Terrawattstunden, Anforderungen für die Ernährung und den Naturschutz nicht also nur etwa 4,7 Prozent aus Erneuerbaren Energien. aus den Augen zu verlieren. Und dieser Zustand stagniert seit dem Jahr 2008. Wind und Solarenergie – quo vadis? Insgesamt liegen wir bei den Erneuerbaren erst bei einem Wind- und Solarenergie sind unbestritten die Hoffnungsträger Anteil von circa 17 Prozent Endenergie. Bis zu einer erneuerbaren unter den Erneuerbaren Energien. Wo geht ihre Entwicklung hin? Energieversorgung von 100 Prozent ist der Weg also noch weit. Bei der Windenergie weht der Gegenwind besonders onshore Ohne eine weitere Entkopplung von Wirtschaftsentwicklung und inzwischen härter. Der Zubau in Baden-Württemberg hat trotz Energieverbrauch sowie einem deutlichen Sprung bei Energie- politischen Rückenwinds deutlich nachgelassen. 2019 wurden effizienz und Energieeinsparung wird es nicht gehen. Ganz offen- hierzulande nur noch 15 Windenergieanlagen in Betrieb genom- sichtlich sind die Herausforderungen für 100 Prozent Erneuerbare Energien in den Sektoren und Technologien sehr verschieden. Wind- und Solar- energie sind unbestritten die Hoffnungsträger unter den Erneuer- baren Energien. © Andriy_Onufriyenko – gettyimages.com men. Offshore geht’s dagegen zügiger weiter. Von 2018 auf 2019 erhöhte sich die installierte Leistung um 1,1 Gigawatt auf insgesamt 7,5 Gi- gawatt. Der technische Trend geht inzwischen zu riesigen Windenergie- Bioenergie – das umstrittene Schwergewicht und Alleskönner anlagen, deren Leistung von heute knapp unter 10 Megawatt Ohne die Bioenergie geht bei diesen Szenarien gegenwärtig nicht auf 15 – 20 Megawatt pro Anlage steigen soll. Das sind gewaltige viel. Sowohl bei der Wärmeerzeugung als auch bei den Kraftstof- Dimensionen, die nur durch hoch innovative Materialien und ein fen bilden sie das Rückgrat und Schwergewicht der erneuerbaren ausgeklügeltes Management der gesamten Prozesskette gebaut, Erzeugung. Zugleich wird große Kritik an der energetischen Nut- errichtet und betrieben werden können. zung von Biomasse geübt. Für Naturschützer sind die vorgeblich entstandenen Monokulturen eine Gefahr für die Biodiversität, Bei der Solarenergie verstärkt sich der Trend zur Photovoltaik. insbesondere der hohe Anteil an Mais, der in Zeiten des Klima- 2019 wurden weltweit über 105 Gigawatt neue Photovoltaik- wandels auch besonders den Wasserhaushalt beeinträchtigt. Viel Leistung installiert. Gegenwärtig sind auch Solaraktien wieder Kritik muss auch die Erzeugung von Kraftstoff aus Biomasse ein- auf einem Höhenflug. Für den echten Ingenieur sind natürlich so- stecken, die mit dem Begriff „Teller-Tank-Konflikt“ beschrieben ist. larthermische Kraftwerke – Parabolrinnen oder Turmkraftwerke In der globalen Diskussion steht der Begriff „Agrofuels“ für die – das Nonplusultra der regenerativen Energietechnologien. Von weiterhin großen Gegensätze mit Anforderungen an Gerechtig- den Betriebsparametern und dem recht einfachen Handling her keit, Arten- und Klimaschutz. Für die moderne Energiewirtschaft spricht aber vieles dafür, dass die Photovoltaik weltweit die So- >
// 6 lartechnik der Zukunft ist. Sie ist äußerst vielfältig einsetzbar, von E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T den klassischen Aufdachanlagen über struktur- und gebäudeinte- grierte Anlagen bis zu Freilandanlagen als Agrophotovoltaik oder auch auf Baggerseen. Den Einsatzmöglichkeiten der Photovoltaik sind technisch und auch ökonomisch kaum Grenzen gesetzt. Die global größten Solaranlagen sind Photovoltaik-Anlagen mit Grö- ßenordnungen von über zwei Gigawatt – und einer Ausdehnung von mehr als 50 km²! Inzwischen warnen Kritiker sogar vor solch großen Anlagen, da sie angeblich die Rückstrahlung (Albedo) der Oberflächen, auf denen sie stehen, beeinflussen. Integration der Erneuerbare Energien ins Energiesystem – die eigentliche Herausforderung! Bei aller Technikeuphorie – die eigentliche Herausforderung für die Erneuerbaren Energien liegt in der Integration in das Ener- giesystem. 100 Prozent regenerative Energien müssen mit dem Energiebedarfsprofil der entsprechenden Region oder des Landes in Übereinstimmung gebracht werden. Der zeitliche und räumli- che Verlauf des Energieverbrauchs und ihre Übereinstimmung mit Dr. Ludger Eltrop den Erzeugungsprofi- Abteilungsleiter für Erneuerbare Energien len der Erneuerbaren am Institut für Energiewirtschaft und Die eigentliche Energien stellen die Rationelle Energieanwendung (IER), Herausforderung eigentliche Hürde für Universität Stuttgart, Universität Stuttgart den weiteren Ausbau für die Erneuer- dar. Das Stichwort Ludger Eltrop (geb. 1959) kommt aus dem dazu heißt „Flexi- baren Energien bilität“. Speziell die niederrheinischen Duisburg und Münster, Westfalen. Das Studium der Biologie an liegt in der volatile Erzeugungs- der Universität Bonn und Studienaufent- charakteristik von halte in Toronto und Montpellier führten Integration in das Wind und Solar- ihn schließlich nach Stuttgart zur Promo- Energiesystem. energie erfordert auf tion an die Universität Hohenheim. anderer Seite ausglei- Nach Berufserfahrung in der Industrie als chende Technologien Projektmanager Anlagenbau im Bereich und Mechanismen. Kompostierung und Vergärung kehrte er Diese können mit vielfachen Mitteln bereitgestellt werden, von zurück zur Universität Stuttgart. Dort leitet der verteilten Erzeugung über Speicher, Im- und Exporte bis zur er heute am Institut für Energiewirtschaft Regelung von Erneuerbare Energieanlagen. Biomasse kann als und Rationelle Energieanwendung die gespeicherte Solarenergie hier auch eine zentrale Rolle spielen. Abteilung Systemanalyse und Erneuerbare Ein nachhaltiges und klimaschonendes Energiesystem – das ist Energien. In dieser Tätigkeit ist er für das gemeinsame Ziel – kann nur durch ein gut orchestriertes Forschungsprojekte zu erneuerbaren Zusammenspiel verschiedenster Technologien und Regelungen Energien in Deutschland und weltweit erreicht werden. Dies ist vor allem auch eine gesellschaftliche unterwegs, u.a. als Gastprofessor an der Herausforderung, die im Diskurs mit den Menschen gelöst Universität Stuttgart. Eltrop sieht in sei- werden kann. nem Faible für die Bio- und Solarenergie eine geeignete Verbindung zum Rotwein. Er will Studierenden und Projektpartnern Klimaschutz und nachhaltige Energie- versorgung als hochspannende Chance und nicht als Problem vermitteln. <
