BerlinWerkstatt Wirtschaft - Reader 26. Juni 2010 GLS Campus Kastanienallee 82

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BerlinWerkstatt Wirtschaft - Reader 26. Juni 2010 GLS Campus Kastanienallee 82
BerlinWerkstatt
    Wirtschaft
         Bündnis 90/ Die Grünen Berlin

26. Juni 2010

GLS Campus
Kastanienallee 82

                Reader
BerlinWerkstatt Wirtschaft - Reader 26. Juni 2010 GLS Campus Kastanienallee 82
BerlinWerkstatt Wirtschaft

26. Juni 2010

Liebe Bündnisgrüne,

ich freue mich, Euch bei der BerlinWerkstatt Wirtschaft begrüßen zu
können. Heute geht es um bündnisgrüne Wirtschaftspolitik, um Strategien
und Konzepte für die nächste Legislaturperiode. Hier wird viel von uns
erwartet. Werden wir dem gerecht!

Um eine breite und tiefe Diskussion in den verschiedenen Themengruppen
zu ermöglichen, wurden viele verschiedene Diskussionsanstöße im Vorfeld
zu Papier gebracht, welche in diesem Reader festgehalten sind.

Für die umfangreiche Vorarbeit danke ich namens der Landespartei
insbesondere der Landesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft wie auch den
EinsenderInnen der Arbeits- und Diskussionspapiere.

Ich wünsche uns spannende und ertragreiche Debatten!

Stefan Gelbhaar

Landesvorsitzender
Infobrief BerlinWerkstatt Wirtschaft                                                               02/10
           Informationen und Nachrichten rund um die BerlinWerkstatt Wirtschaft (BWW) - Stand 21. Juni 2010

Steuerungsgruppe                          Themengruppen, Papiere und Ablauf
Lisa Paus, Elke Redemann-
Paul, Wolfgang Remmers,                   Am 14.06 traf sich die Steuerungsgruppe der Werkstatt
Volker Ratzmann, Felix Groba,             Wirtschaft mit folgenden Ergebnissen:
Marc Urbatsch, Stefan
Gelbhaar (Koordinator)
                                          Zu den Themengruppen (TG)
BerlinWerkstatt Wirtschaft                TG 1 - Anders Wirtschaften - ein Green New Deal für Berlin
26. Juni 2010, 10-17 Uhr                  KoordinatorIn: Wolfgang Remmers
GLS CAMPUS Berlin                         > Beschreibung
Kastanienallee 82
10435 Berlin                              TG 2 - Unternehmensförderung & Gewerbeflächen /
U 8 Rosenthaler Platz                     Stadtentwicklung
U 2 Senefelderplatz                       KoordinatorIn: Marc Urbatsch
M 1 Schwedter Str.                        > Beschreibung
                                          TG 3 - Neue Arbeit
Kontakt: werkstatt-                       KoordinatorIn: Ajibola Olalowo
wirtschaft@gruene-berlin.de               > Beschreibung
                                          TG 4 - Landesunternehmen und Beteiligungen
Vorbereitungstermin:                      KoordinatorIn: Anne Köhler
Sitzung der LAG-Wirtschaft,               > Beschreibung
24. Juni von 19-21 Uhr                    TG 5 - Weltoffenheit
Ort: Bundesgeschäftsstelle                KoordinatorIn: Dzifa Ametowobla
Bündnis 90/Die Grünen,                    > Beschreibung
Platz vor dem Neuen Tor 1
                                          TG 6 - Kreativwirtschaft
Papiere zum Thema nach                    KoordinatorIn: Alexander Koch
Themengruppen:                            > Beschreibung

Themengruppe 1                            TG 7 - Gesundheitswirtschaft
Volker Ratzmann                           KoordinatorIn: Rolf Bach
"Green New Deal für Berlin"               > Beschreibung

Themengruppe 2                            Zum Ablauf
Franziska Eichstädt-Bohlig                10:00 - 10:10 Begrüßung, Einordnung der Werkstatt in
"Berliner Flächenangebot für              Debatten- und Programmprozess 2010
Produzierendes Gewerbe"
                                          10:10 - 10:45 Uhr Impulsvortrag
Themengruppe 4
                                          10:45 - 11:00 Uhr Kurzvorstellung der Themengruppen
Heidi Kosche
"Landesunternehmen und                    11:00 - 12:30 Uhr Arbeit in den Themengruppen (Block I)
Beteiligungen für die                     12:30 - 13:30 Uhr Mittagspause und Austausch
öffentliche Daseinsvorsorge"
                                          13:30 - 15:00 Uhr Arbeit in den Themengruppen (Block II)
Jochen Esser
"Privat oder staatlich - was              15:00 - 15:30 Uhr Kaffeepause, Vorbereitung auf die
schreckt mehr?"                           Abschlussrunde
Micheal Schäfer                           15:30 - 16:30 Uhr Moderierte Abschlussrunde
"Klima-Stadtwerk Berlin
Energie"                                  Stefan Gelbhaar, Landesvorsitzender

