AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal

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AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal
AUS
SICHERER
  QUELLE                     dreso.com
                             HEFT 2

                             03/21

       Sonne oder Wind?
 Wärme oder Wasserstoff?
  Erneuerbare Energie hat
          viele Gesichter.

                                         © Andriy Onufriyenko – gettyimages.com
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INHALT                                                                                                            2

                                                                                                                  D R E E S & S OM M E R
07
                                                   40
                                      Ob wir die Energiewende schaffen,
                                       entscheidet sich in den Städten

Stresstest fürs Stromnetz

23
                                     03	Vorwort – Dierk Mutschler
             Grüner Wasserstoff
                                     04 E RNEUERBARE ENERGIEN: WEGE IN DIE ZUKUNFT – D
                                                                                       r. Ludger Eltrop
             als Basis für E-Fuels
                                     07 U
                                         NTER STROM
                                     07 Stresstest fürs Stromnetz – Christopher Vagn Philipsen, Henrik Töpelt
                                     12 Ihre Strom-Bestellung bitte! – Klaus Dederichs, Bita Sotoudeh

                                     16 WASSERSTOFF: DER STAR UNTER DEN ELEMENTEN
                                     16 Wasserstoffwirtschaft: Grün und Global – Thomas Bittner
                                     20 „Aus zwei mach drei oder mehr“ – Leonardo Estrada, Christoph Gawlik
                                     23	Grüner Wasserstoff als Basis für E-Fuels – Prof. Dr.-Ing. Hans Sommer
                                     26 Exytron: Abschied von den fossilen Energiedinosauriern – Klaus Schirmer

                                     29 K
                                         RAFTWERKE – IM KLEINEN WIE GROSSEN
                                     29 Mikrosicht: 2050 – Kraftwerke im Kompaktformat –
                                        Prof. Dr. Michael Bauer, Johannes Hopf
                                     34 Makrosicht: Was passiert künftig eigentlich mit den Großkraftwerken?
                                     36 „Wie man Kohlekraftwerke auf Erdgas umrüstet“ – Prof. André D. Thess

                               29
                                     37 Grüne Wiesen statt Reaktorkuppeln –
                                        Peter Liebsch, Hans-Peter Semmler
                                     40 E NERGIE IN DER CITY
                                     40 Ob wir die Energiewende schaffen, entscheidet sich in den Städten –
                                         Gregor Grassl, Iris Belle
                                     44 Mit der richtigen Energie zum klimapositven Gebäude –
                                        Dr. Christine Lemaitre
                                     47 Weitergeben! Die Wärme der Herzkammern des World Wide Webs –
                                        Andreas Ahrens, Daphne Gielesen
                                     51 Energie, die Menschen bewegt – Fabian Gierl, Jan Vorkötter

                                     55 Ausblick – Steffen Szeidl

                                     58 Impressum
2050 – Kraftwerke im
Kompaktformat
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   VORWORT

                                                                                                                      D R E E S & S OM M E R
  ENERGIE-
   REICHES
                                    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                                    keine Frage: Die Transformation der Energiesysteme ist zweifellos die Heraus-

FUNDAMENT
                                    forderung schlechthin, die wir als Menschheit im 21. Jahrhundert bewältigen
                                    müssen. Beim Ziel der Klimaneutralität bis 2050 geht es aber längst nicht nur
                                    um den Umweltschutz an sich, sondern vielmehr um die Modernisierung der
                                    Wirtschaft als Ganzes. Und dafür muss grüne Energie in ausreichenden Mengen

  UNSERER                           das bedingungslose Fundament bilden – gerade in Zeiten des strukturellen Wan-
                                    dels hin zur energieintensiven Digitalökonomie. Zwar befinden wir uns bereits
                                    mitten im Umschwung auf Erneuerbare Energien, nichtsdestotrotz ist weltweit

  ZUKUNFT
                                    die Abhängigkeit von fossilen Energierohstoffen noch immer enorm.

                                    Für das weitere Gelingen der Energiewende ist mehr denn je Mut zur Innovation
                                    gefragt. Unsere Expertinnen und Experten von Drees & Sommer begleiten
                                    zahlreiche Projekte, um die Energieversorgung und die Energieeffizienz für
                                    unsere Städte, Quartiere, Immobilien und auch unsere Infrastruktur nachhaltiger
                                    und besser zu machen. Sie setzen dabei auf interdisziplinäre Zusammenarbeit
                                    und vor allem darauf, übergreifende Lösungsansätze für unsere Kunden der
                                    öffentlichen Hand als auch der Wirtschaft umzusetzen – und achten dabei
                                    stets auch auf eine Reduzierung des gesamten CO2-Fußabdrucks.

                                    Welche Herausforderungen unsere Kolleginnen und Kollegen tagtäglich in
                                    ihren Projekten lösen, dazu geben sie schlaglichtartig Einblicke in zahlreichen
                                    Beiträgen und Interviews. Das reicht vom Ausbau unseres Stromnetzes – und
                                    wie es mittlerweile sogar mit intelligenten Immobilien kommunizieren kann –
                                    über eine kluge Abwärmenutzung bei Rechenzentren oder den Rückbau sowie
                                    die Umnutzung von Großkraftwerken bis hin zu Einsatzmöglichkeiten des grünen
                                    Wasserstoffs in Quartieren oder im Verkehr. Und das sind nur einige der Themen,
                                    mit denen wir uns bei Drees & Sommer – und auch in diesem Themenheft –
        Von Dierk Mutschler,        beschäftigen. Bei unseren internen, aber genauso auch bei allen externen Auto-
   Vorstand der Drees & Sommer SE   rinnen und Autoren möchte ich mich im Namen des gesamten Vorstands an
                                    dieser Stelle sehr herzlich für die wertvollen Anregungen und Inhalte bedanken.

                                    Mit unserem umfassenden Energie-Dossier wollen wir Ihnen Impulse liefern,
                                    wie die Energiewende gelingen kann. Da wir als Drees & Sommer dieses Ziel zu
                                    keinem Zeitpunkt aus den Augen lassen, kann ich Ihnen garantieren, dass wir
                                    unseren „Blue Way“, der uns seit Jahrzehnten auszeichnet, auch weiterhin
                                    entschlossen und konsequent verfolgen werden. Darunter verstehen wir Nach-
                                    haltigkeit mit all ihren Facetten voranzutreiben: Ökonomie, Ökologie und
                                    Soziologie gehören für uns untrennbar zusammen.

                                    Bei Drees & Sommer sind wir stolz darauf, dass wir unsere CO2-Emissionen
                                    soweit reduziert und kompensiert haben, dass wir seit vergangenem Jahr sogar
                                    klimapositiv sind. Wir haben uns zudem auf den Weg gemacht, eine Beneficial
                                    Company zu werden. Ein solches Unternehmen übernimmt eine Vorbildfunktion
                                    und gibt nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gesellschaft mehr zurück, als
                                    es verbraucht.

                                    Weiteres Zögern können wir uns nicht mehr leisten. Packen wir‘s gemeinsam an!
                                    In diesem Sinne: Viel Freude beim Lesen!

                                    Ihr Dierk Mutschler
                                    Vorstand der Drees & Sommer SE
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                                                                                                                                                                         E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T
                                ERNEUER-
                                BARE
                                ENERGIEN:

                                                                                                                                                                         
                                WEGE IN
                                DIE
© loveguli– gettyimages.com

                                ZUKUNFT
                                Sie sind höchst attraktiv. Die meisten                               Erneuerbare Energien haben ein ungeheures Potenzial. Sie sind
                                                                                                     ausgesprochen vielseitig, in großer Menge verfügbar und auf
                                Menschen kennen sie. Stellenausschrei-                               der Welt so breit verteilt, dass sie überall – gegebenenfalls mit
                                                                                                     verschiedenen Schwerpunkten – genutzt werden können.
                                bungen und Job-Profile hierzu finden                                 Es ist aber auch wichtig festzuhalten, dass Erneuerbare Energien
                                                                                                     nur eine Seite der Medaille eines nachhaltigen Energiesystems
                                immer eine große Resonanz. Und für                                   darstellen. Erst im Konzert mit Energieeffizienz und Energie-
                                                                                                     einsparung bekommen sie ihre besondere Bedeutung. Nur weil
                                das neue Energiezeitalter werden sie                                 die Energie ‚erneuerbar‘ ist, sollte sie nicht verschwendet oder
                                                                                                     leichtfertig genutzt werden. Ihre zentrale Eigenschaft, nämlich
                                als die Zukunft schlechthin angesehen.                               eine vergleichsweise geringe Energiedichte und damit auch
                                                                                                     eine eingeschränkte – zeitliche und räumliche – Verfügbarkeit,
                                Um es gleich vorneweg zu nehmen:                                     bleibt bestehen. Damit geht einher, dass wir einen relativ
                                                                                                     hohen Flächenverbrauch für die Anlagen zur Nutzung Erneuer-
                                Das ist auch so!                                                     barer Energien haben. Eine Herausforderung, um die sich auch
                                                                                                     viele Konflikte mit Anwohnern und Anwohnerinnen sowie
                                                                                                     Bürgern und Bürgerinnen entspinnen.

