INTRAPRENEURSHIP - FÜHR DEIN LEBEN
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Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt 1/2004 17. Jahrgang Intrapreneurship Dr. Nikolaus Franke Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug Marc Schonhardt Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship Ilja Rep Intrapreneurship – Persönlichkeitsmerkmale und andere erfolgskritische Voraussetzungen Alexander Löwenstein und Johann Pavelka Unternehmerisch denkende Mitarbeiter – was Unternehmen sich erwarten und wie sie es angehen Im Gespräch mit Sören Buschmann und Markus Brenner »Es geht um aktivierte Mitarbeiter« Im Gespräch mit Franz Peneder, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Peneder Bau-Stahl GmbH »Leisten und Verantworten müssen eins sein«
H e r n s t e i n e r – F a c h z e i t s c h r i f t f ü r M a n a g e m e n t e n t w i c k l u n g »Intrapreneurship« E d i t o r i a l Das traditionelle Management ist ein Kind der industriellen Revolution. Starke Arbeitsteiligkeit, Trennung von Eigentum und Führung und hierarchische Strukturen sind seitdem Merkmale von Unternehmen. Mitarbeiter sollen Funktionen erfüllen (»funktionieren«), die Weiterentwicklung des Unternehmens ist Sache des Top- Managements. Die Umfeldbedingungen haben sich geändert. Unternehmen müssen heute schneller, flexibler und innovati- ver sein. Neue Lösungen werden gebraucht, um der wachsenden Komplexität gerecht zu werden. »Intrapre- neurship« ist das Kürzel, das die Haltung von unternehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeitern be- schreibt. Selbstständigkeit und umfassendes Mitdenken der Angestellten stehen dabei im Zentrum dieses Konzepts, an das Unternehmen vielfältige Erwartungen knüpfen. Wie aber findet bzw. fördert ein Unternehmen »Intrapreneure«? Welche kulturellen und strukturellen Bedin- gungen sind notwendig und hilfreich? Welche persönlichen Eigenschaften zeichnen derartige Mitarbeiter aus, und wie erkennt man sie im Einstellungsgespräch? Kann man aus Mit-Arbeitern überhaupt Intrapreneure machen? Wir sprachen mit Wissenschaftern, Personalchefs, Organisationsberatern, Personalberatern und Unterneh- mern, um das »nebulose« Gedankenkonstrukt rund um unternehmerisch denkende und handelnde Mit- arbeiter konkret zu fassen. Prüfen Sie für Ihr Unternehmen, wie weit Sie schon sind und wie Sie von diesen Überlegungen profitieren können. Mag. Alexander Löwenstein Dr. Katharina Fischer-Ledenice Für die Gesamtredaktion: Mag. Peter Wagner T r a i n e r / B e r a t e r Mag. Alexander Löwenstein S c h w er p u n k t- A u t o r d i e s er A u s g a b e I n s t i t u t s l e i t u n g Dr. Katharina Fischer-Ledenice
Intrapreneurship Thema 04 Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug Prof. Dr. Nikolaus Franke »Intrapreneurship« – was ist das? Ein Modewort? Nur ein schicker Begriff ohne konkreten Inhalt? Oder steckt doch mehr dahinter? Um diese Fragen zu beant- worten, muss man etwas weiter ausholen und die historischen Bezüge betrach- ten. 08 Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship Marc Schonhardt Zwei Umständen ist es zuzuschreiben, dass das Thema Intrapreneurship in der heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Debatte zunehmend an Bedeutung gewinnt: der Krise des Fordismus und dem Aufkommen von Wissensarbeit im großen Stil. Vor diesem Hintergrund skizziert der Beitrag die gängigen Definitionen des Begriffs »Intrapreneurship« und geht auf die Voraussetzungen erfolgreicher Implementierung ein. 13 Intrapreneurship – Persönlichkeitsmerkmale und andere erfolgskritische Voraussetzungen Dkfm. Ilja Rep Unternehmerische Verantwortung ist en vogue. Viele Unternehmungen wollen, dass die Breite der Organisation unternehmerisch denkt und handelt, und ergänzen entsprechend ihr Leitbild und das strategische Programm »Intrapre- neurship«. Was bedeutet das genau? Welche Persönlichkeitsmerkmale zeich- nen einen erfolgreichen Intrapreneur aus? Für welche Unternehmen ist welcher Ansatz unter welchen Voraussetzungen sinnvoll? Welche Erfolgsfaktoren sind bei der Umsetzung zu beachten? Der Artikel gibt Orientierung für diese und weitere Fragen. 20 Unternehmerisch denkende Mitarbeiter – was Unternehmen sich erwarten und wie sie es angehen Mag. Alexander Löwenstein und DI Johann Pavelka Der Ruf nach Mitarbeitern und Führungskräften mit »unternehmerischem Touch« ist immer öfter zu hören. Was aber sind die Motive der Unternehmen, was hoffen sie damit zu erreichen – was riskieren sie damit? Vier untersuchte Unternehmen geben dazu Auskunft. Ein Diagnoseinstrument hilft Ihnen, für Ihr Unternehmen zu prüfen, ob Sie unternehmerisch denkende Mitarbeiter wirklich brauchen.
Hernstein Institut 33 Literatur zum Thema 34 Hernstein Leistungen zum Thema Hernstein Seminare 36 Unternehmerisch denken – strategisch handeln 38 Potenzialeinschätzung zur Mitarbeiterführung 39 Der Hernstein Management Indikator 35 Hernstein Inhouse 40 Impressum 26 »Es geht um aktivierte Mitarbeiter« Wie erkennt man unternehmerisch denkende bzw. handelnde Mitarbeiter? Peter Wagner befragte dazu zwei renommierte Personalberater über ihre Zugänge und Ansichten: Sören Buschmann, geschäftsführender Gesellschafter von Dieter Strametz & Partner in Wien, und Mag. Markus Brenner, Geschäftsführer der Catro Personalsuche und -auswahl GmbH, Wien. 30 »Leisten und Verantworten müssen eins sein« Im Gespräch mit Franz Peneder, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Peneder Bau-Stahl GmbH, über die nötigen Zutaten, damit Unternehmer im Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten können.
Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug Prof. Dr. Nikolaus Franke ist Leiter des Departments of Entrepreneurship and Innovation an der Wirtschaftsuniversität Wien. »Intrapreneurship« – was ist das? Ein Modewort? Nur ein schicker Begriff ohne konkreten Inhalt? Oder steckt doch mehr dahinter? Um diese Fragen zu beantworten, muss man etwas weiter ausholen und die historischen Bezüge betrachten. 4 Der historische Hintergrund Dieses Muster gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für die in Österreich dominanten KMU. Eine durch die Abteilung für Entrepre- Intrapreneurship ist nötig, weil sich die Umfeldbedingungen geändert neurship der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführte Analyse der haben. Das traditionelle Management ist ein Kind der industriellen Re- Top 100 des deutschen Mittelstands (www.top100.de) zeigt, dass auch volution. In dieser Zeit entstanden eigentlich erstmals und in großer hier bereits 55% des Umsatzes und 59% des Gewinns durch Produkte er Zahl Unternehmen, wie wir sie heute kennen – Organisationen mit einer folgen, die jünger als drei Jahre alt sind. großen Zahl von Mitarbeitern, einer automatisierten Massenproduktion und dem Beginn der Trennung von Eigentum und Geschäftsführung. Bis Um also trotz gesättigter Märkte wachsen zu können ist es nötig, selbst dahin war »die Wirtschaft« weitestgehend von kleinen Familienbetrie- neue Märkte zu schaffen – durch Innovationen. Ohne Innovationen ben, Manufakturen und dem Handwerk beherrscht. kann heute kein Unternehmen mehr bestehen. Der aus Wien stam- mende Management-Guru Peter F. Drucker bringt es auf den Punkt: Die Notwendigkeit systematischen Wissens über die Steuerung und »Business has only two basic functions: marketing and innovation. Mar- Lenkung dieser neuen Organisationen wurde schnell deutlich. Um die keting and innovation produce results. All the rest are costs.« Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden die ersten Handels- Doch wie erzielt man Resultate? Wie macht man ein Unternehmen hochschulen, wobei die k. k. Exportakademie, Vorläuferin der Wirt- schnell und innovativ? »Intrapreneurship« ist der Versuch einer Antwort schaftsuniversität Wien, 1898 eine der ersten war. auf diese Fragen. Denn eins ist klar: Flexible, schnelle Reaktionen auf das In der betrieblichen Praxis und in der Forschung war es bis weit in die Unvorhergesehene und das Schaffen des Neuen stehen außerhalb der zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts das Ziel, Unternehmen so zu struk- betrieblichen Routine. Sie passen schlecht in das Paradigma von Opti- turieren, dass sie möglichst effizient, zuverlässig und fehlerfrei arbeiten mierung, Rationalisierung und Effektivitätssteigerung. Man kann sie konnten. Aufgaben wurden in Teilaufgaben zerlegt, Abläufe optimiert, schlecht anordnen und kaum zentral administrieren. In der wohlgeord- Entscheidungen zentralisiert. Manager waren – überspitzt gesagt – op- neten Welt eines Unternehmens als Bürokratie haben sie keinen Platz. timierte Maschinen. Namen wie Taylor, Fayol, Schmalenbach und später Gutenberg stehen für diese Entwicklung. Im Vordergrund des Manage- Intrapreneurship bedeutet unternehmerisches Handeln im Unter- ments stand also die Optimierung, Rationalisierung und Effektivitäts- nehmen steigerung des Unternehmens im Routinebetrieb. Hier wurde zweifellos Großartiges erreicht. Ein Entrepreneur ist ein Unternehmer – etwa der Gründer eines jungen High-Tech-Unternehmens, ein selbstständiger Unternehmensberater Heute im Fokus: Innovationen oder der Importeur einer neuartigen Dienstleistungsidee. Er befindet sich in keiner bürokratischen Routine und muss nicht nur einfach Heute hat das Management die industrielle Revolution der rauchenden fremde Anordnungen abarbeiten, sondern ist in Markt und Wettbewerb Fabriken bewältigt. In den letzten zwanzig Jahren sind neue Herausfor- aktiv tätig. Auch ein Intrapreneur handelt genauso selbstständig, pro- derungen entstanden. Die Bedingungen in vielen Märkten haben sich so aktiv und eigenverantwortlich – nur eben innerhalb einer bestehenden stark verändert, dass ein Umdenken notwendig wurde. Zum Zielkrite- Organisation. rium »Effizienz« sind Fähigkeiten wie Geschwindigkeit und Innovations- fähigkeit hinzugekommen, ohne die ein Unternehmen heute nicht Man erkennt bereits an dieser Definition, dass Intrapreneurship kein ein- mehr überleben kann. zelnes Instrument ist, sondern eine grundsätzliche Denkrichtung dar- Ein Beispiel: Bei der Siemens AG, einem Unternehmen, das lange genug stellt. Wie alle Denkrichtungen hat auch Intrapreneurship Vorläufer. als »Bank mit angeschlossener Produktion« verspottet wurde, werden Schon lange gibt es Techniken und organisatorische Maßnahmen, die mittlerweile mehr als 75% des Umsatzes mit Produkten gemacht, die die Selbstständigkeit der Angestellten betonen und fördern. Beispiele jünger als fünf Jahre alt sind. Die Produkte für den Umsatz des Jahres hierfür sind etwa der Führungsstil des »Management by Objectives«, die 2009 existieren also heute noch nicht, sondern müssen erst geschaffen Bildung von Profit Centers oder die Einführung von internen Verrech- werden. Hernsteiner 1/2004 t h e m a Intrapreneurship
nungspreisen. Um Intrapreneurship zu verstehen ist es daher notwen- Der Markt für Ideen 5 dig, den Blick weg von Einzelinstrumenten hin zum Grundsätzlichen zu Wie viele Businesspläne oder Business Proposals landen pro Jahr unver- lenken. langt auf dem Schreibtisch des Vorstands? Einer? Fünf? Zwanzig? Ven- Um Innovationen zu schaffen, sind grundsätzlich drei Elemente not- ture-Capital-Gesellschaften erhalten jährlich mehrere tausend solcher wendig: Man benötigt erstens eine Idee, zweitens Kapital zur Ausarbei- Pläne. Was erklärt den Unterschied? Die meisten bestehenden Unter- tung und Umsetzung und drittens fähige Personen, die den gesamten nehmen motivieren ihre Mitarbeiter nicht dazu, neue Ideen zu ent- Prozess treiben und innerbetriebliche wie außerbetriebliche Wider- wickeln und auszuarbeiten. Prioritäre Zielvorgabe ist es meist, die Auf- stände überwinden. gaben im eigenen Zuständigkeitsbereich mit weniger Aufwand zu erfüllen. »Reengineering«, »Six Sigma«, »Supply Chain Optimization« Diese drei Zutaten finden sich normalerweise in allen Unternehmen sind einige Schlagworte zu Programmen, die in dieser Denktradition reichlich. Der springende Punkt ist: sie gelangen oft nicht zur Entfal- stehen. tung, sondern bleiben unsichtbar und wirkungslos. Die beste Organisa- tionsform, um Ressourcen zu nutzen, ist der Markt. Die Austrian School »Si tacuisses, philosophus mansisses« – wie viele Mitarbeiter in einem of Economics beschreibt den Markt und Wettbewerb als Entdeckungs- normalen Unternehmen glauben tatsächlich, dass radikale Ideen das verfahren. In Unternehmen herrscht jedoch allzu oft kein Wettbewerb, beste Mittel sind, um zu Karriere und Reichtum zu gelangen? Wie viele sondern Anordnung und Hierarchie. Der Harvard-Professor Gary Hamel glauben, dass es am Besten ist, den Regeln zu folgen, keine Fehler zu schreibt hierzu: »(…) the last bastion of Soviet-style central planning can machen und sich nur um die eigenen Dinge zu kümmern? Wie viele be found in Fortune 500 companies.