BerlinWerkstatt Wirtschaft - Reader 26. Juni 2010 GLS Campus Kastanienallee 82
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BerlinWerkstatt Wirtschaft Bündnis 90/ Die Grünen Berlin 26. Juni 2010 GLS Campus Kastanienallee 82 Reader
BerlinWerkstatt Wirtschaft 26. Juni 2010 Liebe Bündnisgrüne, ich freue mich, Euch bei der BerlinWerkstatt Wirtschaft begrüßen zu können. Heute geht es um bündnisgrüne Wirtschaftspolitik, um Strategien und Konzepte für die nächste Legislaturperiode. Hier wird viel von uns erwartet. Werden wir dem gerecht! Um eine breite und tiefe Diskussion in den verschiedenen Themengruppen zu ermöglichen, wurden viele verschiedene Diskussionsanstöße im Vorfeld zu Papier gebracht, welche in diesem Reader festgehalten sind. Für die umfangreiche Vorarbeit danke ich namens der Landespartei insbesondere der Landesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft wie auch den EinsenderInnen der Arbeits- und Diskussionspapiere. Ich wünsche uns spannende und ertragreiche Debatten! Stefan Gelbhaar Landesvorsitzender
Infobrief BerlinWerkstatt Wirtschaft 02/10 Informationen und Nachrichten rund um die BerlinWerkstatt Wirtschaft (BWW) - Stand 21. Juni 2010 Steuerungsgruppe Themengruppen, Papiere und Ablauf Lisa Paus, Elke Redemann- Paul, Wolfgang Remmers, Am 14.06 traf sich die Steuerungsgruppe der Werkstatt Volker Ratzmann, Felix Groba, Wirtschaft mit folgenden Ergebnissen: Marc Urbatsch, Stefan Gelbhaar (Koordinator) Zu den Themengruppen (TG) BerlinWerkstatt Wirtschaft TG 1 - Anders Wirtschaften - ein Green New Deal für Berlin 26. Juni 2010, 10-17 Uhr KoordinatorIn: Wolfgang Remmers GLS CAMPUS Berlin > Beschreibung Kastanienallee 82 10435 Berlin TG 2 - Unternehmensförderung & Gewerbeflächen / U 8 Rosenthaler Platz Stadtentwicklung U 2 Senefelderplatz KoordinatorIn: Marc Urbatsch M 1 Schwedter Str. > Beschreibung TG 3 - Neue Arbeit Kontakt: werkstatt- KoordinatorIn: Ajibola Olalowo wirtschaft@gruene-berlin.de > Beschreibung TG 4 - Landesunternehmen und Beteiligungen Vorbereitungstermin: KoordinatorIn: Anne Köhler Sitzung der LAG-Wirtschaft, > Beschreibung 24. Juni von 19-21 Uhr TG 5 - Weltoffenheit Ort: Bundesgeschäftsstelle KoordinatorIn: Dzifa Ametowobla Bündnis 90/Die Grünen, > Beschreibung Platz vor dem Neuen Tor 1 TG 6 - Kreativwirtschaft Papiere zum Thema nach KoordinatorIn: Alexander Koch Themengruppen: > Beschreibung Themengruppe 1 TG 7 - Gesundheitswirtschaft Volker Ratzmann KoordinatorIn: Rolf Bach "Green New Deal für Berlin" > Beschreibung Themengruppe 2 Zum Ablauf Franziska Eichstädt-Bohlig 10:00 - 10:10 Begrüßung, Einordnung der Werkstatt in "Berliner Flächenangebot für Debatten- und Programmprozess 2010 Produzierendes Gewerbe" 10:10 - 10:45 Uhr Impulsvortrag Themengruppe 4 10:45 - 11:00 Uhr Kurzvorstellung der Themengruppen Heidi Kosche "Landesunternehmen und 11:00 - 12:30 Uhr Arbeit in den Themengruppen (Block I) Beteiligungen für die 12:30 - 13:30 Uhr Mittagspause und Austausch öffentliche Daseinsvorsorge" 13:30 - 15:00 Uhr Arbeit in den Themengruppen (Block II) Jochen Esser "Privat oder staatlich - was 15:00 - 15:30 Uhr Kaffeepause, Vorbereitung auf die schreckt mehr?" Abschlussrunde Micheal Schäfer 15:30 - 16:30 Uhr Moderierte Abschlussrunde "Klima-Stadtwerk Berlin Energie" Stefan Gelbhaar, Landesvorsitzender Impressum: Bündnis 90/Die Grünen Berlin, Kommandantenstraße 80, 10117 Berlin info@gruene-berlin.de -Tel. (030) 615005-0 / 615005 62 Mobil: 0177-838 64 96 © Frank Dittrich
Terminübersicht zum Werkstatt- und Debattenprozess Stand 08. Juni 2010 26./27.02.10 MigrantInnenkongress 13.03.10 Mietenkongress 08.05.10 Werkstatt Soziales 05.06.10 LDK Soziales 11./12. 06.10 Bezirkekongress Bürgerbeteiligung 26.06.10 Werkstatt Wirtschaft 03.07.10 Werkstatt Jugend / Schule Sommerpause 18.09.10 Klima-Ökologiekonferenz Berlin September/ Oktober Werkstatt Mobilität September/ Oktober Werkstatt Haushalt/Finanzen September/ Oktober Werkstatt Umwelt September/ November Werkstatt Offenheit & Toleranz 06.11.10 LDK Impressum: Bündnis 90/Die Grünen Berlin, Kommandantenstraße 80, 10117 Berlin info@gruene-berlin.de -Tel. (030) 615005-0 / 615005 62 Mobil: 0177-838 64 96 ©FD
Themengruppe Anders Wirtschaften Green New Deal für Berlin Einführung Wolfgang Remmers Green New Deal für Berlin Volker Ratzmann
Anders Wirtschaften Suche nach einem Green New Deal für Berlin Der Bericht des Club of Rom von 1972 sollte die Welt aufrütteln. Doch unsere Art zu Wirtschaften schädigt noch immer das Klima und konnte nicht verhindern dass weltweit über 1 Mrd. Menschen von chronischem Hunger betroffen sind. Gleichzeitig durchleben wir die schwerste Finanzkrise seit den 1930er Jahren, ausgelöst und beschleunigt durch eine jahrzehntelange Liberalisierungs- und Deregulierungspolitik. Für Berlin kommt erschwerend hinzu, dass die ökonomische Konsolidierung der Stadt noch in vollem Gange ist. Bedingt durch die jüngere Geschichte ist die Berliner Wirtschaft durch geringe Industrialisierung geprägt. Durch die Globalisierung wurde der notwendige Strukturwandel von der klassischen exportorientierten Industriegesellschaft zu einer wissensbasierten Ökonomie und den damit verbundenen strukturellen und regionalen Verwerfungen beschleunigt. Die Aufgaben, vor denen Berlin steht, spiegeln sich in den aktuellen Negativzahlen wider. • Ca. 20% der Berliner Bevölkerung beziehen staatliche Transferzahlungen. • 14,2% der Berliner Bevölkerung unter 18 Jahren sind arbeitslos. • 13,2% der Berliner Bevölkerung gelten als arm. Die Modellregion Berlin entwickeln Wie die Märkte und deren Potentiale global geworden sind, sind auch die sozialen und ökologischen Verhältnisse global geworden. Dieser Herausforderung müssen wir uns bei unseren Bemühungen, wirtschaftliche Potentiale in Berlin zu heben, stellen. Wirtschaftliche Entwicklung gepaart mit nachhaltiger Innovation darf heute nicht mehr auf Kosten anderer Regionen der Welt durchgesetzt werden. Auch wenn der Pfad des ökologischen Umbaus die Parameter Wachstum, Ressourceneinsparung und Klimaschutz für die nächsten 10 bis 20 Jahre miteinander versöhnen mag, müssen weiterreichende Konzepte entwickelt und mit deren Implementierung begonnen werden. Aktuell nehmen wir staunend zur Kenntnis, wie begrenzt die Möglichkeiten der Ökonomen sind, diese Gesamtkonstellation zu analysieren und daraus eine konstruktive, handlungsorientierte Zukunftsstrategie zu formulieren. Versuchen wir das Feld des Handelns für die Politik zurückzuerobern. Auf folgende beispielhafte Fragen hoffen wir Antworten zu finden: • WAS WOLLEN WIR? • Welche Art von Wachstum braucht Berlin für eine nachhaltige und »glückliche« Stadtgesellschaft? • Wie wird wieder der Mensch Maß- und Mittelpunkt wirtschaftlicher Entscheidung? • Was wollen wir wie und wo produzieren? • Wie verhindern wir das die Nutzung von Natur auch langfristig kein Luxusgut wird? • Wie sehen moderne und wirklich nachhaltige Lebensstile in der Metropole aus? • WIE BEKOMMEN WIR DAS, WAS WIR WOLLEN? • Wie kann der Senat eine neue nachhaltige Unternehmenskultur befördern? • Welchen Beitrag müssen Landesunternehmen zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen? • Wie können sich Produktivitätsgewinne der Landesunternehmen positiv auf die Beschäftigten auswirken? • Welche Fördermaßnahmen oder Infrastrukturen braucht das Land um Innovationen zu fördern, die den Ressourcenschutz an oberste Stelle rücken? • Wie können wirtschaftspolitische Entscheidungen mit sozialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden? • Wie kann die Stadt mit dem demographischen Wandel umgehen? • Welche Bündnispartner brauchen wir?