                              Von Dr. Ludger Eltrop, Abteilungsleiter für Erneuerbare Energien am
                                                                                                     Hohe Potenziale mobilisieren
                              Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER)
                                                                                                     Erneuerbare Energien haben ein hohes Potenzial. Das muss
                              der Universität Stuttgart
                                                                                                     angesichts vieler Erhebungen – auch in den Beiträgen in
                                                                                                     diesem Dossier – daher hier nicht detailliert erörtert werden.
                                                                                                     Unsere Versorgung mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien ist
                                                                                                     möglich und umsetzbar. Aber wo und wie genau? Üblich ist
                                                                                                     eine getrennte Sicht auf die Bereiche Strom, Wärme und
                                                                                                     Kraftstoffe oder die Sektoren Verkehr, (private) Haushalte,
                                                                                                     Industrie sowie Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD).

                                                                                                                                                                  >
AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal
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Die deutlichsten Potenziale und Fortschritte haben wir in            ist die Nutzung von Biomasse für Strom und Wärme schlichtweg

                                                                                                                                          E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T
den letzten Jahren im Bereich der Stromerzeugung gesehen.            Verschwendung. Die teure und energiereiche Biomasse soll eher
Insbesondere die Entwicklung bei den sogenannten ‚volatilen‘         in energieintensive Anwendungen im Schwerlastverkehr oder der
oder ‚fluktuierenden‘ Erneuerbaren Energien – Wind und               Industrie eingesetzt werden. Im neuen Begriff der Bioökonomie
Sonnenenergie – hat den regenerativen Anteil an der jährlichen       verbirgt sich dann noch die Forderung, Biomasse eher stofflich,
Gesamtstromerzeugung auf bis zu 50 Prozent angehoben.                mindestens aber kaskadisch, also erst (mehrfach) stofflich, dann
Zu bestimmten Zeiten, in der Regel mittags, sind sogar               erst energetisch, einzusetzen.
100 Prozent möglich.
                                                                     Alle diese Argumente sind ernst zu nehmen. Bei der Bioenergie
Im Bereich der Wärmeerzeugung sind die Fortschritte weit             geht es also letztlich darum, den Rohstoff intelligent zu
weniger deutlich. Hier liegt der Anteil an Erneuerbare Energien      nutzen, einen technisch, ökonomisch und gesellschaftlich gut
am Endenergieverbrauch erst bei ca. 6,5 Prozent und stagniert        ausgewogenen Mix an Verfahren und Pfaden zu nutzen – zum
seit dem Jahr 2010 bei ca. 170 Terrawattstunden. Und bei den         Beispiel die biologischen Reststoffe aus Industrie, Gewerbe
Kraftstoffen sieht es noch schlechter aus. Im Verkehrssektor         und Haushalten prioritär einzusetzen – und insbesondere die
sind es erst ca. 35 von insgesamt rund 750 Terrawattstunden,         Anforderungen für die Ernährung und den Naturschutz nicht

                                                                                                                                          
also nur etwa 4,7 Prozent aus Erneuerbaren Energien.                 aus den Augen zu verlieren.
Und dieser Zustand stagniert seit dem Jahr 2008.
                                                                     Wind und Solarenergie – quo vadis?
Insgesamt liegen wir bei den Erneuerbaren erst bei einem             Wind- und Solarenergie sind unbestritten die Hoffnungsträger
Anteil von circa 17 Prozent Endenergie. Bis zu einer erneuerbaren    unter den Erneuerbaren Energien. Wo geht ihre Entwicklung hin?
Energieversorgung von 100 Prozent ist der Weg also noch weit.        Bei der Windenergie weht der Gegenwind besonders onshore
Ohne eine weitere Entkopplung von Wirtschaftsentwicklung und         inzwischen härter. Der Zubau in Baden-Württemberg hat trotz
Energieverbrauch sowie einem deutlichen Sprung bei Energie-          politischen Rückenwinds deutlich nachgelassen. 2019 wurden
effizienz und Energieeinsparung wird es nicht gehen. Ganz offen-     hierzulande nur noch 15 Windenergieanlagen in Betrieb genom-
sichtlich sind die Herausforderungen für 100 Prozent Erneuerbare
Energien in den Sektoren und Technologien sehr verschieden.

                                                                                      Wind- und Solar-
                                                                                      energie sind
                                                                                      unbestritten die
                                                                                      Hoffnungsträger
                                                                                      unter den Erneuer-
                                                                                      baren Energien.
© Andriy_Onufriyenko – gettyimages.com

                                                                                               men. Offshore geht’s dagegen
                                                                                               zügiger weiter. Von 2018 auf 2019
                                                                                               erhöhte sich die installierte Leistung
                                                                                               um 1,1 Gigawatt auf insgesamt 7,5 Gi-
                                                                                               gawatt. Der technische Trend geht
                                                                                               inzwischen zu riesigen Windenergie-
Bioenergie – das umstrittene Schwergewicht und Alleskönner           anlagen, deren Leistung von heute knapp unter 10 Megawatt
Ohne die Bioenergie geht bei diesen Szenarien gegenwärtig nicht      auf 15 – 20 Megawatt pro Anlage steigen soll. Das sind gewaltige
viel. Sowohl bei der Wärmeerzeugung als auch bei den Kraftstof-      Dimensionen, die nur durch hoch innovative Materialien und ein
fen bilden sie das Rückgrat und Schwergewicht der erneuerbaren       ausgeklügeltes Management der gesamten Prozesskette gebaut,
Erzeugung. Zugleich wird große Kritik an der energetischen Nut-      errichtet und betrieben werden können.
zung von Biomasse geübt. Für Naturschützer sind die vorgeblich
entstandenen Monokulturen eine Gefahr für die Biodiversität,          Bei der Solarenergie verstärkt sich der Trend zur Photovoltaik.
insbesondere der hohe Anteil an Mais, der in Zeiten des Klima-        2019 wurden weltweit über 105 Gigawatt neue Photovoltaik-
wandels auch besonders den Wasserhaushalt beeinträchtigt. Viel Leistung installiert. Gegenwärtig sind auch Solaraktien wieder
Kritik muss auch die Erzeugung von Kraftstoff aus Biomasse ein-       auf einem Höhenflug. Für den echten Ingenieur sind natürlich so-
stecken, die mit dem Begriff „Teller-Tank-Konflikt“ beschrieben ist. larthermische Kraftwerke – Parabolrinnen oder Turmkraftwerke
In der globalen Diskussion steht der Begriff „Agrofuels“ für die     – das Nonplusultra der regenerativen Energietechnologien. Von
weiterhin großen Gegensätze mit Anforderungen an Gerechtig-           den Betriebsparametern und dem recht einfachen Handling her
keit, Arten- und Klimaschutz. Für die moderne Energiewirtschaft       spricht aber vieles dafür, dass die Photovoltaik weltweit die So-

                                                                                                                                  >
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lartechnik der Zukunft ist. Sie ist äußerst vielfältig einsetzbar, von

                                                                                                                             E R N E U E R B A R E E N E R G I E N : W EG E I N D I E Z U K U N F T
den klassischen Aufdachanlagen über struktur- und gebäudeinte-
grierte Anlagen bis zu Freilandanlagen als Agrophotovoltaik oder
auch auf Baggerseen. Den Einsatzmöglichkeiten der Photovoltaik
sind technisch und auch ökonomisch kaum Grenzen gesetzt. Die
global größten Solaranlagen sind Photovoltaik-Anlagen mit Grö-
ßenordnungen von über zwei Gigawatt – und einer Ausdehnung
von mehr als 50 km²! Inzwischen warnen Kritiker sogar vor solch
großen Anlagen, da sie angeblich die Rückstrahlung
(Albedo) der Oberflächen, auf denen sie stehen, beeinflussen.

