AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT BELGIEN - WKO

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AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT BELGIEN - WKO
AUSSEN
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSBERICHT
BELGIEN

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER BRÜSSEL
APRIL 2019
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT BELGIEN - WKO
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                                           Eine Information des
                                      AußenwirtschaftsCenters Brüssel

                                            Wirtschaftsdelegierte
                                             Mag. Martina Madeo
                                               T +32 2 645 16 50
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WIRTSCHAFTSBERICHT Belgien (Gesamtjahr 2018)

       BIP-Wachstum verlangsamt: +1,4% in 2018
       Verbesserte Arbeitsmarkt- und Investitionsbedingungen zeigen Erfolge
       Folgen des BREXIT für Belgien signifikant
       Österreichische Exporte erreichen 2018 den Rekordwert von 2,1 Mrd. Euro
       beachtliche 19,5% Exportsteigerung

Wirtschaftskennzahlen
                                                                                                                Prognose
                                                                                2017             2018
                                                                                                                  2019
     Nominales Bruttoinlandsprodukt in Mrd. Euro 1                               439,1           450,6            469,1
     Bruttoinlandsprodukt/Kopf in US-Dollar 2                                   49.161          50.169           51.452
     Bevölkerung in Mio. 3                                                       11,4            11,5             11,6
     Reales Wirtschaftswachstum in        %4                                     1,7              1,4             1,3
     Inflationsrate in % 5                                                       2,2              2,3             2,2
     Arbeitslosenrate in %   6                                                   7,1              5,9             5,8
     Warenexporte des Landes in Mrd. US-Dollar                                  304,3            339,5           346,4
     Warenimporte des Landes in Mrd. US-Dollar                                  303,8            338,6           345,7

     Wirtschaftsleistung des Landes, Weltwertung: 7                      Rang 24

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich
                                                                                                Veränderung
                                                                                       2017                         2018
                                                                                               zum Vorj. in %
     Österreichische Warenexporte in Mio. Euro                                         1.770       +19,5            2.114
     Österreichische Warenimporte in Mio. Euro                                         1.991        +2,7            2.044
     Österreichische Dienstleistungsexporte in Mio. Euro 8                              881         +7,6             948
     Österreichische Dienstleistungsimporte in Mio. Euro 9                              961         +1,1             972

     Österreichische Direktinvestitionen in BE in Mio. Euro, Stand 2018 10       1.296
     Beschäftigte in BE bei österr. Direktinvestitionen, Stand 2016 11           5.004
     Direktinvestitionen aus BE in Österreich in Mio. Euro, Stand 2018 12        743
     Beschäftigte in Österreich bei Direktinvestitionen aus BE, Stand 2016 13    890

     Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich:                               Rang 16

1   Quelle: Economist Intelligence Unit
2   Quelle: Economist Intelligence Unit
3
    Quelle: Economist Intelligence Unit
4   Quelle: Economist Intelligence Unit
5   Quelle: Economist Intelligence Unit
6
    Quelle: Economist Intelligence Unit
7 Quelle: Worldbank
8
  Quelle: OeNb
9 Quelle: OeNb

10
   Quelle: https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.01
11 Quelle: https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.05
12
   Quelle: https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.31
13 Quelle: https://www.oenb.at/isaweb/report.do?lang=DE&report=9.3.35

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     1. Wirtschaftslage

    BIP-Wachstum ver-       Im abgelaufenen Jahr 2018 hat Belgien ein leicht verlangsamtes BIP-Wachs-
    langsamt aber solide    tum in der Höhe von 1,4% (nach 1,7% 2017) verzeichnet. Für 2019 wird ein An-
                            stieg des BIPs in gleicher Höher erwartet.

                            Die Inlandsnachfrage zeichnet sich hauptverantwortlich für das Wachstum. Der
    Inlandsnachfrage aus-   Privatkonsum als wichtigste Komponente des BIP mit einem Anteil von mehr
    schlaggebend            als 50% hat durch höhere real verfügbare Einkommen der Belgierinnen und
                            Belgier dank des Tax Shift und der rückläufigen Arbeitslosenquote erkennbar
                            angezogen. Die Bruttoanlageninvestitionen entwickelten sich dynamisch auf-
                            grund anhaltend niedrigerer Zinsen. Dies soll auch 2019 so bleiben.