Green New Deal für Berlin Berlins Attraktivität ist unbestritten und sie lässt sich auch in Zahlen fassen. Das belegen die gegen alle anderen Trends steigenden Touristenzahlen. Nur als Wirtschaftsstandort wird die Stadt sowohl national als auch international kaum wahrgenommen – zumindest skeptisch beäugt. Die Konsequenzen sind bekannt: Spitzenplätze bei den Arbeitslosenzahlen und Transferleistungen und Schlusslicht bei den Einkommenszahlen im Bundesvergleich. Hinzu kommt die katastophale Haushaltslage, deren Konsolidierung die Verbesserung der Einnahmesituation des Landes aus Steuern unabdingbar macht. Hätten wir die Wirtschaftskraft Hamburgs, könnten wir etwa 2 Milliarden € mehr für Schulen, energetische Gebäudesanierung und die Bezahlung im öffentlchen Dienst. Berlin muss aus eigener Kraft stark werden. Die Stadt braucht einen Green New Deal. Nur so können wirtschaftliche Innovationen, klimapolitische Ziele und soziale Teilhabe verbunden werden. Bündnis 90/Die Grünen setzen deshalb auf die gezielte Förderung zukunftsträchtiger Industrien. Wir wollen Berlin zur City of Green Industries machen. In der Lösung der Klimakrise liegt auch die Lösung der Wirtschaftkrise – Berlins Wirtschaftsstrukturen müssen auf die sich entwickelnden neuen Märkte ausgerichtet werden, die die ökologischen Probleme angehen. Es wird immer deutlicher, dass die Zukunft unserer Wirtschaft in grüner Industriepolitik liegt, in den Umwelt- und Energietechnologien und im Bereich der neuen Mobilität. Gerade in diesen Bereichen muss Berlin Vorreiter werden – als City of Green Industries. Wirtschaftsforscher und Unternehmensberater sind sich einig, dass Wachstums- und vor allem Beschäftigungschancen in der Umweltbranche besonders hoch sind. Sie werden die klassischen Industriebranchen nicht nur einholen, sondern übertrumpfen. Derzeit liegt der Anteil des Umweltbereichs an der Gesamtwirtschaft weltweit bei ca. vier Prozent, 2030 soll dieser Anteil schon 16 Prozent betragen. Berlin muss einen Teil dieses „Kuchens“ erobern. Die Voraussetzungen sind gut: 2008 waren bereits über 40.000 Berliner und Berlinerinnen in den Unternehmen der Umwelttechnologie beschäftigt. In den Schwerpunktbereichen Biotechnologie, Abfallwirtschaft und Recycling, regenerative Energien wird ein Gesamtumsatz von 2,5 Milliarden Euro erwirtschaftet – das sind ca. 8 Prozent des deutschen Umsatzes. Die Hochschul- und Forschungsstruktur in Berlin festigen das gute Fundament Berlins: über 500 Wissenschaftlern in 25 wissenschaftliche Einrichtungen der öffentlichen Forschung, die sich allein mit dem Spektrum energiebezogener Fragestellungen befassen. Green Industry - Green Economy ist zudem die notwendige Basis für einen umfassenden Wandel der Industriegesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum. Deshalb wollen wir nicht nur die Unternehmen in den Blick nehmen, die neue - klimafreundliche bzw. –neutrale Technologien und Produkte entwickeln, sondern auch die Unternehmen, die diese anwenden und einsetzen und damit ebenso zur Verbesserung der Ressourceneffizienz beitragen. Berlin kann eine Vorreiterrolle bei den Umwelttechnologien aber nur dann einnehmen, wenn die Politik die Weichen jetzt neu stellt und die Unternehmen ihre Chancen ergreifen. Daher brauchen wir zunächst ein grünes Industriekonzept. Dieses Konzept baut auf zwei Säulen: auf der einen Seite geht es um die Ansiedlung neuer Industrieunternehmen in Berlin, auf der anderen Seite stehen neue Projekte für die Unterstützung der Bestandsunternehmen. Die Chance, neue Industrieunternehmen in Berlin anzusiedeln sehen wir in erster Linie im Bereich der Elektromobilität. Die Automobilindustrie befindet sich in einem Transformationsprozess. Neue ´Fahrzeuge erfordern neue Komponeten und damit neue Zulieferindustrien.Wir müssen die Stakeholder aus Wirtschaft, Wissenschaft, NGOs und Politik jetzt bündeln und gemeinsam beim Bund für „E-Mobility – Berlin“ werben. Es gibt mehr als nur ein gutes Argument pro Berlin: die Wissenschaft, der Imagefaktor im
internationalen Wettstreit und die Neutralität des Standortes in Bezug auf die großen Herstellerstandorte. Wir haben das wissenschaftliche Potential in der Stadt, sind attraktiv für das benötigte Personal und wir haben ausreichend Flächen zur Verfügung. Es bedarf jetzt der Entwicklung konkrete Projekte, wie und mit wem wir unsere Ressourcen bündeln und Berlin für diesern Prozess fit machen. Grüne Industriepolitik bietet zugleich neue Chancen und Märkte für die in Berlin vorhandenen industriellen Kerne. Dazu gehört für uns die Entwicklung eines modernen Verkehrskonzeptes in Berlin – Elektromobilität sowie Verkehrs- und Transportsysteme müssen miteinander verknüpft werden. Neue Strukturen sind auch im Bereich der Stromversorgung unerläßlich. Smart grid heißt das Schlüsselwort – es ist die Basis für alle Klimaschutzziele. Nicht zuletzt der Ausbau der Erzeugung von erneuerbaren Energien (Windkraft und Photovoltaik) sowie effiziente Energieumwandlung, -transport etc. sind Kernthemen der grünen Industrie. In diesen Bereichen hat Berlin große Chancen aufgrund der hier ansässigen Unternehmen wie Siemens, MAN, Alstom und viele mehr. Auf dieses Fundament müssen wir endlich bauen. Ein gutes Fundament hat Berlin auch in der Gesundheitswirtschaft: von einer sehr guten Krankenversorgung über die international anerkannte Hochleistungsmedizin der Charite, Pharmaunternehmen wie Bayer Schering, Pfizer bis hin zur Medizintechnik. Das Cluster Gesundheit ist gut aufgestellt, aber es wird an Stabilität und Dynamik verlieren, wenn die wesentlichen Strukturfragen für die Charité und