Integration der Erneuerbare Energien ins Energiesystem –
die eigentliche Herausforderung!
Bei aller Technikeuphorie – die eigentliche Herausforderung
für die Erneuerbaren Energien liegt in der Integration in das Ener-

                                                                                                                             
giesystem. 100 Prozent regenerative Energien müssen mit dem
Energiebedarfsprofil der entsprechenden Region oder des Landes
in Übereinstimmung gebracht werden. Der zeitliche und räumli-
che Verlauf des Energieverbrauchs und ihre Übereinstimmung mit                        Dr. Ludger Eltrop
                                             den Erzeugungsprofi-        Abteilungsleiter für Erneuerbare Energien
                                             len der Erneuerbaren          am Institut für Energiewirtschaft und
    Die eigentliche                          Energien stellen die           Rationelle Energieanwendung (IER),
    Herausforderung                          eigentliche Hürde für       Universität Stuttgart, Universität Stuttgart
                                             den weiteren Ausbau
     für die Erneuer-                        dar. Das Stichwort          Ludger Eltrop (geb. 1959) kommt aus dem
                                             dazu heißt „Flexi-
    baren Energien                           bilität“. Speziell die
                                                                          niederrheinischen Duisburg und Münster,
                                                                           Westfalen. Das Studium der Biologie an
    liegt in der                             volatile Erzeugungs-         der Universität Bonn und Studienaufent-
                                             charakteristik von           halte in Toronto und Montpellier führten
    Integration in das                       Wind und Solar-              ihn schließlich nach Stuttgart zur Promo-
    Energiesystem.                           energie erfordert auf            tion an die Universität Hohenheim.
                                             anderer Seite ausglei-      Nach Berufserfahrung in der Industrie als
                                             chende Technologien           Projektmanager Anlagenbau im Bereich
                                             und Mechanismen.             Kompostierung und Vergärung kehrte er
Diese können mit vielfachen Mitteln bereitgestellt werden, von           zurück zur Universität Stuttgart. Dort leitet
der verteilten Erzeugung über Speicher, Im- und Exporte bis zur           er heute am Institut für Energiewirtschaft
Regelung von Erneuerbare Energieanlagen. Biomasse kann als                  und Rationelle Energieanwendung die
gespeicherte Solarenergie hier auch eine zentrale Rolle spielen.         Abteilung Systemanalyse und Erneuerbare
Ein nachhaltiges und klimaschonendes Energiesystem – das ist                 Energien. In dieser Tätigkeit ist er für
das gemeinsame Ziel – kann nur durch ein gut orchestriertes                  Forschungsprojekte zu erneuerbaren
Zusammenspiel verschiedenster Technologien und Regelungen                   Energien in Deutschland und weltweit
erreicht werden. Dies ist vor allem auch eine gesellschaftliche           unterwegs, u.a. als Gastprofessor an der
Herausforderung, die im Diskurs mit den Menschen gelöst                    Universität Stuttgart. Eltrop sieht in sei-
werden kann.                                                              nem Faible für die Bio- und Solarenergie
                                                                          eine geeignete Verbindung zum Rotwein.
                                                                          Er will Studierenden und Projektpartnern
                                                                            Klimaschutz und nachhaltige Energie-
                                                                           versorgung als hochspannende Chance
                                                                               und nicht als Problem vermitteln.

                                                                                                                         <
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                                                                                                                   U N T E R S T R OM
                                    STRESSTEST FÜRS
                                      STROMNETZ
                                      Ohne Fehler selten eine Erkenntnis. Wie das europäische
                                    Stromsystem als ein hochkomplexes Geflecht funktioniert und
                                    worin genau die Herausforderungen der Energiewende für die
                                       Stromnetze liegen, das lässt sich anhand einer kürzlich
                                        aufgetretenen Panne besonders gut nachvollziehen.

                                               Von Christopher Vagn Philipsen, Partner der Drees & Sommer SE
                                                 und Henrik Töpelt, Head of Energy der Drees & Sommer SE
© federico-beccari – unsplash.com

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Im Januar sorgte ein Beinahe-Blackout für Schlagzeilen.                        Mechanismus mit System – die Regelenergie

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Der Ausfall eines kleinen Umspannwerks in Kroatien hätte um                    Rund um die Uhr stellt nämlich ein klug konzipierter Angebot-
ein Haar fast das gesamte europäische Stromnetz lahmgelegt.                    Nachfrage-Mechanismus sicher, die Netzfrequenz bei 50 Hertz
Um die darauffolgenden Kettenreaktionen zu verstehen, hilft es,                stabil zu halten. Einige Stromproduzenten, aber auch Strom-
sich mit den wesentlichen Voraussetzungen für stabile Strom-                   verbraucher und Stromspeicher halten sich bereit, auf Abruf in
netze zu beschäftigen. Dazu zählen die Frequenz, die Grundlast                 kürzester Zeit sogenannte Regelenergie zur Verfügung zu stellen
sowie das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -abnah-                    oder sie zu beziehen.
me. Noch tragen Großkraftwerke dazu bei, all das zu gewähr-
leisten. Doch das ändert sich mit zunehmendem Gewicht der                      In Deutschland sind vier Übertragungsnetzbetreiber für die
Erneuerbaren Energien und der stetig steigenden dezentralen                    Übertragungsnetze, die Netzfrequenzhaltung und das Manage-
Erzeugung von Strom.                                                           ment der Regelenergie zuständig: 50 Hertz, Amprion, TenneT
                                                                               und TransnetBW. Sie schreiben in jeweils festgelegten Gebieten,
Frequenz: Alle müssen im Takt bleiben                                          sogenannten Regelzonen, für jede Viertelstunde des folgenden
50 Hertz müssen es sein, so lautet das Frequenz-Gebot                          Tages die benötigte Regelleistung verbindlich aus.
unseres Stromnetzes. Ist die Frequenz niedriger, fehlt Strom
im Netz – steigt sie zu sehr an, gibt es zu viel. Wenn das                     Was von den europäischen Netzbetreibern nun Anfang Januar
passiert, gerät das eng miteinander verwobene, europäische                     buchstäblich glimpflich geregelt wurde, führte dennoch zu
Netz erheblich aus dem Takt.                                                   intensiven Kontroversen zum Thema Versorgungssicherheit:
                                                                               Noch werden nicht allzu große Frequenzschwankungen relativ
Am Tag des Beinahe-Blackouts führte ein Stromüberangebot                       unkompliziert von Kohle- und Kernkraftwerken ausgeglichen.
Südosteuropas dazu, dass ein Schutzmechanismus Teile einer                     Vereinfacht dargestellt: Wird zu viel Strom ins Netz eingespeist,
kroatischen Umspann-Anlage abschaltete. Als Folge teilte sich                  drehen sich ihre Generatoren langsamer und produzieren
das europäische Stromnetz in weniger als einer Minute unbeab-                  weniger Strom, was auch eine erhöhte Frequenz reduziert.
sichtigt in zwei Gebiete auf: den Nordwesten, dem Erzeugungs-                  Umgekehrt funktioniert der Effekt bei einem Strommangel.
leistung fehlte, und den Südosten, in dem ein entsprechender
Überschuss bestand.                                                            So sind in Deutschland 750 Megawatt für die sogenannte
                                                                               Primärregelung, die oberste Stufe der Frequenzsicherung nötig.
In Frankreich und Italien mussten Großverbraucher ihre Ab-                     Damit ist die innerhalb von Sekunden aktivierbare Regelenergie
nahme drosseln. Und Österreichs Energieversorger aktivierten                   gemeint. Das entspricht etwa grob der Hälfte der Leistung eines
große Mengen Wasserkraft, um das unerwartete Stromdefizit                      Großkraftwerks. Bei Wegfall von Kernkraft und Kohle gelten vor
auszugleichen. Dass die europäischen Netzbetreiber so derart                   allem Gasmotoren und -turbinen als eine Alternative. Mittel- bis
schnell und koordiniert reagierten, sorgte binnen einer Stunde                 langfristig könnten auch immense Stromspeicher in Form von
dafür, den Normalbetrieb im Netz wiederherzustellen.                           Batterien in Frage kommen.

                                                                 Drees & Sommer unterstützt Netzausbau- und
                                                                 Netzanschlussprojekte von Amprion

                                                                 Als einer der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber ist die
                                                                 Amprion GmbH dafür verantwortlich, das Höchstspannungs-
                                                                 Transportnetz von Niedersachsen bis zu den Alpen sicher zu
                                                                 betreiben und bedarfsgerecht auszubauen. Die Energiewende
                                                                 und der europäische Stromhandel führen dazu, dass der Weg
                                                © Amprion GmbH

                                                                 des Stroms vom Erzeuger zum Verbraucher immer länger wird.
                                                                 Der bedarfsgerechte Aus- und Umbau des Netzes erfordert viele
                                                                 parallellaufende Leitungs- und Anlagenbauprojekte, so dass
                                                                 Amprion vor großen Herausforderungen beim Projektmanage-
                                                                 ment steht.