                            Der Außenhandel bleibt für die belgische Wirtschaft ein wichtiger Impulsge-
    Export stark            ber. Der Beitrag für das belgische BIP-Wachstum wird allerdings aufgrund des
                            langsameren Wachstums der Weltwirtschaft 2019 geringer ausfallen. Belgien
    Abhängigkeit von der-   erwirtschaftet traditionell hohe Ausfuhrüberschüsse. Insgesamt exportierte
    Weltkonjunktur          Belgien 2018 Waren im Wert von 395 Mrd. Euro (+3,6%). Umgekehrt wurden Gü-
                            ter in der Höhe von 381 Mrd. Euro (+5,2%) importiert, wovon aber viel reexpor-
                            tiert wird. Belgien erwirtschaftete damit einen kräftigen Handelsbilanzüber-
                            schuss von knapp 14 Mrd. Euro. Wichtigste Handelspartner Belgiens bleiben
                            weiterhin die europäischen Staaten, auf die insgesamt 77% des belgischen Au-
                            ßenhandels entfielen, gefolgt von Asien mit einem Anteil von 10,6% und Ame-
                            rika mit 8,1%. Belgien ist das EU-Land mit den höchsten Pro-Kopf-Exporten
                            und weltweit an vierter Stelle.

                            EU-weit lag Belgien 2018 mit einer Inflationsrate von 2,3% weiterhin im Spit-
    Inflation erreichte     zenfeld. Verantwortlich dafür waren in erster Linie höhere Preise für Strom
    2018 einen Höchstwert   aufgrund der Unsicherheit in der Versorgungslage, bei Lebensmitteln, Alkohol
                            und Softdrinks und für Telekommunikationsleistungen.

                            Die Situation am belgischen Arbeitsmarkt hat sich indessen weiter verbessert.
                            Die Arbeitslosenrate lag 2015 noch bei 8,5%. Nicht einmal drei Jahre später per
                            Ende 2018 konnte sie auf unter 6% gedrückt werden. Dabei ist zu beachten,
    Arbeitsmarktdaten       dass es beim Beschäftigtenstand in Belgien große regionale Unterschiede und
    deutlich verbessert     eine Fragmentierung gibt. Beispielsweise beträgt die Jugendarbeitslosigkeit in
                            Brüssel mit einem hohen Zuwandereranteil fast 25%, während in Teilen Flan-
    6% Arbeitslosenquote    derns notorischer Fachkräftemangel herrscht. Der Arbeitgeberverband FEB
                            forderte zuletzt Bund und Regionen auf, dieser Entwicklung Rechnung zu tra-
                            gen. Der Fachkräftemangel wird auch immer wieder von den Niederlassungen
                            österreichischer Unternehmen in Flandern beklagt. Die Region Flandern ver-
                            spricht sich von der Einführung der dualen Ausbildung in 50 verschiedenen Be-
                            reichen auf lange Sicht eine Verbesserung dieser Situation. Gute Konjunktur
                            und der Wettbewerb um die besten Talente lassen auch die Löhnen steigen.

                            Die belgischen Unternehmen sind, was die zukünftige Konjunkturentwicklung
                            betrifft, zuletzt wieder optimistischer. Die Zahl der Firmengründungen steigt
    Dynamische Unterneh-    stetig. Per Ende 2018 gab es in Belgien 976.317 umsatzsteuerpflichtige Unter-
    merlandschaft           nehmen, 3,6% mehr als ein Jahr zuvor. Insgesamt gab es auch weniger Kon-
                            kurse als 2017. Bei den ausländischen Direktinvestitionen konnte vor allem
                            das Bundesland Flandern mit einem Anstieg der FDIs auf den Rekordwert von
                            4,2 Mrd. Euro punkten.

                                 Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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                          Das Verbrauchervertrauen ist im März 2019 erstmals seit vier Monaten wieder
Konsumenten zuver-        positiv. Bessere finanzielle Aussichten für die Haushalte gaben dafür den Aus-
sichtlich                 schlag. Der Global Wealth Report von Allianz verzeichnete für die belgischen
                          Haushalte 2018 ein Brutto-Geldvermögen von 117.940 Euro pro Kopf (+1,6%).
Belgische Haushalte       Im Ranking der reichsten Länder weltweit liegt Belgien mit einem Netto-Geld-
sind die fünftreichsten   vermögen von 93.580 Euro pro Kopf nach der Schweiz, den USA, Schweden
der Welt                  und den Niederlanden auf dem 5. Platz (zum Vergleich: Österreich liegt auf dem
                          17. Platz).

