Umwelt-Gau für deutsche Wohnzimmer - WWF Deutschland

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Umwelt-Gau für deutsche Wohnzimmer - WWF Deutschland
Umwelt-Gau für deutsche Wohnzimmer
Holz aus Raubbau ist bislang nicht zu erkennen: Der WWF drängt
daher auf eine effektives EU-Gesetz gegen illegalen Holzeinschlag
                Illegales Holz aus Waldvernichtung landet oft in deutschen Haushalten, ohne dass die
                Verbraucher etwas von dessen Herkunft wissen. Unternehmen kommen ungestraft
                davon und lassen den Kunden keine Möglichkeit, legale von illegalen Holzprodukten
                zu unterscheiden. Bis heute gibt es EU-weit kein Gesetz, das die Einfuhr, den Handel
                und den Besitz von Holz und Holzprodukten aus illegalen Quellen unterbindet.

                Seit Jahren plädieren Umweltschutzorganisationen deshalb dafür, ein so genanntes „Urwald-
                schutzgesetz“ auf den Weg zu bringen. Doch das wird von politischer Seite immer wieder
                verschoben. Jedes weitere Jahr ohne gesetzliche Grundlage bedeutet aber nicht nur erheb-
                liche Verluste für die Umwelt und die einheimische Bevölkerung in den Tropenwaldländern,
                sondern auch in Deutschland. Denn durch Billigangebote aus illegalem Einschlag liegt der
                Weltholzpreis um 7 bis 16 Prozent niedriger als normal, was zu erheblichen Umsatzeinbußen
                führt. Im Oktober 2008 legte die EU-Kommission endlich einen Verordnungsentwurf vor.

                Was ist illegales Holz?
                Holzeinschlag und Holzhandel sind dann illegal, wenn bei Ernte, Transport, Einkauf und Ver-
                kauf von Holz gegen nationale oder internationale Gesetze verstoßen wird. Beispielsweise
                kann das „Ernteverfahren“ selbst illegal sein, wenn die Nutzungsrechte an dem Wald durch
                korruptes Vorgehen erschlichen wurden, die Holzernte ohne Erlaubnis oder auf unrecht-
                mäßige Weise in Schutzgebieten stattfindet, geschützte Baumarten geschlagen werden,
                mehr Holz geerntet wird, als offiziell erlaubt ist, oder Landrechte verletzt werden. Illegale
                Handlungen können auch während der Weiterverarbeitung und des Transportes auftreten
                – wie zum Beispiel nicht zulässiger Holzexport, gefälschte Zolldokumente sowie unterschlagene
                Steuern oder andere Gebühren. Vor allem in den letzten Urwaldregionen der Erde ist der
                illegale Anteil am Holzeinschlag besonders hoch: In Indonesien liegt er bei mehr als 70 Prozent,
                in Russland bei bis zu 50 Prozent.
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Alltag im Urwald
                                              Die barfüßigen Holzfäller lenken ihre Lastwagen und Bulldozer durch den dichten Wald.
                                              Hier dürften sie eigentlich gar nicht sein, das Gebiet im Regenwald steht unter Schutz. Doch
                                              davon unbeeindruckt verschmutzen sie mit ihren Fahrzeugen und Maschinen die Flüsse
                                              mit Öl und Dreck und fällen unter ohrenbetäubendem Lärm jeden Baum, der ihnen vor die
                                              Motorsäge kommt. Das Vorgehen ist fast überall in Indonesien das Gleiche: Nach dem
                                              Kahlschlag brennen Holzfäller selbst Baumstümpfe und Sträucher nieder, um das Gelände
                                              besser begehbar zu machen. In manchen Regionen fängt dann sogar der Torfboden Feuer
                                              und die monatelangen Schwelbrände setzen große Mengen Treibhausgase frei.

