Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof

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Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Berichte
aus Forschung & Züchtung 2020
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Inhalt
Vorwort				               2
Geschäftsführung				      3
Zahlen und Fakten				     4
Überblick				             6
Publikationen				         8
Danksagung				            9
Gemüse				               10
Züchtungsziele				       11
Aussaat und Ernte				    12
Winterweizen				         14
Sortenbeschreibung				   16
Wintergerste				         18
Winterroggen				         20
Sommerweizen				         22
Hafer					               24
Körnermais				           26
Saatgutgesundheit				    28
Leindotter				           30
Luzerne				              32
Futterrüben				          34
Impressum				            36
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Vorwort                                                                                                                                                      Geschäftsführung

                                                                                                                                Kathrin Buhmann
              2020 war ein ereignisreiches Jahr, in welchem der 5-jährige Nachfolgepro-                                         M. Sc. Crop Sciences mit Spezialisierung „Pflanzenzüchtung und
              zess in der Forschung & Züchtung Dottenfelderhof zum Abschluss gebracht                                           Saatgutkunde“ an der Universität Hohenheim. Seit 2017 Mitarbeite-
              werden konnte. Der Gründer und langjährige Leiter Dr. agr. habil. Hartmut                                         rin der FZD und seit 2020 gemeinsam mit Dr. Carl Vollenweider ge-
              Spieß ist am 1. September 2020 aus der FZD ausgeschieden.                                                         schäftsführend tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Betreuung
                                                                                                                                des Wintergerstenzuchtprogramms (zusammen mit Sabine Martis),
              Das Team der Abteilung möchte sich ganz herzlich für sein Wirken in der FZD
                                                                                                                                die Entwicklung offen-abblühender Maispopulationen (mit Carl Vollen-
              und für die biologisch-dynamische Forschung und Züchtung bedanken. Für
                                                                                                                                weider), sowie die Durchführung des BÖLN-Projekts „Zuchtmethoden
              seine Verdienste um den ökologischen und biologisch-dynamischen Land-
                                                                                                                                Maispopulationen“ („ZuchtMetPopMais“).
              bau wurde Dr. Spieß im Jahr 2020 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande
              der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

              Die Arbeitsbereiche von Dr. Spieß wurden nunmehr vom Team übernommen.
              Geschäftsführend tätig sind seit dem 1. Januar 2020 Kathrin Buhmann und
              Dr. Carl Vollenweider. Somit ist sowohl die züchterische und wissenschaftli-
              che Kompetenz als auch die unternehmerische Entwicklung der Forschungs-
              und Züchtungsinitiative für die Zukunft in die Hände der nächsten Generation
              gelegt.

              In diesem Heft versuchen wir Ihnen einen Einblick in unsere Arbeit zu geben
              und stellen unsere Züchtungsprojekte und Mitarbeiter*innen vor.

              Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre!

                                                                                                                                      Foto: Gesche Jäger

              Abb. 1: Gemeinsamer Auftritt bei der Saatguttagung                             Carl Vollenweider
              in Kassel 2020 (v.l.n.r. Dr. Carl Vollenweider,
              Dr. Hartmut Spieß, Kathrin Buhmann). Foto:                                     Dr. Sc. ETH Zürich in Theoretischer Physik. Seit 2015 Mitarbeiter und seit
              Zukunftsstiftung Landwirtschaft, S. Münnich                                    2020 Co-Geschäftsführer der FZD. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten
                                                                                             gehören die Getreideaussaat (zusammen mit Stefan Klause), sowie die
                                                                                             Konzeption und Umsetzung von Projekten zu den Themen heterogene Mais-
                                                                                             und Weizenpopulationen, pflanzengenetische Ressourcen, Saatgutvermeh-
                                                                                             rung und Steinbrand.

2                                                                                                                                                                                                      3
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Zahlen und Fakten                                                                                                                                                                                             Stefan Klause

                                 Ökologisch gezüchtete Sorten                                                                                         81.000 Einzelähren
                                 in Hessen vermehren
                                 Sechs hessische Saatgutvermehrer und Landwirte gründeten im Sommer 2020 die
                                 ÖkoSaat-Hessen GmbH, eine regionale Vermehrungs- und Vertriebsgesellschaft für
                                 Saatgut von Sorten aus ökologischer Züchtung. Für die Initiativkraft der hessischen
                                 Saatgutvermehrer möchte sich die FZD ganz herzlich bedanken. Wir freuen uns auf
                                 eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

                                                                              285 ha
                                                                              Vermehrungs-                             2.600 Groß-Parzellen                                          16.800 Klein-Parzellen
                                                                              flächen der                              Leistungsprüfung
     3.154 Maiskolben                                                         eigenen Sorten

                                                                                                                                                        589 Flugbrand-
                                                                                                                                                        Inokulationen
                                                                                                                                                        mit ca. 40.000
                                                                                                                                                        Injektionen
                                                         224
                                                         Kreuzungen                                                                                                                              105.300
                                                                                                                                                     Versand von                                 geschnittene
                                                                                                                                                     300 Paketen                                 Ähren
                                         1.140 Analysen
                                                                                                                       Populationen und ökologisches heterogenes Material
                                                                                                                       Für die Arten Weizen, Gerste, Hafer und Mais können seit 2016 im Rahmen eines EU-Experiments (Durchfüh-
                                                                                                                       rungsbeschluss 2014/150/EU) heterogene Populationen in Verkehr gebracht werden. Aktuell sind von der FZD
       Biodynamische Züchter gründen                                                                                   zwei Maispopulationen (ALMITO und BOGDAN Population), zwei Winterweizen- (BRANDEX und LIOCHARLS
       Vermehrungsorganisation                                                                                         Population) und zwei Sommerweizenpopulationen (CONVENTO C und E Population) zugelassen. Im Berichts-
                                                                                                                       jahr wurde die Zulassung von einigen Populationen, welche den hohen Ansprüchen der Züchter*innen nicht
       Die Getreidezüchtung Peter Kunz (gzpk) und die Forschung & Züchtung Dottenfel-
                                                                                                                       mehr genügen, darunter BRANDEX 2 sowie einige der CONVENTO Populationen, zurückgezogen. Das EU-
       derhof (FZD) werden künftig im Bereich der Vermarktung ihrer biologisch-dynamisch
                                                                                                                       Experiment wird im Februar 2021 definitiv auslaufen.
       gezüchteten Sorten eng zusammenarbeiten. Am 4. Juli 2020 wurde die BioSaat
       GmbH von den Gesellschaftern gzpk, FZD, Gut Mönchhof KG und der Dottenfelder                                    Mit der neuen EU-Öko-Verordnung soll es dafür möglich werden, sogenanntes „ökologisches heterogenes
       Bio-Saat GmbH gegründet. Ab 2021 wird die BioSaat GmbH die Vermehrungsor-                                       Material“ für alle Kulturarten zuzulassen. Die Verordnung wird aber frühestens ab dem 1. Januar 2022 in Kraft
       ganisation (VO) für alle Sorten der gzpk und der FZD sein. Der regionale Saatgut-                               treten. Vom 1. März bis zum 31. Dezember 2021 ist Saatgut von Populationen somit in Deutschland nicht
       vertrieb wird weiterhin von der Bioland-Handelsgesellschaft, Marktgesellschaft der                              vertriebsfähig. Dieser Zustand ist inakzeptabel und dafür muss dringend mit Unterstützung verschiedener
       Naturlandbauern, Öko-Korn Nord, ÖkoSaat-Hessen GmbH u. a. übernommen.                                           Organisationen eine Lösung gefunden werden.

4                                                                                                                                                                                                                                      5
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Überblick

    Vegetationsperiode                                                                                                        Kooperationsprojekte der FZD
    Ben Schmehe                                                                                                               Andrea Gallehr
    Die Vegetationsperiode 2019/20 war geprägt von variablen Niederschlägen. In der Summe war es in 2019/20 aber              Die EIP-Projekte „Getreide-Populationen Hessen“ zur Entwicklung sowie zu Anbaupraxisversuchen von Winterweizen-
    immer noch zu trocken und insgesamt überdurchschnittlich warm (Abb. 2). Nach den Trockenjahren 2018 und 2019              Populationen und „ÖkoSaat Hessen“ zur Saatgutvermehrung ökologisch gezüchteter Getreide-sorten werden durch
    waren Landwirte und Züchter zunächst froh über die reichlichen Niederschläge im Herbst 2019. Allerdings konnten die       die Dottenfelder Bio-Saat GmbH noch bis Mitte 2021 bzw. Anfang 2023 durchgeführt.
    planmäßigen Herbstaussaaten, die mit Gerste und Roggen Ende September/Anfang Oktober normalerweise begin-
                                                                                                                              2020 ging das Projekt ZuchtMetPopMais nach Verlängerung bei der BLE im BÖLN in das vierte Versuchsjahr.
    nen, bis Mitte Oktober immer noch nicht erfolgen, da es ab dem 22. September nahezu durchgehend regnete. Nicht
                                                                                                                              Ein Nachfolgeprojekt zu Qualitätseigenschaften von Speisemais ist beantragt.
    nur das Team der FZD, sondern auch die Landwirte vom Dottenfelderhof warteten im Oktober auf Schönwetterpha-
    sen, um die Herbstarbeiten durchführen zu können. Im November steckten teilweise noch Kartoffeln im Boden und die         Die vom Saatgutfonds geförderten Innovations- bzw. Kooperationsprojekte, das „Leindotter-“ und „Resilienz-Projekt“,
    Steinbrandprüfung konnte erst Mitte November gesät werden.                                                                werden noch bis 2021 bzw. 2023 weitergeführt.

