Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim - Stadt Wertheim
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Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Auftraggeber: Stadt Wertheim Projektleitung: Dipl.‐Geogr. Gerhard Beck Dipl.‐Geogr. Markus Wagner Ludwigsburg, am 08.01.2021 Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH 1
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Urheberrecht Das vorliegende Dokument unterliegt dem Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 2 sowie § 31 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der Urheberrechte. Eine Vervielfältigung, Weitergabe oder (auch auszugsweise) Veröffentlichung ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der GMA und des Auftraggebers unter Angabe der Quelle zulässig. Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH Ludwigsburg | Dresden, Hamburg, Köln, München Hohenzollernstraße 14 71638 Ludwigsburg Geschäftsführer: Dr. Stefan Holl Telefon: 07141 / 9360‐0 Telefax: 07141 / 9360‐10 E‐Mail: info@gma.biz Internet: www.gma.biz 2
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Inhaltsverzeichnis Seite I. Grundlagen und Standortrahmenbedingungen 5 1. Ausgangslage und Vorhabenbeschreibung 5 2. Vorgaben des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Wertheim 6 3. Entwicklungen im Baumarktbereich 7 3.1 Wesentliche Entwicklungstrends auf der Nachfrageseite 7 3.2 Wesentliche Entwicklungstrends auf der Angebotsseite 8 4. Projektbeschreibung 12 II. Konzentrationsgebot 14 1. Makrostandort Wertheim 14 2. Bewertung des Konzentrationsgebotes 17 III. Integrationsgebot 18 1. Mikrostandort Wertheim‐Bestenheid – „Am Ried“ 18 2. Integrationsgebot – Landesplanerische Vorgaben / kommunale Vorgaben 19 3. Bewertung des Integrationsgebots 21 IV. Kongruenzgebot 22 1. Einzugsgebiet des Vorhabens und Bevölkerungspotenzial 22 2. Kaufkraft im Einzugsgebiet 25 3. Umsatzprognose für den hagebaumarkt 26 4. Kongruenzgebot – landesplanerische Vorgaben 27 5. Faktischer länderübergreifender Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Wertheim 27 6. Bewertung des Kongruenzgebotes 31 3
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim V. Beeinträchtigungsverbot 33 1. Wettbewerbssituation 33 1.1 Wettbewerbssituation in Wertheim 33 1.2 Wettbewerbssituation in Zone IIa (Freudenberg) 34 1.3 Wettbewerbssituation in Zone IIb (Bayern) 34 1.4 Wettbewerbssituation außerhalb des Einzugsgebietes 35 2. Prognose und Bewertung von Umsatzumverteilungen 36 2.1 Methodik 36 2.2 Umsatzumverteilungen im Bereich der Kernsortimente 38 2.3 Umsatzumverteilung im Bereich der zentrenrelevanten Randsortimente 39 3. Beeinträchtigungsverbot – landesplanerische Vorgaben 40 4. Bewertung des Beeinträchtigungsverbotes 40 VI. Zusammenfassung 42 4
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim I. Grundlagen und Standortrahmenbedingungen 1. Ausgangslage und Vorhabenbeschreibung In Wertheim‐Bestenheid ist geplant, den hagebaumarkt am Standort „Am Ried“ zu modernisie‐ ren und zu erweitern. Der Markt befindet sich im Bebauungsplangebiet „Wertheim – Industrie‐ gebiet I – 3. Änderung (Sporkertswiesen)“. Der aktuelle Bebauungsplan sieht bereits ein Son‐ dergebiet für einen Baumarkt mit Gartencenter und Baustoffhandlung vor. Die aktuell genutzte Verkaufsfläche beträgt 5.400 m². Dies entspricht den Festsetzungen des aktuellen Bebauungs‐ plans.1 Da der Markt bereits langjährig am Standort vorhanden ist und sich in den vergangenen Jahren zahlreiche strukturelle Veränderungen im Bau‐ und Gartenbereich ergeben haben, ist eine Mo‐ dernisierung des Bestandsstandortes geplant, um den Standort langfristig zu sichern. Hierfür ist im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen eine Verkaufsflächenerweiterung auf 9.850 m²2 ge‐ plant. Innerhalb der Gesamtverkaufsfläche sind innenstadtrelevante Sortimente gemäß Sorti‐ mentsliste der Stadt Wertheim in einem Umfang von maximal 800 m² der Verkaufsfläche ge‐ plant.3 Zur Realisierung des Vorhabens ist die Änderung des bestehenden Sondergebiets‐Bebauungs‐ planes nach § 11 Abs. 3 BauNVO erforderlich. Dementsprechend sind die raumordnerischen und städtebaulichen Auswirkungen des Erweiterungsvorhabens zu prüfen. Dabei wird im Rah‐ men der Auswirkungsanalyse eine realitätsnahe Betrachtung des worst‐case‐Falles zugrunde gelegt.4 Vor dem Hintergrund der geschilderten Ausgangslage sind demnach im Rahmen der vorliegen‐ den Auswirkungsanalyse folgende Punkte zu bearbeiten: Darstellung des Vorhabens unter Berücksichtigung der Handels‐, Standort‐ und Be‐ triebstypenentwicklung Bewertung des Makrostandortes Wertheim Bewertung des Mikrostandortes „Bestenheid, Am Ried“ Abgrenzung des Einzugsgebietes und Berechnung der sortimentsspezifischen Kauf‐ kraftpotenziale Beurteilung der gegenwärtigen Versorgungssituation in Wertheim und im Umland (Wettbewerbsanalyse) 1 Der aktuelle Bebauungsplan sieht dabei eine Gewichtung der Verkaufsflächen vor (je nach Nutzungsart Baumarkt, Gartencenter, Freifläche). 2 Gewichtete Fläche, vgl. Übersicht, S. 12. 3 Vgl. auch Regionalplan Heilbronn‐Franken, S. 73. 4 Vgl. OVG Münster, Urteil vom 2. Oktober 2013 – 7 D 18/13.NE. 5
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Umsatzprognose und Umsatzherkunft des Bau‐ und Gartenmarktes Ermittlung der Umsatzumverteilungen im Untersuchungsraum Bewertung der raumordnerischen Beurteilungskriterien gemäß LEP Baden‐Württem‐ berg bzw. Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020 Konzentrationsgebot Integrationsgebot Kongruenzgebot Beeinträchtigungsverbot. Zur Erarbeitung der vorliegenden Auswirkungsanalyse wurde im August 2019 eine intensive Begehung des Standortes sowie sonstiger Einzelhandelslagen vorgenommen und der Einzel‐ handelsbesatz in Wertheim und der Region vor Ort erhoben. Weiterhin wurde auf Informatio‐ nen von MB Research (Kaufkraftkennziffer) sowie auf aktuelle Bevölkerungsdaten aus der amt‐ lichen Statistik und auf EHI Handelsdaten zurückgegriffen. 2. Vorgaben des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Wertheim Der Gemeinderat der Stadt Wertheim hat in seiner Sitzung am 16.11.2015 die Fortschreibung des GMA‐Einzelhandelsgutachtens aus dem Jahr 2004 vom Oktober 2015 beschlossen.5 Für die hier vorliegende Auswirkungsanalyse sind insbesondere die aktualisierte Sortimentsliste und die Randsortimentsregelung sowie das Standortkonzept zu beachten: Sortimentsliste Für den hier in Rede stehenden Bau‐ und Gartenmarkt sind insbesondere die zentrenre‐ levanten Sortimente Bastelartikel, Haushaltswaren und Geschenkartikel / Souvenirs rele‐ vant. 5 Darüber hinaus wurde für den Lebensmitteleinzelhandel eine Ergänzung des Einzelhandelskonzepts erarbeitet, welche jedoch für das hier in Rede stehende Vorhaben keine Relevanz besitzt. 6
