Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...

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Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
13. Landesgesundheitskonferenz Berlin
    Gesundheitsförderung ja! Aber wie?
    Was wir gemeinsam für mehr Qualität,
    Nachhaltigkeit und Angebotsvielfalt tun wollen.

12. Oktober 2016, Tagungswerk Jerusalemkirche
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Impressum

Herausgeber                                      Fachliche Auskunft
Fachstelle für Prävention und Gesundheits-       Marisa Elle
förderung im Land Berlin
                                                 Satz und Layout
c/o Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.
                                                 Connye Wolf, www.connye.com
Friedrichstraße 231, 10969 Berlin
Tel.: (030) 44 31 90 60                          Druck
E-Mail: fachstelle@gesundheitbb.de               Laserline, Berlin

Redaktion                                        Bildnachweise
Stefan Pospiech (V.i.S.d.P.)                     S. 2: Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
Jennifer Dirks, Nancy Ehlert, Marisa Elle,       Alle weiteren Bilder von Ernst Fesseler, www.ernstfesseler.de
Katharina Lietz, Stefan Weigand
                                                 Stand: Dezember 2016

Die Fachstelle für Prävention und Gesundheitsförderung hat seit 2008 die Geschäftsstelle der Landesgesundheitskonferenz
Berlin und wird von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung finanziert. Träger ist Gesundheit Berlin-
Brandenburg e. V.

Gemeinsam für ein gesundes Berlin“ ist seit 2014 das gemeinsame Motto der Mitglieder der Landesgesundheitskonferenz für
Aktivitäten, Angebote und Projekte im Rahmen der Gesundheitsziele.

Die Inhalte der vorliegenden Dokumentation spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Begrüßung durch Staatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner . . . . . . . . 2

Fachvorträge
Qualität in der Gesundheitsförderung. Das Ziel ist klar, aber wer ist auf
welchem Weg?
Prof. Dr. Gesine Bär, Alice Salomon Hochschule Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Wo stehen wir in Berlin?
Stefan Pospiech,
Geschäftsführer Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V. . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Fachforen
Lernwerkstatt Good Practice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Gesundheit wirkungsorientierter fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Möglichkeiten und Anforderungen des GKV-Leitfadens . . . . . . . . . . . . . . 17
Qualitätsentwicklungsprozesse am
Beispiel des Systems Frühe Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Kooperation und Partizipation in der Gesundheitsförderung bei
älteren Menschen am Beispiel der Stadtteilzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Abschluss
Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Projektmesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Mitglieder der LGK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Über die Fachstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

                                                                                                                                1
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Begrüßung
Staatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner

                                      Der Titel „Gesundheitsför-       Arbeitsalltag, wenn es z. B. darum geht, neue
                                      derung ja! Aber wie? Was         Angebote zu entwickeln und durchzuführen,
                                      wir gemeinsam für mehr           kann dies als zusätzliche Belastung empfun-
                                      Qualität, Nachhaltigkeit         den werden, denn Qualität stellt unterschied-
                                      und Angebotsvielfalt tun         liche Anforderungen an finanzielle, personelle
                                      wollen“ fragt danach, wie        und organisatorische Ressourcen.
                                      wir Gesundheitsförderung
                                                                       Der Einsatz von Verfahren zur Qualitätsent-
                                      und Prävention in Berlin
                                                                       wicklung und -sicherung kann jedoch bedeut-
                                      wirksam gestalten können.
                                                                       same Vorteile für Projekte und Maßnahmen
                                      Wenn wir langfristig gute
                                                                       bringen: Zunächst sind sie ein hilfreiches
                     und wirksame gesundheitliche Angebote in
                                                                       Instrument, um sich mit der Qualität der ei-
                     Berlin entwickeln wollen, müssen wir uns
                                                                       genen Arbeit auseinanderzusetzen. Durch die
                     noch stärker mit den Themen Qualitätsent-
                                                                       Umsetzung von qualitätssichernden Maßnah-
                     wicklung und -sicherung auseinandersetzen.
                                                                       men und Prozessen lässt sich die Wirksamkeit
                     Erfreulicherweise messen bereits viele Institu-
                                                                       einer Maßnahme überprüfen und verbessern
                     tionen diesem Thema eine große Bedeutung
                                                                       und ihre Legitimation erhöhen. Darüber hin-
                     bei. Inzwischen wurden verschiedene Instru-
                                                                       aus unterstützen sie dabei, ein gemeinsames
                     mente und Verfahren entwickelt, mit deren
                                                                       Verständnis für Qualität und gute Praxis in
                     Hilfe die Bedingungen für Wirksamkeit und
                                                                       der Gesundheitsförderung und Prävention zu
                     Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen der Ge-
                                                                       entwickeln. Ein wesentliches Ziel ist es, Ange-
                     sundheitsförderung und Prävention geschaf-
                                                                       bote so zu gestalten, dass besonders Bevöl-
                     fen und verbessert werden sollen. Das Thema
                                                                       kerungsgruppen in schwieriger sozialer Lage
                     Qualität ist Bestandteil rechtlicher Regelun-
                                                                       erreicht werden. Damit kann wiederum wirk-
                     gen, einschlägiger Empfehlungen und Leitli-
                                                                       sam zum Abbau gesundheitlicher Ungleich-
                     nien/Leitfäden wie z. B. dem GKV-Leitfaden
                                                                       heit beigetragen werden.
                     Prävention oder den Good Practice-Kriterien
                     des Kooperationsverbunds Gesundheitliche          Die neuen gesetzlichen Regelungen zur Stär-
                     Chancengleichheit.                                kung der Prävention und Gesundheitsförde-
                                                                       rung unterstützen diesen Prozess und nennen
                     Anbieterinnen und Anbieter sowie Akteu-
                                                                       als ein zentrales Ziel, die Qualität von Angebo-
                     rinnen und Akteure stehen häufig vor der
                                                                       ten sicherzustellen und die Wirksamkeit von
                     Herausforderung, ein für ihre Maßnahme
                                                                       Leistungen zu fördern. Bei der heutigen Ver-
                     sinnvolles und hilfreiches Verfahren oder
                                                                       anstaltung soll es vor allem darum gehen, zu
                     Instrument der Qualitätsentwicklung und
                                                                       erörtern, was wir von dem Thema Qualitäts-
                     -sicherung aus dem zum Teil unübersicht-
                                                                       sicherung in Berlin erwarten, wie wir Maßnah-
                     lichen Angebot auszuwählen, in der Praxis
                                                                       men in guter Qualität in der Gesundheitsför-
                     anzuwenden und dabei die bestehenden Rah-
                                                                       derung und Prävention umsetzen und wie wir
                     menbedingungen und Strukturen vor Ort zu
                                                                       erfolgversprechende Ansätze und Strategien
                     beachten. In der praktischen Arbeit und im
                                                                       weiter in die Praxis verbreiten können.

