BÜRGERINNENBRIEF - LINKSFRAKTION HAMBURG
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
BürgerInnenbrief 17. Dezember 2019 Abgeordnete der Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft VVN-BdA ist gemeinnützig! +++ AfD im Rathaus +++ Verfassungs-Schutz? +++ Mieten & Wohnen +++ E-Roller-Unsinn Liebe Leserinnen und Leser, Carsten Brosda und Esther Bejarano auf der Feier zum 95. Geburtstag Herzlichen Glückwunsch, liebe Esther! Peggy Parnass, Kultursenator am 15. Dezember (Foto: Andrea Hackbarth-Rouvel) würden wir die Frage stellen, welches die fünf, sechs wich- nach dem Krieg gegründeten Antifa-Organisation – der VVN tigsten Tendenzen in der politischen Landschaft des Jah- – wird die Gemeinnützigkeit aberkannt. Und alle halten die res 2019 waren, was fällt Ihnen/Euch da ein? Uns bewegen Luft an, wann die CDU mit der AfD erste Regierungsbünd- diese Punkte: 1. Vor allem junge Menschen fordern schnelle nisse eingeht. 4. Die soziale Schere in Deutschland geht im- und nachhaltige Maßnahmen zur Rettung des Weltklimas mer weiter auf, und Hamburg ist laut kürzlich veröffentlich- ein. Doch weder die Große Koalition noch die »Weltklima- tem Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gipfel« scheinen den Schuss gehört zu haben. 2. Die globale beim Arm-Reich-Gefälle ganz »vorne«. Doch der wirtschafts- Lage ist durch das aggressive Auftreten des US-Präsidenten, und reichenfreundliche Senat ignoriert diese Entwicklungen aber auch von Putin und Erdogan so angespannt wie seit lan- weitgehend, zusätzliche Maßnahmen gegen die Armut sind gem nicht mehr. Doch die Bundesregierung lässt weiterhin nicht eingeplant. 5. Man spürt, dass es in Hamburg auf die Rüstungsexporte beispielsweise nach Saudi-Arabien zu, die Bürgerschaftswahl zugeht, da werden schnell noch einige CDU-Chefin verlangt sogar unverhohlen, die Bundeswehr Reparaturen im wohnungspolitischen Bereich vorgenom- möge wieder all over the world mit Truppen aufmarschie- men. Doch immer, wenn’s wirklich ernst wird, um den Mie- ren, das verlange angeblich »unsere« gewachsene Verantwor- tenwahnsinn und den Mangel an günstigen Wohnraum spür- tung. 3. Starke Zuwächse für die rechtesten Kräfte bei Wah- bar zu bekämpfen, winkt der Senat ab: beim Mietendeckel len, zunehmender Antisemitismus, gewalttätige Übergriffe nach Berliner Vorbild, bei den beiden jüngst vorgestellten auf Menschen anderer Herkunft, Konfession und linker Ge- Volksinitiativen in Sachen Vergabe von städtischen Grund- sinnung sorgen für zunehmende Verunsicherung über die Zu- stücken nur noch im Erbbaurecht bzw. Neubau auf städti- kunft und die Verrohung unseres Landes. Doch: Der ältesten schen Flächen nur noch auf Sozialmietniveau. 6. Und dann Heike Sudmann (Tel. 040 / 42 831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 2 noch ein Wort zur alten Tante SPD und ihrem traurigen Nie- nenbriefs zu verschieben. Und so gibt es dieses Mal eine et- dergang. Doch während sich in der Bundespartei inhaltliche was »dickere« Ausgabe mit Artikeln, die z.T. schon in den ver- Akzentverschiebungen andeuten, haben die Hamburger Ge- gangenen Wochen entstanden sind, die uns aber wichtig sind. nossInnen – man spürt ganz den Kahrs und den Scholz – jegli- So oder so, das Jahr geht zu Ende und gleich danach starten chem Schwenk nach links eine Absage erteilt. So viel scheint wir in die letzte Runde zur Bürgerschaftswahl am 23. Feb- uns jedenfalls klar, sagen wir es mit Georg Christoph Lichten- ruar 2020. berg (1742-1799): »Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern des »Bürger- anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser Innenbriefes« ein paar wunderbare Feiertage und einen gu- werden soll.« ten Rutsch ins neue Jahr, ganz im Sinne unseres großen Dich- Erkrankungen und akute Arbeitsüberlastungen haben uns ters … mehrmals dazu veranlasst, das Erscheinen dieses BürgerIn- Herausgeberinnen und Redaktion Antifaschismus ist gemeinnützig! Christiane Schneider über den Entzug der Gemeinnützigkeit für die VVN-BdA VVN-BdA auf der Demo »Ein Europa für alle. Deine Stimme gegen Nationalismus!«, 19.5.2019, Hamburg (Foto: Christiane Schneider) Zuerst die gute Nachricht: Das Finanzamt für Körperschaf- der VVN-BdA wird nach wie vor ein kommunistisch orien- ten in Berlin hat die Vollziehung der gegen die »Vereinigung tierter Antifaschismus verfolgt. Diese Form des Antifaschis- der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen mus dient nicht nur dem Kampf gegen den Rechtsextremis- und Antifaschisten e.V.« (VVN-BdA) – ergangenen Steuerbe- mus. Vielmehr werden alle nicht marxistischen Systeme scheide ausgesetzt. Das heißt, die VVN-BdA muss die mit dem – also auch die parlamentarische Demokratie – als potenzi- Entzug der Gemeinnützigkeit fälligen Steuernachzahlungen ell faschistisch, zumindest aber als eine Vorstufe zum Faschis- in einem hohen fünfstelligen Bereich zunächst nicht zahlen. mus betrachtet, die es zu bekämpfen gilt.« Diese formelhafte Am Problem jedoch hat sich nichts geändert: Weil sie im Behauptung findet sich 2009 erstmals und seither jährlich bayerischen Verfassungsschutzbericht als »linksextremis- identisch in den bayerischen VS-Berichten, ohne dass auch tisch beeinflusst« geführt wurde, hatte das Berliner Finanz- nur der Versuch einer Begründung unternommen wird. Es sei amt kürzlich der ältesten antifaschistischen Organisation in denn, man akzeptiert die Tatsache, dass die VVN-BdA auch der BRD die Gemeinnützigkeit entzogen und sie damit in ih- mit der DKP oder anderen linken und antifaschistischen Or- rer Existenz bedroht. ganisationen genannt wird, die der VS als »linksextremis- tisch« listet, als Beleg für die steile Behauptung. Nicht die VVN-BdA ist das Problem, sondern der Verfassungsschutz … Zahlreicher Protest Der bayerische Verfassungsschutz (VS) ist derzeit der ein- Die Entscheidung, der VVN-BdA die Gemeinnützigkeit zu zige, der die VVN-BdA noch im jährlichen Bericht erwähnt. entziehen, rief zahlreichen Protest hervor. Binnen kürzester Es lohnt sich, den kurzen Passus dort einmal anzusehen: »In Zeit verzeichnete die Organisation