BERICHT ÜBER DIE NEUNTE TAGUNG DER EUROPÄISCHEN SONDERARBEITSGRUPPE UMWELT UND GESUNDHEIT - TAGUNGSBERICHT
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TAGUNGSBERICHT BERICHT ÜBER DIE NEUNTE TAGUNG DER EUROPÄISCHEN SONDERARBEITSGRUPPE UMWELT UND GESUNDHEIT BONN, 9.–10. DEZEMBER 2019 euro.who.int
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 2 Zusammenfassung Am 9. und 10. Dezember 2019 fand im Europäischen Zentrum der WHO für Umwelt und Gesundheit (Büro Bonn) die neunte Tagung der Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit (EHTF) statt. Die EHTF beging den 30. Jahrestag des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa (EHP), nahm ihr Arbeitsprogramm für den Zeitraum 2020–2021, eine Kommunikationsstrategie sowie den Arbeitsbereich und die Zielsetzungen ihrer Arbeitsgruppe über die Zusammenarbeit von kommunalen und subnationalen Behörden (CoLSA) an und wählte einen neuen Ko-Vorsitzenden aus dem Gesundheitsbereich. Ferner erörterte sie in einer Reihe interaktiver Workshops wichtige globale und regionsweite Entwicklungen und neue Fragen im Bereich Umwelt und Gesundheit.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 3 © Weltgesundheitsorganisation 2020 Gewisse Rechte vorbehalten. Diese Arbeit ist unter der Lizenz von Creative Commons Attribution- NonCommercial-ShareAlike 3.0 IGO (CC BY-NC-SA 3.0 IGO; https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/igo) erhältlich. Gemäß den Bestimmungen dieser Lizenz können Sie die Arbeit für nicht gewerbliche Zwecke kopieren, weiterverteilen und anpassen, sofern die Arbeit korrekt zitiert wird (siehe nachstehende Erläuterung). Bei jeglicher Nutzung dieser Arbeit ist jede Andeutung zu vermeiden, dass die WHO bestimmte Organisationen, Produkte oder Leistungen unterstützt. Die Verwendung des WHO-Logos ist nicht gestattet. Wenn Sie die Arbeit anpassen, müssen Sie Ihre Arbeit unter derselben oder einer gleichwertigen Lizenz von Creative Commons lizenzieren. Wenn Sie eine Übersetzung dieser Arbeit erstellen, sollten Sie der beabsichtigten Zitierung folgende Haftungsausschlusserklärung hinzufügen: „Diese Übersetzung wurde nicht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt. Die WHO übernimmt keine Haftung für den Inhalt oder die Genauigkeit dieser Übersetzung. Ausschließlich die englische Originalausgabe ist rechtsverbindlich: Report of the ninth meeting of the European Environment and Health Task Force. Bonn, 9–10 December 2019. Copenhagen: WHO Regional Office for Europe; 2020.“ Jede Schlichtung von Streitigkeiten, die sich aus der Lizenz ergeben, ist gemäß den Schlichtungsregeln der Weltorganisation für geistiges Eigentum durchzuführen. Vorgeschlagene Zitierung: Bericht über die neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit. Bonn, 9.–10. Dezember 2019. Kopenhagen: WHO-Regionalbüro für Europa; 2020, Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 IGO. Cataloguing-in-Publication (CIP-Daten): CIP-Daten erhalten Sie unter http://apps.who.int/iris. Verkauf, Rechte und Lizenzvergabe: Zum Kauf von Publikationen der WHO siehe http://apps.who.int/bookorders. Zur Einreichung von Anträgen auf kommerzielle Nutzung und von Anfragen bezüglich Rechten und Lizenzvergabe siehe http://www.who.int/about/licensing. Material von Dritten: Wenn Sie Material aus dieser Arbeit wiederverwenden möchten, das einem Dritten zugeschrieben wird (z. B. Tabellen, Abbildungen oder Bilder), so tragen Sie die Verantwortung für die Entscheidung, ob dazu eine Genehmigung erforderlich ist, sowie für die Einholung einer solchen Genehmigung beim Urheberrechtsinhaber. Das Haftungsrisiko, das sich aus Verstößen gegen einen im Eigentum Dritter stehenden Bestandteil der Arbeit ergibt, liegt ausschließlich beim Nutzer. Allgemeine Haftungsausschlüsse: Die in dieser Publikation verwendeten Bezeichnungen und die Darstellung des Stoffes beinhalten keine Stellungnahme seitens der WHO bezüglich des rechtlichen Status eines Landes, eines Territoriums, einer Stadt oder eines Gebiets bzw. seiner/ihrer Regierungs- oder Verwaltungsinstanzen oder bezüglich des Verlaufs seiner/ihrer Staats- oder Gebietsgrenzen. Gepunktete und gestrichelte Linien auf Karten bezeichnen einen ungefähren Grenzverlauf, über den möglicherweise noch keine vollständige Einigkeit besteht. Die Erwähnung bestimmter Firmen oder Erzeugnisse bedeutet nicht, dass diese von der WHO unterstützt, empfohlen oder gegenüber ähnlichen, nicht erwähnten bevorzugt werden. Soweit nicht ein Fehler oder Versehen vorliegt, sind die Namen von Markenartikeln als solche kenntlich gemacht. Die WHO hat alle angemessenen Vorkehrungen getroffen, um die in dieser Publikation enthaltenen Informationen zu überprüfen. Dennoch wird das veröffentlichte Material ohne irgendeine explizite oder implizite Gewähr herausgegeben. Die Verantwortung für die Deutung und den Gebrauch des Materials liegt bei der Leserschaft. Die WHO schließt jegliche Haftung für Schäden aus, die sich aus der Verwendung des Materials ergeben. Dokumenten-Nr.: WHO-EURO-2020-1392-41142-55941
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 4 Inhalt Danksagung............................................................................................................................................. 5 Abkürzungen ........................................................................................................................................... 5 Eröffnung und Annahme der Tagesordnung und des Programms .......................................................... 6 Von Frankfurt nach Ostrava und darüber hinaus: Zum 30-jährigen Bestehen des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa ....................................................................................................................... 6 Austausch von Erfahrungen bei der Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Handlungskataloge für den Bereich Umwelt und Gesundheit ..................................................................................................... 8 Neue Fragen und Zukunftsthemen im Bereich Umwelt und Gesundheit ............................................. 12 Verfolgung der Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG und der Zielvorgaben in Bezug auf Umwelt und Gesundheit: vorgeschlagener Rahmen ............................................................................. 15 Instrumente, Mechanismen und Aktivitäten zur Unterstützung der nationalen Handlungskataloge für den Bereich Umwelt und Gesundheit ................................................................................................... 16 Berichte aus den im Rahmen der EHTF gebildeten Arbeitsgruppen .................................................... 19 Arbeitsgruppe über die Zusammenarbeit von kommunalen und subnationalen Behörden – Arbeitsbereich und Zielsetzungen ..................................................................................................... 