2
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Begrüßung

Zum Programm der heutigen                        Fachforum 5 schaut auf die Zielgruppe der
Landesgesundheitskonferenz                       älteren Menschen und fragt, wie Angebote
                                                 der Gesundheitsförderung partizipativ und
Die fünf Fachforen und Werkstätten greifen
                                                 in Form von Kooperationen gestaltet werden
die benannten Aspekte auf und laden Sie dazu
                                                 können. Anhand der Stadtteilzentren wird
ein, ausgewählte Instrumente und Verfahren
                                                 diskutiert, wie vorhandene Qualitätsmerk-
der Qualitätsentwicklung und -sicherung ken-
                                                 male in die Praxis umgesetzt werden. Wie
nenzulernen, eigene Erfahrungen einzubrin-
                                                 können Kooperationen z. B. mit Nachbar-
gen und gute Praxisbeispiele bekanntzuma-
                                                 schaftsinitiativen, Pflegeeinrichtungen oder
chen.
                                                 Sportvereinen zur Weiterentwicklung von
Fachforum 1 beschäftigt sich mit den Good        gesundheitsfördernden Angeboten für ältere
Practice-Kriterien des Kooperationsverbunds      Menschen beitragen, um so neue Zielgruppen
Gesundheitliche Chancengleichheit. Diese         zu erreichen?
stellen Akteurinnen und Akteuren einen Rah-
                                                 Die heutige Veranstaltung soll auch dazu
men zur Verfügung für die Ausgestaltung ge-
                                                 beitragen, ein gemeinsames Verständnis für
sundheitsfördernder Angebote. In der Good
                                                 Qualität in der Gesundheitsförderung und
Practice-Lernwerkstatt arbeiten die Teilneh-
                                                 Prävention in Berlin zu entwickeln. Ein wei-
menden gemeinsam daran, wie sie die Krite-
                                                 terer Schritt wird dabei sein, sich über ge-
rien für die Qualitätsentwicklung der eigenen
                                                 meinsame Empfehlungen zu verständigen,
Arbeit nutzen können.
                                                 wie sich der Transfer von Ansätzen der Quali-
Die Bedeutung von Wirkungsorientierung in        tätsentwicklung und -sicherung in die Praxis
der Gesundheitsförderung wird im Fachfo-         der Gesundheitsförderung und Prävention
rum 2 behandelt. Der Begriff der Wirkungs-       unter der Nutzung bestehender Strukturen in
orientierung wird hier genauer beleuchtet. In    Berlin verbessern lässt und was diesbezüglich
einer Werkstatt kann alltagsnah erprobt wer-     für die Arbeit der Landesgesundheitskonfe-
den, wie dies in der Praxis umgesetzt werden     renz abgeleitet werden kann. Diese Empfeh-
kann.                                            lungen für die künftige Arbeit der Landesge-
                                                 sundheitskonferenz und ihre Mitglieder sind
Im Fachforum 3 geht es um die Möglichkei-
                                                 Gegenstand der abschließenden Podiumsdis-
ten und Anforderung an den GKV-Leitfaden
                                                 kussion, zu der ich Sie herzlich einlade.
als zentrales Instrument zur Förderung von
Leistungen der Krankenkassen. Hier soll mehr     Lassen Sie uns gemeinsam darüber sprechen,
Transparenz geschaffen werden über Verfah-       wie wir Gesundheit nachhaltig fördern, Prä-
rensprozesse, Handlungsfelder und Kriterien.     vention wirksam ausbauen, Qualität dauer-
                                                 haft sichern und Angebote lebensweltorien-
Wie Qualitätssicherung in einem Netzwerk
                                                 tiert weiter entwickeln können.
gewährleistet werden kann, wird im Fachfo-
rum 4 am Beispiel der Bundesinitiative Frü-      Mein Dank gilt allen, die diese Landesge-
he Hilfen diskutiert. Hier stellen sich Fragen   sundheitskonferenz organisiert haben. Aus
wie: Was braucht es, um aufeinander ab-          unserem Haus, aber natürlich auch von Ge-
gestimmte Leistungen und eine von vielen         sundheit Berlin-Brandenburg e. V. Herr Po-
Akteurinnen und Akteuren getragene Unter-        spiech, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und
stützungsstruktur qualitätssichernd weiter-      Mitarbeitern im Hintergrund: Herzlichen Dank
zuentwickeln? Welche Instrumente und Vor-        für Ihre Arbeit! Ich wünsche Ihnen eine gute
aussetzungen sind nötig, um die Wirksamkeit      Landesgesundheitskonferenz und freue mich
sowohl einzelner Angebote als auch der ge-       auf die Vorträge und auf die weitere Arbeit.
samten Netzwerkarbeit nachzuweisen?              Herzlichen Dank für Ihr Kommen!
                                                                                                         3
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Fachvorträge
Qualität in der Gesundheitsförderung.
Das Ziel ist klar, aber wer ist auf welchem Weg?
Prof. Dr. Gesine Bär, Alice Salomon Hochschule Berlin

     Für die Erklärung von Fachbegriffen
    aus dem Qualitätsdiskurs nutzen Sie
                                             Ausgehend von der empanzipatorischen            Gesundheitsförderung als
             bitte unser Glossar ab S. 37.   WHO-Definition von Gesundheitsförderung         Kompetenzentwicklung plus
                                             und Vorschlägen zur Wirkungsorientierung        Strukturveränderung
                                             wird dargestellt, wie breit die Qualitätsvor-
                                                                                             Ziel der Gesundheitsförderung ist es, die De-
                                             stellungen in der Debatte variieren. Hierin
                                                                                             terminanten von Gesundheit zu beeinflussen.
                                             liegen Herausforderungen für Wissenschaft
                                                                                             Dazu werden zwei strategische Ansätze zu-
                                             und Praxis, die ebenfalls benannt werden. Im
                                                                                             sammengeführt:
                                             Fazit wird dafür plädiert, den Austausch über
                                             gute Qualität in der Praxis zu stärken – über   n   die Stärkung der persönlichen und sozialen
                                             regelmäßige Anlässe für Dokumentation und           Gesundheitskompetenzen und die Erweite-
                                             Qualitätsentwicklung sowie über eine Inves-         rung von Handlungsspielräumen zur Ge-
                                             tition in qualifizierte Netzwerkerinnen und         sunderhaltung einerseits,
                                             Netzwerker.

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Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Fachvorträge

n   die politisch gesteuerte Verbesserung der             die Angebotsentwicklung wichtige Wirkungs-
    Gesundheitsdeterminanten sowie der Ab-                bereiche.
    bau bestehender sozial bedingter gesund-
                                                          Die Handlungsfelder der Ottawa-Charta sind:
    heitlicher Ungleichheiten andererseits.1
                                                          n   die Entwicklung einer gesundheitsfördern-
Demzufolge muss bei der Frage der Qualitäts-
                                                              den Gesamtpolitik,
entwicklung diskutiert werden: Wie werden
diese beiden Komponenten jeweils umge-                    n   die Schaffung gesundheitsförderlicher
setzt? Es geht also um mehr als Verhaltens-                   Lebenswelten,
prävention oder Health Literacy.
                                                          n   die Unterstützung gesundheitsbezogener
                                                              Gemeinschaftsaktionen,

Wirkungsorientierung als Mehr-                            n   die Entwicklung persönlicher Kompetenzen
komponentenmodell                                             und

Das Stufenleiterkonzept der Wirkungsorien-                n   die Neuorientierung der Gesundheits-
tierung der PHINEO-Beratung (siehe S. 15)                     dienste.
benennt wichtige orientierende Dimensionen:
Output, Outcome, Impact. Output bedeutet:                 Die Breite der
Was macht eine Interaktion ganz konkret?                  Qualitätskriterienkataloge
Wie kommen die Zielgruppen da hin? Out-
come meint: Erst da, wo Wirkung entsteht,                 Zum Thema „Primärprävention von Über-
verändert eine Intervention auch tatsächlich              gewicht bei Kindern“ haben wir uns auf die
etwas. Die letzte Stufe ist dann Impact: Die              Suche nach Qualitätskatalogen gemacht. Wir
Gesellschaft verändert sich. In dieser Umset-             haben 62 verschiedene Dokumente gefun-
zung werden die beiden genannten Aspekte                  den.2
von Gesundheitsförderung in eine Reihen-                  Ein Standard setzendes Dokument ist der
folge gebracht. Zunächst gibt es eine starke              Leitfaden der Gesetzlichen Krankenversiche-
Orientierung auf die Zielgruppen der Inter-               rung (GKV). Der GKV-Leitfaden Prävention
vention und ganz zum Schluss im Bereich des               skizziert drei große Förderfelder, wobei die
Impacts weitet sich der Blick auf die gesell-             betrieblichen und nicht-betrieblichen Setting-
schaftlichen Veränderungen.                               Ansätze den oben genannten Kriterien von
Dazu gibt es Alternativen. In der Ottawa-                 Gesundheitsförderung unmittelbar entspre-
Charta werden fünf Handlungsfelder parallel               chen. Die kursbezogene Prävention kommt
geführt, unter denen eines die individuelle               hierbei zu kurz. Im Leitfaden werden jeweils
Kompetenzerweiterung ist. Das Wirkungs-                   die Förderkriterien, Ausschlusskriterien und
modell „quint-essenz“ von Gesundheits-                    Anforderungen zur Anbieterqualifikation bei
förderung Schweiz versucht ebenfalls, die                 Maßnahmen definiert und regelmäßig weiter-
Gleichzeitigkeit von Veränderungsprozessen                entwickelt.
abzubilden.                                               Zu vielen anderen Qualitätskriterienkatalo-
Hier sind neben der Entwicklung persönlicher              gen gibt es große Schnittmengen wie Ziel-
Kompetenzen auch die soziale, gruppenbezo-                gruppen- bzw. Sozialraumbezug, Partizipa-
gene Mobilisierung, die Interessenvertretung              tion, Multiplikatorenkonzept. Bei genauerer
und die organisierte Zusammenarbeit sowie                 Betrachtung fallen jedoch Unterschiede zwi-

                                                          2 Bär et al. 2016: Übergewichtsprävention bei Kindern. In:
1 Quelle: Pschyrembel Sozialmedizin. Berlin: de Gryter,   Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesund-
2007, S. 199.                                             heitsschutz 2016 (59) 11: 1405-1414.