                                              Das Holz verkaufen die Holzfäller an große Unternehmen, die im Zweifelsfall nicht wissen
                                              wollen, woher die Ware stammt. Das bringt den Menschen zwar ein kurzfristiges Einkom-
                                              men, doch auf Dauer zerstören sie damit ihre eigene Lebensgrundlage. Aber oft haben die
Wenn illegales Holz in unseren Wohnzim-       Einheimischen keine Alternative.
mern landet, kann dies den Gau für Wälder
bedeuten. Mit ihnen leiden Tiere wie Tiger,   Große Mengen dieses illegal geschlagenen und gehandelten Holzes landen in der Europäischen
Affen und Reptilien. Daher muss die EU
als Gegenmaßnahme eine gesetzliche
                                              Union. Fast ein Fünftel des insgesamt in die EU importierten Holzes wird nach Berechnungen
Regelung schaffen.                            des WWF unter Missachtung geltender Gesetze gefällt und gehandelt. Es stammt nicht
                                              nur aus Indonesien, sondern auch aus China, Brasilien, Russland und anderen osteuropäi­
                                              schen Ländern. Mit einem Anteil von rund zehn Prozent steht Deutschland auf Platz drei
                                              der EU-Hauptabnehmerländer für Holz aus illegalen Quellen.
                                              Illegale Rodung von Wäldern und Handel mit deren Hölzern ebnen erst die Schneisen für
                                              eine rasante Waldvernichtung durch skrupellose Großkonzerne, insbesondere in den Tropen.
                                              Jedes Jahr gehen so etwa 13 Millionen Hektar Wald – eine Fläche von der Größe Griechen-
                                              lands – verloren. Außerdem wird rund ein Fünftel aller Treibhausgasemissionen weltweit
                                              durch Waldvernichtung verursacht – ein Problem ersten Ranges für das Weltklima.

                                              Holzhandel in den Industrieländern
                                              In Europa werden bis heute Holz und Holzprodukte verkauft, ohne dass die geografische Herkunft
                                              oder die Rechtmäßigkeit der Gewinnung deklariert sein muss. Daher kaufen viele Verbraucher
                                              unwissentlich Holz oder Holzprodukte, die aus Raubbau stammen. Denn man sieht dem Pro-
                                              dukt seinen illegalen Ursprung nicht an. Selbst Hölzer heimischer Arten wie Fichte, Esche oder
                                              Ulme können illegal gewonnen worden sein. Denn sie kommen oft aus Osteuropa oder den
                                              baltischen Staaten, wo der illegale Holzanteil im Handel zwischen 25 und 50 Prozent liegt. Bei
                                              tropischen Holzarten ist er meist noch höher. Wer heute Holz aus Raubbau definitiv ausschließen
                                              will, kauft daher nur Holz- und Papierprodukte mit dem FSC-Siegel, das verantwortungsvolle
                                              Waldwirtschaft mit regelmäßigen Kontrollen garantiert (siehe Kasten).

                                              Die Politik muss endlich handeln
                                              In Deutschland hatte die Bundesregierung schon ein so genanntes „Urwaldschutzgesetz“
                                              bis in den Bundestag gebracht. Doch es wurde mehrmals abgelehnt – zuletzt 2006 durch
                                              die große Koalition mit Hinweis auf eine europäische Regelung. Im Oktober 2008 legte die
                                              EU-Kommission einen – wenn auch sehr schwachen – Verordnungsentwurf vor. Eine strenge
                                              Verordnung auf EU-Ebene hingegen würde auch der heimischen Waldwirtschaft zugute
                                              kommen. So müssten verantwortungsvoll arbeitende Unternehmen nicht gegen Konkur-
                                              renten mit illegaler Ware ankämpfen.
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Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission wurde nach Interventionen des WWF und anderer
Umweltorganisationen im April 2009 vom EU-Parlament in einer wesentlich verbesserten Fassung
verabschiedet. Er soll alle an der Holzhandelskette beteiligten Unternehmen unter anderem
zu einem Herkunftsnachweis ihres Rohstoffs verpflichten. Nun liegt der Ball beim EU-Rat
der zuständigen Minister aus den EU-Mitgliedsländern. Dort gibt es starke Kräfte, darunter
leider auch die Bundesregierung unter Federführung des Landwirtschaftsministeriums, die
den Entwurf wieder verwässern wollen. Das wäre ein fatales Signal mit fatalen Folgen.