« Statt Marktkräften wirken die glauben dies zu Recht? Kräfte der Bürokratie. Dies hat mit Anreizsystemen zu tun – monetären ebenso wie nicht mo- netären. Innovationen und neue Ideen haben immer etwas mit Risiko zu Wie sieht das typische Schicksal einer innovativen und unkonventionel- tun. Wer seine Mitarbeiter nicht dazu ermutigt, diese Risiken einzuge- len Idee eines normalen Angestellten in einem Großunternehmen aus? hen, sondern nur Konformismus belohnt, darf sich nicht wundern, Die Idee wird vom unmittelbaren Vorgesetzten geprüft und gelangt im wenn Ideen selten geäußert werden. positiven Fall über Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Bereichschef, Fachvorstand etc. schließlich bis auf den Schreibtisch des Vorstands. Problematisch ist zusätzlich, dass in Bezug auf Ideen die Marktform des Auf jeder Stufe droht der Idee eine Interpretation als Kritik am Beste- Monopsons vorliegt, also die eines Nachfragemonopols. Vielen poten- henden. Auf jeder Stufe wird die Frage gestellt: »Wenn das so gut ist – ziellen Ideenanbietern steht nur ein einziger Nachfrager gegenüber – warum tut es dann niemand?«. Auf jeder Stufe findet die Abwägung das Unternehmen, verkörpert durch den jeweiligen Vorgesetzten im ge- statt: »Soll ich so etwas Ungewöhnliches tatsächlich befürworten? samten Instanzenzug. Aus der Mikroökonomie genau wie aus dem Wenn es schief geht, werden Sündenböcke gesucht.« Die Wahrschein- praktischen Leben weiß man, dass Monopole keine effizienten Markt- lichkeit, dass es zu einer Realisierung der Idee kommt, dass ihr also das formen sind. Sie führen zu einer künstlichen Unternachfrage. Ein einzi- nötige Kapital und die besten Personen zugeordnet werden, ist denkbar ges »Nein«, das normalerweise nicht einmal begründet werden muss, gering. genügt, um die Idee abzutöten. Zu wenige Ideen werden aufgegriffen, und in der Folge sinkt der Anreiz für die Mitarbeiter, Ideen anzubieten. Der Fehler, der hier passiert, heißt »Ressourcenallokation statt Ressour- Im Rahmen von Intrapreneurship-Konzepten versuchen Unternehmen, cenattraktion«. Statt Marktkräfte wirken zu lassen, gibt es einen gestuf- Ideen stärker als Markt zu organisieren. So kann beispielsweise versucht ten hierarchischen Entscheidungsprozess, der üblicherweise sehr kon- werden, in Ideenwettbewerben, im Intranet und in internen Messen servativ ausfällt. Intrapreneurship bedeutet nun, neben dem Ideen mehr als einem potenziellen Ideensponsor zugänglich zu ma- Hierarchieprinzip – das unbestritten in vielen Bereichen sinnvoll ist – das chen. Es ist nicht mehr so einfach, Ideen zu blockieren. Unternehmen Marktprinzip einzuführen. Genau genommen geht es um die drei wie Shell, Siemens und Philips haben positive Erfahrungen damit ge- Märkte: Märkte für Ideen, Kapital und Talent. t h e m a Intrapreneurship Hernsteiner 1/2004
6 macht, dass sie die Nachfrageseite für Ideen verbreitert haben. Mitar- ture Capitalists fragen auch nicht nach der Harmonie der Idee mit der beiter werden am Erfolg der Idee beteiligt. Sofort entstand eine spür- Strategie, mit dem Kerngeschäft, mit anderen Produkten und so weiter. bare Steigerung der Anzahl neuer Ideen. Einige waren so gut, dass sie Sie investieren Kapital, wenn sie an Ideen glauben. verfolgt wurden. Intrapreneurship würde also nahelegen, die Kapitalausstattung und In- Diese Möglichkeiten stehen nicht nur Großunternehmen offen. Durch vestitionstätigkeit des Unternehmens stärker am Marktprinzip auszu- eine Stärkung der jeweiligen Märkte für Ideen schaffen es auch die oben richten. Neben den traditionellen Budgets könnte also ergänzend ein Fi- angesprochenen Top 100 des deutschen Mittelstands, dass durch- nanzierungsinstrument treten, das für innovative unternehmens- schnittlich 26% der Mitarbeiter jedes Jahr mindestens einen Verbesse- interne Ideen reserviert ist – eine Art internes Venture Capital. Es steht rungsvorschlag erbringen. prinzipiell allen Mitarbeitern offen, die eigene Ideen verfolgen wollen. Vergeben wird es durch interne Venture Capitalists, die ihrerseits wie- Der Markt für Kapital derum an ihrer Kapitalrendite gemessen werden. Großunternehmen wie Siemens haben gute Erfahrungen mit solchen Fonds gemacht. Eine Können Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen das Startkapital erhalten, Reihe radikaler Ideen, die in traditionellen hierarchischen Strukturen um eine innovative Idee weiterzuentwickeln und auszuprobieren? Wie kaum eine Chance auf Umsetzung hätten, wurden auf diese Weise fi- viele Formulare müssen ausgefüllt werden? Besteht überhaupt eine nanziert und umgesetzt. Chance? In vielen Unternehmen werden die Budgets frühzeitig verteilt und de- Erneut erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich derartige In- tailliert geschlüsselt. Budgetgrößen der Vorperioden und die interne strumente auch für KMU lohnen können. In unserer Top-100-Analyse Machtstellung unterschiedlicher organisatorischer Bereiche spielen des deutschen Mittelstands haben wir festgestellt, dass 28% der unter- dabei oftmals eine nicht unbeträchtliche Rolle. suchten Unternehmen mittlerweile internes Venture Capital bereitstel- In diesem hierarchischen Gefüge besteht wenig Platz für ungewöhnli- len. Die durchschnittliche Höhe beträgt dabei 3,7% des Jahresumsatzes. che und risikoreiche neue Ideen. Die typische Sicht des etablierten Un- Man erkennt, dass die Fonds durchaus nicht groß sein müssen. Seed-Fi- ternehmens besteht in der gebetsmühlenhaften Frage nach der Größe nanzierungen betragen selten mehr als einige zehntausend Euro pro In- des Marktes. Kapital wird nur dann bereitgestellt, wenn der Markt hin- vestment. Wenn es gelingt, dadurch gelegentlich eine innovative Ge- reichend groß ist. Nun haben radikale Innovationen typischerweise schäftsidee zu entwickeln und am Markt zu platzieren, sollte sich das zunächst keinen Markt – sie schaffen ihn ja erst. Aber die möglichen Ver- Investment bezahlt gemacht haben. luste durch eine fehlgeschlagene Investition sind gut sichtbar, während entgangene Gewinne in keinem Controlling-System erfasst werden. Die Der Markt für Fähigkeiten Logik der Hierarchie und der Allokation führen also dazu, dass Kapital in Unternehmen vorwiegend in sichere Geschäfte investiert wird, auch Es ist ein Gemeinplatz, zu betonen, dass Mitarbeiter in den meisten Un- wenn die Erträge dort traditionell mager sind. ternehmen die wichtigste Ressource sind. Dies gilt erst recht für unter- nehmerische Aktivitäten. Wie schlecht es um diese Ressource bestellt Business Angels und Venture Capitalists gehen anders vor: Sie investie- ist, belegt eine aktuelle Untersuchung von Gallup: Mehr als 2000 Ar- ren in Chancen und sind bereit, dafür Risiken zu tragen. Sie sind dabei beitnehmer in Deutschland wurden im Juni und Juli 2003 nach ihrer Ar- keine Hasardeure. Ihr Ziel besteht darin, ein (oder möglichst mehrere) beitseinstellung befragt. Als Ergebnis zeigte sich, dass nur zwölf Prozent Investment(s) zu tätigen, dessen Wert sich verzehn- oder verzwanzig- der Arbeitnehmer in Deutschland engagiert bei der Arbeit und zufrie- facht. Im Unterschied zu traditionellen Unternehmen nehmen sie Aus- den mit ihrem Job sind. Die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) macht fälle aber bewusst in Kauf. Denn sie wissen, dass man Ausfälle nur dann nur »Dienst nach Vorschrift«, 18 Prozent haben bereits innerlich gekün- sicher vermeiden kann, wenn man gar keine Risiken eingeht – und dann digt. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Zahlen für Österreich deut- verliert man gleichzeitig auch alle Chancen. Business Angels und Ven- lich besser sind. Hernsteiner 1/2004 t h e m a Intrapreneurship
