Bad Lippspringe (LK Paderborn) - City Outlet Centers
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STANDORTANALYSE UND NUTZUNGSGROBKONZEPT 06. Juli 2020 Standortanalyse mit Nutzungsgrobkonzept zur möglichen Realisierung eines City Outlet Centers als Maßnahme zur nachhaltigen Belebung der Innenstadt von Bad Lippspringe (LK Paderborn) ecostra-Untersuchung im Auftrag der Stadt Bad Lippspringe Märkte verstehen | Risiken bewerten | Chancen erkennen
Vorbemerkung Die heilklimatische Kurstadt Bad Lippspringe liegt nordöstlich der Kreisstadt Paderborn am Rande des Teutoburger Waldes und hat derzeit etwa 16.000 Einwohner. Vier öf- fentlich zugängliche Heilquellen und damit zusammenhängende Kureinrichtungen sowie weitläufige Parkanalagen prägen das Bild der Stadt, die im Jahr 2017 auch die Landes- gartenschau von Nordrhein-Westfalen ausrichtete. Über die Bundesstraße B1 und die nur wenige Kilometer entfernte Autobahnanschlussstelle an die A33 Paderborn-Elsen ist Bad Lippspringe auch gut an das Fernstraßennetz angebunden. Aufgrund der Gesundheitsreform, der Krise des Kurwesens und dem daraus folgenden starken Rückgang des Kurgastaufkommens, aber ebenso auch aufgrund von Marktent- wicklungen im Einzelhandel haben sich in der Innenstadt von Bad Lippspringe an ver- schiedenen Stellen weitere Verdichtungen von Ladenleerständen ergeben, welche die Aufenthaltsqualität entsprechend beeinträchtigen und sich auch negativ auf das Umfeld auswirken. Für die absehbare Zukunft ist eine weitere Zunahme dieser Ladenleerstände zu erwarten, sodass aus stadtentwicklungspolitischer Sicht Maßnahmen zur Stabilisie- rung der Situation bzw. zur Einleitung einer Trendumkehr geboten sind. In diesem Zusammenhang bestehen nunmehr Überlegungen, in Anlehnung an das Bei- spiel von Bad Münstereifel (LK Euskirchen) ein sog. „City Outlet-Konzept“ zu realisieren, wobei ein solches Konzept speziell auf die konkrete Situation der Stadt Bad Lippspringe anzupassen wäre. Als Grundlage für die anstehenden Entscheidungen wurde ecostra von der Stadt Bad Lippspringe am 05.03.2020 mit der Erstellung einer Standortanalyse sowie eines Nut- zungsgrobkonzeptes für ein City Outlet Center beauftragt. Diese Analyse wird insbeson- dere folgende Punkte behandeln: Darstellung des aktuellen Sachstandes und der bisherigen Erfahrungen bei der Rea- lisierung von City Outlet-Konzepten (u.a. Standortanforderungen, Vergleichsstand- orte, Erfolgsfaktoren, Probleme). Standortbeschreibung sowie Bewertung der Eignung der Innenstadt und der angren- zenden Lagen in Bad Lippspringe zur Umsetzung eines City Outlet-Konzeptes. Dar- stellung der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken einer solchen Entwicklung am Standort (sog. „SWOT-Analyse“). Abgrenzung des erschließbaren Einzugsgebietes für das Untersuchungsobjekt und Ermittlung der Einwohnerpotenziale. Analyse und Bestimmung möglicher ergänzen- der Potenziale aus dem Tourismus. Berechnung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraftpotenziale insgesamt sowie diffe- renziert nach den für City Outlets relevanten Sortimentsbereichen. Darstellung und Bewertung der Wettbewerbssituation (inkl. Wettbewerbsplanun- gen). Einschätzung der Umsatzerwartungen für das Planobjekt (unter besonderer Berück- sichtigung möglicher Umsatzpotenziale aus dem Tourismus).
Erarbeitung eines ersten Grobkonzeptes (Nutzungslayout unter Ansatz der aktivier- baren Handelsflächen sowie ggf. möglicher Neubaumaßnahmen) und Empfehlungen für eine mögliche Umsetzung / Projektentwicklung. Aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Reiseeinschränkungen ver- zögerte sich der Beginn der Arbeiten an der Untersuchung. Zur Bewertung des Plan- standortes sowie der aktuellen Wettbewerbssituation konnte dann erst in der 22. KW 2020 durch ecostra-Mitarbeiter eine intensive Besichtigung der Innenstadt von Bad Lip- pspringe sowie eine Bestandsaufnahme der maßgeblichen Wettbewerbsstandorte im Umfeld durchgeführt werden. Weiterhin standen ecostra für die Bearbeitung der vorliegenden Untersuchung u.a. Da- ten und Informationen des Auftraggebers, verschiedener Statistikämter sowie ecostra- interne Analysen und Datenbestände zur Verfügung. Alle für diese Untersuchung verwendeten Daten und Angaben wurden nach bestem Wissen erfasst, aufbereitet und ausgewertet. Sämtliche verwendeten Fotos und Abbil- dungen stammen – soweit nicht anders gekennzeichnet – von ecostra. Die Weitergabe der vorliegenden Untersuchung bedarf der Zustimmung der Stadt Bad Lippspringe. ecostra verpflichtet sich hiermit, sämtliche im Zusammenhang mit dem Planobjekt zu- geleitete Informationen ebenso vertraulich zu behandeln wie die Aussagen dieses Be- richts. Wiesbaden, den 06. Juli 2020 Dr. Joachim Will Florian Stegeman
Management Summary Das Planobjekt City Outlet Center in Bad Lippspringe • Aufgrund des frühen Planungsstadiums liegt derzeit noch keine Konzeptionierung mit konkreten Projektdaten vor. Das geplante City Outlet Center soll auf verschiedene, zu- meist kleinteilige Flächen in der Innenstadt verteilt werden. Dies soll v.a. durch eine Nachnutzung bestehender Leerstandflächen realisiert werden. • Bei einer möglichen Umsetzung eines City Outlet Centers sollte als Zielgröße eine Ge- samtverkaufsfläche von ca. 9.000 m² angestrebt werden. Der Standort • Die Stadt Bad Lippspringe gehört mit ihren ca. 16.090 Einwohner zum Landkreis Pader- born und liegt somit in der Region Ostwestfalen-Lippe in Nordrhein-Westfalen. • Gemessen an ihrer Versorgungsfunktion ist die Stadt Bad Lippspringe im Landesentwick- lungsplan Nordrhein-Westfalen 2016 als Grundzentrum klassifiziert • Das City Outlet Center soll sich entlang der innerstädtischen Haupteinkaufslage Armini- usstraße, Marktstraße, Marktplatz, Arminiuspark entwickeln, wobei einzelne weitere Ne- benlagen (Detmolder Straße, Lange Straße) einbezogen werden können. Standortbewertung + Unproblematische Genehmigungssituation durch Nachnutzung bestehender Handelsflä- chen in der Innenstadt + Ausreichende Einwohner- und Kaufkraftpotenziale im Einzugsgebiet + Gute überregionale Anbindung über die Autobahn A33 + Geringe Wettbewerbsdichte bezogen auf die Vertriebsform Outlet Center + Touristische Highlights unmittelbar am nördlichen und südlichen Ende der Einkaufslage + Gute Aufenthaltsqualität durch attraktive Gestaltung des öffentlichen Raumes − Bestehende Leerstände bieten derzeit kein ausreichendes Flächenpotential (Problem der „kritischen Masse“) − Ggf. unzureichende Anzahl an Parkierungsflächen Fazit: Insgesamt ist der Standort für den Betrieb eines City Outlet Centers grundsätzlich ge- eignet. Positiv sind v.a. die unproblematische Genehmigungssituation, die bestehenden Nachfragepotenziale im Einzugsgebiet, die touristischen Anziehungspunkte jeweils an den Enden der Einkauflage und die PKW-Erreichbarkeit aus einem weiträumigen Umfeld zu sehen. Demgegenüber ermöglichen die bestehenden Ladenleerstände noch nicht die Bereitstellung einer ausreichenden „kritischen Masse“ an Flächen für Outlet Stores ebenso wie auch der Umfang und die räumliche Zuordnung der Parkplatzflächen ggf. verbessert werden muss. Wettbewerbssituation • Bezogen auf die Vertriebsform Outlet Center ist aufgrund der großen räumlichen Distanz zu relevanten Wettbewerbsstandorten von einer geringen Wettbewerbsintensität auszu- gehen. • Die beiden Shoppingcenter Südring Center in Paderborn und das Loom in Bielefeld stel- len bestenfalls (noch) bedeutende Wettbewerber dar. • Die intensivsten Wettbewerbsverflechtungen ergeben sich aufgrund der räumlichen Nähe und dem Markenangebot mit der Innenstadt von Paderborn. • Die Haupteinkaufslagen von Bielefeld und Detmold weisen für das Planobjekt aufgrund der räumlichen Entfernung geringere Wettbewerbsverflechtungen auf. Fazit: Insgesamt ist von einer geringen Wettbewerbsintensität bezogen auf Outlet-Shopping im gesamten Untersuchungsraum auszugehen. Wettbewerbsverflechtungen bestehen – sofern überhaupt relevant – mit markenorientierten innerstädtischen Geschäftslagen der größeren Städte im Umland (hier v.a. Paderborn). Einzugsgebiet, Bevölkerungs- und Kaufkraftpotenziale • Das Einzugsgebiet umfasst ca. 2,7 Mio. Einwohner. • Einzelhandelsrelevante Kaufkraft im Einzugsgebiet (Zonen I - III) von insgesamt ca. 17,1 Mrd. €; davon ca. 4,0 Mrd. € in den projektrelevanten Sortimentsbereichen.