                                                                 Seit Dezember 2017 begleiten die Drees & Sommer-Infrastruktur-
                                                                 experten Amprion bei Netzausbau- und Netzanschlussprojekten
                                                                 mit Dienstleistungen rund um das Multi-Projektmanagement.
                                                                 Dazu gehört beispielsweise, Rahmenterminpläne zu erstellen und
                                                                 fortzuschreiben, Projektrisiken und Abhilfemaßnahmen aufzuneh-

                                                                                                                                             >
                                                                 men und zu dokumentieren oder Quartals- und Schwerpunktge-
                                                                 spräche vorzubereiten und deren Ergebnisse zu dokumentieren.
AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal
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                                                                                                                                     9
Grüne Grundlast?                                                 Mit dem Ausbau von Smart Grids, auch intelligente Netze ge-

                                                                                                                                     U N T E R S T R OM
Eng mit der stabilen Frequenz von 50 Hertz verknüpft ist das     nannt, ist künftig auch die Erwartung verbunden, Stromaufnahme
Thema Grundlast. Damit wird eine Art Mindestmenge an Strom       und -abnahme automatisiert im Gleichgewicht zu halten.
bezeichnet, die immer im Netz verfügbar sein muss – am           Dahinter steckt, dass digital und dezentral miteinander vernetzte
verbrauchsintensiven Tag genauso wie in der zumeist geruh-       Erzeugungsanlagen, Speicher und Verbraucher anhand intelligen-
samen Nacht. Es handelt sich also um die Last an Leistung, die   ter Messysteme miteinander kommunizieren und zunehmend
keinesfalls im Verlauf eines Tages unterschritten werden darf.   Künstliche Intelligenz ihren Bedarf sowie die Anforderungen
Derzeit benötigt Deutschland etwa 40 Gigawatt Leistung an        des Energiesystems optimal miteinander in Einklang bringt.
Grundlast pro Tag.                                               Das könnte auch die Grundlast des Energiesystems senken.

Gehen nun wie geplant weitere Kraftwerke vom deutschen Netz,     Strom stoppt nicht an der Grenze
besteht die Befürchtung, dass sich mit zunehmender Abhängig-     Doch auch, wenn ein Energiesystem stärker auf Digitalisierung
keit von Erneuerbaren Energien das Blackout-Risiko erhöht.       und Dezentralität setzt, müssen die Netze nicht nur gewartet,
Vor allem, wenn es jahreszeitenbedingt zu sogenannten Dunkel-    optimiert und verstärkt, sondern künftig auch massiv europaweit
flauten kommt, also über mehrere Tage hinweg sehr wenig Strom    ausgebaut werden. Der Stromfluss von den Erzeugungsanlagen
aus Wind- und Solarenergie erzeugt wird. Das kommt nicht allzu   bis in die Steckdosen führt in Europa vom überregionalen Über-
häufig vor, ist aber in bestimmten Perioden schon aufgetreten.   tragungsnetz über die nachgelagerten Verteilnetze bis zu den
                                                                 lokalen Niederspannungsnetzen.
Digital und dezentral ins Gleichgewicht
Mehrere Ansätze werden derzeit diskutiert, wie sich die Grund-   Der Überstromschutz der kroatische Umspannanlage führte im
last auch dann sichern lässt, wenn Erneuerbare Energien einige   südosteuropäischen Netz zu Stromüberschuss, einer Überlastung
Tage in Folge schwächeln. Manche Kohle- zu Gaskraftwerken        der Leitungen und damit über Kroatien hinaus zu einigen Strom-
umzurüsten, könnte ein Teil der Lösung sein. Klimafreundlich     ausfällen. Innerhalb von 43 Sekunden überlasteten 14 Leitungen
ist die Alternative Gas dann, wenn in diesen Kraftwerken in      in Kroatien, Serbien und Rumänien. Das zeigt, wie eng verwoben
der Zukunft der sogenannte grüne Wasserstoff statt fossilem      unsere europäischen Stromnetze sind. Ein Überschuss an Strom,
Erdgas zum Einsatz kommt.                                        der ausweicht, bringt die Leitungen an ihre Grenzen. An den
                                                                 nationalen Grenzen stoppt er jedenfalls nicht.

                                                                                                   Mittlerweile liegt
                                                                                                   in Deutschland die
                                                                                                   Menge der einge-
                                                                                                   speisten Energie aus
                                                                                                   Ökostrom über der
                                                                                                   fossiler Energieträ-
                                                                                                   ger. Den Löwenanteil
                                                                                                   trägt hierzu die
                                                                                                   Windkraft bei.

                                                                                                                             >
AUS SICHERER QUELLE Sonne oder Wind? Wärme oder Wasserstoff? Erneuerbare Energie hat viele Gesichter - Presseportal
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Höchstspannung: Von Nord nach Süd                               Auf Draht: Die Bauabteilung auf Zeit

                                                                                                                                   U N T E R S T R OM
Hinzu kommt, dass sich die Zentren der Stromproduktion          Damit dieser immense Ausbau gelingt, bedarf es eines engen
verlagern. Während zunehmend Kraftwerke in absehbarer           Zusammenspiels aller Beteiligten: Den Netzbetreibern aller
Zukunft im Süden Deutschlands abgeschaltet werden, wird der     Ebenen, den Planern, den Stromerzeugern, der Bundesnetz-
Ausbau der Windenergie im Norden, besonders vor den Küsten      agentur und vor allem den transparenten Austausch mit den
im Meer, weiter voranschreiten. Der Anteil an regenerativ       Bürgerinnen und Bürgern. Ob Machbarkeitsstudien, Unter-
erzeugtem Strom in Deutschland beträgt derzeit etwas mehr       stützung in der Kommunikation von Netzausbaumaßnahmen,
als 50 Prozent, wovon allein Windkraft 27 Prozent ausmacht.     den Auf- und Ausbau von Stromnetzen an Land oder für
Dafür ist der Ausbau des Höchstspannungsnetzes vom wind-        Offshore-Windparks bis zum Abschluss der Genehmigungspla-
intensiven Norden in den industriereichen Süden erforderlich.   nung für Netzausbauprojekte: Drees & Sommer begleitet seit
Eine besondere Rolle spielen hierbei die Höchstspannungs-       den frühen Tagen der Energiewende die Netzausbauprojekte
Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen), die soge-    vieler Netzbetreiber. Wenn erforderlich, auch in der Wahrneh-
nannten Stromautobahnen wie SuedLink oder SuedOstLink.          mung einer Bauherrenfunktion.

Und nicht zuletzt wird bundesweit durch die zunehmende          Zu erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen sowie zu einer
Elektrifizierung der Stromverbrauch enorm steigen, vor allem,   hohen Prozessqualität sorgt bei der Bauausführung beispiels-
weil mehr Autos und Heizungen elektrisch betrieben werden       weise das konsequente Anwenden von Lean Construction
statt mit Öl oder Gas.                                          Management. Was die vorangestellte Phase der Planung
                                                                betrifft, bewährt sich immer mehr die digitale Methode Building
                                                                Information Modeling (BIM), die sehr früh mithilfe des digitalen
                                                                Zwillings des Bauvorhabens Planungsfehler erkennt, Abläufe
                                                                simuliert und Widersprüche aufdeckt. Das vermeidet unnötige
                                                                Bau- und Betriebskosten.

                                                                           Drei Stromautobahnen
                                                                           sollen künftig Ökostrom
                                                                           aus dem Norden
                                                                           Deutschlands in den
                                                                           Süden leiten.
© Bundesnetzagentur

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                                                                                                                                                              11
Unfreiwilligen Stresstest bestanden

                                                                                                                                                              U N T E R S T R OM
Auch wenn Europa nur knapp einem flächendeckenden
Stromausfall entging, haben die Netzbetreiber den, wenn auch
unfreiwilligen, Stresstest bestanden. Für was er sicher gut war:
Seither wird auch in der Öffentlichkeit wieder vermehrt über
die Anforderungen der Energiewende und die Stabilität der
Stromversorgung diskutiert. Durch den umfassenden Umbau
unseres Energiesystems wird es künftig zwar komplizierter,
die sensible Infrastruktur zu managen, aber für das Ziel der

                                                                                                                              © benoitgrasser – fotolia.com
Klimaneutralität 2050 ist dies allemal lohnenswert.

