Baden-Württemberg vor der Europawahl 2014
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Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 Baden-Württemberg vor der Europawahl 2014 Monika Hin, Ellen Schneider Monika Hin M. A. war Leiterin Am 25. Mai 2014 findet in Deutschland die Baden-Württembergerinnen und Baden-Würt des Referats „Mikrozensus, Erwerbstätigkeit, Wohnungs achte Direktwahl zum Europäischen Parlament temberger wählen. Bei der Europawahl 1999 wesen, Wahlen“ im Statis- statt. Aufgrund der Schulden- und Finanzkrise – damals fanden die Kommunalwahlen nicht tischen Landesamt Baden- Württemberg. sind europapolitische Themen in den letzten gemeinsam mit den Europawahlen statt – hin- Dr. Ellen Schneider M. A. Jahren in der Öffentlichkeit sehr präsent. Auch gegen lediglich 40,6 %.1 Dennoch bleiben Unter- war Referentin im selben bei der Bundestagswahl im September 2013 schiede im Beteiligungsniveau bei Europa- im Referat. spielte Europa eine wichtige Rolle im Wahl- Vergleich zu Landtags- und Bundestagswahlen. kampf. Schließlich kann die Europawahl 2014 So lag die Wahlbeteiligung in Baden-Württem- zudem als ein erster Stimmungstest für die berg seit der ersten Europawahl im Jahr 1979 Große Koalition auf Bundesebene gewertet im Durchschnitt bei genau 54 %, während bei werden. Inwiefern sich diese Situation auf die Bundestagswahlen im vergleichbaren Zeitraum Höhe der Wahlbeteiligung auswirkt oder ob im Land durchschnittlich gut 80 % erreicht sich der Abwärtstrend bei der Wahlbeteiligung wurden, bei Landtagswahlen knapp 67 %. weiter fortsetzt, bleibt allerdings abzuwarten. Darüber hinaus könnten sich deutliche Ände- Zudem war die Anzahl der ungültigen Stimmen rungen in der Parteienlandschaft ergeben. in Baden-Württemberg – und 2009 auch in den Zum einen werden Europawahlen von den anderen betroffenen Bundesländern – immer Bürgerinnen und Bürgern häufig als Gelegen- dann besonders hoch, wenn gleichzeitig Kom- heit wahrgenommen, ihrer Unzufriedenheit munal- und Europawahlen stattfanden. 1994 mit der Landes- oder Bundespolitik Ausdruck lag der Anteil der ungültigen Stimmen in Baden- zu verleihen. Zum anderen wurde die Sperr- Württemberg bei 4,7 %, 2004 bei 3,7 % und klausel nach einem Bundesverfassungsgerichts- 2009 bei 3,8 %. Im Vergleich dazu fiel die Un- urteil von 5 zunächst auf 3 % herabgesetzt. gültigkeitsquote bei Bundestags- und Land- Gemäß Urteil vom 26. Februar 2014 wurde tagswahlen stets deutlich niedriger aus, seit schließlich auch diese eingeführte Dreiprozent- Beginn der 1970er-Jahre bewegte sie sich sperrklausel als verfassungswidrig eingestuft. immer klar unter 2 %. Die im Rahmen der Die Erfolgschancen kleinerer Parteien dürften Repräsentativen Wahlstatistik2 in Baden-Würt sich im Vergleich zu 2009 somit definitiv er temberg erhobenen Ungültigkeitsgründe zeigen höhen. Der folgende Beitrag wird einen Rück- in diesem Zusammenhang, dass 2009 von den blick auf die Europawahl 2009 und frühere insgesamt 149 083 ungültigen Stimmen 72,3 % Europawahlen in Baden-Württemberg geben auf leere oder durchgestrichene Stimmzettel sowie über Änderungen des Wahlrechts bei entfielen, also vermutlich absichtlich ungültig