Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik

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Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
Batteriezellförderung –
ein Beispiel erfolgreich
transformativer Industriepolitik

                           bmwk.de
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
Öffentlichkeitsarbeit
11019 Berlin
www.bmwk.de

Stand
April 2022

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Gestaltung
PRpetuum GmbH, 80801 München

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Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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Inhalt

1 Ausgangslage                        . ...................................................................................................................................................................................................................   2

2 Ein „kleines Einmaleins“ der Batteriezelltechnik                                                                                                   ....................................................................................................    4
  2.1 Was ist eine Batterie und welche Bestandteile hat sie?....................................................................................... 5
  2.2 Wie funktioniert eine Batterie und wie wird sie hergestellt?. ....................................................................... 7

3 Marktentwicklung                                   .................................................................................................................................................................................................    10

4 Nationale Förderung europäisch genehmigt: das Beihilferegime der IPCEIs 15                                                                                                                                                                   .......

  4.1 Was sind die IPCEIs?. .................................................................................................................................................................................. 16
  4.2 Zwei IPCEIs – ein Ziel................................................................................................................................................................................. 16

5 Die Batterie-Wertschöpfungskette                                                                         . ..........................................................................................................................................   19

6 Das Umfeld für Batterien: das Batterie-Ökosystem                                                                                                              ......................................................................................   21
  6.1      Förderkonzept...................................................................................................................................................................................................... 22
  6.2      Flankierende Forschungsförderung.......................................................................................................................................... 23
  6.3      Fachkräftesicherung..................................................................................................................................................................................... 23
  6.4      Vernetzungsmaßnahmen....................................................................................................................................................................... 24

7 Europäische & internationale Aktivitäten                                                                                    ........................................................................................................................   26

8 Nachhaltigkeit                          . ..........................................................................................................................................................................................................    29
  8.1 Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Batteriezellfertigung. ..................................................................... 30
  8.2	Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Batterieproduktion. ........................................................... 31
  8.3 Innovationen zu kritischen Rohstoffen in Batteriezellen............................................................................... 31

ANNEX: Die Batterie-IPCEIs – 15 Success Stories in ganz Deutschland                                                                                                                                                        ............................   33
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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      1 Ausgangslage

    Mit der Energie- und Verkehrswende steigt auch der Bedarf an Batterien
    zur Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien. Über Jahrzehnte
    waren Unternehmen aus Deutschland Weltmarktführer für Batterien
    sowie deren leistungs- und wertschöpfungsintensivste Komponente: die
    Batteriezellen. Vor rund 30 Jahren galten Batterien als umweltschädlich,
    die Lehrstühle an Hochschulen wurden geschlossen, viele Unternehmen
    stellten ihre Aktivitäten ein. Erst in den letzten Jahren wurde die Bedeu-
    tung von Batterien für das Gelingen der Energiewende und für die Elek-
    tromobilität im Verkehr wieder erkannt. Deutschland und Europa hatten
    jedoch den Anschluss an die moderne Lithium-Ionen-Technologie weit-
    gehend verloren.

    In dieser Situation leistete der Aufbau neuer Lehrstühle an Universitäten
    Grundlagenarbeit für die Erforschung von modernen Batteriematerialien
    und für die Weiterentwicklung von Prozesstechnologien. Inzwischen gilt
    die Forschung in Deutschland wieder als international wettbewerbsfähig
    – dies spiegelt sich auch in Publikationen und Patentanmeldungen. Die
    Forschungsziele konzentrieren sich auf die Minderung von Treibhausgas-
    emissionen, die Fortentwicklung der Batteriesysteme der Zukunft sowie
    auf den Transfer der Ergebnisse in Pilotanlagen.

    Ein Problem blieb die fehlende Umsetzung in eine Massenfertigung.
    Daher einigten sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima­
    schutz (BMWK) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung
    (BMBF) in 2018 auf ein Konzept, um in diesem Gebiet Wertschöpfung
    in Deutschland zu generieren. Unternehmen sollten in die Lage versetzt
    werden, dass auf diesem Gebiet profitable Geschäftsmodelle ermöglicht
    werden, um somit das volle Potenzial von modernen Stromspeichern
    auszuschöpfen. Zugleich hat das BMWK zur Förderung der Vorhaben die

    Abbildung 1: Lithium-Ionen-Batterien haben viele Anwendungsfelder
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
1 AU S G A N G S L A G E   3

Bundesmittel aufgestockt und zwischen 2019 und 2021 knapp 3 Mrd.
Euro für die Förderung von Investitionen in Forschung und Produktion
von Batterien bereitgestellt.

Damit wurde der Ansatz einer transformierenden Industriepolitik am
Beispiel der Batteriezellfertigung umgesetzt. Die Investitionsprozesse
sind alle privatwirtschaftlich getrieben und finanziert. Der Bund hat sich
durch die wettbewerblichen Ausschreibungen als Impulsgeber, nicht
aber als eigenständiger Marktteilnehmer eingebracht. Eingebettet ist die-
ser Impuls in eine mit den europäischen Partnern harmonisierte Stra-
tegie. Mit diesem Ansatz einer aktivierenden Industriepolitik wird die
ordnungspolitische Linie der Sozialen Marktwirtschaft gestärkt und die
grüne Transformation in einem Schlüsselfeld der deutschen Wirtschaft
entscheidend vorangetrieben. Und immer mehr Bürgerinnen und Bür-
ger haben entweder als Beschäftigte oder als Verbraucherinnen und Ver-
braucher Anteil am Aufbau klimaschonender Produkte und Verfahren.

Diese Entwicklung in den Bereichen Elektromobilität und Batterien
ist Resultat der seit über 10 Jahren verfolgten konsequenten Strate-
gie der Bundesregierung, Forschungskapazitäten und Wissen für neue
Speichertechnologien aufzubauen. Diese Strategie wird auch unter der
aktuellen Bundesregierung konsequent fortgeführt werden. Ein beson-
derer Fokus liegt dabei auf Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz
beim Aufbau der Elektromobilität und der Produktion ihres Herzstücks,
den Batterien und Batteriezellen. In Deutschland und Europa gefertigte
Batteriezellen sollen die internationalen Benchmarks bilden für Leis-
tungsfähigkeit, für nachhaltige Produktions- und Entsorgungsverfahren
sowie für faire Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette. Diese
Kriterien sind essenzielle Bestandteile einer modernen, auf die klima-
freundliche Transformation ausgerichteten Industriepolitik.
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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   in „kleines Einmaleins“
  der Batteriezelltechnik
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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Batterien sind ständige Begleiter des täglichen                                     arbeitet bereits an den nächsten und übernächs-
Lebens, ob diese nun in kleinen elektronischen                                      ten Zellgenerationen, um die Leistungsparameter
Verbrauchern wie dem Smartphone oder dem                                            weiter zu erhöhen – aber auch, damit der Einfluss
Tablet genutzt werden oder als Energiespeicher in                                   der Batterieproduktion auf die Umwelt noch weiter
Werkzeugen oder Elektroautos den Alltag unter-                                      reduziert wird (s. a. Kapitel 8).
stützen. Als stationäre Energiespeicher können sie
den durch erneuerbare Energiequellen produzier-                                     Mehr Informationen finden Sie hier:
ten Strom zwischenspeichern, bis er benötigt wird.                                            https://www.bmwi.de/Redaktion/
In Autos oder E-Bussen leisten Lithium-Ionen-­                                                DE/Artikel/Technologie/multitouch-
Batterien (LIB) bereits heute einen großen Beitrag                                            tisch.html
zu einer nachhaltigen Mobilität.