                                                                                                         Der Vorteil der Offshore-
                                                                                                  Windenergie liegt insbesondere
                                                                                                   in der höheren und stetigeren
                                                                                                        Windgeschwindigkeit auf
                                                                                                                       hoher See.
                                                                                                           Auch Drees & Sommer
                                                                                                        unterstützt Planung und
                                                                                                       Umsetzung von Offshore-
                                                                                                                       Windparks.

              Henrik Töpelt
           Head of Energy der
           Drees & Sommer SE

          Als „Head of Energy“ bei                             Christopher Vagn Philipsen
        Drees & Sommer koordiniert                           Partner der Drees & Sommer SE
      Henrik Töpelt alle Tätigkeiten für
       Kunden der Energiewirtschaft.                         Als Partner der Drees & Sommer
     Zu Schwerpunktthemen der Arbeit                        SE verantwortet Christopher Vagn
      des Diplom-Ingenieurs gehören                         Philipsen die Projekte im Bereich
   insbesondere der Stromnetzbau, die                      Energieerzeugung, -verteilung und
      Umnutzung von Kraftwerksstand-                          -speicherung. Zu Schwerpunkt-
    orten, der Rückbau von Kraftwerken                      themen seiner Arbeit gehören ins-
     oder die allgemeine Beratung von                       besondere Erneuerbare Energien,
     Energieversorgungsunternehmen.                            Offshore-Windenergie und der
       Nach seinem Studium des Wirt-                           Stromnetzbau. Unter anderem
     schaftsingenieurwesens mit dem                       unterstützte er mit seinem Team die
       Schwerpunkt Energiesysteme/                         Netzanschlüsse von Offshore-Wind-
      Energiewirtschaft an der Techni-                       parks in der Deutschen Nordsee.
     schen Universität Berlin arbeitete                   Nach seinem verfahrenstechnischen
      er zunächst bei einem Ingenieur-                    Studium an der Universität Stuttgart
       unternehmen in Stuttgart und                           trat der Diplom-Ingenieur 1987
    anschließend bei einem internatio-                        zunächst als Projektleiter in ein
      nalen Planungs- und Beratungs-                       Stuttgarter Ingenieurunternehmen,
      unternehmen. Im Sommer 2020                           bevor er 1997 zu Drees & Sommer
    erfolgte schließlich der Wechsel zu                      kam und dort Leistungsbilder im
    Drees & Sommer, wo er seither alle                         Bereich der Energiewirtschaft
        Energiethemen verantwortet.                                  auf- und ausbaute.

                                                                                                                           <
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                                                                                                                       12
            „IHRE

                                                                                                                       U N T E R S T R OM
              STROMBESTELLUNG
               BITTE!“
© metamorwork – gettyimages.com

                                  Schlaue Gebäude, die ihren Energiebedarf selbst optimieren und sich an die
                                  Nutzerbedürfnisse intelligent anpassen, können einen wichtigen Beitrag für
                                  mehr Energieeffizienz im Immobiliensektor leisten. Im Interview mit dem freien
                                  Wirtschaftsjournalisten Harald Czycholl-Hoch sprechen Klaus Dederichs,
                                  Partner und Head of ICT der Drees & Sommer SE und Projektmanagerin
                                  Bita Sotoudeh über die Vorteile von Customized Smart Buildings.

                                                                                                                   >
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Welche Rolle spielt der Gebäudesektor bei
                                                                                                                                                         13

                                                         © CA Immo_Andreas Muhs
der Erreichung der Klimaziele?

                                                                                                                                                         U N T E R S T R OM
Klaus Dederichs: Eine große. Beispiels-
weise ist der Betrieb beim überwiegenden
Anteil der Gebäude nicht richtig eingestellt.
‚Never change a running system‘ ist häufig
zu hören, obwohl 20 Prozent Energieopti-
mierungspotentiale allein durch einen in-
telligenten Gebäudebetrieb möglich sind.

Bita Sotoudeh: Das Gelingen der Energie-
wende hängt von den richtigen Weichen-
stellungen in den einzelnen Energie-
sektoren ab. Wir brauchen daher endlich
gezielte Aktivitäten für mehr Energie-                                            cube berlin    Wer eine Adresse mit Köpfchen sucht, der ist
effizienz im Gebäudebereich.                                                                     am Berliner Washingtonplatz 3 an der richtigen
                                                                                                 Stelle: Mit dem beeindruckenden Bürogebäude
Aber es passiert doch etwas. Für Sanie-                                                         „cube berlin“ hat der Bauherr CA Immo architek-
rungsmaßnahmen gibt es doch längst                                                               tonisch eine futuristische Kubatur mit doppelter
Fördermittel aus den unterschiedlichsten                                                         Glasfassade entstehen lassen. Das Besondere:
Töpfen.                                                                                          Der gigantische Würfel soll sich über hochmoderne
                                                                                                 künstliche Intelligenz zukünftig weitestgehend
Dederichs: Das stimmt, aber dabei                                                                selbst steuern.
handelt es sich vor allem um passive
Maßnahmen wie beispielsweise die
Dämmung von Gebäuden oder die Erneu-
erung von Heizungsanlagen. Großes
Potenzial bietet aber auch die Reduzierung
des Energieverbrauchs durch Digitalisie-
rung und Künstliche Intelligenz. Sogenann-      die optimale Zeitspanne zum Heizen,                        So eine Datensammlung allein bringt
te Customized Smart Buildings können            Kühlen und Belüften abhängig von den                       aber erstmal wenig. Man muss ja auch
nicht nur die technischen Anlagen mitei-        vorherrschenden Bedingungen und der                        etwas daraus herleiten.
nander vernetzen, sondern auch eine             Belegung und regelt die Räume auf den
Vielzahl von Daten erheben. Es handelt          notwendigen Bedarf. Dadurch lassen sich                    Sotoudeh: Genau, die gesammelten
sich um Immobilien mit Köpfchen –               beträchtliche Energieeinsparungen reali-                   Daten können dann im nächsten Schritt zu
künstliche Intelligenz verknüpft alle techni-   sieren. Die smarte Immobilie konditioniert                 Informationen weiterverarbeitet werden.
schen Anlagen, Sensoren sowie Planungs-,        die Räume gemäß der tatsächlichen Nut-                     Daraus lassen sich detaillierte Nutzungs-
Betriebs- und Nutzerdaten intelligent mit-      zung und schafft einen großen Beitrag                      profile von Gebäuden und Anlagen in Echt-
einander und steuert so die Prozesse im         zur Energieeffizienz und damit auch einen                  zeit ableiten. Mittels Occupancy- oder auch
Gebäude in optimaler Weise. Dadurch             wichtigen Beitrag zur Erreichung unserer                   IoT-Sensoren ist erkennbar, welche Räume
wird die KI das Gebäude und den damit           Klimaschutzziele.                                          wie stark genutzt werden. Und je nach Nut-
verbundenen Energiebedarf nicht nur                                                                        zung der Räume kann dann die Leistung
selbst optimieren, sondern in nicht allzu       Wie erkennt denn das Gebäude, wann                         von Heizung, Klima- oder Lüftungsanlage
ferner Zukunft auch verlässlich prognos-        die Räume genutzt werden und welche                        an den tatsächlichen Bedarf angepasst
tizieren und das den Netzbetreibern mittei-     Bedingungen gerade vorherrschen?                           werden oder in Teilbereichen abgeschaltet
len. Wenn es heißt: Ihre Strombestellung                                                                   werden. Dadurch lässt sich viel Energie
bitte, dann können die Gebäude als              Dederichs: Die Grundlage dafür bildet der                  einsparen, da das Gebäude nur so viel
Cognitive Buildings antworten.                  Einsatz von Sensorik, also die Nutzung von                 Energie benötigt, wie auch Personen im
                                                Messfühlern zur Messung und Kontrolle                      Gebäude sind. In Zukunft kann die KI durch
Das klingt erstmal ziemlich abstrakt.           von Veränderungen in der Umgebung.                         eine Datenanalytik idealerweise sogar
                                                Die Sensoren erfassen Verbrauchsdaten                      Muster für ganze Immobilienportfolios
Sotoudeh: Nehmen wir zum Beispiel               für Wasser, Strom oder Gas oder auch die                   ableiten und so den künftigen Verbrauch
das Heizen, Kühlen und die Belüftung            Intensität der Lichteinstrahlung, melden                   für eine relativ große Zeitspanne vorher-
von Räumen, etwa Büros. Dazu ist eine           Bewegungen oder messen den Schall.                         sagen. Entscheidend dabei ist, welche
gewisse Zeitspanne notwendig, die von           Ein Beispiel, das jeder von zu Hause                       der Daten überhaupt benötigt werden.
verschiedenen Faktoren wie etwa der             kennt, sind Bewegungsmelder, die                           Dazu sind im Vorfeld sogenannte KPIs
Außentemperatur, Luftfeuchte oder den           eben automatisch das Licht anschalten,                     zu entwickeln, damit wir nicht Big Data
Windverhältnissen abhängig ist. In den          sobald sie eine Bewegung vor der Haustür                   erhalten, die keinen Mehrwert bringen.
meisten Gebäuden wird pauschal eine             feststellen. Die Messungen der einzelnen
Zeitspanne der Nutzung angenommen,              Sensoren werden dann in elektrische
die auf jeden Fall lang genug ist. Ein
intelligentes Gebäude hingegen erkennt
                                                Signale umgewandelt, die als Daten
                                                gesammelt werden.                                                                               >
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Und welche Rolle spielt der Strom, den
man selbst etwa durch die Solaranlage
                                            zu Stromerzeugung, Stromverbrauch und
                                            Stromspeicherung die Energieproduktion
                                                                                          verfügbare Leistung anpasst die über-
                                                                                          schüssige Energie in Batteriespeicher
                                                                                                                                                                   14
auf dem Dach erzeugt, für die Erreichung    und den Energieverbrauch optimal auf-         deponiert und bedarfsgerecht an die