    Der Winter verlief dann äußerst mild, so dass Unkräuter nicht abfroren, was zu einer neuen Normalität zu werden           Seit Anfang diesen Jahres wird durch die SAG-Stiftung das Projekt PGR-BIODYN zu pflanzengenetischen Ressourcen
    scheint. Bis Ende Januar herrschte noch große Sorge, wegen der immer noch viel zu trockenen tiefen Bodenschich-           in Zuchtgartensortimenten und deren dynamischer Erhaltung in Populationen gefördert.
    ten. Ab Februar sorgte dann reichlicher Dauerregen für nasse Bedingungen. Das Wasser war dringend nötig, aber da          Für das JKI, Quedlinburg wurde die MAGIC-Gerstenpopulation im Projekt NEA-KULT erneut nachgebaut.
    die Böden lange nicht befahrbar waren, konnten die ersten Aussaaten der Sommerungen erst am 23. März erfolgen.            Im EU-Projekt LIVESEED hat die FZD als Unterauftragnehmer der Universität Kassel-Witzenhausen (Prof. Backes)
    Nach der Nässe im Februar-März kam die Trockenheit. Nach der Aussaat fiel von Mitte März bis Ende April kein nen-         gemeinsam mit Anders Borgen (DK) verstärkt an der Steinbrand-Thematik gearbeitet.
    nenswerter Niederschlag. Auch im Mai waren die Niederschläge mit ca. 50 % des langjährigen Mittels sehr niedrig,
                                                                                                                              In das dritte Versuchsjahr ging die Mitarbeit in den EIP-Projekten „Soja on top“ und „QS Weizen“ der Universität Gießen
    was insbesondere ein Problem für die Sommerungen darstellte. Anfang bis Mitte Juni fielen die lang ersehnten und für
                                                                                                                              zur Eignung von Winterweizensorten für den Anbau in Mischkultur mit Sojabohne bzw. zur Proteinqualität bei Weizen.
    diesen Zeitraum überdurchschnittlich hohe Niederschläge. Für gute Erträge bei den Sommerungen war dies zwar zu
                                                                                                                              2020 ging die Zusammenarbeit der biodynamischen ZüchterInnen in das 28. Jahr.
    spät, aber die Qualität konnte damit gesichert werden.

    Auf den Regen im Juni folgte im Juli die zweite längere Trockenphase des Jahres. Im Juli fielen lediglich 10 mm Nieder-
    schlag. Für die Ernte des Getreides war das zwar gut, jedoch führte dies zu einem extrem hohen Bewässerungsbedarf         Praktikant*innen und Aushilfskräfte
    der Gemüsekulturen und auch des Feldfutters und der Wiesen, der nicht immer gedeckt werden konnte. Im August              Andrea Gallehr
    fielen dann knapp 84 mm Niederschlag, fast 50 % mehr als im langjährigen Mittel.
                                                                                                                              Als studentische Praktikant*innen lernten Luisa Degott, Tobias Flakus, Sophie Mast, Jule Schwormstede und Tessa
                                                                                                                              Willems die Züchtungs- und Forschungsarbeiten innerhalb der FZD kennen.
     [°C]                                                                                                              [mm]
                                                                                                                              Des Weiteren unterstützten Auguste Klause, Paul Klause, Kai Neubeck, Pedro Paço, Denisa Rohunová sowie Petr
      50                                                                                                               100
                                                                                                                              Spevak als Aushilfskräfte das Team bei den vielfältigen Feld- und Laborarbeiten.
                                                                                                       144%
      40                                        182%                                                                   80
                                                                                    116%
            128%               104%
                                                                                                                              Finanzen & Investitionen
      30                                                                                                               60
                                                                                                                              Andrea Gallehr
                      84%                                121%
      20                                                                                                               40     Der Gesamt-Etat der Forschung & Züchtung Dottenfelderhof (einschließlich der Dottenfelder Bio-Saat GmbH) belief
                                        64%                                                                     56%
                                                                            49%                                               sich für 2020 auf ca. 950.000 € und schließt voraussichtlich mit einem ausgeglichenen Saldo ab. Die Gesamt-Einnah-
      10                                                                                                               20     men, aber auch die Gesamt-Ausgaben sind im Vergleich zum Vorjahr um ca. 40.000 € geringer ausgefallen.
                                                                      26%                     16%                             Auf der Ausgabenseite ist dies auf niedrigere Investitionen und Rückstellungen, die in 2020 bei ca. 80.000 € lagen,
                                                                                                                              zurückzuführen. Diese Summe beinhaltet die restliche Zahlung für einen Parzellen-Mähdrescher (33.000 €), die An-
       0                                                                                                               0
                                                                                                                              schaffung von Saatgutkisten zur Trocknung und Lagerung von Saatgut (13.000 €) sowie Rückstellungen für den Bau
                                                                                                                              eines Maschinenunterstandes (30.000 €).
     -10                                                                                                               -20
                                                                                                                              Für 2021 und die kommenden Jahre steht die FZD vor großen finanziellen Herausforderungen. Die Zuwendungen
     -20                                                                                                               -40    durch verschiedene Stiftungen werden in 2021 sinken, dazu kommt der Wegfall von Projekten (z.B. KLAR-Projekt). Die
            Okt 19 Nov 19 Dez 19 Jan 20 Feb 20 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 Jun 20                   Jul 20    Aug 20 Sep 20          geringeren zur Verfügung stehenden Finanzmittel müssen durch Kosteneinsparungen in allen Bereichen (Investitio-
                    Niederschlag [mm]                   Dfh Mittel 30 Jahre [mm]            Dfh Mittel 24 Jahre [°C]          nen, Personalkosten, Sortenzulassungen und -prüfungen) ausgeglichen werden. Dabei wird großer Wert und Umsicht
                    Max [°C]                            Mittel [°C]                         Min [°C]                          darauf gelegt, dass die Einsparungen sozial verträglich gestaltet und alle wertvollen pflanzengenetischen Ressourcen
                                                                                                                              erhalten werden können.
    Abb. 2: Klimadiagramm Dottenfelderhof Vegetationsperiode 2019-20. Die Zahl über dem Balken zeigt die prozentuale
    Abweichung des aktuellen vom langjährigen mittleren Niederschlag.

6                                                                                                                                                                                                                                                       7
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Publikationen                                                                                                                                                                                     Danksagung

     Fachpublikationen
     Vollenweider, C.; Buhmann, K.; Eder, B. (2020). Maispopulationen – Eine Alternative zu Hybridsorten?
     Zeitschrift mais, DMK, 1/2020 (47. Jg.), 34-36.

     Vollenweider, C.; Haak, A.; Buhmann, K.; Locher, M.; Weyermann, V.; Schwittek, G.; Mascher, F.; Finckh,
     M.; Weedon, O. (2020). Stability of yield and baking quality parameters of heterogeneous wheat populations.
     SAATGUT AUSTRIA, 71. Österreichische Pflanzenzüchtertagung, 23.-24. November 2020 (Online)                                                                 Während der 43 Jahre,
                                                                                                                                                       in denen die Forschung & Züchtung auf
     Kawall, K.; Vollenweider, C.; Volling, A. (2020). PILTON – das neue Weizenwunder?                                                                  dem Dottenfelderhof wirkt, ist sie von
                                                                                                                                                      vielen Menschen und Institutionen unter-
     Unabhängige Bauernstimme, 12/2020, Nr. 449, 18.
                                                                                                                                                      stützt und gefördert worden. Ohne diese
                                                                                                                                                             Unterstützung war und ist die
     Baćanović-Šišić, J.; Dennenmoser, D.; Borgen, A.; Müller, K.-J.; Vollenweider, C.; Backes, G. (2020).                                               Forschungsarbeit auf dem Standort
     Network-based GWAS revealed several candidates of genomic regions associated with race-specific                                                        Dottenfelderhof nicht denkbar.
     resistances to common bunt (Tilletia caries) in wheat. Liveseed/Eucarpia international conference on                                               Hierfür möchte sich das Team herzlich
     breeding and seed sector innovations for organic food systems, 8. - 10. März 2021 (Online).                                                          bei allen Stiftungen, Institutionen,
                                                                                                                                                         Spendern und auch den Landwirten,
                                                                                                                                                       welche die Entwicklung von ökologisch
                                                                                                                                                                                                             M 67,2   C 100
                                                                                                                                                                                                                      M 100
                                                                                                                                                                                                             Y 100    K 61,8

     Spieß, H. (2020). Strategien des Bio-Landbaus zum Klimawandel. 61. Fortbildungskurs „Ökologischer                                                gezüchteten Sorten mit einem freiwilligen
     Landbau" des SIGÖL, Bad Düben, 05. März 2020.                                                                                                      Sortenentwicklungsbeitrag unterstützt
                                                                                                                                                              haben, herzlich bedanken.
     Herrmann, M.; Schmehe, B.; Brodführer, S. (2020). Schlussbericht zum Thema Kleistogamer Hafer zur
     nachhaltigen Vermeidung von Flugbrand: FKZ: 2815NA107 und 2815NA172. https://orgprints.org/38456/1/
     Schlussbericht_gesamt.pdf.

     Sonstige Veröffentlichungen
     Olbrich-Majer, M. (2020). Solide biodynamisch – offen für Neues: Demeter-Landwirt Robert Kasper nutzt
     biodynamische Sorten und Populationen. Lebendige Erde, 5/2020.