                          Nach dem von der Weltbank veröffentlichten aktuellen Logistics Performance
Belgien behauptet sich    Index (2018) ist Belgien weltweit das drittstärkste Land im Logistikbereich
als Logistikdreh-         nach Deutschland und Schweden und vor Österreich. Diesen Vorsprung wird
scheibe                   zukünftig auch der chinesische Onlineversandhändler Alibaba nützen, der im
                          belgischen Lüttich für 75 Mio. Euro einen riesigen Logistikknoten aufbaut. Um-
                          fassende Informationen über den Logistiksektor finden Sie im Branchenprofil
                          „Belgien: Transport und Logistik“, das wir Ihnen auf Anfrage gerne zuschicken.

                          Der Hafen von Antwerpen – nach Rotterdam der zweitgrößte Hafen Europas –
Hafen Antwerpen mel-      verbuchte 2018 mit einem Frachtvolumen von 235 Mio. Tonnen zum sechsten
det Rekordperfor-         Mal in Folge einen neuen Umschlagrekord. Der Hafen hat für die österreichi-
mance                     sche Exportwirtschaft eine außerordentliche Bedeutung, steht er doch für
                          15% des gesamten österreichischen Seehafentransitverkehrs. In der österrei-
                          chischen Seehafenbilanz positioniert sich Antwerpen damit hinter Koper und
                          Rotterdam an 3. Stelle. Gemeinsam mit allen anderen Häfen (Zeebrügge, Gent,
                          Oostende, Brüssel und Liège) sorgt Antwerpen für einen Wertschöpfungsanteil
                          in der belgischen Wirtschaft von 4,4% des BIPs.

                          Dass die belgische Wirtschaft solide wächst, zeigt auch die Entwicklung der
BEL 20 Index seit 2012    belgischen Börsenkurse. Der Börsenindex Bel 20, der Ende 2012 mit knapp un-
stetig steigend           ter 2.000 Punkten einen Tiefpunkt erreichte, entwickelt sich seither positiv und
                          notiert zum Ende des ersten Quartals 2019 mit 3.600 Punkten.

                          Die Automotive-Industrie spielt in Belgien nach wie vor eine wichtige Rolle, ob-
                          wohl die Fahrzeugmontage in den letzten Jahren rückläufig war. Sowohl Volvo
                          als auch Audi investieren allerdings in Produktionslinien für neue Modelle an
Automobilindustrie        ihren Standorten in Belgien. Seit Jahresbeginn 2018 wird im Audi-Werk im
weiter wettbewerbsfä-     Brüsseler Stadtteil Forest der vollelektrische Geländewagen E-tron gebaut.
hig                       Der belgische Standort wird dadurch zum Schlüsselwerk für Elektromobilität
                          im Audi Konzern. Im Volvo-Werk in Gent rollen jährlich 200.000 PKW vom Band.
                          Das Werk rüstet sich auch für die Elektro- und Hybridproduktion. Investitionen
                          werden auch bei Volvo Trucks und am Produktionsstandort des LKW-Bauers
                          DAF getätigt. Der belgische Bushersteller Van Hool, Spezialfahrzeughersteller,
                          Unternehmen im Bereich Fahrzeugaufbauten und eine starke Zulieferindustrie
                          runden das Spektrum der belgischen Automotiv-Industrie ab. Belgien ist im
                          Ranking der Automobilproduktion pro Mitarbeiter mit knapp 13 Fahrzeugen an
                          dritter Stelle in der EU nach Spanien und der Slowakei.

                          Laut belgischem Baufachverband kurbeln die Senkung der Eintragungsgebüh-
Grüne Zahlen im Bau-      ren, die niedrigen Hypothekenzinssätze sowie die erhöhten Energieanforderun-
sektor                    gen der Gebäude die Nachfrage im Bausektor an. Neubau und Sanierung von
                          Wohngebäuden haben 2018 voraussichtlich zwischen 2 und 3% zugenommen.
                          Beim Nicht-Wohnungsbau sieht es auch positiv aus: die Erhöhung der Quali-
                          täts- und Sicherheitsstandards generiert eine strukturelle Dynamik.

                               Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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                             Laut einer Studie des belgischen Fachverbands Hout Info Bois nimmt die An-
    Holz boomt               zahl an Holzbauten zu: +46,6% zwischen 2011 und 2016, auch im Bereich Reno-
                             vierung, Ausbau oder Aufstockung aus Holz (+57,4%). Hierbei handelt es sich
                             hauptsächlich um Einfamilienhäuser (88%) und Wohnungen (12%).