Umsatzerwartung und Marktanteile • Umsatzerwartung des Planvorhabens bei Realisierung einer Flächengröße von ca. 9.000 m² VK: insgesamt ca. 31,6 Mio. € (brutto); Flächenproduktivität ca. 3.720,-- € / m² VK. • Umsatzanteil von ca. 22 % mit Streukunden von außerhalb des Einzugsgebietes, was die Bedeutung der touristischen Potenziale verdeutlicht. • Die Kaufkraftabschöpfung (Marktdurchdringung) liegt im gesamten Einzugsgebiet (Zo- nen I – III) über alle projektrelevanten Sortimentsbereiche bei ca. 0,6 %. In den Kern- sortimenten Bekleidung & Sportbekleidung (ca. 0,9 %) und Schuhe & Lederwaren (ca. 0,9 %) ist die Abschöpfungsquote deutlich höher als bei den sonstigen Sortimenten (ca. 0,3 %). Bezogen auf das Naheinzugsgebiet beträgt die Kaufkraftabschöpfung ca. 1,8 % für alle projektrelevanten Sortimentsbereiche bzw. ca. 2,7 % bei (Sport-) Bekleidung. Abschließende Einschätzung Insgesamt ist aus Sicht von ecostra die Realisierung eines City Outlet Cen- ters in der Innenstadt von Bad Lippspringe grundsätzlich möglich, stellt je- doch aber alles andere als einen „Selbstläufer“ dar. Die besondere Heraus- forderung besteht dabei neben der räumlichen Verdichtung der Outlet Stores in der Bereitstellung eines ausreichenden Flächenangebots („kriti- sche Masse“) an Outlet Stores. Darüber hinaus ist die Nutzung von Potenzi- alen aus dem lokalen und regionalen Tourismus unverzichtbare Vorausset- zung für eine ökonomisch tragfähige Betriebsführung. Dagegen sind keine nennenswerten Gefährdungen durch aktuell laufende Wettbewerbsplanun- gen zu erwarten. Insofern sind im konkreten Fall ein abgestimmtes und ko- operatives Vorgehen der Akteure (Stadt, Investor / Betreiber, Immobilien- eigentümer, touristische Leistungsträger) nicht zu unterschätzende Vo- raussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens. Standortbewertungsmatrix
Inhaltsangabe Vorbemerkung 1. GRUNDLAGEN UND ALLGEMEINE TRENDS ZUR VERTRIEBSFORM CITY OUTLET CENTER 1 1.1 Definitionen und Abgrenzungen 1 1.2 City Outlet Center: Eine Konzeptinnovation im europäischen Outlet Markt 4 1.2.1 Der Ursprung des neuen Outlet Konzepts 4 1.2.2 City Outlet Center: „Alter Wein in neuen Schläuchen”? 4 1.2.3 City Outlet Center: „Neuer Wein in alten Schläuchen”! 7 1.2.4 Charakteristische Eigenschaften des City Outlet Center-Konzepts 11 1.2.5 City Outlet Center als Chance zur Revitalisierung notleidener Innenstadt-lagen 14 2. STANDORT- SOWIE PROJEKTBESCHREIBUNG UND -BEWERTUNG 17 2.1 Der Makrostandort im Großraum Paderborn – Bielefeld – Detmold 17 2.1.1 Die sozioökonomischen Rahmendaten im Untersuchungsraum 19 2.1.2 Aktuelle Daten zum Tourismus 20 2.2 Der Mikrostandort Bad Lippspringe 23 2.2.1 Stadtgliederung und landesplanerische Versorgungsfunktion 23 2.2.2 Siedlungsstruktur und verkehrliche Infrastruktur 23 2.2.3 Standortstruktur des Einzelhandels 25 2.2.4 Die Innenstadt von Bad Lippspringe als möglicher Standort für ein City Outlet Center 27 2.3 Stand der Konzeptüberlegungen für ein City Outlet Center in der Innenstadt von Bad Lippspringe 30 2.4 SWOT-Analyse und Standortbewertung 36 3. EINZUGSGEBIET, BEVÖLKERUNGS- UND KAUFKRAFTPOTENZIALE 39 3.1 Räumliche Abgrenzung und Zonierung des Einzugsgebietes 39 3.2 Die einzelhandelsrelevanten und planobjektbezogenen Kaufkraftvolumina im abgegrenzten Einzugsgebiet 43 3.3 Vergleich der Einwohnerpotenziale des Einzugsgebietes mit anderen bestehenden und geplanten City Outlet Center-Standorten 46 4. WETTBEWERBSSITUATION 49 4.1 Der Wettbewerb durch Outlet Center 49 4.1.1 Der Wettbewerb durch bestehende Outlet Center 49 4.1.2 Der Wettbewerb durch geplante Outlet Center 57 4.2 Der Wettbewerb durch Shoppingcenter 58 4.3 Wesentliche innerstädtische Geschäftslagen im Untersuchungsgebiet 61 4.3.1 Die Einkaufsinnenstadt von Paderborn 61 4.3.2 Die Einkaufsinnenstadt von Bad Driburg 62 4.3.3 Die Einkaufsinnenstadt von Horn-Bad Meinberg 64 4.3.4 Die Einkaufsinnenstadt von Detmold 66 4.3.5 Die Einkaufsinnenstadt von Bielefeld 67 Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020
4.3.6 Die Einkaufsinnenstadt von Gütersloh 69 4.3.7 Die Einkaufsinnenstadt von Rietberg 71 4.3.8 Die Einkaufsinnenstadt von Delbrück 72 4.1 Fazit aus der Wettbewerbsanalyse 73 5. ANALYSE DER MARKTANTEILE UND DER UMSATZERWARTUNG DES PLANOBJEKTES 77 5.1 Grundlagen 77 5.2 Marktanteile und Umsatzerwartung 78 6. FAZIT UND ABSCHLIEßENDE EMPFEHLUNGEN 81 Karten-, Tabellen- & Abbildungsverzeichnis Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020
1. Grundlagen und allgemeine Trends zur Vertriebsform City Outlet Center 1.1 Definitionen und Abgrenzungen Bei Factory Outlet Center (FOC) handelt es sich um eine organisierte und einheitlich geplante Agglomerationsform des Handels. Während bislang eine Abgrenzung von FOC zu Ver-triebsformen wie Shoppingcenter, Fachmarktzentren, Off-Price-Center und auch be-stimmten Agglomerationsformen von Outlet Stores hinreichend war, ist es neuer- dings, durch das Aufkommen neuer FOC-Hybridformen, erforderlich geworden, eine weitere Konkretisierung der Definition vorzunehmen und für diese Hybridformen eine eigene Kategorie zu schaffen. 1 Diese werden „Organisierte Outlet Agglomerationen“ (OOA) genannt. Factory Outlet Center können wie folgt definiert werden: 2 Factory Outlet Center (FOC) sind eine Agglomeration vieler Ladeneinheiten innerhalb eines einheitlich geplanten Gebäudekomplexes oder einer räumlich zusam-menhän- genden Anlage mit einer gesamten Verkaufsfläche von mindestens 5.000 m² (= ca. 6.000 m² GLA) und mit mehr als 20 Outlet Stores, in denen Markenhersteller und vertikal integrierte Einzelhändler Auslaufmodelle, 2.-Wahl-Produkte, Überschusspro- duktionen etc. unter Umgehung des Einzelhandels an Endverbraucher absetzen. Alle Waren werden mit einem Preisabschlag von mindestens 25 % verkauft, wobei eine doppelte Preisauszeichnung („High Street Price“ / „Outlet Price“) mietvertraglich vor- geschrieben ist. Das Marketing ist auf einen überregionalen Kundenkreis ausgerich- tet. Die Koordination, Organisation und das Marketing erfolgt durch ein Centerma- nagement. 