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Randsortimentsregelung → Unterscheidung Kernsortiment – Randsortimente auf untergeordneter Fläche (< 10 v. H. der tatsächlich realisierten Verkaufsfläche) Im Rahmen der Realisierung des Vorhabens ist gemäß den Regelungen des Einzelhan‐ delskonzeptes eine maximale Verkaufsfläche von 800 m² für zentrenrelevante Randsor‐ timente vorgesehen. Der aktuelle Bebauungsplan schließt zentrenrelevante Sortimente aus, wenngleich im hagebaumarkt nach aktuellen Erhebungen zur Arrondierung des Ge‐ samtkonzepts zentrenrelevante Sortimente (gemäß aktueller Sortimentsliste) in einem Umfang von rd. 400 m² vorhanden sind. Mit der Bebauungsplanänderung soll hier eben‐ falls eine Anpassung an die aktuelle Sortimentsliste und die konkreten Vorgaben des Ein‐ zelhandelskonzepts in Bezug auf den Umgang mit Randsortimenten erfolgen. Standortkonzept → Bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben mit nicht‐zentren‐ relevantem Kernsortiment ist eine Einzelfallprüfung der städtebaulichen und raumordnerischen Verträglichkeit erforderlich. → Die Abgrenzungen zentraler Versorgungsbereiche werden bei der Ermittlung der Auswirkungen berücksichtigt. Die im beschlossenen Einzelhandelskonzept formulierten Empfehlungen zur Steuerung des Einzelhandels in Wertheim sind im Rahmen der Auswirkungsanalyse zu berücksichtigen. 3. Entwicklungen im Baumarktbereich Die Do‐it‐yourself (DIY) Branche profitiert insbesondere seit Anfang der 2000er Jahre von dem Trend, dass der Mittelpunkt sozialer Aktivitäten sich immer mehr in die eigenen vier Wände verschiebt. Die Menschen investieren gerne und viel für die Gestaltung ihres Wohn‐ und Le‐ bensraumes. Allerdings hat nicht zuletzt auch die Insolvenz der Praktiker AG im Jahr 2013 ge‐ zeigt, dass der Bau‐ und Heimwerkermarkt sehr dynamisch ist und in seinem Wachstum an Grenzen stößt. Auch im Hinblick auf den immer stärker wachsenden Online‐Handel in der Bau‐ marktbranche, sind Aussagen über zukünftige Aussichten und Erfolgschancen im stationären Bereich mit gewissen Unsicherheiten verbunden. 3.1 Wesentliche Entwicklungstrends auf der Nachfrageseite Der demografische Wandel in Deutschland ist durch eine geringe Geburtenrate bei gleichzeitig immer höher werdender Lebenserwartung gekennzeichnet. Die Bevölkerung altert und schrumpft stetig. In Deutschland wurde die rückläufige Bevölkerungsentwicklung in den letzten 7
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Jahren allerdings durch Zuwanderung gedämpft. Resultate dieser Trends sind zum einen eine Zunahme der ethnischen und kulturellen Vielfalt sowie zum anderen Veränderungen in der Familien‐ und Haushaltsstruktur. So verzeichnete Deutschland von 2011 – 2015 einen Haus‐ haltszuwachs von etwa 1,8 %. Während 1‐ bzw. 2‐Personenhaushalte wachsen, war die Ent‐ wicklung von Haushalten mit 3 oder mehr Personen tendenziell rückläufig. Die Veränderung der Haushaltsstruktur spiegelt sich auch in der Wohnbautätigkeit wider: Fasst man sämtliche Baumaßnahmen (inkl. Errichtung neuer Gebäude) zusammen, wurden im Jahr 2017 insgesamt rund 200.100 Maßnahmen zum Erhalt und Neubau von Gebäuden in Deutsch‐ land fertiggestellt. Im Vergleich zu 2013 bedeutet das einen Anstieg um ca. 3,0 %6. Durch die weitgehende Verfügbarkeit von Pkws entwickeln sich vermehrt autokundenorientier‐ te Einzelhandelsstandorte außerhalb geschlossener Siedlungsbereiche, bevorzugt an überregio‐ nalen Verkehrsachsen sowie Durchgangs‐ und Ausfallstraßen mit hoher Verkehrsfrequenz. Eine hohe Markttransparenz (auch durch das Internet) sowie die Dominanz von Filialisten und aus‐ tauschbaren Angebotskonzepten begünstigt eine nachlassende Bindung der Konsumenten an bestimmte Einzelhandelsstandorte. Der moderne Verbraucher ist informiert, vergleicht Ange‐ bote und akzeptiert auch weite Wege, um bestimmte Käufe zu tätigen. Somit wurde das ur‐ sprünglich auf fußläufige Erreichbarkeit abgestimmte Netz (primäres Einzelhandelsnetz) der Einzelhandelsstandorte durch ein zweites autokundenorientiertes Angebotsnetz (sekundäres Einzelhandelsnetz) überlagert. 3.2 Wesentliche Entwicklungstrends auf der Angebotsseite Bau‐ und Heimwerkermärkte sind laut des Handelsverbands Heimwerken Bauen und Garten e.V. Betriebe mit einer Verkaufsfläche von mindestens 1.000 m² und einem breiten Sortiment. Üblicherweise besteht dieses aus den Warengruppen Baustoffe, Holz, Eisenwaren, Werkzeuge und Malerbedarf, auch die Bereiche Fahrräder, Autozubehör, Elektro (inkl. Leuchten), Bad‐ und Küchenmöbel, Innendekoration sowie Gartenartikel und Heimtierbedarf werden angeboten. Anfang 2018 existierten in Deutschland 2.132 Baumärkte. Insgesamt gab es von 2007 – 2015 einen leichten aber stetigen Rückgang der Märkte um 9 %. Aufgrund der Insolvenz der Praktiker AG, im Zuge dessen alle Praktiker‐ und Max‐Bahr‐Märkte geschlossen worden sind, ging die Zahl der Baumärkte von 2013 – 2015 um 262 Märkte bzw. 11 % zurück. Mittlerweile wurden aber für etwas mehr als die Hälfte der ehemaligen Praktiker‐ und Max‐Bahr‐Standorte neue Betrei‐ ber aus der Baumarktbranche gefunden (gemaba 2018). 6 Quelle: Statistisches Bundesamt 2018 8
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Abbildung 1: Entwicklung der Anzahl der Bau‐ und Heimwerkermärkte in Deutschland 2001 – 2018 GMA‐Darstellung 2019 nach gemaba 2018 Ein abweichendes Bild zeichnet sich bei der Entwicklung der Gesamtverkaufsfläche der Bau‐ märkte in Deutschland ab. Diese wuchs von 2007 – 2013 von ca. 13,3 auf 14,3 Mio. m² (+ 7,5 %), schrumpfte dann aber als Konsequenz aus der Praktiker‐Insolvenz wieder auf 13,3 Mio. m² im Jahr 2014 bzw. 13,0 Mio. m² im Jahr 2015. Zum Ende des Jahres 2017 nahm sie wieder leicht zu (über 13,3 Mio. m²). Die durchschnittliche gewichtete Verkaufsfläche der deutschen Baumärkte lag Anfang 2018 bei 6.270 m². Dabei stieg die Fläche der Einzelbetriebe seit 2007 stetig an, so dass ein Zuwachs von gut 15 % in diesem Zeitraum zu verzeichnen ist. Der Trend zur Großfläche bleibt damit bisher ungebrochen. Abbildung 2: Entwicklung der Verkaufsfläche* der Baumärkte in Deutschland 2007 – 2018 in m² GMA‐Darstellung 2019 nach gemaba 2018; *gewichtet 9