Die Anwendungsfelder von Batterien sind von                                         2.1 Was ist eine Batterie und welche
der jeweiligen Energiedichte (gespeicherte Energie                                      Bestandteile hat sie?
bezogen auf Volumen oder Masse) sowie weiteren
Faktoren wie der elektrischen Leistung oder der                                     Batterien sind elektrochemische Energiespeicher.
Schnellladefähigkeit abhängig. Es ist davon auszu-                                  Das heißt, es erfolgt innerhalb der Batteriezelle
gehen, dass durch Forschungs- und Entwicklungs-                                     eine Umwandlung zwischen chemischer und elek-
vorhaben die Energiedichte bis zum Jahr 2030                                        trischer Energie. Eine Batteriezelle besteht aus zwei
verdoppelt wird und sich dadurch noch weitere                                       unterschiedlichen Elektroden mit jeweils unter-
Anwendungsmöglichkeiten ergeben. Die Forschung                                      schiedlichen Ladungen. Beim Entladen der Batte-

  Abbildung 2: So funktionieren Lithium-Ionen-Batterien

                                                                                     e-
                                                                                                e- Anode
                                                                       c h er
                                                                  ra u
                                                             Ver
                                                                 b                                       -
                                             e -

                                                                                                                Elektronen fließen über den Verbraucher
                                                                                                                (z.B. E-Antrieb) von der Anode zur
                                                                                                                Kathode, gleichzeitig diffundieren in der
                                                                                                                Zelle Lithium-Ionen durch den Elektrolyt
                                                                                                                von der Anode zur Kathode und werden
                                                                                                                dort eingelagert.

                                                        e-

                                                    +
                                                             Kathode
  Quelle: 2019 Let’s Talk Science, eigene Darstellung
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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    IPCEI Porträt 1: BASF

                                                                                                      Standorte:
                                                                                                      Schwarzheide
                                                                                                      (Brandenburg),
                                                                                                      Ludwigshafen
                                                                                                      (Rheinland-Pfalz)

                                                                                                      Wertschöpfungsstufe:
                                                                                                      Batteriematerialien &
                                                                                                      Batterierecycling

                                                                                                      IPCEI-Einbindung:
                                                                                                      IPCEI on Batteries,
                                                                                                      Workstream A „Raw
                                                                                                      Materials and Advanced
                                                                                                      Materials“ & Work­
                                                                                                      stream D „Repurposing,
                                                                                                      Recycling & Refining“

                                                                                                      Fördersumme:
                                                                                                      bis zu 175 Mio. Euro

    Das Projekt: BASF will mit ihren Batteriematerialien und dem Batterierecycling zum Aufbau einer
    nachhaltigen Batteriewertschöpfungskette für Elektrofahrzeuge in Europa beitragen. Mit einer Pro-
    duktionsanlage für die Herstellung von innovativen Kathodenmaterialien steigert BASF Leistung,
    Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit von Batterien. Zudem forscht BASF an effizienten Recycling-
    Technologien und fördert somit den Erfolg einer klimafreundlichen Mobilität.

    Meilenstein: Symbolischer Spatenstich am 13.11.2020 für die Kathodenmaterial-Produktionsanlage
    in Schwarzheide, Brandenburg (Produktionsstart 2022).

                                  „Eine lokale Batteriewertschöpfungskette ist von strategischer Bedeutung für den
                                  Industriestandort Deutschland und Europa. Mit den beiden Anlagen von BASF
                                  in Schwarzheide für die Produktion von Kathodenmaterialien und das Batterie-
                                  recycling unterstützen wir den Aufbau einer deutschen Wertschöpfungskette und
                                  stellen sicher, dass zukunftsorientierte Technologien weiterhin ihren Nährboden in
                                  Deutschland finden.“
                                  Dr. Daniel Schönfelder, Vice President Battery Materials Europe bei BASF
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
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rie wird die negativ geladene Elektrode als Anode                viskose Paste herzustellen, die ähnliche Fließ-
bezeichnet, während die positiv geladene Elek­trode              eigenschaften wie Honig besitzt.
Kathode genannt wird. Um einen Ladungstrans-
port zwischen den beiden Elektroden zu ermög-               2. Auftragen und Trocknen: Die homogenisier-
lichen, wird zwischen den beiden Elektroden ein                ten Pasten werden dann auf hauchdünnen
sogenannter Elektrolyt eingesetzt. Weiterhin                   (6–20 Mikrometer) Metallfolien beidseitig auf-
gewährleistet ein Separator (meist eine dünne                  getragen; Kupfer für die Anode und Aluminium
Membran) eine elektrische Trennung der Elektro-                auf der Kathodenseite. Das Rohmaterial wird mit
den, damit kein Kurzschluss erzeugt wird.                      einer Nassfilmdicke von bis zu 0,2 Millimeter
                                                               aufgetragen und anschließend in Öfen getrock-
                                                               net. Dabei sollte die Oberfläche keine Risse auf-
2.2 Wie funktioniert eine Batterie und                        weisen, damit sich eine gleichmäßige Schicht auf
    wie wird sie hergestellt?                                  der Metallfolie bilden kann.

Die Funktionsweise einer Batterie wird im Folgen­           3. Pressen der Elektroden: Die Oberfläche der
den am Beispiel des Entladens einer Lithium-­Ionen-            Elektroden ist – trotz der gleichmäßigen Auf­
Batteriezelle erklärt: Die in der Batterie gespeicherte        tragung – sehr rau und porös. Durch das Pres-
chemische Energie wird beim Entladen in elektri-               sen wird die Struktur zusammengestaucht,
sche Energie umgewandelt. Es fließt elektrischer               sodass Materialien und Metallfolie einen besse-
Strom, der für verschiedene Anwendungen, z. B.                 ren Kontakt zueinander erhalten. Dies verbessert
zum Betrieb eines Elektromotors, genutzt werden                die elektrische Leitfähigkeit. Zum anderen wer-
kann. Im Detail bedeutet das, dass die Anode Elek-             den die Poren verkleinert und die Partikel unter-
tronen abgibt, die über einen äußeren Stromkreis               einander kontaktiert. Anschließend werden die
in Richtung Kathode wandern. Zum Ausgleich wan-                Elektroden auf die für das gewünschte Zellfor-
dern innerhalb der Batteriezelle positiv geladene              mat richtige Größe zugeschnitten.
Lithium-Ionen aus der Anode durch den Elektro­
lyten zur Kathode und werden dort im Kathoden-              4. Zusammenbau: Man startet den Zusammen-
material eingelagert. Beim Laden der Batterie lau-             bau der späteren Zelle mit der Anode, legt dar-
fen die Vorgänge umgekehrt ab und die von außen                auf eine Lage Separator und darauf eine Lage der
zugeführte elektrische Energie wird wieder che-                Kathodenfolie. Die Stapelungstechnik hängt nun
misch gespeichert.                                             vom geometrischen Format der Zelle ab: Die Sta-
                                                               pelung kann im Falle von Pouch- oder prismati-
Die Herstellung einer Batterie erfolgt in mehreren             schen Batteriezellen nun beliebig oft wiederholt
aufeinander folgenden Schritten:                               werden, bis die gewünschte Spezifikation erreicht
                                                               wurde. Bei Rundzellen wird der Stapel aus Anode,
1. Mischen der Elektrodenmaterialien: Beim                     Separator und Kathode aufgerollt. Um die Elek-
   Mischen werden die Rohmaterialien für die                   troden vor Außeneinflüssen zu sichern, werden
   Elektroden (Anode und Kathode) mit weiteren                 die gestapelten Elek­troden oftmals in einer dün-
   Substanzen wie Binder, Leitruß etc. und einem               nen Kunststofffolie „eingeschweißt“. Bei Rund-
   Lösungsmittel (Wasser oder eine geeignete an-               zellen oder prismatischen Zellen kommt ein
   dere flüssige Substanz) vermengt. Ziel ist es, eine         metallisches Gehäuse zum Einsatz.
Batteriezellförderung - ein Beispiel erfolgreich transformativer Industriepolitik
8       2 E I N „ K L E I N E S E I N M A L E I N S “ D E R B AT T E R I E Z E L LT E C H N I K

    Abbildung 3: Die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien umfasst viele Prozessschritte

             Mischen der
                                              Auftragen und                    Pressen der
             Elektroden-                                                                                 Zusammenbau             Abschluss
                                              Trocknen                         Elektroden
             materialien

    Aktivmaterial, unter-            Pasten werden auf                Durch Walzpressen           Elektroden und Sepa-    Zunächst wird der
    stützende Materialien            dünne Folien aufge-              (Kalandrieren) werden       rator werden abwech-    flüssige Elektrolyt zum
    und Lösungsmittel                tragen und getrocknet            die Elektroden verdich-     selnd gestapelt oder    Zellstapel gegeben,
    werden vermengt                                                   tet und anschließend        zusammen aufgerollt,    abschließend die Zelle
                                                                      zugeschnitten               je nach Zellgeometrie   durch Lade-/Entlade-
                                                                                                                          schleifen auf den
                                                                                                                          Betrieb vorbereitet