// 7 U N T E R S T R OM STRESSTEST FÜRS STROMNETZ Ohne Fehler selten eine Erkenntnis. Wie das europäische Stromsystem als ein hochkomplexes Geflecht funktioniert und worin genau die Herausforderungen der Energiewende für die Stromnetze liegen, das lässt sich anhand einer kürzlich aufgetretenen Panne besonders gut nachvollziehen. Von Christopher Vagn Philipsen, Partner der Drees & Sommer SE und Henrik Töpelt, Head of Energy der Drees & Sommer SE © federico-beccari – unsplash.com >
// 8 Im Januar sorgte ein Beinahe-Blackout für Schlagzeilen. Mechanismus mit System – die Regelenergie U N T E R S T R OM Der Ausfall eines kleinen Umspannwerks in Kroatien hätte um Rund um die Uhr stellt nämlich ein klug konzipierter Angebot- ein Haar fast das gesamte europäische Stromnetz lahmgelegt. Nachfrage-Mechanismus sicher, die Netzfrequenz bei 50 Hertz Um die darauffolgenden Kettenreaktionen zu verstehen, hilft es, stabil zu halten. Einige Stromproduzenten, aber auch Strom- sich mit den wesentlichen Voraussetzungen für stabile Strom- verbraucher und Stromspeicher halten sich bereit, auf Abruf in netze zu beschäftigen. Dazu zählen die Frequenz, die Grundlast kürzester Zeit sogenannte Regelenergie zur Verfügung zu stellen sowie das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -abnah- oder sie zu beziehen. me. Noch tragen Großkraftwerke dazu bei, all das zu gewähr- leisten. Doch das ändert sich mit zunehmendem Gewicht der In Deutschland sind vier Übertragungsnetzbetreiber für die Erneuerbaren Energien und der stetig steigenden dezentralen Übertragungsnetze, die Netzfrequenzhaltung und das Manage- Erzeugung von Strom. ment der Regelenergie zuständig: 50 Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW. Sie schreiben in jeweils festgelegten Gebieten, Frequenz: Alle müssen im Takt bleiben sogenannten Regelzonen, für jede Viertelstunde des folgenden 50 Hertz müssen es sein, so lautet das Frequenz-Gebot Tages die benötigte Regelleistung verbindlich aus. unseres Stromnetzes. Ist die Frequenz niedriger, fehlt Strom im Netz – steigt sie zu sehr an, gibt es zu viel. Wenn das Was von den europäischen Netzbetreibern nun Anfang Januar passiert, gerät das eng miteinander verwobene, europäische buchstäblich glimpflich geregelt wurde, führte dennoch zu Netz erheblich aus dem Takt. intensiven Kontroversen zum Thema Versorgungssicherheit: Noch werden nicht allzu große Frequenzschwankungen relativ Am Tag des Beinahe-Blackouts führte ein Stromüberangebot unkompliziert von Kohle- und Kernkraftwerken ausgeglichen. Südosteuropas dazu, dass ein Schutzmechanismus Teile einer Vereinfacht dargestellt: Wird zu viel Strom ins Netz eingespeist, kroatischen Umspann-Anlage abschaltete. Als Folge teilte sich drehen sich ihre Generatoren langsamer und produzieren das europäische Stromnetz in weniger als einer Minute unbeab- weniger Strom, was auch eine erhöhte Frequenz reduziert. sichtigt in zwei Gebiete auf: den Nordwesten, dem Erzeugungs- Umgekehrt funktioniert der Effekt bei einem Strommangel. leistung fehlte, und den Südosten, in dem ein entsprechender Überschuss bestand. So sind in Deutschland 750 Megawatt für die sogenannte Primärregelung, die oberste Stufe der Frequenzsicherung nötig. In Frankreich und Italien mussten Großverbraucher ihre Ab- Damit ist die innerhalb von Sekunden aktivierbare Regelenergie nahme drosseln. Und Österreichs Energieversorger aktivierten gemeint. Das entspricht etwa grob der Hälfte der Leistung eines große Mengen Wasserkraft, um das unerwartete Stromdefizit Großkraftwerks. Bei Wegfall von Kernkraft und Kohle gelten vor auszugleichen. Dass die europäischen Netzbetreiber so derart allem Gasmotoren und -turbinen als eine Alternative. Mittel- bis schnell und koordiniert reagierten, sorgte binnen einer Stunde langfristig könnten auch immense Stromspeicher in Form von dafür, den Normalbetrieb im Netz wiederherzustellen. Batterien in Frage kommen. Drees & Sommer unterstützt Netzausbau- und Netzanschlussprojekte von Amprion Als einer der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber ist die Amprion GmbH dafür verantwortlich, das Höchstspannungs- Transportnetz von Niedersachsen bis zu den Alpen sicher zu betreiben und bedarfsgerecht auszubauen. Die Energiewende und der europäische Stromhandel führen dazu, dass der Weg © Amprion GmbH des Stroms vom Erzeuger zum Verbraucher immer länger wird. Der bedarfsgerechte Aus- und Umbau des Netzes erfordert viele parallellaufende Leitungs- und Anlagenbauprojekte, so dass Amprion vor großen Herausforderungen beim Projektmanage- ment steht. Seit Dezember 2017 begleiten die Drees & Sommer-Infrastruktur- experten Amprion bei Netzausbau- und Netzanschlussprojekten mit Dienstleistungen rund um das Multi-Projektmanagement. Dazu gehört beispielsweise, Rahmenterminpläne zu erstellen und fortzuschreiben, Projektrisiken und Abhilfemaßnahmen aufzuneh- > men und zu dokumentieren oder Quartals- und Schwerpunktge- spräche vorzubereiten und deren Ergebnisse zu dokumentieren.