                    Impressum: Bündnis 90/Die Grünen Berlin, Kommandantenstraße 80, 10117 Berlin
            info@gruene-berlin.de -Tel. (030) 615005-0 / 615005 62 Mobil: 0177-838 64 96 © Frank Dittrich
Terminübersicht zum Werkstatt- und Debattenprozess
                                        Stand 08. Juni 2010

26./27.02.10                            MigrantInnenkongress
13.03.10                                Mietenkongress
08.05.10                                Werkstatt Soziales
05.06.10                                LDK Soziales
11./12. 06.10                           Bezirkekongress Bürgerbeteiligung
26.06.10                                Werkstatt Wirtschaft
03.07.10                                Werkstatt Jugend / Schule

Sommerpause

18.09.10                                Klima-Ökologiekonferenz Berlin
September/ Oktober                      Werkstatt Mobilität
September/ Oktober                      Werkstatt Haushalt/Finanzen
September/ Oktober                      Werkstatt Umwelt
September/ November                     Werkstatt Offenheit & Toleranz
06.11.10                                LDK

                     Impressum: Bündnis 90/Die Grünen Berlin, Kommandantenstraße 80, 10117 Berlin
                info@gruene-berlin.de -Tel. (030) 615005-0 / 615005 62 Mobil: 0177-838 64 96 ©FD
Themengruppe

  Anders Wirtschaften
Green New Deal für Berlin

          Einführung
       Wolfgang Remmers

    Green New Deal für Berlin
        Volker Ratzmann
Anders Wirtschaften
                           Suche nach einem Green New Deal für Berlin

Der Bericht des Club of Rom von 1972 sollte die Welt aufrütteln. Doch unsere Art zu Wirtschaften
schädigt noch immer das Klima und konnte nicht verhindern dass weltweit über 1 Mrd. Menschen von
chronischem Hunger betroffen sind. Gleichzeitig durchleben wir die schwerste Finanzkrise seit den
1930er Jahren, ausgelöst und beschleunigt durch eine jahrzehntelange Liberalisierungs- und
Deregulierungspolitik.

Für Berlin kommt erschwerend hinzu, dass die ökonomische Konsolidierung der Stadt noch in vollem
Gange ist. Bedingt durch die jüngere Geschichte ist die Berliner Wirtschaft durch geringe
Industrialisierung geprägt. Durch die Globalisierung wurde der notwendige Strukturwandel von der
klassischen exportorientierten Industriegesellschaft zu einer wissensbasierten Ökonomie und den
damit verbundenen strukturellen und regionalen Verwerfungen beschleunigt.

Die Aufgaben, vor denen Berlin steht, spiegeln sich in den aktuellen Negativzahlen wider.
    • Ca. 20% der Berliner Bevölkerung beziehen staatliche Transferzahlungen.
    • 14,2% der Berliner Bevölkerung unter 18 Jahren sind arbeitslos.
    • 13,2% der Berliner Bevölkerung gelten als arm.

Die Modellregion Berlin entwickeln
Wie die Märkte und deren Potentiale global geworden sind, sind auch die sozialen und ökologischen
Verhältnisse global geworden. Dieser Herausforderung müssen wir uns bei unseren Bemühungen,
wirtschaftliche Potentiale in Berlin zu heben, stellen. Wirtschaftliche Entwicklung gepaart mit
nachhaltiger Innovation darf heute nicht mehr auf Kosten anderer Regionen der Welt durchgesetzt
werden. Auch wenn der Pfad des ökologischen Umbaus die Parameter Wachstum,
Ressourceneinsparung und Klimaschutz für die nächsten 10 bis 20 Jahre miteinander versöhnen mag,
müssen weiterreichende Konzepte entwickelt und mit deren Implementierung begonnen werden.

Aktuell nehmen wir staunend zur Kenntnis, wie begrenzt die Möglichkeiten der Ökonomen sind, diese
Gesamtkonstellation zu analysieren und daraus eine konstruktive, handlungsorientierte
Zukunftsstrategie zu formulieren.
Versuchen wir das Feld des Handelns für die Politik zurückzuerobern.