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der Klimaziele?                             einander abstimmen und so zu einer            Verbraucher abgibt. In der Zukunft wer-
                                            Verbesserung des Lastenmanagements            den sich auch Elektroautos als passiver
Dederichs: Die Erzeugung von Strom aus      innerhalb des Stromnetzes beitragen.          Energiespeicher nutzen lassen. Hierzu
erneuerbaren Quellen ist – neben der        Das heißt, das Gebäude von morgen             führen wir gerade gemeinsam mit dem
Einsparung von Energie – ein weiterer       spricht quasi mit dem Stromnetz und ver-      Center Smart Commercial Building an
Hebel zur Erreichung der Klimaziele.        netzt die Gebäude zu einem intelligenten      der RWTH Aachen ein gemeinsames
Solar- und auch Windenergie sind jedoch     Quartier als Basis für eine Smart City.       Forschungsprojekt mit vielen Koopera-
stark von Umweltfaktoren abhängig und                                                     tionspartnern durch. Der Schlüssel für
somit volatil, deshalb muss man auch die     Können Sie das näher erklären?               intelligente Stromnetze ist eine Priorisie-
Stabilität des Stromnetzes im Auge behal-                                                 rung des Leistungsbedarfs aller ange-
ten. Aber auch dabei können Customized      Dederichs: Das Stromnetz meldet zum           schlossenen Geräte im Gebäude und
Smart Buildings helfen: Mit sogenannten     Beispiel einen Energieüberschuss aus          eine entsprechende Regulierung der
Smart Grids als zentraler Steuerungsein-    Photovoltaik oder Windenergie und das         verfügbaren Leistung.
heit können sie anhand von Echtzeitdaten    Gebäude reagiert darauf, indem es die

                                                                                                                                   © monicaodo – gettyimages.com
               SMART GRID: STABILITÄT DURCH INTELLIGENTE STROMNETZE

               Erneuerbare Energien, etwa aus Windkraft- oder Solaranlagen, unterliegen
               naturgemäß hohen Schwankungen. Um den Anteil Erneuerbarer Energien am
               Energiemix kontinuierlich zu erhöhen, braucht es ein intelligentes, digitales
               Energiesystem. Parallel zum Stromnetz entsteht daher ein Datennetz, mit
               dem die Erzeugung, die Verteilung, aber auch die Speicherung der erzeugten
               Energie koordiniert wird – das Smart Grid. Die Informations- und Kommuni-
               kations-Technologie dahinter ist in der Lage, die schwankende Energiezufuhr
               und die Stromversorgung im Netz intelligent zu regeln. Erkennt das Smart
               Grid beispielsweise, dass mehr Strom produziert als benötigt wird, lassen
               sich einzelne Anlagen wie Windräder gezielt drosseln.

               Seit Januar 2020 gibt es für alle Haushalte mit einem jährlichen Stromver-
               brauch von mehr als 6.000 Kilowattstunden (kWh) die Pflicht, Smart Meter
               einbauen zu lassen. Solche digitalen, intelligenten Messsysteme sind Teil
               des Smart Grids und kommunizieren den Stromverbrauch und damit den
               Strombedarf in Echtzeit an die Netzbetreiber. Auch der Verbraucher erhält in
               Echtzeit Transparenz darüber, wie viel Strom er gerade verbraucht. Mit dem
               neuen Energiewirtschaftsgesetz will das Wirtschaftsministerium dafür sorgen,
               dass dynamische Stromtarife in Verbindung mit Smart Metern flächendeckend
               auf den Markt kommen. Sie passen sich preislich der Nachfrage und dem
               Angebot im Netz an und sollen so Verbraucher und Klima entlasten.

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Gibt es solche hochintelligenten Gebäude
schon oder ist das noch Zukunftsmusik?
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Sotoudeh: Die gibt es schon, zumindest
vereinzelt als Pilotprojekte. Das von der
CA Immo in Berlin entwickelte Bürogebäu-
de cube berlin wurde letztes Jahr eröffnet.
Es sieht nicht nur architektonisch betrach-
tet modern aus, sondern steckt auch voller
smarter Technologie. Im Bürogebäude
THE SHIP in Köln oder im Hamburger
Hammerbrooklyn der Art Invest, das im
Sommer 2021 eröffnet wird, ist es ähnlich.

                                                                                                                                 © The Ship
Viele weitere Gebäude sind in der
Bearbeitung und in der Fertigstellung.
Aus unserer Sicht ist der Tipping Point
für Customized Smart Building erreicht.                Beim Gebäude THE SHIP
                                                       in Köln setzt der Bauherr
                                                       Fond of mit Unterstützung
Dederichs: Oder schauen Sie nach Stutt-
                                                       von Drees & Sommer auf
gart, wo wir gerade mit dem OWP 12 an
                                                       Digitalisierung.
unserem Drees & Sommer-Firmensitz in
Vaihingen ein neues, nachhaltiges und
natürlich smartes Bürogebäude für 200
Mitarbeiter bauen. Da können wir unseren
Kunden dann live demonstrieren, welche
Vorteile ihnen intelligente Gebäude bieten.

                                                                                                     Bita Sotoudeh
                                                                                                 Projektmanagerin der
                                                                                                  Drees & Sommer SE

                                                                                          Bita Sotoudeh studierte Wirtschafts-
                                                                                            ingenieurwesen mit dem Schwer-
                                                      Klaus Dederichs                       punkt Bauingenieurwesen an der
                                                 Partner und Head of ICT der              Rheinisch-Westfälisch Technischen
                                                     Drees & Sommer SE                     Universität in Aachen sowie an der
                                                                                           University of Technology in Sydney.
                                            Klaus Dederichs startete 2015 als Head of        Bereits während der Studienzeit
                                           ICT bei Drees & Sommer, leitet den Standort    in Aachen unterstützte sie als Werk-
                                         Aachen und ist seit 2019 Partner des auf Bau     studentin im Drees & Sommer-Team
                                        und Immobilien spezialisierten Planungs- und       Beratungsprojekte zu den Themen
                                         Beratungsunternehmens. Dort verantwortet er          ICT, Industrie 4.0 und Internet
                                         insbesondere die Themen ICT, Digitalisierung,           of Things. Gemeinsam mit
                                              Business Transformation, IoT, Big Data,         Drees & Sommer verfasste sie
                                              Industrie 4.0 und Data Center, Vorberei-         ihre Masterarbeit zum Thema
                                         tungsphase und Planungsphase. Er studierte           „Intelligente Datennutzung im
                                          Physikalische Technik an der FH Aachen und       Immobilienbestandsmanagement“
                                        arbeitete mehrere Jahre lang in verschiedenen        und startete nach absolviertem
                                          Ingenieurbüros. Klaus Dederichs entwickelte        Studium im November 2020 als
                                        mit dem Center Smart Commercial Building an           Projektmanagerin am Standort
                                        der RWTH Aachen den Kongress Smart Building       Hamburg. Ihre Arbeitsschwerpunkte
                                           Soution, den er bis heute als Kongressleiter       liegen im Projektmanagement
                                           organisiert und moderiert. Zudem hat er im        von Hochbauprojekten sowie im
                                         Jahr 2019 den Chair des ULI Product Councils         Anforderungsmanagement für
                                             Future Cities – Smart Cities übernommen.             Digitalisierungsprojekte.