                                                                                                                                  5
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
schen den Dokumenten auf, zum Beispiel in         hören, werden im Setting von ihrer Trainerin
    der Frage, wer bei der Qualitätsmessung ein-      erreicht, aber eher nicht durch eine externe
    bezogen werden soll. Es gibt Ansätze, in denen    Kursleitung. Über ein „Train the Trainer“-Ver-
    steht das Expertinnen- und Expertenwissen         fahren konnten die konkurrierenden Kriterien
    an erster Stelle mit klaren Qualitätsvorstel-     schließlich teilweise in Einklang gebracht wer-
    lungen. Andere Ansätze verfolgen wiederum         den. Zu anderen Teilen mussten alternative
    den Grundgedanken, dass Qualität durch lo-        Fördertöpfe gefunden werden. Im Sinne der
    kales Wissen entsteht. Die Menschen vor Ort       Qualitätsentwicklung sind beide geforderten
    – Fachkräfte wie Bewohnerinnen und Bewoh-         Komponenten von Gesundheitsförderung
    ner – werden als Expertinnen und Experten ih-     erkennbar: Zum einen werden die Kompeten-
    rer Lebenswelt einbezogen. Es wird dabei mit      zen der Trainerin und der Teilnehmerinnen
    Lernspiralen argumentiert: Qualität entsteht,     des Bewegungsangebots gefördert und zum
    wenn wissenschaftlich verallgemeinertes und       anderen wird eine Weiterentwicklung der För-
    praxisgebundenes Wissen miteinander ver-          derformate betrieben, die besser vulnerable
    flochten werden.                                  Zielgruppen unterstützt.

    Qualitätsentwicklung in der                       Fazit: Streckennetze,
    Komplexitätsbewältigung                           Wegbereiterinnen und -bereiter
    Aus dem umfassenden Veränderungsan-               Die Anforderungen an Maßnahmen der Ge-
    spruch von Gesundheitsförderung und der           sundheitsförderung sind hoch: Wir wollen
    Vielstimmigkeit der Qualitätsvorstellungen        eine Integration von mehreren Ebenen und
    entstehen verschiedene Herausforderungen,         wir wollen, dass lokale Bedarfe angemessen
    von denen eine im Folgenden genannt wird:         berücksichtigt werden. Wir wollen nicht im-
                                                      mer eine Schablone von außen anlegen und
    Was ist zu tun, wenn sich Kriterien gegenseitig
                                                      dennoch Qualitätsstandards, die nicht nur zu
    ausschließen oder stören? Was ist, wenn die
                                                      Insellösungen führen. Das erfordert ein Mehr
    Settinglogik anderen Förderkriterien der
                                                      an Kommunikation, im Sinne einer intensiven
    Krankenkassen entgegensteht?
                                                      Vermittlung von Praxis und Qualitätskriteri-
    Praxisbeispiel: Für ein Bewegungsangebot für      en zum einen und im Sinne einer Vermittlung
    Mädchen in einem Stadtteil in Hamburg wur-        zwischen verschiedenen Qualitätsdiskursen
    de eine Förderung beantragt, um mehr und          zum anderen. Im Bild der Überschrift ge-
    bessere Trainingszeiten anbieten zu können.       sprochen: Es geht darum, ein Streckennetz
    Der angefragte Fonds wurde durch Mittel der       zu entwickeln, um Akteurinnen und Akteure
    Krankenkassen gespeist. Die Krankenkasse          zusammenzubringen, die auf verschiedenen
    wendete ein, dass es sich bei der Kursleitung     Wegen unterwegs sind.
    um eine Stadtteilakteurin ohne eine durch die
                                                      Wie können diese genannten Qualitätsdiskur-
    GKV anerkannte Ausbildung handelte. Dahin-
                                                      se miteinander verbunden werden? Meinen
    ter stand die nachvollziehbare Logik: auch in
                                                      alle das Gleiche, wenn sie von Qualität spre-
    diesem Stadtteil sollte ebenso gute Qualität
                                                      chen? Gibt es Vorannahmen, Dissonanzen,
    an Gesundheitsangeboten stattfinden wie an-
                                                      Schnittmengen? Und wie lässt sich dabei die
    derswo. Die Initiierenden fürchteten jedoch,
                                                      Autonomie der Träger bewahren?
    dass niemand mehr am Angebot teilnehmen
    würde, wenn eine externe, geprüfte Kurslei-       Es geht weiterhin darum, für die lokale Wei-
    tung eingesetzt würde. 20 aktive Mädchen,         terentwicklung von Qualität Beraterinnen
    die genau zur gewünschten Zielgruppe ge-          und Berater wie die Koordinierungsstellen

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Fachvorträge

Gesundheitliche Chancengleichheit als Weg-             für die Funktion des Wissenstransfers, um
bereiter und -begleiter zu haben. Allgemeine           diese Anpassung zu begleiten,
Qualitätsvorstellungen müssen immer wieder
                                                   n   regionale Präventionsbeauftragte bei der
lokal rückgekoppelt werden, damit Qualität
                                                       GKV, wenn es um GKV-Gelder und deren
vor Ort entstehen kann.
                                                       Einsatz geht.
Was kennzeichnet gute Praxis? Und wie kön-
                                                   Die Koordinierungsstellen Gesundheitliche
nen wir sie hier erhalten und dort verbreiten?
                                                   Chancengleichheit auf Landesebene werden
Deshalb sind Vermittlungsprozesse und ver-         jetzt über das Präventionsgesetz ausge-
mittelnde Personen wichtig. Und zwar auf den       baut. Das ist eine sehr gute Nachricht für die
verschiedenen Ebenen:                              aktuellen Fragen der Qualitätsentwicklung.
                                                   Denn sie sind zentral für die Koproduktion
n   lokale Koordinatorinnen und Koordinatoren
                                                   von Qualität in der Gesundheitsförderung und
    in den Settings,
                                                   zwar in dem doppelten Sinne, als Entwicklung
n   Akteurinnen und Akteure in der Fachverwal-     von Kompetenzen sowie als Strukturverände-
    tung oder bei den Trägern, die Qualitätsvor-   rungen zum Beispiel bei der Umsetzung von
    stellungen vermitteln,                         Gesundheitszielen und integrierten kommu-
                                                   nalen Strategien.
n   überregional vermittelnde Akteurinnen und
    Akteure und wissenschaftliche Begleitung

                                                                                                               7
Landesgesundheitskonferenz Berlin - Gesundheitsförderung ja! Aber wie? Was wir gemeinsam für mehr Qualität, Nachhaltigkeit und ...
Wo stehen wir in Berlin?
Stefan Pospiech, Geschäftsführer Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.

                          Wer sind die Wegbereiter und -begleiter in Ber-   der Qualitätsentwicklung schafft und das auch
                          lin beim Thema Qualität? Welche Akteurinnen       im Rahmen der heutigen Konferenz reflektiert
                          und Akteure geben Impulse für die Qualitäts-      und erweitert werden soll.
                          entwicklung? Der folgende Beitrag beleuchtet
                          eine nicht vollständige Auswahl von Strukturen
                                                                            Aktionsprogramm Gesundheit
                          und Prozessen in diesem Feld.
                                                                            Im Aktionsprogramm Gesundheit (APG) stellt
                                                                            das Land Berlin Haushaltsmittel zur Stärkung
                          Die Landesgesundheitskonferenz
                                                                            der Prävention und Gesundheitsförderung zur
                          Auftrag der LGK ist es, gemeinsam über Fragen     Verfügung. Ein Ziel ist es, bestehende Struktu-
                          der gesundheitlichen Versorgung und der ge-       ren und Angebote in ihrer Qualität weiterzuent-
                          sundheitlichen Lage der Berliner Bevölkerung      wickeln und zudem dort, wo Bedarfe bestehen,
                          zu beraten. Dazu koordinieren die Mitglieder      über Förderungen auch Impulse zu setzen. Das
                          ihre Aktivitäten und geben bei Bedarf Empfeh-     APG bildet so einen wichtigen Baustein in einer
                          lungen, die im Rahmen der Selbstverpflichtung     gesamtstädtischen Strategie für ein gesundes
                          umgesetzt werden.                                 Berlin.