3 Von den so definierten FOC sind „Organisierte Outlet Agglomerationen“ (OOA) abzugrenzen. Die OOA können wie folgt bestimmt werden: Eine Organisierte Outlet Agglomeration (OOA) ist eine Agglomeration vieler Laden- einheiten bei der in Abgrenzung zu den ansonsten identischen Merkmalen zu einem FOC eine Mindestrabattierung und doppelte Preisauszeichnung nicht unbedingt miet- vertraglich vorgeschrieben sein muss. Die Agglomeration wird räumlich und funkti- onal zwar als zusammengehörig wahrgenommen, jedoch ist die gesamte Anlage bzw. der Standortbereich von öffentlichen Straßen bzw. Plätzen durchzogen. Eben- falls ist dieser räumliche Bereich mehr oder weniger stark durchsetzt mit anderen Nutzungen, welche nicht unbedingt in Zusammenhang mit den Outlet Stores stehen, 1 Diese Hybridformen sind zwar – wie auch FOC - professionell entwickelt, organisiert und vermarktet, zeigen aber ansonsten einige wesentliche konzeptionelle Unterscheidungsmerkmale. 2 vgl. hierzu auch die Definition von Factory Outlet Center in GIF GESELLSCHAFT FÜR IMMOBILIENWIRTSCHAFTLICHE FORSCHUNG E.V. (Hrsg.): Definitionen zur Einzelhandelsanalyse. Definitionen für die Beurteilung von Einzel- handelsimmobilien und Geschäftslagen sowie für die Erstellung von Einzelhandelsanalysen, Auswirkungsgut- achten und kommunalen Einzelhandelskonzepten. Wiesbaden, 2014, S. 99f 3 Vor dem Hintergrund der dynamischen Weiterentwicklung der FOC wird in jüngerer Zeit meist nur noch von „Outlet Centern“ gesprochen, da sich diese Vertriebsform von den ursprünglichen Fabrikverkaufsstandorten merklich emanzipiert hat. Das Akronym FOC bleibt dabei unverändert. Designer Outlet Center (DOC) sind FOC, welche beanspruchen, einen besonders hohen Anteil von hochpreisigen Premiummarken zu bieten; allerdings wird die Bezeichnung DOC auch häufig nur aus Marketingzwecken verwendet. Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 1
wie z.B. Dienstleistungen, klassische Einzelhandelsbetriebe (Full-Price), Gastrono- mie, Wohnungen. Es handelt sich weiterhin nicht notwendigerweise um eine einheit- lich geplante Anlage, wenngleich dies für einzelne, flächenmäßig untergeordnete Teilbereiche zutreffen kann; erkennbar wird dies v.a. in einer uneinheitlichen Archi- tektursprache der Gebäude und fehlenden gemeinsamen Funktionsflächen wie z.B. Heizungsanlagen, Lagerflächen, Müllentsorgung. Die Outlet Stores in einer OOA be- finden sich nicht sämtlich im Eigentum eines Investors und werden auch nicht durch ein zentrales Management vermietet. Die Aufnahme einer Flächenschwelle von mindestens 5.000 m² VK in die Definition dient v.a. dazu, kleindimensionierte Objekte welche nicht einmal annäherungsweise eine ver- gleichsweise räumliche Ausstrahlung wie FOC erreichen und so meist nur eine lokale oder auf die nähere regionale Umgebung beschränkte Bedeutung besitzen, von den professionell konzipierten und geführten modernen Fabrikverkaufszentren zu unter- scheiden. Für diese räumliche Ausstrahlung sind nicht nur geeignete Standortfaktoren und ein entsprechender Markenbesatz im Objekt erforderlich, sondern ein Vermark- tungskonzept, das entsprechend weiträumig streut (u.a. Radiowerbung, überregionale Medien, Kooperationen mit Tourismusorganisationen). Von FOC bzw. OOA sind sog. Off-Price-Center abzugrenzen. Bei Off-Price-Center erfolgt der Verkauf durch Dritte (klassische Einzelhandelstätigkeit), wobei das Sortiment in der Vergangenheit aus nicht regulären Markenwaren bestand (z.B. Überschussware, Aus- laufmodelle, Saisonendware, Reklamationsware, 2. Wahl oder Konkurswaren) und – bedingt u.a. durch das Problem der Warenverfügbarkeit - ein häufiger Sortimentswech- sel erfolgte. In den letzten Jahren ist bei Off-Price-Center eine deutliche Tendenz des Trading Up festzustellen, was sich nicht nur durch eine Attraktivierung der Gebäude, des Ladenlayouts und der Warenpräsentation bemerkbar macht, sondern auch durch eine stärkere Sortimentsplanung mit einer erhöhten Qualitätsorientierung und Marken- auswahl. 1 Bei Zugrundelegung der o.g. Definitionen sind somit z.B. die Outletcity Metzingen das City Outlet Bad Münstereifel als Organisierte Outlet Agglomerationen (OOA) einzustufen, während z.B. der 50 Factory Store in Aosta (I) die MyLand Lifestyle Outlets im saarländischen Wadgassen das Hanse Outlet in Brodersdorf (Mecklenburg-Vorpommern) das A6 Fashionplace in Herrieden (Bayern) 1 vgl. IFH (Hrsg.): Katalog E. Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft. 4. Ausg., Köln, 1995 S. 49; vgl. TIETZ, B: Off-price Stores und Factory Outlets. Neue Betriebstypen in den USA. In Marketing, ZFP, Heft 2, Mai 1985 S. 77; vgl. LANG, K.: Off-Price Retailing. In Wirtschaftswissenschaftliches Studium (WiSt), Heft 8, 08 / 1985, S. 408ff; vgl. LIEBMANN, H.-P. & ZENTES, J.: Handelsmanagement. München, 2001, S. 391) Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 2
Tab. 1: Abgrenzung von Outlet Centern, Organisierten Outlet Agglomerationen und sonstigen Vertriebsformen für Fabrikverkaufswaren Vertriebsformen für Fabrikverkaufswaren (Restanten, 2. Wahl, Überproduktionen, Retouren etc.) Outlet Center Value Center Organisierte Outlet Sonstige Vertriebsformen Agglomerationen (Off-Price-Konzepte) Standorte (Auswahl) • Designer Outlet Roermond (NL) • Factory Kraków (PL) • Outletcity Metzingen • Herzogenaurach (Adidas etc.) • Wertheim Village (D) • Outlet Park Szczecin (PL) • City Outlet Bad Münstereifel • Ratingen (Esprit etc.) • Designer Outlet Soltau (D) • Strada Outlet (PT) • Brands for Friends (Online) • Zweibrücken Fashion Outlet (D) • Marlet Outletcenter (D); in Bau • Vent Privee (Online) Betreiber (Beispiele) • McArthurGlen • Mundicenter • Holy AG • k.A. • Value Retail • Neinver • ROS Retail Outlet Shopping • Neinver • Outlet Evolution Service • Haslinger Consulting • ROS Retail Outlet Shopping Centermanagement • Hohe Managementintensität • Niedrige bis mittlere Managementin- • Mittlere Managementintensität • Geringe oder keine Managementtätig- • Gezieltes Arbeiten mit den Mietern zur tensität • Regionales bis überregionales Marke- keit Verbesserung der Performance • Regionales Marketing (v.a. regionale ting (v.a. Online, Modezeitschriften, • Regionales Marketing (jeder für sich; • Überregionales Marketing (v.a. Radio, Printmedien, Online) Reisbüros) v.a. regionale Printmedien, Online) Online, Modezeitschriften, Reisebü- • Vernetzung mit regionalen Tourismus- • Nationales oder internationales Marke- ros) angeboten ting (nur bei Online-Shops) • Vernetzung mit regionalen Tourismus- angeboten Sortimente • Gesteuerter bzw. geplanter Branchen- • Geringe Steuerung des Branchen- und • Geringe bis mittlere Steuerung des • Keine Steuerung des Branchen- und und Markenmix Markenmix Branchen- und Markenmix Markenmix • Ausgeprägt hohe Markenorientierung • V.a. niedrig- bis mittelpreisige Marken • V.a. niedrig- bis mittelpreisige Marken • Hohe Zufälligkeit im Markenbesatz • V.a. mittlere bis hochpreisige Marken • Integration von Off-Price-Stores (Ausnahme Metzingen) und -angebot Architektur • Einheitliche Planung und Architektur- • Einheitliche Planung und Architektur- • Teilweise einheitliches Corporate De- • Kein einheitlicher Auftritt (jeder für sprache sprache sign im Bereich der Ladensignierung sich); Ausnahme: Online-Shops Investoren • Investmentfonds • Investmentfonds • Private Equity (lokale oder regionale • Investmentfonds • Family Offices • Family Offices Investoren) • Family Offices / Private Equity • Hypothekenbanken • Hypotheken- & Geschäftsbanken • Sparkassen Quelle: ecostra-Grundlagenforschung Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 3