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Knapp die Hälfte der deutschen Baumärkte verfügt über eine Verkaufsfläche zwischen 3.000 – 7.499 m², während Baumärkte mit über‐ bzw. unterdurchschnittlicher Verkaufsfläche einen relativ niedrigen Anteil darstellen (gemaba 2018). Betrachtet man die in den letzten Jah‐ ren neu eröffneten Baumärkte, so lässt sich feststellen, dass der Anteil neu eröffneter Baumärk‐ te mit > 10.000 m² bzw. < 2.500 m² deutlich über dem Anteil der beiden Größenklassen im be‐ stehenden Filialnetz liegt (DIWG 2016). Es ist darauf hinzuweisen, dass die rd. 230 Sonderpreis‐ Baumärkte (insgesamt rd. 180.000 m² VK) aus Definitionsgründen (fast alle < 1.000 m² VK) in den obigen Zahlen nicht enthalten sind. Abbildung 3: Entwicklung der durchschnittlichen Verkaufsfläche* je Baumarkt in m² GMA‐Darstellung 2019 nach gemaba 2018; *gewichtet Im Zeitraum von 2000 bis 2015 schwankte der Bruttoumsatz der Baumarktbranche in Deutsch‐ land zwischen 16,8 und 18,8 Mrd. €. Im Jahr 2017 belief sich der Gesamtumsatz auf rd. 17,6 Mrd. €. Pro Quadratmeter Verkaufsfläche setzte ein durchschnittlicher Baumarkt im Jahr 2018 (Stand 01.01.2018) in Deutschland etwa 1.470 € (nur Innenverkaufsfläche) bzw. 1.320 € (ge‐ wichtete Fläche) um. Dies bedeutet eine beinahe gleichbleibende Entwicklung im Vergleich zum 01.01.2016. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass bedingt durch die Praktiker‐ Insolvenz und dem Abgang von Verkaufsflächen seit 2013 auch eine starke Steigerung der Flä‐ chenumsätze zu verzeichnen war. Allerdings bestehen, wie die nachfolgenden Zahlen verdeutli‐ chen, erhebliche Unterschiede zwischen den Unternehmen. Umsatzstärkster Händler in Deutschland ist OBI, gefolgt von Bauhaus und Rewe / B 1. 10
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Abbildung 4: Flächenleistung und durchschnittliche Verkaufsfläche im Vergleich GMA‐Grundlagenforschung 2019 Neben den skizzierten quantitativen Entwicklungstrends reagiert die Branche aber auch mit neuen Konzepten, wie z. B.: Einrichtung von Drive‐In‐Bereichen zum besseren Transport sperriger und schwerer Güter (z. B. Bauhaus, Hornbach, OBI). Auch die Branchengrößen reagieren mit der Eröffnung von Online‐Shops und click & collect‐Angeboten z. B. bei OBI, hagebau, Bauhaus, Hornbach, Dehner. Im Branchen‐ durchschnitt werden derzeit ca. 2,5 % des Umsatzes online erwirtschaftet, wobei Hornbach bereits eine 10 %‐Marke erreicht hat7. Für die weitere nachhaltige Positionierung von Standorten im Baumarktsegment sind zu be‐ rücksichtigen: In städtischen wie auch in ländlichen Bereichen werden Sortiment und Angebot im‐ mer stärker auf die jeweiligen Zielgruppen abgestimmt. Teilweise übernehmen die Bau‐ / Heimwerkermärkte wichtige Versorgungsfunktionen nicht nur für die Privat‐ haushalte, sondern auch für die gewerbliche Wirtschaft (u. a. Handwerksbetriebe, Baugewerbe). Der Trend geht auch im Baumarktbereich zu größeren Verkaufsflächen, um so ein möglichst breites und tiefes Angebot in allen relevanten Sortimentsbereichen dar‐ stellen zu können. Durch die häufige Integration von Baustoff‐Drive‐In‐Bereichen und spezialisierten Abteilungen ist der Flächenbedarf noch weiter gestiegen. Die Integration von Gartencentern hat sich nach wie vor als erfolgversprechender Ansatz der Bau‐ / Heimwerkermärkte gezeigt. 7 Die Welt Kompakt vom 28.09.2018 11
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim 4. Projektbeschreibung Die Planung sieht die Erweiterung des am Standort „Am Ried“ langjährig ansässigen hagebau Bau‐ und Gartenmarktes mit aktuell rd. 5.400 m² VK vor. Im Zuge der Modernisierung soll der Markt auf 12.750 m² ungewichtete Verkaufsfläche (bzw. 9.850 m² gewichtete Verkaufsfläche) erweitert werden. Die Flächen des bestehenden und erweiterten Marktes teilen sich den Anga‐ ben der Plangrundlagen wie folgt auf (vgl. Tabelle 1). Tabelle 1: Bestands‐ und geplante Verkaufsflächen hagebau Bau‐ und Gartenmarkt Bestandsmarkt Erweiterung Abteilung in m² VK Bau‐ und Gartenmarkt 4.200 8.250 überdachte Freiflächen 1.900 1.200 nicht überdachte Freiflächen 2.600 Summe 5.400 12.750 GMA‐Berechnungen 2020 Tabelle 1 zeigt dabei die sog. ungewichteten Flächen. Da auf dem Freiflächen regelmäßig deut‐ lich weniger Umsatz erzielt wird als im Baumarkt im engeren Sinn, wurde vom Branchenver‐ band BHB (Handelsverband Heimwerken Bauen Garten) eine allgemein akzeptierte Gewichtung eingeführt. Die Freiflächen werden oft nur saisonal genutzt und dienen z. T. auch als Lagerflä‐ chen, auch wenn sie für Kunden zugänglich und damit als Verkaufsfläche zu bewerten sind. Um eine zuverlässige Umsatzprognose und im vorliegenden Fall die Auswirkungen des Vorhabens aufzuzeigen, wird daher auf die Gewichtung gemäß BHB zurückgegriffen: Tabelle 2: Übersicht Verkaufsflächen des Vorhabens ungewichtete Gewichtungs‐ gewichtete Abteilung Fläche in m² Fläche in m² faktor in % Bau‐ und Gartenmarkt 8.250 100 8.250 überdachte Freiflächen 1.900 50 950 nicht überdachte Freiflächen 2.600 25 650 Summe 12.750 ‐‐ 9.850 GMA‐Berechnungen 2020 Hinzu kommen Lagerflächen für Baustoffe, die heute bereits vorhanden, jedoch nicht für Kun‐ den zugänglich sind und somit auch keine Verkaufsflächen darstellen. Mit der geplanten Erweiterung soll der Standort sukzessive modernisiert und an das aktuelle Konzept der Fa. Hagebau angepasst werden. Des Weiteren sollen die Serviceflächen (z.B. für den Verleih von Maschinen) ausgebaut und Lagerflächen in die Verkaufsfläche integriert wer‐ den, um so auch ein langfristig betriebswirtschaftlich tragfähiges Betreiben des Standortes zu ermöglichen. 12
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Darüber hinaus soll ebenfalls die planungsrechtliche Situation am Standort angepasst werden, um auf marktseitige Veränderungen innerhalb der maximalen Obergrenzen des Bebauungs‐ plans schnell reagieren zu können. Insofern dient das Vorhaben einer langfristigen Standortsi‐ cherung des einzigen Baumarktes im Mittelzentrum Wertheim. Das geplante Sortimentskonzept des bestehenden und des erweiterten Bau‐ und Heimwer‐ kermarktes umfasst die typischerweise in einem Baumarkt vorhandenen Warengruppen. Zu den Kernsortimenten zählen u. a.: Baustoffe, Bauelemente, Installationsmaterial, Beschläge, Eisenwaren und Werkzeu‐ ge, Badeeinrichtungen / ‐ausstattung, Sanitär / Fliesen, Rolläden, Gitter, Markisen Holz, Bauelemente (z. B. Fenster, Türen) Pflanzen und Zubehör, Pflege‐ und Düngemittel, Torf / Erde, Pflanzgefäße, Garten‐ möbel, ‐häuser, ‐werkzeuge, Zäune, Gewächshäuser, Naturhölzer u. ä. Teppiche / Bodenbeläge, Farben, Lacke, Tapeten Tiere, Tiernahrung, zoologischer Bedarf Möbel (inkl. Wohnaccessoires), Kücheneinrichtungen, Leuchten Elektroinstallationsbedarf Kfz / Motorräder / Mopeds, Auto‐ und Motorradzubehör, Rasenmäher Campingartikel und –zubehör. Diese Kernsortimente sind gem. der Wertheimer Liste als nicht zentrenrelevante Artikel zu klassifizieren. Dies ist insofern von Belang, dass eine Realisierung auch außerhalb des definierten zentralen Versorgungsbereiches von Wertheim zulässig und auch erwünscht ist. Im Umkehrschluss be‐ deutet dies, dass Anbieter, die diese Sortimente als Kernsortiment führen i. d. R. als nicht zen‐ trenprägend gelten und diese Betriebe nicht wesentlich die Funktionalität eines zentralen Ver‐ sorgungsbereiches bestimmen. Daneben führen sowohl der bestehende als auch der erweiterte hagebaumarkt zentrenrele‐ vante Randsortimente. Für den Bestandsmarkt umfasst der Umfang zentrenrelevanter Rand‐ sortimente gemäß aktueller Sortimentsliste rd. 400 m². Der erweiterte Bau‐ und Gartenmarkt soll zukünftig auf max. 800 m² VK zentrenrelevante Randsortimente (insbesondere Bastelartikel, Haushaltswaren und Geschenkartikel) führen. 13
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim II. Konzentrationsgebot 1. Makrostandort Wertheim Die Stadt Wertheim ist im Landesentwicklungsplan (LEP) Baden‐Württemberg als Mittelzent‐ rum ausgewiesen. Zum Mittelbereich zählt neben der Stadt Wertheim das Kleinzentrum Freu‐ denberg westlich der Standortgemeinde. Wertheim liegt auf den überregional bedeutsamen Entwicklungsachsen Crailsheim – Blaufelden / Schrozberg – Weikersheim – Bad Mergentheim – Tauberbischofsheim – Wertheim (– Marktheidenfeld / Lohr) und Wertheim – Freudenberg (– Miltenberg). Die Siedlungsstrukturen von Wertheim sind zum einen geprägt von der Kernstadt, welche sich im Wesentlichen im Main‐ und Taubertal befindet. Darüber hinaus sind mehrere Stadtteile ebenfalls in Tallage in räumlicher Nähe zur Kernstadt (Bestenheid, Eichel / Hofgarten) und au‐ ßerdem mehrere in topografisch erhöhter Lage (z. B. Wartberg, Reinhardshof, Vockenrot) vor‐ zufinden. Daneben gehören 15 Ortschaften zur Stadt Wertheim, welche z. T. in einer verhält‐ nismäßig großen Entfernung zur Kernstadt liegen und jeweils nur geringe Einwohnerzahlen aufweisen. Verkehrlich ist Wertheim über gut ausgebaute Kreis‐ und Landesstraßen angeschlossen und weist mit einer eigenen Autobahnanschlussstelle (Wertheim / Lengfurt) an der BAB 3 (Frankfurt – Würzburg – Nürnberg) und der damit auch vorhandenen Anbindung an die BAB 81 (Stuttgart – Würzburg) eine besondere verkehrliche Gunstlage auf. Die Stadt ist zudem mit einem eigenen Bahnhof an die Bahnlinie Tauberbischofsheim – Miltenberg angebunden. Die Entfernung zum nächstgelegenen Oberzentrum Würzburg beträgt rd. 37 km. Die Stadt zählt aktuell ca. 22.780 Einwohner8, davon wohnen ca. 56 % in der Kernstadt. Zwischen 2011 und 2018 war eine leicht positive Bevölkerungsentwicklung (+ 181 Einwohner bzw. + 0,8 %) zu verzeichnen. Für die Zukunft wird von einer gleichbleibenden bis leicht positi‐ ven Bevölkerungszahl ausgegangen, da eine weitere Ausweisung von Neubaugebieten geplant ist.9 8 Quelle: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg (Stand: 31.12.2018) 9 Quelle: Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen Landesamtes Baden‐Württemberg, Basisjahr 2017. 14
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Karte 1: Lage von Wertheim und zentralörtliche Struktur im Untersuchungsraum Legende Oberzentrum Mittelzentrum Unterzentrum (nur BW) Kleinzentrum (nur BW) Grundzentrum (nur BY) Grenze Bundesland Quelle: Kartengrundlage GfK GeoMarketing, Datengrundlage GfK GeoMarketing GMA‐Bearbeitung 2019 15
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten am Arbeitsort Wertheim betrug 2018 ca. 12.551 Personen.10 Damit hat Wertheim neben der Wohnfunktion auch eine große Bedeu‐ tung als Arbeitsplatzstandort. Einen hohen Anteil der beschäftigten Arbeitnehmer hat die Stadt im produzierenden Gewerbe (ca. 61 %), im Gegensatz zu den Wirtschaftsbereichen Handel, Gastgewerbe und Verkehr (ca. 17 %) sowie sonstigen Dienstleistungen (ca. 23 %). Zum Vergleich Main‐Tauber‐Kreis: ca. 48 % im produzierenden Gewerbe, ca. 18 % in Handel, Gastgewerbe und Verkehr sowie ca. 34 % bei sonstigen Dienstleistungen. Die Industrie‐ und Gewerbegebiete der Stadt sind v. a. im Stadtteil Bestenheid zu finden. Ein weiterer Schwerpunkt etabliert sich derzeit am Nordwestrand des Stadtteils Reinhardshof und in Bettingen in der Nähe der Autobahn A 3. Die Einzelhandelsstruktur der Stadt Wertheim lässt sich in folgende Standortlagen unterteilen: die historische kleinstrukturierte Altstadt von Wertheim (rechts der Tauber) die zur Innenstadt zählenden Lagen links der Tauber inkl. des Bahngeländes mit Kauf‐ land dezentrale Standortlagen des großflächigen Einzelhandels im Stadtteil Bestenheid (E‐Center, Hagebau‐Markt, Expert) sowie Betriebe im Versorgungsbereich Bestenheid (Lidl, Norma, dm, Dänisches Bettenlager) entlang der Bestenheider Landstraße größere Nahversorgungsbetriebe (Lebensmittelmärkte) im Stadtteil Reinhardshof zahlreiche Streu‐ und Nahversorgungslagen in den verschiedenen Stadtteilen und Ortschaften die Standortlage „Wertheim‐Village" und das Gewerbegebiet „Almosenberg“ als FOC‐ Standort. 10 Quelle: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg (Stand: 30.06.2018). 16
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim 2. Bewertung des Konzentrationsgebotes Zunächst ist in einem ersten Schritt zu bewerten, ob der Standort Wertheim unter landes‐ und regionalplanerischen Gesichtspunkten zur Ansiedlung bzw. Erweiterung großflächiger Einzel‐ handelsbetriebe geeignet ist. Hierfür ist das sog. „Konzentrationsgebot“ zu prüfen. Maßgeblich hierfür ist Ziel 3.3.7 des Landesentwicklungsplanes 2002 Baden‐Württemberg: 3.3.7 (Z) Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflä‐ chige Handelsbetriebe für Endverbraucher (Einzelhandelsgroßprojekte) sol‐ len sich in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen; sie dürfen in der Regel nur in Ober‐, Mittel‐ und Unterzentren ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemein‐ den ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen be‐ nachbarter Ober‐, Mittel‐ oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Auch im Regionalplan Heilbronn‐Franken 202011 und im Einzelhandelserlass Baden‐Württem‐ berg12 wird die o. g. Regelung nachrichtlich aufgegriffen. Durch die Ausweisung als Mittelzentrum (vgl. Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020, Struktur‐ karte) liegen die Voraussetzungen zur Ansiedlung bzw. Erweiterung großflächiger Einzelhan‐ delsbetriebe vor. Das Konzentrationsgebot wird am Standort Wertheim erfüllt. 11 Quelle: Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020, Ziel 2.4.3.2.2 12 Quelle: Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg, Kapitel 3.2 Raumordnerische Kernregelung 17