                          Ein gemeinsames Qualitätsverständnis ist eine     Hervorzuheben ist, dass das APG nicht allein
                          wichtige Grundlage, um konsentierte Ziele zu      von der für Gesundheit zuständigen Senatsver-
                          erreichen. Vor dem Hintergrund des Präven-        waltung gesteuert und koordiniert wird, wel-
                          tionsgesetzes und den daraus entstehenden         che die finanziellen Mittel zur Verfügung stellt.
                          Strukturen, Prozessen und Maßnahmen wur-          Es hat sich eine ressortübergreifende Arbeits-
                          de das Thema in diesem Jahr als Schwerpunkt       gruppe aus Bildung, Sport, Stadtentwicklung
                          für die Arbeit der LGK gewählt. Gemeinsame        und Gesundheit sowie Bezirken herausgebil-
                          Gesundheitsziele bilden einen wichtigen Ori-      det, die zum Ziel hat, Qualitätsverständnis und
                          entierungspunkt für die in der Formulierung       Förderprogramme aufeinander abzustimmen
                          begriffenen Landesrahmenvereinbarungen            und stärker zu verzahnen.
                          in den Bundesländern. Berlin hat mit der LGK
                          eine etablierte und anerkannte Struktur, die
                                                                            Koordinierungsstelle
                          Gesundheitsziele verabredet hat. Daher ist
                                                                            Gesundheitliche Chancengleichheit
                          eine Frage, die auf der 13. öffentlichen LGK
                          gestellt wird: Was wollen wir mit den Aktivitä-   Länder, Krankenkassen und auch die Bundes-
                          ten erreichen, die wir unter dem Dach der LGK     zentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
                          verabreden? Das ist sowohl eine politische als    fördern seit einigen Jahren gemeinsam die Ko-
                          auch eine fachliche Frage, die ein gemeinsames    ordinierungsstellen Gesundheitliche Chancen-
                          Verständnis von Qualität voraussetzt.             gleichheit. Im Rahmen der BZgA-Beauftragung
                                                                            durch den GKV-Spitzenverband wurde diese
                          Zwei Bausteine in diesem Prozess gehören eng
                                                                            Struktur in ihrem Aufgabenprofil erweitert
                          zusammen: Um Transparenz über gesund-
                                                                            und mit besseren Ressourcen ausgestattet. Ihr
                          heitsbezogene Aktivitäten zu schaffen, wirkt
                                                                            zentraler Auftrag ist die Netzwerk-Bildung, der
                          die LGK an der Gesundheitsberichterstattung
                                                                            Aufbau von Kooperationen und die Qualitäts-
                          mit. Dadurch kann die LGK auf einen großen
                                                                            entwicklung der Prävention und Gesundheits-
                          Fundus an Sozial- und Gesundheitsdaten zu-
                                                                            förderung im übergeordneten Setting Kommu-
                          rückgreifen. Hinzu kommt ein Berichtswesen,
                                                                            ne zu unterstützen. Der Auf- und Ausbau von
                          welches Transparenz über die konkreten Inter-
                                                                            Präventionsketten in Berlin kann so – auch über
                          ventionen in den Lebenswelten und Prozesse
                                                                            das APG – noch deutlicher befördert werden.

8
Fachvorträge

Bezirkliche Strukturen                             welten – Entwicklung und Sicherung von Qua-
                                                   lität“ wurde der Frage nachgegangen, wie über
Zentral in der lebensweltbezogenen Gesund-
                                                   bestehende Qualitätsmanagementsysteme der
heitsförderung ist die kommunale Ebene. Ber-
                                                   Trägerorganisationen gesundheitsförderliche
lin hat mit der Organisationseinheit Qualitäts-
                                                   Aspekte verstärkt werden können.
entwicklung, Planung und Koordination des
Öffentlichen Gesundheitsdienstes (OE QPK)          Positiv hervorzuheben ist: Die Implementierung
eine wichtige Struktur, um Koordination und        von Prävention und Gesundheitsförderung in
Kooperation zu befördern. Neben diesen Aufga-      die vorhandenen Qualitätsmanagementsyste-
ben gehört es auch zum Profil der QPKs, fachli-    me stößt auf großes Interesse. Wichtige Vor-
che Standards zur Sicherung von Qualität und       aussetzungen hierfür sind leistungsrechtliche
Nachhaltigkeit zu erarbeiten und weiterzuent-      Grundlagen und finanzielle Ressourcen.
wickeln. Zudem haben die QPKs die Leistungen
                                                   Die Herausforderung ist, bestehende Instru-
des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Blick
                                                   mente aus der Prävention und Gesundheits-
und unterstützen die Qualitätssicherung im
                                                   förderung anschlussfähig an die bestehenden
Hinblick auf die von ihnen beauftragten Träger.
                                                   Qualitätsmanagementsysteme zu machen, da-
                                                   mit sie nicht als „Störgröße“ wahrgenommen
Projekt Wirkungsorientierung –                     werden.
Paritätischer Wohlfahrtsverband
Berlin
Ein weiterer Prozess in Berlin ist das Projekt       Fazit
Wirkungsorientierung in der sozialen Arbeit          n   Das Thema Qualitätsentwicklung und
des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Berlin in           -sicherung ist eine Querschnittsaufgabe
Zusammenarbeit mit PHINEO. Ziel ist es, von-             unterschiedlicher Ressorts, Träger- und
einander zu lernen und die Mitgliedsorganisa-            Unterstützungsstrukturen.
tionen des Paritätischen Wohlfahrtsverbands
                                                     n   Berlin verfügt über ein großes Potenzial
Berlin darin zu unterstützen, über Fragen der
                                                         an Strukturen und Prozessen, in denen
Wirksamkeit zu reflektieren. Im Mittelpunkt
                                                         ein nachhaltiger Dialog zur „Qualität der
steht die Frage, welche Wirkungsindikatoren
                                                         Gesundheitsförderung“ geführt werden
für die Arbeit zugrunde gelegt werden können.
                                                         kann.
Zu den Teilnehmenden zählen unterschiedliche
                                                     n   Die Ausgangslagen und Voraussetzun-
Träger aus der Suchthilfe, der Genderarbeit, der
                                                         gen bei den Beteiligten sind sehr unter-
Prävention und Gesundheitsförderung.
                                                         schiedlich, so dass Vorgaben und Nach-
                                                         weise zur Wirksamkeit und Qualitätssi-
Qualitätsentwicklung als Störfaktor?                     cherung diesen Rahmenbedingungen
                                                         angepasst sein müssen.
Wohlfahrtsverbände sind Träger vieler Le-
benswelten wie Kitas, Familienzentren, Begeg-        n   Es bedarf ausreichender personeller Ka-
nungsstätten oder Pflegeheimen und damit                 pazitäten in den Trägerorganisationen,
zentrale Akteurinnen und Akteure in diesem               um die definierten Ziele und Aufgaben
Feld. Im Rahmen des bundesweiten Kooperati-              umsetzen zu können.
onsprojekts „Gesundheitsförderung in Lebens-

                                                                                                                9
Fachforen

Fachforen
Lernwerkstatt Good Practice
Impuls:

Christina Schadt, Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH

Moderation: Holger Kilian, Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.

Was macht die Praxis zur Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit aus? Die zwölf Good
Practice-Kriterien des Kooperationsverbunds Gesundheitliche Chancengleichheit stecken einen
Rahmen für die Ausgestaltung gesundheitsfördernder Angebote ab. In der Good Practice-Lern-
werkstatt arbeiteten die Teilnehmenden gemeinsam daran, wie sie die Kriterien für die Quali-
tätsentwicklung der eigenen Arbeit nutzen können.

