INTRAPRENEURSHIP - FÜHR DEIN LEBEN

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INTRAPRENEURSHIP - FÜHR DEIN LEBEN
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                            1/2004 17. Jahrgang

                            Intrapreneurship
                                            Dr. Nikolaus Franke
                                            Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug

                                            Marc Schonhardt
                                            Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die
                                            erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship

                                            Ilja Rep
                                            Intrapreneurship – Persönlichkeitsmerkmale und
                                            andere erfolgskritische Voraussetzungen

                                            Alexander Löwenstein und Johann Pavelka
                                            Unternehmerisch denkende Mitarbeiter –
                                            was Unternehmen sich erwarten und wie sie es angehen

                                            Im Gespräch mit Sören Buschmann und Markus Brenner
                                            »Es geht um aktivierte Mitarbeiter«

                                            Im Gespräch mit Franz Peneder, Inhaber und Geschäftsführer
                                            der Firma Peneder Bau-Stahl GmbH
                                            »Leisten und Verantworten müssen eins sein«
H e r n s t e i n e r     –   F a c h z e i t s c h r i f t             f ü r      M a n a g e m e n t e n t w i c k l u n g

                »Intrapreneurship«
E d i t o r i a l

                Das traditionelle Management ist ein Kind der industriellen Revolution. Starke Arbeitsteiligkeit, Trennung von
                Eigentum und Führung und hierarchische Strukturen sind seitdem Merkmale von Unternehmen. Mitarbeiter
                sollen Funktionen erfüllen (»funktionieren«), die Weiterentwicklung des Unternehmens ist Sache des Top-
                Managements.

                Die Umfeldbedingungen haben sich geändert. Unternehmen müssen heute schneller, flexibler und innovati-
                ver sein. Neue Lösungen werden gebraucht, um der wachsenden Komplexität gerecht zu werden. »Intrapre-
                neurship« ist das Kürzel, das die Haltung von unternehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeitern be-
                schreibt. Selbstständigkeit und umfassendes Mitdenken der Angestellten stehen dabei im Zentrum dieses
                Konzepts, an das Unternehmen vielfältige Erwartungen knüpfen.

                Wie aber findet bzw. fördert ein Unternehmen »Intrapreneure«? Welche kulturellen und strukturellen Bedin-
                gungen sind notwendig und hilfreich? Welche persönlichen Eigenschaften zeichnen derartige Mitarbeiter
                aus, und wie erkennt man sie im Einstellungsgespräch? Kann man aus Mit-Arbeitern überhaupt Intrapreneure
                machen?

                Wir sprachen mit Wissenschaftern, Personalchefs, Organisationsberatern, Personalberatern und Unterneh-
                mern, um das »nebulose« Gedankenkonstrukt rund um unternehmerisch denkende und handelnde Mit-
                arbeiter konkret zu fassen.

                Prüfen Sie für Ihr Unternehmen, wie weit Sie schon sind und wie Sie von diesen Überlegungen profitieren
                können.

                Mag. Alexander Löwenstein                                                                  Dr. Katharina Fischer-Ledenice

                Für die Gesamtredaktion: Mag. Peter Wagner

                                                                   T r a i n e r / B e r a t e r
                                                                       Mag. Alexander Löwenstein
                                                          S c h w er p u n k t- A u t o r d i e s er A u s g a b e

                                                                                                                         I n s t i t u t s l e i t u n g
                                                                                                                            Dr. Katharina Fischer-Ledenice
Intrapreneurship
                                                              Thema

04   Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug
     Prof. Dr. Nikolaus Franke

     »Intrapreneurship« – was ist das? Ein Modewort? Nur ein schicker Begriff ohne
     konkreten Inhalt? Oder steckt doch mehr dahinter? Um diese Fragen zu beant-
     worten, muss man etwas weiter ausholen und die historischen Bezüge betrach-
     ten.

08   Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die
     erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship
     Marc Schonhardt

     Zwei Umständen ist es zuzuschreiben, dass das Thema Intrapreneurship in der
     heutigen wirtschaftswissenschaftlichen Debatte zunehmend an Bedeutung
     gewinnt: der Krise des Fordismus und dem Aufkommen von Wissensarbeit im
     großen Stil. Vor diesem Hintergrund skizziert der Beitrag die gängigen
     Definitionen des Begriffs »Intrapreneurship« und geht auf die Voraussetzungen
     erfolgreicher Implementierung ein.

13   Intrapreneurship –
     Persönlichkeitsmerkmale und andere erfolgskritische
     Voraussetzungen
     Dkfm. Ilja Rep

     Unternehmerische Verantwortung ist en vogue. Viele Unternehmungen wollen,
     dass die Breite der Organisation unternehmerisch denkt und handelt, und
     ergänzen entsprechend ihr Leitbild und das strategische Programm »Intrapre-
     neurship«. Was bedeutet das genau? Welche Persönlichkeitsmerkmale zeich-
     nen einen erfolgreichen Intrapreneur aus? Für welche Unternehmen ist welcher
     Ansatz unter welchen Voraussetzungen sinnvoll? Welche Erfolgsfaktoren sind
     bei der Umsetzung zu beachten? Der Artikel gibt Orientierung für diese und
     weitere Fragen.

20   Unternehmerisch denkende Mitarbeiter –
     was Unternehmen sich erwarten und wie sie es angehen
     Mag. Alexander Löwenstein und DI Johann Pavelka

     Der Ruf nach Mitarbeitern und Führungskräften mit »unternehmerischem
     Touch« ist immer öfter zu hören. Was aber sind die Motive der Unternehmen,
     was hoffen sie damit zu erreichen – was riskieren sie damit? Vier untersuchte
     Unternehmen geben dazu Auskunft. Ein Diagnoseinstrument hilft Ihnen, für Ihr
     Unternehmen zu prüfen, ob Sie unternehmerisch denkende Mitarbeiter wirklich
     brauchen.
Hernstein Institut

                                                          33 Literatur zum Thema

                                                          34 Hernstein Leistungen zum Thema

                                                             Hernstein Seminare
                                                          36 Unternehmerisch denken – strategisch handeln
                                                          38 Potenzialeinschätzung zur Mitarbeiterführung
                                                          39 Der Hernstein Management Indikator

                                                          35 Hernstein Inhouse

                                                          40 Impressum

26   »Es geht um aktivierte Mitarbeiter«

     Wie erkennt man unternehmerisch denkende bzw. handelnde Mitarbeiter?
     Peter Wagner befragte dazu zwei renommierte Personalberater über ihre
     Zugänge und Ansichten: Sören Buschmann, geschäftsführender Gesellschafter
     von Dieter Strametz & Partner in Wien, und Mag. Markus Brenner,
     Geschäftsführer der Catro Personalsuche und -auswahl GmbH, Wien.

30   »Leisten und Verantworten müssen eins sein«

     Im Gespräch mit Franz Peneder, Inhaber und Geschäftsführer der Firma
     Peneder Bau-Stahl GmbH, über die nötigen Zutaten, damit Unternehmer
     im Unternehmen ihr volles Potenzial entfalten können.
Intrapreneurship – Konzept und historischer Bezug
    Prof. Dr. Nikolaus Franke ist Leiter des Departments of Entrepreneurship and Innovation an der Wirtschaftsuniversität Wien.

    »Intrapreneurship« – was ist das? Ein Modewort? Nur ein schicker Begriff ohne konkreten Inhalt?
    Oder steckt doch mehr dahinter? Um diese Fragen zu beantworten, muss man etwas weiter ausholen
    und die historischen Bezüge betrachten.