einen Zuwachs von 1.300 Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 3 neuen Mitgliedern. Die Diskreditierung und Stigmatisierung Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutz- von Antifaschismus und die Tatsache, dass die Entscheidung gesetzes (im Kern: Bestrebungen gegen die FDGO) fördert und eine Organisation traf, die 1947 von Überlebenden der Shoah dem Gedanken der Völkerverständigung nicht zuwiderhan- und des Nazi-Terrors gegründet worden war und in der bis delt. Körperschaften, die im Verfassungsschutzbericht des heute noch Überlebende organisiert sind, blieben somit nicht Bundes oder eines Landes als extremistische Organisationen unwidersprochen. Einige meldeten sich öffentlich zu Wort. aufgeführt sind, müssen, um weiter gemeinnützig zu bleiben, Die Hamburger Überlebende des Holocaust Esther Beja- beweisen, dass sie nicht »extremistisch« sind. Es findet also rano schrieb in einem weithin bekannt gewordenen Brief an eine Beweislastumkehr statt. den (fachlich zuständigen) Bundesfinanzminister Olaf Scholz: Zuvor war bereits Attac und Campact die Gemeinnützig- »Die Arbeit der Antifa, die Arbeit antifaschistischer Vereini- keit entzogen worden. Hier ging es um eine andere Frage, gungen ist heute – immer noch – bitter nötig. Für uns Über- nämlich darum, ob politische Zwecke verfolgt werden, die ge- lebende ist es unerträglich, wenn heute wieder Naziparolen mäß § 52 Abgabenordnung nicht als gemeinnützig anerkannt gebrüllt, wenn jüdische Menschen und Synagogen angegrif- werden. Hier wurde also die politische Arbeit der Organisa- fen werden, wenn Menschen durch die Straßen gejagt und tionen als Grund für den Entzug der Gemeinnützigkeit her- bedroht werden, wenn Todeslisten kursieren und extreme angezogen. Der Entzug der Gemeinnützigkeit bedeutet jeden- Rechte nicht mal mehr vor Angriffen gegen Vertreter des falls für alle betroffenen Organisationen, dass die Spenden, Staates zurückschrecken. (…) Das Haus brennt – und Sie sper- von denen sie ihre Arbeit finanzieren, einzubrechen drohen. ren die Feuerwehr aus!, wollen der größten und ältesten an- Es dürfte jedenfalls klar sein, dass die Abgabenordnung tifaschistischen Vereinigung im Land die Arbeit unmöglich verändert werden muss, und zwar im Sinne der Stärkung machen.« der Zivilgesellschaft und des zivilgesellschaftlichen Engage- Günter Papenheimer, Vorsitzender der Lagerarbeitsge- ments. Das ist eine Aufgabe, die auf Bundesebene gelöst wer- meinschaft Buchenwald-Dora, dessen Vater einer der Grün- den muss. Dazu bereitet die Bundestagsfraktion der LINKEN der der SPD war und in den 1930er Jahren von den Nazis bru- einen Antrag vor, und auch der SPD-Parteitag befasste sich tal ermordet wurde, kritisiert: »… ich muss feststellen, dass mit notwendigen Änderungen in Sachen Gemeinnützigkeit. wohlklingende Forderungen in deutschen Politikerreden, die Auf Hamburg-Ebene hat die Linksfraktion einen Antrag offen sichtbare Rechtsentwicklung zurückdrängen zu müs- ausgearbeitet, mit dem der Senat aufgefordert werden soll, sen, nicht glaubhaft sind, wenn zugleich zivilgesellschaftliche sich im Bundesrat für die Streichung von § 51 Abs. 3 Satz 2 Kräfte, wie sie in VVN-BdA, bei attac oder campact agieren, in AO einzusetzen, aufgrund dessen sich die Finanzämter hin- finanzielle Fesseln gelegt werden. Es kann Ihnen, Herr Minis- sichtlich der Gemeinnützigkeit auf Verfassungsschutzbe- ter (Scholz, C.S.), nicht verborgen geblieben sein, wie immer richte berufen können. Auf Landesebene gibt es rechtlich nur dreister, frecher, anmaßender, gewaltsamer und öffentlich- sehr beschränkte Möglichkeiten. Immerhin kann und soll keitswirksamer rechtsextremistische Kräfte handeln! Unter der Senat aber darauf hinwirken, dass die Vermutung verfas- diesen Bedingungen zielgerichtet Gegenbewegungen auszu- sungsfeindlicher Bestrebungen nicht ausgelöst wird, soweit schalten, ist nicht nur grob fahrlässig, sondern höchst gefähr- eine Organisation in den VS-Berichten nicht ausdrücklich als lich.« »extremistisch« aufgeführt wird. Schließlich soll er sich im Auch aus antifaschistischen Organisationen in Europa kam Bundesrat auch für eine Änderung des § 52 AO einzusetzen: heftige Kritik. Der Vorstandsvorsitzende der »Vereinigung Hier sollte es darum gehen, dass die Mitwirkung von gemein- der Jüdischen Kombattantinnen und Kombattanten und Ge- nützigen Vereinen an politischer Willensbildung durch Be- schädigten des Zweiten Weltkrieges«, Marian Kalwary, etwa förderung des politischen Engagements gemeinnützig ist. Zu schrieb: »Ich bin beunruhigt und bestürzt darüber, dass die klären wäre dann nur, wie diese Mitwirkung durch gemein- VVN-BdA des Gemeinnützigkeitsstatus beraubt wurde, die nützige Vereine von den entsprechenden Zwecken nicht ge- für uns, Überlebende der planmäßigen Vernichtung der Ju- meinnütziger Parteien abzugrenzen ist, denn schließlich geht den und ihre Nachkommen, seit Jahren ein wichtiger Partner es nicht darum, dass Parteien die strengen Regelungen des ist in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Demo- Parteiengesetzes umgehen können. Wie es derzeit aussieht, kraten in Europa, bei Bildungsmaßnahmen zur Bewahrung wird unser Antrag zur Beratung in den Haushaltsausschuss der Erinnerung an NS-Verbrechen, ein Verbündeter im Kampf überwiesen. gegen Neonazismus, Antiziganismus und Antisemitismus und Als weitere Lektüre zu dem skandalösen Vorfall empfehlen einen wichtigen Partner in den Bemühungen zur Übernahme wir bezogen auf Hamburg einerseits den Offenen Brief von der Verantwortung für die von der deutschen Gesellschaft be- Esther Bejarano an Bundesfinanzminister Olaf Scholz vom 26. gangenen Nazi-Verbrechen darstellt.