     2. Besondere Entwicklungen

                             Im Zuge der Auseinandersetzung um die Unterzeichnung des UN-Migrationspakts
                             verließ die flämische N-VA im Dezember 2018 die Mitte-Rechts Koalition im
    Geschäftsführende        letzten Regierungsjahr. Der darauffolgende Versuch von Premierminister
    Regierung bis zu den     Charles Michel mit einer Minderheitsregierung weiterzukommen, scheiterte. Mi-
    Wahlen am 26. Mai        chel reichte den Rücktritt ein. Die Ausrufung von Neuwahlen wurde allerdings
    2019                     vermieden, da ohnehin im Mai 2019 zeitgleich mit den Europawahlen, die Regio-
                             nalwahlen und die regulären nationalen Wahlen anstehen. Bis dahin ist eine ge-
                             schäftsführende Regierung ohne Parlamentsmehrheit im Amt. Im Parlament
                             herrscht seither Wahlkampfstimmung, was die Verabschiedung von kontroversen
                             Gesetzesvorhaben unmöglich macht. Eine Ausnahme sind dabei natürlich die Vor-
                             kehrungen für den Brexit und die damit zusammenhängenden notwendigen Ge-
                             setzesanpassungen.

                             Belgien ist als kleine, offene Volkswirtschaft mit engen Wirtschaftsbeziehungen
    Brexit: Gefahr für Ex-   zum Vereinigten Königreich vom Brexit stärker betroffen als andere EU-Länder.
    portwirtschaft           2018 gingen 8% aller belgischen Warenexporte (31,5 Mrd. Euro) in das Vereinigte
                             Königreich, das für Belgien die viertwichtigste Exportdestination ist. Das UK ist
                             aber auch ein wichtiger Lieferant für Belgien mit einem Importvolumen von 17,8
                             Mrd. Euro. Sollte es zu einem „hard Brexit“ kommen, gehen Studien von einem
                             Verlust von 42.000 Arbeitsplätzen und einem Minus beim BIP in der Höhe von -
                             0,6% bis -1,2% für Belgien aus.

                             Vor allem für die Region Flandern stellt der Brexit eine Bedrohung dar, kommen
    Flandern stark betrof-   doch 87,1% der belgischen Exporte aus dieser Region. Stark betroffen durch den
    fen                      Brexit werden auch die Textil- und Tiefkühllebensmittel-Industrie in der Provinz
                             Westflandern und der Hafen von Zeebrügge sein, wo 45% der umgeschlagenen
                             Waren einen Konnex zu Großbritannien haben. Außerdem kommt rund die Hälfte
                             des in Belgien an Land gebrachten Fisches aus britischen Gewässern. Die eng
                             verflochtenen Wertschöpfungsketten und das Prinzip des Just-in-time in der Au-
                             tomobilindustrie in beiden Ländern wird ebenso eine große Herausforderung
                             darstellen. Auch die in Belgien ansässigen Pharma-Großkonzerne sind vorberei-
                             tet auf ein No-Deal Szenario. Als Produktionsstandort und Logistikdrehscheibe
                             stellen in Belgien vor allem die Bereiche Transport, Produktzulassungen und
                             eventuelle Zollabgaben eine große Herausforderung dar, aber auch die Fortset-
                             zung von grenzüberschreitende Forschungsprojekten und die Versorgung von
                             Produktionsstätten.

                             Der vorzeitig beendeten Regierungskoalition ist es zweifellos gelungen einige
                             wichtige Reformen zu verabschieden, die den Investitions- und Wirtschafts-
    Herausforderung          standort Belgien stärken und Wachstum, Arbeitsplätze sowie Wettbewerbsfähig-
    Wirtschaftsstandort      keit garantieren. Die Senkung der Körperschaftssteuer trat mit Jahresanfang
                             2018 in Kraft und bedeutet für kleine und mittelgroße Unternehmen eine Senkung
                             der KöSt von 25 auf 20% und für Großunternehmen von 34 auf 29%. Die soge-
                             nannten Flexi-Jobs, die seit 2015 der Gastronomie günstige Überstundenrege-
                             lungen und damit mehr Flexibilität beim Personaleinsatz ermöglichen, wurden
                             mit Jahresanfang 2018 auf den Einzelhandel ausgeweitet. Die Sozialabgaben und
                             die Lohnnebenkosten am Bau wurden gesenkt, um gegen Sozialdumping und

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                         Schwarzarbeit im Baugewerbe vorzugehen. Die Organisation von Nacht- und
                         Sonntags- bzw. Feiertagsarbeit im e-commerce wurde mit Jahresanfang 2018 er-
                         leichtert, um vor allem im Vergleich zu den Nachbarländern wettbewerbsfähig zu
                         bleiben.