Vivantes nicht umgehend geklärt werden. Wir setzen auf die Zusammenführung von Charité und Vivantes. Nur die gemeinsame Unternehmensführung und –steuerung kann exzellente Forschung und eine gute klinische Versorgung unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit gewährleisten. Ein weiterer Hoffnungsträger dieser Stadt ist der Tourismus. Das wollen wir ausbauen, sichern und gleichzeitig für andere Wirtschaftsbereiche nutzbar machen. Unter der Leitidee der „Grünen Stadt“ wollen wir den Grünen Berlin-Tourismus neu definieren. Nachhaltiger Tourismus setzt u.a. auf nachhaltige Verkehrssysteme. Ob die Bahn, das Elektroauto, das Carsharing ...es gibt viele Anknüpfungspunkte zur Elektromobilität. Der Tourismus als Botschafter für das grüne Leitbild! Elektromobilität, Erneuerbare Energien, intelligente und effiziente Energieverteilung, die Gesundheitswirtschaft und der Tourismus sind Schwerpunkte für unseren Berliner Green New Deal. Diese Cluster brauchen intelligente und effiziente Strukturen, auf die sie gründen und die sie sowohl intern als auch extern verknüpfen. Moderne Wirtschaftsverwaltung muss Dienstleistung aus einer Hand und an einem Ort bieten. Zuverlässige statt zufällige Kommunikation; Transparenz, moderne IT sind weitere Schlüssel zur notwendigen Strukturerneuerung in den Berliner Amtsstuben. Es gilt die vorhandenen Strukturen zu bündeln und zu zentralisieren. Diese Strukturen schaffen zugleich die Voraussetzungen, um alle anderen Berliner Ressourcen in die Green Economy einzubinden. Da sind zum einen die über 40.000 MigrantInnenunternehmen. Mit über 100.000 Arbeitsplätzen sind sie Wirtschaftskraft, Integration und Botschafter in einem. Auch die Kreativwirtschaft, IT- und Kommunikationsbranche sind nicht nur wichtige Impulsgeber für Green Economy. Berlin hat nur eine Chance, seine Krisen in den Griff zu bekommen: Klimaschutz als Jobmotor, der wiederum soziale Teilhabe schafft.
Themengruppe Unternehmensförderung & Gewerbeflächen/ Stadtentwicklung Einführung Marc Urbatsch, Felix Groba Berliner Flächenangebote für produzierendes Gewerbe Franziska Eichstädt-Bohlig
Wissen Nutzen! – Berliner Wirtschaft Grün fördern! Unter dem Slogan „be berlin!“ konzentriert sich die Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung der Rot- Roten Innovationsstrategie auf die Kompetenzfelder: Bio-, Medizin- und Verkehrssystemtechnologien sowie Informations- und Kommunikationstechnologien/ Medien und Microsystemtechnik. Die bisherige Arbeit des Senates im Bereich der Wirtschaftsförderung scheint wenig erfolgreich. Dies lässt sich aber nicht auf einen Mangel an Interesse und Angeboten zurückführen, da der Rot-Rote Senat in den letzten Jahren eine breite Produktpalette zur Wirtschaftsförderung in der Hauptstadt bereithält . Dazu zählen finanzielle Unterstützungsangebote in Form von Investitions- und Gründungsförderprogrammen durch Zuschüsse, Darlehen und Beteiligungen, Beratungs- und Qualifizierungsangeboten, die Einrichtung von Gründerzentren und die Bereitstellung von günstigen Gewerbeflächen. Die Ursachen der bestehenden Probleme bzw. die unzufrieden stellenden Ergebnisse der Rot-Roten Wirtschaftsförderung finden sich vielmehr in: • Einer ineffektiven Zusammenarbeit, Vernetzung und Abstimmung der vielzähligen städtischen und privaten Akteure als auch die Förderprogramme der Stadt, des Bundes und der EU • Inflexibilität der Senatsverwaltung in verschiedenen Bereichen was zu einem Mangel an unkomplizierter, zielorientierter, schneller Zusammenarbeit zwischen Senat, den Akteuren der Wirtschaftsförderung und derer die sie benötigen, führt. • Unzureichend zielgerichtete und erfolgsorientierte Beratungsangebote. Was wir wollen: Im ersten Block wird in einer Open Space Diskussion die Möglichkeit zum Experteninput, Erfahrungsaustausch, Problemsammlung etc. gegeben. So sammeln wir Themen für die Diskussion von Lösungsansätzen im zweiten Block. Dies soll auch Raum geben für eine generelle Ideensammlung zur Grünen Wirtschaftsförderung. Dabei wollen wir aber auch die Debatte der Wirtschaftsförderung über die generelle Forderung nach mehr Fördermitteln und Clusterförderung hinausbringen. Einige Leitfragen für unser Brainstorming sind: • Wie kann Berlin zum Magneten für junge und innovative Unternehmen werden? • Wie kann eine effektive Vernetzung der Akteure der Wirtschaftsförderung hergestellt werden? • Wie können vorhandene Förderprogramme besser genutzt werden? • Wie kann die Berliner Wirtschaftsförderung optimiert werden? • Wie können neue Netzwerke unterstützt werden? • Wie kann Risikobereitschaft erhöht und mehr Risikokapital bereitgestellt werden? Bei unserem Brainstorming unterstützen uns: Rolf Friedrichsdorf: Engagiert sich hauptsächlich im ersten privatwirtschaftlich betriebenen Gründerzentrum Berlins, dem Phoenix-Gründerzentrum. Das Phönix-Gründerzentrum am Borsigturm in Tegel bietet jungen und kleinen Unternehmen mit den Schwerpunkten Informations- und Kommunikationstechnik, Logistik und Verkehrstechnik das notwendige Umfeld für eine Entwicklung am Markt. Darüber hinaus „wühlt“ er kräftig im Bundesverband der Deutschen Innovations-, Technologie- und Gründerzentren (ADT e.V.) und den Science Park and Innovation Center Experts (SPICE Group) in der regionalen, nationalen und internationalen Technologie- und Gründerszene mit. Andreas Gebhard ist Gründer und Geschäftsführer von newthinking communications. Er war Bundessprecher des Grün Alternativen Jugendbündnisses. Er ist ehemaliger Büroleiter einer Abgeordneten des Europäischen Parlaments und Projektleiter der Internetkampagne „Bundestux – Pinguine ins Amt” zur Einführung von Linux im deutschen Bundestag. Er hat langjährige Politikerfahrung und war mehrere Jahre Pressesprecher des LinuxTag - der größten Messe für Freie Software in Europa. Kontakt: Marc Urbatsch marc.urbatsch@gruene-berlin.de Felix Groba Felix.Groba@gmx.net