aufgrund einer Flächengröße von weniger als 5.000 m² VK weder in die Kategorie der FOC noch in jene der OOA fallen. Diese Objekte werden dann den Off-Price-Konzepten ebenso zugerechnet wie die Outlet Agglomerationen z.B. in Herzogenaurach, Ratingen, Parsdorf und Kirchheim aufgrund des dort fehlenden gemeinsamen Managements. 1 Darüber hinaus werden als weitere FOC-Hybridform zukünftig auch sog. „Value Cen- ter“ zu beachten sein, wobei diese eine neuere Konzeptentwicklung darstellen, welche bislang noch nirgends realisiert wurde. Diese „Value Center“ dürfen nicht mit den in den USA verbreiteten gleichnamigen Centern verwechselt werden, welche Mischformen aus klassischen Shoppingcentern und Outlet Centern darstellen. An verschiedener Stelle laufen bereits konkrete Projektentwicklungen, sodass in naher Zukunft mit den ersten Eröffnungen gerechnet werden kann. 2 Bei der Definition und Abgrenzung der Vertriebs- formen des Fabrikverkaufs können Value Center aber vorläufig – in Ermangelung eines umgesetzten Referenzprojektes – aber noch vernachlässigt werden. 3 1.2 City Outlet Center: Eine Konzeptinnovation im europäischen Outlet Markt 1.2.1 Der Ursprung des neuen Outlet Konzepts Mit der Eröffnung des City Outlet Bad Münstereifel im August 2014 wurde erstmals in Europa ein professionell organisiertes und konzipiertes Fabrikverkaufskonzept umge- setzt, das vorhandene Ladenflächen in den Geschäftslagen einer historischen Innen- stadt nutzt. Zwar wurden bereits in der Vergangenheit immer wieder Outlet Center- Standorte in städtebaulich integrierten Lagen realisiert – so z.B. in Wolfsburg, Roubaix (F) und Romans sur Isere (F) – jedoch handelte es sich hierbei immer um Center- Konzepte, welche aus einem meist einheitlich geplanten und räumlich zusammenhän- genden Gebäudekomplex bestanden, ein gemeinsames Management hatten und auch hinsichtlich der Eigentümerschaft eine nur wenig heterogene Situation zeigten. Das wohl bekannteste Beispiel für ein innerstädtisches Outlet Center findet sich im süddeut- schen Metzingen (D), einer Kleinstadt nahe Stuttgart und Ursprungsort der bekannten Herrenbekleidungsmarke „BOSS”. Insofern ist also nicht der Standort das „Neue“ bzw. das „Innovative“ an City Outlet Centern. 1.2.2 City Outlet Center: „Alter Wein in neuen Schläuchen”? Tatsächlich unterscheidet sich Bad Münstereifel in verschiedenen Aspekten deutlich von den bisherigen Versuchen, in Innenstadtlagen Outlet Center zu realisieren, da alle diese Center ausnahmslos auf einer koordinierten, einheitlichen Planung basierten und in der Form von räumlich zusammenhängenden Gebäuden umgesetzt wurden. Außerdem hat- ten all diese Projekte ein einheitliches Centermanagement sowie eine weitgehend ho- mogene Eigentümerstruktur. Das Vergleichsobjekt, dass Bad Münstereifel noch am 1 vgl. zu den genannten Beispielen u.a. www.outletcity.com, www.cityoutletbadmuenstereifel.com; www.fifty.it und www.myland.eu 2 Zur Definition dieser Value Center vgl. GIF GESELLSCHAFT FÜR IMMOBILIENWIRTSCHAFTLICHE FORSCHUNG E.V. (Hrsg.): op.cit., S. 117 3 Zu den konzeptionellen Grundlagen von Value Centern vgl. „Value Center. Eine Nachnutzungsalternative für Shoppingcenter und Retail Parks in gesättigten Märkten?“ in ecostra: Der Expertenbrief August 2014, S. 1ff Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 4
nächsten kommt, ist die „Outletcity Metzingen”, welche von der Holy AG betrieben wird. Die Entwicklungsschritte der „Outletcity Metzingen”, deren Ursprünge bis in die 1920er Jahre zurückreichen, können wie folgt skizziert werden: • 1923: Gründung der Schneiderei HUGO BOSS • 1972: HUGO BOSS eröffnet den ersten Fabrikverkauf in Metzingen • 1995: Entwicklung der „Outletcity Metzingen” • 1997 / 1998: Eröffnung der Outlet Stores von Joop, Bally und Escada • 1999: Grundsatzentscheidung über den Verbleib des HUGO BOSS Outlet Stores in der Innenstadt von Metzingen • 2011: Ausbau des HUGO BOSS Outlet Stores • 2002: Eröffnung von zusätzlichen Outlets von Polo Ralph Lauren, Tommy Hilfi- ger, Nike etc. • 2006: Anzahl von 40 Outlet Stores wird erreicht • 2008: Die „Outletcity” verzeichnet 2,5 Mio. Besucher • 2011: Ausweitung des Angebots von Premium- und Luxusmarken • 2017: Start der Bauarbeiten zur Ausweitung des Gesamtverkaufsfläche von ca. 30.000 m² auf ca. 40.745 m² • 2018: Die „Outletcity“ wird von den Markenherstellern im Rahmen des Outlet Centre Performance Report Europe zum aus Mietersicht wirtschaftlich erfolgreichsten Outlet Center Europas gewählt • 2019: Eröffnung der Erweiterung. Die „Outletcity“ verzeichnet ca. 4,2 Mio. Be- sucher Das zunächst bedeutendste Merkmal der Entstehung der „Outletcity“ ist die Nähe zu einer bestehenden Produktionsstätte, wo ausgehend von einem Fabrikverkaufsladen des dort lokalisierten Herstellers der Nukleus der „Outletcity“ gebildet wurde. Ein wei- teres wichtiges Merkmal ist die mehr oder weniger organische Entwicklung, die mehrere Jahrzehnte in Anspruch nahm und beginnend mit einem einzelnen Fabrikverkaufsladen sukzessive um weitere Outlet Stores gewachsen ist. Erst in jüngerer Zeit war dabei in Metzingen eine zumindest in Teilbereichen eher homogene architektonische Gestaltung zu beobachten. So bedienen sich die neugebauten Läden, die mit Premium-Marken wie z.B. Prada, Armani und Max Mara belegt sind, einer aufeinander abgestimmten moder- nen und funktionalen Architektur, die das gehobene Markenimage widerspiegelt. Insgesamt ist eine weite Spanne der Architektursprache wie auch bei der Konzeption der Anlage (z.B. Village- oder Mall-Konzept) festzustellen. Gleichzeitig unterscheiden sich die Nachbarschaften: Es gibt Teilräume innerhalb der „Outletcity“, die nur aus Out- let-Stores bestehen, wohingegen in anderen Bereichen die Outlet-Stores mit Geschäften traditioneller Einzelhändler und anderen Nutzungen (z.B. Dienstleistungen, Büros und Wohnnutzungen in den Obergeschossen) durchsetzt sind. Während bei professionell entwickelten Outlet Centern auf der sog. „grünen Wiese” unzweifelhaft visuell erkenn- bar ist, wo ein Centern räumlich beginnt und wo es wieder endet, fällt es in Metzingen schwer eine klare räumliche Begrenzung der „Outletcity” zu erfassen. Das ist u.a. aber auch der Tatsache geschuldet, dass eine nicht geringe Anzahl von sog. „Trittbrettfah- rern“ existiert, die – um an dem Erfolg dieser Geschäftslage zu partizipieren – in der Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 5