    Quelle: VDI/VDE-IT

5. Abschluss (Finishing und Formierung): Beim                                             einfachere Integration der vielen Batteriezellen in
   Finishing wird der Elektrolyt zum gestapelten                                          das Batteriegehäuse. Mehrere Module werden dann
   Paket hinzugegeben, welcher vom Separator                                              zu einem Batteriesystem zusammengefügt. Die
   aufgesogen wird. Erst dadurch wird die Zelle                                           Module dienen dabei als flexible Bausteine für ver-
   benutzbar. Zusätzlich muss die Zelle noch sorg-                                        schiedene Fahrzeugtypen und Kundenanforderun-
   fältig ge- und entladen werden, denn innerhalb                                         gen: Je mehr Module verbaut werden, umso höher
   des ersten Ladevorgangs bilden sich essenziel-                                         ist später die Reichweite des Elektroautos.
   le Schutzschichten (bspw. die sogenannte Elek-
   troden-Elektrolyt-Grenzschicht), welche den                                            Zusammen mit einem Klimatisierungssystem und
   Lebenszyklus der Zellen verlängern.                                                    einem Batteriemanagementsystem werden diese
                                                                                          Batteriesysteme im Fahrzeug in eine schützende
Für den Einbau in ein Fahrzeug werden mehrere                                             Hülle verpackt. Das Batteriemanagementsystem
Batteriezellen in einem Batteriemodul gekoppelt.                                          überwacht den Zustand der Batterie und steuert
In den derzeitig genutzten Elektroautos sind Bat-                                         das Laden, während das Klimatisierungssystem
terien unterschiedlicher Formate (zylindrisch, pris-                                      dafür sorgt, dass die Batteriezellen weder zu heiß
matisch oder Tasche bzw. „Pouch“) verbaut, die sich                                       noch zu kalt werden. Alles zusammen bezeichnet
auch hinsichtlich ihrer Gehäuse deutlich unter-                                           man dann als Batterie.
scheiden. Die Unterteilung in Module erlaubt eine
2 E I N „ K L E I N E S E I N M A L E I N S “ D E R B AT T E R I E Z E L LT E C H N I K   9

IPCEI Porträt 2: Automotive Cells Company (ACC) S.E.

  Standort:                 Wertschöpfungsstufe:         IPCEI-Einbindung:                         Fördersumme:
  Kaiserslautern,           Zellen und Module            IPCEI on Batteries,                       Bis zu 437 Mio. Euro in
  Rheinland-Pfalz           Komponentenfertigung         Workstream #B                             Deutschland (ein weite-
                                                         „Cells and Modules“                       rer Projektteil wird unter
                                                                                                   dem IPCEI on Batteries
                                                                                                   in Frankreich gefördert)

Das Projekt: ACC wurde 2020 gegründet und verbindet die Expertise von Opel/Stellantis,
Saft/TotalEnergies und Mercedes-Benz mit sich ergänzenden Kompetenzen und Erfahrungen.
Ziel von ACC ist es, europäischer Marktführer für Batteriezellen und -module zu werden, die die
saubere und effiziente Mobilität für alle ermöglichen. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum in
Bordeaux (Frankreich) wurde bereits in Betrieb genommen. Der Pilotstandort in Nersac (Frankreich)
wird Ende dieses Jahres die Produktion aufnehmen. Geplant sind zwei Produktionsstandorte für
Batteriezellen in Douvrin (Frankreich) und Kaiserslautern (Deutschland).

Meilenstein: 7. Dezember 2021 – Startschuss für das „ACC Center of Application Engineering“
in Kaiserslautern. Die Entwicklung der zukünftigen Fertigungsprozesse der Gigafactory in Kaisers-
lautern und die Entwicklung der zukünftigen Produkte für ACC-Kunden in Deutschland werden in
dieser neuen Einrichtung durchgeführt. Dies in ständigem Austausch mit den ACC Forschungs- und
Entwicklungsteams in Bruges, Frankreich, für die Produktentwicklung und in Nersac, Frankreich,
für die Fertigungsprozesse.

Ziel des neuen Application Engineering Center in Kaiserslautern ist es, in Zusammenarbeit mit deut-
schen F&E-Laboren, die Forschungs- und Industrialisierungsarbeit vor Ort zu unterstützen und den
Produkt- und Fertigungsteams in Kaiserslautern während der gesamten Projektlaufzeit technische
Unterstützung bieten zu können.

„In dem Maße, wie die Energiewende an Fahrt gewinnt und der Bedarf an Antriebsbatterien für Elektro-
autos kontinuierlich wächst, erweitern wir unser Produktport­folio und unterstützen so den globalen
Markt für erneuerbare Energien. Dies er­for­dert eine hohe Innovationsrate und eine enge Zusammen-
arbeit mit den regionalen Teams und deutschen F&E-Laboren, mit denen wir zusammenarbeiten wer-
den. Wir freuen uns, dass wir unsere Präsenz in Deutschland ausbauen und unseren Ruf als führender
Anbieter von Batterien in Europa durch unsere Investition in die neue Anlage in Kaiserslautern weiter
festigen können. Wir freuen uns auch, dass wir durch unsere Investitionen neue Arbeitsplätze in Kaisers-
lautern schaffen können.“
Yann Vincent, CEO von ACC
10

3 Marktentwicklung
3 M A R K T E N T W I C K LU N G     11

Der Markt für wettbewerbsfähige Batteriezel-                              Die prognostizierte Marktdynamik für Elektrofahr-
len aus Europa entwickelt sich rasant und mit                             zeuge basierte auf den europäischen Dekarbonisie-
stetigem Wachstum. In den 2018 vom BMWK                                   rungszielen, die insbesondere für den Mobilitäts-
veröffentlichten „Thesen zur industriellen Batte-                         sektor als Leitlinie gesetzt wurden. Allen beteiligten
riezellfertigung in Deutschland und Europa“ hat                           Expertenkreisen war bewusst: Wird der geschätzte
die Bundesregierung den engen thematischen                                Marktanteil von ca. 75 Prozent neu zugelassener
Bezug des Ausbaus der Elektromobilität mit der                            Elektromobile bereits im Jahr 2030 Realität, so setzt
Verfügbarkeit von Batterien aus europäischer                              dies einen immensen Bedarf an Batterie-Produk-
Produktion hervorgehoben. Zu diesem Zeitpunkt                             tionskapazitäten voraus. In Europa werden bis zum
war der Elektromobilitätsmarkt bereits der Leit-                          Ende der Dekade voraussichtlich um die 800 GWh
markt für Lithium-Ionen-Batterien, jedoch noch                            Batterien pro Jahr benötigt (siehe progressives Sze-
ohne nennenswerte lokale Produktionskapazitä-                             nario in Abbildung 4).
ten. Das vom BMWK ausgegebene Ziel, innerhalb
der nächsten Dekade bereits 30 Prozent des welt-                          2018 existierte in Deutschland noch keine nennens-
weiten Bedarfs an Batteriezellen aus europäischer                         werte Produktionskapazität für moderne Lithium-
Produktion abzudecken, erschien damals sehr                               Ionen-Batterien und in ganz Europa standen
ambitioniert.                                                             damals Kapazitäten von weniger als 20 GWh zur
                                                                          Verfügung. Die Produktion von Batteriezellen war

  Abbildung 4: B
                atteriezellenbedarf und -produktionskapazität in Europa
  Gigawattstunden pro Jahr
  Gigawattstunden pro Jahr
  1.000
    900
    800                                                                                                                                   754
                                                                                                               Angekündigte
    700                                                                                                  Produktionskapazität

    600
    500
    400                                                                                                                             362
    300
    200
    100
       0
              2020       2021        2022         2023       2024         2025        2026        2027      2028         2029         2030

      Pkw konservativ           LNF konservativ          Pkw progressiv          LNF progressiv
   Hochrechnung des Bedarfs an Batteriezellen für ein konservatives (blau) und ein progressives Szenario (grün).
   Voraussichtliche europäische Produktionskapazität als Minimal- und Maximalbetrachtung (orange).