Gewiss gibt es eine Reihe von Gründen für ein derartig niederschmet- dient dem Ziel, das Unternehmen besser auf die strategischen Ziele der 7 terndes Ergebnis. Es erscheint jedoch plausibel, dass Frustrationen in- Innovationsfähigkeit und Flexibilität anzupassen. In Unternehmen, die folge von Machtlosigkeit, fehlende Gestaltungs- und Mitsprachemög- nach marktbezogenen Prinzipien organisiert sind, ziehen innovative lichkeiten, zu geringe Sichtbarkeit der eigenen Tätigkeit und das Gefühl Ideen sowie leistungsfähige und erfolgswillige Mitarbeiter Kapital an. des Ausgeliefertseins eine große Rolle spielen. Vielfach treten neue Mit- Sie werden identifiziert und gefördert. Das Unternehmen wird schlag- arbeiter mit neuen Ideen und voller Enthusiasmus in das Unternehmen kräftiger und macht mehr aus seinen Potenzialen. ein. Sie verlieren diese Energie in dem Maße, wie man sie merken lässt, dass ihre Ideen als Störungen verstanden werden und der Aufstieg eine Probleme und Chancen Frage der Zeit, nicht der Leistung ist. Intrapreneurship ist kein Allheilmittel und funktioniert nicht automa- tisch. Ein besonders schwieriges Problem ist die Balance zwischen der Die Realität von Führungs- und Personalentwicklungssystemen in Un- stabilisierenden Hierarchie und dem innovationsfördernden Markt. Bei- ternehmen ist nach wie vor stark am Hierarchieprinzip orientiert. Kar- nahe alle Unternehmen benötigen beide Fähigkeiten. Bei allen Argu- rierepfade sind mühselige, steinige Wege. Über das Fortkommen ent- menten für Intrapreneurship – man stelle sich etwa vor, Airlines würden scheidet meist der unmittelbar Vorgesetzte allein. Dieser hat oftmals die Wartung ihrer Flugzeuge und Unternehmen ihren Jahresabschluss keinen großen Anreiz zur Förderung von Talent, denn Förderung bedeu- locker und kreativ organisieren und nicht nach genauesten und minu- tet Verlust des Mitarbeiters. Einmal eroberte Positionen werden mit tiös eingehaltenen Regelungen. Umgekehrt wird aber auch die Innova- Zähnen und Klauen verteidigt und im Normalfall nie mehr preisgege- tionsfunktion immer wichtiger. ben, ganz egal, wie gut die Position ausgefüllt wird. Es liegt auf der Hand, dass das Hierarchieprinzip im Personalbereich hohe Kosten auf- Die Balance ist aber schwierig, da sich beide Kulturen zueinander anta- wirft. gonistisch verhalten. Dies bedeutet, dass das Gleichgewicht zwischen Intrapreneurship bedeutet, dass auch der Personalbereich stärker als ihnen instabil ist und stets die Gefahr besteht, dass sich eine zu einsei- Markt organisiert wird. Die höchsten Potenziale im Unternehmen erle- tige Kultur ergibt. Auf der einen Seite droht dann das Chaos, auf der an- ben einen schnellen Aufstieg. Dieser Aufstieg verläuft nicht nach zentral deren die Erstarrung. Beide führen in den Untergang. geplanten kleinen Schritten, sondern sprunghaft und unter zahlreichen Bereichswechseln. Chefs behandeln ihre Mitarbeiter nicht mehr als »Ei- Damit ergibt sich, dass ein Wandel in Richtung einer stärkeren Beto- gentum«, sondern versuchen sie zu entwickeln und zu fördern, da sie nung der Prinzipien der Intrapreneurship notwendigerweise Führungs- sonst nicht mehr lange in ihrer Abteilung bleiben werden. aufgabe ist und ständig beobachtet werden muss. Es genügt auch nicht, Intrapreneurship vollmundig anzukündigen und keine fühlbaren Intrapreneurship-Kultur und nachhaltig wirksamen Änderungen in Strukturen und Abläufen vor- Insgesamt sollte deutlich geworden sein, dass Intrapreneurship mehr ist zunehmen. Wenn keine Anreize zur Verhaltensänderung bestehen, wird als eine Sammlung von Instrumenten. Es impliziert eine Änderung der sich kein Innovationsschub ergeben. Organisationen sind konservativ – Unternehmenskultur. Werte wie das Leistungsprinzip, Eigenverantwor- sie wehren sich gegen Veränderung. Führungskräfte sind Vorbilder. Wer tung, Mobilität, die Akzeptanz von Risiken und die Belohnung von Krea- Hierarchie ab- und Markt aufbauen will, muss mit gutem Beispiel voran tivität ersetzen oder ergänzen zumindest die traditionellen Kulturen, gehen. Groß angekündigte, aber schlecht implementierte Intrapre- die von Standardisierung, Berichtssystemen, Anweisungen, Arbeits- neurship-Programme verspielen Glaubwürdigkeit, schwächen die tradi- platzbeschreibungen und Kontrollmechanismen geprägt sind. Hierar- tionellen Fähigkeiten des Unternehmens und schaden damit mehr als chien werden flacher, und Teamwork steht stärker im Vordergrund. sie nutzen. Man darf nicht vergessen, dass dies alles nicht aus Idealismus oder ethi- Riskieren Unternehmen damit zuviel, wenn sie sich dem Prinzip des In- schen Erwägungen geschieht, auch wenn die Wirkungen für die einzel- trapreneurship zuwenden? Ein Intrapreneur würde sagen: »Nein, denn nen Mitarbeiter sicherlich überwiegend positiv sind. Intrapreneurship es gibt keine Chance ohne Risiko.« t h e m a Intrapreneurship Hernsteiner 1/2004
Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship Marc Schonhardt untersuchte 2002 in einer Magisterarbeit das neue Verhältnis, das Arbeitende zu ihrer Arbeit haben, und befasste sich dabei auch mit dem Thema Intrapreneurship. Zwei Umständen ist es zuzuschreiben, dass das Thema Intrapreneurship in der heutigen wirt- schaftswissenschaftlichen Debatte zunehmend an Bedeutung gewinnt: der Krise des Fordismus und dem Aufkommen von Wissensarbeit im großen Stil. Vor diesem Hintergrund skizziert der Beitrag kurz die gängigen Definitionen des Begriffs »Intrapreneurship« und geht danach auf die Voraussetzungen erfolgreicher Implementierung ein. 8 In den 1970er-Jahren machten die Unternehmen die Erfahrung, dass um. Die technisch-mechanische Anpassung der Arbeitstätigkeit an die das Potenzial zur Produktivitätssteigerung durch die Verfeinerung der Maschine wurde durch eine Arbeitsorganisation ersetzt, die auch Rück- fordistischen Produktionsmethoden eine erschöpfliche Ressource war. sicht auf die Bedürfnisse der Arbeitenden nahm. Dies hatte auch eine Sämtliche Kennziffern, die Aussagen zur (Arbeits-)Produktivität liefern, Verbesserung der subjektiven Arbeitsbedingungen und eine erhöhte wurden nach Jahrzehnten des Wachstums wieder rückläufig1. Es schien, Arbeitszufriedenheit zur Folge, die wiederum zu einer Steigerung und als ob die Grenze des technisch Möglichen (innerhalb des Produktions- Stabilisierung der Arbeitsleistung führte. All diesen Maßnahmen, mit prozesses) erreicht war. Der Einsatz tayloristischer Produktionsmetho- denen versucht wurde, der Krise des Fordismus entgegen zu wirken, lag den begünstigte zwar durch die Ausnutzung der ›economies of scale‹ das Prinzip der Requalifizierung der Arbeitenden zu Grunde. Nachdem die massenhafte Herstellung von Produkten in Großserien, zeigte je- sich