Der WWF appelliert daher an alle Entscheidungsträger, endlich durch ein klares Votum die illegale
Holzmenge, die in die EU kommt, zu verringern und damit den Raubbau an den Wäldern zu
bremsen. Deutschland steht dazu nicht nur in der Pflicht, weil es ein Hauptabnehmer illegalen
Holzes in Europa ist. Es könnte auch entscheidend zu einem klaren Votum beitragen: Mit              Was ist FSC?
Italien, Frankreich und Großbritannien verfügt Deutschland über die höchste Stimmenzahl
innerhalb des EU-Rates.
                                                                                                    Der Forest Stewardship
Ziel des WWF ist es, dass Verbraucher baldmöglichst beim Einkauf von Holz und Holzprodukten         Council (FSC) ist eine
sicher sein können, dass diese aus legaler Waldwirtschaft stammen. Darüber hinaus engagiert         gemeinnützige und unab-
sich die Umweltstiftung langfristig dafür, dass nur noch Holz und Holzprodukte aus naturnaher       hängige Organisation zur
Waldwirtschaft in den Handel kommen.                                                                Förderung verantwortungs-
                                                                                                    voller Waldwirtschaft. Um-
                                                                                                    weltorganisationen, Gewerk-
                                                                                                    schaften, Waldbesitzer und
Der WWF fordert von der EU eine gesetzliche Regelung, mit Hilfe derer illegal                       Unternehmen der Forst- und
geschlagenes oder gehandeltes Holz nahezu komplett vom Markt ausgeschlossen                         Holzwirtschaft unterstützen
werden kann. Sie muss umfassend, anspruchsvoll, einheitlich und abschreckend zugleich sein.         den FSC.
Nur so kann die Zustimmung von Organisationen wie dem WWF zur Verordnung und das                    Eine Datenbank zu FSC-
Vertrauen von Verbrauchern in die legale Herkunft von Holz und Holzprodukten erreicht               Produkten finden Sie unter:
werden. Der WWF sieht die Erfüllung der folgenden Anforderungen als Grundvoraussetzung              www.fsc-deutschland.de/db
für eine wirkungsvolle Gesetzgebung:
                                                                                                    Weitere Informationen
Umfassend                                                                                           zum FSC:
Eine Verordnung, die                                                                                www.fsc-deutschland.de
• alle Marktteilnehmer erfasst;                                                                    www.wwf.de/fsc
• alle Produktgruppen erfasst, also auch Holz als Energierohstoff;
• eine umfassende Legalitätsdefinition gewährleistet, also z. B. auch Gewohnheitsrechte
   der indigenen Bevölkerung sowie internationale Konventionen berücksichtigt.

Anspruchsvoll
Eine Verordnung, die hohe Anforderungen stellt
• an die Kriterien der Sorgfaltspflichtregelung (bedeutet: Die Unternehmen müssen ein
   System entwickeln, mit dem sich sicherstellen lässt, dass das Holz aus legalen Quellen
   stammt), die also beispielsweise eine Deklaration der Herkunft mit Nennung des Wald-
   ortes und nicht nur des Landes vorsieht,
• an die Überwachungsorganisationen und zuständigen Behörden.

Abschreckend
Eine Verordnung, die angemessen abschreckende Sanktionen auferlegt für
• das Nicht-Vorhandensein von Sorgfaltspflichtregelungen,
• mangelhaft ausgestaltete und/oder unvollständige Sorgfaltspflichtregelungen,
• Sorgfaltspflichtregelungen, die im konkreten Fall nicht verhindert haben, dass Holz aus
   illegalen Quellen in der Handelskette gefunden wird.