  Quelle: VDI/VDE-IT
12    3 M A R K T E N T W I C K LU N G

überwiegend im asiatischen Raum konzentriert.         Mithilfe des Förderkonzeptes IPCEI werden Unter-
Damit war klar: Der Hochlauf der Elek­tro­mobilität   nehmen aus mehreren Mitgliedstaaten darin
und auch die Elektrifizierung anderer Mobilitätsbe-   unterstützt, gemeinsam ehrgeizige Innovations-
reiche und Industriebranchen (bspw. mobile Werk-      vorhaben mit positiven Spill-over-Effekten für
zeuge, stationäre Stromspeicher etc.) würde Gefahr    den gesamten europäischen Binnenmarkt in ver-
laufen, von der Verfügbarkeit hochwertiger Batte-     schiedenen Branchen und Regionen zu entwi-
riezellen limitiert zu werden. Der Automobilindus-    ckeln – ohne den Wettbewerb zu verzerren. Die
trie als Schlüsselbranche Deutschlands sowie vielen   europäischen Staaten sollen in pan-europäischer
weiteren insbesondere mittelständischen Produ-        Kooperation durch die Unterstützung nationaler
zenten drohte die Abhängigkeit von einer begrenz-     Forschungs- und Innovationsanstrengungen sowie
ten Zahl nicht-europäischer Anbieter.                 darauf gegründeter industrieller Pilotproduktion
                                                      einen größtmöglichen Nutzen aus der kompletten
Mit Blick auf die europäische Souveränität in einer   „Wertschöpfungskette Batterie“ ziehen können.
Schlüsseltechnologie der Energiewende sowie auf       Für die IPCEIs Batteriezellfertigung stehen dabei
die Resilienz der automobilen Wertschöpfungsket-      die Ziele saubere Mobilität und Energie im Fokus
ten war die Bundesregierung daher mit der Euro-       sowie die Schaffung neuer, qualifizierter Arbeits-
päischen Kommission sowie mehreren weiteren           plätze, unter Beachtung der europäischen Nach-
Mitgliedstaaten einer Meinung: Nachhaltige und        haltigkeitsziele.
technisch fortschrittliche Batteriezellen sollten
zunehmend im Heimatmarkt produziert werden,           Aktuell setzt Europa seine Stärken in der Übertra-
mit dem Ziel einer Selbstversorgung Europas bis       gung von Innovationen in industrielle Massenfer-
zum Ende der Dekade. Die Vermeidung langer            tigungsprozesse in eine neue Wettbewerbsfähigkeit
und damit teurer Transportwege aus Asien, aber        um. Erfahrungen aus anderen Industriebranchen
vor allem die erwartete, verbesserte Performance      werden hierfür konsequent genutzt. Der Kern-
in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltanforde-        markt für die hier produzierten Batterien ist die
rungen lassen Batteriezellen „Made in Europe“ zu      Elektromobilität. In Europa existieren aber auch
einem wesentlichen Faktor für die Umweltfreund-       Nischenmärkte und -anwendungen wie z. B. Elek-
lichkeit von Mobilität werden. Zudem kann die in      trowerkzeuge, Industrielogistik oder Medizintech-
der Batterieproduktion verortete Wertschöpfung        nik, die von spezialisierten Anbietern mit „maßge-
und Beschäftigung helfen, den Strukturwandel der      schneiderten“ Zellen bedient werden.
Automobilzuliefererindustrie abzufedern.
                                                      Für den Erfolg beider Ansätze sind eine enge
Das BMWK hat daher die Förderung einer deut-          Zusammenarbeit zwischen Unternehmen im euro-
schen und europäischen Batterieproduktion             päischen Batterie-Ökosystem, die Abstimmung
zu einer hohen industriepolitischen Priorität         mit Blick auf eine schnellere Marktreife von Inno-
gemacht. Das Flaggschiff-Instrument zu diesem         vationen und das Zusammenwirken von Finanz­
Ziel sind die beiden sogenannten „Wichtigen Vor-      instrumenten des privaten und des öffentlichen
haben von gemeinsamem europäischen Inter-             Sektors nötig, die in den IPCEIs realisiert werden.
esse“ („Important Projects of Common European         Mit den geförderten Projekten wird die Rückfüh-
Interest“ oder auch IPCEIs, siehe Kapitel 4) sowie    rung geschlossener Lieferketten und der Aufbau
weitere flankierende Maßnahmen.                       von leistungsfähigen Produktionsanlagen – mit
3 M A R K T E N T W I C K LU N G                           13

einer Performance über dem globalen Standard –                                                             von Batteriezellen aus Asien. Europäische, wettbe-
in einem europäischen Ökosystem ein wesentlicher                                                           werbsfähige Batteriesysteme mit Zellen aus regio-
Erfolgsfaktor. Der perspektivisch mögliche Bezug                                                           naler Produktion werden zunehmend nachgefragt.
kritischer Rohstoffe aus innovativen Recyclingpro-                                                         Dieser Markttrend stabilisiert sich, unterstützt
zessen kann zu einem entscheidenden Markt­faktor                                                           nicht zuletzt durch nationale Fördermaßnahmen,
für Europa werden. Die Vielzahl rückgeführter                                                              unter dem europäischen Dach der beiden „Impor­
Batterien bedeuten ein echtes Ressourcenpotenzial,                                                         tant Projects of Common European Interest“, die
welches regional ausgeschöpft werden kann.                                                                 vom BMWK sehr maßgeblich mitgeprägt und
                                                                                                           koordiniert werden. Der Erfolg zeigt sich darin,
Gleichzeitig führt am konsequenten Ausbau der                                                              dass in Europa inzwischen zahlreiche Großinvesti-
Produktions- und Recyclingkapazitäten kein Weg                                                             tionen in die Batteriewertschöpfungskette geplant
vorbei, und die IPCEI-Projekte sind dabei wesent-                                                          oder in Umsetzung sind – der Schwerpunkt davon
liche Erfolgsbausteine. Auch deutsche E-Mobil-                                                             liegt in Deutschland (s. Abbildung 5).
Hersteller verzichten zunehmend auf den Import

  Abbildung 5: Angekündigte und im Aufbau befindliche Europäische Batterieinvestitionen

  Produktionsstandorte                            FREYR                                                   NORTHVOLT
                                                                                                                                                               Produktions-     Kapazität in    Investition in   Arbeits-
  der Batteriezell-                                              2023    43    4.500   1.500                            2023     60       4.000      3.000         start          GWh/a           Mio. EUR        plätze

  fertigung in Europa
                                                  MORROW                                                  NORTHVOLT                                             TESLA
                                                                 2023    42    470     2.000                            2019    0,35       750       1.000                      k. A.     120        5.000       2.000

   amte                                           Cellforce                                                                                                     ROSATOM

                 k. A.   2,0      k. A.   k. A.                  2024    0,1   k. A.    80                                                                                      2026      3,0         k. A.      2.000
   Britishvolt                                    VW                                                                                                            FARASIS
                 2023     30     2.960    3.000                  2024    24    1.300   1.000                                                                                    2024      10        1.450        2.000
   Envision                                       QuantumScape                                                                                                  Blackstone
                 2024    38      1.185    6.000                                                                                                                 Resources
                                                                 k. A.   21    k. A.   k. A.                                                                                    2021      0,5         40         k. A.
   Verkor
                                                                                                                                                                LG Energy
                 2023    16      1.600    k. A.                                                                                                                 Solution
                                                                                                                                                                                2018      65        2.800        1.800
   Envision                                                                                                                                                     MES
                 2024    24      2.000    k. A.                                                                                                                                 2021      0,2         38         k. A.

   acc                                                                                                                                                          inobat
                 2023    32      2.600    2.000                                                                                                                                 k. A.     10         100         150
   Bollore                                                                                                                                                      SK innovation
                 2012    0,8     k. A.    k. A.                                                                                                                                 2028      30        1.980        2.500
                                                                                                          FAAM
   SAFT                                                                                                                                                         SK innovation
                                                                                                                         2021    8,0        505        k.A.
                 2021    k. A.   200      200                                                                                                                                   k. A.     17        1.069        1.410
                                                                                               Italvolt
   Basquevolt                                                                                                                                                   SAMSUNG
                                                                                                                 2024      45    4.000       4.000
                 2025    10      1.200    k. A                                                                                                                                  2018      50        1.200        4.300

   Phi4tech                                        Leclanché                                          VARTA                                                     ElevenEs

                 k. A.   10      400      500                    2021    2,5    48      k. A.                           2023    10        k. A.      k. A.                      k. A.     16         k. A.       k. A.