Ziel des Fachforums war es, den Good Prac-                     n   Wie greift „Na klar“ das Thema Qualitäts-    Nähere Informationen zu den Good-
tice-Ansatz des Kooperationsverbunds Ge-                           entwicklung auf?                             Practice-Kriterien unter:
                                                                                                                www.gesundheitliche-chancengleichheit.
sundheitliche Chancengleichheit für die                                                                         de/good-practice
                                                               n   Welche der Good Practice-Kriterien sind im
Teilnehmenden inhaltlich und methodisch
                                                                   Bereich der Suchtprävention besonders re-
erfahrbar zu machen und gemeinsam einen
                                                                   levant?
Zugang zu oder auch einen neuen Blick auf die
Kriterien guter Praxis zu bekommen. Praktike-
rinnen und Praktiker bekommen die Möglich-                     Good Practice-Kriterium
keit, ihre eigenen Erfahrungen einzubringen                    „Konzeption“
und darüber zu diskutieren, was „gute Praxis“                  Die Konzeptentwicklung des Projekts wurde
im Rahmen ihrer Arbeit ausmacht.                               mit Hilfe der Good Practice-Kriterien „Konzep-
Mit dem Good Practice-Bilderrätsel1 wurde                      tion“ und „Partizipation“ umgesetzt. Dem-
ein kreativer Einstieg gewählt, um den Teil-                   nach werden bei der Konzeption der Maßnah-
nehmenden die Good Practice-Kriterien als                      me u. a. überprüfbare Ziele festgelegt.
Qualitätskonzept näher zu bringen. Ziel ist                    Für die Kampagne wurden folgende Ziele ge-
es zu reflektieren, welche Ideen und Assozi-                   setzt:
ationen die Teilnehmenden mit den 12 Good
Practice-Kriterien verbinden.                                  n   Prävention von riskantem sowie abhängi-
                                                                   gem Alkohol-, Cannabis- und Partydrogen-
Veranschaulicht wurden die Kriterien durch                         konsum
das Good Practice-Beispiel der Berliner Lan-
desinitiative zur Alkohol- und Drogenpräven-                   n   Stärkung des Settingansatzes mit Schwer-
tion „Na klar – unabhängig bleiben!“, vor-                         punkt „Freizeitverhalten von Kindern, Ju-
gestellt von Christina Schadt, Fachstelle für                      gendlichen, jungen Erwachsenen im Hin-
Suchtprävention Berlin gGmbH. Dabei wurden                         blick auf Suchtmittelkonsum und riskante
folgende Fragen behandelt:                                         Verhaltensweisen“

                                                               n   Förderung von Risikokompetenz
1 Jede Kleingruppe erhält einen Satz aus 12 Bildern und
12 Icons der Good Practice-Kriterien. Es steht für jede        n   Förderung eines allgemeinen Gesundheits-
Arbeitsgruppe eine vorbereitete Pinnwand bereit, auf der das
                                                                   bewusstseins
Ergebnis festgehalten werden soll: Auf der Pinnwand sind
die Icons der 12 Kriterien angeordnet, darunter oder darum
herum sind 12 Bilder angepinnt. Die Teilnehmenden ordnen       n   Wissensvermittlung und Aufklärung
jedes der 12 Bilder einem der 12 Kriterien zu.

                                                                                                                                                  11
n   Vernetzung – über klassische Netzwerke hi-   Einzelhandels, des Ordnungsamts, den Ver-
         naus                                         waltungen sowie Akteurinnen und Akteure
                                                      aus der Politik.
     n   Unterstützung von Multiplikatorinnen und
         Multiplikatoren
                                                      Good Practice-Kriterium
     n   Verknüpfung mit dem nationalen Gesund-       „Qualitätsmanagement“
         heitsziel „Alkoholkonsum reduzieren“
                                                      Qualitätsmanagement zielt darauf ab, Maß-
     Positiv hervorgehoben wurde dabei das res-       nahmen bedarfs- und fachgerecht sowie par-
     sortübergreifende Engagement für die Kam-        tizipativ und zielgruppengerecht zu planen, zu
     pagne sowie die gemeinsame Konzepter-            gestalten und umzusetzen, sie kontinuierlich
     arbeitung mit einer Planungsgruppe unter         weiterzuentwickeln und somit immer besser
     Mitarbeit von zwei Senatsverwaltungen, aller     am Bedarf auszurichten. Folgende Maßnah-
     Berliner Kommunalverwaltungen und der            men wurden hierfür umgesetzt:
     Fachstelle für Suchtprävention.
                                                      n   Operationalisierung durch regelmäßig ta-
                                                          gende Planungsgruppe,
     Good Practice-Kriterium
     „Zielgruppenbezug“                               n   Vera nstaltungen und Projekte auf ge-
                                                          samtstädtischer Ebene,
     In der Phase der Konzeption werden die
     Zielgruppen präzise bestimmt und deren           n   Veranstaltungen und Projekte in den Berli-
     Problemlagen genau beschrieben. Folgende             ner Bezirken,
     Zielgruppen werden für das Projekt „Na klar
                                                      n   Öffentlichkeitswirksame Kommunikation,
     – unabhängig bleiben!“ benannt: Erwachsene,
                                                          Presse- und Medienarbeit,
     insbesondere Eltern; Jugendliche sowie Mul-
     tiplikatorinnen und Multiplikatoren – z. B.      n   Erstellung und Betrieb einer Kampagnen-
     pädagogische Fachkräfte, Beschäftigte des            Website,

12
Fachforen

n   Interaktive Tools,                           n   Settingansatz: Wie kann das Angebot in den
                                                     Strukturen der Lebenswelt verankert wer-
n   Qualitätssicherung und -entwicklung, Eva-
                                                     den?
    luation der Maßnahmen.

Für die Wirkungsorientierung wurde auf das
Good Practice-Kriterium „Kosten-Wirksam-
keits-Verhältnis“ Bezug genommen. In diesem
Zusammenhang standen das gemeinsame                  Diskussionsergebnisse
Handeln und ressortübergreifende Arbeiten
                                                     n   Die Good Practice-Kriterien bieten über
zwischen Senat und Bezirken im Vordergrund.
                                                         die Handlungsfelder der Gesundheits-
Für die Umsetzung des Good Practice-Kriteri-             förderung hinaus einen gemeinsamen
ums „Dokumentation/Evaluation“ wurden In-                Rahmen für „gute Arbeit“.
strumente wie Kundenbefragung, Feedbacks,
                                                     n   Die Kriterien müssen durch Beispiele
Jahresauswertungen wie auch Rückmeldun-
                                                         mit Leben gefüllt werden. Die Umset-
gen von Entscheidungsträgern genutzt.
                                                         zung in den jeweiligen Handlungsfel-
Anhand eines Projektbeispiels zur Canna-                 dern erfordert eine gründlich reflek-
bisprävention reflektieren die Teilnehmenden             tierte „Übersetzung“ der Kriterien.
der Werkstatt, wie ausgewählte Good Practi-
                                                     n   Es bestehen vielfältige Wechselwirkun-
ce-Kriterien angewendet werden können.
                                                         gen und -beziehungen zwischen den
Die ausgewählten Kriterien waren:                        Good Practice-Kriterien: Sie sind als ein
                                                         System zu verstehen.
n   Multiplikatorenkonzept: Welche Multipli-
    katorinnen und Multiplikatoren sollten wie       n   Die Good Practice-Kriterien können
    eingebunden werden?                                  dabei unterstützen, den Fortschritt der
                                                         eigenen Qualitätsentwicklung festzu-
n   Empowerment: Wozu und wie sollten die
                                                         stellen.
    Zielgruppen befähigt werden?

                                                                                                            13
Gesundheit wirkungsorientierter fördern

                                        Impulse:

                                        Anne Jeglinski, Leiterin der Geschäftsstelle Bezirke, Paritätischer
                                        Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin

                                        Charlotte Buttkus, Projektleiterin Pilot Wirkungsorientierung, PHINEO gAG

                                        Moderation: Dagmar Lettner, Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.

                                        „Die Wirkungsorientierung stellt ein Kernelement im Selbstverständnis der Freien Wohlfahrts-
                                        pflege dar“, so die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) in einer
                                        Standortbestimmung vom 25.9.2015. In der Praxis stellt jedoch das Managen und Bewerten von
                                        Wirkungen die Akteurinnen und Akteure der freien Wohlfahrtspflege vor Herausforderungen.
                                        Was heißt Wirkungsorientierung ganz konkret? Wie kann sie in der Praxis umgesetzt werden?
                                        Und was bedeutet das für die Gesundheitsförderung? Diese Fragen wurden in der Werkstatt
                                        beleuchtet und gemeinsam diskutiert.