« November (https://vvn-bda.de/offener-brief-von-esther-beja- rano-an-olaf-scholz-das-haus-brennt-und-sie-sperren-die-feu- … und die Abgabenordnung erwehr-aus/) sowie das Protestschreiben der Hamburger Ge- Das andere Problem ist die Abgabenordnung (AO), im Fall der schichtswerkstätten an dieselbe Adresse vom 30. November VVN-BdA § 51 Abs. 3 AO. Dieser Paragraf setzt für eine Steu- (www.gw-stgeorg.de/media/2020_Erklaerung_VVN-BdA.pdf). ervergünstigung voraus, dass die Körperschaft nach ihrer Satzung und bei ihrer tatsächlichen Geschäftsführung keine Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 4 VVN auf der Demo #Unteilbar, Dresden, 24.8.2019, vorne rechts Cornelia Kerth (Foto: C. Schneider) Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der VVN-BdA, vom 13.12.2019 Es ist fast unglaublich, wieviel Solidarität die VVN-BdA in den letzten Wochen erfahren hat. Öffentliche Stel- lungnahmen vom Internationalen Auschwitz-Komitee und der Fédération Internationale de Résistants bis zu Hausbesetzergruppen, von lokalen Geschichtswerkstätten bis zum bundesweiten Zusammenschluss sämt- licher Gedenkstätten, von Gewerkschaften und Parteien und noch vielen, vielen anderen. Jede einzelne dieser Stellungnahmen macht uns Mut und erhöht den Druck auf die Handelnden in Sachen Gemeinnützigkeit. Wir haben inzwischen 1.300 neue Mitglieder gewonnen, die wir erst nach und nach willkommen heißen kön- nen und die sicher ebenso wie die große Spendenbereitschaft dazu beitragen werden, dass wir unsere Aktivi- täten gegen das Vergessen und die Rechtsentwicklung in der Zukunft verstärkt fortführen können. Wir freuen uns über diese eindeutige Antwort auf diesen Angriff, der – so haben es offensichtlich viele verstanden – nicht nur uns gilt, sondern der sich gegen die erstarkenden sozialen Bewegungen im Allgemeinen (attac, Campact ...) und antifaschistische Interventionen im Besonderen richtet. Danke allen, die dazu beitragen. Da das Finanzamt in der Sache noch nicht entschieden und uns auch mitgeteilt hat, dass es in diesem Jahr nicht mehr zu einem Gesprächstermin kommen wird, sind weiter Aufmerksamkeit und Mobilisierung erforder- lich, auch weitere Unterschriften unter die Petition. Weitere Information und Möglichkeit zur Solidarität gibt es unter folgenden Links: https://vvn-bda.de/finanzamt-raeumt-unbillige-haerte-gegen-vvn-bda-ein/ https://vvn-bda.de/1-000-neue-mitglieder-fuer-die-vvn-bda/ www.openpetition.de/petition/online/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 5 AfD im Rathaus: Angriff auf die Gesellschaft Von Christiane Schneider Protest des Deutschen Schauspielhauses gegen eine AfD-Kundgebung im Dezember 2016 (Foto: Christiane Schneider) Den hier veröffentlichten Artikel habe ich als Gastbeitrag für bürgerlich-konservative Partei« sei (z.B. »Hamburger Abend- den neuen Blog »AfD-Watch Hamburg« geschrieben. »Wir wol- blatt«, 20.8.2019). Tatsächlich versucht die Fraktion, sich den len«, sagte für das Hamburger Bündnis gegen Rechts Corne- Anstrich des »Moderaten« zu geben. Ein Höcke-Kurs würde lia Kerth auf der Pressekonferenz am 25. September 2019, ihr in Hamburg eher schaden, und die Provokationen und »damit einen weiteren Beitrag leisten, die ›rote Linie‹, die im krawalligen Auftritte, die man von den AfD-Abgeordneten politischen Kurs einer demokratischen, offenen und pluralen im Bundestag kennt, kämen hier eher schlecht an und sind Gesellschaft notwendig ist, hochzuhalten und deutlich zu ma- deshalb bisher vergleichsweise selten. Ab und zu versuchen chen, wie massiv sie von der AfD überschritten wird.« AfD-Abgeordnete der zweiten Reihe sogar, in Bürgerschafts- Nicht nur im kommenden Wahlkampf ist das Projekt AfD- debatten Argumente vorzubringen. Aber das soll nicht dar- Watch Hamburg eine wichtige Unterstützung für alle, die sich über hinwegtäuschen, dass es der AfD darum nicht geht. Im mit der AfD politisch auseinandersetzen und der Rechtsent- Übrigen leugnen Nockemann und Wolf, die beiden Frakti- wicklung entgegentreten oder auch sich Angriffen der AfD onsvorsitzenden, die unübersehbare Rechtsentwicklung der erwehren müssen. Auch für Journalistinnen und Journalis- AfD nur, sie kritisieren sie nicht. Kritik an und Auseinander- ten und andere Menschen, die sich über das Treiben die AfD setzung mit den Rechtsaußen Höcke oder Kalbitz oder auch informieren wollen, dürfte AfD-Watch eine unverzichtbare Meuthen und nicht zuletzt Gauland, der wie kein anderer in Quelle werden. kalkulierten Vorstößen (»Vogelschiss«, »Entsorgung«, »Macht- www.afd-watch-hamburg.org ergreifung«) die Grenzen des Sagbaren verschiebt, wurden afd-watch-hamburg@riseup.net nicht bekannt. twitter.com/afdwatchhamburg Wie die AfD für den »Kampf der Kulturen« mobilisiert Der AfD-Fraktion hing vor allem in ihren ersten Jahren in der Die AfD-Abgeordneten, das lässt sich nach viereinhalb Jahren Bürgerschaft, manchmal aber noch bis heute, der Ruf an, vor ihrer Anwesenheit in der Bürgerschaft sagen, halten ihre Re- allem eines zu sein: faul, inkompetent, ideenlos. Wäre das die den nicht für die Auseinandersetzung im Parlament. Ihre bei- Hauptkritik, dann bedürfte es dieses Portals nicht. Richtig ist, den Fraktionsvorsitzenden nutzen das Parlament zur Selbst- dass sich die AfD lange Zeit an sachlicher Arbeit selten be- inszenierung und als Bühne, um Themen zu platzieren und teiligt; dass ihre Abgeordneten in Ausschusssitzungen durch Schlagworte in die Welt zu setzen. Sie halten ihre Reden, Schweigen und Interesselosigkeit auffielen. Das ist überwie- um sie im Internet zu veröffentlichen und so ihre Anhänger- gend bis heute so. schaft einzuschwören und zu mobilisieren. Deshalb bleibt die Seit einiger Zeit betont die Hamburger AfD-Fraktion bei je- AfD in der Bürgerschaft auch unbeeindruckt von Argumen- der sich bietenden Gelegenheit, dass die AfD eine »im Kern ten jeder Art. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 6 Vor allem die sozialen Medien sind ein wichtiges Forum, ner Rede vor tobendem Publikum im Großen Festsaal des auf dem die AfD aktiv ist wie keine andere Bürgerschafts- Rathauses deutlich gemacht (https://www.youtube.com/ fraktion. Hier erreicht sie ihre Anhängerschaft, hier setzt sie watch?v=VHwDJ8TQzQs). auch Themen. Hier bedient sie das Ressentiment, das vor Bei der Veranstaltung ging es um »arabische Clans« und Jahren noch vor allem am Stammtisch gepflegt wurde, und den »Kampf der Kulturen«. Erst einmal begrüßte Baumann verhilft ihm zu Öffentlichkeit. Jedes Liken, jedes Teilen, je- herzlich »all die Alten Kämpfer« (Min. 1:00) und knüpfte da- der Hasskommentar bestätigt, vervielfältigt und bestärkt es. mit beiläufig an eine Nazi-Tradition an (»Alte Kämpfer« wur- Selbst unverhüllte Vergewaltigungs- und Tötungsphantasien den die Nazis genannt, die vor 1933 in die NSDAP eingetreten bleiben auf der Facebook-Seite der AfD-Fraktion nicht selten waren). Er versprach: »Wir fangen ja erst an, hier mal aufzu- lange oder sogar für immer unbeanstandet stehen. räumen« (3:38), um dann zu seinem Punkt zu kommen: »zu Was sind ihre Themen und Schlagworte? Ich habe mir ein- einem der »schlimmsten Themen: das Hereinbrechen einer mal etwas systematischer die Schriftlichen Kleinen Anfragen ganz anderen, fremden Kultur in Deutschland« (4:39). Über von Dirk Nockemann, Hamburger Partei- und Fraktionsvorsit- 30 Minuten lang widmete er sich der scheinbar überwälti- zender, Law-and-Order-Frontmann, früher Schill-Partei, ange- genden Gefahr von Clans, die mit polizeilichen Mitteln nicht schaut. Ein ganz erheblicher Teil dieser Anfragen kennt nur mehr zu bewältigen sei, zumal die Polizei selbst unterwandert ein Thema: die Markierung von »Migranten«, vor allem mus- sei. Dieser Gefahr sei »Deutschland« durch Merkel und Links- limischen »Migranten«, als kriminell. Kriminalität erscheint grün ausgeliefert worden. Zwar gebe es auch Migranten, die bei Nockemann nahezu ausschließlich als Problem, das sich sich »vernünftig integrieren«, die er aber nur nannte, um »be- zuordnen lässt, nämlich »denen«, die anders sind als »wir«, stimmte Gruppen« als die grundsätzlich Anderen zu markie- fast immer geht es um muslimische »Migranten«. Das ist der ren. Entscheidend sei die Herkunft: Kriminalität sei ethnisch- Sinn von Anfragen wie zum Beispiel »Muslimische« oder »Ara- kulturell bedingt, womit er die unauflösliche Verbindung von bischstämmige Intensivtäter in Hamburg« (Drs. 21/17977 bzw. Herkunft und Kriminalität nahelegte. »Kulturunterschiede 21/17976). In diesen Anfragen geht es weniger um die Proble- können riesig sein, und wir wollen diese Auswüchse einer matik »Intensivtäter«, es geht um Zuschreibung. Es geht nicht fremden Kultur nicht in unserem Heimatland. Das müssen um männlich geprägte Gewalt, sondern um ein angeblich eth- wir nicht dulden, das wollen wir nicht dulden, und das wer- nisch-kulturelles Phänomen. Um Zuschreibung geht es auch den wir auch nicht dulden.« (37:33) Und noch einmal, nach ei- in der Anfrage 21/18082: »Gewaltkriminalität und das soziale nem Ausflug in die politischen Systeme im Mittleren Osten: Klima in Wilhelmsburg«. Dieses »soziale Klima« wird, sugge- »Wir sehen, die Kulturunterschiede können gigantisch sein. riert Nockemann, belastet durch »Übergriffe« und »sexuelle (…) Wir müssen den massiven Angriff orientalischer Großfa- Nötigungen« »überwiegend von Migranten aus Osteuropa, Af- milien auf uns und unseren Rechtsstaat abwehren. Wir müs- rika und dem Mittleren Osten« sowie durch »öffentliche(s) Ze- lebrieren islamischer Rituale«. Auch hier werden Gewalt/Kri- Demonstration der 10.000, darunter viele SchülerInnen, am 5.9.2018 gegen einen Neustart minalität, Migration und Islam verknüpft und als Ursache von Störung identifiziert. der extrem rechten »Merkel-muss-weg«-Kundgebungen (Foto: Christiane Schneider) Kleine Anfragen stehen in der Parlamentsdatenbank und werden in der Regel selten gelesen. Aber nach diesem Muster agiert die AfD-Fraktion auch auf ihrer Facebook-Seite: Hier werden immer wieder mal Polizeimeldungen gepostet oder Artikel aus Boulevardzeitungen oder der Jungen Freiheit, in denen von Gewalt insbesondere gegen Frauen und von »süd- ländischen« oder »dunkelhäutigen« Tatverdächtigen die Rede ist – und zwar ausschließlich solche: Es geht dabei eben nicht um Gewalt, sondern darum, dass Gewalt offensichtlich nur von »den anderen« ausgeübt wird. Was übrigens meist auch impliziert, dass »Dunkelhäutige« oder »Südländer« eben nicht »Deutsche« sein können, jedenfalls nicht wirklich. Und noch fast jedes Mal fordern solche Posts Kommentare heraus, in denen (Massen)-Vergewaltigungen herbeigewünscht werden, die meist gegen Politikerinnen gerichtet sind, die die Rechte sozusagen des Verrats am Deutschtum bezichtigt und als Hassfiguren herauspräpariert. Alles, was in den parlamentarischen Initiativen noch als Spleen einzelner erscheinen mag oder auf Facebook als un- systematische Äußerung, hat jedoch System. Dieses System hat der Hamburger AfD-Bundestagsabgeordnete Bernd Bau- mann auf Einladung der Fraktion am 19. August 2019 in ei- Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 7 sen unsere eigene Kultur bewahren, unsere deutsche und und sie dadurch zu diskreditieren.« (https://starke-meinun- europäische Identität bewahren. Sie sind die Voraussetzun- gen.de/blog/2015/01/05/4606/) gen unserer Freiheit. Wir wollen nicht orientalisiert werden.« Der Hamburger Baumann hat das mit seinem Auftritt im (40:40) Rathaus bestätigt. Die AfD-Bürgerschaftsfraktion bestätigt Hier geht es nicht einfach um eine bestimmte Kategorie das in ständiger Praxis: Sie verbindet in parlamentarischen von Kriminalität, die so genannte Clan-Kriminalität. Hier geht Anfragen, in Facebook-Posts, mit ihrem »Islamspiegel« usw. es um die Instrumentalisierung von Phänomenen von Krimi- Kriminalität und Religion/Kultur, Kriminalität und Herkunft. nalität für den Aufruf zum »Kampf der Kulturen«. Samuel Sie lenkt damit die von realen Entwicklungen unabhängig Huntington, auf den sich Baumann expliziert berief, erklärte existierende Kriminalitätsangst größerer Bevölkerungskreise in seinem Buch »Kampf der Kulturen« (München 1998) das auf die Mühlen antidemokratischer, autoritärer sowie rassis- Zusammenleben verschiedener Kulturen in einem Land für tischer und völkischer Strategien. unmöglich. Genau das hat Baumann thematisiert. Was tun? Die AfD ist für Argumente nicht erreichbar. Sie argumentiert nicht. Deshalb lässt sich bei ihr mit Argumen- Der AfD das Wasser abgraben! ten nichts gewinnen. Dennoch müssen wir ihre Narrative und Strukturell unterscheidet sich der vom Hamburger AfD-Bun- ihre Ziele argumentativ auseinandernehmen, immer wieder destagsabgeordneten Baumann verwendete Begriff der »Ori- neu. Um ihr das Wasser abzugraben: zu verhindern, dass sie entalisierung« (der sich mit dem von der Rechten verwandten weiter mit ihren Schlagworten und Bildern in das Denken Begriff der »Islamisierung« weitgehend überschneidet) nicht und Fühlen eindringt, dass sie die gesellschaftlichen Diskurse vom Begriff der »Verjudung«, der in den 1920er Jahren auf- zunehmend bestimmt, dass sie Terrain gewinnt, neue Felder kam, und der Verdrängung der jüdischen Bürger*innen aus besetzt. Was bedeutet denn: »Wir wollen nicht orientalisiert ihren Berufen, ihren Wohnungen, ihren Geschäften, aus dem werden!