                                                                                                                          Förderung 2020: AKB-Stiftung, Einbeck • Barnhouse Naturprodukte GmbH, Mühldorf am Inn •
                                                                                                                     Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bonn • DEMETER Erzeugungs- und Vertriebsgemein-
                                                                                                                    schaft eV, Alsbach • Demeter Felderzeugnisse GmbH, Alsbach • Dottenfelder Bodenstiftung, Bad Vilbel •
                                                                                                                       Deutsches Maiskomitee e.V., Bonn • ErdmannHAUSER Getreideprodukte GmbH, Erdmannhausen •
                                                                                                                      Göhre-Stiftung, Schwalbach a. Ts. • Kultursaat e.V., Echzell • Landesbetrieb Hessisches Landeslabor,
                                                                                                                    Kassel • Landwirtschaftliche Rentenbank, Frankfurt • Landwirtschaftsgemeinschaft Dottenfelderhof KG •
                                                                                                                    Ludwig-Bölkow-Stiftung, Ottobrunn • MAHLE-STIFTUNG GMBH, Stuttgart • Meta und Willi Eichelsbacher-
                                                                                                                     Stiftung, Mörfelden-Walldorf • Regierungspräsidium Gießen, Wetzlar • Rudolf Steiner-Fonds für wissen-
                                                                                                                              schaftliche Forschung, Nürnberg • Saatgutfonds der ZSL - GLS Treuhand eV, Bochum •
                                                                                                                          Software AG-Stiftung, Darmstadt • Zukunftsstiftung Landwirtschaft, GLS Treuhand eV, Bochum.
                                                                                                                    Christiane und Werner D'Inka, Bad Vilbel • Reinhilde Frick, Frankfurt/Main • Maria Hering, Goslar • Gudrun
                                                                                                                    und Dr. Rainer Renfordt, Oberursel • Olaf Schuth, Frankfurt/Main • Rotraut und Dr. Wolfgang Trapp, Würz-
                                                                                                                   burg • Eberhard Volk, Bad Vilbel • sowie viele namentlich nicht genannte Spenderinnen und Spender für die
                                                                                                                                                               Züchtungsforschung.

8                                                                                                                                                                                                                                9
Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Gemüse                                                                                       Christoph Matthes   Züchtungsziele                                                                           Carl Vollenweider

     Im Rahmen der Kooperation mit Kultursaat e.V. wurde die Züchtungsarbeit an ver-                                  Die Forschung & Züchtung Dottenfelderhof führte in 2020 ihre biologisch-dynamischen und ökologischen Resistenz-
     schiedenen Gemüsekulturen fortgesetzt. Christoph Matthes arbeitet an der Entwick-                                und Qualitätszüchtungsprogramme für die Kulturarten Winter- und Sommerweizen, Wintergerste, Winterroggen, Hafer
     lung neuer Sorten von Brokkoli, Sommerradies, Tomaten, Zuckermais und Rosenkohl.                                 und Körnermais im Umfang wie in den Vorjahren weiter.

     Sieben Rosenkohl-Zuchtstämme, die aus den 2005 durchgeführten Anpaarungen                                                                                                       Ziel der Programme ist die Entwicklung qualitätsbe-
     verschiedener F1-Hybridsorten mit eigenen Zuchtstämmen hervorgegangen sind,                                                                                                     tonter Sorten für die menschliche und bei Winter-
     wurden in einem umfangreichen Feldanabau nachgebaut, um auf Ertragsfähigkeit                                                                                                    gerste, Hafer und Körnermais zusätzlich die tierische
     und Geschmack geprüft zu werden. Unter den vier Typen mit früher bis mittelspä-                                                                                                 Ernährung. Bei Winter- und Sommerweizen werden
     ter Erntereife bewährten sich zwei Favoriten, die für eine Sortenanmeldung in Frage                                                                                             von der FZD Sorten der höchsten Qualitätskategorie
     kommen. Die reiche Ernte aus dem diesjährigen Anbau konnte bereits erfolgreich in                                                                                               in Bezug auf Backqualitätseigenschaften (‚E-Weizen‘)
     ganzen Strünken im Hofladen des Dottenfelderhofes vermarktet werden.                                                                                                            entwickelt. Ein großer Erfolg im Berichtsjahr war die
                                                                                                                                                                                     Zulassung der neuen E-Weizensorte GRANNOSOS
                                                                                                                                                                                     mit breitem Anbauprofil sowie Stein- und Flugbrand-
     Langzeitdüngungsversuch „Bodyn“                                                                                                                                                 resistenz durch das Bundessortenamt. Erweiterte,
     Ben Schmehe, Christoph Matthes                                                                                                                                                  ganzheitliche Qualitätskriterien nach biologisch-dyna-
                                                                                                                                                                                     mischen und ökologischen Gesichtspunkten werden
     Wie kann unter Ackerbaubedingungen die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten
                                                                                                                                                                                     in allen Selektions- und Züchtungsschritten durch die
     und möglichst noch gesteigert werden? Kann die Verfügbarkeit und der Ersatz von
                                                                                                                                                                                     Züchter*innen der FZD berücksichtigt.
     Nährstoffen durch die Anwendung von biodynamischen Komposten einschließlich
     einer Gesundungsdüngung mit Kalium verbessert und sichergestellt werden oder                                                                                                    Vor dem Hintergrund des voranschreitenden Klima-
     ist man dauerhaft auf die Zufuhr mineralischer Dünger von außen angewiesen? Die-                                                                                                wandels kommt in den letzten Jahren verstärkt der
     sen Fragen wird in dem seit 1997 bestehenden Langzeitdüngungsversuch auf dem                                                                                  Anspruch hinzu, eine breite Widerstandsfähigkeit gegen biotische und
     Dottenfelderhof nachgegangen. Aufgrund einer bodengenetischen Problematik mit                                                                                 abiotische Stressfaktoren in den Sorten zu veranlagen.
     Fixierung von Kalium nimmt dieser Nährstoff eine zentrale Rolle im Versuchsaufbau
                                                                                                                                                                   Ein konkreter Ansatzpunkt zur Entwicklung solcher „resilienter“ Sorten
     ein. Da auch bei biodynamischer Bewirtschaftung ein Aufbau des Humusgehaltes
                                                                                                                                                                   und wichtiger Arbeitsschwerpunkt der FZD liegt im Bereich der Resis-
     über die Fruchtfolge und Stallmistdüngung bei üblichem Tierbesatz von einer Groß-
                                                                                                                                                                   tenzzüchtung. Im Berichtsjahr wurden die umfangreichen Resistenz-
     vieheinheit pro ha nicht grundsätzlich vorausgesetzt werden kann, wird der Einfluss
                                                                                                                                                                   prüfungen bei Weizensteinbrand (Tilletia caries, T. foetida) sowie Wei-
     von Grünschnittkompostgaben im Rahmen der 12-feldrigen Fruchtfolge untersucht.
                                                                                                                                                                   zen-, Gerste- und Haferflugbrand (Ustilago tritici, U. nuda, U. avenae)
     Mit dem Ausscheiden von Dr. Hartmut Spieß übernimmt Dr. Ben Schmehe zusam-                                                                                    fortgeführt. Dazu kommen Prüfungen auf die Anfälligkeit der Zuchtlinien
     men mit Christoph Mattes die Versuchsbetreuung. Der Versuch folgt der üblichen                                                                                gegen Fusarium bei Winter- und Sommerweizen sowie Streifenkrank-
     Hoffruchtfolge. 2020 stand die Winterweizen Population Brandex aus eigener Züch-                                                                              heit (Pyrenophora graminae) bei Wintergerste.
     tung auf der Fläche. Der Ertrag lag in der Kontrolle bei lediglich 22,3 dt/ha. Die Varian-
                                                                                                                                                                 Die Grundlage der Züchtungsarbeit bilden die pflanzengenetischen
     ten mit reiner Kaliumsulfat- und reiner Kompostdüngung wiesen einen nicht-signifi-
                                                                                                                                                                 Ressourcen, die von der FZD in Zuchtgärten und Sortimenten erhalten
     kanten Mehrertrag von 23 % bzw. 27 % auf. Die Variante
                                                                                                                      und verbessert werden. Besonders bei der Wintergerste wurden im Berichtsjahr Anstrengungen unternommen, die
     mit Kaliumsulfat plus Kompostdüngung erreichte einen
                                                                                                                      Resistenzsortimente durch die Sichtung von Genbankakzessionen mit hoher Widerstandsfähigkeit gegen Flugbrand
     signifikanten Mehrertrag von 49%. Da Winterweizen be-
                                                                                                                      systematisch zu erweitern.
     kanntermaßen nur schwach auf eine Kaliumdüngung
     reagiert, sind die Mehrerträge überwiegend als Folge der                                                         Bei Roggen und Körnermais müssen die nachbaufähigen, offen-abblühenden Populationen aus biologisch-dynami-
     über die Jahre auf den gedüngten Flächen verbesserten                                                            scher Züchtung gegen ertragsstarke Hybridsorten konkurrieren.
     Fruchtbarkeit zu verstehen und auch als Nachfrucht-
                                                                                                                      In einem vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖLN) geförderten Forschungsprojekt mit Beteiligung der
     wirkung vom Luzernegras, das 2018 und 2019 auf der
                                                                                                                      FZD konnten im Berichtsjahr weitere Fortschritte bei der Bewertung und exakten Quantifizierung der unterschiedlichen
     Fläche stand und mit seiner Stickstofffixierungsleistung
                                                                                                                      Leistungsfähigkeit von Maispopulationen und -hybriden und von Zuchtmethoden für Populationen erzielt werden. Auf
     dem Winterweizen eine verbesserte N-Versorgung bot.
                                                                                                                      Grundlage dieser Ergebnisse werden zukünftig Zuchtprogramme optimiert und neu aufgelegt werden können; auf-
                                                                                                                      grund des erwarteten Einbruchs an insgesamt für die Züchtungsarbeit zur Verfügung stehenden Finanzmitteln muss
                                                                                                                      sich die FZD ab 2021 aber zunächst einmal darauf konzentrieren, das Roggenzüchtungsprogramm zu reorganisieren
                                                                                                                      und zu fokussieren.