4   Der historische Hintergrund                                                   Dieses Muster gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für die
                                                                                  in Österreich dominanten KMU. Eine durch die Abteilung für Entrepre-
    Intrapreneurship ist nötig, weil sich die Umfeldbedingungen geändert
                                                                                  neurship der Wirtschaftsuniversität Wien durchgeführte Analyse der
    haben. Das traditionelle Management ist ein Kind der industriellen Re-
                                                                                  Top 100 des deutschen Mittelstands (www.top100.de) zeigt, dass auch
    volution. In dieser Zeit entstanden eigentlich erstmals und in großer
                                                                                  hier bereits 55% des Umsatzes und 59% des Gewinns durch Produkte er
    Zahl Unternehmen, wie wir sie heute kennen – Organisationen mit einer
                                                                                  folgen, die jünger als drei Jahre alt sind.
    großen Zahl von Mitarbeitern, einer automatisierten Massenproduktion
    und dem Beginn der Trennung von Eigentum und Geschäftsführung. Bis
                                                                                  Um also trotz gesättigter Märkte wachsen zu können ist es nötig, selbst
    dahin war »die Wirtschaft« weitestgehend von kleinen Familienbetrie-
                                                                                  neue Märkte zu schaffen – durch Innovationen. Ohne Innovationen
    ben, Manufakturen und dem Handwerk beherrscht.
                                                                                  kann heute kein Unternehmen mehr bestehen. Der aus Wien stam-
                                                                                  mende Management-Guru Peter F. Drucker bringt es auf den Punkt:
    Die Notwendigkeit systematischen Wissens über die Steuerung und
                                                                                  »Business has only two basic functions: marketing and innovation. Mar-
    Lenkung dieser neuen Organisationen wurde schnell deutlich. Um die
                                                                                  keting and innovation produce results. All the rest are costs.«
    Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden die ersten Handels-
                                                                                  Doch wie erzielt man Resultate? Wie macht man ein Unternehmen
    hochschulen, wobei die k. k. Exportakademie, Vorläuferin der Wirt-
                                                                                  schnell und innovativ? »Intrapreneurship« ist der Versuch einer Antwort
    schaftsuniversität Wien, 1898 eine der ersten war.
                                                                                  auf diese Fragen. Denn eins ist klar: Flexible, schnelle Reaktionen auf das
    In der betrieblichen Praxis und in der Forschung war es bis weit in die
                                                                                  Unvorhergesehene und das Schaffen des Neuen stehen außerhalb der
    zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts das Ziel, Unternehmen so zu struk-
                                                                                  betrieblichen Routine. Sie passen schlecht in das Paradigma von Opti-
    turieren, dass sie möglichst effizient, zuverlässig und fehlerfrei arbeiten
                                                                                  mierung, Rationalisierung und Effektivitätssteigerung. Man kann sie
    konnten. Aufgaben wurden in Teilaufgaben zerlegt, Abläufe optimiert,
                                                                                  schlecht anordnen und kaum zentral administrieren. In der wohlgeord-
    Entscheidungen zentralisiert. Manager waren – überspitzt gesagt – op-
                                                                                  neten Welt eines Unternehmens als Bürokratie haben sie keinen Platz.
    timierte Maschinen. Namen wie Taylor, Fayol, Schmalenbach und später
    Gutenberg stehen für diese Entwicklung. Im Vordergrund des Manage-
                                                                                  Intrapreneurship bedeutet unternehmerisches Handeln im Unter-
    ments stand also die Optimierung, Rationalisierung und Effektivitäts-
                                                                                  nehmen
    steigerung des Unternehmens im Routinebetrieb. Hier wurde zweifellos
    Großartiges erreicht.                                                         Ein Entrepreneur ist ein Unternehmer – etwa der Gründer eines jungen
                                                                                  High-Tech-Unternehmens, ein selbstständiger Unternehmensberater
    Heute im Fokus: Innovationen                                                  oder der Importeur einer neuartigen Dienstleistungsidee. Er befindet
                                                                                  sich in keiner bürokratischen Routine und muss nicht nur einfach
    Heute hat das Management die industrielle Revolution der rauchenden
                                                                                  fremde Anordnungen abarbeiten, sondern ist in Markt und Wettbewerb
    Fabriken bewältigt. In den letzten zwanzig Jahren sind neue Herausfor-
                                                                                  aktiv tätig. Auch ein Intrapreneur handelt genauso selbstständig, pro-
    derungen entstanden. Die Bedingungen in vielen Märkten haben sich so
                                                                                  aktiv und eigenverantwortlich – nur eben innerhalb einer bestehenden
    stark verändert, dass ein Umdenken notwendig wurde. Zum Zielkrite-
                                                                                  Organisation.
    rium »Effizienz« sind Fähigkeiten wie Geschwindigkeit und Innovations-
    fähigkeit hinzugekommen, ohne die ein Unternehmen heute nicht
                                                                                  Man erkennt bereits an dieser Definition, dass Intrapreneurship kein ein-
    mehr überleben kann.
                                                                                  zelnes Instrument ist, sondern eine grundsätzliche Denkrichtung dar-
    Ein Beispiel: Bei der Siemens AG, einem Unternehmen, das lange genug
                                                                                  stellt. Wie alle Denkrichtungen hat auch Intrapreneurship Vorläufer.
    als »Bank mit angeschlossener Produktion« verspottet wurde, werden
                                                                                  Schon lange gibt es Techniken und organisatorische Maßnahmen, die
    mittlerweile mehr als 75% des Umsatzes mit Produkten gemacht, die
                                                                                  die Selbstständigkeit der Angestellten betonen und fördern. Beispiele
    jünger als fünf Jahre alt sind. Die Produkte für den Umsatz des Jahres
                                                                                  hierfür sind etwa der Führungsstil des »Management by Objectives«, die
    2009 existieren also heute noch nicht, sondern müssen erst geschaffen
                                                                                  Bildung von Profit Centers oder die Einführung von internen Verrech-
    werden.

    Hernsteiner 1/2004            t h e m a Intrapreneurship
nungspreisen. Um Intrapreneurship zu verstehen ist es daher notwen-           Der Markt für Ideen                                                        5
dig, den Blick weg von Einzelinstrumenten hin zum Grundsätzlichen zu
                                                                              Wie viele Businesspläne oder Business Proposals landen pro Jahr unver-
lenken.
                                                                              langt auf dem Schreibtisch des Vorstands? Einer? Fünf? Zwanzig? Ven-
Um Innovationen zu schaffen, sind grundsätzlich drei Elemente not-
                                                                              ture-Capital-Gesellschaften erhalten jährlich mehrere tausend solcher
wendig: Man benötigt erstens eine Idee, zweitens Kapital zur Ausarbei-
                                                                              Pläne. Was erklärt den Unterschied? Die meisten bestehenden Unter-
tung und Umsetzung und drittens fähige Personen, die den gesamten
                                                                              nehmen motivieren ihre Mitarbeiter nicht dazu, neue Ideen zu ent-
Prozess treiben und innerbetriebliche wie außerbetriebliche Wider-
                                                                              wickeln und auszuarbeiten. Prioritäre Zielvorgabe ist es meist, die Auf-
stände überwinden.
                                                                              gaben im eigenen Zuständigkeitsbereich mit weniger Aufwand zu
                                                                              erfüllen. »Reengineering«, »Six Sigma«, »Supply Chain Optimization«
Diese drei Zutaten finden sich normalerweise in allen Unternehmen
                                                                              sind einige Schlagworte zu Programmen, die in dieser Denktradition
reichlich. Der springende Punkt ist: sie gelangen oft nicht zur Entfal-
                                                                              stehen.
tung, sondern bleiben unsichtbar und wirkungslos. Die beste Organisa-
tionsform, um Ressourcen zu nutzen, ist der Markt. Die Austrian School
                                                                              »Si tacuisses, philosophus mansisses« – wie viele Mitarbeiter in einem
of Economics beschreibt den Markt und Wettbewerb als Entdeckungs-
                                                                              normalen Unternehmen glauben tatsächlich, dass radikale Ideen das
verfahren. In Unternehmen herrscht jedoch allzu oft kein Wettbewerb,
                                                                              beste Mittel sind, um zu Karriere und Reichtum zu gelangen? Wie viele
sondern Anordnung und Hierarchie. Der Harvard-Professor Gary Hamel
                                                                              glauben, dass es am Besten ist, den Regeln zu folgen, keine Fehler zu
schreibt hierzu: »(…) the last bastion of Soviet-style central planning can
                                                                              machen und sich nur um die eigenen Dinge zu kümmern? Wie viele
be found in Fortune 500 companies.« Statt Marktkräften wirken die
                                                                              glauben dies zu Recht?
Kräfte der Bürokratie.
                                                                              Dies hat mit Anreizsystemen zu tun – monetären ebenso wie nicht mo-
                                                                              netären. Innovationen und neue Ideen haben immer etwas mit Risiko zu
Wie sieht das typische Schicksal einer innovativen und unkonventionel-
                                                                              tun. Wer seine Mitarbeiter nicht dazu ermutigt, diese Risiken einzuge-
len Idee eines normalen Angestellten in einem Großunternehmen aus?
                                                                              hen, sondern nur Konformismus belohnt, darf sich nicht wundern,
Die Idee wird vom unmittelbaren Vorgesetzten geprüft und gelangt im
                                                                              wenn Ideen selten geäußert werden.
positiven Fall über Abteilungsleiter, Hauptabteilungsleiter, Bereichschef,
Fachvorstand etc. schließlich bis auf den Schreibtisch des Vorstands.
                                                                              Problematisch ist zusätzlich, dass in Bezug auf Ideen die Marktform des
Auf jeder Stufe droht der Idee eine Interpretation als Kritik am Beste-
                                                                              Monopsons vorliegt, also die eines Nachfragemonopols. Vielen poten-
henden. Auf jeder Stufe wird die Frage gestellt: »Wenn das so gut ist –
                                                                              ziellen Ideenanbietern steht nur ein einziger Nachfrager gegenüber –
warum tut es dann niemand?«. Auf jeder Stufe findet die Abwägung
                                                                              das Unternehmen, verkörpert durch den jeweiligen Vorgesetzten im ge-
statt: »Soll ich so etwas Ungewöhnliches tatsächlich befürworten?
                                                                              samten Instanzenzug. Aus der Mikroökonomie genau wie aus dem
Wenn es schief geht, werden Sündenböcke gesucht.« Die Wahrschein-
                                                                              praktischen Leben weiß man, dass Monopole keine effizienten Markt-
lichkeit, dass es zu einer Realisierung der Idee kommt, dass ihr also das
                                                                              formen sind. Sie führen zu einer künstlichen Unternachfrage. Ein einzi-
nötige Kapital und die besten Personen zugeordnet werden, ist denkbar
                                                                              ges »Nein«, das normalerweise nicht einmal begründet werden muss,
gering.
                                                                              genügt, um die Idee abzutöten. Zu wenige Ideen werden aufgegriffen,
                                                                              und in der Folge sinkt der Anreiz für die Mitarbeiter, Ideen anzubieten.
Der Fehler, der hier passiert, heißt »Ressourcenallokation statt Ressour-
                                                                              Im Rahmen von Intrapreneurship-Konzepten versuchen Unternehmen,
cenattraktion«. Statt Marktkräfte wirken zu lassen, gibt es einen gestuf-
                                                                              Ideen stärker als Markt zu organisieren. So kann beispielsweise versucht
ten hierarchischen Entscheidungsprozess, der üblicherweise sehr kon-
                                                                              werden, in Ideenwettbewerben, im Intranet und in internen Messen
servativ ausfällt. Intrapreneurship bedeutet nun, neben dem
                                                                              Ideen mehr als einem potenziellen Ideensponsor zugänglich zu ma-
Hierarchieprinzip – das unbestritten in vielen Bereichen sinnvoll ist – das
                                                                              chen. Es ist nicht mehr so einfach, Ideen zu blockieren. Unternehmen
Marktprinzip einzuführen. Genau genommen geht es um die drei
                                                                              wie Shell, Siemens und Philips haben positive Erfahrungen damit ge-
Märkte: Märkte für Ideen, Kapital und Talent.