Auf folgende beispielhafte Fragen hoffen wir Antworten zu finden:

    •   WAS WOLLEN WIR?
    •   Welche Art von Wachstum braucht Berlin für eine nachhaltige und »glückliche« Stadtgesellschaft?
    •   Wie wird wieder der Mensch Maß- und Mittelpunkt wirtschaftlicher Entscheidung?
    •   Was wollen wir wie und wo produzieren?
    •   Wie verhindern wir das die Nutzung von Natur auch langfristig kein Luxusgut wird?
    •   Wie sehen moderne und wirklich nachhaltige Lebensstile in der Metropole aus?

    •   WIE BEKOMMEN WIR DAS, WAS WIR WOLLEN?
    •   Wie kann der Senat eine neue nachhaltige Unternehmenskultur befördern?
    •   Welchen Beitrag müssen Landesunternehmen zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen?
    •   Wie können sich Produktivitätsgewinne der Landesunternehmen positiv auf die Beschäftigten auswirken?
    •   Welche Fördermaßnahmen oder Infrastrukturen braucht das Land um Innovationen zu fördern, die den
        Ressourcenschutz an oberste Stelle rücken?
    •   Wie können wirtschaftspolitische Entscheidungen mit sozialer Gerechtigkeit in Einklang gebracht werden?
    •   Wie kann die Stadt mit dem demographischen Wandel umgehen?
    •   Welche Bündnispartner brauchen wir?
Green New Deal für Berlin

Berlins Attraktivität ist unbestritten und sie lässt sich auch in Zahlen fassen. Das belegen die
gegen alle anderen Trends steigenden Touristenzahlen. Nur als Wirtschaftsstandort wird die
Stadt sowohl national als auch international kaum wahrgenommen – zumindest skeptisch
beäugt. Die Konsequenzen sind bekannt: Spitzenplätze bei den Arbeitslosenzahlen und
Transferleistungen und Schlusslicht bei den Einkommenszahlen im Bundesvergleich. Hinzu
kommt die katastophale Haushaltslage, deren Konsolidierung die Verbesserung der
Einnahmesituation des Landes aus Steuern unabdingbar macht. Hätten wir die
Wirtschaftskraft Hamburgs, könnten wir etwa 2 Milliarden € mehr für Schulen, energetische
Gebäudesanierung und die Bezahlung im öffentlchen Dienst.

Berlin muss aus eigener Kraft stark werden. Die Stadt braucht einen Green New Deal. Nur
so können wirtschaftliche Innovationen, klimapolitische Ziele und soziale Teilhabe verbunden
werden. Bündnis 90/Die Grünen setzen deshalb auf die gezielte Förderung
zukunftsträchtiger Industrien. Wir wollen Berlin zur City of Green Industries machen. In der
Lösung der Klimakrise liegt auch die Lösung der Wirtschaftkrise – Berlins
Wirtschaftsstrukturen müssen auf die sich entwickelnden neuen Märkte ausgerichtet werden,
die die ökologischen Probleme angehen. Es wird immer deutlicher, dass die Zukunft unserer
Wirtschaft in grüner Industriepolitik liegt, in den Umwelt- und Energietechnologien und im
Bereich der neuen Mobilität. Gerade in diesen Bereichen muss Berlin Vorreiter werden – als
City of Green Industries. Wirtschaftsforscher und Unternehmensberater sind sich einig, dass
Wachstums- und vor allem Beschäftigungschancen in der Umweltbranche besonders hoch
sind. Sie werden die klassischen Industriebranchen nicht nur einholen, sondern
übertrumpfen. Derzeit liegt der Anteil des Umweltbereichs an der Gesamtwirtschaft weltweit
bei ca. vier Prozent, 2030 soll dieser Anteil schon 16 Prozent betragen.

Berlin muss einen Teil dieses „Kuchens“ erobern. Die Voraussetzungen sind gut: 2008
waren bereits über 40.000 Berliner und Berlinerinnen in den Unternehmen der
Umwelttechnologie beschäftigt. In den Schwerpunktbereichen Biotechnologie,
Abfallwirtschaft und Recycling, regenerative Energien wird ein Gesamtumsatz von 2,5
Milliarden Euro erwirtschaftet – das sind ca. 8 Prozent des deutschen Umsatzes. Die
Hochschul- und Forschungsstruktur in Berlin festigen das gute Fundament Berlins: über 500
Wissenschaftlern in 25 wissenschaftliche Einrichtungen der öffentlichen Forschung, die sich
allein mit dem Spektrum energiebezogener Fragestellungen befassen.