19 Arbeitsgruppe Klimawandel und Gesundheit ................................................................................... 19 Übersicht über wichtige regionsweite und globale Entwicklungen in Bezug auf Umwelt und Gesundheit ............................................................................................................................................ 20 Arbeitsprogramm für die EHTF für den Zeitraum 2020–2021 ............................................................. 23 Wahl des Ko-Vorsitzenden der EHTF .................................................................................................. 25 Zusammenfassung der Tagung ............................................................................................................. 25 Anhang 1: Zielsetzung der Tagung ....................................................................................................... 26 Anhang 2: Tagungsprogramm .............................................................................................................. 28 Anhang 3. Teilnehmerliste .................................................................................................................... 32
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 5 Danksagung Die Tagung wurde großzügigerweise vom deutschen Bundesministerium für Gesundheit finanziert. Abkürzungen 5G drahtlose Technologie der fünften Generation AMR antimikrobielle Resistenz CoLSA EHTF-Arbeitsgruppe über die Zusammenarbeit von kommunalen und subnationalen Behörden ECEH Europäisches Zentrum für Umwelt und Gesundheit EEHYC European Environment and Health Youth Coalition EHP Prozess Umwelt und Gesundheit EHTF Europäische Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit EMF elektromagnetisches Feld EU Europäische Union GPW 13 Dreizehntes Allgemeines Arbeitsprogramm der WHO 2019–2023 HEAL Health and Environment Alliance HIC EHTF-Arbeitsgruppe Klimawandel und Gesundheit IARC Internationales Krebsforschungszentrum IPBES Zwischenstaatliche Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemleistungen NEHAP nationaler Aktionsplan für Umwelt und Gesundheit REC Regionales Umweltzentrum, Ungarn SAICM Strategisches Konzept für ein internationales Chemikalienmanagement SDG Ziel für nachhaltige Entwicklung THE PEP Paneuropäisches Programm Verkehr, Gesundheit und Umwelt UNECE Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa UNEP Umweltprogramm der Vereinten Nationen WASH Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 6 Eröffnung und Annahme der Tagesordnung und des Programms 1. Die neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit (EHTF) fand am 9. und 10. Dezember 2019 auf dem Campus der Vereinten Nationen in Bonn statt. Die Tagung wurde großzügigerweise vom deutschen Bundesministerium für Gesundheit finanziert. Anhang 1 enthält die Zielsetzung der Tagung, Anhang 2 das Arbeitsprogramm und Anhang 3 die Teilnehmerliste. Einige Teilnehmer waren der Tagung über eine Videoverbindung zugeschaltet. 2. Die Tagung wurde von Dr. Nune Bakunts, der Vorsitzenden der EHTF, offiziell eröffnet. Sie begrüßte die Vertreter von 33 Mitgliedstaaten und acht institutionellen Akteuren. Die Tagesordnung und das Arbeitsprogramm wurden mit kleineren Änderungen angenommen. 3. Dr. Piroska Östlin, kommissarische WHO-Regionaldirektorin für Europa, wandte sich mit einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft an die Tagung. 2019 jährt sich die Einleitung des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa (EHP) zum 30. Mal. Die Steuerungsstruktur des EHP hat sich in diesem Zeitraum mehrfach geändert, und das WHO-Regionalbüro für Europa hat dementsprechend Schritte zur Umstrukturierung seiner Arbeit im Bereich Umwelt und Gesundheit unternommen, wobei politische und fachliche Strukturen seit der Sechsten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit (Ostrava (Tschechische Republik), 13.–15. Juni 2017) und der Annahme der Erklärung von Ostrava zunehmend konvergieren. Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung ihrer nationalen Handlungskataloge für den Bereich Umwelt und Gesundheit sind eine Reihe von Publikationen und Softwaretools entwickelt worden. Von Frankfurt nach Ostrava und darüber hinaus: Zum 30-jährigen Bestehen des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa 4. Dr. Zsuzsanna Jakab, Stellvertretende Generaldirektorin der WHO, wandte sich mit einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft an die Tagung. Viele der auf der Ersten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit (Frankfurt am Main, 7.–8. Dezember 1989) angesprochenen Themen wie Klimawandel, Luftverschmutzung und Chemikaliensicherheit haben bis heute nichts an Bedeutung verloren. Die auf jener ersten Konferenz mit der Annahme der Europäischen Charta zu Umwelt und Gesundheit festgelegten Grundsätze gelten nach wie vor: internationale und ressortübergreifende Zusammenarbeit, Partnerschaft mit anderen internationalen Organisationen, insbesondere der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), und Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft, wobei jungen Menschen ein besonderer Platz eingeräumt wird. Um das Handeln im Bereich Umwelt und Gesundheit zu erleichtern, sind neue Grundsatzinstrumente erarbeitet worden, insbesondere das Protokoll über Wasser und Gesundheit zu dem Übereinkommen von 1992 zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen, der erste für den Gesundheitsbereich anwendbare rechtsverbindliche Vertrag, der 1999 auf der Dritten Ministerkonferenz angenommen wurde. 5. Besonders nach der weltweiten Wirtschaftskrise 2008 war es für den EHP schwierig, die politische Handlungsdynamik im Bereich Umwelt und Gesundheit aufrechtzuerhalten, aber die Annahme der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (SDG) und des Dreizehnten Allgemeinen Arbeitsprogramms der WHO 2019–2023 (GPW 13) hat neue Impulse für Veränderungen gegeben und das politische Engagement wiederbelebt. Auf der Sechsten Ministerkonferenz (Ostrava (Tschechische Republik), 13.–15. Juni 2017) verpflichteten sich die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung nationaler Handlungskataloge, die sich nach ihren nationalen Prioritäten richten sollten. Die Erfahrungen in der Europäischen Region der WHO haben auch außerhalb der Region zum Handeln angeregt, und in der WHO-Region Westlicher Pazifikraum ist nach dem Vorbild des Europäischen Zentrums für Umwelt und Gesundheit (ECEH) ein neues Zentrum mit Sitz in Seoul (Republik Korea) eingerichtet worden.1 6. Dr. Michal Krzyzanowski, Gastprofessor am King‘s College London und ehemaliger Leiter des ECEH, würdigte die Gründer des EHP und ging näher auf die Grundsätze politischen Handelns und die 1 Siehe https://www.who.int/westernpacific/centreforenvironment.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 7 strategischen Elemente der Europäischen Charta zu Umwelt und Gesundheit ein. Die Prioritäten der Charta sind heute so aktuell wie 1989. 