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Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Aussaat und Ernte                                                                     Stefan Klause

                         Mitte Oktober 2019 konnten lediglich die Leistungsprüfungen von Gerste, Winterhafer
                         und Roggen annähernd wie geplant ausgesät werden. Aufgrund der anhaltenden
                         Niederschläge bis zum 21. Oktober verlagerte sich ein Großteil der Herbstaussaat
                         in den Zeitraum vom 22. bis zum 31. Oktober. Fast 30 Liter Regen pro m² Anfang
                         November zwangen uns nochmals zu einem Unterbrechen der Arbeiten und die Aus-
                         saat der Steinbrand-Infektionsversuche konnte erst am 15. November erfolgen. Ein
                         grenzwertiger Bodenzustand erschwerte das Ende der Herbstaussaaten in 2019.

                         Trockenheit, schönstes Aussaatwetter sowie die auf unsere Bedürfnisse modifizier-
                         ten neuen Sämaschinen gestalteten die Frühjahrsaussaat vom 23. bis 31. März 2020
                         problemlos.

                         Mit dem neuen Parzellenmähdrescher (Zürn 110) konnte die Ernte im Sommer 2020
                         entspannt ohne unvorhergesehenen Reparaturen und Ausfälle zügig in den beiden
                         Wochen vom 13. bis 24. Juli erledigt werden. Lediglich Hafer und einige Sommer-
                         weizen konnten erst am 10. August eingebracht werden.

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Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Winterweizen                                                                                                                                         Sabine Martis

     Der Fokus in der Winterweizenzüchtung liegt in der Entwicklung brand- und
     gelbrostresistenter Sorten. Es wurde verstärkt auf die Ertragsfähigkeit geachtet,
     ohne die Resilienz und Ernährungsqualität sowie weitere wichtige Merkmale
     außer Acht zu lassen.

     Zugelassen wurde in 2020 der Winterweizen GRANNOSOS, ein Grannenweizen
     der E-Qualität mit breitem Anbauprofil. CASTADO (HSi 172-13) hat die Register-
     prüfung und das letzte Jahr der Wertprüfung abgeschlossen. Seine Zulassung
     wird im Frühjahr 2021 erwartet. HSi 2014-388 zeigte sich im zweiten Prüfjahr
     als gelbrostresistent und auf die Einstufung in Ausprägungsstufe 1 darf gehofft
     werden. HSi 2016-390 zeigte sich im ersten Jahr mit über 100 % Relativertrag
     auf allen Prüfstandorten sehr vielversprechend. Zurückgezogen wurden die
     Zuchtstämme HSi 2016-434 aufgrund der Inhomogenität der Anthocyanfärbung
     der Keimscheide und HSi 2015-433 aufgrund eines Abfalls der Ertragsleistung.
     Für einen neuen favorisierten Zuchtstamm (HSi 2016-431) wurde die Zulassung
                                                                                         2020 bot sich bei den Leistungsprüfungen am Dottenfelderhof im Vergleich zum
     beantragt.
                                                                                         Gladbacherhof ein gegensätzliches Bild. Am Dottenfelderhof waren die Bestän-
     Im Erhaltungsblock werden die zugelassenen Sorten, die angemeldeten Zucht-          de, insbesondere im Ringversuch, kümmerlich und deutlich kürzer als gewöhn-
     linien, sowie die für eine Anmeldung vorgesehenen favorisierten Kandidaten als      lich. Ganz anders am Gladbacherhof - hier waren wüchsige, starke Bestände
     Einzelährennachkommenschaften (EÄN) angebaut. Hier wird das Züchtersaatgut          mit einer deutlich längeren Wuchshöhe als in den vergangenen Jahren zu sehen.
     gewonnen, welches sowohl zur Vorstufenvermehrung
                                                                                                                               Dies spiegelte sich in einem mehr als
     als auch für die Wertprüfung des Bundessortenamtes
                                                                                                                               doppelt so hohen Ertrag und einer ca.
     Verwendung findet. Es mussten fast 3.000 Kleinparzellen
                                                                                                                               40% höheren Wuchslänge auf dem
     erhaltungszüchterisch bearbeitet werden. Das bedeutet,
                                                                                                                               Gladbacherhof. Geschuldet waren die-
     dass die EÄN zu verschiedenen Entwicklungsstadien der
                                                                                                                               se Unterschiede zum einen der besse-
     Sichtung bedurften, um Abweichler zu eliminieren und
                                                                                                                               ren Bodengüte, aber vor allem der aus-
     die besten Nachkommenschaften zu selektieren.
                                                                                                                               geglicheneren Niederschlagsverteilung,
     Da es zur Aberkennung von Zuchtstämmen in der                                                                             die in der Vegetationsperiode regional
     Registerprüfung des Bundessortenamtes gekommen                                                                            stark differenzierte.
     ist, muss noch akribischer vorgegangen werden und die
     Sortenanmeldung soll künftig frühestens ab Generation
     F9 erfolgen.

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Berichte aus Forschung & Züchtung 2020 - Dottenfelderhof
Sortenbeschreibung                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Sabine Martis

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Grannosos (E) „der Borstige“
                  Aristaro (E) „der Grannige“                                                                                                                                                                                                                                                                                  Neuzulassung 2020
                  2016 zugelassener begrannter E-Weizen, Verrechnungssorte des BSA, guter Ertrag
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Sehr standfester, begrannter, 2020 zugelassener Winter-
                  bei sehr guter Backqualität und Steinbrandresistenz. Profitiert in sehr trockenen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               weizen mit hohem Rohproteingehalt und hoher Fallzahl-
                  Jahren (2018) u. a. von der Fähigkeit Tauwasser über die Grannen sammeln zu
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               stabilität, stein- und flugbrandresistent, hohe Gelb- und
                  können.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Braunrost- sowie Fusariumtoleranz.

              Thomaro (E) „der Kurze“                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Graziaro (B) „der Ertragsstarke“
              Kurz (für eine Sorte aus der biodynamischen Züchtung),                                                                                                                                                                                                                                                                                      Schöner, langer farbig abreifender Winterweizen
              sehr halmstabil bei hoher Blattgesundheit. Stein-, flug-                                                                                                                                                                                                                                                                                    mit hohem Unkrautunterdrückungsvermögen. Hoher
              und gelbrostresistent. Thomaro überzeugt durch hohen                                                                                                                                                                                                                                                                                        Ertrag, bei gleichzeitig hohem Rohproteingehalt
              Ertrag kombiniert mit guter Backqualität.                                                                                                                                                                                                                                                                                                   und guter Backqualität. Stein- und flugbrandresis-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          tent, gering gelbrostanfällig. Unbedingt früh ernten
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          (Fallzahl), nicht für schwere Böden und zu inten-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          sivem Anbau geeignet (Lager).

                             Butaro (E) „der Altbewährte“
                             2009 als erste ökologisch gezüchtete Winter-
                             weizensorte der FZD zugelassen. Butaro ist ein
                             steinbrandresistenter, langstrohiger, winterhar-
                             ter E-Weizen mit hervorragender Backqualität,
                             der sich noch immer großer Beliebtheit erfreut.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Curier (E) „der Souveräne“
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Robuster, blattgesunder, mittellanger Winterweizen mit
     Tab. 1: Auszug aus der beschreibenden Sortenliste des BSA 2020                                                                                                                                                                                                                                                                        überdurchschnittlichem Ertrag, Stein- und Flugbrand-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Anfälligkeit nach                          resistenz sowie hoher Gelb- und Braunrosttoleranz.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  künstlicher
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Hoher Rohproteingehalt und Fallzahlstabilität.
                                                                                                                                                                                                                         Sedimentationswert
                                                                          Massebildung in der
                                                      Bodendeckungsgrad

                                                                                                                                                                                                                                                         Mehlausbeute T550

                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Inokulation*
                                                                                                                                                                                                                                                                             Volumenausbeute
                             Qualitäsgruppe

                                                                                                                                                                Ährenfusarium

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           (Tilletia caries)
                                                                                                                                                                                                          Feuchtkleber
                                                                                                                  Blattseptoria

                                                                                                                                                                                             Rohprotein
                                                                                                                                                                                Kornertrag

                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Steinbrand
                                                                                                                                                    Braunrost

                                                                                                                                                                                                                                                                                               Flugbrand
                                                                                                                                                                                                                                                                                               (Ustilago
                                                                                                                                         Gelbrost
                                                                                                        Mehltau

                                                                                                                                                                                                                                              Fallzahl
                                                                          Jugend

                                                                                                                                                                                                                                                                                               tritici)
                                                                                                Lager
                                              Reife

                                                                                                                                  DTR

     Sortenbezeichnung
     ARISTARO                     E            5            6                     5              7        2           5            4       4           3            3              3            9             6                9                8              7                  8                4              1
     BUTARO                       E            6            6                     5              7        3           4            5       3           5            3              3            9             5                9                6              7                  9                3              2
     CURIER                       E            5            7                     5              4        6           4            4       2           3            4              5            8             4                8                7              8                  8                1              1
     GRANNOSOS                    E            5            6                     5              3        3           4            5       2           3            3              5            9             5                9                8              9                  8                1              1
     GRAZIARO                    B             5            8                     7              8        2           4            4        3          4            5              5            9             5                8                 4             8                  7                1              1
     THOMARO                      E            5            6                     5              4        7           4            6        2          3            4              4            8             4                8                 7             7                  9                1              1
     SALUDO (Sommerweizen)        E            5            6                     6              6        5            4          n.b.      3          3             5             5            9             6                9                 9             5                  8                1        1
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    * Prüfung FZD

16                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               17
Wintergerste                                                                                                                                                                                          Kathrin Buhmann & Sabine Martis