« in der Praxis? Die brutale Wahnidee der »Entorien- Kultur- und Bildungswesen usw., aus dem gesamten gesell- talisierung« oder »Entislamisierung« führt in einen Abgrund schaftlichen Leben, was schließlich dem Völkermord an den von Gewalt, Vertreibung, Vernichtung und Selbstzerstörung. europäischen Jüdinnen und Juden den Weg bereitete. Anfang In einer Gesellschaft, in der die Einzelnen voneinander ab- 2017 wies der Journalist Alan Posener in einem Beitrag zu »Is- hängig und aufeinander angewiesen sind wie in keiner Ge- lamisierung als Kampfbegriff« auf eine zweite Funktion des sellschaft zuvor, gibt es keine lebenswerte und lebensfähige Begriffs der »Verjudung« hin: Er diene dazu, die Demokratie Alternative zum demokratischen, friedlichen, gleichberech- als »verjudet« zu diskreditieren. »Der Islamhass dient dazu, tigten Zusammenleben. Dafür stehen wir, und das müssen wir mit der Parole von der ›Islamisierung des Abendlandes‹ der gegen die AfD verteidigen. Demokratie die Kapitulation vor dem Islam zu unterstellen Verfassungsschutzgesetz Hamburg: die Novelle Nathalie Meyer, Referentin bei Christine Schneider, über eine alles andere als harmlose »Harmonisierung« Demo am Tag des Münchener Urteils im NSU-Prozess, 11.7.2018 (Foto: Christiane Schneider) Am Ende der Legislatur kann es dem rot-grünen Senat nicht Tatsächlich gäbe es in Sachen Verfassungsschutz einiges schnell genug gehen. Nachdem er im Schnellverfahren ein zu tun. Denn nach wie vor ist dessen Rolle im Zusammen- neues Polizeigesetz durchgedrückt hat, steht nun auch noch hang mit den rechtsterroristischen Morden der Zwickauer die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes auf der Tagesord- Zelle des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) unzu- nung. reichend aufgeklärt. Das gilt insbesondere für das hambur- Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 8 gische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV), da es in Ham- spielsweise sieht das Bundesrecht vor, dass V-Leute nicht burg, anders als in den übrigen Tatortländern des NSU, bisher angeworben oder eingesetzt werden dürfen, wenn sie »von keinen Untersuchungsausschuss zum Mord am NSU-Opfer der Geld- oder Sachzuwendung für die Tätigkeit auf Dauer ab- Süleyman Taşköprü gab. So ist die Rolle militanter Hambur- hängen würden« (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 BVerfSchG). In Hamburg ger Neonazis im NSU-Netzwerk nicht aufgeklärt und schon soll ein derartiges Abhängigkeitsverhältnis nur dann ein Aus- gar nicht die konkrete Unterstützung beim Mord an Süley- schlusskriterium darstellen, wenn durch diese Abhängigkeit man Taşköprü. Aufgeklärt ist auch nicht, welche Kenntnis zusätzlich Zweifel an der »Nachrichtenehrlichkeit« entstehen. das Hamburger LfV von den Aktivitäten des NSU und seinen So lange die Informationen für den Verfassungsschutz also Verbindungen in die Hamburger Naziszene Kenntnis hatte. weiter nützlich sind, gibt es auch kein Problem, so offensicht- Doch statt sich dieser offenen Fragen endlich anzunehmen, lich die Logik des Senats und des LfV. tut der Senat so, als sei nichts geschehen, und betont die Rolle Der Entwurf verzichtet zudem gänzlich darauf, die Rolle des Verfassungsschutzes als »Frühwarnsystem« der Demokra- von menschlichen Quellen insgesamt zu problematisieren, tie, ganz so, als hätte dieses »Frühwarnsystem« nicht vollstän- obwohl es auch dafür genug Anlass gäbe. Denn spätestens dig versagt. die unermüdliche Arbeit der NebenklagevertreterInnen im Der nun vorgelegte Entwurf hat es in sich: Was als harm- Prozess gegen Beate Zschäpe vor dem Münchener Oberlan- lose Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts verkauft desgericht hat ans Licht gebracht, dass rund um den NSU wird, erweitert die Kompetenzen des LfV enorm. So soll im zahlreiche V-Leute eingesetzt waren, ohne dass die Mordse- LfV zukünftig die so genannte Quellen-Telekommunikations- rie dadurch verhindert werden konnte. Im Gegenteil. Das Ge- überwachung (Quellen-TKÜ) erlaubt sein. Sie dient dazu, ver- heimdienstprinzip »Quellenschutz vor Aufklärung« schützt schlüsselte Kommunikation, beispielsweise durch Messen- Täter und verhindert Aufklärung. Außerdem hat der Einsatz ger-Dienste, überwachen zu können, und erfolgt mittels einer der V-Leute Nazistrukturen in ihrer Arbeit begünstigt, da z.B. heimlich auf das Kommunikationsgerät aufgespielten Soft- der auch im Umfeld des NSU eingesetzte V-Mann Tino Brandt ware, die die Kommunikation vor der Verschlüsselung ab- freimütig einräumte, dass seine finanzielle V-Mann-Entschädi- greift. Die Quellen-TKÜ ist allerdings – obwohl sie bereits bei gung direkt in die thüringischen Nazistrukturen geflossen ist. der hamburgischen Polizei seit 2012 erlaubt ist – eine hoch- Besonders gravierend ist die Erleichterung der Datenwei- umstrittene Maßnahme. Denn das Bundesverfassungsgericht tergabe durch das LfV an andere staatliche und nichtstaatli- hat die Quellen-TKÜ zwar für zulässig erklärt, ihre Anwen- che Stellen, die bisher nur unter hohen Voraussetzungen mög- dung aber an hohe Anforderungen geknüpft. So muss u.a. lich war. Nun soll der das LfV schon dann Daten an private durch die verwendete Software sichergestellt werden, dass Stellen (z.B. ArbeitgeberInnen, Sportvereine) weitergeben nur »laufende« Kommunikation abgegriffen wird und nicht dürfen, wenn dies zum Schutz »von schutzbedürftigen Perso- auf dem Gerät