7. Auf einer Reihe von Ministerkonferenzen sind Grundsatzerklärungen abgegeben und neue Instrumente und Mechanismen geschaffen worden: Erste Ministerkonferenz (Frankfurt am Main, 1989): Europäische Charta zu Umwelt und Gesundheit; Zweite Ministerkonferenz (Helsinki, 1994): nationale Aktionspläne für Umwelt und Gesundheit (NEHAP); Dritte Ministerkonferenz (London, 1999): Protokoll über Wasser und Gesundheit und Charta Verkehr, Umwelt und Gesundheit (die 2002 mit dem UNECE-Programm für gemeinsame Maßnahmen im Verkehrs- und Umweltbereich zusammengelegt wurde, was zur Einrichtung des Paneuropäischen Programms Verkehr, Gesundheit und Umwelt (THE PEP) führte); Vierte Ministerkonferenz (Budapest, 2004): Aktionsplan zur Verbesserung von Umwelt und Gesundheit der Kinder in der Europäischen Region (CEHAPE); Fünfte Ministerkonferenz (Parma (Italien), 2010): Erklärung von Parma über Umwelt und Gesundheit und Jugenderklärung von Parma; Sechste Ministerkonferenz (Ostrava (Tschechische Republik), 2017): Erklärung der Sechsten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit, abgestimmt auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung. 8. Eines der greifbaren Ergebnisse der Ersten Ministerkonferenz ist die Gründung des ECEH. Das ECEH arbeitet mit einem breiten Spektrum von Partnern zusammen, darunter neben vielen anderen die Europäische Kommission, die Europäische Umweltagentur, das UNEP und die UNECE. Mit seiner fachlichen Arbeit und seinem Forschungsengagement hat das ECEH eine verlässliche Informationsgrundlage zu vielfältigen Themen im Bereich Umwelt und Gesundheit geschaffen, die weltweit genutzt wird. Mit seiner Arbeit zu den gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung leistete das Zentrum einen Beitrag zur Annahme der Resolution WHA68.8 der Weltgesundheitsversammlung über die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung im Jahr 2015 und zur Ersten Globalen Konferenz zum Thema Luftverschmutzung und Gesundheit im Jahr 2018. Zudem leitet das ECEH die normative Arbeit der WHO zur Luftqualität; eine Aktualisierung der globalen Luftgüteleitlinien der WHO soll 2021 veröffentlicht werden. 9. Künftige Prioritäten für den EHP sind die Weiterentwicklung der Informationsgrundlage und der Kapazitäten der Mitgliedstaaten für das Vorgehen im Bereich Umwelt und Gesundheit, eine weiterhin führende Rolle bei der Agenda für Umwelt und Gesundheit in Europa und der stärkere Einsatz von Gesundheitsargumenten in der Klimaschutzpolitik und der Agenda für nachhaltige Entwicklung. 10. Anschließend fand eine Podiumsdiskussion unter Beteiligung der Jugend, der Zivilgesellschaft und institutioneller Akteure des EHP statt. Podiumsmitglieder waren Dr. Roberto Bertollini (Berater des Gesundheitsministers von Katar, der sich mit einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft an die Tagung wandte), Alina Bezhenar (Mitbegründerin der European Environment and Health Youth Coalition (EEHYC)), Génon K. Jensen (Exekutivdirektorin der Health and Environment Alliance (HEAL), die sich mit einer vorab aufgezeichneten Videobotschaft an die Tagung wandte), Marco Keiner (Direktor der Abteilung Umwelt bei der UNECE), Dr. Wilfried Kreisel (ehemaliger Exekutivdirektor im Bereich Gesundheit und Umwelt beim WHO-Hauptbüro), Brigit Staatsen (Ko- Vorsitzende des EHP und Leitende Forscherin im Bereich Umwelt und Gesundheit beim Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) der Niederlande). 11. Der EHP hat den Diskurs über Umwelt und Gesundheit verändert und bei Bürgern und politischen Entscheidungsträgern Verständnis dafür geschaffen, dass die Umwelt eine wesentliche Determinante für Gesundheit, Krankheit und Wohlbefinden ist, dass Probleme im Bereich Umwelt und Gesundheit nicht nur lokale, sondern nationale und internationale Tragweite haben und dass auf ihre Lösung ausgerichtetes Handeln auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen muss. Doch während der EHP in früheren
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 8 Jahrzehnten auf internationale Zusammenarbeit zur Lösung lokaler Probleme abzielte, wirken sich globale Probleme heute sehr stark auf das Leben lokaler Gemeinschaften aus, die ihre Situation allein nicht ändern können. Diese neuen Herausforderungen verlangen neue Instrumente, Bündnisse und Erkenntnisse. Gebot der Stunde ist ein neues ressortübergreifendes Bündnis, das die erforderliche Informationsgrundlage zur Herbeiführung politischen Wandels auf nationaler und internationaler Ebene und eine innovative Kommunikationsstrategie zur Unterstützung der neuen Politik entwickelt. 12. Die EEHYC wurde 2012 gegründet und 2014 als internationale nichtstaatliche Organisation mit Sitz in Vilnius (Litauen) registriert. Auf der Sechsten Ministerkonferenz im Jahr 2017 nahm sie die Jugenderklärung von Ostrava und die Handlungsverpflichtung für die Jugend an, womit eine stärkere Einbeziehung junger Menschen gefördert, die strategische Zusammenarbeit mit allen Akteuren im EHP unterstützt und die formelle und informelle Bildung zu Umwelt- und Gesundheitsthemen verbessert werden soll. Die EEHYC koordiniert nationale Foren von Jugendorganisationen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO und hat sich an den Aktivitäten des Programms THE PEP und des Protokolls über Wasser und Gesundheit beteiligt. Im Dezember 2019 veröffentlichte sie ihre jüngste Publikation, Emerging opportunities and challenges in the European Environment and Health Process.2 13. Aufbauend auf der Europäischen Charta zu Umwelt und Gesundheit von 1989 haben die Akteure des EHP, darunter die WHO, die UNECE und das UNEP, im Rahmen des Protokolls über Wasser und Gesundheit, des Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung und THE PEP zusätzliche Prozesse geschaffen, aus denen die Interdependenz von Umwelt und Gesundheit deutlich hervorgeht. Besonders wertvoll war die Einbeziehung gesundheitlicher Überlegungen in die Verkehrspolitik und -planung im Rahmen des Programms THE PEP. Umweltfragen werden heute routinemäßig im Kontext menschlicher Gesundheit und Lebensbedingungen berücksichtigt. 14. Die ehrgeizigen Ziele der Ersten Ministerkonferenz waren inspiriert von der Notwendigkeit, auf eine Reihe von Umweltkatastrophen zu reagieren, von politischen Veränderungen hin zu einem geeinteren Europa und von internationalen Grundsatzdokumenten wie dem Bruntland-Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“3. Der EHP hat sich zu einem Modell für ressortübergreifende Zusammenarbeit entwickelt, das nun in der WHO-Region Westlicher Pazifikraum Nachahmung findet. Das 2019 gegründete Asien-Pazifik-Zentrum für Umwelt und Gesundheit wird sich auf drei Fachbereiche konzentrieren: Luftqualität, Energie und Gesundheit, Klimawandel und Gesundheit sowie Wasser und das Lebensumfeld. Über Gremien wie das Regionalforum für Umwelt und Gesundheit in südost- und ostasiatischen Ländern (heute Asien-Pazifik-Regionalforum für Gesundheit und Umwelt) kommt die ressortübergreifende Zusammenarbeit in der Region bereits gut voran. 