der diesjährigen Europawahl informieren. abgegeben wurden. Wie in Schaubild 1 deutlich wird, lag die Wahl- 1 Dieses Bild zeigte sich 2009 auch im gesamten beteiligung bei der Europawahl 2009 in Baden- Bundesgebiet: Mit Aus- Niedrige Wahlbeteiligung bei Europawahlen Württemberg mit 52,0 % deutlich über dem nahme von Sachsen- Anhalt lag die Wahlbe- trotz der Zusammenlegung mit Kommunal- EU- und auch dem Bundesdurchschnitt (43,0 % teiligung bei der Europa- wahlen bzw. 43,3 %). Lediglich in den beiden Stadt- wahl 2009 in allen Län- dern, in denen gleichzei- kreisen Mannheim (40,9 %) und Pforzheim tig Kommunal- und Eu- In Baden-Württemberg und anderen Bundes- (41,7 %) fiel die Beteiligungsquote unter die ropawahlen stattfanden, über dem Bundesdurch- ländern war die Wahlbeteiligung bei Europa- durchschnittlichen Werte der EU und Deutsch- schnitt. wahlen bislang immer deutlich niedriger als lands. Den größten Wahleifer besaßen die 2 Die Repräsentative Wahl- bei Bundestags- oder Landtagswahlen. Die Zu- Wahlberechtigten im Alb-Donau-Kreis (58,6 %). statistik ist eine Stich- probenerhebung der sammenlegung der Europa- und Kommunal- amtlichen Statistik, die wahlen in Baden-Württemberg scheint sich Informationen über die Wahlbeteiligung und die positiv auf die Beteiligung bei den Europa- Beteiligungsquote steigt tendenziell mit Stimmabgabe nach Alter wahlen ausgewirkt zu haben. In den Jahren dem Alter und Geschlecht liefert. Bei der Wahlbeteiligung 1994, 2004 und 2009, in denen beide Wahlen werden nur die Wahlbe- gleichzeitig stattfanden, gingen zwischen 52,0 % Die Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatis rechtigten ohne Wahl- schein betrachtet. (2009) und 66,4 % (1994) der wahlberechtigten tik in Baden-Württemberg zeigen für Europa-, 38
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 Land, Kommunen Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2009 in den Stadt- und Landkreisen S1 Baden-Württembergs, in Deutschland und in der Europäischen Union (EU-27) Alb-Donau-Kreis (LKR) 58,6 Main-Tauber-Kreis (LKR) 57,2 Breisgau-Hochschwarzwald (LKR) 57,1 Tübingen (LKR) 56,1 Biberach (LKR) 55,7 Esslingen (LKR) 55,2 Neckar-Odenwald-Kreis (LKR) 55,1 Ludwigsburg (LKR) 54,9 Rhein-Neckar-Kreis (LKR) 54,7 Emmendingen (LKR) 54,3 Sigmaringen (LKR) 54,2 Böblingen (LKR) 53,8 Enzkreis (LKR) 53,5 Hohenlohekreis (LKR) 53,3 Karlsruhe (LKR) 53,2 Heilbronn (LKR) 53,2 Calw (LKR) 53,1 Rems-Murr-Kreis (LKR) 53,0 Ravensburg (LKR) 52,5 Tuttlingen (LKR) 52,4 Stuttgart (SKR) 52,3 Bodenseekreis (LKR) 52,3 Baden-Württemberg 52,0 Ostalbkreis (LKR) 51,9 Freudenstadt (LKR) 51,8 Heidelberg (SKR) 51,4 Rottweil (LKR) 51,3 Reutlingen (LKR) 51,3 Göppingen (LKR) 51,1 Ortenaukreis (LKR) 51,0 Freiburg im Breisgau (SKR) 50,9 Waldshut (LKR) 50,6 Rastatt (LKR) 49,7 Konstanz (LKR) 49,2 Zollernalbkreis (LKR) 49,2 Schwarzwald-Baar-Kreis (LKR) 48,7 Schwäbisch Hall (LKR) 48,6 Heidenheim (LKR) 48,3 Ulm (SKR) 47,9 Baden-Baden (SKR) 47,9 Lörrach (LKR) 47,8 Karlsruhe (SKR) 44,8 Heilbronn (SKR) 44,4 Deutschland 43,3 EU-27 43,0 Pforzheim (SKR) 41,7 Mannheim (SKR) 40,9 Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 112 14 Bundestags- und Landtagswahlen eine tenden- die Wahlbeteiligung dagegen bei den 60- bis ziell mit dem Alter steigende Wahlbeteiligung. 