gespeicherte Inhalte ausgelesen werden. Ob nen, insbesondere Minderjährigen, im Zusammenhang mit ih- eine solche Software überhaupt existiert und wie sie eigent- rer Beeinflussbarkeit in gemeinnützigen Organisationen« ge- lich auf dem zu überwachenden Gerät installiert wird, ist völ- boten ist (§ 17 Abs. 1 Nr. 5 HmbVerfSchG-E). Übersetzt heißt lig unklar. das: Die Fußballtrainerin einer Jugendmannschaft, die sich Ferner sieht der Entwurf die Überwachung von Kindern antifaschistisch engagiert und deswegen vom Verfassungs- durch das LfV vor. Bisher lag die Altersgrenze für eine Aus- schutz beobachtet wird, kann zukünftig vom Verfassungs- spähung durch das LfV bei 14 Jahren. Sie wird nun auf zwölf schutz bei ihrem Verein als vermeintliche Verfassungsfeindin Jahre herabgesenkt. Aber auch Kinder zwischen null und geoutet werden. Damit verbunden ist eine erhebliche Stigma- zwölf Jahren sollen überwacht werden können, wenn dies tisierungsgefahr für die Betroffenen, zumal die Einschätzung aus »Gründen des Kindeswohls« erfolgt. Die Überwachung darüber, ab wann eigentlich die Schwelle zur beobachtungs- von Kindern stellt allerdings einen erheblichen Eingriff in die bedürftigen »Verfassungsfeindlichkeit« überschritten ist, der noch in der Entwicklung befindliche Persönlichkeit des Kin- Verfassungsschutz selbst trifft. des dar. Zudem droht aufgrund von ebenfalls mit der Novelle In der Vergangenheit hat sich bereits häufig gezeigt, dass vereinfachten Speicherungsregelungen, dass »Jugendsünden« die Einschätzungen des VS oftmals mehr als zweifelhaft sind. nicht mehr vergessen, sondern langfristig in den Akten des So geriet jüngst z.B. die Antifa Altona Ost ins Fadenkreuz LfV gespeichert werden. des LfV. Sie engagiert sich laut Selbstbeschreibung für die Neuregelungen sind auch für das Abwerben und den Ein- »Verteidigung des multikulturellen Anspruchs Altonas«. Der satz von so genannten V-Leuten vorgesehen. V-Leute sind Pri- Verfassungsschutz klassifiziert sie als »linksextremistisch« vatpersonen aus der jeweiligen beobachteten Szene, die dem und damit als verfassungsfeindliches Beobachtungsobjekt. Verfassungsschutz interne Informationen zukommen lassen, Die Begründung: Man habe zwar keine Erkenntnisse da- in der Regel gegen Geldleistungen oder die Gewährung ande- für, dass die Gruppe gewaltbereit sei, bei antifaschistischen rer Vorteile. Bisher gab es keine gesetzlich verankerten Vo- Gruppen sei Gewalt gegen Rechte aber allgemein akzeptiert raussetzungen dafür, wer als V-Mensch eingesetzt werden (Drs. 21/16417). Erschwerend kommt hinzu, dass die Infor- darf. Der neue Entwurf sieht nun zwar Kriterien (z.B. die Voll- mationen des Verfassungsschutzes kaum überprüfbar und jährigkeit) vor, bleibt dabei aber hinter vergleichbaren Rege- damit auch kaum widerlegbar sind, da konkrete Informatio lungen, u.a. im Bundesverfassungsschutzgesetz, zurück. Bei- nen sowohl den Betroffenen als auch der Öffentlichkeit mit Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 9 der Begründung des Quellenschutzes vorenthalten werden. das aus gutem Grund: Aufgrund der Erfahrungen mit der Ge- Die betroffene Person soll zwei Wochen vor der geplanten Of- stapo als politischer Geheimschutzpolizei während des NS- fenlegung über diese informiert werden. Zweck dieser Infor- Regimes sieht das heutige System eine strikte Trennung von mation ist es, u.a. der betroffenen Personen die Möglichkeit Polizei und Geheimdiensten vor (»Trennungsgebot«) – zumin- zu geben, sich »aus der Einrichtung oder Organisation zurück- dest bis zur Verabschiedung des Gesetzesentwurfs. zuziehen und dadurch eine Offenlegung zu verhindern« (Drs. Es zeigt sich also deutlich: Trotz der systematischen Ver- 21/18578, S. 5). Neben der konkreten Auswirkungen, die die strickung des Verfassungsschutzes in die rechtsterroristi- Offenlegung auf das Leben der/des Betroffenen haben kann, schen Morde der Zwickauer Zelle des NSU und trotz einer wird damit für den Verfassungsschutz eine quasi-exekutive, generellen Kritik an den Arbeits- und Funktionsweisen des zweckwidrige Befugnis normiert. Denn die gesetzlich nor- Verfassungsschutzes als Inlandsgeheimdienst wird er ge- mierte Aufgabe des Verfassungsschutzes ist die Sammlung stärkt und ausgebaut, statt abgeschafft oder zumindest be- und Auswertung von Informationen. Exekutivbefugnisse grenzt und verstärkter Kontrolle unterworfen zu werden. standen dem Verfassungsschutz hingegen bisher nicht zu und Engagement – vor Ort und hamburgweit Heike Sudmanns Bewerbung für eine Kandidatur im Bürgerschaftswahlkreis 1 Foto: Michael Joho Der »BürgerInnenbrief« (BB) ist 2008 von Joachim Bischoff be- kehrsinitiativen. 1993-2001 Bürgerschaftsabgeordnete (erst gründet worden. Er hatte ein (Direkt-) Mandat für DIE LINKE GAL und dann REGENBOGEN), ab 2008 Unterstützung für DIE im Wahlkreis 1 Hamburg-Mitte errungen und über den BB LINKE (Aufbau LAG Wohnen, Deputation, ...), seit 2011 Bür- gerade auch die Interessierten seines Wahlkreises informie- gerschaftsabgeordnete. ren wollen. 2011 kam als Mitherausgeberin Heike Sudmann dazu, die nach Joachims gesundheitsbedingtem Ausschei- Liebe Genossinnen, liebe Genossen, den aus der Bürgerschaft Ende des Jahres Tim Golke – sei- seit Jahren bin ich in allen Stadtteilen des Wahlkreises 1 un- nen Nachrücker – an ihrer Seite hatte. 