Hintergrundinformationen: Berliner Programme zur Existenzgründung (Auswahl) • IBB Berlin INTRO und IBB Berlin INVEST • Berlin Start: Finanzierung durch IBB Kredite und Bürgschaften • Meistergründungsprämie • Berlin Kapital & Berlin Kredit : Verbesserung der Kapitalstruktur mittelständischer Unternehmen • ProFIT – Förderung von Forschung, Innovation & Technologie • VC Fond Technologie Berlin (IBB-Beteiligungsgesellschaft) Akteure (Auswahl): • Senatsverwaltung Wirtschaft, Technologie, • Bürgschaftsbank zu Berlin-Brandenburg Frauen GmbH • Bezirke • Industrie & Handelskammer Berlin • Berlin Partner • TSB Innovationsagentur Berlin GmbH • Zukunft im Zentrum GmbH • TSB Technologiestiftung Berlin • IBB Bank & IBB Beteiligungsgesellschaft • Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH Existenzgründungen in Berlin (2009) Branchenstruktur der Existenzgründungen • ca 40.000 Neugründungen (30.000 • Unternehmensdienstleistungen 29.7% Stilllegungen) • Handel 20.8% • 1500 Insolvenze (+9.8%) • Öffentliche & personenbezogene • Selbstständigenquote 14.1% (Bundesschnitt Dienstleistungen 15.5% 11.0%) • Information & Kommunikation 4.9% • Baugewerbe 14.1% • Finanz- & Versicherungsdienstleistungen 2.5% • Verarbeitendes Gewerbe 2.6% Fördervolumen Berlin (2009) Programme IBB (2009) KfW Mittelstandsbank: • Berlin Start: 89 Bewilligungen, 5.1 Mio € • Unternehmerkredit (Existenzgründung): • Berlin Kredit: 625 Bewilligungen, 94.8 Mio € 162 Bewilligungen, 51 Mio. € • KMU-Fonds: 214 Bewilligungen, 2.9 Mio € • Eigenkapitalhilfedarlehen: 39 Bewilligungen, 4.5 Mio € • Startgeld: 158 Bewilligungen, 5.0 Mio € Berlin (2006): • Grüne Wissenschaftspolitik – verlässlich, innovativ, gerecht • Vielfalt als Stärke in Forschungslandschaft. Ziel, die disziplinübergreifende Vernetzung in der Gesamtregion stärker zu fördern. „Telefonbuch“- Angebote wie der Wissenschaftsatlas sind unzureichend • nachhaltige Strategie der Clusterentwicklung Kreativ - & Gesundheitswirtschaft – finden. Vielfalt gezielt unterstützen und Umwelttechnik als Motor zukünftiger Beschäftigung etablieren. • klassische Wirtschaftsförderpolitik nehmen die kleinen Firmen kaum in Anspruch. Forderung: Auflegung eines Kreativfonds mit dem Kreative, flexibel und unbürokratisch unterstützt werden. • Cluster Support“ Programm schaffen. • verbesserte Förderung von Gründungen aus den Hochschulen. Dazu wollen wir ein ExistenzgründerInnenprogramm einrichten, das sich anders als bisher nicht nur an technisch- naturwissenschaftliche Bereiche richtet. • Lehrveranstaltungen die die notwendigen Qualifikationen für Gründer vermitteln. NRW (2010): • Wissen ist Zukunft – Focus auf umweltfreundliche Technologien. • Wirtschaftsförderung Grün Denken und daher Neuausrichtung der Cluster
• Erneuerungsbedarf in der Flächenbewirtschaftung, Kommunen sollen sich nicht mehr gegeneinander ausspielen • Vorfahrt für KMU’s durch Zuverlässige Kreditversorgung
1 BERLINER FLÄCHENANGEBOT FÜR PRODUZIERENDES GEWERBE Informationen zum Werkstattgespräch Wirtschaft am 26.6.2010 Vorbemerkung: Die folgenden Informationen beziehen sich auf Flächen für produzierendes Gewerbe / Industrie. Am Schluss habe ich ergänzend die aktuellen Informationen, die ich zu den Büroflächen bekommen habe, dargestellt. Flächenangebote für verarbeitendes Gewerbe Berlin hat im Flächennutzungsplan ca 4.500 ha Gewerbeflächen ausgewiesen. Nach dem „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ von 2004 bietet Berlin aktuell ca 2.800 ha Industrie- und Gewerbeflächen in 37 Gebieten an, darunter ca 500 ha landeseigene Flächen. Das heißt, dass ca 60% der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Flächen noch nicht genutzt sind ( manchmal untergenutzt oder provisorisch genutzt) sondern auf Wirtschaftsansiedlung warten. (siehe „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ und Gewerbeflächenatlas bei Sen WiTechFrauen) Schwerpunktgebiete sind im Westen die Achse Siemensstadt – Spandau – Flottenstraße und Reinickendorf, im Südwesten Großbeerenstraße / Motzener Straße, im Südosten Grenzallee / Sonnenallee, Adlershof und Johannisthal, im Nordosten Marzahn-Nord und Süd, Hohenschönhausen und Herzbergstraße in Lichtenberg. Neu hinzu gerechnet werden müssen die geplanten 200 ha Industrie- und Gewerbeflächen, die im Flughafen Tegel als Nachnutzung geplant werden, während in Tempelhof nur 20 ha für Gewerbenutzung vorgesehen sind. Wichtig sind auch die ca 1000 ha neue Gewerbeflächen rund um den neuen Flughafen Schönefeld (davon 100 ha in Bohnsdorf innerhalb der Berliner Grenzen). Berlin erklärt, damit Industrie- und Gewerbeflächenangebote bis zum Jahr 2035 zu haben. Tatsache ist, dass es nicht nur durch die Flughafenschließungen sondern auch durch die Aufgabe von Güterbahnhofsflächen tendenziell eher mehr als weniger Flächenangebote werden. Gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten im produktionsgeprägten Bereich zurückgegangen von 1995 503 000 auf ca 390 000 Beschäftigte 2010. (Ich habe keine Aussagen über die jährliche Flächennachfrage gefunden.) Profilierung von Produktionsstandorten Bei der Flächenvergabe bemüht sich Berlin, Clusterbildungen und gewerbliche Netzwerke zu stärken. Natürlich soll auch die Verknüpfung mit Wissenschaftsstandorten befördert werden. Pauschal galten im STEP Gewerbe von 1999 als Ziele: Der Produktionsschwerpunkt West soll v.a. auf Elektrotechnik, IuK, Verkehrstechnik und Maschinenbau ausgerichtet sein. Der Produktionsschwerpunkt Süd: ebenfalls Verkehrstechnik und Maschinenbau. Der Produktionsschwerpunkt Ost: ebenfalls Elektrotechnik, IuK, Verkehrstechnik, Maschinenbau. Dieser Schwerpunkt gilt als größtes räumliches Potenzial für neue Unternehmen. Inzwischen ist das durch die Cluster und Kompetenzfelder IuK / Medien, Kulturwirtschaft, Biotechnologie, Gesundheitswirtschaft / Medizintechnik, Verkehrstechniken und optische