Green Industry - Green Economy ist zudem die notwendige Basis für einen umfassenden
Wandel der Industriegesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum. Deshalb
wollen wir nicht nur die Unternehmen in den Blick nehmen, die neue - klimafreundliche bzw.
–neutrale Technologien und Produkte entwickeln, sondern auch die Unternehmen, die diese
anwenden und einsetzen und damit ebenso zur Verbesserung der Ressourceneffizienz
beitragen.

Berlin kann eine Vorreiterrolle bei den Umwelttechnologien aber nur dann einnehmen, wenn
die Politik die Weichen jetzt neu stellt und die Unternehmen ihre Chancen ergreifen. Daher
brauchen wir zunächst ein grünes Industriekonzept. Dieses Konzept baut auf zwei Säulen:
auf der einen Seite geht es um die Ansiedlung neuer Industrieunternehmen in Berlin, auf der
anderen Seite stehen neue Projekte für die Unterstützung der Bestandsunternehmen. Die
Chance, neue Industrieunternehmen in Berlin anzusiedeln sehen wir in erster Linie im
Bereich der Elektromobilität. Die Automobilindustrie befindet sich in einem
Transformationsprozess. Neue ´Fahrzeuge erfordern neue Komponeten und damit neue
Zulieferindustrien.Wir müssen die Stakeholder aus Wirtschaft, Wissenschaft, NGOs und
Politik jetzt bündeln und gemeinsam beim Bund für „E-Mobility – Berlin“ werben. Es gibt
mehr als nur ein gutes Argument pro Berlin: die Wissenschaft, der Imagefaktor im
internationalen Wettstreit und die Neutralität des Standortes in Bezug auf die großen
Herstellerstandorte. Wir haben das wissenschaftliche Potential in der Stadt, sind attraktiv für
das benötigte Personal und wir haben ausreichend Flächen zur Verfügung. Es bedarf jetzt
der Entwicklung konkrete Projekte, wie und mit wem wir unsere Ressourcen bündeln und
Berlin für diesern Prozess fit machen.

Grüne Industriepolitik bietet zugleich neue Chancen und Märkte für die in Berlin
vorhandenen industriellen Kerne. Dazu gehört für uns die Entwicklung eines modernen
Verkehrskonzeptes in Berlin – Elektromobilität sowie Verkehrs- und Transportsysteme
müssen miteinander verknüpft werden. Neue Strukturen sind auch im Bereich der
Stromversorgung unerläßlich. Smart grid heißt das Schlüsselwort – es ist die Basis für alle
Klimaschutzziele. Nicht zuletzt der Ausbau der Erzeugung von erneuerbaren Energien
(Windkraft und Photovoltaik) sowie effiziente Energieumwandlung, -transport etc. sind
Kernthemen der grünen Industrie. In diesen Bereichen hat Berlin große Chancen aufgrund
der hier ansässigen Unternehmen wie Siemens, MAN, Alstom und viele mehr. Auf dieses
Fundament müssen wir endlich bauen.

Ein gutes Fundament hat Berlin auch in der Gesundheitswirtschaft: von einer sehr guten
Krankenversorgung über die international anerkannte Hochleistungsmedizin der Charite,
Pharmaunternehmen wie Bayer Schering, Pfizer bis hin zur Medizintechnik. Das Cluster
Gesundheit ist gut aufgestellt, aber es wird an Stabilität und Dynamik verlieren, wenn die
wesentlichen Strukturfragen für die Charité und Vivantes nicht umgehend geklärt werden.
Wir setzen auf die Zusammenführung von Charité und Vivantes. Nur die gemeinsame
Unternehmensführung und –steuerung kann exzellente Forschung und eine gute klinische
Versorgung unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit gewährleisten.

Ein weiterer Hoffnungsträger dieser Stadt ist der Tourismus. Das wollen wir ausbauen,
sichern und gleichzeitig für andere Wirtschaftsbereiche nutzbar machen. Unter der Leitidee
der „Grünen Stadt“ wollen wir den Grünen Berlin-Tourismus neu definieren. Nachhaltiger
Tourismus setzt u.a. auf nachhaltige Verkehrssysteme. Ob die Bahn, das Elektroauto, das
Carsharing ...es gibt viele Anknüpfungspunkte zur Elektromobilität. Der Tourismus als
Botschafter für das grüne Leitbild!