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim III. Integrationsgebot 1. Mikrostandort Wertheim‐Bestenheid – „Am Ried“ Der Standort des hagebaumarktes befindet sich in Wertheim‐Bestenheid im dortigen Gewerbe‐ gebiet. Das Areal wird durch die Otto‐Schott‐Straße in Richtung Norden, die Straße „Am Ried“ in Richtung Westen, das Grundstück des E‐Centers in Richtung Süden und bestehende Gewerbe‐ betriebe in Richtung Osten begrenzt. Der hagebaumarkt befindet sich im nördlichen Teil des Grundstücks; die Parkflächen sind südlich des Gebäudekörpers in Richtung des E‐Centers ange‐ ordnet, wenngleich hier ein deutlicher Höhenversatz zwischen den beiden Grundstücken be‐ steht. Das Gelände des hagebaumarktes soll im Wesentlichen in Richtung Norden bis auf Höhe der Otto‐Schott‐Straße erweitert und insbesondere der Baustoffbereich insgesamt neu geord‐ net werden. Foto 1: hagebaumarkt Foto 2: Baustofflager i.R. Norden Foto 3: Zufahrt aus Richtung E‐Center Foto 4: E‐Center i.R. Süden GMA‐Aufnahmen 2019 Das Standortumfeld ist in Richtung Süden durch den bestehenden Fachmarktstandort aus E‐Center, Reno‐Schuhfachmarkt und Expert‐Elektrofachmarkt geprägt. In Richtung Westen befindet sich ein größerer Gewerbe‐ und Industriebetrieb mit der DURAN‐Gruppe. Nördlich der Otto‐Schott‐Straße grenzen weitere größere Gewerbebetriebe an. Auch das Standortumfeld in Richtung Osten ist durch gewerbliche Betriebe geprägt. 18
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim In verkehrlicher Hinsicht wird der Standort über die Otto‐Schott‐Straße und die Straße „Am Ried“ rückwärtig erschlossen. Eine direkte Anbindung aus Richtung des überörtlichen Verkehrs‐ trägers Bestenheider Landstraße ist nicht vorhanden. Eine weitere Anfahrbarkeit des Objekts besteht über die östlich verlaufende Sudetenstraße über den Parkplatz des Fachmarktstandor‐ tes E‐Center / Expert i.R. des hagebaumarktes. Aus Richtung des Baumarktes ist hingegen eine direkte Überfahrt nicht möglich. Insofern sind die Synergieeffekte zwischen den Standorten beschränkt. Eine Anbindung an den ÖPNV ist über eine Haltestelle in der Otto‐Schott‐Straße in fußläufiger Distanz zum Standort vorhanden. Für Fußgänger sind aufgrund der Lage des Stan‐ dortes keine nennenswerten Einkaufsverflechtungen festzuhalten. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei dem Standort um einen langjährig ein‐ geführten Einzelhandelsstandort im Gewerbegebiet Bestenheid handelt, welcher angrenzend zu einem großen Lebensmittelmarkt und einem Elektromarkt gelegen ist. Jedoch ist ein deutli‐ cher Geländesprung zwischen den beiden Standorten vorhanden, welcher in Kombination mit der Zufahrtssituation nur geringe wechselseitige Beziehungen auslöst. Auch handelt es sich um eine Kombination aus dem kurz‐ und langfristigen Bedarfsbereich, welche für Kunden nur be‐ dingt Kopplungs‐ und Agglomerationseffekte auslöst. Eine Agglomerationslage i. S. des Regio‐ nalplans Heilbronn‐Franken 2020 ist nicht vorhanden. Insgesamt handelt es sich baumarktty‐ pisch um einen gewerblich orientierten Standort. 2. Integrationsgebot – Landesplanerische Vorgaben / kommunale Vorgaben Das Integrationsgebot gemäß Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg ist auf Ziel 3.3.7.1 LEP Baden‐Württemberg zurückzuführen: „[...] Einzelhandelsgroßprojekte sollen vorrangig an städtebaulich integrierten Stand‐ orten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden. Für nicht innenstadtrelevante Warensortimente kommen auch städtebauliche Randlagen in Frage.“ Der Einzelhandelserlass Baden‐Württemberg führt unter 3.2.2.3 weiter aus, dass ein Einzelhan‐ delsgroßprojekt im zentralörtlichen Versorgungskern (Stadt‐ und Ortskern) errichtet oder er‐ weitert oder diesem in unmittelbarer Nähe zugeordnet werden soll, so dass in der Regel keine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit dieses Versorgungskerns der Standortgemeinde gege‐ ben ist. „[...] Solche Standorte haben deshalb Vorrang vor städtebaulichen Randlagen [...].“ Die Regelungen auf Landesebene werden durch den Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020 weiter konkretisiert und ausgeformt. So unterscheidet der Regionalplan zwischen zentren‐ und nicht zentrenrelevanten, regionalbedeutsamen Einzelhandelsgroßprojekten. Der geplante Bau‐ und Gartenmarkt ist als nicht zentrenrelevantes regionalbedeutsames Einzelhandelsgroßprojekt einzuordnen. 19
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim „2.4.3.2.4 Standorte für nicht zentrenrelevante regional bedeutsame Einzelhandels‐ großprojekte (Ergänzungsstandorte) Ziel: Falls regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht zen‐ trenrelevanten Sortimenten nicht in der Innenstadt nach Plansatz 2.4.3.2.3 angesiedelt werden können, sollen sie in den ausgewiesenen Er‐ gänzungsstandorten (z. B. als Fachmarktzentren für nicht zentrenrelevan‐ te Waren) angesiedelt werden. Die Ergänzungsstandorte sind in der Raumnutzungskarte 1 : 50.000 als Vorbehaltsgebiete festgelegt. Der Ein‐ zelhandel hat in diesen Vorbehaltsgebieten bei der Abwägung mit ande‐ ren konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen ein besonderes Ge‐ wicht.“ Abbildung 5: Ausschnitt aus der Raumnutzungskarte Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020 mit Änderungen) 20
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim 3. Bewertung des Integrationsgebots Basierend auf der Bewertung des Standortes, den landesplanerischen Vorgaben und den kom‐ munalen Ausformungen auf Basis der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Wertheim kann das Integrationsgebot wie folgt bewertet werden: Der Standort des Baumarktes befindet sich in Wertheim‐Bestenheid in der Straße „Am Ried“; südlich sind ein E‐Center und ein Elektrofachmarkt als weitere größere strukturprägende Einzelhandelsbetriebe angesiedelt. Der Standort befindet sich in regionalplanerischer Hinsicht am Ergänzungsstandort für nicht‐zentrenrelevante regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte, zu denen der großflächige Baumarkt zu zählen ist, und ist damit an einem regionalplanerisch hierfür vorgesehenen Stand‐ ort angesiedelt. Durch die geplante Begrenzung der innenstadtrelevanten Randsor‐ timente gemäß Sortimentsliste des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Wertheim wird darüber hinaus sichergestellt, dass solche Waren nur auf deutlich untergeordneter Verkaufsfläche am Standort zulässig sind. Dies entspricht den landes‐ und regional‐ planerischen Regelungen, wonach max. 10 % der Gesamtverkaufsfläche auf solche Waren entfallen dürfen. Auch im Einzelhandelskonzept der Stadt Wertheim ist der Standort für solche Märkte vorgesehen. Auch hier wird durch die Beschränkung der Verkaufsflächen im innen‐ stadtrelevanten Bereich den städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt Wertheim Rechnung getragen. Das Integrationsgebot wird am Standort erfüllt. 21