     Im Zuchtprogramm der Wintergerste liegt der Hauptfokus auf der Züchtung einer                                                        Die Leistungsprüfung der mehrzeiligen (mz) und zweizeiligen (zz) Wintergersten wurde in 2020 um einen dritten Block
     flugbrandresistenten Futtergerstensorte mit hohem Ertragspotential und verläss-                                                      für Wintergerstenpopulationen erweitert. Im Frühjahr wurde teilweise starke Vergilbung bonitiert, die jedoch, wie sich
     licher Standfestigkeit.                                                                                                              in Screening-Analysen der Saaten-Union gezeigt hat, nicht durch Virusbefall hervorgerufen wurde und der die Gerste
                                                                                                                                          entwachsen konnte. Insgesamt traten in 2020 aufgrund der für Pilzkrankheiten ungünstigen Witterungsverhältnisse nur
     Grundlage für die Wintergerstenzüchtung bildet das Sortiment aus genetischen
                                                                                                                                          wenige Krankheiten auf. Die hohe Blattgesundheit war vorteilhaft für die Entwicklung und Ertragsbildung der Winter-
     Ressourcen alter Sorten, Genbankakzessionen und Wildgersten sowie vielver-
                                                                                                                                          gersten, erschwerte aber die Selektion auf widerstandsfähige Typen.
     sprechenden Zuchtstämmen und leistungsstarken zugelassenen Sorten. In 2020
     wurde das Sortiment der FZD um Genbankmaterial vom IPK Gatersleben zur
     Sichtung und Vermehrung erweitert, darunter sind Wildgerstensorten aus Grie-
     chenland, Aserbaidschan, Tadschikistan, Israel, Usbekistan und Turkmenistan
     sowie Winter-, Sommer-, und Nacktgersten mit bisher von der FZD ungenutzten
     Flugbrandresistenzen. Letztere sollen im kommenden Jahr durch Rückkreuzun-
     gen in das aktuelle Zuchtmaterial eingebracht werden.

     Ab der zweiten Generation (F2) steht das Wintergerstenzuchtprogramm bis zur
     F5 unter Flugbranddruck, der durch Infektionsstreifen aus einem Sortengemisch
     hoch anfälliger Sorten und Linien (u. a. IGRI) erzeugt wird. Ab der sechsten Ge-
     neration stehen die Zuchtlinien frei von Flugbranddruck im Quarantäneblock, der
     zusätzlich zum Zeitpunkt des Ährenschie-
     bens auf Flugbrandbefall kontrolliert und
     bereinigt wird. Im Berichtsjahr haben sich
     sowohl die sorgfältige Bereinigung vom
     Vorjahr als auch die strenge Selektion als
     sehr wirksam erwiesen: Obwohl in der F6
     teilweise noch sehr hoher Befall auftrat,
     waren die höheren Generationen frei von
     Flugbrand. Zudem stehen alle Zuchtlinien                                                                                                                                                               Für die Sortenanmeldung favorisierte oder sich
     ab der F6 in der Leistungsprüfung für Er-                                                                                                                                                              im Zulassungsprozess befindende Zuchtstämme
     tragsbestimmungen und Boniturerhebun-                                                                                                                                                                  sowie zugelassene Sorten werden im Erhaltungs-
     gen weiterer agronomischer Merkmale.                                                                                                                                                                   block als Einzelähren erhalten und für die Gewin-
                                                                                                                                                                                                            nung von Züchtersaatgut vermehrt. Nachdem die
                                                                                                                                                                                                            Wintergerste CAYU, die trotz ihrer relativen Wi-
                                                                                                                                                                                                            derstandsfähigkeit gegen Flugbrandbefall die An-
                                                                                                                                                                                                            forderungen der Saatgutanerkennung nicht erfül-
                                                                                                                                                                                                            len konnte, zurückgezogen werden musste, wird
     Tab. 2: Gemittelte Ergebnisse der Wintergerstenfavoriten und aktueller Verrechnungssorten                                                                                                              durch die Zulassung von LIOBA eine neue mehrzei-
                                                                                                                                                                                                            lige Winterfuttergerste „zur Ausfuhr außerhalb der
     Sorten/Zuchtstämme                                         Nasschemische Untersuchung2                Mittelwerte des Befalls mit
                                                                                                                                                                                                            Vertragsstaaten bestimmt“ in das Sortenportfolio
                                 Ertrag
                                          1   Rohprotein-    Roh-     Lysin Methionin Cystin             Flugbrand Flugbrand Streifen-
                                                                                                                                                                                                            der FZD aufgenommen. Zwei weitere Wintergers-
                                                ertrag      protein                                      künstlich natürlich krankheit
                                                                                                                                                                                                            ten (HSGW 15-299 und HSGW 15-350) kommen in
                                 rel. [%]      rel. [%]     rel. [%]   rel. [%]    rel. [%]   rel. [%]   abs. [%]   abs. [%]   abs. [%]
                                                                                                                                                                                                            das zweite Jahr der Wertprüfung und für eine neue
     TITUS VRS                     101            -            -          -           -             -       12         3          1                                                                         Favoritin (HSGW 2016-714) wurde die Zulassung
     SEMPER VRS                     98           100          100        100         100        100         58         16         2                                                                         beantragt.
     MW VRS absolut            52.2 dt/ha 629.8 kg/ha 12.3% TM 0.46% TM 0.2% TM 0.3% TM                   34.9%      9.34%      1.6%
     LIOBA (HSGW 573-12)           102           106          103        102         115        100          6        1.65      14.32
     HSGW 15-299                   102           120          102        104         110            97       0         0          4
     HSGW 15-350                   106           124          103        96          105            97       5         2          11
     HSGW 2016-714                 107           122          103        102         115        103         13         0          6
     1
         ) Ertragsergebnisse mz vom Standort Dfh, Kleinhohenheim und Alsfeld-Liederbach 2018-2020
     2
         ) Ergebnisse der Qualitätsanalysen vom Standort Dfh 2019, VRS Semper
18                                                                                                                                                                                                                                                                 19
Winterroggen                                                                                                                                                                   Lilla Szabo

                                                                                                          Die bewährte Erhaltungssorte FIRMAMENT® der FZD wurde auf dem
                                                                                                          Dottenfelderhof züchterisch bearbeitet und durch die neugegründete Öko-
                                                                                                          Saat-Hessen GmbH vermehrt.

                                                                                                          FIRMAMENT® und die beiden Stämme HS EF I-14 und HS EF II-17 wurden
       Beim Winterroggen gibt es in Deutschland nur noch sehr wenige
                                                                                                          in 2020 in diversen Landessortenversuchen geprüft. Die EF-Stämme präsen-
       Neuzulassungen von Populationssorten, da von konventionellen
                                                                                                          tierten sich an den Standorten in Baden-Württemberg mit einem Relativertrag
       Züchtern aufgrund von deren Ertragsleistung fast ausschließlich
                                                                                                          von über 100% durchaus konkurrenzfähig (Tab. 3).
       Hybridsorten angemeldet werden.
                                                                                                          Auch in Österreich, in der Schweiz und in Luxemburg erzielten die beiden Po-
       Mit der Entwicklung ertrags- und qualitätsbetonter, fallzahlsta-
                                                                                                          pulationen sehr gute Erträge. In Hessen lag das Ertragsniveau etwas unter
       biler, standfester und gesunder Populationssorten möchte die
                                                                                                          dem des Vorjahres, aber dennoch etwas höher als jenes der Öko-Verrech-
       FZD eine Alternative zu den Hybriden bereitstellen.
                                                                                                          nungssorten.

                                                                                                                             Tab. 3: Mehrjährige und mehrortige Ergebnisse
                                                                                                                             für Ertrag und Fallzahl der drei eigenen
                                                                                                                             Populationsroggen
        Anders als bei den anderen Getreidearten, muss bei der Roggenzüchtung als Fremdbefruchter der                        Sorte/Zuchtstämme
        Abstand zu anderen Roggenbeständen eingehalten werden. Aus Mangel an Isolationsflächen ist es                                                        Ertrag     Fallzahl
                                                                                                                             Mittel über 5 Jahre
        nicht möglich, mehrere neue Anpaarungen parallel zu bearbeiten.                                                      bis zu 9 Orte                  rel. [%] rel. [%]
                                                                                                                                             1
        In der vergangenen Vegetationsperiode konnten die für die Winterroggenaussaat bestimmten Flä-                             MW VRS abs.             46.6 dt/ha 240 s
        chen wegen anhaltender Niederschläge nicht zum optimalen Saatzeitpunkt befahren werden. Gerade                            FIRMAMENT®                   96      102
        beim Roggen verursacht die verspätete Aussaat jedoch Mängel im Aufgang, die von den Pflanzen im                           HS EF I-14                  102       94
        Laufe der Vegetationsperiode oft nicht mehr aufgeholt werden können. Die Roggenleistungsprüfung
                                                                                                                                  HS EF II-17                 102          100
        auf dem Dottenfelderhof musste darum im Berichtsjahr umgebrochen werden.                                             1
                                                                                                                                 ) Verrechnungssorten: Conduct, Dukato, Inspector

20                                                                                                                                                                                                21
Sommerweizen                                                                                                                                                            Lilla Szabo

     Aufgrund der hohen Niederschläge im Februar und März verspätete sich      Das Züchtungsprogramm von Sommerweizen wurde ähnlich wie in den
     die Sommerweizenaussaat und so wurden die ersten Versuchsparzellen        vergangenen Jahren weitergeführt. Im Vordergrund für die FZD stehen die
     Ende März gedrillt. Der zunächst zur Verfügung stehenden Bodenfeuch-      Qualitäts- und Resistenzzüchtung, ergänzt durch die Zuchtziele Ertrag,
     tigkeit verdankten die Pflanzen einen guten Feldaufgang und zügige Ju-    Frühreife, Trockentoleranz, Unkrautunterdrückungsvermögen und weitere
     gendentwicklung, die darauffolgende Vorsommertrockenheit bremste          agronomische Eigenschaften.
     diese Dynamik.