                                                               t h e m a Intrapreneurship                                     Hernsteiner 1/2004
6   macht, dass sie die Nachfrageseite für Ideen verbreitert haben. Mitar-      ture Capitalists fragen auch nicht nach der Harmonie der Idee mit der
    beiter werden am Erfolg der Idee beteiligt. Sofort entstand eine spür-      Strategie, mit dem Kerngeschäft, mit anderen Produkten und so weiter.
    bare Steigerung der Anzahl neuer Ideen. Einige waren so gut, dass sie       Sie investieren Kapital, wenn sie an Ideen glauben.
    verfolgt wurden.
                                                                                Intrapreneurship würde also nahelegen, die Kapitalausstattung und In-
    Diese Möglichkeiten stehen nicht nur Großunternehmen offen. Durch           vestitionstätigkeit des Unternehmens stärker am Marktprinzip auszu-
    eine Stärkung der jeweiligen Märkte für Ideen schaffen es auch die oben     richten. Neben den traditionellen Budgets könnte also ergänzend ein Fi-
    angesprochenen Top 100 des deutschen Mittelstands, dass durch-              nanzierungsinstrument treten, das für innovative unternehmens-
    schnittlich 26% der Mitarbeiter jedes Jahr mindestens einen Verbesse-       interne Ideen reserviert ist – eine Art internes Venture Capital. Es steht
    rungsvorschlag erbringen.                                                   prinzipiell allen Mitarbeitern offen, die eigene Ideen verfolgen wollen.
                                                                                Vergeben wird es durch interne Venture Capitalists, die ihrerseits wie-
    Der Markt für Kapital                                                       derum an ihrer Kapitalrendite gemessen werden. Großunternehmen
                                                                                wie Siemens haben gute Erfahrungen mit solchen Fonds gemacht. Eine
    Können Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen das Startkapital erhalten,
                                                                                Reihe radikaler Ideen, die in traditionellen hierarchischen Strukturen
    um eine innovative Idee weiterzuentwickeln und auszuprobieren? Wie
                                                                                kaum eine Chance auf Umsetzung hätten, wurden auf diese Weise fi-
    viele Formulare müssen ausgefüllt werden? Besteht überhaupt eine
                                                                                nanziert und umgesetzt.
    Chance?
    In vielen Unternehmen werden die Budgets frühzeitig verteilt und de-
                                                                                Erneut erscheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass sich derartige In-
    tailliert geschlüsselt. Budgetgrößen der Vorperioden und die interne
                                                                                strumente auch für KMU lohnen können. In unserer Top-100-Analyse
    Machtstellung unterschiedlicher organisatorischer Bereiche spielen
                                                                                des deutschen Mittelstands haben wir festgestellt, dass 28% der unter-
    dabei oftmals eine nicht unbeträchtliche Rolle.
                                                                                suchten Unternehmen mittlerweile internes Venture Capital bereitstel-
    In diesem hierarchischen Gefüge besteht wenig Platz für ungewöhnli-
                                                                                len. Die durchschnittliche Höhe beträgt dabei 3,7% des Jahresumsatzes.
    che und risikoreiche neue Ideen. Die typische Sicht des etablierten Un-
                                                                                Man erkennt, dass die Fonds durchaus nicht groß sein müssen. Seed-Fi-
    ternehmens besteht in der gebetsmühlenhaften Frage nach der Größe
                                                                                nanzierungen betragen selten mehr als einige zehntausend Euro pro In-
    des Marktes. Kapital wird nur dann bereitgestellt, wenn der Markt hin-
                                                                                vestment. Wenn es gelingt, dadurch gelegentlich eine innovative Ge-
    reichend groß ist. Nun haben radikale Innovationen typischerweise
                                                                                schäftsidee zu entwickeln und am Markt zu platzieren, sollte sich das
    zunächst keinen Markt – sie schaffen ihn ja erst. Aber die möglichen Ver-
                                                                                Investment bezahlt gemacht haben.
    luste durch eine fehlgeschlagene Investition sind gut sichtbar, während
    entgangene Gewinne in keinem Controlling-System erfasst werden. Die
                                                                                Der Markt für Fähigkeiten
    Logik der Hierarchie und der Allokation führen also dazu, dass Kapital in
    Unternehmen vorwiegend in sichere Geschäfte investiert wird, auch           Es ist ein Gemeinplatz, zu betonen, dass Mitarbeiter in den meisten Un-
    wenn die Erträge dort traditionell mager sind.                              ternehmen die wichtigste Ressource sind. Dies gilt erst recht für unter-
                                                                                nehmerische Aktivitäten. Wie schlecht es um diese Ressource bestellt
    Business Angels und Venture Capitalists gehen anders vor: Sie investie-     ist, belegt eine aktuelle Untersuchung von Gallup: Mehr als 2000 Ar-
    ren in Chancen und sind bereit, dafür Risiken zu tragen. Sie sind dabei     beitnehmer in Deutschland wurden im Juni und Juli 2003 nach ihrer Ar-
    keine Hasardeure. Ihr Ziel besteht darin, ein (oder möglichst mehrere)      beitseinstellung befragt. Als Ergebnis zeigte sich, dass nur zwölf Prozent
    Investment(s) zu tätigen, dessen Wert sich verzehn- oder verzwanzig-        der Arbeitnehmer in Deutschland engagiert bei der Arbeit und zufrie-
    facht. Im Unterschied zu traditionellen Unternehmen nehmen sie Aus-         den mit ihrem Job sind. Die überwiegende Mehrheit (70 Prozent) macht
    fälle aber bewusst in Kauf. Denn sie wissen, dass man Ausfälle nur dann     nur »Dienst nach Vorschrift«, 18 Prozent haben bereits innerlich gekün-
    sicher vermeiden kann, wenn man gar keine Risiken eingeht – und dann        digt. Es erscheint unwahrscheinlich, dass die Zahlen für Österreich deut-
    verliert man gleichzeitig auch alle Chancen. Business Angels und Ven-       lich besser sind.