Gemengelage der „Outletcity” Geschäfte anmieten und betreiben, die aber weder im Eigentum der Holy AG sind noch von dieser gemanagt werden. Bei diesen „Trittbrett- fahrern“ handelt es sich um Markenhersteller ebenso wie um Off-Price-Händler. Abb. 1: Anordnung der Geschäfte in der „Outletcity Metzingen“ Quelle: outletcity.com Alle Outlet Stores, die organisatorisch zur „Outletcity Metzingen” gehören (ohne „Tritt- brettfahrer“), verfügen derzeit über eine Gesamtverkaufsfläche von ca. 40.745 m², was ca. 60.000 m² GLA entspricht. Der südöstliche Teil der „Outletcity” besteht aus ei- Im Zentrum der „Outletcity” befindet sich eine Mall nem neugebauten Designer-Village mit verschieden mit eher kleinflächigen Outlet Stores. Diese Mall be- Premium-Marken wie z.B. Prada, Armani, Jimmy sitzt eine moderne, aber wiederum andere Archi- Choo, Missoni tektur als das Designer Village (siehe Bild links) Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 6
Der Nike Outlet Store zeigt wieder eine andere ar- Trittbrettfahrer wie hier ein Multi Brand-Geschäft chitektonische Herangehensweise und befindet sich unter dem Namen „Galizia Factory Store” (Off- zwischen der Fußgängerzone und der historischen Price- Konzept) versuchen am wirtschaftlichen Er- Altstadt von Metzingen folg der „Outletcity” teilzuhaben 1.2.3 City Outlet Center: „Neuer Wein in alten Schläuchen”! Bad Münstereifel ist eine kleine nordrhein-westfälische Stadt in der Eifel, ca. 30 km südwestlich der Bundesstadt Bonn und verfügt über ca. 6.000 Einwohner. Besonders prägnant ist die historische Altstadt von Bad Münstereifel, die u.a. durch eine komplett erhaltene mittelalterliche Stadtmauer, eine Burg und viele historische, meist auch denk- malgeschützte Gebäude charakterisiert werden kann. Eine gewisse regionale Bedeu- tung hatte Bad Münstereifel längere Zeit u.a. als Bäderstadt und als Freizeitdestination für die nahegelegenen urbanen Zentren Köln und Bonn. Darüber hinaus hatte Bad Münstereifel v.a. bei Fans des volkstümlichen Liedguts eine gewisse überregionale Be- kanntheit als Wahlheimat des Schlagersängers „Heino“, der hier jahrelang ein Café be- trieb, das Ziel u.a. auch von organisierten Kaffeefahrten war. In den letzten Jahrzehnten war Bad Münstereifel allerdings auf Grund von Leistungs- kürzungen der Krankenkassen mit einem starken Rückgang des Kur- und Bäderge- schäfts konfrontiert, in dessen Zuge der lokale Einzelhandel, die Gastronomie wie auch sonstige Dienstleister z.T. massive Umsatzeinbußen verzeichneten. Auch Tagestouris- ten aus der Region Köln / Bonn blieben zunehmend fern, was letztlich zu einer massiven Leerstandsproblematik in der Innenstadt mit einer Leerstandsquote von bis zu ca. 40 % führte. Aufgrund fehlender Einnahmen wurden Investitionen der Ladenbesitzer in die Instandhaltung zurückgestellt, was wiederum dazu führte, daß viele der historischen Gebäude einen erheblichen Sanierungsbedarf zeigten und so kaum für Geschäfte nutz- bar waren. Der Impuls, in dieser stadtentwicklungspolitisch durchaus kritischen Situation in der Altstadt von Bad Münstereifel ein City Outlet zu entwickeln, lässt auf drei regional ver- wurzelte Unternehmer mit Erfahrungen im Einzelhandel zurückführen, die 2009 die Ge- legenheit erkannten und die entsprechende Initiative ergriffen. Während nahezu alle professionellen Outlet-Entwickler versuchen, architektonisch auf der sog. „grünen Wiese” eine historische Kulisse zu imitieren, war hier bereits das entsprechende gestal- terische Ambiente durch den städtebaulichen Rahmen noch vor der Outlet-Nutzung ge- geben. In der Folge erwarben die Unternehmer – mehr oder weniger heimlich – infrage kommende Immobilien in dieser Altstadt. In Absprache mit der Stadtverwaltung wurde Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 7
das Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt dann öffentlich vorstellt und - erwartungs- gemäß - von diversen Interessenvertretungen kontrovers diskutiert, wobei u.a. Nach- barstädte mit verwaltungsgerichtlichen Klagen gegen das Vorhaben drohten. Das „Orchheimer Tor” bildet den südlichen Eingang zum City Outlet Center. Um u.a. die nötige sog. „kritische Masse” zu erreichen, wurde ein Neubau errichtet, in dem verschiedene Outlet-Stores untergebracht sind (im Bild rechts) Der Fluss Erft fließt entlang der Wertherstraße Ansicht der Fußgängerzone entlang der Orchheimer mitten durch den Ort, was zu einer hohen Straße. Zwischen den einzelnen Outlet Stores Aufenthaltsqualtität in der Altstadt von Bad befinden sich diverse Einzelhändler und Münstereifel führt. Dienstleister – u.a. auch ein Bestattungsinstitut (im Bild rechts). Im Mai 2012 begannen die Bauarbeiten zur Realisierung des City Outlet Centers mit der Sanierung der innerstädtischen Gebäude, was unter Aufsicht der Landesdenkmalschutz- behörde erfolgte und für die Investoren eine zusätzliche Herausforderung darstellte und mit entsprechenden Kosten verbunden war. Im Jahr 2013 gehörten bereits 14 Gebäude der neugegründeten „Bad Münstereifel Immobilien Management GmbH”. Die größte Herausforderung in der Umsetzung des geplanten Konzepts bestand allerdings nicht in der Sanierung der Gebäude, sondern in der Vermietung der Geschäfte. Nachdem zu- nächst eingeschaltete Immobilienmakler nur wenig erfolgreich in der Mieterakquisition waren, wurde der österreichische Outlet Center-Betreiber „Retail Outlet Shopping” (ROS) mit der Vermietung und dem Betrieb des „City Outlet Bad Münstereifel” beauf- tragt. 1 In einem Interview mit der „Immobilien Zeitung” im Mai 2014 – also vier Monate 1 Vgl. Rolf Monheim: Revival of the historical centre of a small spa town by a city outlet. The example of Bad Münstereifel. In AGEI - Geotema, 51, P. 126 - 131 Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 8