// 9 Grüne Grundlast? Mit dem Ausbau von Smart Grids, auch intelligente Netze ge- U N T E R S T R OM Eng mit der stabilen Frequenz von 50 Hertz verknüpft ist das nannt, ist künftig auch die Erwartung verbunden, Stromaufnahme Thema Grundlast. Damit wird eine Art Mindestmenge an Strom und -abnahme automatisiert im Gleichgewicht zu halten. bezeichnet, die immer im Netz verfügbar sein muss – am Dahinter steckt, dass digital und dezentral miteinander vernetzte verbrauchsintensiven Tag genauso wie in der zumeist geruh- Erzeugungsanlagen, Speicher und Verbraucher anhand intelligen- samen Nacht. Es handelt sich also um die Last an Leistung, die ter Messysteme miteinander kommunizieren und zunehmend keinesfalls im Verlauf eines Tages unterschritten werden darf. Künstliche Intelligenz ihren Bedarf sowie die Anforderungen Derzeit benötigt Deutschland etwa 40 Gigawatt Leistung an des Energiesystems optimal miteinander in Einklang bringt. Grundlast pro Tag. Das könnte auch die Grundlast des Energiesystems senken. Gehen nun wie geplant weitere Kraftwerke vom deutschen Netz, Strom stoppt nicht an der Grenze besteht die Befürchtung, dass sich mit zunehmender Abhängig- Doch auch, wenn ein Energiesystem stärker auf Digitalisierung keit von Erneuerbaren Energien das Blackout-Risiko erhöht. und Dezentralität setzt, müssen die Netze nicht nur gewartet, Vor allem, wenn es jahreszeitenbedingt zu sogenannten Dunkel- optimiert und verstärkt, sondern künftig auch massiv europaweit flauten kommt, also über mehrere Tage hinweg sehr wenig Strom ausgebaut werden. Der Stromfluss von den Erzeugungsanlagen aus Wind- und Solarenergie erzeugt wird. Das kommt nicht allzu bis in die Steckdosen führt in Europa vom überregionalen Über- häufig vor, ist aber in bestimmten Perioden schon aufgetreten. tragungsnetz über die nachgelagerten Verteilnetze bis zu den lokalen Niederspannungsnetzen. Digital und dezentral ins Gleichgewicht Mehrere Ansätze werden derzeit diskutiert, wie sich die Grund- Der Überstromschutz der kroatische Umspannanlage führte im last auch dann sichern lässt, wenn Erneuerbare Energien einige südosteuropäischen Netz zu Stromüberschuss, einer Überlastung Tage in Folge schwächeln. Manche Kohle- zu Gaskraftwerken der Leitungen und damit über Kroatien hinaus zu einigen Strom- umzurüsten, könnte ein Teil der Lösung sein. Klimafreundlich ausfällen. Innerhalb von 43 Sekunden überlasteten 14 Leitungen ist die Alternative Gas dann, wenn in diesen Kraftwerken in in Kroatien, Serbien und Rumänien. Das zeigt, wie eng verwoben der Zukunft der sogenannte grüne Wasserstoff statt fossilem unsere europäischen Stromnetze sind. Ein Überschuss an Strom, Erdgas zum Einsatz kommt. der ausweicht, bringt die Leitungen an ihre Grenzen. An den nationalen Grenzen stoppt er jedenfalls nicht. Mittlerweile liegt in Deutschland die Menge der einge- speisten Energie aus Ökostrom über der fossiler Energieträ- ger. Den Löwenanteil trägt hierzu die Windkraft bei. >
// 10 Höchstspannung: Von Nord nach Süd Auf Draht: Die Bauabteilung auf Zeit U N T E R S T R OM Hinzu kommt, dass sich die Zentren der Stromproduktion Damit dieser immense Ausbau gelingt, bedarf es eines engen verlagern. Während zunehmend Kraftwerke in absehbarer Zusammenspiels aller Beteiligten: Den Netzbetreibern aller Zukunft im Süden Deutschlands abgeschaltet werden, wird der Ebenen, den Planern, den Stromerzeugern, der Bundesnetz- Ausbau der Windenergie im Norden, besonders vor den Küsten agentur und vor allem den transparenten Austausch mit den im Meer, weiter voranschreiten. Der Anteil an regenerativ Bürgerinnen und Bürgern. Ob Machbarkeitsstudien, Unter- erzeugtem Strom in Deutschland beträgt derzeit etwas mehr stützung in der Kommunikation von Netzausbaumaßnahmen, als 50 Prozent, wovon allein Windkraft 27 Prozent ausmacht. den Auf- und Ausbau von Stromnetzen an Land oder für Dafür ist der Ausbau des Höchstspannungsnetzes vom wind- Offshore-Windparks bis zum Abschluss der Genehmigungspla- intensiven Norden in den industriereichen Süden erforderlich. nung für Netzausbauprojekte: Drees & Sommer begleitet seit Eine besondere Rolle spielen hierbei die Höchstspannungs- den frühen Tagen der Energiewende die Netzausbauprojekte Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen), die soge- vieler Netzbetreiber. Wenn erforderlich, auch in der Wahrneh- nannten Stromautobahnen wie SuedLink oder SuedOstLink. mung einer Bauherrenfunktion. Und nicht zuletzt wird bundesweit durch die zunehmende Zu erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen sowie zu einer Elektrifizierung der Stromverbrauch enorm steigen, vor allem, hohen Prozessqualität sorgt bei der Bauausführung beispiels- weil mehr Autos und Heizungen elektrisch betrieben werden weise das konsequente Anwenden von Lean Construction statt mit Öl oder Gas. Management. Was die vorangestellte Phase der Planung betrifft, bewährt sich immer mehr die digitale Methode Building Information Modeling (BIM), die sehr früh mithilfe des digitalen Zwillings des Bauvorhabens Planungsfehler erkennt, Abläufe simuliert und Widersprüche aufdeckt. Das vermeidet unnötige Bau- und Betriebskosten. Drei Stromautobahnen sollen künftig Ökostrom aus dem Norden Deutschlands in den Süden leiten. © Bundesnetzagentur >