                         Darüber hinaus zeigt der von der Regierung auf den Weg gebrachte „Tax Shift“
„Tax Shift“ zeigt Ef-    erste Effekte. Dieses Maßnahmenpaket zielte auf die Entlastung des Produkti-
fekte                    onsfaktors Arbeit ab. Den Arbeitnehmern bleibt dadurch mehr in der Geldbörse
                         und die Arbeitgeber werden vor allem bei den Lohnnebenkosten entlastet.

                         Bei der Pensionsreform stieß die Regierungskoalition hingegen auf Widerstände.
Pensionsreform holp-     Die Erhöhung des Pensionsalters auf 67 Jahre wurde bereits am Anfang der Le-
rig                      gislaturperiode umgesetzt. Die Verabschiedung und Festlegung des Punktesys-
                         tems und damit einer Liste von „schweren Berufen“ kam hingegen im Zuge der
                         Kommunalwahlen Mitte Oktober 2018 ins Stocken.

                         In der Klima- und Energiepolitik sind hingegen viele Fragen offengeblieben und
Klima- und Energiepo-    keine Entscheidungen gefallen. Diese werden die Agenda der neuen belgischen
litik für die nächste    Regierung bestimmen. Die Fragmentierung der Parteienlandschaft und die ge-
Regierung                schwächten Großparteien lassen allerdings eine langwierige und schwierige Re-
                         gierungsbildung erahnen.

                         Die Lage des belgischen Staatshaushalts verbesserte sich indes nur geringfügig.
Staatshaushalt ver-      2018 landet Belgien mit einer Staatsschuldenquote von 102% des BIPs im EU-
bessert sich nur lang-   Ranking der relativ höchsten Schuldenberge noch immer auf dem unrühmlichen
sam                      Platz 5 (nach Griechenland, Italien, Portugal und Zypern). Laut Prognose der EU-
                         Kommission soll diese 2019 unter die 100%-Marke des Bruttoinlandsprodukts
                         fallen. Dies entspräche dem niedrigsten Schuldenstand (im Verhältnis zur Wirt-
                         schaftsleistung) seit 2011.

                         Im Coface-Länderrating bleibt Belgien auf der Stufe A2. Die Zahl der Unterneh-
                         mensinsolvenzen geht weiter zurück. Zu den Stärken des Königreichs zählen wei-
Belgien bleibt als       terhin die ausgezeichnete Infrastruktur, die große Präsenz internationaler Institu-
Standort und Partner     tionen und Firmen, die geringe Privatverschuldung und die sehr gut ausgebilde-
weiter attraktiv         ten Arbeitskräfte. Als Schwachpunkte Belgiens werden die institutionelle Unsi-
                         cherheit eingestuft sowie die sozialen, politischen und finanziellen Spannungen
                         zwischen Flandern und Wallonien. Aber auch die starke Ausrichtung der Exporte
                         auf Europa - rund drei Viertel - und der hohe Exportanteil von Halbfertigproduk-
                         ten sowie der Verlust der industriellen Wettbewerbsfähigkeit bereiten Sorgen. Im
                         Geschäftsklima bleibt Belgien mit der Bestnote A1 bewertet und ist daher ein
                         attraktiver Geschäftspartner.

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     3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

                              Die äußerst erfreuliche Entwicklung bei den österreichischen Exporten nach
    2 Mrd. Euromarke bei      Belgien setzte sich 2018 fort. Die österreichische Exportwirtschaft lieferte Wa-
    den Exporten ge-          ren im Wert von 2,1 Mrd. Euro nach Belgien. Das sind knapp 20% mehr als im
    knackt                    Vergleich zum Vorjahr. Mit diesem satten Exportplus wurde in Belgien das zweit-
                              höchste Exportwachstum 2018 verzeichnet. Die Warenimporte aus Belgien hinge-
                              gen sind mit +2,7% nur leicht auf 2 Mrd. Euro angestiegen.