vor der Eröffnung des City Outlet Centers – bezeichnete ecostra das Projekt als ein „immobilienwirtschaftliches Experiment” mit hohem Risikopotenzial für die Investoren bei gleichzeitig geringer Kapitalmarktfähigkeit. Die meisten Markenhersteller beurteilten die Situation ähnlich und es war – nach vorliegenden Informationen – äußerst schwierig, trotz niedriger Mieten und weitreichenden Zugeständnissen bei den Vertragsverhand- lungen auch nur einige Marken dazu zu bewegen, in Bad Münstereifel ein Geschäft zu öffnen. Ein Vermarktungsargument, welches zunächst positiv eingesetzt werden konnte, war die Tatsache, dass Bad Münstereifel als Bäderstadt bislang die Möglichkeit der Sonntagsöffnung hatte. Allerdings wurde dieses Recht von der Bezirksregierung in der Folge des Protests der umliegenden Gemeinden widerrufen. Auf der anderen Seite führte der anhaltende Protest der Nachbarstädte sowie einer eigens gegründeten loka- len Bürgerinitiative, vor dem Hintergrund der Besonderheit dieses Projekts, zu einer kontinuierlichen Berichterstattung in Radio, Fernsehen und Tageszeitungen, so dass dem Projekt eine große überregionale mediale Aufmerksamkeit zu Teil wurde und so das Standort- und Projektmarketing unterstützte. Mieter für Geschäftsräume zu finden, die über eine Viele Gebäude und Geschäfte des City Outlets un- Treppe betreten werden müssen, schmale Ein- terliegen dem Denkmalschutz und waren nur unter gänge aufweisen und noch kleinere Schaufenster- hohen Kosten zu sanieren. flächen bieten, stellt im Vermietungsprozess eine bedeutende Herausforderung dar. Am 14. August 2014 eröffnete das „City Outlet Bad Münstereifel” – begleitet von einer intensiven Medienberichterstattung – als erstes innerstädtisches Outlet Center Europas, das auf dem Konzept basierte, leer stehende Läden in der historischen Altstadt nachzu- nutzen. Dieses Konzept widersprach allen zu jener Zeit von den professionellen, inter- national erfahrenen Entwicklern und Betreibern postulierten Standort- und Objektfak- toren eines Outlet-Centers und zeigt auch merkliche konzeptionelle Unterschiede zur Outletcity Metzingen. In Bad Münstereifel liegen die Ladeneinheiten mehr oder weniger Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 9
verteilt entlang der Hauptgeschäftsstraße im historischen Stadtkern. Dazwischen befin- den sich traditionelle Geschäfte, Restaurants, Cafés, Dienstleister und öffentliche Ge- bäude, ebenso wie Trittbrettfahrer, die ein eigenes Off-Price-Konzept bieten und die selbst nicht Teil des City Outlet Center sind. Aber es gibt noch weitere wesentliche Aspekte, warum sich das City Outlet in Bad Münstereifel von der Outletcity in Metzingen unterscheidet: Keine der Marken, die in Bad Münstereifel heute ihre Produkte verkauft, hatte dort jemals einen Produktionsstandort. Keines der Gebäude in Metzingen, die für Outlet Stores genutzt werden, ist denkmalgeschützt. In Bad Münstereifel gibt es eine weitgehend klare räumliche Eingrenzung der Outlet-Standorte entlang der Hauptein- kaufsstraße in Verbindung mit dem Neubau am Südtor. Auch dauerte der Prozess der Entwicklung und Positionierung am Markt nicht Jahrzehnte wie in Metzingen. Abb. 2: Anordnung der Geschäfte im „City Outlet Bad Münstereifel“ Quelle: www.cityoutletbadmuenstereifel.com; Stand: 01 / 2017 Mittlerweile wird erkennbar, dass die anfängliche Skepsis gegenüber der ökonomischen Tragfähigkeit und Nachhaltigkeit des City Outlet Center-Konzepts unbegründet war. 1 Dies gilt auch, obwohl sich das regionale Wettbewerbsumfeld von Bad Münstereifel mit drei etablierten Outlet Centern (Roermond, Maasmechelen im Nordwesten und Monta- baur im Osten) als sehr dicht darstellt. Insgesamt sind bedeutende Unterschiede dieses neuen Konzepts „City Outlet” gegenüber Outlet Centern festmachen, die von großen internationalen Unternehmen entwickelt, betrieben und finanziert werden, so dass es durchaus sachgerecht ist City Outlet Center als eine echte Innovation im Handelsmarkt zu bezeichnen. 1 Im Outlet Center Performance Report Europe 2019 von ecostra erreicht das „City Outlet Bad Münstereifel“ einen Durchschnittswert von 3,07 und somit Platz 75 in Europa. In Deutschland landet es auf Platz 12, und hier auf dem drittletzten Platz, indem es sich noch vor den Standorten Brehna und Radolfzell platzieren konnte. Allerdings ist festzuhalten, dass diese Bewertung über dem europäischen Durchschnitt liegt und viele Center schlechter abschneiden, die von internationalen Betreibern gebaut wurden und betrieben werden. Insgesamt zeigt die Bewertung Bad Münstereifels, dass die meisten Mieter mit der ökonomischen Performance ihrer Geschäfte zufrieden sind, wobei hier aber auch die vergleichsweise günstigen Flächenmieten zu berück- sichtigen sind. Vgl. ecostra: Outlet Center Performance Report Europe 2019. Wiesbaden, 01 / 2020 Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 10
Mieter für Geschäftsräume zu finden, die über eine Viele Gebäude und Geschäfte des City Outlets un- Treppe betreten werden müssen, schmale Ein- terliegen dem Denkmalschutz und waren nur unter gänge aufweisen und noch kleinere Schaufenster- hohen Kosten zu sanieren. flächen bieten, stellt im Vermietungsprozess eine bedeutende Herausforderung dar. 1.2.4 Charakteristische Eigenschaften des City Outlet Center-Konzepts City Outlet Center sind definitorisch den sog. Organisierten Outlet Agglomerationen (OOA) zuzuordnen (vgl. Kap. 1.1). Neben der Umsetzung des Fabrikverkaufskonzeptes – d.h. Rabattierung von Markenwaren der Vorsaison, 2. Wahl, Retouren etc. – können die spezifischen Merkmale der Vertriebsform „City Outlet Center“ wie folgt skizziert wer- den: Bei den Standorten handelt es sich ausschließlich um städtebaulich integrierte La- gen; meist Geschäftslagen historischer Innenstädte, welche bislang durch eine hohe Ladenleerstandsproblematik gekennzeichnet waren. Genutzt werden leerstehende Ladeneinheiten durch Nachbelegung mit Outlet Stores, wobei an einzelnen Stellen eine Arrondierung des Flächenangebotes durch Neubauten erfolgt. Es handelt sich nicht um einen einheitlich geplanten räumlich zusammenhängenden Gebäudekomplex; zwar ist dies in Teilbereichen möglich, nicht aber bezogen auf das gesamte Projekt. Unterschiede sind z.B. erkennbar in der Architektur oder dem Feh- len der Organisation gemeinsamer Funktionsbereiche (z.B. Heizung, Lagerung, Müllentsorgung etc.). Wie andere Formen des großflächigen Einzelhandels, so muss auch ein City Outlet Center über eine sog. „kritische Masse” verfügen. In Abhängigkeit zu den spezifi- schen Faktoren vor Ort liegt diese „kritische Masse” bei einen Schwellenwert von ca. 8.000 – 9.000 m² VK (bzw. 11.000 – 12.000 m² GLA). Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 11