    Hernsteiner 1/2004           t h e m a Intrapreneurship
Gewiss gibt es eine Reihe von Gründen für ein derartig niederschmet-        dient dem Ziel, das Unternehmen besser auf die strategischen Ziele der       7
terndes Ergebnis. Es erscheint jedoch plausibel, dass Frustrationen in-     Innovationsfähigkeit und Flexibilität anzupassen. In Unternehmen, die
folge von Machtlosigkeit, fehlende Gestaltungs- und Mitsprachemög-          nach marktbezogenen Prinzipien organisiert sind, ziehen innovative
lichkeiten, zu geringe Sichtbarkeit der eigenen Tätigkeit und das Gefühl    Ideen sowie leistungsfähige und erfolgswillige Mitarbeiter Kapital an.
des Ausgeliefertseins eine große Rolle spielen. Vielfach treten neue Mit-   Sie werden identifiziert und gefördert. Das Unternehmen wird schlag-
arbeiter mit neuen Ideen und voller Enthusiasmus in das Unternehmen         kräftiger und macht mehr aus seinen Potenzialen.
ein. Sie verlieren diese Energie in dem Maße, wie man sie merken lässt,
dass ihre Ideen als Störungen verstanden werden und der Aufstieg eine       Probleme und Chancen
Frage der Zeit, nicht der Leistung ist.
                                                                            Intrapreneurship ist kein Allheilmittel und funktioniert nicht automa-
                                                                            tisch. Ein besonders schwieriges Problem ist die Balance zwischen der
Die Realität von Führungs- und Personalentwicklungssystemen in Un-
                                                                            stabilisierenden Hierarchie und dem innovationsfördernden Markt. Bei-
ternehmen ist nach wie vor stark am Hierarchieprinzip orientiert. Kar-
                                                                            nahe alle Unternehmen benötigen beide Fähigkeiten. Bei allen Argu-
rierepfade sind mühselige, steinige Wege. Über das Fortkommen ent-
                                                                            menten für Intrapreneurship – man stelle sich etwa vor, Airlines würden
scheidet meist der unmittelbar Vorgesetzte allein. Dieser hat oftmals
                                                                            die Wartung ihrer Flugzeuge und Unternehmen ihren Jahresabschluss
keinen großen Anreiz zur Förderung von Talent, denn Förderung bedeu-
                                                                            locker und kreativ organisieren und nicht nach genauesten und minu-
tet Verlust des Mitarbeiters. Einmal eroberte Positionen werden mit
                                                                            tiös eingehaltenen Regelungen. Umgekehrt wird aber auch die Innova-
Zähnen und Klauen verteidigt und im Normalfall nie mehr preisgege-
                                                                            tionsfunktion immer wichtiger.
ben, ganz egal, wie gut die Position ausgefüllt wird. Es liegt auf der
Hand, dass das Hierarchieprinzip im Personalbereich hohe Kosten auf-
                                                                            Die Balance ist aber schwierig, da sich beide Kulturen zueinander anta-
wirft.
                                                                            gonistisch verhalten. Dies bedeutet, dass das Gleichgewicht zwischen
Intrapreneurship bedeutet, dass auch der Personalbereich stärker als
                                                                            ihnen instabil ist und stets die Gefahr besteht, dass sich eine zu einsei-
Markt organisiert wird. Die höchsten Potenziale im Unternehmen erle-
                                                                            tige Kultur ergibt. Auf der einen Seite droht dann das Chaos, auf der an-
ben einen schnellen Aufstieg. Dieser Aufstieg verläuft nicht nach zentral
                                                                            deren die Erstarrung. Beide führen in den Untergang.
geplanten kleinen Schritten, sondern sprunghaft und unter zahlreichen
Bereichswechseln. Chefs behandeln ihre Mitarbeiter nicht mehr als »Ei-
                                                                            Damit ergibt sich, dass ein Wandel in Richtung einer stärkeren Beto-
gentum«, sondern versuchen sie zu entwickeln und zu fördern, da sie
                                                                            nung der Prinzipien der Intrapreneurship notwendigerweise Führungs-
sonst nicht mehr lange in ihrer Abteilung bleiben werden.
                                                                            aufgabe ist und ständig beobachtet werden muss. Es genügt auch
                                                                            nicht, Intrapreneurship vollmundig anzukündigen und keine fühlbaren
Intrapreneurship-Kultur
                                                                            und nachhaltig wirksamen Änderungen in Strukturen und Abläufen vor-
Insgesamt sollte deutlich geworden sein, dass Intrapreneurship mehr ist     zunehmen. Wenn keine Anreize zur Verhaltensänderung bestehen, wird
als eine Sammlung von Instrumenten. Es impliziert eine Änderung der         sich kein Innovationsschub ergeben. Organisationen sind konservativ –
Unternehmenskultur. Werte wie das Leistungsprinzip, Eigenverantwor-         sie wehren sich gegen Veränderung. Führungskräfte sind Vorbilder. Wer
tung, Mobilität, die Akzeptanz von Risiken und die Belohnung von Krea-      Hierarchie ab- und Markt aufbauen will, muss mit gutem Beispiel voran
tivität ersetzen oder ergänzen zumindest die traditionellen Kulturen,       gehen. Groß angekündigte, aber schlecht implementierte Intrapre-
die von Standardisierung, Berichtssystemen, Anweisungen, Arbeits-           neurship-Programme verspielen Glaubwürdigkeit, schwächen die tradi-
platzbeschreibungen und Kontrollmechanismen geprägt sind. Hierar-           tionellen Fähigkeiten des Unternehmens und schaden damit mehr als
chien werden flacher, und Teamwork steht stärker im Vordergrund.            sie nutzen.
Man darf nicht vergessen, dass dies alles nicht aus Idealismus oder ethi-   Riskieren Unternehmen damit zuviel, wenn sie sich dem Prinzip des In-
schen Erwägungen geschieht, auch wenn die Wirkungen für die einzel-         trapreneurship zuwenden? Ein Intrapreneur würde sagen: »Nein, denn
nen Mitarbeiter sicherlich überwiegend positiv sind. Intrapreneurship       es gibt keine Chance ohne Risiko.«

                                                              t h e m a Intrapreneurship                                    Hernsteiner 1/2004
Strukturelle und kulturelle Voraussetzungen für die
    erfolgreiche Implementierung von Intrapreneurship
    Marc Schonhardt untersuchte 2002 in einer Magisterarbeit das neue Verhältnis, das Arbeitende zu ihrer Arbeit haben, und
    befasste sich dabei auch mit dem Thema Intrapreneurship.

    Zwei Umständen ist es zuzuschreiben, dass das Thema Intrapreneurship in der heutigen wirt-
    schaftswissenschaftlichen Debatte zunehmend an Bedeutung gewinnt: der Krise des Fordismus
    und dem Aufkommen von Wissensarbeit im großen Stil. Vor diesem Hintergrund skizziert der
    Beitrag kurz die gängigen Definitionen des Begriffs »Intrapreneurship« und geht danach auf die
    Voraussetzungen erfolgreicher Implementierung ein.

8   In den 1970er-Jahren machten die Unternehmen die Erfahrung, dass                      um. Die technisch-mechanische Anpassung der Arbeitstätigkeit an die
    das Potenzial zur Produktivitätssteigerung durch die Verfeinerung der                 Maschine wurde durch eine Arbeitsorganisation ersetzt, die auch Rück-
    fordistischen Produktionsmethoden eine erschöpfliche Ressource war.                   sicht auf die Bedürfnisse der Arbeitenden nahm. Dies hatte auch eine
    Sämtliche Kennziffern, die Aussagen zur (Arbeits-)Produktivität liefern,              Verbesserung der subjektiven Arbeitsbedingungen und eine erhöhte
    wurden nach Jahrzehnten des Wachstums wieder rückläufig1. Es schien,                  Arbeitszufriedenheit zur Folge, die wiederum zu einer Steigerung und
    als ob die Grenze des technisch Möglichen (innerhalb des Produktions-                 Stabilisierung der Arbeitsleistung führte. All diesen Maßnahmen, mit
    prozesses) erreicht war. Der Einsatz tayloristischer Produktionsmetho-                denen versucht wurde, der Krise des Fordismus entgegen zu wirken, lag
    den begünstigte zwar durch die Ausnutzung der ›economies of scale‹                    das Prinzip der Requalifizierung der Arbeitenden zu Grunde. Nachdem
    die massenhafte Herstellung von Produkten in Großserien, zeigte je-                   sich Produktivitätszuwächse im Bereich der technologischen Verbesse-
    doch seine Schwächen in einer niedrigen Flexibilität, was die Gestaltung              rung des Produktionsprozesses nur noch mühsam und mit viel (vor
    von Produktvariationen anging. Einmal errichtet, war es mit einem im-                 allem finanziellem) Aufwand realisieren ließen, wurde der arbeitende
    mensen Zeitaufwand verbunden, ein Produktionsverfahren zu verän-                      Mensch als mögliches Produkivitätspotenzial entdeckt. Hierin steckte
    dern. Die abnehmende Nachfrage nach Massengütern zu Gunsten spe-                      der erste Schritt in der Umdeutung der Arbeit vom Kostenfaktor hin
    zifischerer ›individualisierter‹ Güter verschärfte dieses Problem.                    zum Vermögensgegenstand.