                              Damit erwirtschaftete Österreich 2018 zum zweiten Mal (erstmals 2005) in der
                              Geschichte der Warenstromaufzeichnungen mit Belgien eine positive Handelsbi-
    19,5% Exportplus          lanz. Hatte Österreich 2017 im Handel mit Belgien noch ein Defizit von 221 Mio.
    führt zu positiver Han-   Euro, wurde dieser Trend umgekehrt und 2018 ein Überschuss von 70 Mio. Euro
    delsbilanz                eingefahren.

                              Im Ranking der wichtigsten Exportdestinationen aus österreichischer Sicht
                              konnte Belgien mit diesem Rekordergebnis einen Platz gut machen und befindet
    Rang 16 als Export-       sich nach Rumänien und vor Russland auf Platz 16. Als Lieferland nimmt Belgien
    destination               nach Slowenien und vor der Türkei den 17. Rang ein.

                              Die österreichischen Exporte nach Belgien wurden mit einem Anteil von 16,3% an
                              den Gesamtexporten erstmals von der Warengruppe der pharmazeutischen Er-
    Entwicklung der wich-     zeugnisse angeführt. Im Vergleich zum Vorjahr wurde eine Steigerung von bein-
    tigsten Exportwaren-      druckenden +83,4% auf 345,3 Mio. Euro verzeichnet. Im Vordergrund stehen hier
    gruppen                   die Impfstoffe „Made in Austria“.

                              An zweiter Stelle reihen sich die Straßenfahrzeuge mit einem Exportvolumen von
                              286,2 Mio. Euro ein. Das Wachstum betrug zwar bemerkenswerte 53,3%, dennoch
                              wurde die Warengruppe erstmals seit vielen Jahren vom Spitzenplatz verdrängt.
                              Den Löwenanteil tragen hier die PKW.

                              Fast gleichauf folgen an dritter Stelle Maschinen, Apparate und mechanische
                              Geräte, die 2018 um 7,5% auf 278,8 Mio. Euro gestiegen sind. Ein großer Zuwachs
                              wurde bei Flüssigkeitspumpen, Radladern und Wälzlagern verzeichnet. Bei den
                              Kunststoffen fällt die Bilanz für das vergangene Jahr ebenfalls positiv aus. Hier
                              wird das über Jahre bereits kontinuierliche Wachstum im Ausmaß von 7,1% auf
                              148,8 Mio. Euro weiter fortgesetzt. Auf den fünften Platz zurückgefallen sind die
                              Exporte von elektrischen Maschinen und Geräten, die leicht (-5% auf 133,1 Mio.
                              Euro) gefallen sind. Ausschlaggebend hierfür war eine geringere Nachfrage von
                              elektrischen Lichtsignalsystemen für Kfz.

                              Die Lieferungen von Papier/Pappe sowie Waren daraus sind gestiegen (+6,5% auf
                              113,0 Mio. Euro). Auch die Exporte von Waren aus Eisen und Stahl sind im Ver-
                              gleich zum Vorjahr stark angewachsen (+16,0% auf 79 Mio. Euro) während die Ex-
                              porte von Stahl und Eisen leicht zurückgingen (-5,1% auf 72 Mio. Euro). Bei Alu-
                              minium und Waren daraus konnte das beständige Wachstum um 2,3% auf 62 Mio.
                              Euro weiter fortgesetzt werden. Die Getränkeexporte sind 2018 explodiert
                              (+65,1% auf 53 Mio. Euro): Das ist vor allem auf Energy- und Softdrinks aus Öster-
                              reich zurückzuführen, der Export des österreichischen Weins setzt seine Er-
                              folgsstory mit einem Plus von 2,7% auf 3,3 Mio. Euro fort.

                              Die Einfuhren aus Belgien erreichten 2018 ein Volumen von insgesamt 2,0 Mrd.
                              Euro und legten im Vergleich zum Vorjahr um 2,7% zu.

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                        Die Warengruppe der Straßenfahrzeuge dominierte die österreichischen Importe
                        aus Belgien und erreichte ein Volumen von 352,1 Mio. Euro (-2,8%). Dabei spielt
                        einerseits der Hafen von Zeebrügge als Transithafen für Neufahrzeuge eine wich-
                        tige Rolle aber auch die Produktion von Audi und Volvo in Belgien.
Entwicklung der wich-
tigsten Importwaren-    Die Importe von Kunststoffen vor allem aus Europas größtem Petrochemieclus-
gruppen                 ter im Hafen von Antwerpen stehen an zweiter Stelle der Importstatistik und ent-
                        wickelten sich mit +11,1% auf 338,9 Mio. Euro positiv.