     Blattkrankheiten traten auf dem Dottenfelderhof kaum auf, am Standort
                                                                                                                                        Die Sorte SALUDO überzeugte auch in diesem Jahr
     Gladbacherhof war Gelbrost zu bonitieren. Zu einem der größten Pro-
                                                                                                                                        durch eine hohe Backqualität und Gesundheit, ihr Er-
     bleme bei den Sommerungen gehört seit einigen Jahren ein verstärkt
                                                                                                                                        tragsniveau lag etwas unter jenem von QUINTUS.
     auftretender Halmfliegenbefall. Nahezu alle Standorte waren betroffen
     und die Versuche konnten teilweise nicht ausgewertet werden.                                                                       Der neue erfolgsversprechende Sortenkandidat HSWS
                                                                                                                                        2013-616 meisterte das erste Wertprüfungsjahr des BSA
     Die Erträge fielen mit fast 40 dt/ha auf dem Dottenfelderhof und Glad-
                                                                                                                                        sehr erfolgreich und schnitt auf den LSV-Standorten in
     bacherhof dennoch befriedigend aus und die Backqualitäten waren wie
                                                                                                                                        Hessen und Baden-Württemberg auch in Bezug auf den
     gewohnt gut.
                                                                                                                                        Kornertrag überdurchschnittlich ab.
     Leistungsprüfungen wurden auf dem Dottenfelderhof, Gladbacherhof
                                                                                                                                        Der Gelbweizen HELIARO wird wegen seiner hohen Er-
     und Mönchhof angelegt. Unsere favorisierten Kandidaten standen an
                                                                                                                                        nährungsqualität und seines hohen Carotinoidgehalts
     weiteren Standorten der Landessortenversuche.
                                                                                                                                        sortenrein von ErdmannHAUSER in deren Anisbrot ver-
     Der Dottenfelderhof stellte erneut einen von 14 Standorten für die Som-                                                            backen. Die erhaltungszüchterische Bearbeitung von
     merweizen-Ökowertprüfung des Bundessortenamtes (BSA). SALUDO                                                                       HELIARO erfolgte auf dem Dottenfelderhof.
     war neben QUINTUS erneut BSA-Verrechnungssorte.
                                                                                                                                        Die Population CONVENTO C wurde rege nachgefragt.
                                                                                                                                        Alle Sommerweizen-Sorten und CONVENTO C werden
                                                                                                                                        künftig auch durch die ÖkoSaat-Hessen GmbH vermehrt
                                                                                                                                        und vermarktet.

              Warum wird Sommerweizen
              angebaut?
                                                                                                                                     Saludo (E)
              •   hervorragende Backqualität und hoher
                  Rohproteingehalt                                                                                                   Der Sommerweizen SALUDO wurde vom BSA
              •   kürzere Vegetationszeit                                                                                            in 2019 als E-Weizen zugelassen. Bei sehr guter
              •   Erweiterung der Fruchtfolge                                                                                        Backfähigkeit und durchschnittlichem Ertrag ver-
              •   Wechselweizen-Eigenschaften, kein Kältereiz                                                                        fügt er über eine gute Resistenzausstattung gegen
                  nötig                                                                                                              Gelbrost, Steinbrand und Flugbrand. Es handelt sich
              •   durch extreme Witterungsereignisse                                                                                 um eine lange aber halmstabile Sorte mit gutem
                  geschädigte oder ausgefallene Winterungen                                                                          Unkrautunterdrückungsvermögen. (Einstufung durch
                  können durch Sommerweizen ersetzt werden                                                                           BSA siehe Tabelle 1 auf Seite 16.)

22                                                                                                                                                                                               23
Hafer                                                                                                                                                                                                   Ben Schmehe

     2020 wurden erstmalig im Rahmen einer Kooperation mit
     der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
     auf zwei Standorten in Bayern sechs Zuchtstämme der
     FZD geprüft. Im Gegenzug testete die FZD auf dem Dot-
     tenfelderhof sechs Zuchtstämme der LfL aus dem neu-
     en Ökozüchtungsprogramm, welches dort von Adalbert
     Bund betreut wird. Insgesamt wurden auf sieben ver-
     schiedenen Standorten 14 neue Zuchtstämme der FZD
     in Prüfungen auf verschiedene Merkmale untersucht.

     Tabelle 4 zeigt die gemittelten Ergebnisse der Leistungs-
     prüfungen und jeweils die Anzahl der Orte, auf denen die
     einzelnen Zuchtstämme geprüft wurden. Neben den 14
     neuen Zuchtstämmen wurden auch die konventionellen
     Verrechnungssorten (VRS) APOLLON und MAX sowie
     die bereits angemeldeten eigenen Sorten KASPERO und
                                                                                                                                                                    Dieses Ergebnis müsste sich allerdings im kommenden
     SINABA gestet.
                                                                                                                                                                    Jahr auf mehr Standorten bestätigen, bevor eine Anmel-
     Ein Zuchtstamm (HSH 19-609) konnte gefunden werden,
                                                                                                                                                                    dung beim Bundessortenamt in Erwägung gezogen wer-
     der in der Kombination der Eigenschaften Ertrag, Hekto-
                                                                                                                                                                    den kann. Interessant für zukünftige Kreuzungen sind
     litergewicht, Tausendkornmasse und Siebanteil besser
                                                                                                                                                                    Zuchtstämme wie HSH 16-748, der zwar einen niedrigen
     abschneidet als KASPERO und SINABA und darüber hi-
                                                                                                                                                                    Ertrag aufweist, dafür aber ein hohes Hektolitergewicht mit
     naus auch flugbrandresistent ist.
                                                                                                                                                                    einer hohen Tausendkornmasse und damit einen niedrigen
                                                                                                                                                                    Siebanteil von Körnern < 2 mm.

                                                                                                                        Schwarzrostbefall
                                                                                                                        (Puccinia graminis var. avenae)
     Tab. 4: Gemittelte Ergebnisse der Hafer-Leistungsprüfungen der FZD 2020 auf 3-7 Standorten
                                                                                                                        In der Spätphase der Haferentwicklung ist in 2020 ver-
     Sorten/                Ertrag rel. Anzahl             1
                                                       Hlg rel.      TKM
                                                                            2
                                                                                Siebanteil
                                                                                             3
                                                                                                 Ua max.
                                                                                                           4   Anzahl
                                                                                                                        gleichsweise starker Schwarzrostbefall (Puccinia graminis
     Zuchtstämme                         Orte                         rel.        < 2 mm           abs.        Jahre    var. avenae) aufgetreten. Dies ist vermutlich auch auf die
                                                                                    abs.                                heiße und trockene Witterung zurückzuführen. Abbildung
                               [%]            n          [%]          [%]           [%]            [%]           n      3 zeigt die Symptome. Die Pilzsporen entwickeln sich am
     APOLLON VRS                97            5          100          106           2.1            18.9          4      Stängel und lassen ihn wie aufgerissen erscheinen. Der Pilz
                                                                                                                        überdauert den Winter auf Berberitzen und breitet sich über
     MAX VRS                   102            7          100           94           2.9            56.6          7
                                                                                                                        diesen Zwischenwirt bei günstigem Klima im Getreide aus,
     VRS Mittel abs.       45.1 dt/ha                57.3 kg/hl 36.9 g            2.5 %                                 wobei es verschiedene Unterarten gibt, die neben Hafer
     KASPERO                  102             6          99       92               5.2             0.2           7      auch Roggen, Gerste und Weizen befallen können.
     SINABA                     85            4           97          102          2.0             6.5           9
     HSH 16-748                 86            7          102          102          2.2              0            4
                                                                                                                                                                                       Abb. 3: Schwarzrostbefall am Hafer-
     HSH 19-690                110            3          100           99          4.4              0            1                                                                     stängel, Dottenfelderhof 2020
     1
      ) Hlg: Hektolitergewicht; 2) TKM: Tausendkornmasse; 3) Siebanteil < 2 mm: Anteil am Ertrag, der durch das 2 mm
     Untersieb fällt; 4) Ua max: Maximal beobachteter Flugbrandbefall (Ua =Ustilago avenae )

24                                                                                                                                                                                                                                25
Körnermais                                                                                                                                                                                                     Kathrin Buhmann & Carl Vollenweider

     Züchterische Bearbeitung offen-abblühender                                                                                                                                                               Leistungsprüfung von Populationen
     Maispopulationen                                                                                                                                                                                         Seit 2017 werden im BÖLN-Projekt „ZuchtMetPopMais“ offen-
     In 2020 wurden von der FZD vier offen-abblühende Körnermaispopulationen auf                                                                                                                              abblühende Maispopulationen und drei Vergleichshybridsor-
     Isolationsflächen von jeweils mehr als einem halben Hektar züchterisch bearbeitet:                                                                                                                       ten auf ihre Leistungsfähigkeit an 6-8 Standorten unter ökolo-
                                                                                                                                                                                                              gischen und konventionellen Anbaubedingungen geprüft. Die
     Die beiden im Rahmen des EU-Experiments zugelassenen Populationen ALMITO
                                                                                                                                                                                                              FZD stellt für diese Versuche jeweils einen ökologischen und
     und BOGDAN, die hauptsächlich aus Landsorten zusammengestellte Population
                                                                                                                                                                                                              einen konventionellen Standort, die in Limburg-Ahlbach von der
     GABRIEL sowie eine in Zusammenarbeit mit der Getreidezüchtung Peter Kunz ent-
                                                                                                                                                                                                              Agrartest GmbH/Eurofins betreut werden.
     wickelte Population, die 2018 aus der Anpaarung ROTER COLUMBUS X EVOLINO
     hervorging.