Produktivitätszuwächse im Bereich der technologischen Verbesse- doch seine Schwächen in einer niedrigen Flexibilität, was die Gestaltung rung des Produktionsprozesses nur noch mühsam und mit viel (vor von Produktvariationen anging. Einmal errichtet, war es mit einem im- allem finanziellem) Aufwand realisieren ließen, wurde der arbeitende mensen Zeitaufwand verbunden, ein Produktionsverfahren zu verän- Mensch als mögliches Produkivitätspotenzial entdeckt. Hierin steckte dern. Die abnehmende Nachfrage nach Massengütern zu Gunsten spe- der erste Schritt in der Umdeutung der Arbeit vom Kostenfaktor hin zifischerer ›individualisierter‹ Güter verschärfte dieses Problem. zum Vermögensgegenstand. Diesen neuen Umständen folgten Veränderungen der Produktionspro- Wissensarbeit zesse, die für die Arbeitenden zweierlei Auswirkungen hatten: zum Die neuartigen Strukturen, die in der Wissensgesellschaft für den Um- einen wurden neue technische Kompetenzen erforderlich und zum an- gang mit Wissen geschaffen wurden, sind überwiegend aus ökonomi- deren kam es durch eine Umgestaltung großer Bereiche der Arbeitsor- schem Interesse entstanden. Unternehmen stellten fest, dass Wissen ganisation zu einer Neuordnung der Arbeitsabläufe. Durch den Einsatz und Informationen zu immer bedeutenderen Wettbewerbsfaktoren von Mikroelektronik konnte dem gestiegenen Anspruch an eine fle- werden. Wissensarbeit stellt die Art von Erwerbsarbeit dar, den die Ak- xiblere Fertigung Genüge getan werden. Sie ermöglichte die Umstel- teure einer zunehmend von Wissen geprägte Wirtschaft leisten. lung eines Produktionsprozesses in einer viel geringeren Zeitspanne als zuvor. Dies wurde vor allem durch die elektronische Integration von Drucker (1991) präzisiert diesen Aspekt. »Knowledge work by definition Prozessplanungselementen in den Produktionsprozess selbst möglich. does not yield a product. It yields a contribution of knowledge to »Allerdings ermöglicht und erzwingt die auf der Mikroelektronik beru- someone else. The output of the knowledge worker is always sombody hende Umwälzung der Produktionstechnik auch eine radikale Flexibili- else`s input3.« Offensichtlich geht Drucker hierbei von einer eng gefas- sierung der Arbeitskräfte, die sich in neuen qualifikatorischen und ar- sten Definition von »Produkt« aus, die sich auf physische Produkte be- beitsorganisatorischen Schichtungen des ›Gesamtarbeiters‹ äußern2.« schränkt. Der Kern dieser Aussage verdeutlicht jedoch eine wichtige Ei- genschaft von Wissensarbeit, nämlich dass das Verfügen über Wissen Die Krise des Fordismus kein Selbstzweck ist, sondern stets als Mittel für einen anderen Zweck Die qualifikatorische Neuschichtung besteht in der Notwendigkeit, dass angewandt wird. ArbeiterInnen vermehrt auch den Umgang mit elektronischen Syste- men beherrschen müssen. Durch diese Anreicherung der Arbeit mit Zum Anforderungsprofil von WissensarbeiterInnen gehört nach neuen Inhalten kehrte sich für den Teil der ArbeiterInnen, der mit dieser Drucker (1998) die Bereitschaft, autonom arbeiten zu können und kon- neuen Technik arbeitet, die tayloristische Tendenz der Zerstückelung tinuierlich sein eigenes Wissen auf dem neuesten Stand zu halten. 1 V g l . h i e r z u : H i r s c h , J o a c h i m ; R o t h , R o l a n d : Das neue Gesicht des Kapitalismus. Vom Fordismus zum Post-Fordismus. Hamburg, VSA-Verlag, 1986, S. 79 2 H i r s c h ; R o t h ( 1 9 8 6 ) , S. 108 f. 3 D r u c k e r , P e t e r : Management. An abridged and revised version of Management: Tasks, Responsibilities, Practises. Oxford, Heinemann. 1991, S. 173. Zitiert nach Pfiffner; Stadelmann (1995) S. 87 Hernsteiner 1/2004 t h e m a Intrapreneurship
Auf der anderen Seite erfordert dies vom Arbeitgeber den Willen, fort- ternehmertums innerhalb einer bereits bestehenden Unternehmung 9 laufend in die Ausbildung seiner MitarbeiterInnen zu investieren4. Durch beziehen. Die relevantesten Begriffssynonyma sind (Internal) Corporate vermehrte Investitionen in das Humankapital eines Unternehmens än- Entrepreneurship, Intracorporate Entrepreneurship, Internal Entrepre- dert sich der Charakter, den menschliche Arbeit in wirtschaftlichen Zu- neurship, External Entrepreneurship, Spin-off Entrepreneurship, Inter- sammenhängen hat. Die bisherige Deutung der Arbeit als Kostenfaktor, nal Corporate Venturing und New Business Venture. Bei dieser Aufli- den es zu minimieren gilt, weicht der Erkenntnis, dass es sich auch bei stung wird deutlich, dass viele der Synonyme am Begriff des Humankapital um Investitionen handelt, die mehr oder weniger den »Entrepreneur« orientiert sind. Damit wird die grundlegende geistige gängigen Regeln der Investitionstheorie folgen. Haltung erkennbar, die sich hinter dem Begriff verbirgt. Einig sind sich die Autoren darüber, dass es Gifford Pinchot5 war, der in den späten Dieser Besitz von Produktionsmitteln macht WissensarbeiterInnen ge- 1980er Jahren das heutige Verständnis von Intrapreneurship prägte. genüber ihren VorgängerInnen erheblich mobiler. Für den Fall, dass sich Seinen inhaltlichen Definitionen folgend ist unter Intrapreneurship vor ein/eine WissensarbeiterIn entschließt, die Organisation zu verlassen, allem der » ... Geist von Innovation und Kreativität, der sich innerhalb entzieht er/sie gleichsam der Organisation ein Produktionsmittel. Pfiff- eines bereits bestehenden Unternehmens entwickelt ...« zu verstehen. ner und Stadelmann (1995) merken hierzu an, dass dies die Arbeit in Wissensorganisationen prinzipiell weit weniger beherrschbar macht, Träger dieses Geistes sind einzelne MitarbeiterInnen eines Unterneh- und somit die Machtverhältnisse innerhalb einer Herrschaftsbeziehung mens, die Intrapreneure. Um sie dreht sich der Kerngedanke des Kon- zwischen Arbeitgeber und -nehmer überdacht werden müssen. Ein Teil zepts. Auch hier findet sich wiederum eine große Bandbreite an Defini- dieser Herrschaftsbeziehung ist Kontrolle. WissensarbeiterInnen sind tionen. Charakteristisch wird ein Intrapreneur dargestellt als »... a weniger kontrollierbar, da das Ergebnis ihrer Arbeit nicht mehr direkt corporate employee who introduces and manages an innovative pro- kontrahierbar ist. Der Prozess der Leistungserstellung bei Wissensarbei- ject within the corporative environment, as if he or she were an inde- terInnen verliert erheblich an Bedeutung gegenüber dem Ergebnis der pendent entrepreuneur7.« Trotz dieser Rolle als Innovationsgeber blei- Arbeit. ben Intrapreneure stets im Rahmen des Unternehmens eingebunden. Diese Eingebundenheit ist gleichzeitig auch ein Abgrenzungsmerkmal Diese neuen Anforderungen an Erwerbsarbeit wurden in den letzten zum Entrepreneur. Im Gegensatz zu diesem, der stets unter persönli- Jahren sowohl von sozialwissenschaftlicher Seite als auch von diversen chen finanziellen Risiken operiert, geht es beim Intrapreneur lediglich Management-Theoretikern erkannt und analysiert. Einen Vorschlag, wie um die Gefährdung der Karriere. Um den unternehmerischen Geist bei mit dieser neuen Situation umgegangen werden kann, liefert das Kon- Mitarbeitern zu fördern ist es unerlässlich, ein Umfeld zu schaffen, das zept des Intrapreneurship. der Absicht unternehmerischen Handels förderlich ist. Für eine analyti- sche Aufarbeitung dieses Umfeldes wird zwischen organisatorischen Begriff und Abgrenzung von Intrapreneurship und kulturellen (im Sinne von Unternehmenskultur) Strukturen unter- schieden. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, die sich mit dem Thema befasst, scheint es genau so viele Definitionen von Intrapreneurship zu Intrapreneurshipfördernde Strukturen der Unternehmensorgani- geben, wie es Autoren dazu gibt. Aufgrund dieser enormen Vielfalt sation werde ich an dieser Stelle einige allgemein gültige Begriffseinschrän- kungen darstellen, mit Hilfe derer es möglich sein wird, sich ein Bild Wenn das Wachstum einer Organisation nicht durch Zukauf externer über Intrapreneurship zu machen. Der Terminus selbst ist eine Fusion Einheiten geschieht, sondern durch den Eintritt in neue Geschäftsfelder, aus verschiedenen Begriffen, die sich allesamt auf das Thema des Un- so wird mit einem »Venture« eine neue Organisationseinheit gegrün- 4 D r u c k e r , P e t e r : Management im 21. Jahrhundert. 2. Aufl. München, Econ Verlag, 1999, S. 201. 5 P i n c h o t betreibt heute in den USA unter dem Namen ›Pinchot&Company‹ eine Unternehmensberatung, in der er seine Ideen zu Intrapreneurship in einem Beratungskonzept umsetzt. Siehe hierzu: http://www.pinchot.com 6 T h o m e , T h o r s t e n : Unternehmer im Unternehmen. Ein Beitrag zur Intrapreneurship-Diskussion. Dissertation des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Philipps-Universität zu Marburg, 1998, S. 15. 7 T h o m e ( 1 9 9 8 ) , S. 17. t h e m a Intrapreneurship Hernsteiner 1/2004
10 det. Der Begriff ›Corporate Venturing‹ be- gedeutet in Unternehmerfreundlichkeit) aus- • Als vierten Punkt sieht Neugebauer (1997) zeichnet das Management dieses Prozesses. wirkt. die Kommunikationsstruktur eines Unterneh- Diese Art von Neugründungen innerhalb einer mens. Dabei wird zum einen auf formale Infor- bestehenden Organisation trägt in hohem • Nicht mehr mit der Zuteilung, sondern mit mations- und Kommunikationswege einge- Umfang zum unternehmerischen Verständnis der Art und Weise der Ausführung von diesen gangen, die neben einer vertikalen auch eine bei den MitarbeiterInnen bei, die an einem sol- Aufgaben befasst sich der Punkt Standardisie- horizontale Dimension ausweisen sollten, und chen Projekt beteiligt sind.8 Auch beim Kon- rung/Formalisierung. Zentrale Aussage hier- zum anderen auf informelle Kommunikation, zept des »internen Marktes« wird auf Erlernen bei ist, dass sich eine hohe Dichte von Regeln die durch organisatorische Maßnahmen (Ein- und Anwenden unternehmerischen Verständ- und Vorgaben bei der Erfüllung von Aufgaben richtung von Pausenräumen etc.) ermöglicht nisses gesetzt. Diese Internalisierung der negativ auf die Intrapreneurfreundlichkeit der und vereinfacht werden soll. Marktwirtschaft »... basiert auf den folgenden Umgebung auswirkt. Der Umkehrschluss ist Durch ein hohes Ausmaß an Kommunikations- drei Komponenten: Gewinnverantwortung eine Forderung nach einem geringen Standar- freiheiten kommt es vermehrt zu einer Neu- der organisatorischen Einheiten; mehr oder disierungsgrad, der jedoch auch nicht zu ge- kombination von Ideen und Wissenselemen- weniger freie Entscheidungsautonomie in ring ausfallen darf, da durch mangelndes Re- ten, die eine direkte innovationsfördernde Bezug auf Lieferanten und Abnehmer; interne, gelwerk Verunsicherung entstehen kann. Wirkung haben. Zusammenfassend be- auszuhandelnde Verrechnungspreise«9. schreibt er eine unternehmerfördernde Orga- Neugebauer (1997) geht auf einem von kon- • Mit dem Strukturmerkmal der Zentralisie- nisationsstruktur mit folgender Hypothese: kreten Maßnahmen abstrahierten Niveau den rung wird gezeigt, wie die Entscheidungsbe- »Einen positiven Beitrag zur Generierung eines intrapreneurshipfördernden Strukturen nach. fugnisse innerhalb der Unternehmenshierar- Unternehmer fördernden Umfelds leisten: Er identifizierte vier Strukturdimensionen (Dif- chie auf die jeweiligen Ebenen verteilt sind. Ein eine geringe Differenzierung, eine niedrige ferenzierung, Standardisierung/Formalisie- hoher Zentralisationsgrad liegt dann vor, Formalisierung und Standardisierung, eine ge- rung, Zentralisierungsgrad und Kommunikati- wenn Entscheidungskapazitäten an der Spitze ringe Zentralisierung sowie eine offene Kom- onsstruktur), an deren jeweiligen Ausprä- einer Hierarchie konzentriert sind. »Mit zuneh- munikationsstruktur.«12 gungsgrad sich ein förderndes Umfeld ergibt mender Delegation von Entscheidungskom- oder nicht. petenz auf hierarchisch nachgeordnete Ebe- Nachdem ein organisatorischer Überbau für nen nimmt der Grad der Zentralisation ab eine intrapreneurfreundliche Umgebung ge- • Die Dimension Differenzierung gibt an, in- (=Dezentralisation).«11 Dieses Merkmal ist schaffen ist, kommt es im nächsten Schritt auf wieweit durch Spezialisierung und Arbeitstei- komplementär zu den Ausführungen zur Diffe- eine Ausfüllung dieser Strukturen an. Dies lung »... die Gesamtaufgabe des organisatio- renzierung zu sehen, da bei der dort beschrie- kommt durch soziale Interaktionen der in der nalen Systems in Teilaufgaben zerlegt und benen hohen Aufgabenkomplexität meist im- Unternehmung tätigen Menschen zustande. einzelnen Stellen zugeordnet wird«.10 Ein ge- plizit eine erweiterte Entscheidungs- ringer Spezialisierungsgrad ermöglicht den kompetenz enthalten ist. Somit lässt sich fest- einzelnen MitarbeiterInnen eine hohe Aufga- stellen, dass eine geringe Differenzierung, ge- benkomplexität, was sich wiederum positiv paart mit einem geringen Zentralisierungs- auf die Innovationsfreudigkeit (und hier um- grad, eine ideale Konstellation zur Förderung unternehmerischen Denkens ist. 8 S ü s s m u t h - D y c k e r h o f f , C l a u d i a : Intrapreneuring. Ein Ansatz zur Vitalisierung reifer Grossunternehmen. Bern, Verlag Paul Haupt, 1995, S. 85 9 S ü s s m u t h - D y c k e r h o f f ( 1 9 9 5 ) , S. 84 1 0 N e u g e b a u e r, L o r e n z : Unternehmertum in der Unternehmung. Ein Beitrag zur Intrapreneurship- Diskussion. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1997S. 198 1 1 N e u g e b a u e r ( 1 9 9 7 ) , S. 201 1 2 N e u g e b a u e r ( 1 9 9 7 ) , S. 208 Hernsteiner 1/2004 t h e m a Intrapreneurship