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim IV. Kongruenzgebot Für die Prüfung des Kongruenzgebotes sind zunächst eine Abgrenzung und Zonierung des er‐ schließbaren Einzugsgebietes und die Ermittlung des in diesem Gebiet vorhandenen Bevölke‐ rungs‐ und Kaufkraftpotenzials vorzunehmen. Darauf aufbauend erfolgt eine Umsatzprognose, die in der Folge eine Abschätzung der Herkunft des Umsatzes und damit eine Bewertung des Kongruenzgebots ermöglicht. 1. Einzugsgebiet des Vorhabens und Bevölkerungspotenzial Der Abgrenzung des voraussichtlichen Einzugsgebietes für den Standort in Wertheim‐ Bestenheid kommt eine wesentliche Bedeutung bei der Beurteilung des Vorhabens zu. So bildet das ermittelte Einzugsgebiet die Grundlage für alle späteren Berechnungen zur Ermittlung der Bevölkerungs‐ und Kaufkraftpotenziale sowie der Vorhabenumsätze bzw. der Umsatzherkünfte. Als Einzugsgebiet wird in dieser Untersuchung ein Bereich verstanden, innerhalb dessen mit regelmäßigen, dauerhaften und ausgeprägten Einkaufsbeziehungen an den Planstandort ge‐ rechnet werden kann. Das Einzugsgebiet lässt sich darüber hinaus weiterhin nach Zonen unter‐ gliedern und strukturieren, aus denen eine gleichmäßige Kundeneinkaufsorientierung an den Planstandort zu erwarten ist. Mit zunehmender Entfernung bzw. schlechterer Erreichbarkeit des Standortes ist dabei i. d. R. von einer Abnahme der Kundenbindung an den Standort auszu‐ gehen. Durch die Zonierung des Einzugsgebiets wird diesem Umstand Rechnung getragen.13 Zur Abgrenzung und Zonierung des Einzugsgebietes werden in vorliegender Untersuchung fol‐ gende Kriterien herangezogen: wesentliche Strukturdaten und Rahmenbedingungen im Untersuchungsraum (z. B. Topografie, Siedlungsstruktur, Pendlerbeziehungen, Wirtschaftsstruktur) Grenzlage zum Bundesland Bayern verkehrliche Erreichbarkeit des Standortes auf Basis von Fahrzeitisochronen Betreiber, Dimensionierung und Sortimentsstruktur des Vorhabens Wettbewerbssituation und Einkaufsalternativen in der Standortgemeinde und den umliegenden Städten und Gemeinden (vgl. Kapitel V.) Ergebnisse aus anderen GMA‐Untersuchungen in Wertheim und der Region. 13 Die Grenzlage von Wertheim zu Bayern und die faktischen länderübergreifenden Verflechtungen wer‐ den bei der Abgrenzung und Zonierung des Einzugsgebietes berücksichtigt, um eine Bewertung der Um‐ satzherkunft vornehmen zu können. Für die Bewertung des Kongruenzgebots ist allerdings der faktische länderübergreifende Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Wertheim insgesamt als Bewertungs‐ grundlage heranzuziehen. 22
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Karte 2: Einzugsgebiet hagebau in Wertheim und wesentliche Wettbewerber im Untersuchungsraum Legende Zone I Zone IIa Zone IIb Quelle: Kartengrundlage GfK GeoMarketing, Datengrundlage GfK GeoMarketing GMA‐Bearbeitung 2019 Tauberbischofsheim 23
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Unter Berücksichtigung der o. g. Faktoren lässt sich für den geplanten hagebaumarkt in Wert‐ heim‐Bestenheid folgendes Einzugsgebiet abgrenzen: Zone Städte / Gemeinden Einwohner Zone I Wertheim 22.780 Zone IIa Freudenberg 3.774 Zone IIb (Bayern) Dorfprozelten, Faulbach, Hasloch, Kreuzwertheim, Stadtprozelten 11.148 Einzugsgebiet hagebaumarkt Wertheim insgesamt 37.702 Quelle: Statistische Landesämter Baden‐Württemberg und Bayern (Stand: 31.12.2018) Die Abgrenzung des Einzugsgebietes für den geplanten hagebaumarkt in Wertheim‐Bestenheid ist wie folgt zu begründen: Bedingt durch die direkte Grenzlage der Stadt Wertheim zum Bundesland Bayern, ist eine differenzierte Zonierung des Einzugsgebietes sowohl hinsichtlich der Einkaufsin‐ tensität als auch der Zugehörigkeit zu Baden‐Württemberg bzw. Bayern vorzuneh‐ men, um eine Bewertung des Kongruenzgebotes zu ermöglichen. Diesem Umstand wird bei der Zonierung des Einzugsgebiets Rechnung getragen. Zone I des Einzugsgebietes erstreckt sich auf das Stadtgebiet von Wertheim mit rd. 22.780 Einwohnern. Der hagebaumarkt ist der einzige größere Bau‐ und Gartenfach‐ markt in Wertheim. Entsprechend hoch ist die Kundenbindung von Wertheimer Kun‐ den an den Standort. Zone IIa wird durch die westlich an das Stadtgebiet von Wertheim angrenzende Stadt Freudenberg mit ihren 3.774 Einwohnern gebildet. Die Stadt Freudenberg ist dem Mittelbereich der Stadt Wertheim zuzuordnen und liegt in räumlicher Hinsicht an der Grenze zu Bayern in Richtung Bürgstadt, Miltenberg bzw. Groß‐ / Kleinheubach und damit punktuell auch im Einflussbereich der Wettbewerbsstrukturen und anderer Baumärkte in diesem Raum (insbesondere OBI‐Baumarkt in Miltenberg). Vor diesem Hintergrund wird die Kundeneinkaufsorientierung an den Standort geringer ausfallen als in Wertheim selbst. Dem wird durch eine eigene Zonierung des Einzugsgebietes Rechnung getragen. Zone IIb des Einzugsgebietes wird durch die direkt an das Stadtgebiet von Wertheim angrenzenden Städte und Gemeinden auf bayerischer Gemarkung in Richtung Nor‐ den ausgebildet. Insbesondere für Kreuzwertheim und Hasloch als nächstgelegene Gemeinden auf bayerischer Seite ist eine starke Einkaufsorientierung an den Stand‐ ort Wertheim festzuhalten. Aber auch aus Richtung Faulbach, Dorfprozelten und Stadtprozelten sind überwiegende Einkaufsverflechtungen in Richtung Wertheim und den hagebaumarkt‐Standort in Bestenheid festzustellen. Die genannten Gemeinden mit insgesamt rd. 11.148 Einwohnern bilden Zone IIb des Einzugsgebietes. 24