// 11 Unfreiwilligen Stresstest bestanden U N T E R S T R OM Auch wenn Europa nur knapp einem flächendeckenden Stromausfall entging, haben die Netzbetreiber den, wenn auch unfreiwilligen, Stresstest bestanden. Für was er sicher gut war: Seither wird auch in der Öffentlichkeit wieder vermehrt über die Anforderungen der Energiewende und die Stabilität der Stromversorgung diskutiert. Durch den umfassenden Umbau unseres Energiesystems wird es künftig zwar komplizierter, die sensible Infrastruktur zu managen, aber für das Ziel der © benoitgrasser – fotolia.com Klimaneutralität 2050 ist dies allemal lohnenswert. Der Vorteil der Offshore- Windenergie liegt insbesondere in der höheren und stetigeren Windgeschwindigkeit auf hoher See. Auch Drees & Sommer unterstützt Planung und Umsetzung von Offshore- Windparks. Henrik Töpelt Head of Energy der Drees & Sommer SE Als „Head of Energy“ bei Christopher Vagn Philipsen Drees & Sommer koordiniert Partner der Drees & Sommer SE Henrik Töpelt alle Tätigkeiten für Kunden der Energiewirtschaft. Als Partner der Drees & Sommer Zu Schwerpunktthemen der Arbeit SE verantwortet Christopher Vagn des Diplom-Ingenieurs gehören Philipsen die Projekte im Bereich insbesondere der Stromnetzbau, die Energieerzeugung, -verteilung und Umnutzung von Kraftwerksstand- -speicherung. Zu Schwerpunkt- orten, der Rückbau von Kraftwerken themen seiner Arbeit gehören ins- oder die allgemeine Beratung von besondere Erneuerbare Energien, Energieversorgungsunternehmen. Offshore-Windenergie und der Nach seinem Studium des Wirt- Stromnetzbau. Unter anderem schaftsingenieurwesens mit dem unterstützte er mit seinem Team die Schwerpunkt Energiesysteme/ Netzanschlüsse von Offshore-Wind- Energiewirtschaft an der Techni- parks in der Deutschen Nordsee. schen Universität Berlin arbeitete Nach seinem verfahrenstechnischen er zunächst bei einem Ingenieur- Studium an der Universität Stuttgart unternehmen in Stuttgart und trat der Diplom-Ingenieur 1987 anschließend bei einem internatio- zunächst als Projektleiter in ein nalen Planungs- und Beratungs- Stuttgarter Ingenieurunternehmen, unternehmen. Im Sommer 2020 bevor er 1997 zu Drees & Sommer erfolgte schließlich der Wechsel zu kam und dort Leistungsbilder im Drees & Sommer, wo er seither alle Bereich der Energiewirtschaft Energiethemen verantwortet. auf- und ausbaute. <
// 12 „IHRE U N T E R S T R OM STROMBESTELLUNG BITTE!“ © metamorwork – gettyimages.com Schlaue Gebäude, die ihren Energiebedarf selbst optimieren und sich an die Nutzerbedürfnisse intelligent anpassen, können einen wichtigen Beitrag für mehr Energieeffizienz im Immobiliensektor leisten. Im Interview mit dem freien Wirtschaftsjournalisten Harald Czycholl-Hoch sprechen Klaus Dederichs, Partner und Head of ICT der Drees & Sommer SE und Projektmanagerin Bita Sotoudeh über die Vorteile von Customized Smart Buildings. >
// Welche Rolle spielt der Gebäudesektor bei 13 © CA Immo_Andreas Muhs der Erreichung der Klimaziele? U N T E R S T R OM Klaus Dederichs: Eine große. Beispiels- weise ist der Betrieb beim überwiegenden Anteil der Gebäude nicht richtig eingestellt. ‚Never change a running system‘ ist häufig zu hören, obwohl 20 Prozent Energieopti- mierungspotentiale allein durch einen in- telligenten Gebäudebetrieb möglich sind. Bita Sotoudeh: Das Gelingen der Energie- wende hängt von den richtigen Weichen- stellungen in den einzelnen Energie- sektoren ab. Wir brauchen daher endlich gezielte Aktivitäten für mehr Energie- cube berlin Wer eine Adresse mit Köpfchen sucht, der ist effizienz im Gebäudebereich. am Berliner Washingtonplatz 3 an der richtigen Stelle: Mit dem beeindruckenden Bürogebäude Aber es passiert doch etwas. Für Sanie- „cube berlin“ hat der Bauherr CA Immo architek- rungsmaßnahmen gibt es doch längst tonisch eine futuristische Kubatur mit doppelter Fördermittel aus den unterschiedlichsten Glasfassade entstehen lassen. Das Besondere: Töpfen. Der gigantische Würfel soll sich über hochmoderne künstliche Intelligenz zukünftig weitestgehend Dederichs: Das stimmt, aber dabei selbst steuern. handelt es sich vor allem um passive Maßnahmen wie beispielsweise die Dämmung von Gebäuden oder die Erneu- erung von Heizungsanlagen. Großes Potenzial bietet aber auch die Reduzierung des Energieverbrauchs durch Digitalisie- rung und Künstliche Intelligenz. Sogenann- die optimale Zeitspanne zum Heizen, So eine Datensammlung allein bringt te Customized Smart Buildings können Kühlen und Belüften abhängig von den aber erstmal wenig. Man muss ja auch nicht nur die technischen Anlagen mitei- vorherrschenden Bedingungen und der etwas daraus herleiten. nander vernetzen, sondern auch eine Belegung und regelt die Räume auf den Vielzahl von Daten erheben. Es handelt notwendigen Bedarf. Dadurch lassen sich Sotoudeh: Genau, die gesammelten sich um Immobilien mit Köpfchen – beträchtliche Energieeinsparungen reali- Daten können dann im nächsten Schritt zu künstliche Intelligenz verknüpft alle techni- sieren. Die smarte Immobilie konditioniert Informationen weiterverarbeitet werden. schen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-, die Räume gemäß der tatsächlichen Nut- Daraus lassen sich detaillierte Nutzungs- Betriebs- und Nutzerdaten intelligent mit- zung und schafft einen großen Beitrag profile von Gebäuden und Anlagen in Echt- einander und steuert so die Prozesse im zur Energieeffizienz und damit auch einen zeit ableiten. Mittels Occupancy- oder auch Gebäude in optimaler Weise. Dadurch wichtigen Beitrag zur Erreichung unserer IoT-Sensoren ist erkennbar, welche Räume wird die KI das Gebäude und den damit Klimaschutzziele. wie stark genutzt werden. Und je nach Nut- verbundenen Energiebedarf nicht nur zung der Räume kann dann die Leistung selbst optimieren, sondern in nicht allzu Wie