Einheitlich
Eine Verordnung, die
• einen Mindeststrafrahmen mit einheitlichen Bemessungsgrundlagen
   (zum Beispiel Menge und Wert des Holzes) auf europäischer Ebene umfasst,
• einheitliche Anforderungen an Marktteilnehmer (Betriebe der Forst- und Holzwirtschaft)
   und Überwachungsorganisationen stellt, und so
• eine EU-weite Harmonisierung auf hohem Niveau garantiert, um einen Wettbewerb der
   Mitgliedsstaaten um die schwächsten Regelungen von vornherein auszuschließen.
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Projekt-Informationen
                                              Importmengen von Produkten auf Holzbasis in die EU
                            Projekt:
                                                                                                                                      Übriges Europa
       Internationale Forstpolitik -                                                                                                  24 Mio. m3
        Gesetzgebung gegen Holz                                                                                                       (Schweiz und
                                                                                                                                      Norwegen)
               aus illegalen Quellen
                 Dauer: 2003-2012
Projektleiterin: Nina Grießhammer                                                                                                     Osteuropa
                                                                                                                                      53 Mio. m3
                                                                                                                                      (Russland, Weiß-
                                                                                                                                      russland und Ukraine)
           Weitere Informationen:
                www.wwf.de/wald
      nina.griesshammer@wwf.de
                                                 Nordamerika
                                                 29 Mio. m3
                                                                                                                                             Asien
                                                 (USA und Kanada)                                                                            24 Mio. m3
                                                                                                                                             (China und
                                                                                                                                             Indonesien)

                                                                 Südamerika
                                                                 26 Mio. m3
                                                                 (Brasilien)                  Afrika
                                                                                              7 Mio. m3
                                                                                              (Südafrika,           Gesamter Import von Produkten
                                                                                              Kamerun,              auf Holzbasis: 163 Mio. m3
                                             In Klammern jeweils                              und Gabun)
                                                                                                                    davon 92 Mio. m3 Holzprodukte,
                                             die wichtigsten Importländer.
                                                                                                                          71 Mio. m3 Papier und Zellstoff.
                                             Quelle: Eurostat 2006

                                          Das können Sie tun.
                                          Jeder kann etwas für den Schutz der Wälder tun. Unterstützen Sie den WWF! Dazu
                                          gibt es viele Möglichkeiten. Jeder Beitrag hilft uns im Einsatz für einen lebendigen
                                          Planeten und den Erhalt der biologischen Vielfalt.

                                          Mitglied werden.
                                          WWF-Mitglieder setzen sich engagiert für den Erhalt und den Schutz der Natur ein –
                                          in Deutschland und weltweit. Mit Ihrem Mitgliedsbeitrag leisten Sie einen wesent-
                                          lichen Beitrag zur Erreichung unserer Naturschutzziele. Dafür erhalten Sie viermal
                                          jährlich das WWF Magazin und können an Exkursionen in Projektgebiete teilnehmen.
   Nicht nur die EU, sondern wir alle
   müssen uns für den Schutz der Wälder
                                          Pate werden.
   und ihrer Bewohner einsetzen.
                                          Mit einer Patenschaft haben Förderer die Möglichkeit, für 30 Euro monatlich ein
                                          spezielles Naturschutzprojekt ihrer Wahl zu unterstützen.

                                          Spenden statt schenken.
                                          Sie feiern demnächst Geburtstag oder heiraten oder veranstalten eine andere Feier
                                          und sind auf der Suche nach einem Geschenk, das garantiert nicht im Schrank ver-
                                          staubt? Dann lassen Sie sich von Ihren Freunden und Bekannten einen Beitrag zum
                                          Naturschutz schenken. Mit diesem sinnvollen Geschenk unterstützen Sie unsere
                                          Naturschutzarbeit, und helfen die Artenvielfalt zu bewahren.

                                          Weitere Infos unter wwf.de

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   Fax: 069 / 6172 21                     S. 3: EP 2007 (2); S. 4: M. Harvey / WWF-Canon, T. Bangun/WWF-Canon
   E-Mail: info@wwf.de
   www.wwf.de                             Impressum
                                          Herausgeber: WWF Deutschland / Stand: Juli 2009
   Bank für Sozialwirtschaft              Redaktion und Koordination: Donné Beyer, octopusmedia, und Annika Magdorf, WWF
   Konto 2000                             Layout: Uhlemann-design.de / Druck: Medialogik GmbH, Karlsruhe
   BLZ 550 205 00                         Gedruckt auf 100 % Recyclingpapier
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