2015 rückte Christiane terwegs und arbeite dort mit den verschiedensten Initiativen Schneider wiederum über den Wahlkreis 1 in die Hamburgi- zusammen. Da Christiane Schneider leider nicht wieder an- sche Bürgerschaft ein. Sie wird zum Ende der Legislaturpe- tritt, möchte ich gerne den Wahlkreis 1 auch offiziell in der riode im Februar 2020 – nach elf Jahren engagierter Arbeit Hamburgischen Bürgerschaft vertreten. Deshalb bewerbe ich im Landesparlament – nicht mehr zur Wahl antreten. Auf ei- mich für einen Platz auf der Wahlkreisliste. ner Versammlung am 30. Oktober wurde nun Heike Sudmann Wie sich die Gesellschaft spaltet, zeigt sich im Bezirk Mitte als Spitzenkandidatin der LINKEN im Wahlkreis 1 nominiert. sehr deutlich. Waren zum Beispiel St. Georg und St. Pauli vor Und so wahrt der BB in gewisser Hinsicht die Kontinuität, auf etlichen Jahren noch »Schmuddelstadtteile«, stehen sie jetzt den Bezirk Mitte ein besonderes Augenmerk zu richten. Wir ganz oben. Ganz oben vor allem bei denjenigen, die in »Beton- dokumentieren nachfolgend die Bewerbung von Heike Sud- gold« investieren, für die die Wohnungen reine Kapitalanla- mann für ihre Kandidatur im Wahlkreis 1. geobjekte sind. Explodierende Mieten und Verdrängung der früheren Bewohner_innen sind die Folgen. DIE LINKE Ham- Zu meiner Person burg kämpft seit ihrer Gründung gegen den Mietenwahnsinn, 57 Jahre, Ausbildung und Arbeit in der Verwaltung, zuletzt gegen die Profite mit der Miete. Seit 2011 streite ich in der Personalratsvorsitzende. Zwischendurch Studium der Stadt- Bürgerschaft für leistbare Wohnungen, gegen den Ausver- planung. Seit den 80er Jahren aktiv in Gewerkschaft und Ver- kauf und die Privatisierung der Stadt und ihrer Grundstü- Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 10 cke. Das Parlament habe ich genutzt und will ich mit eurer Weshalb Wahlkreis 1? Zustimmung weiter nutzen für die Unterstützung der Ausge- Als ich vor knapp fünf Jahren umgezogen bin, haben mich grenzten, der Engagierten, der Widerständigen und der Ini- meine neuen Nachbar_innen auf St. Pauli willkommen gehei- tiativen vor Ort: Ob ESSO-Häuser, Schiller-Oper, Paulihaus, ßen. Das war sehr nett, aber geografisch falsch: Ich wohne Feldstraßen-Bunker, Mieter_innen-Genossenschaft im Karo- 100 Meter von der Bezirks- und Wahlkreisgrenze entfernt. viertel, Stintfang-Bebauung, Einkaufszentrum Überseequar- Das hat mich jedoch nie an der intensiven Arbeit im Wahl- tier, Altstadt für Alle, City-Hof, Busbeschleunigung St. Ge- kreis 1 gehindert. Rechtlich ist eine Wahlkreiskandidatur un- org, Hansaplatz, Münzviertel, Freibad Aschberg, Rettet Horn abhängig vom Wohnort möglich. oder Antifa, Antira, Recht auf Stadt, Verkehrs- und Umwelt- Neben der Zusammenarbeit mit den Initiativen vor Ort ist inis und andere hamburgweite Bündnisse, sie alle streiten für die besondere Bindung an den und in dem Wahlkreis auch eine Stadt, die nicht von der Rendite und Ausgrenzung be- durch den BürgerInnenbrief entstanden. Dieser Newsletter stimmt wird, sondern von den Menschen, die in den Stadttei- für den Wahlkreis wurde von Joachim Bischoff und Michael len leben – und wohnen bleiben wollen. Die Zusammenarbeit Joho 2008 eingeführt. Seit 2011 bin ich Mitherausgeberin, mit den Inis ist zwar arbeitsintensiv, aber auch befruchtend, derzeit zusammen mit Christiane Schneider. In weit über 100 bringt neue Ideen für alle Beteiligten. Mit vielen Menschen Ausgaben haben wir Themen aus dem Wahlkreis sowie allge- innerhalb und außerhalb der Partei, innerhalb und außerhalb meinpolitische Themen aufgegriffen und kritisch beleuchtet. der Bezirksversammlung und der Bürgerschaft für eine an- Kämpferische Grüße! dere Gesellschaft zu kämpfen, das will ich gerne weiterhin mit euch und mit eurer Unterstützung. Dafür stelle ich mich euch zur Wahl. Mietenspiegel: Alles andere als beruhigend Presseerklärung der Linksfraktion vom 26. November Foto: Michael Joho Die Nettokaltmieten in Hamburg sind in den letzten zwei Jah- Euro/qm (23,9% der 550.000 mietenspiegelrelevanten Woh- ren durchschnittlich um 2,6 Prozent angestiegen, in guten nungen = 131.000, plus 80.000 vorhandene Sozialwohnun- Wohnlagen teils um vier, bei etlichen Altbauten um fünf Pro- gen). Eine Ursache liege darin, dass nur ein Viertel der 55.400 zent. Zum Stichtag 1. April 2019 liegen die Mieten nunmehr Neubauwohnungen seit 2011 echte Sozialwohnungen sind, durchschnittlich bei 8,66 Euro pro Quadratmeter. so Sudmann (vgl. Drs. 21/16363, Anlage 1). Damit sei der Be- »›Nur‹ 2,6 Prozent plus auf eh schon hohe Mieten? Das ist stand an Sozialwohnungen auf einen historischen Tiefstand doch für Menschen mit mittleren oder geringen Einkommen gesunken, Tendenz weiter fallend. absolut nicht beruhigend«, erklärt die wohnungspolitische »Das Versprechen des Senats, er würde mit seinem gro- Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen ßen Neubauprogramm den Mietenwahnsinn beenden, wird Bürgerschaft, Heike Sudmann. »Allein in der Zeit der SPD-Re- Lügen gestraft«, kritisiert Sudmann. »Hamburg braucht einen gierung, also von 2011 bis 2019, sind die Mieten in Hamburg Mietendeckel, damit die Mieter_innen nicht weiter belastet, um 21,1 Prozent gestiegen, während die Inflation in diesem sondern entlastet werden. Im Neubau brauchen wir mindes- Zeitraum nur 13,1 Prozent betrug.« Die Zahlen des Senats be- tens zur Hälfte öffentlich geförderte Wohnungen. Schließlich legen auch, dass es viel zu wenige günstige Wohnungen gibt: hat auch die Hälfte der Hamburger Haushalte so wenig Ein- 368.000 Haushalte könnten einen §5-Schein beanspruchen, kommen, dass sie eine geförderte Wohnung beanspruchen es gibt aber nur 211.000 Wohnungen zur Sozialmiete von 6,60 könnte.« Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 11 Wohnungsnot und Mietenwahnsinn Heike Sudmann zur neuen wohnungspolitischen Broschüre der Linksfraktion Aktion der Linksfraktion am Tag der Verkündung des neuen Mietenspiegels am 26.11.2019 (Foto: Florian Kasiske) Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft hat den? Was nützt das Schlagwort vom »Drittelmix«, wenn beim Anfang November eine neue Broschüre zu Wohnungsnot und Neubau gerade mal etwas mehr als 25% Sozialwohnungen Mietenwahnsinn in Hamburg vorgelegt. Auf 64 Seiten wird entstehen – obwohl 40% der Hamburger Haushalte eigentlich Bilanz gezogen über die Wohnungspolitik vor allem seit 2011, eine bräuchten? Fühlt sich der Mietenwahnsinn für die Mie- als Olaf Scholz Erster Bürgermeister wurde und die SPD die ter_innen besser an, wenn die Senatorin bei der Vorstellung Federführung in der Stadtentwicklungsbehörde übernahm. des Mietenspiegels von einer »dynamischen Entwicklung auf Die Broschüre ist über www.linksfraktion-hamburg.de/neue- dem Mietwohnungsmarkt« spricht? Mit solchen Begrifflich- broschuere-wohnungspolitik/ herunterzuladen oder bei der keiten, mit der Schönrederei