69-Jährigen aus, etwa sechs von zehn Wahl- Die mit Abstand niedrigste Wahlbeteiligung berechtigten dieser Altersgruppe beteiligten wiesen bei der Europawahl 2009 die 21- bis sich (rund 58 %). 29-jährigen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger auf. Mit einer Quote Wie bereits bei früheren Wahlen wählten die von rund 32 % nahm nicht einmal jeder Dritte Baden-Württembergerinnen (47,2 %) auch bei dieser Altersgruppe an der siebten Direktwahl der Europawahl 2009 etwas seltener als die des Europaparlamentes teil. Am höchsten fiel Baden-Württemberger (48,2 %). Dies resultiert 39
Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 allerdings vor allem aus der niedrigen Wahl- sich die Liberalen mehr als verdoppeln und beteiligung älterer Frauen. In der Altersgruppe steigerten sich um 7,3 Prozentpunkte auf 14,1 %. der 70-Jährigen und Älteren beteiligten sich DIE LINKE legte bei der Europawahl 2009 eben- 58,9 % der Männer, aber nur 47,6 % der Frauen. falls zu, und zwar um nahezu 2 Prozentpunkte In den Altersgruppen der 18- bis 29-Jährigen auf nun 3,0 % der gültigen Stimmen. sowie der 35- bis 49-Jährigen nahmen dagegen mehr Frauen als Männer an der Europawahl teil. Bei Europawahlen ist der Stimmenanteil der sonstigen Parteien immer auffallend hoch. Bei vier der letzten fünf Europawahlen überschritt Historisch niedrige Ergebnisse für CDU und er in Baden-Württemberg 10 %. Auch 2009 SPD, Rekordergebnisse für GRÜNE, FDP und wählte rund jeder neunte Baden-Württember- DIE LINKE ger (11,2 %) eine der kleineren Parteien. Die Tatsache, dass aus dem Europäischen Parla- Die Christdemokraten erzielten 2009 mit 38,7 % ment keine Regierung hervorgeht und strate- der gültigen Stimmen ihr bislang niedrigstes gisches Wählen – beispielsweise für eine be- Ergebnis bei einer Europawahl in Baden-Würt stimmte Koalition – somit weniger bedeutsam temberg. Die CDU blieb zwar mit Abstand ist, kommt den sonstigen Parteien dabei sicher- stärkste Partei, musste gegenüber 2004 aller- lich zugute. Da die noch bei der Europawahl dings Verluste in Höhe von 8,7 Prozentpunk- 2009 geltende Fünfprozentsperrklausel infolge ten hinnehmen (Tabelle 1). Die SPD verlor in zweier Bundesverfassungsgerichtsurteile für Baden-Württemberg im Vergleich zur Europa- die Europawahl 2014 abgeschafft wurde, er- wahl 2004 ebenfalls (– 1,5 Prozentpunkte) und höht sich die Wahrscheinlichkeit für Kandida- rutschte mit 18,1 % Stimmenanteil nun bereits tinnen und Kandidaten sonstiger Parteien, zum zweiten Mal nach 2004 (19,6 %) unter die tatsächlich auch den Sprung ins Europaparla- Zwanzigprozentmarke. Innerhalb von 30 Jahren ment zu schaffen. ist der gemeinsame Stimmenanteil der beiden großen Volksparteien in Baden-Württemberg Nach der Europawahl 2009 zogen insgesamt somit deutlich gesunken, und zwar von knapp 99 Abgeordnete aus Deutschland in das Euro- 87 % bei der ersten Direktwahl zum Europa- päische Parlament ein, darunter zwölf Abge- parlament im Jahr 1979 auf noch rund 57 % ordnete mit Wohnsitz in Baden-Württemberg. bei der letzten Europawahl. CDU/CSU stellten bundesweit 42 