Elektromobilität, Erneuerbare Energien, intelligente und effiziente Energieverteilung, die
Gesundheitswirtschaft und der Tourismus sind Schwerpunkte für unseren Berliner Green
New Deal. Diese Cluster brauchen intelligente und effiziente Strukturen, auf die sie gründen
und die sie sowohl intern als auch extern verknüpfen. Moderne Wirtschaftsverwaltung muss
Dienstleistung aus einer Hand und an einem Ort bieten. Zuverlässige statt zufällige
Kommunikation; Transparenz, moderne IT sind weitere Schlüssel zur notwendigen
Strukturerneuerung in den Berliner Amtsstuben. Es gilt die vorhandenen Strukturen zu
bündeln und zu zentralisieren.

Diese Strukturen schaffen zugleich die Voraussetzungen, um alle anderen Berliner
Ressourcen in die Green Economy einzubinden. Da sind zum einen die über 40.000
MigrantInnenunternehmen. Mit über 100.000 Arbeitsplätzen sind sie Wirtschaftskraft,
Integration und Botschafter in einem. Auch die Kreativwirtschaft, IT- und
Kommunikationsbranche sind nicht nur wichtige Impulsgeber für Green Economy.

Berlin hat nur eine Chance, seine Krisen in den Griff zu bekommen: Klimaschutz als
Jobmotor, der wiederum soziale Teilhabe schafft.
Themengruppe

    Unternehmensförderung
              &
       Gewerbeflächen/
       Stadtentwicklung

               Einführung
        Marc Urbatsch, Felix Groba

Berliner Flächenangebote für produzierendes
                 Gewerbe
         Franziska Eichstädt-Bohlig
Wissen Nutzen! – Berliner Wirtschaft Grün fördern!

Unter dem Slogan „be berlin!“ konzentriert sich die Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung der Rot-
Roten Innovationsstrategie auf die Kompetenzfelder: Bio-, Medizin- und Verkehrssystemtechnologien
sowie Informations- und Kommunikationstechnologien/ Medien und Microsystemtechnik. Die bisherige
Arbeit des Senates im Bereich der Wirtschaftsförderung scheint wenig erfolgreich. Dies lässt sich aber nicht
auf einen Mangel an Interesse und Angeboten zurückführen, da der Rot-Rote Senat in den letzten Jahren
eine breite Produktpalette zur Wirtschaftsförderung in der Hauptstadt bereithält . Dazu zählen finanzielle
Unterstützungsangebote in Form von Investitions- und Gründungsförderprogrammen durch Zuschüsse,
Darlehen und Beteiligungen, Beratungs- und Qualifizierungsangeboten, die Einrichtung von
Gründerzentren und die Bereitstellung von günstigen Gewerbeflächen.
Die Ursachen der bestehenden Probleme bzw. die unzufrieden stellenden Ergebnisse der Rot-Roten
Wirtschaftsförderung finden sich vielmehr in:

    •   Einer ineffektiven Zusammenarbeit, Vernetzung und Abstimmung der vielzähligen städtischen und
        privaten Akteure als auch die Förderprogramme der Stadt, des Bundes und der EU
    •   Inflexibilität der Senatsverwaltung in verschiedenen Bereichen was zu einem Mangel an
        unkomplizierter, zielorientierter, schneller Zusammenarbeit zwischen Senat, den Akteuren der
        Wirtschaftsförderung und derer die sie benötigen, führt.
    •   Unzureichend zielgerichtete und erfolgsorientierte Beratungsangebote.

Was wir wollen:
Im ersten Block wird in einer Open Space Diskussion die Möglichkeit zum Experteninput,
Erfahrungsaustausch, Problemsammlung etc. gegeben. So sammeln wir Themen für die Diskussion von
Lösungsansätzen im zweiten Block. Dies soll auch Raum geben für eine generelle Ideensammlung zur
Grünen Wirtschaftsförderung. Dabei wollen wir aber auch die Debatte der Wirtschaftsförderung über die
generelle Forderung nach mehr Fördermitteln und Clusterförderung hinausbringen. Einige Leitfragen für
unser Brainstorming sind:

•   Wie kann Berlin zum Magneten für junge und innovative Unternehmen werden?
•   Wie kann eine effektive Vernetzung der Akteure der Wirtschaftsförderung hergestellt werden?
•   Wie können vorhandene Förderprogramme besser genutzt werden?
•   Wie kann die Berliner Wirtschaftsförderung optimiert werden?
•   Wie können neue Netzwerke unterstützt werden?
•   Wie kann Risikobereitschaft erhöht und mehr Risikokapital bereitgestellt werden?