     Bearbeitet wurden die Populationen mit der Methode der positiven Massenaus-
                                                                                                                                                                                                In der Gegenüberstellung von Relativertrag und Trockensubstanzgehalt
     lese, wobei pro Population ca. 500 Kolben im Feld per Hand selektiert wurden. Als
                                                                                                                                                                                                der geprüften Populationen und Hybridsorten (siehe Abb. 4) wird deutlich,
     Selektionskriterien wurde besonders auf die allgemeine Kolben- und Pflanzenge-
                                                                                                                                                                                                dass die Hybriden einen höheren Ertrag als die Populationen aufweisen,
     sundheit, Standfestigkeit, Kolbengröße und -besetzung sowie eine frühe Abreife
                                                                                                                                                                                                dass aber die aus aktuellem Zuchtmaterial entwickelten Populationen mit
     geachtet. Um das Kriterium einer frühen Abreife (besonders der Kolben) noch stär-
                                                                                                                                                                                                Relativerträgen von bis zu 85% bereits deutlich näher an die Hybriderträ-
     ker gewichten zu können, werden die Kolben
                                                                                                                                                                                                ge herankommen als die ebenfalls geprüften Landsorten. Dieses Ergebnis
     im Zuchtprogramm der FZD zusätzlich zweimal
                                                                                                                                                                                                konnte in den mehrortigen und mehrjährigen Versuchen im genannten
     gewogen – einmal direkt nach der Ernte und
                                                                                                                                                                                                Projekt bereits mehrfach bestätigt werden. Die Leistungsfähigkeit der Po-
     dann nach dem Trocknen. Mit diesen beiden
                                                                                                                                                                                                pulationen (relativ zu den Hybriden) scheint sich an den ökologischen und
     Angaben kann der Trockensubstanzgehalt
                                                                                                                                                                                                konventionellen Standorten nicht zu unterscheiden (Ergebnisse der ande-
     bestimmt und anschließend darauf selektiert
                                                                                                                                                                                                ren Standorte nicht dargestellt). Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen,
     werden.
                                                                                                                                                                                                dass die Prüfungen ausschließlich auf sehr gut versorgten, leistungsstar-
                                                                                                                                                                                                ken ökologischen Standorten durchgeführt wurden.
     Saatgutvermehrung der
     zugelassenen Populationen
     Von der im Rahmen des EU-Experiments zu-
     gelassenen Population ALMITO wurden 480 kg
     Saatgut von Hand geerntet und aufgearbeitet.
     Diese Saatgutmenge ist nicht in erster Linie für
     den Saatgutverkauf bestimmt, sondern soll v. a. den Aufbau einer Saatgutvermehrung für die offen-abblühenden                                                120
     Maispopulationen der FZD ermöglichen. Eine externe Vermehrung von Populationen der FZD durch interessierte                                                  110
     Vermehrer und Vermehrungsorganisationen wird voraussichtlich ab 2021 möglich werden.
                                                                                                                                                                 100
                                                                                                                                                                                                         Hybride
                                                                                                                                                                  90

     Zusammenstellung einer neuen Maispopulation                                                                                                                              Populationen

                                                                                                                                            Ertrag relativ [%]
                                                                                                                                                                  80
                                                                                                                                                                             Landsorten-                                                         Hybride öko
     Im Rahmen des Projekts „ZuchtMetPopMais“ soll eine neue, genetisch breite, den aktuellen Zuchtfortschritt beinhal-                                           70
                                                                                                                                                                             material                                                            Hybride konv
     tende Population für Wissenschaft, Züchtung und die Anbaupraxis erstellt werden. Die ausgewählten Eltern wurden                                              60                                                                             Populationen öko
     im Berichtsjahr in allen Kombinationen (einem vollen Diallel) durch Handbestäubungen durchkreuzt. Pro Kreuzung                                                                                                                              Populationen konv
                                                                                                                                                                  50
     wurden 5-10 Kolben isoliert, bestäubt und geerntet, insgesamt mehr als 1.000 Kolben. In 2021 soll die neu erstellte
     Population an zwei Standorten vermehrt und erstmals selektiert werden.                                                                                       40
                                                                                                                                                                            Landsorte
                                                                                                                                                                  30

                                                                                                                                                                  20
                                                                                                                                                                       90        92        94   96       98        100    102   104    106
                                                                                                                                                                                                  TS-Gehalt relativ [%]

                                                                                                                           Abb. 4: Relativer Ertrag (y-Achse) und relativer Trockensubstanzgehalt (x-Achse) der Populationen (Punkte) und vergleichbarer
                                                                                                                           Hybride (Dreieck) an jeweils einem ökologischen (grün) und einem konventionellen (orange) Standort in Limburg-Ahlbach 2017-20

26                                                                                                                                                                                                                                                                             27
Saatgutgesundheit                                                                                                                                                                                          Lina Pérez

     In der ökologischen Landwirtschaft ist die Resistenzforschung und -züchtung zu Brand- und
                                                                                                        Streifenkrankheit
     Ährenkrankheiten von großer Wichtigkeit, da chemisch-synthetische Beizmittel nicht zur Verfügung
     stehen. Neben den entstehenden Ertragseinbußen stellen diese Krankheiten auch eine besondere       Eine weitere saatgutbürtige Krankheit der Wintergerste ist die Streifenkrank-
     Herausforderung für die Saatgutvermehrung ökologisch                                               heit (Drechslera graminea syn. Pyrenophora gr.). Ähnlich wie bei Flugbrand
     gezüchteter Sorten dar. Im Gegensatz zu konventionell                                              wird die Pflanze im Vorjahr infiziert und der sich durch gelb-gestreifte Blätter
     gezüchteten Sorten, die nur ein Jahr unter ökologischen                                            und taube Ähren auszeichnende Befall tritt im darauffolgenden Jahr auf. Die
     Bedingungen vermehrt werden müssen und vorher durch                                                meisten Linien der FZD lagen im Bereich einer geringen Anfälligkeit (1–5 %
     chemische Beizmittel vor Befall geschützt sind, sind ökolo-                                        Befall). Eine Linie der FZD wies gar keinen Streifenkrankheitsbefall auf. Wie
     gisch gezüchtete Sorten von der ersten Vermehrungsstufe                                            alle Prüfglieder mit einem niedrigen Befall muss auch die befallsfreie Linie für
     an dem Befallsrisiko ausgesetzt. Selbst eine relativ hohe Wi-                                      insgesamt 3 Jahre geprüft werden, bevor eine verlässliche Aussage über ihre
     derstandsfähigkeit der Sorten ist nicht immer ausreichend,                                         Widerstandsfähigkeit getroffen werden kann.
     um die hohen Anforderungen der Saatgutanerkennung,
     bspw. bei Weizensteinbrand oder -flugbrand von weniger
                                                                                                                                                                         Flugbrand
     als 3 bzw. 5 befallenen Ähren pro 150 m² (Basis- und Z-
     Saatgut) erfüllen zu können.                                                                                                                                        Flugbrand bei Weizen (Ustilago tritici), Gerste (U. nuda)
                                                                                                                                                                         und Hafer (U. avenae) sind wichtige saatgutübertrag-
                                                                                                                                                                         bare Krankheiten. Flugbrandinfizierte Pflanzen bilden
     Steinbrand                                                                                                                                                          anstelle von Körnern schwarz-braune Brandbutten,
                                                                                                                                                                         gefüllt mit Pilzsporen aus. Da im Ökolandbau keine
     Für die Steinbrandresistenzzüchtung von Winter- und Sommerweizen
                                                                                                                                                                         wirksamen Bekämpfungsmaßnahmen vorhanden
     wurden die Körner der Einzelähren vor der Aussaat mit Steinbrandsporen
                                                                                                                                                                         sind, spielt die Resistenzzüchtung eine sehr wichtige
     (Tilletia caries, T. foetida) künstlich inokuliert (eingepudert) und der prozen-
                                                                                                                                                                         Rolle.
     tuale Befall im Frühsommer ermittelt. Die Auszählung gelingt am effizientes-
     ten während der Blüte, da die befallenen Ähren an den fehlenden Antheren
     erkennbar sind. Der Befall war im vergangenen Jahr sehr niedrig (messbar
     mit Hilfe hochanfälliger Checksorten, die immer mitgeprüft werden), was
     auf die warme Witterung zurückzuführen war, die dem Keimling erlaubte,
     den Brandpilzen davonzuwachsen. Aus züchterischer Sicht ist dies nach-
     teilig, da die Selektionsmöglichkeit eingeschränkt ist.                                            Aus diesem Grund werden in unserem Zuchtgarten jedes Jahr diverse Sorten und Zuchtstämme sowohl
                                                                                                        der FZD als auch von anderen Züchtern während der Blüte künstlich mit einer Sporensuspension inoku-
                                                                                                        liert, im folgenden Jahr ausgesät und der Flugbrandbefall ausgezählt. Die Inokulation erfordert Geduld und
     Fusarium                                                                                           viel Fingerspitzengefühl und kann nur innerhalb eines kleinen Zeitfensters (Mitte der Blüte) getätigt werden.
                                                                                                        Der Erfolg ist abhängig von den optimalen klimatischen Verhältnissen während der Durchführung. Mit Hilfe
     Fusarium-Arten sind Schadpilze, die bei Getreide Ertragsausfälle, Qualitäts-
                                                                                                        einer Spritze wird die Sporensuspension in jedes Blütchen eingebracht, ohne dabei die Narbe zu verletzen.
     verluste und erhöhte Mykotoxingehalte verursachen. Um die Widerstands-
                                                                                                        Die inokulierten Körner werden zur nächsten Vegetationsperiode ausgesät und der Befall ermittelt. Um die
     fähigkeit von Winter- und Sommerweizensorten bzw. -linien gegenüber
                                                                                                        Aussagekraft der Ergebnisse zu gewährleisten, wird die Resistenzprüfung für die FZD-Zuchtstämme über
     dem pilzlichen Erreger Fusarium culmorum zu evaluieren, wurden 2020
                                                                                                        mindestens vier Jahre durchgeführt.
     ca. 200 Zuchtlinien, darunter Check-, Referenz- und Verrechnungssorten
     in einem separaten Block ausgesät. Alle Parzellen des Fusarium-Prüfungs-                           Die Flugbrandanfälligkeit der Gerste wurde mittels natürlicher und künstlicher Inokulation ermittelt. Bei den
     blocks wurden zwei Mal mit einer Sporensuspension zur Zeit der Blüte                               entsprechenden Prüfungen in 2020 erwiesen sich 33 Sorten und Linien nach künstlicher Inokulation und
     künstlich inokuliert. Das Befallsniveau wurde mittels zweier Boniturerhe-                          158 nach natürlicher Infektion als befallsfrei. Bei der Evaluierung auf Flugbrandresistenz von Weizen wur-
     bungen ermittelt: Eine Ährenbonitur im Feld und eine Kornbonitur nach der                          den 200 Winterweizen- und 156 Sommerweizensorten bzw. -linien nach künstlicher Inokulation ausgesät.
     Ernte im Labor. Wie erwartet zeigten die Referenzsorten eine niedrige An-                          139 Winterweizen- und 98 Sommerweizensorten/-linien blieben befallsfrei, darunter 89 bzw. 81 eigene
     fälligkeit gegenüber dem Pilz und die Checksorten waren mäßig bis stark                            Zuchtstämme.
     anfällig. Besonders resistent (Boniturnote 1 bis 2) gegenüber F. culmorum
     erwiesen sich acht Winterweizen- und sieben Sommerweizenzuchtstämme
     der FZD, sowie fünf Sommerweizensorten anderer Züchter.