erkennt denn das Gebäude, wann von Heizung, Klima- oder Lüftungsanlage ferner Zukunft auch verlässlich prognos- die Räume genutzt werden und welche an den tatsächlichen Bedarf angepasst tizieren und das den Netzbetreibern mittei- Bedingungen gerade vorherrschen? werden oder in Teilbereichen abgeschaltet len. Wenn es heißt: Ihre Strombestellung werden. Dadurch lässt sich viel Energie bitte, dann können die Gebäude als Dederichs: Die Grundlage dafür bildet der einsparen, da das Gebäude nur so viel Cognitive Buildings antworten. Einsatz von Sensorik, also die Nutzung von Energie benötigt, wie auch Personen im Messfühlern zur Messung und Kontrolle Gebäude sind. In Zukunft kann die KI durch Das klingt erstmal ziemlich abstrakt. von Veränderungen in der Umgebung. eine Datenanalytik idealerweise sogar Die Sensoren erfassen Verbrauchsdaten Muster für ganze Immobilienportfolios Sotoudeh: Nehmen wir zum Beispiel für Wasser, Strom oder Gas oder auch die ableiten und so den künftigen Verbrauch das Heizen, Kühlen und die Belüftung Intensität der Lichteinstrahlung, melden für eine relativ große Zeitspanne vorher- von Räumen, etwa Büros. Dazu ist eine Bewegungen oder messen den Schall. sagen. Entscheidend dabei ist, welche gewisse Zeitspanne notwendig, die von Ein Beispiel, das jeder von zu Hause der Daten überhaupt benötigt werden. verschiedenen Faktoren wie etwa der kennt, sind Bewegungsmelder, die Dazu sind im Vorfeld sogenannte KPIs Außentemperatur, Luftfeuchte oder den eben automatisch das Licht anschalten, zu entwickeln, damit wir nicht Big Data Windverhältnissen abhängig ist. In den sobald sie eine Bewegung vor der Haustür erhalten, die keinen Mehrwert bringen. meisten Gebäuden wird pauschal eine feststellen. Die Messungen der einzelnen Zeitspanne der Nutzung angenommen, Sensoren werden dann in elektrische die auf jeden Fall lang genug ist. Ein intelligentes Gebäude hingegen erkennt Signale umgewandelt, die als Daten gesammelt werden. >
// Und welche Rolle spielt der Strom, den man selbst etwa durch die Solaranlage zu Stromerzeugung, Stromverbrauch und Stromspeicherung die Energieproduktion verfügbare Leistung anpasst die über- schüssige Energie in Batteriespeicher 14 auf dem Dach erzeugt, für die Erreichung und den Energieverbrauch optimal auf- deponiert und bedarfsgerecht an die U N T E R S T R OM der Klimaziele? einander abstimmen und so zu einer Verbraucher abgibt. In der Zukunft wer- Verbesserung des Lastenmanagements den sich auch Elektroautos als passiver Dederichs: Die Erzeugung von Strom aus innerhalb des Stromnetzes beitragen. Energiespeicher nutzen lassen. Hierzu erneuerbaren Quellen ist – neben der Das heißt, das Gebäude von morgen führen wir gerade gemeinsam mit dem Einsparung von Energie – ein weiterer spricht quasi mit dem Stromnetz und ver- Center Smart Commercial Building an Hebel zur Erreichung der Klimaziele. netzt die Gebäude zu einem intelligenten der RWTH Aachen ein gemeinsames Solar- und auch Windenergie sind jedoch Quartier als Basis für eine Smart City. Forschungsprojekt mit vielen Koopera- stark von Umweltfaktoren abhängig und tionspartnern durch. Der Schlüssel für somit volatil, deshalb muss man auch die Können Sie das näher erklären? intelligente Stromnetze ist eine Priorisie- Stabilität des Stromnetzes im Auge behal- rung des Leistungsbedarfs aller ange- ten. Aber auch dabei können Customized Dederichs: Das Stromnetz meldet zum schlossenen Geräte im Gebäude und Smart Buildings helfen: Mit sogenannten Beispiel einen Energieüberschuss aus eine entsprechende Regulierung der Smart Grids als zentraler Steuerungsein- Photovoltaik oder Windenergie und das verfügbaren Leistung. heit können sie anhand von Echtzeitdaten Gebäude reagiert darauf, indem es die © monicaodo – gettyimages.com SMART GRID: STABILITÄT DURCH INTELLIGENTE STROMNETZE Erneuerbare Energien, etwa aus Windkraft- oder Solaranlagen, unterliegen naturgemäß hohen Schwankungen. Um den Anteil Erneuerbarer Energien am Energiemix kontinuierlich zu erhöhen, braucht es ein intelligentes, digitales Energiesystem. Parallel zum Stromnetz entsteht daher ein Datennetz, mit dem die Erzeugung, die Verteilung, aber auch die Speicherung der erzeugten Energie koordiniert wird – das Smart Grid. Die Informations- und Kommuni- kations-Technologie dahinter ist in der Lage, die schwankende Energiezufuhr und die Stromversorgung im Netz intelligent zu regeln. Erkennt das Smart Grid beispielsweise, dass mehr Strom produziert als benötigt wird, lassen sich einzelne Anlagen wie Windräder gezielt drosseln. Seit Januar 2020 gibt es für alle Haushalte mit einem jährlichen Stromver- brauch von mehr als 6.000 Kilowattstunden (kWh) die Pflicht, Smart Meter einbauen zu lassen. Solche digitalen, intelligenten Messsysteme sind Teil des Smart Grids und kommunizieren den Stromverbrauch und damit den Strombedarf in Echtzeit an die Netzbetreiber. Auch der Verbraucher erhält in Echtzeit Transparenz darüber, wie viel Strom er gerade verbraucht. Mit dem neuen Energiewirtschaftsgesetz will das Wirtschaftsministerium dafür sorgen, dass dynamische Stromtarife in Verbindung mit Smart Metern flächendeckend auf den Markt kommen. Sie passen sich preislich der Nachfrage und dem Angebot im Netz an und sollen so Verbraucher und Klima entlasten. >