                                        Modellprojekt                                   ner Landesverbands. Die Bewertung des Qua-
                                        „Wirkungsorientierung“                          litätsmanagements richtet sich jedoch insge-
                                                                                        samt stark auf quantitative Aspekte aus. Um
                                        Anne Jeglinski berichtete über die Koopera-
                                                                                        hier den Blick auch auf die Qualität der Arbeit
                                        tion des Paritätischen Wohlfahrtsverbands,
Nähere Informationen zu Phineo unter:
                                                                                        zu richten, wuchs das Interesse daran, auch
                                        Landesverband Berlin, mit dem gemeinnüt-
                     www.phineo.org                                                     die Wirkung einzelner Angebote und Maß-
                                        zigen Analyse- und Beratungshaus PHINEO.
                                                                                        nahmen zu betrachten und dieses Feld für die
                                        Bereits Anfang der 1980er Jahre kamen kon-      Mitgliedsorganisationen zu erschließen.
                                        troverse Debatten hinsichtlich der Qualitäts-
                                                                                        Dafür wurde Kontakt zu PHINEO aufgenom-
                                        entwicklung und -sicherung innerhalb sozia-
                                                                                        men, einem Analyse- und Beratungshaus,
                                        ler Organisationen auf. Auf Grund steigender
                                                                                        das sich stark auf den Bereich Wirkung fo-
                                        Kosten für Sozialhilfeausgaben wurde über
                                                                                        kussiert. 2014 schlossen beide Institutionen
                                        mögliche Optimierungen nachgedacht. Für
                                                                                        den Kooperationsvertrag zum Pilotprojekt
                                        den Paritätischen Wohlfahrtsverband stellte
                                                                                        „Wirkungsorientierung“, an dem sich 17 Mit-
                                        die Basis für Qualitätsentwicklung das Kon-
                                                                                        gliedsorganisationen beteiligen. Ziel des Pi-
                                        zept der ISO 9000 dar: ein komplexes Gebilde,
                                                                                        lotprojekts ist es, Chancen und Grenzen von
                                        das eigentlich auf Wirtschaftsunternehmen
                                                                                        Wirkungsorientierung in der Praxis der sozia-
                                        ausgelegt ist. Somit ließ es sich nicht pro-
                                                                                        len Arbeit zu erproben. Dabei setzt Wirkungs-
                                        blemlos auf soziale Organisationen übertra-
                                                                                        orientierung als Weiterentwicklung des bishe-
                                        gen. Ende der 1990er Jahre entwickelte der
                                                                                        rigen Qualitätsmanagements auf diesem auf.
                                        Paritätische Wohlfahrtsverband daher ein ei-
                                        genes System der Qualitätsentwicklung und
                                        -sicherung, um Selbstevaluation und Fortbil-    Wirkungsorientierung nach Phineo
                                        dungen innerhalb kleinerer Organisationen       Charlotte Buttkus ging in ihrem Impuls auf
                                        zu realisieren und die Mitgliedsorganisatio-    die Wirkungsorientierung ein. Gemeinnützige
                                        nen bei der Implementation zu unterstützen.     soziale Organisationen setzen das Ziel, Wir-
                                        Neben Fortbildungen usw. entwickelten sich      kungen gegenüber bestimmten Zielgruppen
                                        Qualitätsgemeinschaften innerhalb des Berli-    bzw. der gesamten Gesellschaft zu erreichen.

14
Fachforen

Grafik 1

Quelle: PHINEO gAG 2016

Die Wirkung der gesundheitsförderlichen und       genen Maßnahmen und der Qualitätssiche-
präventiven Interventionen spielt in der tägli-   rung.
chen Arbeit eine tragende Rolle, jedoch ist die
                                                  Wirkungen sind Veränderungen, die Orga-
Transparenz darüber noch nicht ausreichend
                                                  nisationen mit ihren Aktivitäten bei ihren
in den Organisationen verankert. Es fehlt an
                                                  Zielgruppen, deren Lebensumfeld oder der
einem einheitlichen Verständnis von Wirkung.
                                                  Gesellschaft erreichen. Wirkungsorientierung
Wirkung kann als Veränderung in Folge einer
                                                  bedeutet, dass ein Projekt oder Angebot dar-
durchgeführten Intervention betrachtet wer-
                                                  auf ausgelegt ist, Wirkungen zu erzielen und
den. Dabei wird zwischen Output, Outcome
                                                  es entsprechend geplant und umgesetzt wird.
und Impact unterschieden (vgl. Grafik 1).
                                                  Dazu gehört es, die eigenen Ziele im Blick zu
Mit Hilfe der unten stehenden Wirkungslogik       behalten. Die Wirkungsziele beschreiben die
können Zusammenhänge verständlich darge-          gewünschte Veränderung bei den Zielgrup-
stellt werden. Die Wirkungstreppe, ein Instru-    pen und gelten als Grundlage für Steuerung
ment zur Differenzierung von Wirkungszielen,      und Analyse. Während der Zielformulierung
hilft Organisationen bei der Reflexion der ei-    wird ein gemeinsames Verständnis und Ori-

Grafik 2

Quelle: PHINEO gAG 2016

                                                                                                         15
entierung für die Projektarbeit geschaffen.        Nach beiden Impulsreferaten schloss sich eine
     ‘Wirkungsorientiert‘ heißt, Projekte von ih-       lebhafte, durchaus kontroverse Diskussion zu
     rem Ende her zu denken: Was soll das Projekt       Möglichkeiten und Grenzen von Wirkungsori-
     bewirken? Wen soll es erreichen? Und welche        entierung und zur Einordnung des Pilotpro-
     Veränderungen soll es bei der Zielgruppe aus-      jekts für den Paritätischen Wohlfahrtsver-
     lösen? Die Ziele sollten dabei verständlich for-   band und seine Mitgliedsorganisationen an.
     muliert, mess- bzw. überprüfbar, realistisch
     erreichbar und zeitlich terminiert sein.

       Diskussionsergebnisse
       1. Erläuterungen zum Ansatz des Pilotprojekts
       n   Qualitätsmanagement und Wirkungsorientierung sind Elemente einer Professionalisie-
           rung, die auch in die soziale Arbeit und Gesundheitsförderung Eingang gefunden haben.
       n   Die Wirkungsanalyse kann als sinnvolle Methode zur Professionalisierung der Arbeit im
           sozialen Bereich beitragen.
       n   Das PHINEO-Modell gibt keine Ziele vor, sondern ist eine Art, wie man darüber nachden-
           ken und dann auch steuern kann.
       n   Das Projekt „Wirkungsorientierung“ soll dazu beitragen, den oft diffus gestellten An-
           forderungen an Wirkungsorientierung proaktiv begegnen zu können. Dafür wird unter
           anderem eine Fortbildung zum Wirkungsmanagement pilotiert.
       n   Nicht nur erwünschte Veränderungen in der direkten Arbeit mit Zielgruppen können mit
           der Wirkungstreppe abgebildet werden, auch die Änderung von Politik ist eine Interven-
           tion mit Wirkungslogik.
       2. Offene Fragen
       n   Wer legt fest, welche Wirkungen angestrebt werden sollen und wie diese überprüft wer-
           den? Was geschieht, wenn die angestrebten Wirkungen nicht erreicht werden? Wird im
           Rahmen einer wirkungsorientierten Arbeit die Komplexität von Setting-Interventionen auf
           wenige messbare Indikatoren reduziert bzw. normiert?
       3. Anforderungen für die Einführung von Wirkungsorientierung
       n   Wirkungsorientierung einzuführen, erfordert zusätzliche Ressourcen, um bisherige Pro-
           zesse und Strukturen zu reflektieren und Mitarbeitende fortzubilden.
       n   Der Begriff des Wirkungsmanagements ist ganz zentral. Es muss jeweils der Zusammen-
           hang zum Qualitätsbegriff im jeweiligen Handlungsfeld hergestellt werden.

16
Fachforen

Möglichkeiten und Anforderungen des
GKV-Leitfadens
Impulse:

Ulrike Beyer, IKK Brandenburg und Berlin

Dr. Christa Preissing, Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung (BeKi)

Martina Breitmann, Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH

Moderation: Marisa Elle, Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V.

Der Leitfaden Prävention der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist in der Primärpräventi-
on das zentrale Instrument zur Förderung von Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen. Doch
welche Anforderungen stellt der GKV-Leitfaden an Qualität? Wie sehen einerseits die Möglichkei-
ten und andererseits die Beschränkungen der GKV-Leitfaden-Finanzierung aus? Ziel des Fach-
austausches war es, Transparenz über Verfahrensprozesse, Handlungsfelder und Kriterien für
Akteurinnen und Akteure zu schaffen. Hierbei wurde insbesondere das Setting Kita betrachtet.