15. Zu den Prioritäten für die Zukunft des EHP gehört eine verstärkte Zusammenarbeit bei Querschnittsthemen wie Klimawandel und nachhaltige Städte, was auch eine bessere Nutzung knapper Ressourcen ermöglicht. Der EHP wird auch künftig junge Menschen in Politikgestaltung und Kapazitätsaufbaumaßnahmen einbeziehen. Um zu beurteilen, ob die Maßnahmen die gewünschte Wirkung haben, müssen Daten effektiv erfasst und Maßnahmen überwacht werden. Austausch von Erfahrungen bei der Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Handlungskataloge für den Bereich Umwelt und Gesundheit Dokument EURO/EHTF9/8 16. Dovilė Adamonytė, Beraterin beim ECEH, war der Tagung per Videoverbindung zugeschaltet. Sie erläuterte die Ergebnisse einer Online-Umfrage zur Bewertung des Stands der Ausarbeitung der nationalen Handlungskataloge der Mitgliedstaaten und zur Ermittlung der Bereiche, in denen fachliche Hilfe benötigt werden könnte, und der erforderlichen Kapazitäten für die Unterstützung nationaler Aktivitäten. 2 Siehe www.eehyc.org. 3 Volker Hauff (Hrsg.), Unsere gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Eggenkamp, Greven, 1987.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 9 17. Die halbstrukturierte Online-Umfrage fand im April/Mai 2019, eine zweite Runde der Datenerhebung im September/November 2019 statt. Insgesamt wurden 40 Antworten aus 37 Mitgliedstaaten eingeholt. Bei der Umfrage wurden 23 offene und geschlossene Fragen in drei Rubriken gestellt: institutionelle Regelungen für den Bereich Umwelt und Gesundheit, Ausarbeitung nationaler Handlungskataloge und konkrete Handlungsbeispiele in jedem vorrangigen Bereich. 18. Aus den Antworten auf die Fragen zu den institutionellen Regelungen geht hervor, dass Ansprechpersonen für Umwelt und Gesundheit die wichtigsten Kommunikations- und Koordinationsstrukturen für Tagungen von Experten aus den Ressorts Umwelt und Gesundheit und für die Information politischer Entscheidungsträger sind. Auch andere Ministerien, darunter die für Landwirtschaft, wirtschaftliche Entwicklung, Arbeit, Bildung und Notsituationen, sowie subnationale Behörden, die Zivilgesellschaft, junge Menschen und die Privatwirtschaft sind beteiligt. In elf Mitgliedstaaten wird zur Koordinierung von Gesundheits- und Umweltaktivitäten ein bestehender Mechanismus genutzt, während in den anderen antwortenden Ländern ein weiterer Mechanismus geschaffen worden ist. 19. Mitgliedstaaten berichteten über Schwierigkeiten bei der Beschaffung der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen für die Ausarbeitung ihres nationalen Handlungskatalogs sowie über begrenzte Finanzmittel für seine Umsetzung. Insgesamt 68% der Mitgliedstaaten, die noch keinen nationalen Handlungskatalog erarbeitet hatten, gaben an, dass sie dies beabsichtigten. Der nationale Handlungskatalog ist in neun Mitgliedstaaten ein eigenständiges Dokument und in weiteren neun Teil bestehender nationaler Strategien und Konzepte. Prioritäten der nationalen Handlungskataloge sind Luftqualität, Chemikaliensicherheit sowie gesunde und nachhaltige Städte. Nur wenige Befragte nannten umweltverträgliche Gesundheitssysteme als Priorität. 20. Insgesamt 63% der Mitgliedsstaaten haben keine Ressourcen speziell für die Ausarbeitung des nationalen Handlungskatalogs ausgewiesen. Zehn Mitgliedstaaten haben ein Überwachungs- und Evaluationssystem eingerichtet, aber 16% der übrigen Befragten wussten nicht, ob es in ihrem Land ein solches System gibt oder nicht. Zur Bewertung der Umsetzung der nationalen Handlungskataloge sollen nationale Indikatoren festgelegt und die Erfolgskontrolle und Berichterstattung durch Verwendung des SDG-Rahmens erleichtert werden. Zu den Maßnahmen, über die Mitgliedstaaten berichteten, zählen Grundsatzinstrumente, Workshops, Gesundheitsfolgenabschätzungen, Schulungen und Kooperationsprojekte. Die antwortenden Länder nannten zahlreiche Bereiche, in denen sie anderen Ländern fachliche Hilfe leisten könnten, darunter Luftqualität und Chemikaliensicherheit. Das Regionalbüro könnte eine Publikation zu vorhandenen Ressourcen erarbeiten und darin die inspirierenden Erfahrungen von Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung nationaler Handlungskataloge darstellen, ihre Prioritäten im Bereich Umwelt und Gesundheit präsentieren und auf ihre Erfolge und Probleme eingehen. Eine solche Publikation könnte anlässlich der nächsten Halbzeitbilanz des EHP und als Beitrag zur Kommunikationsstrategie des EHP herausgegeben werden. 21. Anschließend bildeten die Teilnehmer sieben Gruppen, um in jeweils einem der in der Erklärung von Ostrava festgelegten vorrangigen Bereiche zu erörtern, welchen wesentlichen Herausforderungen sich ihre Länder gegenübersehen und wie die WHO und andere Akteure des EHP zu deren Lösung beitragen könnten. Luftqualität Moderation: Georgien und Román Pérez Velasco, Fachreferent, ECEH 22. Die Förderung der ressortübergreifenden Zusammenarbeit und des Dialogs zwischen den Akteuren zählt für die Mitgliedstaaten zu den wesentlichen Herausforderungen. Zu ihrer Bewältigung, so die Mitgliedstaaten, müssen die Rechtsgrundlagen auf den verschiedenen Steuerungsebenen gestärkt werden. Außerdem sollten Maßnahmen ergriffen werden, um die Luftqualität in Innenräumen zu verbessern und die positiven Wechselwirkungen zwischen Klimaschutz und Luftreinhaltung zu nutzen. Bewährte Verfahren sind unter anderem der von der WHO und der Europäischen Union (EU) unterstützte Aufbau von Kapazitäten in Georgien, ein von Griechenland, Israel und Zypern gemeinsam betriebenes Frühwarnsystem für Wüstenstaub und der gesamtstaatliche Ansatz zum Thema Luftverschmutzung in den Niederlanden. Ferner werden Messnetze zur Überwachung der Luftqualität
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 10 und die Erhebung von Gesundheitsdaten für Gesundheitsfolgenabschätzungen gestärkt, und eine nachhaltige städtische Mobilität wird gefördert. Wasser- und Sanitärversorgung und Gesundheit Moderation: Serbien und Dr. Enkhtsetseg Shinee, Fachreferentin, ECEH 23. Zu den Prioritäten der Mitgliedstaaten gehören die Entwicklung von Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Planungsansätzen im Bereich Wasser- und Abwassersicherheit in Übereinstimmung mit den WHO-Leitlinien und die Ausarbeitung von Fahrplänen für deren langfristige Umsetzung in die Praxis, die Stärkung der Wassergütenormen, einschließlich Normen für die risikobasierte Überwachung der Wasserqualität, die Verbesserung von Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) in Gesundheitseinrichtungen, Schulen und anderen institutionellen Umfeldern sowie die Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen (AMR). Das Protokoll über Wasser und Gesundheit bietet eine solide Grundlage für die Ausarbeitung der