insgesamt soll in der vorliegen- Bürgerschaftsfraktion zu beziehen. Wir dokumentieren nach- den Broschüre abgerechnet werden. DIE LINKE hat schon vor folgend das Vorwort von Heike Sudmann. ihrer Wahl in die Hamburgische Bürgerschaft im Jahr 2008 die Wohnungsnot zum Thema gemacht. Als Fraktion streitet Zu wenige Wohnungen, zu hohe Mieten: Diese Probleme sind sie bis zum heutigen Tage nicht neu, schon gar nicht in Hamburg. Einen angespannten mit allen parlamentarischen Wohnungsmarkt gab es in Hamburg auch in früheren Jahr- Mitteln – und außerhalb des zehnten, als die Nachfrage höher war als das Angebot. Nach Parlaments – für eine andere einer Zeit der Entspannung hat sich jedoch die Situation in Wohnungs- und Mietenpoli- den letzten Jahren dramatisch zugespitzt. Lange Schlangen tik. Seit Beginn der SPD-ge- bei Wohnungsbesichtigungen, unverschämte Mieterhöhun- führten Regierung im Jahr gen, Zukunftsängste in breiten Bevölkerungsschichten sind 2011 werden wir mit Erfolgs- deutliche Belege einer Misere, die immer mehr Menschen be- meldungen über Neubau- trifft – und einer verfehlten Wohnungspolitik des Hambur- zahlen überhäuft. In dieser ger Senats. Wohnungsmangel und Mietenexplosion gehören Broschüre werfen wir ei- zur Lebensrealität der meisten Hamburger_innen. Doch die nen Blick hinter diese Zah- private Wohnungswirtschaft und der Senat leugnen die Prob- len und fragen: Hat sich seit leme regelmäßig und reden die Lage schön. Nirgends würde 2011 die Wohnungsnot ver- so viel gebaut werden wie in Hamburg, in Berlin und Mün- ringert, sind die Schlangen chen würden die Mieten noch schneller ansteigen. Doch die kürzer geworden? Nein, das sind sie nicht. Konnte in den letz- Feststellung »woanders ist es noch schlimmer«, so die ironi- ten acht Jahren der Mietenwahnsinn erfolgreich bekämpft, sche Überschrift eines »ZEIT«-Artikels über die Hamburger das Portemonnaie diesbezüglich entlastet werden? Nein, die Wohnungspolitik,1 hilft weder den Betroffenen, noch ist sie Mieten steigen weiterhin exorbitant an. Zweimal NEIN also zu ein Qualitätsmerkmal für eine an den Interessen der Bürger_ einer Wohnungspolitik des Senats, die hier der kritischen Be- innen orientierte Wohnungs- und Mietenpolitik. Was hilft es trachtung unterzogen wird. den vielen Wohnungssuchenden mit geringem Haushaltsein- kommen, wenn überwiegend teure Wohnungen gebaut wer- 1 Die Zeit Hamburg, 30.10.2019. Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sudmann/Schneider, Fraktion DIE LINKE. in der Hamburgischen Bürgerschaft | BürgerInnenbrief 17.12.2019 Seite 12 *** dokumentieren hier – sozusagen exklusiv – eine Tabelle aus Da der Redaktionsschluss für die wohnungspolitische Bro- der neuen Broschüre (S. 17), ergänzt um die neuen Daten von schüre bereits Anfang November war, konnte der erst Ende Ende November 2019. des Monats vorgelegte neue Mietenspiegel keine Berücksich- So gesehen sind die Mieten in den vergangenen acht Jah- tigung mehr finden. Wie oben angeführt, ist die Durchschnitts- ren tatsächlich explodiert, u.a. mit dem Ergebnis, dass die miete laut Mietenspiegel 2019 gegenüber 2017 »nur« um 2,6% Wohnkosten absolut und insbesondere auch ihr Anteil am gestiegen, also deutlich weniger stark als in den Jahren zu- monatlichen Haushaltseinkommen in den vergangenen Jah- vor. Genau deswegen lohnt sich der Blick auf die Mietenent- ren Schritt für Schritt angewachsen ist. Doch dazu mehr in wicklung seit der Senatsübernahme durch die SPD 2011. Wir der neuen Broschüre. Durchschnittliche Nettokaltmieten in Hamburg laut Mietenspiegeln 2011 bis 2019* Mietenspiegel Durchschnittliche ortsübliche Prozentuale Erhöhung gegenüber Zum Vergleich: Inflationsrate Vergleichsmiete laut Mietenspiegel dem Mietenspiegel 2 Jahre zuvor 2011 7,15 € 5,8% 2010-2011: 3,2% 2013 7,56 € 5,7% 2012-2013: 3,5% 2015 8,02 € 6,1% 2014-2015: 1,2% 2017 8,44 € 5,2% 2016-2017: 2,2% 2019 8,66 € 2,6% 2018-2019: 3,33% 2011–2019 plus 1,51 € plus 21,1% plus 13,1% * Zahlen aus den jeweiligen Mietenspiegeln. Inflationsraten laut Angaben unter: www.finanz-tools.de/inflation/inflationsraten-deutschland. Summen = eigene Berechnungen. Verkehrsmeldungen Von Heike Sudmann U-Bahnhof Baumwall 17.4.2013 (Foto: NordNord- West/Wikipedia, CC-BY-SA-3.0-DE) Mittlerweile stauen sich die Aussagen und Versprechungen her Unmögliches doch möglich. SPD, GRÜNE und auch die der Parteien zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). CDU fordern z.B. für bestimmte Personengruppen 365-Euro- Neben den vielen avisierten Planungen von teuren (und nicht Jahrestickets. Ganz aktuell entdecken die GRÜNEN die Fami- finanzierten) U- und S-Bahnbauten (Verlängerung U4 Horner lien und wollen für sie die Preise senken, wenn ein Kind da- Geest, neue U5 von Bramfeld bis zum Osdorfer Born, S32 von bei ist. Um wieviel, bleibt ebenso unklar wie die Antwort auf Holstenstraße zu den Arenen) geht es endlich auch mal um die Frage, weshalb der HVV nicht für alle kostengünstiger die HVV-Preise. Endlich schreibe ich deswegen, weil jahre- werden soll. lang alle unsere Forderungen nach Preissenkungen abge- Wir LINKEN werden nicht aufhören mit unserer Forde- lehnt wurden. Das 365-Euro-Jahresticket nach Wiener Vor- rung nach einem zweistufigen Senken der Fahrpreise: zu- bild, die kostenfreie Fahrt für SchülerInnen, StudentInnen, erst das 365-Euro-Ticket, dann die kostenfreie Nutzung des Azubis und Menschen in der Grundsicherung würden nichts HVV bis 2025 für alle. Der ÖPNV als Daseinsvorsorge ist eben bringen und nur den Kostendeckungsgrad der Verkehrsun- nicht von den Fahrgästen zu finanzieren – die übrigens in den ternehmen senken. meisten Fällen durch ihre Steuerabgaben auch den Bau und Doch etliche Klimadebatten später und mit dem Nahen die Instandhaltung der Straßen schon bezahlen. des Bürgerschaftswahltermins am 23. Februar 2020 wird bis- Heike Sudmann (Tel. 040 / 42831 2250 | heike.sudmann@linksfraktion-hamburg.de) | Christiane Schneider (0160 944 74 677 | christiane.schneider@linksfraktion-hamburg.de) | Mitglieder der Hamburgischen Bürgerschaft | Rathausmarkt 1 | 20095 Hamburg
Sie können auch lesen