Intrapreneurshipfördernde Strukturen der Psychologischer Überbau für den Entrepreneur absolut, da meist sein 11 Unternehmenskultur privates Vermögen mit eingebunden ist. Für Hierzu zählt die Implementierung eines unter- Intrapreneure jedoch (und Ziel des Manage- nehmerischen Geistes in das Wertesystem15 Bevor ich fördernde Strukturen der Unterneh- ments muss es in dieser Argumentation sein, einer Unternehmung. Unternehmerisches menskultur13 aufzeige, gilt es zunächst darauf diese zu fördern) gilt es, dieses Risiko gering zu Verhalten muss als positiv empfunden werden hinzuweisen, welche Strukturen hinderlich halten. Es muss also vom Gesamtunterneh- und einen hohen Stellenwert innerhalb der oder gar unternehmerfeindlich sind. Ein Pro- men getragen werden. Hierarchie der Werte genießen. Die Umset- blem, das am Ehesten einleuchtet, ist die Aus- zung dieser Werte erfolgt durch mediale Ver- richtung der Unternehmenskultur an einer Kommt es durch intrapreneurisches Verhalten mittlung in Form von Erzählungen und My- Sparten- und Abteilungsdenkweise. Dies kann zu Fehlschlägen bei innovativen Projekten, so then, deren Inhalt sich meist um Entstehung dazu führen, dass übergeordnete Unterneh- sollte dies auf jeden Fall toleriert werden, um des unternehmerischen Geistes dreht.16 Ein mensziele Opfer internen Wettbewerbs wer- nicht zukünftige Ansätze durch die Andro- weiterer Teil des psychologischen Überbaus den.14 Auch ein zu hoher Stellenwert von Sta- hung von Konsequenzen von vorneherein zu besteht in Formulierung von Visionen über die bilität, Kontinuität und Sicherheit verhindert verhindern. »Eine fehlerfreundliche Atmo- weitere Entwicklung des gesamten Unterneh- unternehmerfreundliches Denken von vorne- sphäre ist eine wesentliche Voraussetzung, mens. Ziel von Visionen ist es, allen Mitarbei- herein, da Innovation auch stets mit Risiko ver- damit Mitarbeiter überhaupt bereit sind, un- tern eines Unternehmens eine Sinn stiftende bunden ist und Risiko bekanntlich den Gegen- ternehmerisch zu agieren ...«.17 Es muss eine Vorgabe über langfristige Ziele der Organisa- pol zu Sicherheit darstellt. Art Sicherheitsnetz für innovative Mitarbeiter tion zu liefern. Gelingt eine Kommunikation geschaffen werden, welches die persönlichen dieser Ziele dahingehend, dass die Erreichung Die Schaffung einer unternehmerfreundlichen Risiken der einzelnen Akteure auf ein akzepta- der Ziele durch unternehmerisches Denken Umwelt geht über die Vermeidung dieser Feh- bles (und motivierendes) Maß beschränkt,und aller möglich ist, so ist eine der Förderungs- ler hinaus. Es bedarf eines aktiven Willens (sei- das durch das Tolerieren von Fehlern die Stig- maßnahmen für Intrapreneurship geschaffen. tens der Unternehmensführung), um Mitar- matisierung der Intrapreneure als erfolglos beiter mit einer Kultur zu versorgen, die verhindert. Verhaltensregeln Intrapreneurship nicht nur nicht verhindert, sondern auch fördert. Aus den vielen Vorschlä- Unter diesem grob formulierten Punkt sind Operative Kultur gen der Literatur habe ich die Maßnahmen zur zwei wichtige Regeln für das Verhalten von Die operative Kultur zur Förderung von Intra- Begünstigung von Intrapreneurship in drei Managern gegenüber einem (aufkeimenden) preneurship ist dem tatsächlichen, alltägli- Segmente eingeteilt, die ich nach ihrem Ab- unternehmerischen Geistes bei Mitarbeitern chen Geschäft in einem Unternehmen am straktionsgrad unterscheide. Diese stelle ich enthalten: Risikobereitschaft und Toleranz. nächsten. Es sind drei Forderungen, die sich im Folgenden unter den Punkten: psychologi- Unternehmerische Aktivitäten sind stets risi- aus den schon genannten, eher abstrakten Ge- scher Überbau, Verhaltensregeln und opera- kobehaftet. Dies gilt sowohl für den Entrepre- gebenheiten ableiten. Die operationale Basis tionale Kultur dar. neur als auch für den Intrapreneur. Beide kön- für Intrapreneurshipförderung besteht aus nen nur dann erfolgreich sein, wenn sie ein Managementunterstützung, Ressourcenver- Risiko auf sich nehmen. Ein solches Risiko ist fügbarkeit und einer transparenten Informati- 1 3 »Unter der Bezeichnung ›Unternehmenskultur‹ wird das kognitiv entwickelte Wissen und die Fähigkeiten einer Unternehmung sowie die affektiv geprägten Einstellungen ihrer Mitarbeiter zur Aufgabe, zum Produkt, zu den Kollegen, zur Führung und Unternehmung in ihrer Form von Perzeption (Wahrnehmung) und Präferenzen (Vorlieben) gegenüber Ereignissen und Entwicklungen verstanden.« Bleicher, Knut: Unternehmenskultur. In: Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre. Bd. 5: Handwörterbuch des Personalwesens. 2., neu bearb. Aufl. Stuttgart, Poeschel, 1992, S. 2241. 1 4 N e u g e b a u e r ( 1 9 9 7 ) , S. 240. 1 5 Das Wertesystem gilt als einer der wichtigsten Bestandteile einer Unternehmenskultur. Aus ihm leiten sich Ziele und Verhaltenskodizes des Unternehmens ab, die eine Grundeinstellung möglichst aller Mitarbeiter widerspiegeln. 1 6 Ein klassisches Beispiel eines solchen Mythos ist die Entstehung von Microsoft, die wohl in der Garage des Firmengründers Bill Gates stattfand. 1 7 Süssmuth-Dyckerhoff (1995), S. 93. t h e m a Intrapreneurship Hernsteiner 1/2004
12 onskultur. Unter Managementunterstützung versteht Süssmuth- arbeiterInnen einer Organisation zu erwarten ist, wenn eine unterneh- Dyckerhoff (1995) vor allem den Transfer von Managementwissen in merische Grundhaltung im Wertesystem eines Unternehmens veran- Bezug auf die Bearbeitung von Projekten. Auch die Aufnahme und kert ist. Die Implementierung wird zwangsläufig scheitern, wenn über- schnelle Umsetzung von Ideen, die von Mitarbeitern kommen, zeigt die haupt kein unternehmerischer Geist bei den MitarbeiterInnen Unterstützung von höherer Stelle.18 Wurden dann umsetzbare Ideen vorhanden ist. identifiziert, benötigen Intrapreneure auch Ressourcen, diese umzuset- zen. Neben materiellen Ressourcen wird hier vor allem die Wichtigkeit Des weiteren bin ich der Ansicht, dass Intrapreneurship dazu neigt, das der Ressource Zeit betont. Wie schon oben dargestellt, ist eine offene ökonomische Potenzial der Arbeitenden zu überschätzen. Selbst wenn Kommunikationsstruktur unerlässlich für den Bestand einer unterneh- MitarbeiterInnen eines Unternehmens die Strukturen und auch die merfreundlichen Umgebung. Die unternehmenskulturelle Belebung Fähigkeiten haben, mitunternehmerisch zu handeln, bleibt immer noch dieser organisatorischen Maßnahme muss der freie Fluss von Informa- die Frage, ob sie es überhaupt wollen. Die Trennung zwischen dem Pro- tionen zwischen allen Ebenen von MitarbeiterInnen sein. Idealerweise duktionsfaktor Arbeit und dem dispositiven Faktor (Unternehmens- schafft die Unternehmensführung eine transparente Entscheidungsfin- führung) ist im Weltbild der allermeisten (abhängig) Arbeitenden noch dung, deren Begründungen sie an alle Organisationsmitglieder kom- zu groß, als dass sie durch die Implementierung findiger Management- muniziert. ideen binnen einiger Jahre überbrückt werden kann. Von der anderen Seite betrachtet, bedeutet die Abgabe von Verantwortung auch stets Fragt man nach der praktischen Relevanz der Implementierung dieser einen Verlust von Kontrolle seitens der Unternehmensführung. Und Werte in der Unternehmenskultur existierender Unternehmen, so ist hierin liegt eine weitere Schwachstelle des Konzepts, nämlich dass es die Antwort eher ernüchternd. In ihrer Untersuchung haben Lucas-Ba- die Bedeutung von Machtverhältnissen innerhalb von Hierarchien un- chert und Kalchreuter eine Rangliste mit Werten aufgestellt, an denen terschätzt. sich deutsche Unternehmen orientieren. Die oben genannten sind in der Liste nicht vorhanden.19 Dies spiegelt das generelle Problem wider, Die modernen Arbeitsanforderungen, die durch die Krise des Fordismus dass die empirische Auseinandersetzung mit Intrapreneurship gerade und die Wissensgesellschaft entstehen, sind nicht mehr nur mit fordisti- erst anfängt, stattzufinden.20 schen Methoden zu bewältigen und verlangen nach neuen Lösungen. Intrapreneurship bietet schlüssige Anhaltspunkte, deren Ausläufer (fle- Kritik xible Arbeitsgruppen, mehr Verantwortung der Arbeitenden: job en- richment) teilweise bereits verwirklicht sind. Die wachsende Popula- Bevor ich zu einer Kritik ansetze ist es wichtig, sich nochmals klar zu ma- rität, die diese Ansätze sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der chen, was eigentlich unter Intrapreneurship zu verstehen ist: Es ist eine nicht-wissenschaftlichen Diskussion genießen21, gibt Anlass zur An- Idealvorstellung von Strukturvorgaben und Verhaltensweisen innerhalb nahme, dass die Forschung in diesem Bereich auch weiterhin Zustim- einer Organisation. Wie bei allen Idealvorstellungen ist eine vollstän- mung findet und dass Intrapreneurship durchaus Anhaltspunkte auf un- dige Erfüllung der Vorgaben eher selten. serem Weg in die Zukunft der Erwerbsarbeit bietet. Es ist einleuchtend, dass eine Wirkung der implementierten unterneh- merfreundlichen und -fördernden Maßnahmen erst dann bei allen Mit- 1 8 Süssmuth-Dyckerhoff (1995), S. 92. 