nationalen Handlungskataloge im Bereich WASH, insbesondere durch seinen Zielfestlegungs- und Umsetzungsmechanismus, doch eine effektive Koordination zwischen verschiedenen Ressorts ist erforderlich, um alle Akteure in den Umsetzungsprozess einzubinden. Die Mitgliedstaaten sollten sich über bewährte Verfahren, Erfahrungen und Instrumente austauschen. Eine der neueren Herausforderungen ist die zunehmende chemische Verunreinigung der Wasservorräte durch Substanzen wie perfluorierte Verbindungen und Arzneimittelrückstände. Chemikaliensicherheit Moderation: Litauen und Dr. Irina Zastenskaya, Fachreferentin, ECEH 24. Die Aktivitäten der Mitgliedstaaten stehen im Einklang mit den Prioritäten der Region auf dem Gebiet der Chemikaliensicherheit; die nationalen Prioritäten unterscheiden sich jedoch je nach dem Stand der wirtschaftlichen Entwicklung, den bestehenden institutionellen Regelungen und den vorhandenen Kapazitäten des Landes. Zu den Hauptanliegen zählen traditionelle Fragen der Chemikaliensicherheit, wie die Ausarbeitung und Umsetzung fortgeschrittener Rechtsvorschriften, die Expositions- und Risikobewertung, die Gesundheitsüberwachung, die Stärkung der Giftleitstellen, die Durchführung des Übereinkommens von Minamata über Quecksilber, die Beseitigung von Asbest und anderen gefährlichen Chemikalien und die Förderung sichererer Alternativen sowie die Entsorgung gefährlicher Abfälle, einschließlich medizinischer Abfälle. Die Mitgliedstaaten machen sich auch Gedanken über neu aufkommende Fragen wie die Risikobewertung von Chemikalienmischungen, das Recycling gefährlicher Produkte und die Kreislaufwirtschaft, die Ausweitung des Chemikalienrechts auf die Kontrolle von Emissionen und Freisetzungen gefährlicher Chemikalien auf der Vermarktungsstufe und die Messung der gesundheitlichen Auswirkungen der grenzüberschreitenden Verbringung von Chemikalien. Ein Bereich, der Chancen bietet, ist die Durchführung von Programmen für Human-Biomonitoring, unter anderem durch Zusammenarbeit zwischen EU-Ländern und Nicht- EU-Ländern im Rahmen des Programms Human Biomonitoring for Europe. Die Teilnehmer ersuchten das ECEH um Unterstützung beim Aufbau von Kapazitäten und bei der Schaffung der wissenschaftlichen Grundlage zur Förderung von Maßnahmen auf nationaler Ebene. Abfallwirtschaft und Industriealtlasten Moderation: Italien und Dr. Julia Nowacki, Fachreferentin, ECEH 25. Die industrielle Entwicklung brachte und bringt viele gesellschaftliche Vorteile. Die Hinterlassenschaften aktiver oder stillgelegter Industriestandorte haben jedoch auch zu einer Umweltkontamination geführt, die über unterschiedliche Expositionspfade und vielfältige Wirkungen die menschliche Gesundheit belastet. Diese gesundheitlichen Auswirkungen sind oft ungleich zu Lasten der sozioökonomisch schlechter gestellten Gruppen verteilt, die in der Nähe von Altlastenstandorten leben. Frühere europäische Definitionen von Industriealtlasten konzentrierten sich auf die Bodenkontamination. In einer weiter gefassten Definition sind Boden, Luft, Wasser und die Nahrungskette sowie das Abfallaufkommen und Belastungen am Arbeitsplatz zu berücksichtigen. Industriealtlasten sind in der Regel Problemstandorte, bei denen eine Vielzahl von Umweltbelastungen und Pfaden zur menschlichen Gesundheit in einen multidisziplinären Ansatz integriert werden muss.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 11 26. Ein proaktiver Ansatz zur Messung und Bekämpfung der gesundheitlichen Auswirkungen industrieller Altlasten ist dringend erforderlich. Dazu sind ressortübergreifende Strategien zur Behandlung von Umwelt-, Sozial-, Arbeits-, Industrie- und Gesundheitsfragen zu entwickeln. An Altlastenstandorten finden sich in den Umweltmedien häufig komplexe Gemische gesundheitlich bedenklicher Chemikalien. Maßnahmen gegen die von Industriealtlasten ausgehende Umweltkontamination sollten daher nicht aufgrund wissenschaftlicher Unsicherheit, etwa wegen unzureichender Qualität der epidemiologischen Studien oder der Expositions-, Bevölkerungs- und Gesundheitsdaten oder wegen unzureichender Stichprobengrößen, aufgeschoben werden. Die Mitgliedstaaten brauchen Unterstützung bei der formellen und informellen Kapazitätsentwicklung und Sensibilisierung, bei Strategien zur Folgenabschätzung und bei der Risikominderung auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Klimawandel Moderation: Kroatien, Deutschland und Dr. Vladimir Kendrovski, Fachreferent, ECEH 27. Viele Mitgliedstaaten haben ressortübergreifende Koordinationsmechanismen geschaffen, um die Maßnahmen zu ermitteln, die im Gesundheitsbereich und in anderen Bereichen zur Verringerung der mit dem Klimawandel verbundenen Gesundheitsrisiken erforderlich sind. Die Schwere künftiger Auswirkungen hängt von Klimaänderungen und gleichzeitigen Änderungen nichtklimatischer Faktoren und von den zur Verringerung negativer Auswirkungen durchgeführten Anpassungsmaßnahmen ab. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Allergien und Klimawandel liegen aus Deutschland, Israel und der Slowakei vor. 28. Die Nachhaltigkeit von Gesundheitssystemen ist gefährdet, wenn die vorgelagerten Determinanten von Krankheit nicht ernsthaft angegangen werden. Angesichts der sehr starken Zusammenhänge zwischen diesen Faktoren könnte eine gut durchdachte Gesundheitspolitik, die sowohl die Minderung der gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels als auch die Anpassung daran unterstützt, erhebliche Chancen für Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention bieten. Nach der internationalen Konferenz über den Klimawandel im Mittelmeerraum und im Nahen Osten 2018 hat Zypern bei den Bemühungen zur Eindämmung der Klimawandelfolgen im östlichen Mittelmeerraum und im Nahen Osten eine koordinierende Rolle übernommen. 29. Allerdings haben mehrere Mitgliedstaaten Probleme bei der Umsetzung ihrer Aktionspläne. Um die gesundheitlichen Risiken des Klimawandels stärker ins Bewusstsein zu rücken, muss mehr Überzeugungsarbeit geleistet werden. Die Teilnehmer forderten das Regionalbüro und andere Partner auf, bei der Entwicklung entsprechender Lehrmaterialien zu helfen. Städte Moderation: Dr. Miriam Weber, Gesunde-Städte-Netzwerk, Stadt Utrecht, und Matthias Braubach, Fachreferent, ECEH 30. Zu den Herausforderungen gehört es, sicherzustellen, dass die politische Führung auf subnationaler Ebene die Umweltagenda unterstützt und die Fähigkeiten erwirbt, die für eine wirksame Koordination mit regionalen und nationalen Behörden und Ressorts auch über den Gesundheitsbereich hinaus erforderlich sind. Es muss nachgewiesen werden, dass langfristige Maßnahmen im Bereich Gesundheit und Umwelt wirtschaftlich sinnvoll sind; beispielsweise könnten lokale Labore zur Überwachung der Luftqualität vor Ort eingerichtet werden. Auch wenn Städte ein Schwerpunkt der Erklärung von Ostrava sind, dürfen die spezifischen Probleme und Anliegen ländlicher Gebiete (wie Wasser- und Sanitärversorgung) nicht vergessen werden. Das Regionalbüro und andere am EHP Beteiligte könnten die Mitgliedstaaten unterstützen, indem sie die verschiedenen Akteure zum Austausch über bewährte Verfahren zusammenbringen, Instrumente entwickeln und Belege für wirtschaftliche und Kosten- Nutzen-Argumente und gesundheitliche Auswirkungen sammeln, um die Stadtplanung und Entscheidungsfindung zu beeinflussen, und die Mitgliedstaaten ermutigen, subnationale Bedürfnisse und Anliegen in ihre nationalen Handlungskataloge aufzunehmen.