Abgeordnete, darunter sechs Abgeordnete aus Baden-Würt Die GRÜNEN legten 2009 hingegen leicht zu temberg. Die SPD konnte 23 Abgeordnete ins (+ 0,6 Prozentpunkte) und erzielten mit 15,0 % Europaparlament entsenden, die GRÜNEN 14 der gültigen Stimmen ihr bislang bestes Ergeb und die FDP 12. Aus Baden-Württemberg nis bei Europawahlen in Baden-Württemberg. kamen bei SPD, GRÜNEN und FDP jeweils zwei Auch die FDP verzeichnete Rekordwerte in Abgeordnete. DIE LINKE stellte acht Abgeord- ihrem „Stammland“. Gegenüber 2004 konnten nete, darunter keine Baden-Württemberger. T1 Endgültige Ergebnisse der Europawahlen in Baden-Württemberg seit 1979 Bezeichnung Einheit 1979 1984 1989 1994 1999 2004 2009 Wahlberechtigte 1 000 6 271,7 6 641,1 6 953,7 7 197,5 7 266,4 7 487,1 7 635,8 Wahlbeteiligung % 59,2 48,2 58,4 66,4 40,6 53,1 52,0 Gültige Stimmen 1 000 3 682,4 3 161,2 4 013,9 4 557,7 2 923,6 3 830,4 3 819,5 davon CDU % 52,3 50,9 39,3 42,0 50,9 47,4 38,7 SPD % 34,3 27,3 29,1 26,6 26,1 19,6 18,1 GRÜNE % 4,5 10,1 10,0 13,2 9,8 14,4 15,0 FDP % 8,1 7,1 7,2 5,2 4,9 6,8 14,1 DIE LINKE1) % X X X 0,5 1,1 1,1 3,0 Sonstige % 0,7 4,6 14,5 12,6 7,2 10,7 11,2 1) Bis 2004: PDS. 40
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 Land, Kommunen Wahlrechtliche Grundlagen Bis einschließlich der Europawahl 2009 gab der Europawahl es eine Fünfprozentsperrklausel, durch die Parteien nur dann bei der Sitzzuteilung be- Die Wahlen zum Europäischen Parlament rücksichtigt wurden, wenn sie bundesweit finden alle 5 Jahre statt und sind in ihren mindestens 5 % der Stimmen erhielten. Das Grundzügen im sogenannten „Direktwahl- Bundesverfassungsgericht erklärte diese akt“ der EU festgelegt. Dort wird zwar die Sperrklausel in seinem Urteil vom 9. No- Verhältniswahl vorgeschrieben, die ge- vember 2011 für nicht mit dem Grundge- nauen Regeln für die Wahl unterscheiden setz vereinbar. Auch die neu eingeführte sich jedoch nach wie vor von Mitgliedstaat Dreiprozentsperrklausel wurde im Urteil zu Mitgliedstaat, so die Wahltermine und vom 26. Februar 2014 als verfassungswid- -zeiten, die Einteilung in Wahlkreise, die rig eingestuft. Die Sitzzuteilung auf die Par- Frage der Altersgrenze für die Wählbarkeit teien erfolgt seit der Europawahl 2009 nach der Kandidaten und die Sperrklauseln für dem Verfahren „Sainte-Laguë/Schepers“ die Parteien. (Divisormethode mit Standardrundung). In Deutschland wird die Europawahl – anders Die Bürgerinnen und Bürger der EU können als die Bundestagswahl mit ihrem gemisch- seit den Europawahlen 1994 das aktive und ten Mehrheits- und Verhältniswahlrecht – in passive Wahlrecht entweder in ihrem Heimat- einer reinen Verhältniswahl durchgeführt. land oder in ihrem Wohnsitz-Mitgliedstaat Die Parteien können Wahlvorschläge in Form ausüben. Anders als bei Bundestags- und von Listen für einzelne Bundesländer (Lan- Landtagswahlen sind für Europawahlen so deslisten) oder eine gemeinsame Liste für mit nicht nur deutsche Staatsbürger, sondern alle Länder (Bundesliste) aufstellen. Jeder auch die sogenannten Unionsbürger mit Wähler kann dann eine Stimme an die Lan- Wohnsitz in Deutschland wahlberechtigt. des- bzw. Bundesliste einer Partei vergeben. Allerdings