// Gibt es solche hochintelligenten Gebäude schon oder ist das noch Zukunftsmusik? 15 U N T E R S T R OM Sotoudeh: Die gibt es schon, zumindest vereinzelt als Pilotprojekte. Das von der CA Immo in Berlin entwickelte Bürogebäu- de cube berlin wurde letztes Jahr eröffnet. Es sieht nicht nur architektonisch betrach- tet modern aus, sondern steckt auch voller smarter Technologie. Im Bürogebäude THE SHIP in Köln oder im Hamburger Hammerbrooklyn der Art Invest, das im Sommer 2021 eröffnet wird, ist es ähnlich. © The Ship Viele weitere Gebäude sind in der Bearbeitung und in der Fertigstellung. Aus unserer Sicht ist der Tipping Point für Customized Smart Building erreicht. Beim Gebäude THE SHIP in Köln setzt der Bauherr Fond of mit Unterstützung Dederichs: Oder schauen Sie nach Stutt- von Drees & Sommer auf gart, wo wir gerade mit dem OWP 12 an Digitalisierung. unserem Drees & Sommer-Firmensitz in Vaihingen ein neues, nachhaltiges und natürlich smartes Bürogebäude für 200 Mitarbeiter bauen. Da können wir unseren Kunden dann live demonstrieren, welche Vorteile ihnen intelligente Gebäude bieten. Bita Sotoudeh Projektmanagerin der Drees & Sommer SE Bita Sotoudeh studierte Wirtschafts- ingenieurwesen mit dem Schwer- Klaus Dederichs punkt Bauingenieurwesen an der Partner und Head of ICT der Rheinisch-Westfälisch Technischen Drees & Sommer SE Universität in Aachen sowie an der University of Technology in Sydney. Klaus Dederichs startete 2015 als Head of Bereits während der Studienzeit ICT bei Drees & Sommer, leitet den Standort in Aachen unterstützte sie als Werk- Aachen und ist seit 2019 Partner des auf Bau studentin im Drees & Sommer-Team und Immobilien spezialisierten Planungs- und Beratungsprojekte zu den Themen Beratungsunternehmens. Dort verantwortet er ICT, Industrie 4.0 und Internet insbesondere die Themen ICT, Digitalisierung, of Things. Gemeinsam mit Business Transformation, IoT, Big Data, Drees & Sommer verfasste sie Industrie 4.0 und Data Center, Vorberei- ihre Masterarbeit zum Thema tungsphase und Planungsphase. Er studierte „Intelligente Datennutzung im Physikalische Technik an der FH Aachen und Immobilienbestandsmanagement“ arbeitete mehrere Jahre lang in verschiedenen und startete nach absolviertem Ingenieurbüros. Klaus Dederichs entwickelte Studium im November 2020 als mit dem Center Smart Commercial Building an Projektmanagerin am Standort der RWTH Aachen den Kongress Smart Building Hamburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte Soution, den er bis heute als Kongressleiter liegen im Projektmanagement organisiert und moderiert. Zudem hat er im von Hochbauprojekten sowie im Jahr 2019 den Chair des ULI Product Councils Anforderungsmanagement für Future Cities – Smart Cities übernommen. Digitalisierungsprojekte. <
// 16 WASSERSTOFF- WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N WIRTSCHAFT: GRÜN UND GLOBAL Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, der kennt die Nummer eins im Periodensystem: Wasserstoff. Aus ihm besteht zum großen Teil auch unser Universum. Sein Potenzial für das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 hat auch Deutschland erkannt. Mit der im Juni 2020 beschlossenen Nationalen Wasserstoffstrategie hat sich die Bundesregierung auf ein Milliardenprogramm für dessen Förderung verständigt. Aus gutem Grund: Vor allem grüner Wasserstoff gilt als klimafreundliche Energiequelle der Zukunft. Damit er künftig im großen Stil marktfähig wird, gilt es, enorme Herausforderungen zu bewältigen. Von Thomas Bittner, Senior Teamleiter der Drees & Sommer SE © Viaframe – gettyimages.com >
// In reiner Form kommt Wasserstoff auf der Erde kaum vor. Herstellen lässt er sich hingegen recht einfach. Mit Strom wird Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung von 2020 sieht daher auch Importe von grünem Wasserstoff vor und 17 Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespal- stellt für solche Partnerschaften rund zwei Milliarden Euro zur WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N ten. Letzterer kann umweltverträglich in die Umgebung abgege- Verfügung – bevorzugt aus dem nordafrikanischen Raum, wo ben werden. Der durch die Reaktion entstandene Wasserstoff besonders viel günstige Sonnenenergie zur Verfügung steht. hingegen wird gasförmig oder in Form eines flüssigen Brennstoffs Nach den Plänen sollen über eine Stiftung, angegliedert beim als Energiespeicher verwendet. In dieser Form lässt er sich leicht Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV) transportieren und bei Bedarf wieder nahezu emissionsfrei als und staatlicherseits unterstützt von der Deutschen Gesellschaft Energiequelle für die Strom- und Wärmeerzeugung, als Treibstoff für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), mit den dortigen im Verkehrswesen oder als Grundstoff in der Industrie nutzen. Ländern langfristige Abnahmeverträge geschlossen werden. Wirklich klimafreundlich gilt dabei der sogenannte grüne Wasser- Letztere sollen im Sinne des Auktionsprinzips gestaltet sein. stoff. Bei dessen Produktion wird allein auf regenerativen Strom Es soll also beim Einkauf immer der günstigste Bieter zum Zuge gesetzt. Und daraus ergibt sich derzeit noch ein Kostenproblem. kommen, beim Verkauf der höchste Bieter. Grüner Wasserstoff kostet gut 10 Euro je Kilogramm. Bei grauem Wasserstoff, der zu 99 Prozent aus Erdgas mittels Dampf- Mit diesem Mechanismus soll der Teuerung bei grünem Wasser- reformierung hergestellt wird, sind es etwa 2 bis 3 Euro. stoff zumindest in einem gewissen Rahmen entgegengewirkt werden. Anfangs könnte dies über die KfW finanziert werden, „Damit Wasserstoff wirtschaftlich wird, müssen wir die Kosten- die derzeit schon in Marokko ein Elektrolyseprojekt mit 100 Me- degressionen bei Wasserstofftechnologien