Bei unserem Brainstorming unterstützen uns:
Rolf Friedrichsdorf: Engagiert sich hauptsächlich im ersten privatwirtschaftlich betriebenen
Gründerzentrum Berlins, dem Phoenix-Gründerzentrum. Das Phönix-Gründerzentrum am Borsigturm in
Tegel bietet jungen und kleinen Unternehmen mit den Schwerpunkten Informations- und
Kommunikationstechnik, Logistik und Verkehrstechnik das notwendige Umfeld für eine Entwicklung am
Markt. Darüber hinaus „wühlt“ er kräftig im Bundesverband der Deutschen Innovations-, Technologie- und
Gründerzentren (ADT e.V.) und den Science Park and Innovation Center Experts (SPICE Group) in der
regionalen, nationalen und internationalen Technologie- und Gründerszene mit.

Andreas Gebhard ist Gründer und Geschäftsführer von newthinking communications. Er war
Bundessprecher des Grün Alternativen Jugendbündnisses. Er ist ehemaliger Büroleiter einer Abgeordneten
des Europäischen Parlaments und Projektleiter der Internetkampagne „Bundestux – Pinguine ins Amt” zur
Einführung von Linux im deutschen Bundestag. Er hat langjährige Politikerfahrung und war mehrere Jahre
Pressesprecher des LinuxTag - der größten Messe für Freie Software in Europa.

Kontakt:        Marc Urbatsch           marc.urbatsch@gruene-berlin.de
                Felix Groba             Felix.Groba@gmx.net
Hintergrundinformationen:

Berliner Programme zur Existenzgründung (Auswahl)
  • IBB Berlin INTRO und IBB Berlin INVEST
  • Berlin Start: Finanzierung durch IBB Kredite und Bürgschaften
  • Meistergründungsprämie
  • Berlin Kapital & Berlin Kredit : Verbesserung der Kapitalstruktur mittelständischer Unternehmen
  • ProFIT – Förderung von Forschung, Innovation & Technologie
  • VC Fond Technologie Berlin (IBB-Beteiligungsgesellschaft)

Akteure (Auswahl):
 • Senatsverwaltung Wirtschaft, Technologie,         • Bürgschaftsbank zu Berlin-Brandenburg
   Frauen                                                GmbH
 • Bezirke                                           • Industrie & Handelskammer Berlin
 • Berlin Partner                                    • TSB Innovationsagentur Berlin GmbH
 • Zukunft im Zentrum GmbH                           • TSB Technologiestiftung Berlin
 • IBB Bank & IBB Beteiligungsgesellschaft
 • Mittelständische Beteiligungsgesellschaft
   Berlin-Brandenburg GmbH
Existenzgründungen in Berlin (2009)                 Branchenstruktur der Existenzgründungen
 • ca 40.000 Neugründungen (30.000                  • Unternehmensdienstleistungen 29.7%
    Stilllegungen)                                  • Handel 20.8%
 • 1500 Insolvenze (+9.8%)                          • Öffentliche & personenbezogene
 • Selbstständigenquote 14.1% (Bundesschnitt           Dienstleistungen 15.5%
    11.0%)                                          • Information & Kommunikation 4.9%
                                                    • Baugewerbe 14.1%
                                                    • Finanz- & Versicherungsdienstleistungen
                                                       2.5%
                                                    • Verarbeitendes Gewerbe 2.6%
Fördervolumen Berlin (2009)
Programme IBB (2009)                                KfW Mittelstandsbank:
 • Berlin Start: 89 Bewilligungen, 5.1 Mio €         • Unternehmerkredit (Existenzgründung):
 • Berlin Kredit: 625 Bewilligungen, 94.8 Mio €         162 Bewilligungen, 51 Mio. €
 • KMU-Fonds: 214 Bewilligungen, 2.9 Mio €           • Eigenkapitalhilfedarlehen: 39
                                                        Bewilligungen, 4.5 Mio €
                                                     • Startgeld: 158 Bewilligungen, 5.0 Mio €
Berlin (2006):
 • Grüne Wissenschaftspolitik – verlässlich, innovativ, gerecht
 • Vielfalt als Stärke in Forschungslandschaft. Ziel, die disziplinübergreifende Vernetzung in der
     Gesamtregion stärker zu fördern. „Telefonbuch“- Angebote wie der Wissenschaftsatlas sind
     unzureichend
 • nachhaltige Strategie der Clusterentwicklung Kreativ - & Gesundheitswirtschaft – finden. Vielfalt
     gezielt unterstützen und Umwelttechnik als Motor zukünftiger Beschäftigung etablieren.
 • klassische Wirtschaftsförderpolitik nehmen die kleinen Firmen kaum in Anspruch. Forderung:
     Auflegung eines Kreativfonds mit dem Kreative, flexibel und unbürokratisch unterstützt werden.
 • Cluster Support“ Programm schaffen.
 • verbesserte Förderung von Gründungen aus den Hochschulen. Dazu wollen wir ein
     ExistenzgründerInnenprogramm einrichten, das sich anders als bisher nicht nur an technisch-
     naturwissenschaftliche Bereiche richtet.
 • Lehrveranstaltungen die die notwendigen Qualifikationen für Gründer vermitteln.
NRW (2010):
 • Wissen ist Zukunft – Focus auf umweltfreundliche Technologien.
 • Wirtschaftsförderung Grün Denken und daher Neuausrichtung der Cluster
• Erneuerungsbedarf in der Flächenbewirtschaftung, Kommunen sollen sich nicht mehr gegeneinander
  ausspielen
• Vorfahrt für KMU’s durch Zuverlässige Kreditversorgung
1