müssen die Unionsbürger vor der Bei der Europawahl 2014 gibt es für die Ver- Wahl im Wählerverzeichnis ihrer Wohnsitz- teilung der Sitze keine Sperrklausel mehr. gemeinde eingetragen sein. CDU verlor in allen Stadt- und Landkreisen Heilbronn (24,2 %) sowie im Landkreis Schwä- Baden-Württembergs, FDP und DIE LINKE bisch-Hall (23,4 %). Am schlechtesten schnitt gewannen durchgängig die SPD in den CDU-Hochburgen Biberach (10,8 %) und Sigmaringen (11,5 %) sowie in Die CDU verlor bei der Europawahl 2009 in Ravensburg (11,6 %) ab. Gerade einmal eine allen Stadt- und Landkreisen Baden-Württem- von neun gültigen Stimmen wurde in diesen bergs deutlich, in elf Kreisen musste sie sogar Landkreisen für die SPD abgegeben. Die SPD zweistellige Verluste hinnehmen. In zwei erreichte 2009 lediglich noch in 27 Kreisen den Stadtkreisen wurden die Christdemokraten zweithöchsten Stimmenanteil nach der CDU. zudem lediglich zweitstärkste Kraft hinter den Bei der Europawahl 2004 lag sie noch in 38 der GRÜNEN, und zwar – wie bereits 2004 – in 44 baden-württembergischen Stadt- und Land- Freiburg im Breisgau sowie zusätzlich in Heidel- kreise auf Platz 2. berg. In drei Landkreisen konnte die CDU trotz durchgängiger Verluste einen Stimmenanteil Bei der Europawahl 2009 verringerte sich der von mehr als 50 % erzielen, und zwar in ihren Rückstand der GRÜNEN auf die Sozialdemo- traditionellen Hochburgen Neckar-Odenwald- kraten von 5,2 Prozentpunkten im Jahr 2004 Kreis (53,4 %), Sigmaringen (51,3 %) und Biber- auf noch 3,1 Prozentpunkte. Auch wenn die ach (50,8 %). Unter die Dreißigprozentmarke GRÜNEN in Freiburg im Breisgau ihre höchs fielen die Christdemokraten in den drei Stadt- ten Verluste einfuhren (– 4,3 Prozentpunkte), kreisen Freiburg im Breisgau (24,2 %), Heidel- erzielten sie hier mit 32,5 % erneut ihren bei berg (27,4 %) und Stuttgart (29,1 %). Weitem höchsten Stimmenanteil. Bereits 2004 waren sie hier stärker als die CDU. 2009 Auch die SPD verlor mehrheitlich. Lediglich konnten die GRÜNEN die Christdemokraten in vier Kreisen – im Hohenlohekreis (+ 2,9 Pro- darüber hinaus auch in Heidelberg (28,6 %) zentpunkte), in Schwäbisch-Hall (+ 2,5 Prozent- von Rang 1 in der Wählergunst verdrängen. punkte), in Freiburg im Breisgau (+ 0,9 Pro- In weiteren vier Kreisen – im Landkreis Tübin- zentpunkte) und in Pforzheim (+ 0,8 Prozent- gen sowie den Stadtkreisen Stuttgart, Karls- punkte) – konnte sie hinzugewinnen. Ihre bes ruhe und Ulm – erzielten die GRÜNEN einen ten Ergebnisse erzielten die Sozialdemokraten Stimmenanteil von 20 % und mehr. Neben in den Stadtkreisen Mannheim (27,2 %) und den Verlusten in Freiburg im Breisgau ver- 41
Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 Die FDP konnte in allen baden-württember- Parteien-Hochburgen bei der Europawahl 2009 gischen Kreisen kräftig hinzugewinnen. Mit S2 in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs Abstand am höchsten fiel die Steigerung des FDP-Anteils dabei im Landkreis Freudenstadt Hochburgen von: mit einem Plus von 19,7 Prozentpunkten aus. CDU Main- Lediglich im Stadtkreis Freiburg im Breisgau SPD GRÜNE Mann- Neckar- Tauber- Kreis (+ 4,4 Prozentpunkte) und im Landkreis Heiden- heim