voranbringen. gawatt (MW) Leistung unterstützt. Dabei kommt es für beide Ein schneller internationaler Markthochlauf für die Produktion Seiten darauf an, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Für Europa und Nutzung von Wasserstoff ist hier von großer Bedeutung, um wäre dies die Versorgungssicherheit mit einem nachhaltig technologischen Fortschritt sowie Skaleneffekte voranzutreiben hergestellten Energieträger, für die afrikanischen Regionen und zeitnah die notwendige kritische Masse an Wasserstoff für mehr Wohlstand. die Umstellung erster Anwendungsbereiche zur Verfügung zu haben“, hält die Bundesregierung in ihrer „Nationalen Wasser- stoffstrategie“ fest. Ohne Importe geht es nicht Was die Produktion betrifft, ist regenerativer Strom für große Mengen an grünem Wasserstoff notwendig. Hierzulande liefern Wind und Sonne dafür aber schlichtweg nicht genügend Energie. Deswegen braucht es Energieimporte, die entweder als Solarstrom aus Leitungen oder als Wasserstoff über Pipelines oder Schiffe hierherkommen. Siemens Energy plant ein Wasserstoff-Forschungszentrum in Görlitz Auf dem Werksgelände von Siemens Energy im sächsischen Görlitz entsteht aktuell ein Innovationscampus. Mit anderen Hightech-Unternehmen, Startups und Forschungsinstituten will Siemens Energy dort künftig an innovativen Produkten © Siemens 2019 und Lösungen in den Bereichen Digitalisierung, Automati- sierung und Energietechnik der Zukunft zusammenarbeiten. Im Fokus steht dabei auch das Thema Wasserstoff. Um die Erzeugung, Speicherung und Nutzung des innovativen Ener- gieträgers zu untersuchen, realisiert Siemens Energy gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft auf dem Campus ein Labor für Wasserstoffforschung. Expertinnen und Experten sollen dort einzelne Bestandteile entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette bis hin zur industriellen Reife weiterent- wickeln. Der Görlitzer Standort soll damit langfristig zu einem Kompetenzzentrum für Wasserstoff- technologien werden. Das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer begleitet Siemens Energy bei der Konzeptionierung, Planung und Umsetzung des Wasserstoff-Forschungszentrums. Als Projektmanager verantwortet Drees & Sommer zudem die termin- und kostengerechte Realisierung des innovativen Vorhabens. Die Fertigstellung des Wasserstoffkompetenzzentrums ist für 2023 vorgesehen. Weitere Informationen unter: https://new.siemens.com/global/de/produkte/energie/themen/innovationscampus-goerlitz.html >
// Potenzielle Abnehmer: Industrie, Schwertransport und Luft- und Schifffahrt Photovoltaik-Strom auf den Dächern von Wohnanlagen ein kleiner Elektrolyseur im Keller gespeist wird. Dadurch ist es 18 Mittel- bis langfristig ist nicht nur die Frage des ausreichenden möglich, Wasserstoff im Sommer bei Überschuss von Sonnen- WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N und wirtschaftlichen Angebots für die grüne Wasserstoffwirt- strom zu produzieren und im Winter zur Wärme- und Strom- schaft zentral, sondern genauso, wer künftig in erster Linie erzeugung mittels einer Brennstoffzelle zu nutzen. Abnehmer sein sollte. Derzeit benötigt die hiesige Industrie in etwa die Hälfte des Strombedarfs in Deutschland – und zwar Energie-Infrastruktur von Morgen 234 Terawattstunden (TWh) jährlich. Gerade hier ist der Durst Neben Angebot und Nachfrage spielt auch die Infrastruktur eine nach Wasserstoff besonders groß, etwa in der Stahlindustrie, entscheidende Rolle: Der Wasserstoff muss auf einem effizienten in Raffinerien und der chemischen Industrie. Würde man bei und kostengünstigen Weg vom Erzeuger zum Verbraucher kom- einer Effizienz von 70 Prozent diesen Bedarf auf Wasserstoff men. Energieversorger und Netzbetreiber wie EnBW, Uniper und umstellen, entspräche dies 334 TWh. Die gesamte regenera- TenneT, aber auch viele Stadtwerke wie Mainova beschäftigen tive Stromerzeugung liegt jedoch in Deutschland nur bei sich damit schon lange. Sie legen einen wichtigen Grundstein 180 TWh, was wiederum die Notwenigkeit der Importe für die schon heute dringend von der Industrie benötigte und verdeutlicht. auch auf Wasserstoff gestützte Energie-Infrastruktur. Unterstützt werden sie dabei auch von Drees & Sommer. Das Unternehmen Doch auch andere Bereiche können Wasserstoff gut gebrauchen. begleitet die Energiebranche beim Aus- und Umbau ihrer In der Mobilität zeichnet sich schon jetzt ab, dass die schwere Versorgungsinfrastruktur sowie bei der Realisierung von Strom-, Straßenlogistik, also Fahrzeuge mit mehr als 7,5 Tonnen, und auch Gas- und Wärmenetzen, also genau jener Infrastruktur, die für die Luft- und Schifffahrt auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein eine Wasserstoffwirtschaft notwendig wird. werden, idealerweise zu großen Teilen hergestellt aus regenerativem Wasserstoff. Hier müssten Kraftstoffe nach einer Greenpeace- Auch ein entsprechendes gesamteuropäisches Leitungssystem Studie in einer Größenordnung von 363 TWh entstehen. ist in Planung, das European Hydrogen Backbone, das von einer gleichnamigen Initiative in Angriff genommen wird. Bis 2030 soll Im Wärmemarkt hingegen wird Wasserstoff eine wohl eher ein 6800 Kilometer langes Leitungssystem entstehen, das zu untergeordnete Rolle spielen. Hier sind Wärmepumpen bei 75 Prozent aus umgewidmeten Erdgasleitungen besteht. der direkten Stromnutzung effizienter. In Quartierslösungen kann Ein reines Wasserstoffnetz sowie ein Bio-Methannetz sollen der Einsatz von Wasserstoff jedoch sinnvoll sein. Das Rostocker dieses System ergänzen. Unternehmen Exytron hat eine Lösung entwickelt, wie mittels Wasserstoff statt Erdgas – so will die „European Hydro- gen Backbone Initiative“ ein 6800 Kilometer langes Leitungssystem bis zum Jahr 2030 schaffen. Aus umgenutz- ten Erdgasleitungen sollen drei Viertel des Netzes bestehen, die durch neue Leitungs- abschnitte miteinander verbunden werden. © European Hydrogen Backbone Initiative – Guidehouse >