1 9 L u c a s - B a c h e r t , U r s u l a ; K a l c h r e u t e r , J o h a n n e s : Werte im Unternehmensalltag. Der Mensch kehrt zurück auf die Bühne wirtschaftlicher Diskurse. In: http://www.akademie-rs.de/wirtschaftsethik/praxis2.htm 2 0 Zur empirischen Relevanz von Intrapreneurship siehe auch: Schonhardt, Marc: Intrapreneur – oder nicht? Zu den Problemen von Arbeitnehmern als Unternehmer in Unter- nehmen. Magisterarbeit am Institut für Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., 2002 2 1 Schlagworte wie ›Die Ich-Aktie‹, Selbstmarketing,›Die Ich-AG‹, die in der öffentlichen Diskussion vermehrt auftreten, scheinen diese Aussage zu belegen. Hernsteiner 1/2004 t h e m a Intrapreneurship
Intrapreneurship – Persönlichkeitsmerkmale und andere erfolgskritische Voraussetzungen Dkfm. Ilja Rep ist freiberuflicher Unternehmensberater und Trainer und versteht sich als Entrepreneur der eigenen Firma Curiosity Network. Er leitet das neue Hernstein Seminar »Unternehmerisch denken, strategisch handeln«. Unternehmerische Verantwortung ist en vogue. Viele Unternehmungen wollen, dass die Breite der Organisation unternehmerisch denkt und handelt, und ergänzen entsprechend ihr Leitbild um das strategische Programm »Intrapreneurship«. Was bedeutet das genau? Welche Persönlichkeitsmerkmale zeichnen einen erfolgreichen Intrapreneur aus? Für welche Unternehmen ist welcher Ansatz unter welchen Voraussetzungen sinnvoll? Welche Erfolgsfaktoren sind bei der Umsetzung zu beachten? Der Artikel gibt Orientierung für diese und weitere Fragen. Am Anfang stehen die üblichen Verdächtigen: Globalisierte Märkte, die In der Praxis werden zwei Ausbaustufen diskutiert: 13 Wissensgesellschaft und immer kürzere Innovationszyklen verstärken den für jede Unternehmung deutlich spürbaren ökonomischen Druck. • Die erste Stufe umfasst die Erhöhung des unternehmerischen Mit- Als vermeintliche Patentlösungen werden häufig folgende Leitbilder ge- denkens auf allen Ebenen. Von jedem einzelnen Mitarbeiter wird dabei nannt: erwartet, die strategische Sinnhaftigkeit seiner Handlungen regel- • Mehr Markt: Dem Marktmechanismus wird zugetraut, die Probleme mäßig zu überprüfen: Ist es im Sinne der Gesamtunternehmung, was der Zukunft besser lösen zu können als eine zentrale Kontrollpolitik. ich hier gerade tue? In den letzten Jahren wird damit insbesondere ein Profit-Center-Organisationen, höhere variable Vergütungsanteile und höheres Kostenbewusstsein und eine Perspektive erwartet, die über die interne Verrechnungssysteme sind auf dem Vormarsch, um die unmittelbaren Arbeitsplatzgrenzen hinausgeht: Welche Auswirkungen Leistungstransparenz und -motivation zu erhöhen. hat mein Handeln auf die Ziele der anderen Organisationsmitglieder? In • Flexiblere Organisation: Oberziel der Unternehmensführung ist die dieser Stufe geht es in erster Linie darum, das betriebswirtschaftliche wirtschaftlich erfolgreiche Gestaltung der Schnittstelle der Unter- und strategische Verantwortungsgefühl eines jeden einzelnen Mitarbei- nehmung zu seinen Ziel-Marktsegmenten. Die Anpassungsfähigkeit ters zu erhöhen – in dem Sinne, wie John F. Kennedy das amerikanische einer Organisation wirkt sich auf den Unternehmung-Umwelt-Fit Volk auf das »greater good« eingeschworen hatte: »Don’t ask what your aus. country can do for you – ask what you can do for your country.« • Mehr Eigeninitiative: Selbstverantwortung und Eigeninitiative sind die Kerntugenden der Zukunft. • Die zweite Stufe geht einen Schritt weiter: Ein wesentlicher Teil der • Mehr Profit: Der Shareholder Value soll erhöht werden. Dazu wird die unternehmerischen Verantwortung wird tatsächlich auf mehrere Schul- Gewinnverantwortung zunehmend über Key Account Management, tern verteilt. Exzellente Mitarbeiter mit hohem unternehmerischem Po- Profit-Center-Organisation und systematisches Kostenmanagement tenzial sollen die Schnittstelle der Unternehmung zum Markt eigen- als Gemeinschaftsaufgabe deklariert. initiativ mitgestalten. In den meisten der wenigen bisher bekannten Fälle werden hier die klassischen Führungspositionen aufgewertet und Ab jetzt sind wir alle Unternehmer tatsächlich mit kleinen Unternehmern besetzt. Erst hier kann man wirk- lich von einem Intrapreneur sprechen. Dieser Ansatz wird in der Praxis Für jede Unternehmung stellt sich die Frage, wie sie diesen Ansprüchen jedoch meist auf eine aufgepeppte Profit-Center-Verantwortung redu- gerecht werden kann. Manche Unternehmungen delegieren die unter- ziert, so dass man wieder bei Stufe 1 angekommen ist. nehmerische Verantwortung in die Breite der Organisation und machen dies durch einen Zusatz zum Leitbild (auch: Mission Statement) allen be- Für welche Unternehmung ist welcher Intrapreneurship-Ansatz troffenen Mitarbeitern klar: Ab jetzt sollt Ihr unternehmerisch denken passend? und handeln! Was von den einzelnen Mitarbeitern dabei erwartet wird, wird ihnen selten erklärt. Große Unternehmungen (> 2.500 Mitarbeiter) verfügen meist über fi- xierte Strukturen und Prozesse, weil die hierarchische Koordination der Einen unternehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeiter nennt Aktivitäten effizienter ist als die Koordination über flexible Märkte. Aus man auch »Intrapreneur«. Der Begriff ist abgeleitet vom »Entrepreneur«, diesem Effizienzvorteil leitet sich die Existenzberechtigung aller großen dem klassischen Unternehmer. Risikobereitschaft, Eigenverantwortung Unternehmungen ab. Diese Unternehmungen zeichnen sich durch eine und weit reichende Entscheidungsbefugnisse sind Hauptkennzeichen über Jahre gewachsene Kultur aus. In einem solchen Kontext einen groß eines Entrepreneurs. Diese Eigenschaften sollen auf einzelne fest ange- angelegten Intrapreneurship-Ansatz »der reinen Lehre« zu verfolgen stellte Mitarbeiter übertragen werden. Unter dem Begriff Intrapre- dürfte sich als hoffnungsloses Unterfangen herausstellen – der Wider- neurship werden daher die Konzepte zusammengefasst, mit denen ein spruch zum kulturellen Erbe ist einfach zu groß. Für diese Organisatio- stärkeres unternehmerisches Grundverständnis innerhalb der Unter- nen ist eher ein Ansatz der ersten Stufe Erfolg versprechend, wobei nehmung gefördert werden soll. t h e m a Intrapreneurship Hernsteiner 1/2004
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