                                                                                                  Nähere Informationen zum GKV-
                                                                                                  Leitfaden Prävention unter:
GKV-Leitfaden Prävention                         berücksichtigt werden. Um Nachhaltigkeit         www.gkv-spitzenverband.de

Ulrike Beyer stellte den GKV-Leitfaden Prä-      zu erreichen und Fehlentwicklungen vor-
vention in seinen Grundzügen vor. Dieser         zubeugen, ist es allerdings entscheidend,
erfährt eine dynamische Weiterentwicklung        Einrichtungen bedarfsgerecht zu versorgen.
und wird 2017 dem Präventionsgesetz ange-        Spezifische Kontextfaktoren wie Lebens- und
passt. Hierbei gilt Partizipation als Maßstab    Arbeitsbedingungen sowie persönliche Prä-
für Qualität und die Zielgruppe als Experte      ferenzen spielen dabei eine wichtige Rolle.
für ihr Zurechtkommen in wichtigen Alltags-      Bereits vorhandene gesundheitsförderliche
und Berufssituationen. Dies ist nicht gleich-    Angebote können von Krankenkassen mittels
bedeutend mit einer ausschließlichen Fokus-      Fortbildung und Beratung gefördert und be-
sierung auf den Standpunkt der Zielgruppe.       gleitet werden. Auf Grund der Vielzahl an Be-
Das Urteil der Professionellen muss weiterhin    darfen und Präventionsansätzen ist eine „eins

                                                                                                                                  17
zu eins“-Unterstützung aller Einrichtungen         des Leitfadens wird diese pädagogische Kon-
     nicht möglich. Fachveranstaltungen und -di-        zeption im Setting verankert. Nicht nur die
     aloge ermöglichen hingegen die Vernetzung          Beobachtung der Entwicklungsprozesse der
     und den fachlichen Austausch über die eigene       Kinder, die Stärkung von Partizipation und
     Kita hinaus. Auch der direkte Austausch vor        Kooperationen mit allen Beteiligten wirken
     Ort ist wichtig zwischen Eltern, Kindern, Mit-     sich auf die Qualitätssicherung aus, sondern
     arbeitenden, Kita-Leitung, Kita-Träger sowie       auch die kreative Alltags- und Raumgestal-
     Kinder- und Jugendgesundheitsdienst. Einer-        tung. Grundlage dessen sollte eine sensible
     seits bietet der Leitfaden dafür gute Qualitäts-   Auseinandersetzung mit dem individuellen
     standards. Andererseits ist Prävention eine        Gesundheitsbewusstsein sein. Dies ist bei
     gesamtgesellschaftliche Aufgabe und geht           Eltern, Kindern und Erziehenden vorhanden,
     über den Leitfaden und die Fördermittel der        jedoch durch sozio-kulturelle Diversitäten un-
     Krankenkassen hinaus. Bildungs-, Arbeits-,         terschiedlich ausgeprägt.
     Wohnraum- und Städtebaupolitik beeinflus-
                                                        Um die Qualität in der Kita zu sichern, hat
     sen die Verhältnisse vor Ort erheblich.
                                                        Berlin als bisher einziges Bundesland eine
                                                        Strategie entwickelt, welche sich der Quali-
     Qualitätsentwicklung in Berliner                   tätsentwicklung und -sicherung widmet. In
     Kitas                                              dieser vom Senat für Bildung, Jugend und
     Dr. Christa Preissing begrüßt den GKV-Leit-        Wissenschaft und den Trägerorganisationen
     faden. Die enge Kooperation von Bildungs-          formulierten Qualitätsentwicklungsvereinba-
     einrichtungen und dem Gesundheitssektor            rung, verpflichten sich öffentlich finanzierte
     wurden von ihr besonders hervorgehoben.            Träger, gesundheitsförderliche und präven-
     Pädagogisch-methodische Aufgaben der Er-           tive Maßnahmen im Leitbild und im pädago-
     zieherinnen und Erzieher, welche im Berli-         gischen Konzept der Kitas zu verankern. Das
     ner Bildungsprogram (BBP) formuliert sind,         BeKI prüft, ob Qualitätskriterien des Berliner
     gelten als Grundlage für eine kontinuierliche      Bildungsprogramms bei der externen Evalua-
     Qualitätsentwicklung in den Kitas. Mit Hilfe       tion beachtet werden. Anfang 2017 wird das

18
Fachforen

BeKI einen zusammenfassenden Bericht über         Rahmen der gesundheitsförderlichen Maß-
die externe Evaluation publizieren. Hierbei ist   nahmen, damit die Sicherung von Qualität
eine positive Entwicklung im Bereich der Ge-      gewährleistet werden kann. Den Eltern sollte
sundheit und des seelischen Wohlbefindens         mehr Beteiligung und leichterer Zugang er-
zu verzeichnen.                                   möglicht werden, da sie als Expertinnen und
                                                  Experten für ihre Kinder verstanden werden.
Praxis in der Kita Knirpsenbude
Martina Breitmann berichtete praxisnah
über Qualitätsentwicklung und -sicherung
gesundheitsförderlicher Maßnahmen. Seit             Diskussionsergebnisse
2012 nimmt ihre Kita am „Landesprogramm             n   Der Impuls für Gesundheitsförderung
Kitas bewegen – für die gute gesunde Kita“              muss aus der Kita selbst kommen.
teil. Das Konzept YoBEKA ist eine Kombinati-
on aus Yoga, Bewegung, Entspannung, Kon-            n   Eine Bedarfsanalyse ist Basis für die
zentration und Achtsamkeit. Die Kita Knirp-             Schwerpunktsetzung. Die GKV kann
senbude entschied sich für dieses Konzept,              bei Hinweisen auf bestehende Förder-
da die Eltern mit der pädagogischen Arbeit              strukturen und/oder Mittelgebende
unzufrieden waren und die Mitarbeitenden                unterstützen.
sich Möglichkeiten zur Entspannung und zum          n   Die Moderation/Begleitung von Quali-
Ausgleich wünschten. Dies wurde mit Hilfe ei-           tätsentwicklungsprozessen von außen
ner Bedarfserhebung deutlich. Um Konzepte               ist hilfreich.
der Prävention und Gesundheitsförderung
ganzheitlich zu realisieren, ist eine klare         n   Die (Unterstützungs-)Angebote der
Positionierung des Kita-Trägers notwendig.              GKV sind im Setting Kita wenig be-
Damit Kita und Träger gut über vorhandene               kannt.
Angebote und Leistungen der GKV informiert          n   Im Setting Kita werden interdisziplinä-
sind, ist ein reibungsloser Informationsfluss           re Fachberatungen und eine verbesser-
und Transparenz darüber unabdingbar. Hin-               te Personalausstattung benötigt.
zu kommt die Einbeziehung der Eltern im

                                                                                                         19
Qualitätsentwicklungsprozesse am Beispiel des
Systems Frühe Hilfen
                                          Impulse:

                                          Friederike Schulze, Landeskoordinierungs- und Servicestelle
                                          Bundesinitiative Netzwerk Frühe Hilfen Berlin

                                          Tobias Prey, Organisationseinheit Qualitätsentwicklung, Planung und
                                          Koordination, Bezirksamt Mitte zu Berlin

                                          Moderation: Jana Alfes, Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales

                                          Berichtet wird über den Aufbau eines einheitlich anwendbaren Instruments zur Wirksamkeits-
                                          betrachtung im Netzwerk Frühe Hilfen am Beispiel des Bezirks Berlin Mitte. Darüber hinaus
                                          stehen Strukturen und Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung im Rahmen der Bundesinitiative
                                          „Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen“ im Fokus.