    Diesen neuen Umständen folgten Veränderungen der Produktionspro-                      Wissensarbeit
    zesse, die für die Arbeitenden zweierlei Auswirkungen hatten: zum
                                                                                          Die neuartigen Strukturen, die in der Wissensgesellschaft für den Um-
    einen wurden neue technische Kompetenzen erforderlich und zum an-
                                                                                          gang mit Wissen geschaffen wurden, sind überwiegend aus ökonomi-
    deren kam es durch eine Umgestaltung großer Bereiche der Arbeitsor-
                                                                                          schem Interesse entstanden. Unternehmen stellten fest, dass Wissen
    ganisation zu einer Neuordnung der Arbeitsabläufe. Durch den Einsatz
                                                                                          und Informationen zu immer bedeutenderen Wettbewerbsfaktoren
    von Mikroelektronik konnte dem gestiegenen Anspruch an eine fle-
                                                                                          werden. Wissensarbeit stellt die Art von Erwerbsarbeit dar, den die Ak-
    xiblere Fertigung Genüge getan werden. Sie ermöglichte die Umstel-
                                                                                          teure einer zunehmend von Wissen geprägte Wirtschaft leisten.
    lung eines Produktionsprozesses in einer viel geringeren Zeitspanne als
    zuvor. Dies wurde vor allem durch die elektronische Integration von
                                                                                          Drucker (1991) präzisiert diesen Aspekt. »Knowledge work by definition
    Prozessplanungselementen in den Produktionsprozess selbst möglich.
                                                                                          does not yield a product. It yields a contribution of knowledge to
    »Allerdings ermöglicht und erzwingt die auf der Mikroelektronik beru-
                                                                                          someone else. The output of the knowledge worker is always sombody
    hende Umwälzung der Produktionstechnik auch eine radikale Flexibili-
                                                                                          else`s input3.« Offensichtlich geht Drucker hierbei von einer eng gefas-
    sierung der Arbeitskräfte, die sich in neuen qualifikatorischen und ar-
                                                                                          sten Definition von »Produkt« aus, die sich auf physische Produkte be-
    beitsorganisatorischen Schichtungen des ›Gesamtarbeiters‹ äußern2.«
                                                                                          schränkt. Der Kern dieser Aussage verdeutlicht jedoch eine wichtige Ei-
                                                                                          genschaft von Wissensarbeit, nämlich dass das Verfügen über Wissen
    Die Krise des Fordismus
                                                                                          kein Selbstzweck ist, sondern stets als Mittel für einen anderen Zweck
    Die qualifikatorische Neuschichtung besteht in der Notwendigkeit, dass                angewandt wird.
    ArbeiterInnen vermehrt auch den Umgang mit elektronischen Syste-
    men beherrschen müssen. Durch diese Anreicherung der Arbeit mit                       Zum Anforderungsprofil von WissensarbeiterInnen gehört nach
    neuen Inhalten kehrte sich für den Teil der ArbeiterInnen, der mit dieser             Drucker (1998) die Bereitschaft, autonom arbeiten zu können und kon-
    neuen Technik arbeitet, die tayloristische Tendenz der Zerstückelung                  tinuierlich sein eigenes Wissen auf dem neuesten Stand zu halten.

    1 V g l .   h i e r z u :    H i r s c h ,    J o a c h i m ;     R o t h ,     R o l a n d :    Das neue Gesicht des Kapitalismus.
                                                                                                     Vom Fordismus zum Post-Fordismus. Hamburg, VSA-Verlag, 1986, S. 79
    2 H i r s c h ; R o t h ( 1 9 8 6 ) , S. 108 f.
    3 D r u c k e r , P e t e r : Management. An abridged and revised version of Management:
                                  Tasks, Responsibilities, Practises. Oxford, Heinemann. 1991, S. 173. Zitiert nach Pfiffner; Stadelmann (1995) S. 87

    Hernsteiner 1/2004              t h e m a Intrapreneurship
Auf der anderen Seite erfordert dies vom Arbeitgeber den Willen, fort-            ternehmertums innerhalb einer bereits bestehenden Unternehmung                   9
laufend in die Ausbildung seiner MitarbeiterInnen zu investieren4. Durch          beziehen. Die relevantesten Begriffssynonyma sind (Internal) Corporate
vermehrte Investitionen in das Humankapital eines Unternehmens än-                Entrepreneurship, Intracorporate Entrepreneurship, Internal Entrepre-
dert sich der Charakter, den menschliche Arbeit in wirtschaftlichen Zu-           neurship, External Entrepreneurship, Spin-off Entrepreneurship, Inter-
sammenhängen hat. Die bisherige Deutung der Arbeit als Kostenfaktor,              nal Corporate Venturing und New Business Venture. Bei dieser Aufli-
den es zu minimieren gilt, weicht der Erkenntnis, dass es sich auch bei           stung wird deutlich, dass viele der Synonyme am Begriff des
Humankapital um Investitionen handelt, die mehr oder weniger den                  »Entrepreneur« orientiert sind. Damit wird die grundlegende geistige
gängigen Regeln der Investitionstheorie folgen.                                   Haltung erkennbar, die sich hinter dem Begriff verbirgt. Einig sind sich
                                                                                  die Autoren darüber, dass es Gifford Pinchot5 war, der in den späten
Dieser Besitz von Produktionsmitteln macht WissensarbeiterInnen ge-               1980er Jahren das heutige Verständnis von Intrapreneurship prägte.
genüber ihren VorgängerInnen erheblich mobiler. Für den Fall, dass sich           Seinen inhaltlichen Definitionen folgend ist unter Intrapreneurship vor
ein/eine WissensarbeiterIn entschließt, die Organisation zu verlassen,            allem der » ... Geist von Innovation und Kreativität, der sich innerhalb
entzieht er/sie gleichsam der Organisation ein Produktionsmittel. Pfiff-          eines bereits bestehenden Unternehmens entwickelt ...« zu verstehen.
ner und Stadelmann (1995) merken hierzu an, dass dies die Arbeit in
Wissensorganisationen prinzipiell weit weniger beherrschbar macht,                Träger dieses Geistes sind einzelne MitarbeiterInnen eines Unterneh-
und somit die Machtverhältnisse innerhalb einer Herrschaftsbeziehung              mens, die Intrapreneure. Um sie dreht sich der Kerngedanke des Kon-
zwischen Arbeitgeber und -nehmer überdacht werden müssen. Ein Teil                zepts. Auch hier findet sich wiederum eine große Bandbreite an Defini-
dieser Herrschaftsbeziehung ist Kontrolle. WissensarbeiterInnen sind              tionen. Charakteristisch wird ein Intrapreneur dargestellt als »... a
weniger kontrollierbar, da das Ergebnis ihrer Arbeit nicht mehr direkt            corporate employee who introduces and manages an innovative pro-
kontrahierbar ist. Der Prozess der Leistungserstellung bei Wissensarbei-          ject within the corporative environment, as if he or she were an inde-
terInnen verliert erheblich an Bedeutung gegenüber dem Ergebnis der               pendent entrepreuneur7.« Trotz dieser Rolle als Innovationsgeber blei-
Arbeit.                                                                           ben Intrapreneure stets im Rahmen des Unternehmens eingebunden.
                                                                                  Diese Eingebundenheit ist gleichzeitig auch ein Abgrenzungsmerkmal
Diese neuen Anforderungen an Erwerbsarbeit wurden in den letzten                  zum Entrepreneur. Im Gegensatz zu diesem, der stets unter persönli-
Jahren sowohl von sozialwissenschaftlicher Seite als auch von diversen            chen finanziellen Risiken operiert, geht es beim Intrapreneur lediglich
Management-Theoretikern erkannt und analysiert. Einen Vorschlag, wie              um die Gefährdung der Karriere. Um den unternehmerischen Geist bei
mit dieser neuen Situation umgegangen werden kann, liefert das Kon-               Mitarbeitern zu fördern ist es unerlässlich, ein Umfeld zu schaffen, das
zept des Intrapreneurship.                                                        der Absicht unternehmerischen Handels förderlich ist. Für eine analyti-
                                                                                  sche Aufarbeitung dieses Umfeldes wird zwischen organisatorischen
Begriff und Abgrenzung von Intrapreneurship                                       und kulturellen (im Sinne von Unternehmenskultur) Strukturen unter-
                                                                                  schieden.
In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, die sich mit dem Thema
befasst, scheint es genau so viele Definitionen von Intrapreneurship zu
                                                                                  Intrapreneurshipfördernde Strukturen der Unternehmensorgani-
geben, wie es Autoren dazu gibt. Aufgrund dieser enormen Vielfalt
                                                                                  sation
werde ich an dieser Stelle einige allgemein gültige Begriffseinschrän-
kungen darstellen, mit Hilfe derer es möglich sein wird, sich ein Bild            Wenn das Wachstum einer Organisation nicht durch Zukauf externer
über Intrapreneurship zu machen. Der Terminus selbst ist eine Fusion              Einheiten geschieht, sondern durch den Eintritt in neue Geschäftsfelder,
aus verschiedenen Begriffen, die sich allesamt auf das Thema des Un-              so wird mit einem »Venture« eine neue Organisationseinheit gegrün-

4 D r u c k e r , P e t e r : Management im 21. Jahrhundert. 2. Aufl. München, Econ Verlag, 1999, S. 201.
5 P i n c h o t betreibt heute in den USA unter dem Namen ›Pinchot&Company‹ eine Unternehmensberatung, in der er seine Ideen zu Intrapreneurship in einem
                 Beratungskonzept umsetzt. Siehe hierzu: http://www.pinchot.com
6 T h o m e , T h o r s t e n : Unternehmer im Unternehmen. Ein Beitrag zur Intrapreneurship-Diskussion. Dissertation des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften
                                       der Philipps-Universität zu Marburg, 1998, S. 15.
7 T h o m e ( 1 9 9 8 ) , S. 17.