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Darüber hinaus ist mit gewissen Streukundeneffekten zu rechnen, welche sich räum‐ lich nicht verorten lassen. So ist auch durch Pendlerverflechtungen davon auszuge‐ hen, dass punktuell auch Kunden aus dem südlich von Wertheim gelegenen Külsheim oder auch der bayerischer Seite gelegenen Gemeinde Neunkirchen den Standort in Wertheim frequentieren werden. Diese werden im weiteren Verlauf der Untersu‐ chung im Rahmen von Streukundeneffekten abgebildet. Eine darüber hinausgehende Ausdehnung des Einzugsgebietes wird insbesondere durch die umliegenden Angebotsstrukturen unterbunden. In Richtung Westen bildet der OBI‐Baumarkt in Miltenberg eine Grenze des regelmäßigen Einzugsgebietes aus. In Richtung Norden ist mit dem neuen hagebau‐Standort in Marktheidenfeld eine Ausdehnung begrenzt. In Richtung Südosten übt der Standort von OBI in Tauberbi‐ schofsheim eine Anziehungskraft für Kunden aus den an das Einzugsgebiet angren‐ zenden Gemeinden aus. In Richtung Osten ist bereits das Oberzentrum Würzburg als dominierendes Handelszentrum von Belang. Insofern begrenzt sich das regelmäßige Kerneinzugsgebiet des hagebaumarktes in Wertheim auf insgesamt 37.702 Einwohner und umfasst damit neben dem Mittelbereich Wertheim auf baden‐württembergischer Seite ebenfalls die dem fiktiven Verflechtungsbereich des Mittelzent‐ rums Wertheim zugehörigen Kommunen auf bayerischer Seite (vgl. Kapitel IV.5.). 2. Kaufkraft im Einzugsgebiet Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes sowie eigenen Berechnungen beträgt die ladeneinzelhandelsrelevante Kaufkraft einschließlich der Ausgaben im Lebensmittelhandwerk in Deutschland pro Kopf der Wohnbevölkerung ca. € 6.035.14 Bezogen auf das konkrete Vorhaben von hagebaumarkt in Wertheim betragen die Pro‐Kopf‐ Ausgaben: Bau‐ und Heimwerkerbedarf 465 € Gartenbedarf 175 € Baustoffe 70 €. 14 Ohne Kaufkraftanteil verschreibungspflichtiger Medikamente bei Apotheken. 25
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Bei der Kaufkraftberechnung für das Einzugsgebiet ist darüber hinaus das lokale Kaufkraftni‐ veau15 zu beachten. Gemäß aktueller Kennziffer von MB Research liegt das Kaufkraftniveau in Wertheim bei 99,1 und damit auf einem durchschnittlichen Niveau (Bundesdurchschnitt = 100,0). Im Einzugsgebiet sind durchschnittliche bis leicht unterdurchschnittliche Werte festzu‐ halten. Folgende Kaufkraftpotenziale sind im Einzugsgebiet vorhanden: Tabelle 3: Kaufkraft in den untersuchungsrelevanten Sortimenten im Einzugsgebiet Baumarkt Gartenbedarf Baustoffe Gesamt in Mio. € Zone I (Wertheim) 10,5 4,0 1,6 16,1 Zone IIa (Freudenberg) 1,7 0,7 0,3 2,7 Zone IIb (bayerische Gemeinden) 5,1 1,9 0,8 7,8 Einzugsgebiet insgesamt 17,3 6,6 2,7 26,6 GMA‐Berechnungen 2019 3. Umsatzprognose für den hagebaumarkt Zur Berechnung der voraussichtlichen Umsatzerwartung des hagebaumarktes wird das Markt‐ anteilkonzept verwendet. Dieses in der Handelswissenschaft weit verbreitete und anerkannte Modell bestimmt das zu erwartende Umsatzvolumen eines Einzelhandelsbetriebes anhand der erzielbaren Marktanteile mit Kunden in den einzelnen Zonen des Einzugsgebietes.16 Somit be‐ schreibt das Modell, in welchem Ausmaß der Baumarkt in der Lage ist, einen Teil des vorhande‐ nen Kaufkraftvolumens im projektrelevanten Sortimentsbereich an sich zu binden. Neben der Berechnung der zu erwartenden Gesamtumsatzleistung lässt sich anhand des Marktanteilkonzepts ebenfalls die perspektivische Umsatzherkunft des hagebaumarktes ablei‐ ten. Diese ergibt sich aus der Relation zwischen den in den jeweiligen Zonen des Einzugsgebiets generierten Umsätzen und dem jeweiligen Gesamtumsatz des Marktes. Hingegen lässt das Marktanteilkonzept keine direkten Rückschlüsse auf die durch das Vorhaben ausgelösten Umsatzumverteilungen zu. So gibt das Marktanteilkonzept keine Auskunft darüber, wo die durch das Vorhaben generierten Umsätze bisher gebunden sind und wie sich diese nach dem Markteintritt des Vorhabens neu verteilen werden. Die Ermittlung der Umsatzumvertei‐ lungen für das Vorhaben wird in Kapitel V., 2. ausführlich behandelt. 15 Quelle: MB Research, 2018. Das Kaufkraftniveau wird auf Basis der amtlichen Steuerstatistik berechnet. 16 In die Ermittlung der Marktanteile fließen zahlreiche Faktoren ein. U. a. sind dies die Rahmenbedingun‐ gen am Vorhabenstandort, die verkehrliche Erreichbarkeit und die Wettbewerbssituation im selben Marktsegment. 26
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Folgende Umsatzprognose lässt sich für den hagebaumarkt mit einer Verkaufsfläche von insge‐ samt 9.850 m² gewichtete Verkaufsfläche anhand des Marktanteilkonzeptes tätigen: Tabelle 4: Umsatzprognose hagebaumarkt anhand des Marktanteilkonzeptes Umsatz Umsatz Kaufkraft Marktanteil Umsatz Randsortimente gesamt in Mio. € in % in Mio. € Zone I 16,1 37 – 38 6,0 – 6,1 1,3 7,3 – 7,4 Zone II a 2,7 22 – 23 0,6 0,1 0,7 Zone II b 7,8 22 – 23 1,8 0,4 2,2 Einzugsgebiet 26,6 31 – 32 8,4 – 8,5 1,8 10,2 – 10,3 Streuumsätze 1,0 0,2 1,2 Gesamt 9,4 – 9,5 2,0 11,4 – 11,5 GMA‐Berechnungen 2019 (ca.‐Werte, ggf. Rundungsdifferenzen) möglich Insgesamt beläuft sich die Umsatzleistung des hagebaumarktes am Standort Wertheim auf Basis des Marktanteilkonzeptes auf ca. 11,4 – 11,5 Mio. €. Auf das Kernsortiment entfällt ein Umsatz von rd. 9,4 – 9,5 Mio. € und auf zentrenrelevante Sortimente von rd. 2,0 Mio. €. 4. Kongruenzgebot – landesplanerische Vorgaben Das Kongruenzgebot fordert zunächst, dass sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentral‐ örtliche System einfügen müssen. Dabei ist das Konzentrationsgebot zu beachten. Darüber hin‐ aus soll die Verkaufsfläche des Einzelhandelsgroßprojektes so bemessen sein, dass deren Ein‐ zugsgebiet den zentralörtlichen Verflechtungsbereich nicht wesentlich überschreitet (vgl. LEP BW Ziel 3.3.7 und 3.3.7.1). Konkretisiert wurden diese Vorgaben durch die Regelung im Einzelhandelserlass Baden‐ Württemberg (vgl. Pkt. 3.2.1.4): „Eine Verletzung des Kongruenzgebots liegt vor, wenn der betriebswirtschaftlich an‐ gestrebte Einzugsbereich des Vorhabens den zentralörtlichen Verflechtungsbereich der Standortgemeinde wesentlich überschreitet. Eine wesentliche Überschreitung ist in der Regel gegeben, wenn mehr als 30 % des Umsatzes aus Räumen außerhalb des Verflechtungsbereiches erzielt werden soll.“ 5. Faktischer länderübergreifender Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Wert‐ heim Im Fall von Wertheim die direkte Grenzlage zum Freistaat Bayern zu berücksichtigen. Hierauf wird sowohl im LEP Baden‐Württemberg als auch im Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020 hingewiesen: 27