   Phi4tech                                        SVOLT                                              acc                                                       CATL

                 2021    2,0      80      150                    2023    24    1.700   2.000                            2025    32       2.168       2.000                      2022      24        1.800        2.000

  Quelle: VDI/VDE-IT
14   3 M A R K T E N T W I C K LU N G

 IPCEI Porträt 3: Liofit GmbH

                                                                                      Standort:
                                                                                      Kamenz, Sachsen

                                                                                      Wertschöpfungsstufe:
                                                                                      Batterierecycling

                                                                                      IPCEI-Einbindung:
                                                                                      IPCEI EuBatIn
                                                                                      Workstream 4
                                                                                      „Recycling and
                                                                                      Sustainability“

                                                                                      Fördersumme:
                                                                                      Bis zu 2,84 Mio. Euro

 Das Projekt: Liofit wird das Prinzip der Kreislaufwirtschaft auf Lithium-Ionen-Akkus der Mikro-
 Elektro­mobilität (Pedelecs, E-Scooter) anwenden. Diese Akkus werden geprüft, zerlegt, rekombi-
 niert und repariert. Nicht mehr wiederverwendbare Akkus werden umweltfreundlich entladen und
 geschreddert, um die Rohstoffe wiederverwenden zu können. Akku- und Recycling-Know-how
 wird unter einem Dach angesiedelt und damit ein Beitrag zu einer klimafreundlicheren Mobilität
 geleistet.

 Meilensteine: Fahrradakkudatenbank mit über 600 verschiedenen Typen, wechselrichterbasierender
 Entlader, diverse Strategien zur Moduldemontage.

                             „Unser EuBatIn-Projekt ist Herausforderung und Chance zugleich. Wir stecken
                             eine Menge betrieblicher Ressourcen in das Projekt, bekommen aber durch die
                             Vernetzung mit anderen Projektteilnehmern überaus wertvollen Input für die
                             weitere Geschäftsentwicklung.“
                             Dr. Ralf Günther, Geschäftsführender Gesellschafter
15

4 N
   ationale Förderung europäisch
  genehmigt: das Beihilferegime
  der IPCEIs
16    4 N AT I O N A L E F Ö R D E R U N G E U R O PÄ I S C H G E N E H M I G T: D A S B E I H I L F E R E G I M E D E R I P C E I S

4.1 Was sind die IPCEIs?                                                             der darunter verorteten Förderung durch Mittel
                                                                                     des Bundes. Die VDI/VDE-IT ist für die Projekt-
Für sogenannte „Wichtige Vorhaben von gemein-                                        trägerschaft und die wissenschaftliche Begleitung
samem europäischen Interesse“ („Important Pro-                                       der IPCEIs zur Batteriezellfertigung zuständig. Das
jects of Common European Interest“, IPCEI) gibt                                      Team aus ca. 35 interdisziplinären Expertinnen und
es einen eigenen europäischen Beihilferahmen.                                        Experten unterstützt das BMWK bei der nationalen
Die gesellschaftliche und wirtschaftspolitische                                      Förderung und bei der Koordination des zweiten
Bedeutung eines Themas als IPCEI rechtfertigt                                        Batterie-IPCEI „EuBatIn“ auf europäischer Ebene.
eine staatliche Förderung, die über das Maß z. B.                                    Dabei ist das Team in intensiver Abstimmung mit
der reinen Forschungsförderung hinausgeht.                                           Unternehmen, Forschungseinrichtungen, den
Hierzu ist eine beihilferechtliche Prüfung und                                       Ministerien der beteiligten Mitgliedstaaten und der
Genehmigung durch die Europäische Kommission                                         Europä­ischen Kommission.
nötig, bei der sichergestellt wird, dass die Förde-
rung keine Marktverzerrung erzeugt und durch
Spill-over-Effekte die europäische Wirtschaft und                                    4.2 Zwei IPCEIs – ein Ziel
Gesellschaft über die geförderte Branche hinaus
profitiert. Die Förderung selbst wird durch die am                                   Das IPCEI on Batteries wird durch die französische
IPCEI beteiligten europäischen Mitgliedstaaten                                       Regierung koordiniert. Die Genehmigung nach
ausgereicht – es handelt sich also um nationale                                      EU-Beihilfevorschriften wurde im Dezember 2019
Förderung, die in einem europäischen Gesamtzu-                                       durch die Europäische Kommission erteilt. Beteiligt
sammenhang steht und durch die EU-Kommission                                         sind 17 Unternehmen aus Belgien, Deutschland,
genehmigt wird.                                                                      Finnland, Frankreich, Italien, Polen und Schweden.
                                                                                     Diese sieben Mitgliedstaaten dürfen laut der Bei-
                                                                                     hilfeentscheidung der EU-Kommission eine Förde-
                                                                                     rung von bis zu 3,2 Mrd. Euro für ihre nationalen
         IPCEI*                                                                      Vorhaben bereitstellen. Diese öffentlichen Mittel
         Transnationales, wichtiges Vorhaben von
                                                                                     sollen weitere 5 Mrd. Euro an privaten Investitio-
         gemeinsamem europäischen Interesse, das                                     nen mobilisieren. Das Gesamtvorhaben ist langfris-
         mittels staatlicher Förderung einen wichtigen Beitrag
                                                                                     tig angelegt; die Förderung der Vorhaben soll 2031
         zu Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit
         der europäischen Industrie und Wirtschaft leistet.                          abgeschlossen werden.
      bmwi.de                       *Important Project of Common European Interest
                                                                                     Das zweite IPCEI „EuBatIn – European Battery
                                                                                     Innovation“ wird durch das BMWK koordiniert.
                                                                                     Die erforderliche Beihilfegenehmigung der Euro-
Die Initiative zur Batteriezellfertigung wurde im                                    päischen Kommission wurde im Januar 2021 erteilt
November 2018 vom BMWK lanciert. Aus logis-                                          und erlaubt ein kumuliertes nationales Fördervo-
tischen Gründen wurde mit der EU-Kommission                                          lumen der beteiligten Staaten in ähnlicher Größen-
und den zwölf an der Initiative beteiligten Mit-                                     ordnung wie beim ersten IPCEI (ca. 2,9 Mrd. Euro).
gliedstaaten vereinbart, dass es zwei IPCEIs zu                                      Unter dem europäischen Dach des IPCEI EuBatIn
Batterien geben soll. Das BMWK verfolgt seitdem                                      versammeln sich 46 Projekte aus zwölf Mitglied­
die Anbahnung und Umsetzung der IPCEIs und                                           staaten.
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Beide IPCEIs eint, dass die Teilnehmenden den                                           also ein holistischer Ansatz entlang der gesamten
kompletten Wertschöpfungsprozess vom Material                                           Batterie-Wertschöpfungskette. Zugleich liegt eine
über die Zellen zum Batteriesystem und dem letz-                                        hohe Vernetzung der Unternehmen untereinander
ten Schritt des Recyclings abbilden – verfolgt wird                                     und der beiden IPCEIs miteinander vor.