2 Technologien ersetzt worden. (In der Schwerpunktaufzählung fehlen nach wie vor die Umwelttechniken). Logistikschwerpunkte für die Versorgung der Innenstadt sollen die BAB 100 in Tempelhof / Neukölln, der Westhafen und das BAB Dreieck Charlottenburg sein. Technologieparks / Innovations- und Gründerzentren Besondere Bedeutung und natürlich besondere Förderung haben die auf Clusterbildung, Wissenschaftskooperation und Innovation ausgerichteten Technologieparks: - Das Umfeld Klinikum Buch / Max-Delbrück-Centrum, - Das Umfeld der Freien Universität (Benjamin-Franklin – Klinikum mit Medizintechnik) - Adlershof / Johannisthal (Umfeld Humboldt-Universität Südost) - (mit derzeit noch 65 ha Angebot an baureifen Flächen und bald zusätzlich 30 ha des ehemaligen Bahngeländes) - Clean-Tech-Business-Park Berlin-Marzahn mit 90 ha Angebot - Gasometer Schöneberg (Umwelttechnologie, Elektroauto) - Ex-Flughafen Tempelhof, 20 ha Areal am Tempelhofer Damm (ist derzeit widersprüchlich, einerseits Umwelttechnologie / Elektroautomobiltechnologie, andererseits Gewerbe rund um die ZLB) - Neu ca 90 ha von insgesamt 200 ha und ca 135 000 qm Dienstleistungsfläche auf dem Ex Flughafen Tegel als Forschungs- und Industriepark Zukunftstechnologie. Flächenangebote in Brandenburg Brandenburg hat sehr großzügige Flächenausweisungen für Gewerbe vorgenommen (Zahl?) Es fördert seit 15 „Regionale Wachstumskerne“ (RWK’s) und insgesamt 15 Branchenkompetenzfelder, die Fördervorrang und höhere Fördersätze genießen. Im Flughafenumfeld befinden sich der RWK Schönefelder Kreuz (Schönefeld, Wildau, Königswusterhausen) und RWK Ludwigsfelde. Durch die in Brandenburg noch geltende Ziel 1 – Förderung der EU hat Brandenburg in der Unternehmensansiedlung ein großes Prä gegenüber Berlin. So hat Brandenburg in den letzten Jahren sehr erfolgreich Unternehmen der Regenerativen Energien angesiedelt. Bodenpreise für produzierendes Gewerbe Berlin wirbt mit sehr viel günstigeren Preisen als die anderen europäischen Hauptstädte und mit dem Slogan: Grundstückskosten zu Umlandpreisen. In Innenstadtrandlage liegen die Grundstückspreise bei 100 bis 250 € / qm bei ein- bis zweigeschossiger Ausnutzung, in Stadtrand- und Speckgürtellage zwischen 40 und 150 € / qm. Natürlich variieren die Preise sehr stark nach ausnutzungsgrad und nach Verkehrsgunst. Verkehrsanbindung Nach wie vor gilt der Autobahnanschluss als das wichtigste Qualitätsmerkmal für Flächen für produzierendes Gewerbe. Darum enthält das „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ in seinen Plänen immer die A 100 bis zur Frankfurter Allee(!). Die Ansiedlungschancen für die in Lichtenberg, Hohenschönhausen und Marzahn gelegenen Flächen sind tatsächlich stark eingeschränkt wegen schlechter Autobahnanbindung. (Marzahn – Nord geht etwas besser wegen passabler Verbindung zum Aussenring).
3 Es sind auch ganz besonders die Gewerbebetriebe in Neukölln an der Grenzallee, die sich für den Weiterbau der A 100 nach Treptow stark machen. Sie setzen auf die Umwandlung der Kleingärten längs der Autobahn in Gewerbeland zur Stärkung ihres Standorts Grenzallee. Industrie / Gewerbe und Umwelt In Berlin gibt es gewerbliche Umweltinitiativen nur vereinzelt. Das Programm Ökoprofit, das in der letzten EU – Förderperiode recht erfolgreich lief, wurde 2006 auf nicht auftauendes Eis gelegt. Interessant ist die Initiative der Unternehmen im Gebiet Motzener Straße, die sich schrittweise zu bestimmten Energiespar- und Ökologiemaßnahmen wie gemeinsam organisierte Abfallentsorgung oder Wärmenutzung verständigen. Renate Künast ist hier Patin. Auch sollte die Schweizer Vereinigung „Wirtschaft und Natur“ in Berlin zur Diskussion gestellt werden, wo bislang über 100 Unternehmen ihre Gebäude und / oder ihre Betriebsverfahren unter Umweltaspekten optimiert haben, wobei die Maßnahmen nach einem einheitlichen Konzept zertifiziert werden. Berlins Büroflächenangebot Zur ergänzenden Information hier die wichtigsten Informationen zu den Büroflächen: Der Senat selbst erhebt seit Jahren keine Daten zum Thema Büroflächen, sondern bezieht sich auf die Aussagen der Immobilienwirtschaft, Das Frühjahrsgutachten 2010 der Immobilienwirtschaft (erstellt vom „Rat der Immobilienweisen“ im Auftrag des ZIA e.V.). Das aktuelle Gutachten enthält Aussagen zur Entwicklung 2008 / 09 und macht Voraussagen für 2010: Büroflächenbestand: 2008:18,2 Mio qm; 2009:18,3 Mio qm; Prognose 2010: 18,4 Mio qm Fertigstellungen: 2008: 117 000 qm; 2009: 80 000 qm; Prognose 2010:118 000 Mio qm Leerstand: 8,2% 8% 9% Flächenumsatz: 490 000 qm 440 000 qm ? Spitzenmieten: 22 €/qm 20,10 € / qm 20 € / qm Beschäftigte: 606 000 Besch. 611 000 Besch. 602 000 Besch. Da in 2009 in anderen großen Dienstleistungsstädten die Umsätze um über 20%, teilweise bis zu 50% zurückgegangen sind und Leerstände bis 19% (Frankfurt) zu verzeichnen sind, ist Berlin in Sachen Büroentwicklung bislang ziemlich glimpflich davongekommen. Franziska Eichstädt – Bohlig Berlin, 21.6.2010 P.S. Aus Zeitknappheit konnte ich nicht alle Zahlen und Informationen auf den letzten Stand prüfen.
Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich Forschungsprofile und Branchenschwerpunkte
Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich Flächenkulisse
Themengruppe Neue Arbeit Einführung Ajibola Olalowo
„Neue Arbeit“ Die Wirtschaft – nicht nur in Berlin – ist im Wandel begriffen und damit auch der Arbeitsmarkt und die Arbeitswelt. Mit einer stärkeren Wissens- und Dienstleistungsorientierung ändern sich einerseits die Anforderungen an die Beschäftigten, andererseits ergeben sich aber auch neue Chancen. Die Transformation der Arbeitswelt Wir erleben eine Transformation der Arbeitswelt. Das „Normalarbeitsverhältnis“ (sozialversichert, Vollzeit, unbefristet), das für die Beschäftigung in der Industrie kennzeichnend ist, verliert an Bedeu- tung. In der neuen Arbeitswelt sind dagegen Formen der atypischen Beschäftigung auf dem Vor- marsch. Das gilt sowohl in qualitativer Hinsicht als auch was den Umfang und den Lohn der Arbeit betrifft. Gestaltungsspielräume wie auch Verantwortlichkeiten steigen, beispielsweise durch immer flacher werdende Hierarchien. Es kommt zu zunehmender und zugleich immer kleinteiliger werdender Selb- ständigkeit. Die Veränderungen betreffen nicht nur das Lohngefüge, sondern auch das Ausmaß der Teilzeitbeschäftigung. Für viele Beschäftigte bringen diese Umstellungen jedoch stärkere Unsicherhei- ten und häufig schlechtere Arbeitsbedingungen mit sich. Zu den neuen Entwicklungen gehört auch, dass sich trotz hoher Arbeitslosigkeit und struktureller Un- terbeschäftigung in einigen Branchen und Berufsgruppen ein Fachkräftemangel abzeichnet. Unter- nehmen suchen zunehmend Arbeitskräfte, die entweder mit den gewünschten Qualifikationen nicht ausreichend auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind oder, die anderswo attraktivere Arbeits- und Le- bensbedingungen vorfinden. Von Seiten der Erwerbstätigen gibt es aber auch das Bedürfnis nach einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie einer nachhaltigen work-life-balance. Zu den neuen Herausforderungen an die Arbeitswelt von morgen gehören auch die sich verändernde Altersstruktur der Beschäftigten, die Bedingungen zum lebenslangen Lernen sowie neue Branchen- strukturen und damit einhergehend neue Berufsbilder. Im Arbeitsgruppe „Neue Arbeit“ wollen wir diese Entwicklungen für Berlin einordnen und bewerten. Zentrale Fragestellungen sind: Mit folgenden Fragen wollen wir uns u.a. beschäftigen 1. Es gibt Veränderungen in der Wirtschaft Was heißt das für die Beschäftigten konkret? Wie sieht diese „Neue Arbeit“ aus? 2. Wie sieht die "Neue Arbeit" aus? 3. Was bedeuten die Veränderungen für die Beschäftigten konkret? 4. Mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt entstehen neue Chancen, welche emanzipatorischen Spielräume tun sich hier auf? Welche Rahmendingungen kann die Landespolitik schaffen, damit auch die Beschäftigten diese neuen Entfaltungsmöglichkeiten nutzen können? 5. Berlin spielt eine wichtige Rolle als Nachfrager für den Arbeitsmark sowohl selbst als „Dienstherr“ oder „Unternehmer“ aber auch im Rahmen von Beschaffungen und Ausschreibungen. Wie kann dies genutzt werden um einen Beitrag zu Guter Arbeit zu leisten? 6. Wie kann nachhaltige Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik neue Arbeit in grünen Zukunftsbran- chen stärken? 7. Zahlreiche Studien sagen für die Zukunft einen gravierenden Fachkräftemangel voraus, wie wirkt sich die Fachkräfteentwicklung und die Veränderung der Arbeitswelt insbesondere in Berlin aus? Wie kann eine grüne Fachkräfteinitiative aussehen? 8. Mit lebenslangem Lernen kann sowohl die Beschäftigungsfähigkeit unter sich wandelnden Rah- menbedingen wie auch die Ausstattung mit Fachkräften gesichert werden. Mit welchen Instrumen- ten kann die Landespolitik dies fördern? Welchen Beitrag müssen die Unternehmen leisten? 9. Wir wollen für Berlin einen Green New Deal. Was heißt das für den Arbeitsmarkt?
Themengruppe Landesunternehmen und Beteiligungen Einführung Anne Köhler, Dr. Hermann Falk, Günter Kuhnle Landesunternehmen und Beteiligungen für die öffentliche Daseinsvorsorge Heidi Kosche Privat oder staatlich- was schreckt mehr? Jochen Esser Klima-Stadtwerk Berlin Energie Michael Schäfer, Oliver Schruoffeneger
Themenpapier zur Arbeitsgruppe Landesunternehmen, Beteiligungen und öffentliche Daseinsvorsorge Warum uns dieses Thema besonders interessieren sollte: Der Begriff „öffentliche Daseinsvorsorge“ beschreibt die Aufgabe des Staates, die für ein sinnvolles menschliches Dasein notwendigen Güter und Dienstleistungen bereitzustellen. Wasser, Energienetze, Müllabfuhr oder öffentlicher Nahverkehr gelten als solche öffentlichen Güter, die im freien Markt also unter wettbewerblichen Bedingungen nicht angeboten würden. Maßstab der Daseinsvorsorge sollte eine effiziente Leistungserbringung für die Bürger sein. Angesichts gestiegener Energie- und Wasser- preise in Berlin fragen sich aber viele BürgerInnen, ob die Stadt hier ihren Aufgaben gerecht wird. In Berlin sind heute Strom-, Gas- und Fernwärmeversorgung privatwirtschaftlich organisiert (Vatten- fall und Gasag). Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) sind teilprivatisiert. Die Kritiker werfen dem Senat vor, trotz öffentlicher Beteiligung an den BWB die Kontrolle komplett aus der Hand gegeben zu haben und seit der Privatisierung hagelt es negative Schlagzeilen: Einsparungen durch Entlassungen, Vernachlässigung von Wartung der und Investitionen in die Infrastruktur, Anstieg der Wasserpreise und Einnahmeausfälle im Berliner Haushalt durch die vom rot-roten Senat vereinbarte garantierte Rendite für die privaten Eigner. Die in den 90iger Jahren vorgenommenen Privatisierungen sollten die Lücken im Berliner Haushalt füllen und nun wird öffentlich über eine Rückkehr zu kommunalen Un- ternehmen debattiert. Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf prüfte jüngst den Einstieg beim Gasversorger GASAG, um Einfluss auf die Energiepreise in der Stadt nehmen zu können. Aber allein schon die Verschuldung der Stadt lässt keinen Spielraum für eine solche Beteiligung. In einem Thesenpapier vom Mai für ein E- nergiekonzept für Berlin schlägt Wolf die Neugründung eines kommunalen Versorgers ("Berlin Ener- gie") nach dem Vorbild Hamburgs sowie die Beteiligung Berlins an den Energienetzen vor und möch- te mehr öffentlichen Einfluss auf die Energieerzeugung der Stadt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben schon in den 90er Jahren konkrete Vorschläge gemacht, wie im Bereich der Daseinsvorsorge die politische Steuerung mit der Flexibilität des Marktes verbunden wer- den kann. Dabei soll der Staat keine eigenen Unternehmen besitzen, sondern nur die Kontrolle über deren Wirtschaften ausüben. Zum Thema Energienetze äußerte sich Volker Ratzmann am 16.5.2010 in der Morgenpost : „Netze sind die Autobahnen der Zukunft“...."Auf die müsse sich Berlin den Zugriff sichern. Die Grünen fordern das schon lange.“ Ratzmann wäre zum Beispiel dafür, „das Gasnetz zu- rückzubauen, dessen Leitungen in vielen Straßen parallel zur Fernwärmeleitung liegen.“ Wie soll die öffentliche Daseinsvorsorge in Berlin in den Bereichen Energie und Wasser nachhaltig und ressourceneffizient ausgestaltet werden? Wie erreichen wir wieder ein zufriedenstellendes Angebot von Energie und Wasser für die Berliner BürgerInnen? 1. Grünes Wirtschaften und öffentliche Daseinsvorsorge Diese Fragen wollen wir dazu der Gruppe u. a. stellen: Welche Leistungen fallen ausschließlich in den Bereich der staatlichen Aufgaben? Welche Leistungen können öffentliche / kommunalwirtschaftliche Unternehmen besser als private Unternehmen anbieten und warum? Welche Aufgaben sollte der Staat bzw. die Kommune besser behalten? Was ist möglich an öffentlicher Daseinsvorsorge in Berlin trotz leerer Kassen? Was müsste bei der Bewirtschaftung der Energienetze geändert werden und welche Rolle könnte ein kommunaler Eigentümer dabei spielen? Was halten wir von dem Vorschlag des Wirtschaftssenators zur Gründung eines eigenen Stadtwerks?