                                                                                                                            <
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                               WASSERSTOFF-

                                                                                                                             WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N
                               WIRTSCHAFT:
                               GRÜN UND GLOBAL
                               Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, der kennt die Nummer eins im
                               Periodensystem: Wasserstoff. Aus ihm besteht zum großen Teil auch unser Universum.
                               Sein Potenzial für das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 hat auch Deutschland erkannt.
                               Mit der im Juni 2020 beschlossenen Nationalen Wasserstoffstrategie hat sich die
                               Bundesregierung auf ein Milliardenprogramm für dessen Förderung verständigt.
                               Aus gutem Grund: Vor allem grüner Wasserstoff gilt als klimafreundliche Energiequelle
                               der Zukunft. Damit er künftig im großen Stil marktfähig wird, gilt es, enorme
                               Herausforderungen zu bewältigen.

                               Von Thomas Bittner, Senior Teamleiter der Drees & Sommer SE
© Viaframe – gettyimages.com

                                                                                                                         >
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In reiner Form kommt Wasserstoff auf der Erde kaum vor.
Herstellen lässt er sich hingegen recht einfach. Mit Strom wird
                                                                     Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung von
                                                                     2020 sieht daher auch Importe von grünem Wasserstoff vor und
                                                                                                                                                         17
Wasser durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff gespal-       stellt für solche Partnerschaften rund zwei Milliarden Euro zur

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ten. Letzterer kann umweltverträglich in die Umgebung abgege-        Verfügung – bevorzugt aus dem nordafrikanischen Raum, wo
ben werden. Der durch die Reaktion entstandene Wasserstoff           besonders viel günstige Sonnenenergie zur Verfügung steht.
hingegen wird gasförmig oder in Form eines flüssigen Brennstoffs     Nach den Plänen sollen über eine Stiftung, angegliedert beim
als Energiespeicher verwendet. In dieser Form lässt er sich leicht   Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband (DWV)
transportieren und bei Bedarf wieder nahezu emissionsfrei als        und staatlicherseits unterstützt von der Deutschen Gesellschaft
Energiequelle für die Strom- und Wärmeerzeugung, als Treibstoff      für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), mit den dortigen
im Verkehrswesen oder als Grundstoff in der Industrie nutzen.        Ländern langfristige Abnahmeverträge geschlossen werden.
Wirklich klimafreundlich gilt dabei der sogenannte grüne Wasser-     Letztere sollen im Sinne des Auktionsprinzips gestaltet sein.
stoff. Bei dessen Produktion wird allein auf regenerativen Strom     Es soll also beim Einkauf immer der günstigste Bieter zum Zuge
gesetzt. Und daraus ergibt sich derzeit noch ein Kostenproblem.      kommen, beim Verkauf der höchste Bieter.
Grüner Wasserstoff kostet gut 10 Euro je Kilogramm. Bei grauem
Wasserstoff, der zu 99 Prozent aus Erdgas mittels Dampf-             Mit diesem Mechanismus soll der Teuerung bei grünem Wasser-
reformierung hergestellt wird, sind es etwa 2 bis 3 Euro.            stoff zumindest in einem gewissen Rahmen entgegengewirkt
                                                                     werden. Anfangs könnte dies über die KfW finanziert werden,
„Damit Wasserstoff wirtschaftlich wird, müssen wir die Kosten-       die derzeit schon in Marokko ein Elektrolyseprojekt mit 100 Me-
degressionen bei Wasserstofftechnologien voranbringen.               gawatt (MW) Leistung unterstützt. Dabei kommt es für beide
Ein schneller internationaler Markthochlauf für die Produktion       Seiten darauf an, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Für Europa
und Nutzung von Wasserstoff ist hier von großer Bedeutung, um        wäre dies die Versorgungssicherheit mit einem nachhaltig
technologischen Fortschritt sowie Skaleneffekte voranzutreiben       hergestellten Energieträger, für die afrikanischen Regionen
und zeitnah die notwendige kritische Masse an Wasserstoff für        mehr Wohlstand.
die Umstellung erster Anwendungsbereiche zur Verfügung zu
haben“, hält die Bundesregierung in ihrer „Nationalen Wasser-
stoffstrategie“ fest.

Ohne Importe geht es nicht
Was die Produktion betrifft, ist regenerativer Strom für große
Mengen an grünem Wasserstoff notwendig. Hierzulande liefern
Wind und Sonne dafür aber schlichtweg nicht genügend
Energie. Deswegen braucht es Energieimporte, die entweder
als Solarstrom aus Leitungen oder als Wasserstoff über
Pipelines oder Schiffe hierherkommen.

   Siemens Energy plant ein Wasserstoff-Forschungszentrum
   in Görlitz
   Auf dem Werksgelände von Siemens Energy im sächsischen
   Görlitz entsteht aktuell ein Innovationscampus. Mit anderen
   Hightech-Unternehmen, Startups und Forschungsinstituten
   will Siemens Energy dort künftig an innovativen Produkten
                                                                                                                                        © Siemens 2019

   und Lösungen in den Bereichen Digitalisierung, Automati-
   sierung und Energietechnik der Zukunft zusammenarbeiten.
   Im Fokus steht dabei auch das Thema Wasserstoff. Um die
   Erzeugung, Speicherung und Nutzung des innovativen Ener-
   gieträgers zu untersuchen, realisiert Siemens Energy gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft
   auf dem Campus ein Labor für Wasserstoffforschung. Expertinnen und Experten sollen dort einzelne
   Bestandteile entlang der Wasserstoffwertschöpfungskette bis hin zur industriellen Reife weiterent-
   wickeln. Der Görlitzer Standort soll damit langfristig zu einem Kompetenzzentrum für Wasserstoff-
   technologien werden.
   Das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer begleitet Siemens Energy bei der
   Konzeptionierung, Planung und Umsetzung des Wasserstoff-Forschungszentrums. Als Projektmanager
   verantwortet Drees & Sommer zudem die termin- und kostengerechte Realisierung des innovativen
   Vorhabens. Die Fertigstellung des Wasserstoffkompetenzzentrums ist für 2023 vorgesehen.

   Weitere Informationen unter:
   https://new.siemens.com/global/de/produkte/energie/themen/innovationscampus-goerlitz.html

                                                                                                                                 >
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Potenzielle Abnehmer: Industrie, Schwertransport und
Luft- und Schifffahrt
                                                                      Photovoltaik-Strom auf den Dächern von Wohnanlagen ein
                                                                      kleiner Elektrolyseur im Keller gespeist wird. Dadurch ist es
                                                                                                                                                                                                18
Mittel- bis langfristig ist nicht nur die Frage des ausreichenden     möglich, Wasserstoff im Sommer bei Überschuss von Sonnen-

                                                                                                                                                                                                WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N
und wirtschaftlichen Angebots für die grüne Wasserstoffwirt-          strom zu produzieren und im Winter zur Wärme- und Strom-
schaft zentral, sondern genauso, wer künftig in erster Linie          erzeugung mittels einer Brennstoffzelle zu nutzen.
Abnehmer sein sollte. Derzeit benötigt die hiesige Industrie in
etwa die Hälfte des Strombedarfs in Deutschland – und zwar            Energie-Infrastruktur von Morgen
234 Terawattstunden (TWh) jährlich. Gerade hier ist der Durst         Neben Angebot und Nachfrage spielt auch die Infrastruktur eine
nach Wasserstoff besonders groß, etwa in der Stahlindustrie,          entscheidende Rolle: Der Wasserstoff muss auf einem effizienten
in Raffinerien und der chemischen Industrie. Würde man bei            und kostengünstigen Weg vom Erzeuger zum Verbraucher kom-
einer Effizienz von 70 Prozent diesen Bedarf auf Wasserstoff          men. Energieversorger und Netzbetreiber wie EnBW, Uniper und
umstellen, entspräche dies 334 TWh. Die gesamte regenera-             TenneT, aber auch viele Stadtwerke wie Mainova beschäftigen
tive Stromerzeugung liegt jedoch in Deutschland nur bei               sich damit schon lange. Sie legen einen wichtigen Grundstein
180 TWh, was wiederum die Notwenigkeit der Importe                    für die schon heute dringend von der Industrie benötigte und
verdeutlicht.                                                         auch auf Wasserstoff gestützte Energie-Infrastruktur. Unterstützt
                                                                      werden sie dabei auch von Drees & Sommer. Das Unternehmen
Doch auch andere Bereiche können Wasserstoff gut gebrauchen.          begleitet die Energiebranche beim Aus- und Umbau ihrer
In der Mobilität zeichnet sich schon jetzt ab, dass die schwere       Versorgungsinfrastruktur sowie bei der Realisierung von Strom-,
Straßenlogistik, also Fahrzeuge mit mehr als 7,5 Tonnen, und auch     Gas- und Wärmenetzen, also genau jener Infrastruktur, die für
die Luft- und Schifffahrt auf flüssige Kraftstoffe angewiesen sein    eine Wasserstoffwirtschaft notwendig wird.
werden, idealerweise zu großen Teilen hergestellt aus regenerativem
Wasserstoff. Hier müssten Kraftstoffe nach einer Greenpeace-          Auch ein entsprechendes gesamteuropäisches Leitungssystem
Studie in einer Größenordnung von 363 TWh entstehen.                  ist in Planung, das European Hydrogen Backbone, das von einer
                                                                      gleichnamigen Initiative in Angriff genommen wird. Bis 2030 soll
Im Wärmemarkt hingegen wird Wasserstoff eine wohl eher                ein 6800 Kilometer langes Leitungssystem entstehen, das zu
untergeordnete Rolle spielen. Hier sind Wärmepumpen bei               75 Prozent aus umgewidmeten Erdgasleitungen besteht.
der direkten Stromnutzung effizienter. In Quartierslösungen kann      Ein reines Wasserstoffnetz sowie ein Bio-Methannetz sollen
der Einsatz von Wasserstoff jedoch sinnvoll sein. Das Rostocker       dieses System ergänzen.
Unternehmen Exytron hat eine Lösung entwickelt, wie mittels