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 12 Umweltverträgliche Gesundheitssysteme Moderation: die Niederlande und Dr. Dorota Jarosińska, Programmleiterin, Lebens- und Arbeitsumfelder, ECEH 31. Dieses Thema ist für den Gesundheitsbereich von besonderer Bedeutung. Die Initiative Green Deal 2.0 in den Niederlanden unter der Federführung des Ministeriums für Gesundheit, Wohlfahrt und Sport ist ein Bottom-up-Programm, das vom Wissen und Enthusiasmus der Gesundheitsfachkräfte getragen wird und schnelle Erfolge zu relativ geringen Kosten erzielt. Sie befasst sich mit vier zentralen Bereichen, die andere Mitgliedstaaten ebenfalls in Betracht ziehen können: Senkung der CO2- Emissionen aus Gesundheitseinrichtungen, Förderung kreislauforientierter Geschäftsabläufe, Verringerung von Arzneimittelrückständen im Wasser und Pflege gesunder Lebensumfelder in Gesundheitseinrichtungen. Neue Fragen und Zukunftsthemen im Bereich Umwelt und Gesundheit Dokument EURO/EHTF9/9 32. Auf seiner Tagung im Juni 2019 beschloss das Präsidium der EHTF, eine Sitzung der neunten Tagung der EHTF einem Überblick über das aktuellste verfügbare Wissen zu einigen wenigen neuen Fragen im Bereich Umwelt und Gesundheit zu widmen. Im Rahmen einer zweisprachigen Online- Konsultation, an der sich 20 Mitgliedstaaten beteiligten, wurden drei Themen ermittelt, und entsprechende Experten wurden eingeladen, vor der EHTF zu sprechen. Biologische Vielfalt und menschliche Gesundheit Prof. Lora Fleming, Europäisches Zentrum für Umwelt und menschliche Gesundheit, medizinische Fakultät der Universität Exeter (Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland); Hien Ngo, Zwischenstaatliche Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen (IPBES) 33. Studien zur Gesundheit des Planeten, wie die Millenniums-Bewertung der Ökosysteme, zeigen, dass sich der Zustand von Ökosystemen und die von ihnen erbrachten Leistungen (etwa sauberes Wasser, Nahrung oder Wasserregulierung) stetig verschlechtern. Auch die biologische Vielfalt, die die Widerstandsfähigkeit aller Arten gegenüber Umweltbedrohungen erhöht, nimmt rapide ab. Die WHO hat mit dem Sekretariat des Übereinkommens über die biologische Vielfalt eine Vereinbarung abgeschlossen, und 2015 erschien eine gemeinsame Publikation beider Organisationen, Connecting global priorities: biodiversity and human health: a state of knowledge review. Doch um die Bedeutung der biologischen Vielfalt für die menschliche Gesundheit und die Notwendigkeit einer Reduzierung der Biodiversitätsverluste stärker ins Bewusstsein zu rücken, muss mehr getan werden, und zwar ressortübergreifend. 34. Das an der Universität Exeter (Vereinigtes Königreich) angesiedelte Europäische Zentrum für Umwelt und menschliche Gesundheit wurde im November 2019 als WHO-Kooperationszentrum für natürliche Lebensräume und Gesundheit ausgewiesen. Das Zentrum betreibt unter anderem transdisziplinäre Forschung über die grüne und blaue Infrastruktur (Wälder und Parks sowie Meere, Flüsse und städtische Gewässer) und die menschliche Gesundheit. 35. Bei einer informellen Arbeitsgruppensitzung erörterten Vertreter der Mitgliedstaaten nationale Herausforderungen im Zusammenhang mit biologischer Vielfalt und Gesundheit, einschließlich der ressortübergreifenden Zusammenarbeit und der Schwierigkeit, Gesundheitsergebnisse direkt mit Biodiversitätsaspekten zu verknüpfen. Teilnehmer betonten die Rolle der biologischen Vielfalt bei der Stärkung der Widerstandsfähigkeit: So führt die Lebensmittelindustrie in dem Bemühen, die biologische Vielfalt zu erhalten, die Gensequenzierung vieler Pflanzen durch, auch solcher, die derzeit nicht für die Ernährung genutzt werden. Informationen über Methoden zur Messung der biologischen Vielfalt sind über die Zwischenstaatliche Plattform Wissenschaft-Politik für Biodiversität und Ökosystemleistungen (IPBES – www.ipbes.net) zugänglich. Der von der WHO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation und der Weltorganisation für Tiergesundheit geförderte einheitliche Gesundheitsansatz bietet einen nützlichen Rahmen für die Einbeziehung von Biodiversitätsaspekten in
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 13 Aktivitäten wie Klimaschutz, und die Bürgerwissenschaft ist eine wertvolle Möglichkeit, die Öffentlichkeit, insbesondere junge Menschen, in die Datenerhebung und Sensibilisierung einzubinden. Das Regionalbüro kann im Rahmen der Aktivitäten des WHO-Kooperationszentrums für natürliche Lebensräume und Gesundheit in begrenztem Umfang Kapazitäten für Biodiversitätsstudien bereitstellen. Umweltfaktoren bei antimikrobieller Resistenz Dr. Gertjan Medema, Leitender Wissenschaftler, Wasserforschungsinstitut KWR, Nieuwegein (Niederlande) 36. Antimikrobielle Arzneimittel sind ein unverzichtbarer Bestandteil vieler medizinischer Verfahren, doch Resistenzen gegen sie breiten sich weltweit rasch aus. Jedes Jahr sterben 33 000 Menschen in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum an Infektionen, die auf antimikrobiell resistente Bakterien zurückzuführen sind – das sind mehr als die Todesfälle infolge von Grippe, HIV/AIDS und Tuberkulose zusammen. Ursprünglich auf Gesundheitseinrichtungen beschränkt, sind AMR heute in der Bevölkerung weitverbreitet. 2015 nahm die WHO den Globalen Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen an. 37. Zu den Umweltfaktoren, die AMR beeinflussen, gehört die hohe und zunehmende Resistenz von Bakterien im Abwasser, die neben dem Einsatz antimikrobieller Mittel in der Allgemeinbevölkerung auch ihre breite Verwendung in der Land- und Viehwirtschaft spiegelt. Organismen mit einer natürlichen Resistenz gegen antimikrobielle Mittel können sich über Wassersysteme ausbreiten. Schadstoffe (zum Beispiel Schwermetalle, überschüssiges Chlor oder Herbizide) in Wassersystemen können die Ausbreitung resistenter Gene unter Bakterienarten begünstigen. 38. In Erwartung weiterer Forschungsarbeiten in diesem komplexen Bereich können in allen Mitgliedstaaten bereits heute zwei Hauptansätze zur AMR-Bekämpfung verfolgt oder ausgeweitet werden. Der erste ist eine Verbesserung der Infektionsbekämpfung in Gesundheitseinrichtungen, die nach wie vor die Hauptquelle von AMR sind. Der zweite ist eine Verringerung der Freisetzung antimikrobieller Mittel, resistenter Organismen und resistenten genetischen Materials in die Umwelt. 