Wie soll sich Berlin bei der Neuverhandlung der Konzessionsverträge für die Berliner Strom- und Gasnetze verhalten, die 2013 bzw. 2014 auslaufen? 2. Öffentliche Beteiligungen im Interesse der BerlinerInnen ausgestalten Diese Fragen wollen wir dazu der Gruppe u. a. stellen: Wie kann Berlin seinen Einfluss über seine Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben verbessern? Was sollte an der Ausgestaltung der BWB-Beteiligung ggf. geändert werden? Was sind die Antworten der Grünen auf die Fehler in der öffentlichen Beteiligung unter Rot-Rot? Welche Entscheidungen sollte die Berliner Politik als „Anbieter“ der Daseinsvorsorge im Wasserbe- reich unbedingt mitgestalten? Wie kann die Einhaltung von Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien bezüglich Vorlieferanten, Res- sourceneffizienz und Tariftreue sichergestellt werden? Organisationsteam: Anne Köhler (anne_koehler@web.de) Dr. Hermann Falk Günter Kuhnle
Heidi Kosche, MdA Stand 20.06.2010 Thesenpapier zur BerlinWerkstatt Wirtschaft von Bündnis90/Die Grünen am 26.06.2010 AG 4: Landesunternehmen und Beteiligungen für die öffentliche Daseinsvorsorge Begriffserläuterung Die Diskussion um die zukünftige Rolle und Funktion öffentlicher Dienstleistungen wird u. a. dadurch erschwert, dass zum heutigen Zeitpunkt zahlreiche verwandte Begriffe existieren, die wiederum verschiedenen Ursprungs sind und unterschiedliche Bedeutungen (wie auch gegenseitige Abgrenzungen) haben und dadurch nicht synonym verwendet werden können. Sie laufen aber alle im Wesentlichen darauf hinaus, Strukturen zu benennen, mit deren Hilfe die gesamte öffentliche Versorgung zur Verfügung gestellt wird, die zur gesellschaftlichen und individuellen Entwicklung erforderlich ist. Der Begriff öffentliche Dienstleistungen drückt vor allem eine öffentliche Verantwortung für die Erbringung bestimmter Leistungen aus. Diesem eher allgemeinen Konzept liegt ein Verständnis über die Aufgaben des modernen Sozial- und Wohlfahrtsstaates zugrunde, wonach dieser Verteilungs- und Allokationsfunktionen übernimmt. Ebenso wie der in Staaten romanischer Rechtstradition wie Frankreich, Italien und Spanien hauptsächlich verwandte Begriff Service Public (bzw. servizio pubblico und servicio publico) drückt auch der im deutschsprachigen Raum benutzte Begriff Daseinsvorsorge eine staatliche Verantwortung für die Erbringung bestimmter Leistungen aus. Das vom Staatsrechtler Ernst Forsthoff erstmals 1938 in einer Schrift beschriebene Konzept der Daseinsvorsorge geht nicht von einem Anspruch der Bürger aus, der seitens des Staates erfüllt wird, sondern es ist der bevormundende Staat selbst, der bestimmt, was warum für seine Bürger gut ist. Aufgrund dieses Staatsverständnisses und seiner Nähe zur Gemeinschaftsideologie des Dritten Reiches wird der Begriff zurecht kritisiert. Trotzdem ist er – im wesentlichen losgelöst von seinem historischen Kontext – zu einem zentralen Begriff in der (deutschsprachigen) öffentlichen Debatte geworden, auch wenn er einen nur eher beschreibenden Charakter hat und mangels klarer Definitionen nur schwer eingrenzbar ist. Wegen der Unbestimmtheit des Wortes lehnt vor allem die wohl herrschende Meinung der Rechtswissenschaft den Ausdruck als Rechtsbegriff ab. Mit Blick auf die offizielle europäische Ebene ist feststellbar, dass verschiedene Begriffe Anwendung finden. Im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) ist von Diensten bzw. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse die Rede1, dieser Begriff wird allerdings dort nicht weiter erläutert. Die Europäische Kommission hat im Laufe der vergangenen Jahre in verschiedenen Mitteilungen2, in einem Grünbuch3 und in einem Weißbuch4, unterschiedliche Begriffe verwendet und letztlich obigen näher erläutert: Gemeint 1 Art. 16 und Art. 86 (2) EGV in der geltenden Fassung vom 2.10.1997 (Vertrag von Amsterdam) 2 Commission Of The European Communities (1996): Services Of General Interests In Europe, Communication form the Commission COM(96) 443 final, Brüssel 11.09.1996 u. Europäische Kommission (2000): Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, Mitteilung der Kommission KOM(2000) 580, Brüssel 20.9.2000 3 Europäische Kommission (2003): Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Mitteilung der Kommission KOM(2003) 270 endgültig, Brüssel 21.05.2003
Heidi Kosche, MdA Stand 20.06.2010 sind alle Tätigkeiten, „die von den Mitgliedsstaaten oder der Gemeinschaft mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden und für die das Kriterium gilt, dass sie im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden.“ 5 Der Begriff Gemeinwohlverpflichtungen bezieht sich dabei auf „die besonderen Anforderungen staatlicher Behörden an den Anbieter des betreffenden Dienstes, mit denen sichergestellt werden soll, dass bestimmte Gemeinwohlinteressen erfüllt werden [...]“6 Auch die Begriffe Gemeingüter und öffentliche Grundversorgungsunternehmen sind zuletzt in der Debatte aufgetaucht. Alle dargestellten Begriffe stehen für eine Haltung eines Gemeinwesens, das selbst Leistungen für seine BürgerInnen und für das Funktionieren des Gemeinwesens erbringt bzw. dafür eine Verantwortung hat. Die Kommunen nehmen aufgrund ihrer Selbstverwaltungsgarantie gem. Art. 28 Abs. 2 GG im Rahmender Gesetze die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ wahr. Berlin ist gleichzeitig Kommune und Bundesland. Deshalb wird hier Landesunternehmen und kommunales Unternehmen synonym verwendet. Thesen 1. Die Frage, welche Dienste und Güter ( durch welche Unternehmen) öffentlich bereitgestellt wurden und werden, war und ist auch in Zukunft immer Ausdruck von politischen und sozialen Auseinandersetzungen sowie auch des bestehenden Wertekanons. Erst dadurch wird bestimmt, ob Dienstleistungen öffentlich oder privat sind oder ob sie von allgemeinem (wirtschaftlichen) Interesse sind oder nicht – es gibt keine „objektive“ Definition. Veränderungen in der Bereitstellung öffentlicher Güter und Dienstleistungen bedeuten daher immer Veränderungen von gesellschaftlichen Machtverhältnissen oder ziehen Veränderungen von Machtverhältnissen nach sich. Somit geht es bei diesen Auseinandersetzungen um öffentliche Güter und Dienstleistungen in erster Linie um normative Entscheidungen, warum bestimmte Bedürfnisse von Nutzern durch öffentliche oder durch private Anbieter befriedigt werden sollen. Dabei wird eine gesellschaftliche Verständigung darüber unterstellt, inwieweit Güter und Leistungen, die nicht privatwirtschaftlich (also gewinnbringend) erbracht werden (können), dennoch zur Verfügung gestellt werden (können), nämlich als öffentliche Güter und Dienstleistungen. Die Definition öffentlicher (Kern-)Aufgaben ist also nicht statisch, sondern historisch und regional betrachtet unterschiedlich und wandelbar – entsprechend der gesellschaftlichen Interessen und Anforderungen. 2. Für die Bereitstellung „lebensnotwendiger Leistung“, wie Energie, Wasserver- und -entsorgung, öffentlicher Personennah- und -fernverkehr, Bildung, Gesundheitswesen, Rentensystem, Wohnungsbau, Telekommunikation, Müllentsorgung, Straßenreinigung u. a., festigte sich ab 4 Europäische Kommission (2004): Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Mitteilung der Kommission KOM(2004) 374, Brüssel 2004; Im Weißbuch sind die Schlussfolgerungen der Beiträge zum genannten Grünbuch der Kommission (2003) zusammengefasst. Es kann zudem als Aktualisierung für die politischen Leitlinien betrachtet werden, die in den zwei erwähnten Mitteilungen von 1996 und 2000 festgelegt wurden 5 Ebd., S. 27 6 Ebd., S. 28