BERLINER FLÄCHENANGEBOT FÜR PRODUZIERENDES GEWERBE

Informationen zum Werkstattgespräch Wirtschaft am 26.6.2010

Vorbemerkung: Die folgenden Informationen beziehen sich auf Flächen für produzierendes
Gewerbe / Industrie. Am Schluss habe ich ergänzend die aktuellen Informationen, die ich zu
den Büroflächen bekommen habe, dargestellt.

Flächenangebote für verarbeitendes Gewerbe

Berlin hat im Flächennutzungsplan ca 4.500 ha Gewerbeflächen ausgewiesen.
Nach dem „Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich“ von 2004 bietet
Berlin aktuell ca 2.800 ha Industrie- und Gewerbeflächen in 37 Gebieten an, darunter ca 500
ha landeseigene Flächen. Das heißt, dass ca 60% der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen
Flächen noch nicht genutzt sind ( manchmal untergenutzt oder provisorisch genutzt) sondern
auf Wirtschaftsansiedlung warten. (siehe „Entwicklungskonzept für den
produktionsgeprägten Bereich“ und Gewerbeflächenatlas bei Sen WiTechFrauen)

Schwerpunktgebiete sind im Westen die Achse Siemensstadt – Spandau – Flottenstraße und
Reinickendorf, im Südwesten Großbeerenstraße / Motzener Straße, im Südosten Grenzallee /
Sonnenallee, Adlershof und Johannisthal, im Nordosten Marzahn-Nord und Süd,
Hohenschönhausen und Herzbergstraße in Lichtenberg.

Neu hinzu gerechnet werden müssen die geplanten 200 ha Industrie- und Gewerbeflächen, die
im Flughafen Tegel als Nachnutzung geplant werden, während in Tempelhof nur 20 ha für
Gewerbenutzung vorgesehen sind.

Wichtig sind auch die ca 1000 ha neue Gewerbeflächen rund um den neuen Flughafen
Schönefeld (davon 100 ha in Bohnsdorf innerhalb der Berliner Grenzen).

Berlin erklärt, damit Industrie- und Gewerbeflächenangebote bis zum Jahr 2035 zu haben.
Tatsache ist, dass es nicht nur durch die Flughafenschließungen sondern auch durch die
Aufgabe von Güterbahnhofsflächen tendenziell eher mehr als weniger Flächenangebote
werden. Gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten im produktionsgeprägten Bereich
zurückgegangen von 1995 503 000 auf ca 390 000 Beschäftigte 2010.
(Ich habe keine Aussagen über die jährliche Flächennachfrage gefunden.)

Profilierung von Produktionsstandorten
Bei der Flächenvergabe bemüht sich Berlin, Clusterbildungen und gewerbliche Netzwerke zu
stärken. Natürlich soll auch die Verknüpfung mit Wissenschaftsstandorten befördert werden.
Pauschal galten im STEP Gewerbe von 1999 als Ziele:
Der Produktionsschwerpunkt West soll v.a. auf Elektrotechnik, IuK, Verkehrstechnik und
Maschinenbau ausgerichtet sein.
Der Produktionsschwerpunkt Süd: ebenfalls Verkehrstechnik und Maschinenbau.
Der Produktionsschwerpunkt Ost: ebenfalls Elektrotechnik, IuK, Verkehrstechnik,
Maschinenbau. Dieser Schwerpunkt gilt als größtes räumliches Potenzial für neue
Unternehmen.