           Nähere Informationen zur       Hier stellen sich Fragen wie: Was braucht es,     und den Einsatz von Familienhebammen und
   Bundesinitiative Frühe Hilfen unter:
 www.fruehehilfen.de/bundesinitiative-    um aufeinander abgestimmte Leistungen und         vergleichbaren Berufsgruppen aus dem Ge-
                         fruehe-hilfen    eine von multiprofessionellen Akteurinnen         sundheitsbereich sowie Ehrenamtsstrukturen
                                          und Akteuren getragene Unterstützungs-            und weitere Angebote im Bereich Frühe Hilfen.
                                          struktur qualitätssichernd weiterzuentwi-         Die niedrigschwelligen Angebote der Informa-
                                          ckeln? Welche Instrumente und Vorausset-          tion, Beratung und Unterstützung richten sich
                                          zungen sind nötig, um die Wirksamkeit so-         an werdende Eltern und Familien mit Kindern
                                          wohl einzelner Angebote als auch der gesam-       von 0-3 Jahren.
                                          ten Netzwerkarbeit nachzuweisen?
                                                                                            Bei der Qualitätsentwicklung und -sicherung
                                                                                            wird der Fokus auf die Qualifizierung der Ak-
                                          Bundesinitiative Frühe Hilfen
                                                                                            teurinnen und Akteure, die Evaluation von
                                          Friederike Schulze stellt die Umsetzung der       Angeboten und die Erprobung von Modell-
                                          Bundesinitiative Frühe Hilfen in Berlin vor.      projekten gelegt. Als Beispiel für Qualitäts-
                                          Diese fördert neben Aus- und Aufbau von           entwicklung auf Landesebene stellte Frau
                                          Netzwerken Früher Hilfen die Qualifizierung       Schulze die mit Hilfe von Fachreferentinnen

                                          Grafik 3
                                                                                QE/QS auf
                                                                         Landesebene (LKS, SenBJW)

                                                Steuerungs-                                                          Evaluation (Netzwerke,
                                                 gremium                                                              Familiengutscheine)

                                                    Qualifizierung                                              Initiierung interdiszipli-
                                                 der bezirklichen NWK                                             närer Qualitätszirkel

                                                        Multiprofessionelle                                 Leitfaden (NWK, Fam-
                                                       Fachveranstaltungen                                     Heb, Ehrenamt)
                                                                                    Regelmäßige
                                                                                  Austauschtreffen

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Fachforen

und -referenten durchgeführte Qualifizierung   Bedeutung der Evaluation von
der bezirklichen Netzwerkkoordination dar.     Angeboten
Die Qualitätsentwicklung in den Frühen Hil-
                                               Tobias Prey erläuterte, warum Evaluation hin-
fen generiert sich sowohl aus Top-down als
                                               sichtlich der Wirksamkeit der Angebote und
auch aus Bottom-up-Prozessen, d. h. Empfeh-
                                               Netzwerkarbeit der Frühen Hilfen notwendig
lungen aus Theorie und Wissenschaft werden
                                               ist. Die Interventionen bieten nicht nur wert-
ebenso berücksichtigt wie Erfahrungen aus
                                               volle präventive Hilfen und humanistische
der Praxis.
                                               Gewinne für Familien, sondern stellen eine
Der Ansatz der partizipativen Qualitätsent-    finanzielle Entlastung für den öffentlichen
wicklung empfiehlt eine gleichberechtigte      Haushalt dar. Wäre dies belegbar, würde sich
Zusammenarbeit zwischen Akteurinnen und        die mangelnde bedarfs- und sachgerechte
Akteuren, der Zielgruppe und der Planungs-     Finanzierung als Verstoß gegen die Landes-
und Steuerungsebene. Multiprofessionell        haushaltsordnung darstellen, so Tobias Prey.
erarbeitete Leitfäden unterstützen die Ak-     Das Netzwerk Frühe Hilfen in Mitte hat aus
teurinnen und Akteure auf bezirklicher Ebene   diesem Grund den Einstieg in eine gemeinsa-
bei der Umsetzung der professionellen und      me Evaluation beschlossen. Sowohl Politik auf
ehrenamtlichen Angebote. Multiprofessionel-    Landes- und Bezirksebene als auch potenziel-
le Fachveranstaltungen und interdisziplinäre   le Netzwerkpartnerinnen und -partner, Träger
Qualitätszirkel tragen dazu bei, Systemgren-   und Familien sollen Antworten zur Wirksam-
zen zu überwinden und ein gemeinsames          keit erhalten. Der Prozess der Evaluationsent-
Verständnis von Frühen Hilfen in Berlin zu     wicklung wird als netzwerkweite Entwicklung
entwickeln.                                    verstanden. Bereits seit über zweieinhalb

                                                                                                       21
Jahren beschäftigen sich die Akteurinnen und
     Akteure mit deren Entwicklung. Hierzu bedarf    Diskussionsergebnisse
     es einer Vertrauensbasis innerhalb des Netz-    n   Qualität in den Angeboten der Frühen
     werks, sowie Offenheit und Wertschätzung            Hilfen bedeutet passgenaue Angebote,
     gegenüber verschiedenen Handlungslogiken            qualifizierte Fachkräfte und funktio-
     der Partnerinnen und Partner. Auf Grund des         nierende Netzwerke.
     sehr komplexen Vorhabens einer Evaluation
     entschied sich die Arbeitsgruppe, externe Un-   n   Qualitätsentwicklung in einem Netz-
     terstützung in Anspruch zu nehmen. Tobias           werk braucht eine kritische und aktive
     Prey gibt zu bedenken, dass das Erhebungs-          Auseinandersetzung aller beteiligten
     instrument die Wirkung der Angebote und             Partnerinnen und Partner.
     des Netzwerks nicht im vollen Maße erfassen     n   Qualitätsentwicklung muss als berufli-
     kann. Diese können jedoch qualitativ einge-         ches Selbstverständnis verstanden und
     schätzt und beurteilt werden.                       gelebt werden.

                                                     n   Eine externe Unterstützung/Beglei-
                                                         tung bei der Qualitätsentwicklung ist
                                                         eine hilfreiche Ressource.

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Fachforen

Kooperation und Partizipation in der
Gesundheitsförderung für ältere Menschen am
Beispiel der Stadtteilzentren
Impulse:

Anna Zagidullin, stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle Bezirke des
Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Landesverband Berlin e. V.

Markus Runge, stellvertretender Geschäftsführer des
Nachbarschaftshauses Urbanstraße e. V.

Gerald Saathoff, Leiter der Villa Mittelhof e. V., Stadtteilzentrum in
Zehlendorf

Eva Bittner, Theater der Erfahrungen – Werkstatt der alten Talente,
Nachbarschaftsheim Schöneberg e. V.

Moderation: Anna Zagidullin

Die Zahl der älteren Menschen steigt. Daher richten sich immer mehr Angebote der Gesundheits-
förderung an diese Zielgruppe. Dabei besteht zum Teil noch Unklarheit darüber, wie genau die
Angebote für ältere Menschen qualitätsorientiert ausgestaltet werden können. Im Fachforum
wird beispielhaft anhand der Stadtteilzentren diskutiert, wie vorhandene Qualitätsmerkmale in
die Praxis umgesetzt werden. Wie können Kooperationen z. B. mit Nachbarschaftsinitiativen,
Pflegeeinrichtungen oder Sportvereinen zur Weiterentwicklung von gesundheitsfördernden An-
geboten für ältere Menschen beitragen? Und welchen Stellenwert hat in diesem Zusammenhang
die Beteiligung (Partizipation) der älteren Menschen im Sozialraum?

Infrastrukturförderprogramm                       Teilhabe älterer Menschen in
Stadtteilzentren                                  Kreuzberg
Anna Zagidullin stellte die Kooperationsverein-   Markus Runge berichtete vom Netzwerk „Für
barung zur Umsetzung des Infrastrukturför-        mehr Teilhabe älterer Menschen in Kreuz-
derprogramms Stadtteilzentren zwischen dem        berg“. Der inhaltliche Schwerpunkt zielt auf
Land Berlin und dem Paritätischen Wohlfahrts-     die Entwicklung und Ausgestaltung vielfäl-
verband als Arbeitsgrundlage der entsprechen-     tiger Zugänge zu älteren Menschen ab. Um
den Einrichtungen vor. Ziele in diesem Rahmen     Kooperations- und Vernetzungsstrukturen
sind die Stärkung des bürgerschaftlichen Enga-    qualitätsorientiert aufzubauen, ist eine Kon-
gements und der Teilhabe, die Schaffung von       tinuität in der Koordination des Netzwerks
Zugängen und die Vernetzung in der Stadt.         nötig. Wichtig ist zudem, das Wir-Gefühl als
Auch gesundheitsförderliche Aktivitäten kön-      Netzwerk zu stärken (z. B. durch gemeinsame
nen umgesetzt werden. Angesichts der knap-        Aktionen), Wertschätzung in der Einbindung
pen Ressourcen der Stadtteilzentren, gerade       von Mitgliedern zu zeigen sowie konkrete Ak-
auch für koordinierende Aufgaben, können          tivitäten als machbare Meilensteine zu for-
gesundheitsförderliche Angebote für ältere        mulieren und deren Erreichen zu sichern. Für
Menschen derzeit jedoch nur in begrenztem         den nachhaltigen Erhalt des Netzwerks hat es
Umfang realisiert werden.                         sich als wichtig herausgestellt, auch nach in-

                                                                                                          23
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