                                                                                                                                                          Wasserstoff statt Erdgas –
                                                                                                                                                          so will die „European Hydro-
                                                                                                                                                          gen Backbone Initiative“
                                                                                                                                                          ein 6800 Kilometer langes
                                                                                                                                                          Leitungssystem bis zum Jahr
                                                                                                                                                          2030 schaffen. Aus umgenutz-
                                                                                                                                                          ten Erdgasleitungen sollen drei
                                                                                                                                                          Viertel des Netzes bestehen,
                                                                                                                                                          die durch neue Leitungs-
                                                                                                                                                          abschnitte miteinander
                                                                                                                                                          verbunden werden.
                                                                                                   © European Hydrogen Backbone Initiative – Guidehouse

                                                                                                                                                                                            >
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Weltmeisterrolle ausbauen bei Wasserstofftechnologie-Exporten      In der kommenden Legislaturperiode wird sicherlich auch das
                                                                                                                                     19
Deutschland nimmt im Bereich der Technologie-Exporte weltweit      Thema CO2-Bepreisung eine wichtige Rolle spielen. Denn wenn

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eine Führungsposition ein. Im Rahmen einer grünen und globalen     der grüne Wasserstoff – der zunächst erstmal teurer ist –
Wasserstoffwirtschaft gilt es, diese Führungsposition zu stärken   eine Chance gegenüber fossilen Energieträgern haben soll,
und auszubauen. Dazu ist es notwendig, die Anlagen zunächst        müssen diese entsprechend besteuert werden. Dazu kommt
einmal im eigenen Land aufzubauen und zu testen, bevor sie im      die Regulatorik auf europäischer Ebene, etwa wenn es um
großen Stil exportiert werden können.                              Beimischungsquoten geht.

Damit das gelingt, sind neben klug gestalteten Fördermaßnah-       Kurzum: Der Weg hin zur Wasserstoffrepublik ist noch lang, und
men auch regulatorische Fragen entscheidend. Beispielsweise        der Paradigmenwechsel gelingt nur mit einer klugen Regulierung,
könnte eine Befreiung der Wasserelektrolyse von der EEG-Umlage     mit einer starken Industrie- und Forschungslandschaft und mit
die Produktion wesentlich attraktiver machen. Beim Ausbau der      internationalen Partnern.
Leitungsnetze ist die Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes
gefragt. Auch sollte der Ausbau Erneuerbarer Energien, insbeson-
dere der Windkraft an Land, nicht ausgebremst, sondern stark
beschleunigt werden. Für die eigene grüne Wasserstoffproduktion
in Deutschland ist sie die Grundlage.

                                                                               Thomas Bittner
                                                                   Senior Teamleiter der Drees & Sommer SE

                                                        Thomas Bittner absolvierte sein Studium des Bauingenieurwe-
                                                         sens mit dem Schwerpunkt Bauproduktion und Bauwirtschaft
                                                            an der TU Dortmund. Nach dessen Abschluss startete er
                                                             im Jahr 2002 bei Drees & Sommer als Projektmanager.
                                                           Parallel hierzu schloss er im Jahr 2003 seine Weiterbildung
                                                          zum Immobilienökonom (ebs) ab. Im Jahr 2006 wechselte er
                                                         zu einem international tätigen Bauunternehmen. Dort war er
                                                         im Bereich Projekt-, Vertrags- und Claim-Management in der
                                                         Öl- und Gasindustrie in Afrika tätig und gewährleistete auch
                                                          in einem schwierigen Projektumfeld, wie dem Nigeria-Delta,
                                                         Termintreue, hohe Qualitätsansprüche und Budgetsicherheit.
                                                         Durch seine langjährige Bauerfahrung auf nationalem sowie
                                                        internationalem Parkett ist er ausgewiesener Fachmann in der
                                                         Abwicklung komplexer Großprojekte. Sein Know-how setzt er
                                                        seit 2016 erneut für Drees & Sommer als Senior Teamleiter ein
                                                           und verantwortet seitdem für das Unternehmen das Projekt
                                                                des Internationalen Beschleunigerzentrums FAIR.

                                                                                                                             <
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                                                                                                                                  WA SS E R S TO F F : D E R STA R U N T E R D E N E L E M E N T E N
„AUS ZWEI
MACH DREI
ODER MEHR“
Im Interview mit den Drees & Sommer-Experten
Christoph Gawlik und Leonardo Estrada spricht
Frank Urbansky, der Journalist des Blogs
enwipo.de, über den Ansatz der Polygeneration.

                                                                                                                                                                                                       © jittawit.21 – gettyimages.com
Was verbirgt sich dahinter und wie lassen sich
in Zukunft Strom, Wärme oder auch Wasserstoff
insbesondere auf regionaler Ebene sinnvoll
verknüpfen?

Herr Estrada, was genau verbirgt sich      Und wie setzen Sie das in die             Der Wasserstoff der Zukunft soll
hinter dem Begriff Polygeneration?         Praxis um?                                ja grün sein.

Estrada: Bei der Kraft-Wärme-Kopplung      Estrada: An erster Stelle analysieren     Gawlik: Ja, grüner Wasserstoff wird durch
entstehen Strom und Wärme, also zwei       wir für unsere Kunden die Leistungs-      Strom aus Erneuerbaren Energien herge-
Produkte gleichzeitig aus einem Prozess.   bilder der Anlage, wie sie arbeitet und   stellt. Hier kommen auch Müllheizkraft-
Kommt noch ein weiteres Produkt hinzu,     wo eventuell Reserven sind. Wenn wir      werke ins Spiel. Ihr Strom gilt schon
dann handelt es sich bereits um eine       das aufgespürt haben, beurteilen wir,     heute zu 50 Prozent nach dem Energie-
Mehrfacherzeugung, auch Polygeneration     für welche Energie-Produkte die Reser-    wirtschaftsgesetz als grün. Zu unserem
genannt. Plakativ gesprochen: Aus zwei     ven infrage kommen. Beispielsweise        Leistungsbild gehört es, als Enabler zu
mach also drei oder mehr. Es geht darum,   kann es sinnvoll sein, in einer Anlage    fungieren und die Betreiber entsprechen-
Wärme, Strom und weitere gasförmige        nicht nur Wärme und Strom, sondern        der Anlagen mit den richtigen Akteuren
oder flüssige Energieträger aus diversen   zusätzlich Wasserstoff zu erzeugen.       in der jeweiligen Region zusammenzu-
Roh- und Reststoffen herzustellen und      Da dessen Transport noch aufwendig        bringen. Das können weltweit operierende
sie innerhalb eines effizienten Energie-   ist, sollten die Kunden, die diesen       Gaskonzerne, führende Hersteller von Elek-
systems für den regionalen Bedarf zu       regelmäßig abnehmen, nicht weit           trolyseuren, Industrieunternehmen und
nutzen. Läuft eine energietechnische       weg sein.                                 natürlich auch die öffentliche Hand sein.
Anlage beispielsweise unwirtschaftlich,
dann kann sie durch Hinzufügen eines
weiteren Energieproduktes wie Wasser-
stoff – oder Vorprodukte für seine
Herstellung – rentabel werden.

                                                                                                                          >
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