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim „Die zentralörtlichen Verflechtungsbereiche sollen nach der überwiegenden Orientie‐ rungsrichtung der Bevölkerung bei der Inanspruchnahme der zentralörtlichen Ein‐ richtungen sowie nach zumutbaren Entfernungen und ausreichenden Tragfähigkeiten flächendeckend abgegrenzt werden. Grenzüberschreitende Verflechtungen sind zu berücksichtigen.“17 „Zentralörtliche Beziehungen reichen teilweise auch über die Landesgrenze hinweg. Im Landesentwicklungsplan werden in diesen Fällen dennoch keine grenzüberschrei‐ tenden Verflechtungsbereiche ausgewiesen, weil dem planungspraktische, hoheits‐ rechtliche und verwaltungsorganisatorische sowie statistische Hindernisse entgegen‐ stehen. Deshalb wird nur eine pauschale Berücksichtigung grenzüberschreitender Verflechtungen bei den verschiedenen Planungen und raumwirksamen Maßnahmen gefordert.“18 Im Fall von Wertheim wird im Anhang des LEP Baden‐Württemberg bei der Abgrenzung der Mittelbereiche explizit darauf hingewiesen, dass „Verflechtungen von Gemeinden in Bayern mit dem Mittelzentrum Wertheim zu be‐ rücksichtigen sind.“19 Auch im Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020 wird diesbezüglich ausgeführt: „Bei der Bewertung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes sind auch die Auswir‐ kungen über die Regionalgrenzen zu beachten.“20 Bereits bei der Abgrenzung des Einzugsgebietes wurde festgestellt, dass im Fall von Wertheim eine Sondersituation vorliegt. So wird das tatsächlich anzunehmende Einzugsgebiet des hage‐ baumarktes in Wertheim durch die Landesgrenze zu Bayern und damit auch die funktional vor‐ handenen Verflechtungen getrennt. Für eine Bewertung des Kongruenzgebotes sind im speziel‐ len Fall von Wertheim auch mit Blick auf die Regelungen des LEP Baden‐Württemberg aus‐ drücklich die faktisch vorhandenen grenzüberschreitenden Verflechtungen des Mittelzentrums Wertheim mit den benachbarten bayerischen Kommunen zu berücksichtigen. Hierfür ist ein faktischer länderübergreifender Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Wertheim zu be‐ stimmen.21 In diesem Zusammenhang ist zu begründen, dass die auf bayerischer Seite dem „faktischen länderübergreifenden Mittelbereich“ zugeordneten Städte und Gemeinden – ohne die Landes‐ grenze zu Bayern – „nach der überwiegenden Orientierungsrichtung“22 auf das Mittelzentrum Wertheim in Baden‐Württemberg ausgerichtet sind.23 17 Quelle: LEP Baden‐Württemberg 2002, Festlegung 2.5.6. 18 Quelle: LEP Baden‐Württemberg 2002, B 24. 19 vgl. LEP Baden‐Württemberg 2002, A 16 20 Quelle: Regionalplan Heilbronn‐Franken 2020, S. 62. 21 Dieser faktische länderübergreifende Mittelbereich ist unabhängig von der projektbezogenen betriebs‐ wirtschaftlichen Abgrenzung des Einzugsgebiets für das Mittelzentrum Wertheim insgesamt herzuleiten und zu begründen. 22 Quelle: LEP Baden‐Württemberg, G 2.5.6 (S. 21) und B 23. 23 Hier ist das Prinzip der Einräumigkeit (vgl. LEP Baden‐Württemberg, B 23) zu beachten. So ordnen sich die Verflechtungsbereiche lückenlos und mosaikartig in die jeweils nächsthöhere Bedarfsstufe ein, wo‐ bei Ambivalenzen in Kauf genommen werden müssen. 28
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Karte 3: Einpendlerverflechtungen, faktisch vorhandener Verflechtungsbereich des Mittelzentrums Wertheim und betriebswirtschaftlicher Einzugsbereich des hagebaumarktes im Vergleich Legende Zone I Zone IIa Zone IIb faktischer Mittelbereich Wertheim unter Berücksichtigung der länderübergreifenden Verflechtungen XXX Einpendlerverflechtungen (Anzahl der Personen) Quelle: Kartengrundlage GfK GeoMarketing, Datengrundlage GfK GeoMarketing GMA‐Bearbeitung 2019 29
Auswirkungsanalyse Erweiterung Bau- und Gartenmarkt in Wertheim Folgende Aspekte sind als Begründung des „faktischen länderübergreifenden Verflechtungsbe‐ reich“ des Mittelzentrums Wertheim anzuführen (vgl. auch Kapitel IV., 1): Bei der Herleitung des „faktischen länderübergreifenden Verflechtungsbereichs“ des Mittelzentrums Wertheim wurden nur solche Kommunen berücksichtigt, die nach ih‐ rer überwiegenden Orientierung bereits heute im Einzelhandel stark auf das Mittel‐ zentrum Wertheim ausgerichtet sind.24 Im Fall des hagebaumarktes ist jedoch auf‐ grund der Wettbewerbssituation v. a. in Marktheidenfeld aus dieser Richtung von ei‐ ner geringeren Kundenorientierung auszugehen. Auch die Befragungsergebnisse im Rahmen der Fortschreibung des Einzelhandels‐ konzeptes für die Stadt Wertheim 2015 stützen die Ergebnisse der Einzugsgebietsab‐ grenzung und der Zonierung des Einzugsgebietes. So wurden die Ergebnisse einer Passantenbefragung und auch die schriftlichen Befragungen in Wertheim und den Umlandkommunen mit insgesamt 1.081 Befragten ausgewertet. Dabei ist festzuhal‐ ten, dass am Standort von Kaufland in der Wertheimer Kernstadt rd. 29 % der Befrag‐ ten aus einer bayerischen Kommune stammten. Die Befragungsergebnisse zeigen deutlich, dass aufgrund der Grenzlage zu Bayern im Einzelhandel starke Verflechtun‐ gen in Richtung Bayern vorhanden sind. Dies ist v. a. auf die dort vergleichsweise ge‐ ringe Ausstattung im Einzelhandel (mit Ausnahme des Besatzes in Marktheidenfeld25) zurückzuführen. Ein weiteres Indiz für die starken länderübergreifenden Verflechtungen des Mittel‐ zentrums Wertheim in Richtung der bayerischen Kommunen ist auf Basis der Pend‐ lerdaten26 eindrucksvoll nachzuweisen. So stammen von den 6.934 Einpendlern in der Stadt Wertheim rd. 4.378 (rd. 63 %) aus Kommunen aus dem Freistaat Bayern. In Richtung Baden‐Württemberg bestehen Einpendlerverflechtungen von lediglich rd. 1.991 Beschäftigten (rd. 29 %). Auf sonstige Standorte entfällt ein Anteil von 565 Ein‐ pendlern bzw. rd. 8 %. (vgl. Karte 4). Insofern lässt sich anhand dieser Daten eindrucksvoll belegen, dass auch für den Wirtschaftsstandort Wertheim wie auch im Einzelhandel enge Verflechtungen mit den bayerischen Kommunen im Umland zu beobachten sind. 24 Im Detail kann hier ergänzend auch auf die Ausführungen in Kapitel IV.,1. verwiesen werden. 25 Jedoch sind auch aus Richtung des nächstgelegenen bayerischen Mittelzentrums Marktheidenfeld um‐ fangreiche Einkaufs‐ und Arbeitsplatzverflechtungen in Richtung des Mittelzentrums Wertheim vorhan‐ den (v.a. im qualifizierten mittel‐ und langfristigen Bedarfsbereich), da dort im Vergleich zum Standort Wertheim der Einzelhandelsbesatz weniger stark ausdifferenziert ist. Eine Zuordnung von Marktheiden‐ feld zum faktisch vorhandenen länderübergreifenden Mittelbereich des Mittelzentrums Wertheim ist daher gegeben. 26 Quelle: Statistisches Landesamt Baden‐Württemberg. Berufspendler in Baden‐Württemberg 2019, Daten von 2017. 30
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