Heidi Kosche, MdA Stand 20.06.2010 dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 1970er Jahre in Europa eine nationalstaatliche Verantwortung und Vorherrschaft. 3. Der mit der Globalisierung verbundene Druck zu Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung führte seit 1996 zu weit reichenden Privatisierungsoptionen, besonders in der Wasserwirtschaft. 4. Liberalisierung und Privatisierungen in vielen Bereichen führte zu immer größeren Konzernen mit Tendenz zur Monopolstellungen. 5. Durch falsche Steuerpolitik haben die Kommunen immer weniger Geld in der Haushaltskasse und suchen nach Einnahmen. Der (Teil-)Verkauf eines öffentlichen (kommunalen) Unternehmens/Stadtwerkes diente oft nur dazu, schnelles Geld in die Kasse zu bringen. 6. Verbunden werden die Verkäufe mit dem Credo, dass die privaten UnternehmerInnen die Betrieb wirtschaftlicher und effektiver zum Nutzen der BürgerInnen betreiben könnten. Der Preis der Leistung sollte fallen und der Service besser sein. 7. Mittlerweile gibt es zahlreiche Beispiele, was von den Ankündigungen der privaten Investoren zu halten ist: Höhere Preise und Gebühren, schlechterer Service, rücksichtlose Ausnutzung von Angebotsmonopolen, weniger demokratische Kontrolle, prekäre Arbeitsverhältnisse, Verlust von Arbeitsplätzen und zu geringe Investitionen in die Landesunternehmen. 8. Eigenständige Stadtwerke, die bestmöglich mit anderen kommunalen Stadtwerken kooperieren, sind das wichtige Gegengewicht gegen die Marktmacht der europa- oder weltweit aktiven Konzerne. 9. Erwirtschaftete Gewinne/Überschüsse von 100%igen Landesunternehmen/ Stadtwerke können zum Erhalt, zur Modernisierung und Ausbau von Infrastruktur und Lebensqualität eingesetzt werden. Ob Gewinne auch in die Haushaltskasse fließen sollen und dann damit Bäder, Schwimmhallen, Brunnen, Kultur, Kindertagesstätten, Sportplätze o. a. quersubventioniert werden, sind Fragen der politischen Auseinandersetzung. In Paris, wo die städtische Wasserver- und -entsorgung seit Anfang 2010 wieder in rein kommunaler Hand ist, sollen mögliche künftige Überschüsse nun in die Modernisierung der Aufbereitungsanlagen und des Leitungsnetzes investiert werden. 10. Der Abbau von Überschüssen, die nicht als Investitionen oder Rücklagen im städtischen Unternehmen verbleiben und die auch nicht als Quersubventionierungsgelder verwandt werden, kann zu Preis- bzw. Tarifsenkungen eines Unternehmens verwendet werden. 11. Die Gründung / Weiterentwicklung von Stadtwerken in öffentlicher Rechtsform hin zu partizipativen Eigenbetrieben (Transparenz und Mitsprache) ermöglicht, die bisherigen erweiterten Partizipationsmöglichkeiten der lokalen Demokratie auf den Bereich der kommunalen Dienstleistungsunternehmen zu übertragen.
Heidi Kosche, MdA Stand 20.06.2010 12. Ein öffentlich-rechtliches Stadtwerk als partizipativer Eigenbetrieb (transparente Preispolitik, Mitentscheidungsbefugnisse aller) kann eine Selbstverwaltungsqualität entwickeln, die zur Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dem Stadtwerk und einer besseren demokratischen Kultur insgesamt beiträgt. Spezialfall Berlin – Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe Thesen 1. Die Stadt Berlin hat mit dem Teilprivatisierungsgesetz7 1999 ein, auf teils geheimen privatrechtlichen Absprachen beruhendes Privatisierungsmodell installiert, das den privaten Investoren eine weitgehende Einflussnahme ermöglicht, das sog. „Berlin Holding Modell“. Hier betreiben Private ( RWE und Veolia) bestimmte Ziele im Gewand einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform (BWB AöR). Das ist sehr ungewöhnlich, da die öffentlich- rechtliche Rechtsform bislang allein Hoheitsträgern vorbehalten war. 2. Gerade im öffentlichen Wassersektor soll der Eindruck erweckt werden, die kommunale Vertretung ( Berlin) hätte in Fragen des Netzzugangs, der Investitionen und der Wasserpreise8 weiterhin alles in der Hand, so als ob die Privaten kein Unternehmenspartner, sondern nur Erfüllungsgehilfen wären. Dazu gehört der Trick, die Beteiligungen auf 49,9 v. H. zu begrenzen. Denn es wissen nur Eingeweihte, dass die privaten Kapitalgeber sich mindestens von einer Kapitalbeteiligung von 25,1 v. H. ab in gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen oder Konzessionsverträgen oder auch in unauffälligen Nebenabreden bestimmenden Einfluss auf Netzzugang, Investitionen und Preise gesichert haben. Von alledem steht nichts im Handelsregister, nichts in öffentlich zugänglichen Verträgen. Es handelt sich also um eine „Under-Cover Liberalisierung“. Das „Berliner Holding Modell“ belegt diese Auffassung in nachdrücklicher Weise. 3. Das Demokratiegebot ist unterlaufen Der Privatinvestor (RWE, Veolia) bleibt bei allem Einfluss marktrationaler Privater. Infolgedessen ist seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht auf den Willen des Volkes zurückführbar, so dass er sich – mangels (erforderlicher) demokratischer Rückbindung – gegenüber dem Volk auch nicht für seine Tätigkeit verantworten muss. Demokratische Legitimation wird der teilprivatisierten BWB AöR daher lediglich über den formal weiter bestehenden Anstaltsträger, das Land Berlin, vermittelt,. Es fehlt jedoch, aufgrund der „Privatisierungsverträge“ , dass die „Letztentscheidung der demokratisch legitimierten AmtsträgerInnen über die Aufgabenwahrnehmung der Anstalt entscheidet“ . Zwar hält das Land Berlin eine schwache Mehrheit von 50,1 v. H. sowohl an der Holding AG als auch an der Anstalt, eine rein formale Betrachtung kann aber in demokratischer Hinsicht nicht ausreichen. 7 seit ...............Berliner Betriebegesetz 8 Argument bei den Wasserpreisen: Die Kommune legt die Steigerung durch Gesetze fest
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