                        Auf Platz drei folgen die Importe von pharmazeutischen Erzeugnissen, die jedoch
                        nach einem starken Jahr 2017 um -6% auf 185,1 Mio. Euro zurückgegangen sind.
                        Maschinen, Apparate und mechanische Geräte zeigen mit -16,4% auf 122,5 Mio.
                        Euro ebenfalls eine negative Entwicklung. Die Top5 schließt die Warengruppe Ei-
                        sen und Stahl mit einem Wachstum des Imports aus Belgien um 9,1% auf 67 Mio.
                        Euro.

                        Immer mehr Bedeutung erlangt der Dienstleistungsverkehr zwischen Öster-
                        reich und Belgien. Die Dienstleistungsexporte österreichischer Unternehmen
                        nach Belgien konnten 2018 ihr hohes Niveau mit 948 Mio. Euro (+7,6%) weiter
                        ausbauen. Dienstleistungen österreichischer Anbieter im Bereich Reiseverkehr,
                        Transport, Technische Dienstleistungen, Telekommunikation, EDV/IT, Rechts-
Dienstleistungsex-      und Wirtschaftsdienste, sowie Werbung/ Marktforschung sind in Belgien beson-
porte werden immer      ders gefragt. Umgekehrt sind die Dienstleistungsimporte 2018 ebenso angestie-
wichtiger               gen: +1,1% auf 972 Mio. Euro.

                        Den wichtigsten Beitrag zur Dienstleistungsbilanz, nämlich knapp 40%, leistet
                        natürlich der Reiseverkehr. Belgien ist 2018, gemessen an den Nächtigungen, für
                        Österreich der siebtwichtigste ausländische Herkunftsmarkt (nach Deutschland,
                        den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien, Tschechien und Italien). Die An-
                        künfte aus Belgien sind 2018 um 2,9% auf 586.700 Gäste gestiegen. Auch bei den
7. Rang im Tourismus    Nächtigungen gibt es ein Plus von 1,5% auf insgesamt 2,8 Mio. Für den belgi-
                        schen Incoming-Tourismus war 2018 also wieder ein äußerst erfolgreiches Jahr.
                        Tirol hat seine Marktposition als beliebteste Destination innerhalb Österreichs
                        weiter ausbauen können.

                        Die intensiven wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Belgien und Österreich
                        spiegeln sich auch in den Direktinvestitionen wieder. Der Bestand an österreichi-
                        schen Direktinvestitionen in Belgien betrug 1.296 Mio. Euro per Ende 2018. Rund
Österreichische Fir-    100 österreichische Unternehmen sind in Belgien mittels Repräsentanz-, Ver-
men investieren in      triebs- oder Produktionsniederlassungen vertreten. Zuletzt sorgte die milliar-
Belgien                 denschwere Investition des österreichischen Chemiekonzerns Borealis in eine
                        neue Propandehydrierungsanlage im Hafengebiet von Antwerpen für Aufsehen.
                        Umgekehrt verfügt Belgien 2018 über einen Bestand von 743 Mio. Euro an Direk-
                        tinvestitionen in Österreich.

                        Belgien bleibt als Zielmarkt für Produkte und Dienstleistungen „Made in Austria“
                        weiterhin interessant. Die hohe Kaufkraft und die Affinität zu Österreich, das mit
                        Qualität und Verlässlichkeit assoziiert wird und nicht zuletzt als beliebtes Ur-
Marktchancen in Bel-    laubsland gilt, bieten dabei die beste Ausgangsbasis. Dank der stark differenzier-
gien nutzen!            ten Waren- und Dienstleistungspalette, die Österreich anbieten kann, bestehen in
                        den folgenden Branchen ausgezeichnete Aussichten für heimische Unternehmen:

                                 Nahrungsmittel und Getränke (weitere Informationen im Branchenprofil)
                                 Gesundheit und Medizintechnik (weitere Informationen im Branchenprofil)
                                 Transport und Logistik (weitere Informationen im Branchenprofil)
                                 Erneuerbare Energien (weitere Informationen im Branchenprofil)

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     Holz und Papier (weitere Informationen im Branchenprofil)
     Kunstmarkt (weitere Informationen im Branchenprofil)

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