39. Die Mitgliedstaaten können dafür sorgen, dass in ihren Aktionsplänen gegen AMR Umweltfaktoren in Betracht gezogen und dass AMR bei den Bemühungen um eine Verbesserung der Abwasserbehandlung und der Trinkwasserqualität berücksichtigt werden, was natürlich eine Abwägung zwischen bekannten und potenziellen Risiken, den voraussichtlichen Kosten und dem begrenzten Wissen über die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit potenzieller Lösungen erfordert. 40. Bei einer informellen Arbeitsgruppensitzung wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, die Aktivitäten zur AMR-Bekämpfung mit Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt, zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel zu verknüpfen. Auch wenn derzeit alles darauf hindeutet, dass Umweltfaktoren im Vergleich zur Humanmedizin oder zur Viehzucht relativ wenig zur Ausbreitung von AMR beitragen, ist eine regelmäßige, kostengünstige Überwachung, zum Beispiel der Prävalenz resistenter Stämme von Escherichia coli, unverzichtbar. Die Teilnehmer unterstützten die Empfehlungen, die Infektionsbekämpfung in Gesundheitseinrichtungen zu verbessern und die Freisetzung resistenter Organismen und ihres genetischen Materials in die Umwelt zu verringern, und regten an, dass Umweltfaktoren in den einschlägigen Konzepten und Aktionsplänen gegen AMR expliziter benannt werden könnten. Sie stellten fest, dass AMR in dem der Erklärung von Ostrava beigefügten Katalog möglicher Maßnahmen unter den WASH-Verpflichtungen aufgeführt werden, dass aber neben den Ressorts Umwelt und Gesundheit viele verschiedene Stellen zum Thema AMR tätig sind. Drahtlose Technologie der fünften Generation Dr. Emilie van Deventer, Strahlenprogramm, WHO-Hauptbüro 41. Drahtlose Technologie der fünften Generation (5G) wird nach und nach in ganz Europa eingeführt. Neben der Nutzung in der Mobiltelefonie und bei Internetanwendungen dürfte die Technologie bei der Versorgung im Bereich e-Gesundheit und m-Gesundheit, bei Telemedizin und Telechirurgie, im Verkehr und bei der Automatisierung vieler Haushaltsgeräte zum Einsatz kommen.
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 14 42. Die 5G-Technologie arbeitet derzeit in weitgehend den gleichen Frequenzbändern wie frühere Technologien, soll aber in naher Zukunft auf viel höheren Frequenzen als die derzeit genutzte 4G- Technologie betrieben werden. Es gibt eine Vielzahl von Erkenntnissen, Modellen und Vorhersagen zur Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (EMF). Erwärmung ist die Hauptwirkung, die mit einer hohen Belastung durch hochfrequente elektromagnetische Strahlung verbunden wird, und die Grundlage für internationale Expositionsleitlinien. Auf Umweltebene sind keine akuten Auswirkungen festgestellt worden. Die meisten epidemiologischen Studien konzentrieren sich auf das Krebsrisiko, insbesondere auf Krebserkrankungen des Gehirns im Zusammenhang mit der Nutzung von Mobiltelefonen. Die Interphone-Studie, eine vom Internationalen Krebsforschungszentrum (IARC) durchgeführte Fallkontrollstudie, zeigte einen Zusammenhang zwischen Gliomen und Akustikusneurinomen und der Nutzung von Mobiltelefonen, insbesondere bei Personen mit der höchsten kumulativen Nutzung. Störfaktoren und Fehler schränken jedoch die Aussagekraft dieser Ergebnisse ein und lassen eine kausale Interpretation nicht zu. Das IARC hat hochfrequente EMF als möglicherweise krebserregend für den Menschen (Gruppe 2B) eingestuft. 43. Weitere potenzielle Gesundheitsprobleme werden derzeit untersucht, darunter Verzögerungen der kognitiven Entwicklung bei Kindern, Überanstrengung der Augen durch das von elektronischen Geräten ausgestrahlte blaue Licht und Straßenverkehrsunfälle, die durch Mobiltelefone abgelenkte Autofahrer verursachen. Bisher gibt es aber kaum Erkenntnisse. Die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen einer langfristigen Exposition gegenüber drahtlosen Technologien wie 5G müssen über mehrere Jahrzehnte im Rahmen prospektiver Kohortenstudien untersucht werden, bevor zuverlässige Schlüsse gezogen werden können. 44. Die Länder haben vielfältige Risikomanagementmaßnahmen eingeführt, um potenzielle gesundheitliche Auswirkungen zu verhüten und abzumildern. Trotzdem ist die allgemeine Besorgnis wegen der Risiken der 5G-Technologie groß. Deshalb ist es wichtig, die Öffentlichkeit zu informieren und Risiken zu kommunizieren. 45. Die WHO wertet die wissenschaftliche Literatur über die gesundheitlichen Auswirkungen der Hochfrequenz-Exposition aus, hat zehn systematische Übersichtsarbeiten über mögliche negative gesundheitliche Auswirkungen, einschließlich Krebs, in Auftrag gegeben und aktualisiert derzeit ihre Faktenblätter über Mobiltelefone und Basisstationen. Die 2011 veröffentlichte Monografie des IARC über hochfrequente elektromagnetische Felder4 soll aktualisiert werden. 46. Bei einer informellen Arbeitsgruppensitzung wurde die Aufmerksamkeit in einem Redebeitrag aus den Niederlanden auf die Menschen gelenkt, die unter echten und schwerwiegenden Gesundheitsproblemen leiden, die sie der Exposition gegenüber EMF, selbst auf einem Niveau weit unter den international empfohlenen Grenzwerten, zuschreiben – ein Phänomen, das als „Elektrohypersensibilität“ bezeichnet wird. Die Ursache dieser Beschwerden ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen, und sie sind schwer zu untersuchen, da sich die Art, wie sich die Beschwerde äußert, und der Kontext, in dem sie auftritt, stark unterscheiden. Andere Teilnehmer schlugen vor, beim Einsatz von 5G das Vorsorgeprinzip walten zu lassen, bis zuverlässige Erkenntnisse über die damit verbundenen Risiken vorliegen, und bekräftigten die Bedeutung wirksamer Kampagnen zur Information der Öffentlichkeit, um auf die weitverbreiteten aktuellen Bedenken einzugehen. Seitens des Regionalbüros wurde festgestellt, dass die 5G-Technologie nicht unter die Verpflichtungen von Ostrava fällt, das Regionalbüro in Zusammenarbeit mit dem beim WHO-Hauptbüro angesiedelten Strahlenprogramm den Mitgliedstaaten aber dennoch aktuelle Erkenntnisse liefern sowie Unterstützung auf bilateraler Basis anbieten kann. Das Internationale EMF-Projekt der Gruppe Strahlung und Gesundheit beim WHO-Hauptbüro bietet den Mitgliedstaaten eine Plattform für die Zusammenarbeit und Vernetzung zu Themen im Zusammenhang mit EMF und Gesundheit und tagt jährlich. Das EMF- Projekt steht allen relevanten Stellen der WHO-Mitgliedstaaten offen. Das Regionalbüro könnte den 4 IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans. Non-ionizing radiation, Part II: radiofrequency electromagnetic fields (IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans, vol. 102). Lyon: International Agency for Research on Cancer; 2011 (https://publications.iarc.fr/Book-And- Report-Series/Iarc-Monographs-On-The-Identification-Of-Carcinogenic-Hazards-To-Humans/Non-ionizing- Radiation-Part-2-Radiofrequency-Electromagnetic-Fields-2013, eingesehen am 31. Dezember 2019).