   Abbildung 6: Beteiligte Unternehmen und Standorte der IPCEI-geförderten Vorhaben

                                                          Northvolt*                    Keliber         BASF            Valmet Automotive

                                                          SGL Carbon                    Northvolt                       Terrafame

                                                            ElringKlinger        SEEL                                     Fortum

                                                            Umicore

                                                    Cellforce Group

                                                     Hydrometal                                                Liofit
                                                                                    BASF                       Skeleton Technologies
                                                   Solvay

                                                  Prayon                                                       Alumina Systems
                                     Nanocyl                                                                                                Elemental
                                                                                                         Eneris
                                                   ACI Systems                            Varta                             SGL Graphite Solutions
                                  Manz AG                                                                                                                  ZTS VaV
        Tokai Carbon Group                                                                                                             Energo Aqua
                                  Endurance                      ACC         BMW
  Fiat Chrysler Automobiles                                                                                                            InoBat Auto
                               Arkema Group                                                               Borealis
                                                       Endurance P                                                                   Inobat Energy
  Little Electric Cars
                                     FIAMM Energy Technologies                                            AVL List

                                     Ferroglobe                                                           Rosendahl Nextrom

                                       Engitec Technologies                                                       Sunlight Systems
                                                      Solvay                                                   Rimac Automobili
                              Italmatch Chemicals Group             Kaitek                                VARTA Micro Innovation

                                                       Fluorsid Alkeemia                                  Voltlabor

                                                                  Midac                                   Miba eMobility

                                                                    Manz Italy              FAAM P        FPT Industrial

                                                       Green Energy Systems             Enel X                                              *Standort in Deutschland

   Rohstoff-                              Material-                         Batteriezell-                   Modul- und System-                Batterie
   gewinnung                              herstellung                       fertigung                       montage                           Recycling

   Quelle: VDI/VDE-IT
18   4 N AT I O N A L E F Ö R D E R U N G E U R O PÄ I S C H G E N E H M I G T: D A S B E I H I L F E R E G I M E D E R I P C E I S

 IPCEI Porträt 4: VARTA AG

                                                                                                                   Standorte:
                                                                                                                   Ellwangen, Baden-Württemberg
                                                                                                                   Nördlingen, Bayern

                                                                                                                   Wertschöpfungsstufe:
                                                                                                                   Batteriezellfertigung

                                                                                                                   IPCEI-Einbindung:
                                                                                                                   IPCEI on Batteries, Workstream
                                                                                                                   #B „Cells and Modules“

                                                                                                                   Fördersumme:
                                                                                                                   Bis zu 300 Mio. Euro

 Das Projekt: Mit neuartigen, innovativen Batterielösungen im Bereich der Lithium-Ionen-Technolo-
 gie will VARTA die Batteriezellproduktion von größeren Zellformaten vorantreiben. Neben der Ent-
 wicklung der neuesten Generation kleinformatiger Lithium-Ionen-Zellen mit noch höheren Ener-
 giedichten soll der Schwerpunkt des Förderprojekts auf der Übertragung der innovativen VARTA
 Technologie auf größere Formate liegen. Diese Batteriezellen könnten in Zukunft in VARTA Energie-
 speichern, Robotern, aber auch in Bereichen der Mobilität eingesetzt werden. Über technische und
 technologische Ziele hinaus sollen Lösungen für eine klimaneutrale Zellproduktion entwickelt und
 umgesetzt werden. Damit leistet VARTA einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Batterieindustrie
 als Schlüsseltechnologie der Zukunft.

 Meilensteine:
 •	Erreichung eines fortgeschrittenen Musterstatus für zylindrische Lithium-Ionen-­Zellen
     (z. B. für den Einsatz in der Elektromobilität) mit sehr hoher Leistung sowie Aufbau der
     entsprechenden Pilotlinie.
 •	Signifikante Erhöhung der Liniengeschwindigkeit für Batteriezell-Sonder­formate
     (z. B. für kabellose Kopfhörer).
 •	IPCEI-Bescheidübergabe am 30.06.2020 in Ellwangen.

                               „Mit dem IPCEI werden wir die Lithium-Ionen-Technologie bei VARTA weiter aus-
                               bauen und die Entwicklung der neuesten Generationen nochmals beschleunigen
                               und neue Produkte auf den Markt bringen. Ich freue mich, dass die Politik dieses
                               Projekt unterstützt und damit die Batterieindustrie stärkt.“
                               Herbert Schein, Vorstandsvorsitzender der VARTA AG
19

5 Die Batterie-Wertschöpfungskette
20     5 D I E B AT T E R I E -W E RT S C H Ö P F U N G S K E T T E

Die Batteriefertigung in Europa ist für Wirtschaft                                    Kathoden, Anoden und Elektrolyte wird die Ver-
und Gesellschaft von strategischem Interesse. Tech-                                   besserung vorhandener und die Entwicklung
nologieentwicklungen aus Europa bieten Chancen                                        neuer Werkstoffe für innovative Batteriezellen
für die nachhaltige und umweltverträgliche Her-                                       angestrebt.
stellung von Batterien für Elektrofahrzeuge und
weitere Anwendungen. Zusätzlich kann der Aufbau                                2. Zellen und Module: Hier steht die Entwicklung
eines europäischen Ökosystems für die Batterie-                                   und industrielle Produktion innovativer Batte-
zellfertigung dazu beitragen, dass sich das Wirt-                                 riezellen und -module im Mittelpunkt, die die
schaftswachstum positiv entwickelt, sich Liefer-                                  Sicherheits- und Leistungsanforderungen der
abhängigkeiten von Drittstaaten verringern, mehr                                  Automobilindustrie und anderer Anwendungs-
qualitative Beschäftigung aufgebaut und damit He-                                 bereiche (z. B. stationäre Energiespeicher und
rausforderungen des Strukturwandels abgefedert                                    Elektrowerkzeuge) erfüllen.
werden, und Aspekte der Nachhaltigkeit konse-
quenter und effektiver adressiert werden können.                               3. Batteriesysteme: Hier werden innovative Batte-
                                                                                  riesysteme einschließlich moderner Batteriema-
Die IPCEI-Projektteilnehmenden und ihre Partne-                                   nagementsysteme (Software und Algorithmen)
rinnen und Partner konzentrieren ihre Arbeit auf                                  sowie innovative Testmethoden entwickelt und
vier Bereiche, sogenannte „Workstreams“, welche                                   eingesetzt.
die notwendige Zirkularität der Wertschöpfungs-
kreisläufe abbilden:                                                           4. Umnutzung, Recycling und Raffination: Hier
                                                                                  werden sichere und innovative Verfahren für
1. Rohstoffe und moderne Werkstoffe: Hier wer-                                    die Sammlung, Zerlegung, Umnutzung, Wieder-
   den nachhaltige innovative Verfahren für die                                   verwertung der Altbatterien und die Raffination
   Gewinnung, Anreicherung, Raffination und                                       des Recyclingmaterials entwickelt. Ziel ist dabei
   Reinigung von Rohstoffen entwickelt, um hoch-                                  die effektiven Rückgewinnung hochreiner Aus-
   reine Ausgangsmaterialien zu erhalten. Im Hin-                                 gangsmaterialien – so schließt sich der Material-
   blick auf moderne funktionale Werkstoffe wie                                   kreislauf im Sinne einer „circular economy“.

  Abbildung 7: Elemente der Batterie-Wertschöpfungskette

     Rohstoff-                            Material-                   Batteriezell-            Modul- und System-   Batterie
     gewinnung                            herstellung                 fertigung                montage              Recycling

  Quelle: VDI/VDE-IT
21

6 D
   as Umfeld für Batterien:
  das Batterie-Ökosystem
22     6 DA S U M F E L D F Ü R B AT T E R I E N : DA S B AT T E R I E - Ö KO S Y S T E M

6.1 Förderkonzept                                                                     Kristallisationskeime sowohl für die Landschaft der
                                                                                      Forschungseinrichtungen als auch für Zulieferer
Das BMWK verfolgt im Bereich der Batterieproduk-                                      und Kunden.
tion einen Ökosystem-Ansatz: Im Zentrum stehen
die beiden Batterie-IPCEIs, die den industriellen                                     Ziel des BMWK ist es weiterhin, über die IPCEIs
Nukleus der Batterie-Wertschöpfungskette bilden                                       hinaus eine Vernetzung mit der Forschungs- und
und auf die sich der Schwerpunkt der BMWK-För-                                        Unternehmenslandschaft herzustellen – um die
derung konzentriert. Die IPCEI-Projekte sind groß-                                    IPCEI-Projekte bezüglich Innovation, Fachkräften,
skalige Industrialisierungsvorhaben, die in Summe                                     Zulieferer- und Kundenanbindung bestmöglich zu
mehr als 9 Mrd. Euro privater Investitionen in                                        unterstützen, aber auch um möglichst viele weitere
deutlich über 100 GWh Batterieproduktionskapa-                                        Unternehmen und Forschungseinrichtungen im
zität und rund 8.000 neue Arbeitsplätze vereinen.                                     Batteriebereich an die industrielle Verwertung her-
Die Vorhaben bilden die kritische Masse einer neu                                     anzuführen. Diesem Ziel dienen die BMWK-Maß-
entstehenden Batterieindustrie und dienen als                                         nahmen unter der Überschrift „Batterie-Ökosystem“.