Ein spezieller Charakter und die Anziehungskraft eines Standortes als touristische Destination – hier v.a. der historische Altstadtkern – sind unverzichtbar. Viele Innen- städte leiden an einer hohen Zahl an Ladenleerständen, aber nur wenige besitzen trotzdem die nötige Aufenthalts- und Erlebnisqualität durch historische Gebäude und zeigen somit allgemein eine touristische Grundpositionierung, welche nutzbar ge- macht werden kann. Die Eigentumssituation bei den zum City Outlet zählenden Geschäftsflächen ist eher heterogen. Zwar sind die entsprechenden Objekte zu einem wesentlichen Teil im Eigentum einer Investorengruppe, verschiedentlich sind Flächen aber auch ange- mietet und in das Gesamtkonzept integriert worden. Vermietung, Management und Marketing erfolgt durch eine Betreibergesellschaft. Bei der Anzahl der Angestellten unterscheidet sich das Centermanagement eines City Outlet Centers aber von dem eines professionellen Outlet Centers durch seine deut- lich schlankere Struktur. Gleichzeitig übernimmt dieses Centermanagement faktisch auch gewisse Funktionen eines City-Managements. Die Mieter sind Markenhersteller und vertikal integrierte Einzelhändler, allerdings sind – anders als in den meisten Outlet Centern von international aktiven Betreibern – bislang keine Premium-Marken im City Outlet Center präsent und auf absehbare Zeit auch nicht zu erwarten. Der Branchenmix besteht hauptsächlich aus einem nied- rig- bis mittelpreisigem Markenbesatz. Die Mietverträge ähneln denen professioneller Outlet Center mit Basis- und Umsatz- miete sowie einer sog. „Ratchet-Clause”. Das Niveau der Basismiete ist allerdings deutlich niedriger und auch die betrieblichen Nebenkosten sind eher niedrig (durch eine geringere Marketingumlage und Service-Charges). Es besteht ein einheitliches Corporate Design (Signierung der Ladeneinheiten, Shop Plan etc.), welches z.T. auch auf Elemente im öffentlichen Raum übertragen wird (z.B. Hinweis- und Informationstafeln auf Plätzen). Neben räumlichen Teilabschnitten mit einer Verdichtung von Outlet Stores finden sich auch immer wieder Teilräume, die mit anderen „Outlet-fremden“ Nutzungen (z.B. klassischer Einzelhandel, Frisöre, Versicherungen, öffentliche Einrichtungen bis hin zu Wohnnutzungen) durchsetzt sind. Insofern sind die jeweiligen Nachbar- schaftsnutzungen – anders wie bei einem Outlet Center – häufig kaum beeinflussbar. Verschiedentlich finden sich hier auch sog. „Trittbrettfahrer“, welche ein Off-Price- Konzept umsetzen, aber organisatorisch oder eigentumsrechtlich nicht mit dem Be- treiber des City Outlet-Konzepts verbunden sind. Erkennbar ist dies meist an einem anderen Corporate Design des jeweiligen Stores. Aufgrund von Shops, die räumlich zwischen den Outlet Stores liegen und auf die der Betreiber keinen Einfluss hat, ist es nahezu unmöglich in der planerischen Konzep- tion ein räumlich abgestimmtes Sortiments- und Markenbild (sog. „retail brand map“) oder eine räumliche Thematisierung des Angebotes vorzunehmen. Die gemischte Nutzungsstruktur beschränkt sich nicht allein auf die Nachbarschaf- ten, sondern findet z.T. auch direkt in denselben Gebäuden statt, wobei sich die Outlet Stores im Erdgeschoss befinden (mit Ergänzungsflächen ggf. im Keller und im Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 12
1. OG). Gleichzeitig sind unterschiedliche Nutzungsarten wie Büros und Wohnungen in den oberen Stockwerken verortet. Der gesamte Standortbereich des City Outlet Centers ist mit öffentlichen Straßen, Plätzen und Wegen durchzogen, wo der Betreiber des Objekts kein Hausrecht be- sitzt. Insofern ist auch die Präsenz privater Sicherheitsdienste deutlich geringer als in anderen Outlet Centern. Während die zum City Outlet Center zählenden Stores einer mietvertraglich vorge- schriebenen Öffnungszeitenregelung unterliegen, trifft dies für sonstige Nachbar- schaftsnutzungen nicht zu. Entsprechend sind in dem jeweiligen städtischen Teil- raum z.T. unterschiedliche Öffnungszeiten der Geschäfte festzustellen. Trotz des Widerstands von lokalen Interessensgruppen und benachbarter Städte be- stehen keine nennenswerten Nutzungseinschränkungen, da das Konzept auf der Nachnutzung leerstehender Einzelhandelsgeschäfte im zentralen Innenstadtbereich basiert, die städtebaulich und raumordnerisch ausdrücklich für Handel und andere Geschäftsarten vorgesehen sind. Somit ist – im Gegensatz zu Entwicklungen von Outlet Centern auf der „grünen Wiese” – wenn überhaupt, mit einer weitgehend unproblematischen Genehmigungssituation zu rechnen. Trotz der eher entspannten und unkomplizierten Genehmigungssituation, hat bislang kein einziger der großen europäischen Outlet-Center-Entwickler und -Betreiber das Konzept „City Outlet” umgesetzt, noch ist dies – nach aller Voraussicht – in der Zukunft zu erwarten. Dieses ist u.a. der geringen Kapitalmarktfähigkeit geschuldet. So zeigen Hypothekenbanken als auch institutionelle Investoren nach wie vor eine extreme Zurückhaltung bei der Finanzierung von City Outlet-Konzepten. Ob City Out- let Center ein handelbares Produkt am Immobilienmarkt werden, wird sich in der Zukunft zeigen. 1 Daher sind Entwickler und Investoren von City Outlet Centern (hierzu zählen auch die gegenwärtig in anderen Städten als Bad Münstereifel ge- planten Vorhaben) fast ausschließlich lokal und regional verwurzelte Personen bzw. Unternehmer, die – zumindest in der Anfangsphase – die Finanzierung mit Eigenka- pital (ggf. unterstützt durch ergänzende Kredite örtlicher Sparkassen) stemmen müssen. Da es bislang in Europa nur ein einziges, in Betrieb befindliches City Outlet Center gibt, ist die Datenlage zu den wirtschaftlichen Kennziffern (z.B. Flächenproduktivitäten, Miet- preisansätze, Mietnebenkosten) sowie zu den tatsächlichen Einzugsgebieten solcher Vorhaben vergleichsweise schwach. 