Neunte Tagung der Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit, 9.–10. Dezember 2019 Seite 15 Mitgliedstaaten auch mit einer Reihe von Webinaren Gelegenheit zum fachlichen Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung bieten. Verfolgung der Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG und der Zielvorgaben in Bezug auf Umwelt und Gesundheit: vorgeschlagener Rahmen Dokument EURO/EHTF9/10 Prof. Michał Krzyżanowski, Gastprofessor, Umweltforschungsgruppe, King´s College London 47. Auf der Sechsten Ministerkonferenz Umwelt und Gesundheit kamen die Mitgliedstaaten überein, die Fortschritte bei der Durchführung der im Rahmen der Erklärung von Ostrava vereinbarten Maßnahmen zu messen und darüber Bericht zu erstatten, und zwar anhand derselben Indikatoren, die sie für die Berichterstattung über die Verwirklichung der SDG-Zielvorgaben heranziehen, zu denen die Zusagen von Ostrava beitragen sollen. Die Verwendung von SDG-Indikatoren zur Verfolgung der Fortschritte bei der Verwirklichung der SDG ist auch im Strategischen Ziel 6 der 2019 angenommenen Globalen Strategie der WHO für Gesundheit, Umwelt und Klimawandel verankert. 48. Ausgehend von der Ermittlung der SDG-Indikatoren, die für die Messung der Fortschritte in Bezug auf die Prioritäten der Erklärung von Ostrava am wichtigsten sind, hat das Regionalbüro den Entwurf eines Kontrollrahmens erarbeitet. Dieser umfasst 34 Indikatoren, wovon neun sich nicht speziell auf die Erklärung beziehen, aber dennoch nützliche Informationen liefern könnten. 49. Mehrere oder alle Mitgliedstaaten der Europäischen Region verfügen bereits über vollständige oder sehr gute Daten für 19 der Indikatoren. Was die übrigen Indikatoren betrifft, so sind entweder die verfügbaren Daten von minderer Qualität, oder die Indikatordefinitionen oder Datenerhebungsmethoden sind unvollständig, und an ihrer Weiterentwicklung wird noch gearbeitet. Zehn der Indikatoren stimmen mit den in der Globalen Strategie festgelegten Indikatoren überein, und für neun davon liegen zumindest in einigen Ländern Daten vor. 50. In den Kommentaren der Mitgliedstaaten, die bei der Online-Konsultation zu dem vorgeschlagenen Rahmen eingingen, wurden drei wesentliche Punkte zur Sprache gebracht. Erstens wurde erneut darauf hingewiesen, dass die Erklärung von Ostrava die Berichtslast der Mitgliedstaaten nicht erhöhen sollte. Zweitens wurde in einigen Kommentaren die Relevanz einzelner Indikatoren im europäischen Kontext in Frage gestellt, zum Beispiel der Anteil der in Slums lebenden Stadtbevölkerung, obwohl sich der Indikator auch auf unzureichende Wohnbedingungen bezieht, die in der gesamten Region nach wie vor ein Problem darstellen. Drittens haben insbesondere Mitgliedstaaten der EU häufig sachdienlichere Indikatoren als diejenigen, die für die Berichterstattung über die SDG-Zielvorgaben verwendet werden. 51. Das Regionalbüro empfahl der EHTF, die 34 Indikatoren als grundlegenden Kontrollrahmen für die Verpflichtungen von Ostrava zu billigen und den Mitgliedstaaten die Durchführung der Datenerhebung für die 18 wichtigsten Indikatoren mit dem vollständigsten Datensatz nahezulegen. Außerdem empfahl es den Mitgliedstaaten, ihren nationalen Behörden nahezulegen, für den zügigen Abschluss der Arbeit an den verbleibenden Indikatoren des Kontrollrahmens zu sorgen. Das Regionalbüro wird eine Clearingstelle für Informationen über die neun zusätzlichen, von einer Untergruppe von Mitgliedstaaten verwendeten Indikatoren einrichten und in ein bis zwei Jahren einen Sachstandsbericht erstellen. 52. Einige Teilnehmer äußerten die Befürchtung, Ad-hoc-Bemühungen zur Weiterentwicklung des vollständigen Katalogs von Indikatoren im vorgeschlagenen Kontrollrahmen würden Ressourcen und Kraft in Anspruch nehmen, die sinnvoller für den Aufbau von Kapazitäten, die Schaffung von Netzwerken und die Ermittlung von Erfolgshindernissen – und damit für Aktivitäten des EHP, die nach ihrem Dafürhalten echten Mehrwert schaffen – eingesetzt werden könnten. Ein Mitglied des Präsidiums wies darauf hin, dass viele Teilnehmer der Online-Konsultation zum vorgeschlagenen Kontrollrahmen den großen Wert der Überwachung und Evaluation hervorgehoben hatten: Die Frage sei, wie diese Prozesse effizient gestaltet werden können. Auf der Grundlage der eingegangenen Rückmeldungen, so eine Stimme aus dem Regionalbüro, wird der im entsprechenden Hintergrunddokument dargelegte
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