  Abbildung 8: Förderkonzept des BMWK im Batteriebereich

                             IPCEIs:
                             • Industrieller Nukleus
                             • 14 Unternehmen
                             • rd. 1,5 Mrd. Euro
                               Förderung
                             • (> 9 Mrd. Euro
                               Investitionen,
                               rd. 8.000 Jobs)                                                            Finanzierung der Grundlagenforschung
                                                                                                          • Batterie-Kompetenz-Cluster
                              Flankierende Förderung                                                      • Forschungsfertigung Batterie (FFB)
                              “Ökosystem Batterie”
                              • Über 250 Unternehmen
                              • rd. 220 Mio. Euro Förderung
                              • Innovation & Fachkräfte-
                                sicherung

       Vernetzungs- und Unterstützungsmaßnahmen durch die wissenschaftliche                                                     Eine Vielzahl
        Programmbegleitung:                                                                                                     privater Investitionen
                                                                                                                                in die Wertschöpfungs-
          • Wissenstransfer: Konferenzen (z. B. Batteriekonferenz mit 5.000 Teilnehmenden),                                     kette Batterie
            Messen, Ausstellungen, Analysen, Studien, Querschnittsthemenarbeit, IPCEI-Web-
             site, Battery Innovation Quarterly-Newsletter (mehr als 2.000 Abonnenten)
                • Community building: Networking-Veranstaltungen, LinkedIn-Gruppe
                   (mit mehr als 2.200 Mitgliedern), internationale Zusammenarbeit                    (inter-)nationale
                       • Stakeholder-Dialog: Live Talks, bereichsübergreifende                        Batterienetzwerke
                            Arbeitsgruppen                                                            und -institutionen

  Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
6 D A S U M F E L D F Ü R B AT T E R I E N : D A S B AT T E R I E - Ö KO S Y S T E M   23

6.2 Flankierende Forschungsförderung                    schnittsthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung
                                                        sowie weiterer Themen über den Stand der Tech-
Neben technischer Innovation stehen bei der For-        nik wesentlich hinausgeht.
schung, Entwicklung und Produktion leistungs-
starker Batterien in Deutschland und Europa auch
höchste Ansprüche an Nachhaltigkeit und Klima-          6.3 Fachkräftesicherung
freundlichkeit im Fokus. Dieses Alleinstellungs-
merkmal verschafft europäischen Batterien einen         In der Batterie-Wertschöpfungskette entsteht in
Vorteil im globalen Wettbewerb und fördert eine         Deutschland mit den IPCEIs in mehreren Segmen-
breite gesellschaftliche Akzeptanz.                     ten erstmals industrielle Wertschöpfung auf großer
                                                        Skala. Dies betrifft v. a. die Zellfertigung, die Pro-
Vor diesem Hintergrund hat das BMWK im März             duktion von Elektrodenmaterial und das Batterie-
2021 im Rahmen des 7. Energieforschungspro-             recycling. Dort tätige Unternehmen stehen in den
gramms der Bundesregierung den Förderaufruf             kommenden Jahren vor der großen Herausforde-
„Forschung in der Schwerpunktförderung Batte-           rung, allein in den IPCEIs rund 8.000 qualifizierte
riezellfertigung“ veröffentlicht. Diese Maßnahme        Fachkräfte zu rekrutieren, um die ambitionierten
fördert die Innovationsbasis entlang der Batterie-      Projektziele umsetzen zu können. Im gesamten
Wertschöpfungskette zur Unterstützung der indus-        Batterie-Ökosystem werden Studien zufolge in
triellen Produktion von Batteriezellen höchster         Deutschland bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu
Qualität in Deutschland.                                100.000 neue Jobs entstehen, die mit qualifizierten
                                                        Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besetzt
Im Rahmen dieses Förderaufrufs werden insbe-            werden müssen. Neue Kompetenzen müssen daher
sondere Maßnahmen im Bereich der Nachhaltig-            erlernt werden, bestehende Berufsprofile verän-
keit und Digitalisierung der Batterieproduktion         dern sich und werden tendenziell komplexer. Um
gefördert. Schwerpunkte der Förderung liegen auf        die Beschäftigungsfähigkeit in der Batteriewert-
innovativen und anwendungsnahen Lösungen                schöpfungskette aufzuwerten und auszubauen,
für effiziente Material- und Energienutzung im          fördert das BMWK daher innovative Ansätze zur
gesamten Batterie-Wertschöpfungskreislauf sowie         Planung, Koordinierung und Umsetzung entspre-
auf Zweitnutzungs- und Recyclingkonzepten.              chender beruflicher Qualifizierungskonzepte.
Weitere Schwerpunkte sind Forschungs- und Ent-
wicklungsprojekte in den Bereichen Batterietest,        Dazu sollen in mehreren Projekten sogenannte
Zertifizierung, Industrie 4.0 und Anwendungen           „Batterie-Kompetenz-Trios“ aufgebaut werden.
von Batteriezellen der nächsten Generation. Über-       Diese bestehen aus mindestens einer Hochschule
geordnetes Ziel ist eine nachhaltige, ressourcen-       oder Forschungseinrichtung, mindestens einem
schonende Kreislaufwirtschaft für eine hochquali-       akademischen, beruflichen oder privaten Bildungs-
tative und wettbewerbsfähige Batterieproduktion         träger sowie mindestens einem branchenspezifi-
in Deutschland.                                         schen Innovationscluster. In den Vorhaben sollen
                                                        Maßnahmen entwickelt werden, die den Fach-
Mit der Maßnahme wird sichergestellt, dass das          kräfteaufbau zur Deckung des Bedarfs an quali-
Batterie-Ökosystem bezüglich der wichtigen Quer-        fiziertem Personal zur Bündelung und Stärkung
24    6 DA S U M F E L D F Ü R B AT T E R I E N : DA S B AT T E R I E - Ö KO S Y S T E M

der technologischen Kompetenz in Bezug auf die                                   Die Organisation der „European Conference on
Batteriezelle am Standort Deutschland nachhaltig                                 Batteries“ unter der deutschen EU-Ratspräsident-
voranbringen. Dazu werden zuerst Qualifikations-                                 schaft im November 2020 mit bis zu 5.000 online
bedarfe im Ökosystem Batterie identifiziert. Darauf                              Teilnehmenden hat gezeigt, dass Deutschland
aufbauend werden dann berufliche Qualifikations-                                 ein Schlüsselakteur in der Batteriebranche ist,
profile, Qualifikationsmaßnahmen sowie Lehr-                                     der diese Branche durch Förderung und Vernet-
und Lernmedien konzipiert, erprobt und evaluiert.                                zung maßgeblich mitprägt. In diesem Sinne agiert
Ein besonderer Fokus liegt zudem auf dem Vernet-                                 das BMWK mithilfe der wissenschaftlichen Pro-
zungs- und Verstetigungsansatz der Konsortien.                                   grammbegleitung auch weiterhin – sei es durch
Vor allem die Unterstützung von KMU bei der stra-                                die Co-Organisation weiterer Konferenzen wie
tegischen Personalentwicklung soll dabei im Mit-                                 der „Battery Innovation Days 2021“ (gemeinsam
telpunkt stehen.                                                                 mit den beiden IPCEIs und europäischen Einrich-
                                                                                 tungen), die LinkedIn-Gruppe „European Battery
                                                                                 Innovation“ mit über 2.200 Mitgliedern oder Fach-
6.4 Vernetzungsmaßnahmen                                                         foren unter den Förderprojekten beispielsweise
                                                                                 zu Querschnittsthemen wie Umweltzertifizierung
Auch über die geförderten Unternehmen und                                        oder Digitalisierung der Produktion.
Forschungseinrichtungen hinaus hat das BMWK
sich zum Ziel gesetzt, vernetzend die Bildung eines                              Das Ziel ist dabei unverändert: die Bildung eines
schlagkräftigen und innovativen europäischen                                     hoch vernetzten, kooperativen und integrativen
„Ökosystems Batteriezellfertigung“ voranzutrei-                                  europäischen „Ökosystems Batteriezellfertigung“,
ben. Zu diesem Zweck leistet auch die vom BMWK                                   welches international wettbewerbsfähig und
beauftragte wissenschaftliche Begleitung durch                                   bezüglich der Nachhaltigkeit wie auch der tech-
die Erstellung von Studien, Fachbeiträgen, durch                                 nischen Leistungsfähigkeit der Batterien heraus­
Vernetzungsaktivitäten, Konferenzen und Work-                                    ragend ambitioniert ist.
shops wesentliche Beiträge. Die Analysen liefern
den Projektverantwortlichen eine umfangreiche
Wissensbasis und beraten zu technologischen und
strategischen Themen. Zudem werden Dienstleis-
tungen für die Förderprojekte entwickelt und die
Schlüssel­akteure aus Forschung, Wirtschaft und
Politik in Deutschland und Europa miteinander
vernetzt.
6 D A S U M F E L D F Ü R B AT T E R I E N : D A S B AT T E R I E - Ö KO S Y S T E M   25