Odenwald- FDP Heidel- Kreis heim (+ 4,8 Prozentpunkte) blieben die Zuge- DIE LINKE berg Rhein- winne unter 5 Prozentpunkten. Ihr klar bestes Neckar- Hochburgen Kreis LKR Heilbronn Hohenlohe- kreis Ergebnis erreichte die FDP mit einem Stimmen- mehrerer Parteien: LKR Heil- Schwäbisch Hall anteil von 26,7 % im Landkreis Freudenstadt, Karlsruhe bronn CDU, FDP gefolgt von den Landkreisen Tuttlingen (18,5 %), GRÜNE, DIE LINKE Karlsruhe SPD, DIE LINKE Enzkreis Ludwigsburg Böblingen und Rottweil (jeweils 16,3 %). Ledig- Rastatt Pforz- heim Rems-Murr- Kreis Ostalbkreis lich im Stadtkreis Freiburg im Breisgau (9,6 %) Baden- Stuttgart sowie in zwei Landkreisen – Heidenheim und Baden Calw Neckar-Odenwald-Kreis (jeweils 9,9 %) – er- Böblingen Esslingen Göppingen Heidenheim zielten die Liberalen weniger als 10 % der Tübingen gültigen Stimmen. Darüber hinaus konnte die Freudenstadt Ortenaukreis Reutlingen Alb- Donau- FDP 2009 in sieben Landkreisen zweitstärkste Ulm Kreis Kraft hinter der CDU werden, 2004 war ihr Rottweil Zollernalbkreis das in keinem baden-württembergischen Emmendingen Kreis gelungen. Biberach Schwarzwald- Freiburg Sigmaringen Baar- Tuttlingen i. Br. Kreis Wie die FDP konnte DIE LINKE in allen baden- Breisgau-Hochschwarzwald württembergischen Stadt- und Landkreisen Konstanz Ravensburg hinzugewinnen und erzielte mit 3,0 % ihr bis- Lörrach Bodensee- Waldshut kreis lang bestes Ergebnis bei Europawahlen in Bo de n se Baden-Württemberg. Dennoch übersprang e sie lediglich in den Stadtkreisen Freiburg im *) Hochburgen einer Partei sind die sieben Stadt- und Landkreise, in denen diese Partei die höchsten Stimmenanteile erzielt hat. Breisgau (5,7 %) und Mannheim (5,1 %) die Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 24-24-14-01M © Kartengrundlage GfK GeoMarketing GmbH (bundesweit angewandte) Fünfprozenthürde. Landesinformationssystem Karte erstellt mit RegioGraph Ihre schlechtesten Ergebnisse erzielte DIE LINKE bei der Wahl 2009 in den Land kreisen Rottweil (1,9 %), Waldshut (2,0 %) buchten die GRÜNEN in fünf weiteren Stadt- und Sigmaringen (2,1 %). und Landkreisen einen leichten Stimmen- rückgang, dieser war allerdings nie höher als Insgesamt lässt sich mit Blick auf die regionalen – 0,5 Prozentpunkte. Besonderheiten bei Europawahlen festhalten, S3 Stimmabgabe für ausgewählte Parteien bei der Europawahl 2009 in Baden-Württemberg nach Altersgruppen Anteile in % 18 bis 24 Jahre 25 bis 34 Jahre 35 bis 44 Jahre 45 bis 59 Jahre 60 Jahre und älter 50,4 33,3 31,5 32,3 28,6 19,1 20,4 19,7 18,5 21,0 19,6 17,4 17,0 15,3 15,5 15,3 14,7 15,9 14,9 13,8 13,3 12,2 11,0 8,3 6,4 2,9 2,8 2,6 4,0 2,4 CDU SPD GRÜNE FDP DIE LINKE Sonstige Datenquelle: Ergebnisse der Repräsentativen Wahlstatistik. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 113 14 42
Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 Land, Kommunen dass sich die Kräfteverhältnisse zwischen den 45- bis 59-Jährigen vom zweiten Rang ver- Parteien in Baden-Württemberg seit der ersten drängen. Ihren insgesamt größten Rückhalt Direktwahl zum Europäischen Parlament im hatten sie bei den 35- bis 44-Jährigen. In die- Jahr 1979 deutlich verschoben haben. Die ser Altersgruppe wurde mehr als jede fünfte Hochburgen der Parteien allerdings, also jene Stimme (21,0 %) für die GRÜNEN abgegeben. sieben Stadt- und Landkreise, in denen die Hinter dem insgesamt leichten Plus der Parteien bei den Europawahlen am besten GRÜNEN gegenüber der Europawahl 2004 abgeschnitten haben, sind – mit Ausnahme stecken sowohl Stimmengewinne (bei den der FDP-Hochburgen – relativ konstant ge über 45-Jährigen), als auch Stimmenrückgänge blieben (Schaubild 2). (bei den unter 45-Jährigen). Auch 2009 wurden die GRÜNEN wieder häufiger von Frauen (16,9 %) als von Männern (13,0 %) gewählt. CDU weiterhin in allen Altersgruppen stärkste Partei Auch bei der Europawahl 2009 blieb die CDU Sitzverteilung im Europäischen T2 trotz durchgängiger Verluste in allen Alters- Parlament nach der Wahl 2014*) gruppen stärkste Kraft in Baden-Württemberg (Schaubild 3). Am stärksten schnitten die Christ- Sitze nach der Bevölkerung am demokraten bei den 60-Jährigen und Älteren Mitgliedstaat Wahl 2014 1. Januar 20131) ab, von denen sich gut jeder zweite Wähler (50,4 %) für die CDU entschied. Die Betrachtung Anzahl Mill. der Stimmabgabe nach Geschlecht zeigt da rüber hinaus, dass die CDU häufiger von Deutschland 96 80,5 Frauen (39,8 %) als von Männern (37,6 %) Frankreich 74 65,6 gewählt wurde. Ihren insgesamt größten Er- Vereinigtes Königreich 73 63,9 folg erzielte die CDU bei den 60-jährigen und Italien 73 59,7 älteren Baden-Württembergerinnen (52,6 %), Spanien 54 46,7 den geringsten bei den Erst- und Jungwähle- rinnen (27,9 %). Polen 51 38,5 Rumänien 32 20,1 Niederlande 26 16,8 SPD gewinnt bei jüngeren Wählern Belgien 21 11,2 leicht hinzu Griechenland 21 11,1 Die baden-württembergischen Sozialdemo- Tschechische Republik 21 10,5 kraten konnten in den Altersgruppen der 18- bis Portugal 21 10,5 34-Jährigen zumindest leicht hinzugewinnen, Ungarn 21 9,9 in allen anderen Altersgruppen verzeichneten Schweden 20 9,6 sie Verluste. Ihren höchsten Stimmenanteil er- Österreich 18 8,5 zielte die SPD erneut bei den Senioren (20,4 %). Bulgarien 17 7,3 Die Gruppe der 60-Jährigen und Älteren ist zudem die einzige Altersgruppe, in der die SPD Dänemark 13 5,6 noch zweitstärkste Kraft in Baden-Württemberg Finnland 13 5,4 ist. Traditionell wird die SPD etwas häufiger Slowakei 13 5,4 von Männern als von Frauen gewählt, so auch Irland 11 4,6 bei der 2009er-Wahl: 18,7 % der Baden-Würt Kroatien 11 4,3 temberger im Vergleich zu 17,5 % der Baden- Württembergerinnen machten ihr Kreuz bei Litauen 11 3,0 den Sozialdemokraten. Slowenien 8 2,1 Lettland 8 2,0 Estland 6 1,3 GRÜNE mittlerweile lediglich bei Senioren Zypern 6 0,9 nicht auf Rang 2 der Wählergunst Luxemburg 6 0,5 Die GRÜNEN waren bereits bei der Europa- Malta 6 0,4 wahl 2004 in den Altersgruppen der 18- bis EU gesamt 751 505,7 44-jährigen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger zweitstärkste Kraft hin- ter der CDU. Bei der Wahl von 2009 konnten *) Informationen: Europäisches Parlament. – 1) Datenquelle: Eurostat (teilweise vorläufige Ergebnisse). sie die SPD nun auch in der Altersgruppe der 43
Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2014 FDP mit Zuwächsen bei Männern und Frauen Änderungen der Sitzverteilung sowie in allen Altersgruppen im Europäischen Parlament Bei der Europawahl 2009 erzielte die FDP in Nach der Europawahl 2014 wird Deutschland Baden-Württemberg durchgängig Gewinne. mit 96 statt wie bisher 99 Abgeordneten im Ihre stärksten Stimmenzuwächse verzeichneten Europäischen Parlament vertreten sein. Ins die Liberalen bei den 35- bis 44-Jährigen gesamt werden 751 Abgeordnete aus 28 Mit- (+ 8,8 Prozentpunkte), die vergleichsweise gliedstaaten ab 2014 im Europäischen Parla- geringsten bei den Erst- und Jungwählern ment sitzen (Tabelle 2). Bei der Verteilung der (+ 5,5 Prozentpunkte). Wie bereits bei früheren Abgeordnetenkontingente sind die kleineren Wahlen erfuhr die FDP auch 2009 bei den Ba- Länder in Bezug auf ihre Einwohnerzahlen be- den-Württembergern (15,7 %) einen stärkeren wusst stärker repräsentiert als die großen. Rückhalt als bei den Baden-Württemberge- Eine gleichmäßige, proportionale Vertretung rinnen (12,5 %). Insgesamt schnitten die Libe- wäre aufgrund der großen Unterschiede in ralen bei den 25- bis 34-jährigen Männern am den Bevölkerungszahlen nur schwierig durch- stärksten ab (20,1 %). führbar. DIE LINKE bei Männern erfolgreicher als bei Frauen Nahezu doppelt so viele Baden-Württemberger wie Baden-Württembergerinnen wählten DIE LINKE bei der Europawahl 2009 (3,9 % Stimmenanteil bei den Männern im Vergleich zu 2,1 % bei den Frauen). Besonders erfolg- Weitere Auskünfte erteilen reich war DIE LINKE mit einem Anteil von 4,0 % Monika Hin, Telefon 0711/641-26 04, zudem bei den 45- bis 59-Jährigen. In dieser Monika.Hin@stala.bwl.de Altersgruppe waren gleichzeitig auch ihre Zu- Dr. Ellen Schneider, Telefon 0711/641-24 27, gewinne (+ 2,7 Prozentpunkte) am höchsten. Ellen.Schneider@stala.bwl.de kurz notiert ... Spitzenergebnis bestätigt gungsbetrieben mit zehn und mehr Betten oder Stellplätzen erhöhte sich im Jahr 2013 auf So die Präsidentin des Statistischen Landes- 18,7 Mill. Das sei ein neu-er Rekord in Baden- amtes, Dr. Carmina Brenner, Mitte Februar im Württemberg, sagte Brenner. Die für das Ge- Interview mit dem SWR-Fernsehen nach der werbe bedeutendere Übernachtungszahl nahm Pressekonferenz zum Tourismus im Jahr 2013. ebenfalls um 84 000 auf den bisherigen Höchst- Die Anzahl der Gästeankünfte in Beherber- stand von 47,8 Mill. zu. Dieses Plus von knapp 0,2 % habe das Spitzenergebnis aus dem Jahr 2012 bestätigt. Regional gab es allerdings deut- liche Unterschiede in der Tourismusbilanz, die auch vom Präsidenten des Tourismusverbandes Baden-Württemberg und Tourismusminister Alexander Bonde und dem Geschäftsführer der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württem- berg Andreas Braun auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Statistischen Landes- amt umfassend erläutert wurden. Brenner dankte allen Betrieben im Land mit Auskunftspflicht für ihre fristgerechten monat- lichen Lieferungen. Nur so sei es möglich, dass die monatlichen Zahlen der Gästeankünfte und Übernachtungen und viele weitere Angaben schon rund 6 Wochen nach Monatsende unter www.statistik-bw.de (Dienstleistungen/Touris- mus) abgerufen werden können. 44
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