2 Gewisse Hinweise gibt eine empirische Untersu- chung zur Besucherherkunft des City Outlet Centers in Bad Münstereifel, welche im 1 Einzelne Geschäftsgebäude – als Teil eines solchen City Outlet Center-Konzepts – sind sicher handelbare Objekte. Aber ob und in wie weit City Outlet Center als Summe vieler einzelner über die Haupteinkaufsstraße verstreut liegender Immobilien zusammengenommen und als einheitliches Produkt (vergleichbar einem Shop- ping- oder Fachmarktcenter) an institutionelle Investoren veräußert werden können, und hier überhaupt eine Nachfrage nach einem solchen Produkt besteht, bleibt zumindest fraglich. 2 Angaben zur Zahl der jährlichen Besucher sind mit gewissen Zweifeln zu versehen, da – anders als in einem herkömmlichen Outlet Center oder Shoppingcenter – innerhalb des öffentlichen Stadtraumes die Passanten- zählanlagen kaum zwischen Outlet-Besuchern und sonstigen Besuchern einer Stadt unterscheiden können. Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 13
Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführt wurde. 1 Hierbei konnte festgestellt werden, daß „das Einzugsgebiet des Standorts Bad Münstereifel einen eher regionalen Charakter auf(weist). Die Bereitschaft für das City Outlet lange Wege in Kauf zu nehmen, wie dies bei den typischen Outletkunden nachgewiesen werden kann, konnte in Bad Münstereifel nicht nachgewiesen werden.“ 2 In der Differenzierung nach PKW-Fahrzeiten konnte im Jahr 2015 beim City Outlet Bad Münstereifel folgende räumliche Besucherzusammen- setzung festgestellt werden: 3 < 30 PKW-Fahrminuten : 26,5 % 31 – 60 PKW-Fahrminuten : 39,8 % 61 – 90 PKW-Fahrminuten : 20,4 % > 90 PKW-Fahrminuten : 13,3 % Damit kommen gut 2/3 der Besucher des City Outlet Bad Münstereifel aus einem Raum, der in etwa eine PKW-Fahrstunde umfasst. Dies ist ein Einzugsgebiet, das in seiner räumlichen Ausdehnung sicherlich deutlich weiter gefasst ist, als ein vergleichbar di- mensioniertes Shoppingcenter an diesem Standort erreichen könnte, gleichwohl aber auch keine solche Weiträumigkeit zeigt, wie dies von professionell gemanagten und konzipierten Outlet Center an dezentralen Standorten bekannt ist. Dies mag u.a. auch an der merklich schwächeren „Marketing-Power“ liegen, da ein City Outlet Konzept durch eine niedrigere Marketingumlage über kein vergleichbar großes Marketing-Budget verfügt, wie die Standorte internationaler FOC-Betreiber. 1.2.5 City Outlet Center als Chance zur Revitalisierung notleidener Innenstadt- lagen Der bisherige Erfolg des City Outlet Bad Münstereifel hat auch das Interesse einer Viel- zahl von Städten und Gemeinden an diesem Konzept geweckt, die meist ebenfalls über touristisch attraktive Innenstädte verfügen und hier mit einer z.T. massiven Leerstands- problematik konfrontiert sind. Neben der allgemeinen Standort- und Wettbewerbsent- wicklung im Einzelhandel ist aufgrund der historisch vorgegebenen, kleinteiligen und oft verwinkelten Ladenzuschnitte eine Nachbelegung dieser Ladenleerstände mit Ein- zelhandelsnutzungen häufig nicht mehr möglich. So sind die Ladenflächen – wenn über- haupt – nur an Nutzungen zu vermieten, welche das bestehende „trading down“ noch beschleunigen (z.B. Erotik-Shops, Spielhallen) und eine aus stadtplanerischer Sicht er- forderliche Trendumkehr weiter erschweren. Vor diesem Hintergrund ist verschiedentlich bereits ein Wettrennen verschiedener Ge- meinden innerhalb derselben Region um die Realisierung eines City Outlet Centers zu 1 Vgl. David Bodenheim: City Outlet Bad Münstereifel – eine Analyse der Angebots- und Nachfragestrukturen. Masterarbeit. Geographisches Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 07 / 2015; die Daten basieren auf dem 1. Geschäftsjahr des City Outlet Bad Münstereifel, neuere Angaben liegen nicht vor. 2 Op.cit., S. 94 3 Vgl. op.cit., S. 93 Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 14
erkennen. Dabei ist den jeweiligen Kommunen durchaus bekannt, dass es kaum möglich sein wird, dass innerhalb derselben Region mehrere solche Konzepte nebeneinander langfristig funktionsfähig sein werden. 1 Neben den spezifischen Standortfaktoren und den Marktpotenzialen benötigen City Out- let Centern insbesondere kapitalkräftige Unternehmer, welche bereit sind hier eine ent- sprechende Projektentwicklung zu finanzieren. Große Hypothekenbanken sind nach wie vor zurückhaltend bei der Finanzierung solcher Vorhaben; an ihre Stelle treten häufig lokale Sparkassen mit langjährigen Kundenbeziehungen zu den regional verorteten Pro- jektbetreibern. Eine große Herausforderung stellt zudem die Vermietung dar. Die meis- ten Marken stehen City Outlet Centern noch skeptisch gegenüber, allerdings ist mit dem zunehmendem wirtschaftlichen Erfolg Bad Münstereifels auch das Interesse der Marken gestiegen (vgl. Abb. 3). Herkömmliche Immobilienmakler, die es gewöhnt sind Ge- schäftsflächen an traditionelle Händler oder Filialisten zu vermitteln, sind bei der Ver- mietung von City Outlet Centern meist wenig erfolgreich. Damit gewinnt die professio- nelle Unterstützung von Vermietungsspezialisten der Outlet-Branche, die Zugang zu den betreffenden Entscheidungsträgern der Marken haben, eine besondere Bedeutung; ohne sie ist es nahezu unmöglich, den für die erfolgreiche Umsetzung des Konzepts nötigen Vermietungsstand bei attraktiven Marken zu erreichen. Abb. 3: Das Interesse internationaler Markenhersteller einen Outlet Store in einem „City Outlet Center” anzumieten Quelle: ecostra / Magdus, Outlet Centre Performance Report Europe 2017 1 Ein anschauliches Beispiel konnte 2015/2016 in Mittelfranken (Bayern) gefunden werden, wo die Nachbar- städte Öttingen, Dinkelsbühl und Feuchtwangen zur gleichen Zeit beabsichtigten, ein City Outlet-Konzept zu realisieren. Letztendlich beendeten die Städte Öttingen und Feuchtwangen ihre Planungen, da Machbarkeits- studien ein unzureichendes Potential in ihrem Einzugsgebiet ergaben. Andere City Outlet Center-Projekte wurden meist aufgrund einer fehlenden „kritischen Masse“ an Flächen wieder aufgegeben, so z.B. in Kirch- heimbolanden (Rheinland-Pfalz) und Reutte (Tirol / Österreich). Standortanalyse und Nutzungsgrobkonzept City Outlet Center Bad Lippspringe 2020 15
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