                                                                t h e m a Intrapreneurship                                          Hernsteiner 1/2004
10   det. Der Begriff ›Corporate Venturing‹ be-            gedeutet in Unternehmerfreundlichkeit) aus-             • Als vierten Punkt sieht Neugebauer (1997)
     zeichnet das Management dieses Prozesses.             wirkt.                                                  die Kommunikationsstruktur eines Unterneh-
     Diese Art von Neugründungen innerhalb einer                                                                   mens. Dabei wird zum einen auf formale Infor-
     bestehenden Organisation trägt in hohem               • Nicht mehr mit der Zuteilung, sondern mit             mations- und Kommunikationswege einge-
     Umfang zum unternehmerischen Verständnis              der Art und Weise der Ausführung von diesen             gangen, die neben einer vertikalen auch eine
     bei den MitarbeiterInnen bei, die an einem sol-       Aufgaben befasst sich der Punkt Standardisie-           horizontale Dimension ausweisen sollten, und
     chen Projekt beteiligt sind.8 Auch beim Kon-          rung/Formalisierung. Zentrale Aussage hier-             zum anderen auf informelle Kommunikation,
     zept des »internen Marktes« wird auf Erlernen         bei ist, dass sich eine hohe Dichte von Regeln          die durch organisatorische Maßnahmen (Ein-
     und Anwenden unternehmerischen Verständ-              und Vorgaben bei der Erfüllung von Aufgaben             richtung von Pausenräumen etc.) ermöglicht
     nisses gesetzt. Diese Internalisierung der            negativ auf die Intrapreneurfreundlichkeit der          und vereinfacht werden soll.
     Marktwirtschaft »... basiert auf den folgenden        Umgebung auswirkt. Der Umkehrschluss ist                Durch ein hohes Ausmaß an Kommunikations-
     drei Komponenten: Gewinnverantwortung                 eine Forderung nach einem geringen Standar-             freiheiten kommt es vermehrt zu einer Neu-
     der organisatorischen Einheiten; mehr oder            disierungsgrad, der jedoch auch nicht zu ge-            kombination von Ideen und Wissenselemen-
     weniger freie Entscheidungsautonomie in               ring ausfallen darf, da durch mangelndes Re-            ten, die eine direkte innovationsfördernde
     Bezug auf Lieferanten und Abnehmer; interne,          gelwerk Verunsicherung entstehen kann.                  Wirkung haben. Zusammenfassend be-
     auszuhandelnde Verrechnungspreise«9.                                                                          schreibt er eine unternehmerfördernde Orga-
     Neugebauer (1997) geht auf einem von kon-             • Mit dem Strukturmerkmal der Zentralisie-              nisationsstruktur mit folgender Hypothese:
     kreten Maßnahmen abstrahierten Niveau den             rung wird gezeigt, wie die Entscheidungsbe-             »Einen positiven Beitrag zur Generierung eines
     intrapreneurshipfördernden Strukturen nach.           fugnisse innerhalb der Unternehmenshierar-              Unternehmer fördernden Umfelds leisten:
     Er identifizierte vier Strukturdimensionen (Dif-      chie auf die jeweiligen Ebenen verteilt sind. Ein       eine geringe Differenzierung, eine niedrige
     ferenzierung, Standardisierung/Formalisie-            hoher Zentralisationsgrad liegt dann vor,               Formalisierung und Standardisierung, eine ge-
     rung, Zentralisierungsgrad und Kommunikati-           wenn Entscheidungskapazitäten an der Spitze             ringe Zentralisierung sowie eine offene Kom-
     onsstruktur), an deren jeweiligen Ausprä-             einer Hierarchie konzentriert sind. »Mit zuneh-         munikationsstruktur.«12
     gungsgrad sich ein förderndes Umfeld ergibt           mender Delegation von Entscheidungskom-
     oder nicht.                                           petenz auf hierarchisch nachgeordnete Ebe-              Nachdem ein organisatorischer Überbau für
                                                           nen nimmt der Grad der Zentralisation ab                eine intrapreneurfreundliche Umgebung ge-
     • Die Dimension Differenzierung gibt an, in-          (=Dezentralisation).«11 Dieses Merkmal ist              schaffen ist, kommt es im nächsten Schritt auf
     wieweit durch Spezialisierung und Arbeitstei-         komplementär zu den Ausführungen zur Diffe-             eine Ausfüllung dieser Strukturen an. Dies
     lung »... die Gesamtaufgabe des organisatio-          renzierung zu sehen, da bei der dort beschrie-          kommt durch soziale Interaktionen der in der
     nalen Systems in Teilaufgaben zerlegt und             benen hohen Aufgabenkomplexität meist im-               Unternehmung tätigen Menschen zustande.
     einzelnen Stellen zugeordnet wird«.10 Ein ge-         plizit   eine    erweiterte      Entscheidungs-
     ringer Spezialisierungsgrad ermöglicht den            kompetenz enthalten ist. Somit lässt sich fest-
     einzelnen MitarbeiterInnen eine hohe Aufga-           stellen, dass eine geringe Differenzierung, ge-
     benkomplexität, was sich wiederum positiv             paart mit einem geringen Zentralisierungs-
     auf die Innovationsfreudigkeit (und hier um-          grad, eine ideale Konstellation zur Förderung
                                                           unternehmerischen Denkens ist.

     8 S ü s s m u t h - D y c k e r h o f f ,    C l a u d i a : Intrapreneuring. Ein Ansatz zur Vitalisierung reifer Grossunternehmen.
                                                                   Bern, Verlag Paul Haupt, 1995, S. 85
     9 S ü s s m u t h - D y c    k e r h o f f ( 1 9 9 5 ) , S. 84
     1 0 N e u g e b a u e r,      L o r e n z : Unternehmertum in der Unternehmung. Ein Beitrag zur Intrapreneurship- Diskussion.
                                                  Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1997S. 198
     1 1   N e u g e b a u e r     ( 1 9 9 7 ) , S. 201
     1 2   N e u g e b a u e r     ( 1 9 9 7 ) , S. 208