28                                                                                                                                                                                                                                   29
Leindotter                                                                                                                                                                                                                              Ben Schmehe

     2020 wurden im Rahmen des vom Saatgutfonds der Zukunftsstiftung Landwirtschaft geförderten Leindotterprojekts
                                                                                                                                           Projektarbeit in der Landbauschule
     eine Leistungsprüfung mit Sortenerhaltung, ein Mischkulturversuch Hafer-Leindotter und erstmals Kreuzungen ange-
     legt. Die Umsetzung der Kreuzungen hat sich aufgrund der sehr kleinen Blüten allerdings als äußerst anspruchsvoll                     Die Landbauschülerin Ilona Scharf hat eine Projektarbeit zum Thema Leindotter verfasst. Ein Schwerpunkt der Arbeit
     herausgestellt. Bei der Arbeit müssen sogar Stirnlupen getragen werden. Zudem war es schwierig, pollenschüttende                      mit dem Titel „Beginn eines Leindotter-Zuchtprogramms am Dottenfelderhof“ war die sorgfältige Begleitung der Ent-
     Blüten ausfindig zu machen, entweder sie waren noch grün oder schon weitgehend ausgestäubt. Abbildung 5 zeigt                                                                   wicklungsstadien, um hier mögliche morphologische Unterscheidungskri-
     vergrößert eine Leindotterblüte nach der Kastration und eine für die Bestäubung vorbereitete Blüte mit offengelegten                                                            terien zwischen Sorten identifizieren zu können.
     Staubgefäßen.
                                                                                                                                                                                         Diese Unterscheidung ist beim Leindotter deutlich schwieriger ist als bei
     Insgesamt wurden 18 Kreuzungen angelegt. Leider konnten nur von zwei Kreuzungen angegangene Körner geerntet                                                                         Getreide. Weitere Bestandteile der Arbeit waren die Begleitung und Bo-
     werden, weshalb die meisten Kreuzungen im kommenden Jahr wiederholt werden müssen. Abbildung 6 zeigt eine                                                                           nituren der Leistungsprüfung und des Mischkulturversuchs mit Hafer im
     gelungene Bestäubung mit voll ausgebildetem Schötchen.                                                                                                                              Verlauf der Vegetationsperiode, die Durchführung von Kreuzungen und die
                                                                                                                                                                                         Beobachtung von blütenbesuchenden Insekten.

                        Abb. 5: Kastrierte Leindotterblüte links und für die Bestäubung präparierte Blüte mit offenen Staubgefäßen
                        rechts, Dottenfelderhof 2020

                                                                                                                                     Abb. 7: Blütenbesucher im Leindotter, Dottenfelderhof 2020                Fotos: Ilona Scharf

                                                                                                                                           Bei den Blütenbesuchern wurde eine Fotodokumentation von allen Insekten gemacht, die auf den Leindotterblüten an-
                                                                                                                                           zutreffen waren. Neben zahlreichen Honigbienen (Apis mellifera) wurden folgende Blütenbesucher beobachtet (Abb. 7):

                                                                                                                                           1.      Syrphidae (Schwebfliegen) Episyrphus balteatus (Hainschwebfliege)
                                                                                                                                           2.      Pentatomidae (Baumwanzen) Palomena prasina (Grüne Stinkwanze)
                                                                                                                                           3.      Sphecidae (Grabwespe) Art unbekannt
                                                                                                                                           4.      Syrphidae (Schwebfliegen) Scaeva pyrastri (Großstirnschwebfliege)
                                                                Abb. 6: Gelungene Bestäubung Leindotter, Dottenfelderhof 2020              5.      Sesiidae (Glasflügler) Pyropteron chrysidiformis (Roter Ampfer-Glasflügler)
                                                                                                                                           6.      Syrphidae (Schwebfliegen) Sphaerophoria scripta (Gewöhnliche Langbauchschwebfliege)

30                                                                                                                                                                                                                                                                   31
Luzerne                                                                                                                                                                    Martin von Mackensen und Rocío Lanthier

     Die Luzerne, die zur Pflanzenfamilie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae) gehört, spielt im biologisch-dynamischen Landbau
     als „Königin der Futterpflanzen“ eine zentrale Rolle. Aber woher stammen eigentlich die heutigen Luzernesorten?

     Die lateinische Bezeichnung der Luzerne ist Medicago sativa. Hinter diesem Name verbirgt sich jedoch nicht nur eine
     Art, sondern ein ganzer Komplex von diploiden und tetraploiden Unterarten. Bei diploiden Luzernen liegt der einfache
     Chromosomensatz von acht Chromosomen (n = 8) in doppelter Ausführung vor (2n), wobei jeweils ein Chromoso-
     mensatz von der Mutter und einer vom Vater stammt. Bei tetraploiden Luzernen ist die Chromosomenzahl nochmals
     verdoppelt, sodass diese insgesamt 2n = 32 Chromosomen besitzen. Die Luzernesorten, die heute in der Regel im
     Anbau verwendet werden, sind tetraploide „Bastardluzernen“, die durch die natürliche Kreuzung tetraploider Vertreter
     der Unterarten Medicago sativa ssp. sativa (der „echten Luzerne“) und Medicago sativa ssp. falcata (der „Sichel-
     luzerne“) entstanden sind.

                                                                                                                                                                                                                       Spiralförmige Hülsenfrüchtler

                                                                                                                            Tab. 5: Merkmale verschiedener Luzernetypen

                                                                                                                                     „Echte Luzerne“                  „Schwedische oder                          „Bastardluzerne“
                                   Um die Entstehungsgeschichte der Luzerne nachvollziehen zu können, wurden im Laufe                                                   Sichelluzerne“
                                   der Vegetationsperiode 2019/20 verschiedene Landsorten der „echten Luzerne“ sowie        Pfahlwurzel und Nebenwurzeln         Medicago sativa ssp.falcata        Medicago sativa ssp. varia (media) 2n=32
                                   einige Wildsorten der „Sichelluzerne“ erst in Töpfchen ausgesät und dann ausgepflanzt.                                        2n=16, 32                          Kreuzung von ssp. sativa und ssp. falcata
                                   Indem die Landbauschüler*innen die Vorfahren der Luzerne und deren Merkmale inten-                                                                               (aus dieser Kreuzung entstanden verschie-
                                   siv beobachtet und gezeichnet haben, konnten sie ein tieferes Verständnis des Wesens                                                                             dene Wirtschaftssorten)
                                   der Luzerne gewinnen. Die Kulturgeschichte der Luzerne ist ein wichtiges Thema für       Stammt aus Persien                   Stammt aus Westsibirien            Hat sich in der Welt verbreitet
                                   den Unterricht im Jahreskurs; ein Impuls, sich mit der Herkunft der Kulturpflanzen zu    (dem heutigen Iran)
                                   beschäftigen und sich in Zukunft ggf. sogar um eine eigene Hof-Population kümmern        Blau- oder violettblühende           Gelbblühende Luzerne               Die Farbe der Blüte variiert von reinblau, über
                                   zu können.                                                                               Luzerne                                                                 hellblau bis gelblich-weiß

                                                                                                                            Hülsenfrüchtler spiralförmig         Hülsenfrüchtler sichelförmig       Hülsenfrüchtler spiralförmig
                                                                                                                            Hoch und schmal wüchsige             Niedrig und breitwachsende         Mittelhoher und mittelbreiter Wuchs
                                                                                                                            Pflanze                              Pflanze
                                                                                                                                                                 Langsamere Entwicklung
                                                                                                                            Pfahlwurzel (hohe Dürrefestigkeit)   Die Wurzel verästelt sich unter-   Pfahlwurzel und Nebenwurzeln
                                                                                                                                                                 halb vom Wurzelhals
     „Echte Luzerne“ auf einem Acker des Dottenfelderhofs

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