IPCEI Porträt 5: Manz AG

                                                                                                   Standort:
                                                                                                   Reutlingen,
                                                                                                   Baden-Württemberg

                                                                                                   Wertschöpfungsstufe:
                                                                                                   Zell-, Modul- und
                                                                                                   Batteriesystemmontage

                                                                                                   IPCEI-Einbindung:
                                                                                                   IPCEI EuBatIn Work-
                                                                                                   stream 2 „Battery Cells“
                                                                                                   & Workstream 3 „Battery
                                                                                                   Systems“

                                                                                                   Fördersumme:
                                                                                                   bis zu 71,34 Mio. Euro
                                                                                                   Förderung in Deutschland
                                                                                                   (ein weiterer Projektteil,
                                                                                                   durchgeführt durch die
                                                                                                   Manz Italy, wird unter
                                                                                                   dem EuBatIn IPCEI in
                                                                                                   Italien gefördert)

Das Projekt: Manz beabsichtigt, in ihrem Projekt „Lithium-Batteriefabrik der Zukunft“, hocheffiziente
Maschinen und Prozesse zur vollautomatisierten Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien der
Generationen 3 und 4 zu entwickeln. Die Herstellprozesse und die dazugehörigen Anlagen basie-
ren auf einem neuen, digitalisierten und kostengünstigen Geschäftsmodell. Manz wird somit einen
wirksamen Beitrag zum Aufbau einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Batterieindustrie in
Europa leisten.

Meilenstein: Auftrag der BMW-Gruppe für Pilotanlage zur Zellassemblierung.

                   „Als Hightech-Maschinenbauer ist die Manz AG ein wichtiges Bindeglied im
                   europäischen Batteriemarkt zwischen Forschung & Entwicklung einerseits und
                   Herstellern andererseits. Als einer der wenigen europäischen Maschinenbauer
                   haben wir bereits heute umfangreiche Erfahrungen im Bereich der gesamten
                   Wertschöpfungskette der Lithium-Ionen-Batterieproduktion. Entsprechend
                   stolz sind wir, dass wir einen wichtigen Anteil an der Weiterentwicklung dieser
                   Schlüsselindustrie in Europa haben werden.“
                   Mark Laderer, Bereichsleiter Future Battery Technologies
26

7 E
   uropäische & internationale
  Aktivitäten
7 E U R O PÄ I S C H E & I N T E R N AT I O N A L E A K T I V I TÄT E N   27

Über die bereits beschriebenen IPCEIs und natio-       Die BATTERY 2030+ ist eine Initiative, die ergän-
nalen flankierenden Fördermaßnahmen hinaus             zend zu den kurz- und mittelfristigen Maßnahmen
tragen auch zahlreiche europäische und internatio-     die mittel- bis langfristige Forschung und Entwick-
nale Initiativen zur Vernetzung relevanter Akteure     lung an neuen Batterietechnologien koordinieren
und zum Aufbau einer innovativen und nachhalti-        und vorantreiben möchte. In dieser Initiative sind
gen Batteriewertschöpfung in Europa bei, die durch     insbesondere Forschungseinrichtungen vertreten,
das BMWK direkt oder indirekt unterstützt werden.      da hier vor allem grundlegende Forschungsfragen
                                                       beantwortet werden sollen.
Zur Erleichterung von Kooperationen und Stärkung
der Zusammenarbeit wurde 2017 die Europäische          Auf dem Weltwirtschaftsforum 2017 in Davos
Batterieallianz (European Battery Alliance, EBA)       haben sich über 40 verschiedene Vertreterinnen
ins Leben gerufen. Die EBA verbindet Akteure aus       und Vertreter aus Industrie, aus NGOs und Regie-
Wissenschaft, Industrie und Politik mit dem Ziel,      rungsorganisationen zur Global Battery Alliance
eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Batterie-       (GBA) zusammengeschlossen. Sie ist auf dem Weg,
wertschöpfungskette in Europa aufzubauen und zu        eine eigenständige Non-Profit-Organisation zu
etablieren. Unter anderem hat die EBA maßgeblich       werden. Das BMWK ist über die Förderagentur
an der (inhaltlichen) Erstellung des strategischen     VDI/VDE-IT in der GBA vertreten. Eines der Flagg-
Aktionsplans für Batterien mitgewirkt. Das BMWK        schiffsprojekte der GBA ist die Entwicklung des
wirkt regelmäßig an den Sitzungen der EBA mit          „Battery Passports“, eines digitalen Zwillings
und unterhält einen engen Arbeitskontakt mit der       einer jeden Batterie. Der Batteriepass soll einen
Umsetzungsagentur der EBA (EIT InnoEnergy).            sicheren und diskriminierungsfreien Datenaus-
                                                       tausch zwischen Beteiligten in der Batteriewert-
Batteries Europe mit der Europäischen Technolo-        schöpfungskette ermöglichen und gleichzeitig die
gie- und Innovationsplattform für Batterien (Euro-     notwendige Transparenz für öffentliche und pri-
pean Technology and Innovation Platform, ETIP)         vate Einrichtungen schaffen. Ziel ist es, die Trans-
koordiniert und implementiert unter anderem For-       parenz in der Lieferkette zu erhöhen, die sichere
schungs- und Entwicklungsaktivitäten entlang der       Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen zu gewährleis-
Batteriewertschöpfungskette. Durch sechs thema-        ten und Daten auf wirtschaftlicher, sozialer und
tische Arbeitsgruppen werden Herausforderungen         ökologischer Ebene einheitlich zu erheben. Damit
gezielt identifiziert und passende Lösungsstrategien   können Daten zur Batteriehistorie, zum Zustand
entwickelt. Das BMWK ist über die Förderagentur        und der Batteriechemie bzw. der Zusammenset-
VDI/VDE-IT bei Batteries Europe vertreten.             zung der Batterie genutzt werden, um verlässlich
                                                       die verbleibende Lebensdauer oder den Restwert
Die Europäische Rohstoff-Allianz (European Raw         einer Batterie ermitteln bzw. die Wirtschaftlich-
Material Alliance, ERMA) hat zum Ziel, die Ver-        keit für Second-Life-Anwendungen abschätzen zu
sorgung Europas mit kritischen und strategischen       können. Der Batteriepass hat deshalb das Potenzial,
Rohstoffen sicherzustellen. Dies kann z. B. durch      das Vertrauen in die Batterierohstoffe zu erhöhen,
eine Diversifizierung der Bezugsquellen aus Dritt-     legislative Vorgaben zu erfüllen (z. B. die Einfüh-
ländern, eine Stärkung des europäischen Bergbaus       rung eines Batteriepasses, wie im Entwurf der
oder die Förderung von geschlossenen Material-         EU-Batterieverordnung vorgesehen) und gleich­
kreisläufen erreicht werden.                           zeitig zirkuläre Geschäftsmodelle zu katalysieren.
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