     Hernsteiner 1/2004           t h e m a Intrapreneurship
Intrapreneurshipfördernde Strukturen der                  Psychologischer Überbau                                   für den Entrepreneur absolut, da meist sein                11
Unternehmenskultur                                                                                                  privates Vermögen mit eingebunden ist. Für
                                                          Hierzu zählt die Implementierung eines unter-
                                                                                                                    Intrapreneure jedoch (und Ziel des Manage-
                                                          nehmerischen Geistes in das Wertesystem15
Bevor ich fördernde Strukturen der Unterneh-                                                                        ments muss es in dieser Argumentation sein,
                                                          einer Unternehmung. Unternehmerisches
menskultur13 aufzeige, gilt es zunächst darauf                                                                      diese zu fördern) gilt es, dieses Risiko gering zu
                                                          Verhalten muss als positiv empfunden werden
hinzuweisen, welche Strukturen hinderlich                                                                           halten. Es muss also vom Gesamtunterneh-
                                                          und einen hohen Stellenwert innerhalb der
oder gar unternehmerfeindlich sind. Ein Pro-                                                                        men getragen werden.
                                                          Hierarchie der Werte genießen. Die Umset-
blem, das am Ehesten einleuchtet, ist die Aus-
                                                          zung dieser Werte erfolgt durch mediale Ver-
richtung der Unternehmenskultur an einer                                                                            Kommt es durch intrapreneurisches Verhalten
                                                          mittlung in Form von Erzählungen und My-
Sparten- und Abteilungsdenkweise. Dies kann                                                                         zu Fehlschlägen bei innovativen Projekten, so
                                                          then, deren Inhalt sich meist um Entstehung
dazu führen, dass übergeordnete Unterneh-                                                                           sollte dies auf jeden Fall toleriert werden, um
                                                          des unternehmerischen Geistes dreht.16 Ein
mensziele Opfer internen Wettbewerbs wer-                                                                           nicht zukünftige Ansätze durch die Andro-
                                                          weiterer Teil des psychologischen Überbaus
den.14 Auch ein zu hoher Stellenwert von Sta-                                                                       hung von Konsequenzen von vorneherein zu
                                                          besteht in Formulierung von Visionen über die
bilität, Kontinuität und Sicherheit verhindert                                                                      verhindern. »Eine fehlerfreundliche Atmo-
                                                          weitere Entwicklung des gesamten Unterneh-
unternehmerfreundliches Denken von vorne-                                                                           sphäre ist eine wesentliche Voraussetzung,
                                                          mens. Ziel von Visionen ist es, allen Mitarbei-
herein, da Innovation auch stets mit Risiko ver-                                                                    damit Mitarbeiter überhaupt bereit sind, un-
                                                          tern eines Unternehmens eine Sinn stiftende
bunden ist und Risiko bekanntlich den Gegen-                                                                        ternehmerisch zu agieren ...«.17 Es muss eine
                                                          Vorgabe über langfristige Ziele der Organisa-
pol zu Sicherheit darstellt.                                                                                        Art Sicherheitsnetz für innovative Mitarbeiter
                                                          tion zu liefern. Gelingt eine Kommunikation
                                                                                                                    geschaffen werden, welches die persönlichen
                                                          dieser Ziele dahingehend, dass die Erreichung
Die Schaffung einer unternehmerfreundlichen                                                                         Risiken der einzelnen Akteure auf ein akzepta-
                                                          der Ziele durch unternehmerisches Denken
Umwelt geht über die Vermeidung dieser Feh-                                                                         bles (und motivierendes) Maß beschränkt,und
                                                          aller möglich ist, so ist eine der Förderungs-
ler hinaus. Es bedarf eines aktiven Willens (sei-                                                                   das durch das Tolerieren von Fehlern die Stig-
                                                          maßnahmen für Intrapreneurship geschaffen.
tens der Unternehmensführung), um Mitar-                                                                            matisierung der Intrapreneure als erfolglos
beiter mit einer Kultur zu versorgen, die                                                                           verhindert.
                                                          Verhaltensregeln
Intrapreneurship nicht nur nicht verhindert,
sondern auch fördert. Aus den vielen Vorschlä-            Unter diesem grob formulierten Punkt sind                 Operative Kultur
gen der Literatur habe ich die Maßnahmen zur              zwei wichtige Regeln für das Verhalten von
                                                                                                                    Die operative Kultur zur Förderung von Intra-
Begünstigung von Intrapreneurship in drei                 Managern gegenüber einem (aufkeimenden)
                                                                                                                    preneurship ist dem tatsächlichen, alltägli-
Segmente eingeteilt, die ich nach ihrem Ab-               unternehmerischen Geistes bei Mitarbeitern
                                                                                                                    chen Geschäft in einem Unternehmen am
straktionsgrad unterscheide. Diese stelle ich             enthalten: Risikobereitschaft und Toleranz.
                                                                                                                    nächsten. Es sind drei Forderungen, die sich
im Folgenden unter den Punkten: psychologi-               Unternehmerische Aktivitäten sind stets risi-
                                                                                                                    aus den schon genannten, eher abstrakten Ge-
scher Überbau, Verhaltensregeln und opera-                kobehaftet. Dies gilt sowohl für den Entrepre-
                                                                                                                    gebenheiten ableiten. Die operationale Basis
tionale Kultur dar.                                       neur als auch für den Intrapreneur. Beide kön-
                                                                                                                    für Intrapreneurshipförderung besteht aus
                                                          nen nur dann erfolgreich sein, wenn sie ein
                                                                                                                    Managementunterstützung, Ressourcenver-
                                                          Risiko auf sich nehmen. Ein solches Risiko ist
                                                                                                                    fügbarkeit und einer transparenten Informati-

1 3 »Unter der Bezeichnung ›Unternehmenskultur‹ wird das kognitiv entwickelte Wissen und die Fähigkeiten einer Unternehmung sowie die affektiv geprägten Einstellungen ihrer
    Mitarbeiter zur Aufgabe, zum Produkt, zu den Kollegen, zur Führung und Unternehmung in ihrer Form von Perzeption (Wahrnehmung) und Präferenzen (Vorlieben)
    gegenüber Ereignissen und Entwicklungen verstanden.« Bleicher, Knut: Unternehmenskultur. In: Enzyklopädie der Betriebswirtschaftslehre. Bd. 5: Handwörterbuch des
    Personalwesens. 2., neu bearb. Aufl. Stuttgart, Poeschel, 1992, S. 2241.
1 4 N e u g e b a u e r ( 1 9 9 7 ) , S. 240.
1 5 Das Wertesystem gilt als einer der wichtigsten Bestandteile einer Unternehmenskultur. Aus ihm leiten sich Ziele und Verhaltenskodizes des Unternehmens ab, die eine
    Grundeinstellung möglichst aller Mitarbeiter widerspiegeln.
1 6 Ein klassisches Beispiel eines solchen Mythos ist die Entstehung von Microsoft, die wohl in der Garage des Firmengründers Bill Gates stattfand.
1 7 Süssmuth-Dyckerhoff (1995), S. 93.

                                                                     t h e m a Intrapreneurship                                               Hernsteiner 1/2004
12   onskultur. Unter Managementunterstützung versteht Süssmuth-                           arbeiterInnen einer Organisation zu erwarten ist, wenn eine unterneh-
     Dyckerhoff (1995) vor allem den Transfer von Managementwissen in                      merische Grundhaltung im Wertesystem eines Unternehmens veran-
     Bezug auf die Bearbeitung von Projekten. Auch die Aufnahme und                        kert ist. Die Implementierung wird zwangsläufig scheitern, wenn über-
     schnelle Umsetzung von Ideen, die von Mitarbeitern kommen, zeigt die                  haupt kein unternehmerischer Geist bei den MitarbeiterInnen
     Unterstützung von höherer Stelle.18 Wurden dann umsetzbare Ideen                      vorhanden ist.
     identifiziert, benötigen Intrapreneure auch Ressourcen, diese umzuset-
     zen. Neben materiellen Ressourcen wird hier vor allem die Wichtigkeit                 Des weiteren bin ich der Ansicht, dass Intrapreneurship dazu neigt, das
     der Ressource Zeit betont. Wie schon oben dargestellt, ist eine offene                ökonomische Potenzial der Arbeitenden zu überschätzen. Selbst wenn
     Kommunikationsstruktur unerlässlich für den Bestand einer unterneh-                   MitarbeiterInnen eines Unternehmens die Strukturen und auch die
     merfreundlichen Umgebung. Die unternehmenskulturelle Belebung                         Fähigkeiten haben, mitunternehmerisch zu handeln, bleibt immer noch
     dieser organisatorischen Maßnahme muss der freie Fluss von Informa-                   die Frage, ob sie es überhaupt wollen. Die Trennung zwischen dem Pro-
     tionen zwischen allen Ebenen von MitarbeiterInnen sein. Idealerweise                  duktionsfaktor Arbeit und dem dispositiven Faktor (Unternehmens-
     schafft die Unternehmensführung eine transparente Entscheidungsfin-                   führung) ist im Weltbild der allermeisten (abhängig) Arbeitenden noch
     dung, deren Begründungen sie an alle Organisationsmitglieder kom-                     zu groß, als dass sie durch die Implementierung findiger Management-
     muniziert.                                                                            ideen binnen einiger Jahre überbrückt werden kann. Von der anderen
                                                                                           Seite betrachtet, bedeutet die Abgabe von Verantwortung auch stets
     Fragt man nach der praktischen Relevanz der Implementierung dieser                    einen Verlust von Kontrolle seitens der Unternehmensführung. Und
     Werte in der Unternehmenskultur existierender Unternehmen, so ist                     hierin liegt eine weitere Schwachstelle des Konzepts, nämlich dass es
     die Antwort eher ernüchternd. In ihrer Untersuchung haben Lucas-Ba-                   die Bedeutung von Machtverhältnissen innerhalb von Hierarchien un-
     chert und Kalchreuter eine Rangliste mit Werten aufgestellt, an denen                 terschätzt.
     sich deutsche Unternehmen orientieren. Die oben genannten sind in
     der Liste nicht vorhanden.19 Dies spiegelt das generelle Problem wider,               Die modernen Arbeitsanforderungen, die durch die Krise des Fordismus
     dass die empirische Auseinandersetzung mit Intrapreneurship gerade                    und die Wissensgesellschaft entstehen, sind nicht mehr nur mit fordisti-
     erst anfängt, stattzufinden.20                                                        schen Methoden zu bewältigen und verlangen nach neuen Lösungen.
                                                                                           Intrapreneurship bietet schlüssige Anhaltspunkte, deren Ausläufer (fle-
     Kritik                                                                                xible Arbeitsgruppen, mehr Verantwortung der Arbeitenden: job en-
                                                                                           richment) teilweise bereits verwirklicht sind. Die wachsende Popula-
     Bevor ich zu einer Kritik ansetze ist es wichtig, sich nochmals klar zu ma-
                                                                                           rität, die diese Ansätze sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der
     chen, was eigentlich unter Intrapreneurship zu verstehen ist: Es ist eine
                                                                                           nicht-wissenschaftlichen Diskussion genießen21, gibt Anlass zur An-
     Idealvorstellung von Strukturvorgaben und Verhaltensweisen innerhalb
                                                                                           nahme, dass die Forschung in diesem Bereich auch weiterhin Zustim-
     einer Organisation. Wie bei allen Idealvorstellungen ist eine vollstän-
                                                                                           mung findet und dass Intrapreneurship durchaus Anhaltspunkte auf un-
     dige Erfüllung der Vorgaben eher selten.
                                                                                           serem Weg in die Zukunft der Erwerbsarbeit bietet.