// Weltmeisterrolle ausbauen bei Wasserstofftechnologie-Exporten In der kommenden Legislaturperiode wird sicherlich auch das 19 Deutschland nimmt im Bereich der Technologie-Exporte weltweit Thema CO2-Bepreisung eine wichtige Rolle spielen. Denn wenn WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N eine Führungsposition ein. Im Rahmen einer grünen und globalen der grüne Wasserstoff – der zunächst erstmal teurer ist – Wasserstoffwirtschaft gilt es, diese Führungsposition zu stärken eine Chance gegenüber fossilen Energieträgern haben soll, und auszubauen. Dazu ist es notwendig, die Anlagen zunächst müssen diese entsprechend besteuert werden. Dazu kommt einmal im eigenen Land aufzubauen und zu testen, bevor sie im die Regulatorik auf europäischer Ebene, etwa wenn es um großen Stil exportiert werden können. Beimischungsquoten geht. Damit das gelingt, sind neben klug gestalteten Fördermaßnah- Kurzum: Der Weg hin zur Wasserstoffrepublik ist noch lang, und men auch regulatorische Fragen entscheidend. Beispielsweise der Paradigmenwechsel gelingt nur mit einer klugen Regulierung, könnte eine Befreiung der Wasserelektrolyse von der EEG-Umlage mit einer starken Industrie- und Forschungslandschaft und mit die Produktion wesentlich attraktiver machen. Beim Ausbau der internationalen Partnern. Leitungsnetze ist die Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes gefragt. Auch sollte der Ausbau Erneuerbarer Energien, insbeson- dere der Windkraft an Land, nicht ausgebremst, sondern stark beschleunigt werden. Für die eigene grüne Wasserstoffproduktion in Deutschland ist sie die Grundlage. Thomas Bittner Senior Teamleiter der Drees & Sommer SE Thomas Bittner absolvierte sein Studium des Bauingenieurwe- sens mit dem Schwerpunkt Bauproduktion und Bauwirtschaft an der TU Dortmund. Nach dessen Abschluss startete er im Jahr 2002 bei Drees & Sommer als Projektmanager. Parallel hierzu schloss er im Jahr 2003 seine Weiterbildung zum Immobilienökonom (ebs) ab. Im Jahr 2006 wechselte er zu einem international tätigen Bauunternehmen. Dort war er im Bereich Projekt-, Vertrags- und Claim-Management in der Öl- und Gasindustrie in Afrika tätig und gewährleistete auch in einem schwierigen Projektumfeld, wie dem Nigeria-Delta, Termintreue, hohe Qualitätsansprüche und Budgetsicherheit. Durch seine langjährige Bauerfahrung auf nationalem sowie internationalem Parkett ist er ausgewiesener Fachmann in der Abwicklung komplexer Großprojekte. Sein Know-how setzt er seit 2016 erneut für Drees & Sommer als Senior Teamleiter ein und verantwortet seitdem für das Unternehmen das Projekt des Internationalen Beschleunigerzentrums FAIR. <
// 20 WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N „AUS ZWEI MACH DREI ODER MEHR“ Im Interview mit den Drees & Sommer-Experten Christoph Gawlik und Leonardo Estrada spricht Frank Urbansky, der Journalist des Blogs enwipo.de, über den Ansatz der Polygeneration. © jittawit.21 – gettyimages.com Was verbirgt sich dahinter und wie lassen sich in Zukunft Strom, Wärme oder auch Wasserstoff insbesondere auf regionaler Ebene sinnvoll verknüpfen? Herr Estrada, was genau verbirgt sich Und wie setzen Sie das in die Der Wasserstoff der Zukunft soll hinter dem Begriff Polygeneration? Praxis um? ja grün sein. Estrada: Bei der Kraft-Wärme-Kopplung Estrada: An erster Stelle analysieren Gawlik: Ja, grüner Wasserstoff wird durch entstehen Strom und Wärme, also zwei wir für unsere Kunden die Leistungs- Strom aus Erneuerbaren Energien herge- Produkte gleichzeitig aus einem Prozess. bilder der Anlage, wie sie arbeitet und stellt. Hier kommen auch Müllheizkraft- Kommt noch ein weiteres Produkt hinzu, wo eventuell Reserven sind. Wenn wir werke ins Spiel. Ihr Strom gilt schon dann handelt es sich bereits um eine das aufgespürt haben, beurteilen wir, heute zu 50 Prozent nach dem Energie- Mehrfacherzeugung, auch Polygeneration für welche Energie-Produkte die Reser- wirtschaftsgesetz als grün. Zu unserem genannt. Plakativ gesprochen: Aus zwei ven infrage kommen. Beispielsweise Leistungsbild gehört es, als Enabler zu mach also drei oder mehr. Es geht darum, kann es sinnvoll sein, in einer Anlage fungieren und die Betreiber entsprechen- Wärme, Strom und weitere gasförmige nicht nur Wärme und Strom, sondern der Anlagen mit den richtigen Akteuren oder flüssige Energieträger aus diversen zusätzlich Wasserstoff zu erzeugen. in der jeweiligen Region zusammenzu- Roh- und Reststoffen herzustellen und Da dessen Transport noch aufwendig bringen. Das können weltweit operierende sie innerhalb eines effizienten Energie- ist, sollten die Kunden, die diesen Gaskonzerne, führende Hersteller von Elek- systems für den regionalen Bedarf zu regelmäßig abnehmen, nicht weit trolyseuren, Industrieunternehmen und nutzen. Läuft eine energietechnische weg sein. natürlich auch die öffentliche Hand sein. Anlage beispielsweise unwirtschaftlich, dann kann sie durch Hinzufügen eines weiteren Energieproduktes wie Wasser- stoff – oder Vorprodukte für seine Herstellung – rentabel werden. >
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