     Es ist einleuchtend, dass eine Wirkung der implementierten unterneh-
     merfreundlichen und -fördernden Maßnahmen erst dann bei allen Mit-

     1 8 Süssmuth-Dyckerhoff (1995), S. 92.
     1 9 L u c a s - B a c h e r t , U r s u l a ; K a l c h r e u t e r , J o h a n n e s : Werte im Unternehmensalltag. Der Mensch kehrt zurück auf die
     Bühne wirtschaftlicher Diskurse. In: http://www.akademie-rs.de/wirtschaftsethik/praxis2.htm
     2 0 Zur empirischen Relevanz von Intrapreneurship siehe auch: Schonhardt, Marc: Intrapreneur – oder nicht? Zu den Problemen von Arbeitnehmern als Unternehmer in Unter-
     nehmen. Magisterarbeit am Institut für Soziologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., 2002
     2 1 Schlagworte wie ›Die Ich-Aktie‹, Selbstmarketing,›Die Ich-AG‹, die in der öffentlichen Diskussion vermehrt auftreten, scheinen diese Aussage zu belegen.

     Hernsteiner 1/2004              t h e m a Intrapreneurship
Intrapreneurship – Persönlichkeitsmerkmale und
andere erfolgskritische Voraussetzungen
Dkfm. Ilja Rep ist freiberuflicher Unternehmensberater und Trainer und versteht sich als Entrepreneur der eigenen
Firma Curiosity Network. Er leitet das neue Hernstein Seminar »Unternehmerisch denken, strategisch handeln«.

Unternehmerische Verantwortung ist en vogue. Viele Unternehmungen wollen, dass die Breite der
Organisation unternehmerisch denkt und handelt, und ergänzen entsprechend ihr Leitbild um das
strategische Programm »Intrapreneurship«. Was bedeutet das genau? Welche Persönlichkeitsmerkmale
zeichnen einen erfolgreichen Intrapreneur aus? Für welche Unternehmen ist welcher Ansatz unter
welchen Voraussetzungen sinnvoll? Welche Erfolgsfaktoren sind bei der Umsetzung zu beachten?
Der Artikel gibt Orientierung für diese und weitere Fragen.

Am Anfang stehen die üblichen Verdächtigen: Globalisierte Märkte, die      In der Praxis werden zwei Ausbaustufen diskutiert:                           13
Wissensgesellschaft und immer kürzere Innovationszyklen verstärken
den für jede Unternehmung deutlich spürbaren ökonomischen Druck.           • Die erste Stufe umfasst die Erhöhung des unternehmerischen Mit-
Als vermeintliche Patentlösungen werden häufig folgende Leitbilder ge-     denkens auf allen Ebenen. Von jedem einzelnen Mitarbeiter wird dabei
nannt:                                                                     erwartet, die strategische Sinnhaftigkeit seiner Handlungen regel-
• Mehr Markt: Dem Marktmechanismus wird zugetraut, die Probleme            mäßig zu überprüfen: Ist es im Sinne der Gesamtunternehmung, was
  der Zukunft besser lösen zu können als eine zentrale Kontrollpolitik.    ich hier gerade tue? In den letzten Jahren wird damit insbesondere ein
  Profit-Center-Organisationen, höhere variable Vergütungsanteile und      höheres Kostenbewusstsein und eine Perspektive erwartet, die über die
  interne Verrechnungssysteme sind auf dem Vormarsch, um die               unmittelbaren Arbeitsplatzgrenzen hinausgeht: Welche Auswirkungen
  Leistungstransparenz und -motivation zu erhöhen.                         hat mein Handeln auf die Ziele der anderen Organisationsmitglieder? In
• Flexiblere Organisation: Oberziel der Unternehmensführung ist die        dieser Stufe geht es in erster Linie darum, das betriebswirtschaftliche
  wirtschaftlich erfolgreiche Gestaltung der Schnittstelle der Unter-      und strategische Verantwortungsgefühl eines jeden einzelnen Mitarbei-
  nehmung zu seinen Ziel-Marktsegmenten. Die Anpassungsfähigkeit           ters zu erhöhen – in dem Sinne, wie John F. Kennedy das amerikanische
  einer Organisation wirkt sich auf den Unternehmung-Umwelt-Fit            Volk auf das »greater good« eingeschworen hatte: »Don’t ask what your
  aus.                                                                     country can do for you – ask what you can do for your country.«
• Mehr Eigeninitiative: Selbstverantwortung und Eigeninitiative sind
  die Kerntugenden der Zukunft.                                            • Die zweite Stufe geht einen Schritt weiter: Ein wesentlicher Teil der
• Mehr Profit: Der Shareholder Value soll erhöht werden. Dazu wird die     unternehmerischen Verantwortung wird tatsächlich auf mehrere Schul-
  Gewinnverantwortung zunehmend über Key Account Management,               tern verteilt. Exzellente Mitarbeiter mit hohem unternehmerischem Po-
  Profit-Center-Organisation und systematisches Kostenmanagement           tenzial sollen die Schnittstelle der Unternehmung zum Markt eigen-
  als Gemeinschaftsaufgabe deklariert.                                     initiativ mitgestalten. In den meisten der wenigen bisher bekannten
                                                                           Fälle werden hier die klassischen Führungspositionen aufgewertet und
Ab jetzt sind wir alle Unternehmer                                         tatsächlich mit kleinen Unternehmern besetzt. Erst hier kann man wirk-
                                                                           lich von einem Intrapreneur sprechen. Dieser Ansatz wird in der Praxis
Für jede Unternehmung stellt sich die Frage, wie sie diesen Ansprüchen
                                                                           jedoch meist auf eine aufgepeppte Profit-Center-Verantwortung redu-
gerecht werden kann. Manche Unternehmungen delegieren die unter-
                                                                           ziert, so dass man wieder bei Stufe 1 angekommen ist.
nehmerische Verantwortung in die Breite der Organisation und machen
dies durch einen Zusatz zum Leitbild (auch: Mission Statement) allen be-
                                                                           Für welche Unternehmung ist welcher Intrapreneurship-Ansatz
troffenen Mitarbeitern klar: Ab jetzt sollt Ihr unternehmerisch denken
                                                                           passend?
und handeln! Was von den einzelnen Mitarbeitern dabei erwartet wird,
wird ihnen selten erklärt.                                                 Große Unternehmungen (> 2.500 Mitarbeiter) verfügen meist über fi-
                                                                           xierte Strukturen und Prozesse, weil die hierarchische Koordination der
Einen unternehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeiter nennt           Aktivitäten effizienter ist als die Koordination über flexible Märkte. Aus
man auch »Intrapreneur«. Der Begriff ist abgeleitet vom »Entrepreneur«,    diesem Effizienzvorteil leitet sich die Existenzberechtigung aller großen
dem klassischen Unternehmer. Risikobereitschaft, Eigenverantwortung        Unternehmungen ab. Diese Unternehmungen zeichnen sich durch eine
und weit reichende Entscheidungsbefugnisse sind Hauptkennzeichen           über Jahre gewachsene Kultur aus. In einem solchen Kontext einen groß
eines Entrepreneurs. Diese Eigenschaften sollen auf einzelne fest ange-    angelegten Intrapreneurship-Ansatz »der reinen Lehre« zu verfolgen
stellte Mitarbeiter übertragen werden. Unter dem Begriff Intrapre-         dürfte sich als hoffnungsloses Unterfangen herausstellen – der Wider-
neurship werden daher die Konzepte zusammengefasst, mit denen ein          spruch zum kulturellen Erbe ist einfach zu groß. Für diese Organisatio-
stärkeres unternehmerisches Grundverständnis innerhalb der Unter-          nen ist eher ein Ansatz der ersten Stufe Erfolg versprechend, wobei
nehmung gefördert werden soll.

                                                              t h e m a Intrapreneurship                                    Hernsteiner 1/2004
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