Inzwischen ist das durch die Cluster und Kompetenzfelder IuK / Medien, Kulturwirtschaft,
Biotechnologie, Gesundheitswirtschaft / Medizintechnik, Verkehrstechniken und optische
2

Technologien ersetzt worden. (In der Schwerpunktaufzählung fehlen nach wie vor die
Umwelttechniken).
Logistikschwerpunkte für die Versorgung der Innenstadt sollen die BAB 100 in Tempelhof /
Neukölln, der Westhafen und das BAB Dreieck Charlottenburg sein.

Technologieparks / Innovations- und Gründerzentren
Besondere Bedeutung und natürlich besondere Förderung haben die auf Clusterbildung,
Wissenschaftskooperation und Innovation ausgerichteten Technologieparks:
   - Das Umfeld Klinikum Buch / Max-Delbrück-Centrum,
   - Das Umfeld der Freien Universität (Benjamin-Franklin – Klinikum mit
      Medizintechnik)
   - Adlershof / Johannisthal (Umfeld Humboldt-Universität Südost)
   - (mit derzeit noch 65 ha Angebot an baureifen Flächen und bald zusätzlich 30 ha des
      ehemaligen Bahngeländes)
   - Clean-Tech-Business-Park Berlin-Marzahn mit 90 ha Angebot
   - Gasometer Schöneberg (Umwelttechnologie, Elektroauto)
   - Ex-Flughafen Tempelhof, 20 ha Areal am Tempelhofer Damm (ist derzeit
      widersprüchlich, einerseits Umwelttechnologie / Elektroautomobiltechnologie,
      andererseits Gewerbe rund um die ZLB)
   - Neu ca 90 ha von insgesamt 200 ha und ca 135 000 qm Dienstleistungsfläche auf dem
      Ex Flughafen Tegel als Forschungs- und Industriepark Zukunftstechnologie.

Flächenangebote in Brandenburg
Brandenburg hat sehr großzügige Flächenausweisungen für Gewerbe vorgenommen (Zahl?)
Es fördert seit 15 „Regionale Wachstumskerne“ (RWK’s) und insgesamt 15
Branchenkompetenzfelder, die Fördervorrang und höhere Fördersätze genießen. Im
Flughafenumfeld befinden sich der RWK Schönefelder Kreuz (Schönefeld, Wildau,
Königswusterhausen) und RWK Ludwigsfelde.

Durch die in Brandenburg noch geltende Ziel 1 – Förderung der EU hat Brandenburg in der
Unternehmensansiedlung ein großes Prä gegenüber Berlin. So hat Brandenburg in den letzten
Jahren sehr erfolgreich Unternehmen der Regenerativen Energien angesiedelt.

Bodenpreise für produzierendes Gewerbe
Berlin wirbt mit sehr viel günstigeren Preisen als die anderen europäischen Hauptstädte und
mit dem Slogan: Grundstückskosten zu Umlandpreisen.
In Innenstadtrandlage liegen die Grundstückspreise bei 100 bis 250 € / qm bei ein- bis
zweigeschossiger Ausnutzung, in Stadtrand- und Speckgürtellage zwischen 40 und 150 € /
qm. Natürlich variieren die Preise sehr stark nach ausnutzungsgrad und nach Verkehrsgunst.

Verkehrsanbindung
Nach wie vor gilt der Autobahnanschluss als das wichtigste Qualitätsmerkmal für Flächen für
produzierendes Gewerbe. Darum enthält das „Entwicklungskonzept für den
produktionsgeprägten Bereich“ in seinen Plänen immer die A 100 bis zur Frankfurter Allee(!).
Die Ansiedlungschancen für die in Lichtenberg, Hohenschönhausen und Marzahn gelegenen
Flächen sind tatsächlich stark eingeschränkt wegen schlechter Autobahnanbindung. (Marzahn
– Nord geht etwas besser wegen passabler Verbindung zum Aussenring).
3

Es sind auch ganz besonders die Gewerbebetriebe in Neukölln an der Grenzallee, die sich für
den Weiterbau der A 100 nach Treptow stark machen. Sie setzen auf die Umwandlung der
Kleingärten längs der Autobahn in Gewerbeland zur Stärkung ihres Standorts Grenzallee.

Industrie / Gewerbe und Umwelt
In Berlin gibt es gewerbliche Umweltinitiativen nur vereinzelt. Das Programm Ökoprofit, das
in der letzten EU – Förderperiode recht erfolgreich lief, wurde 2006 auf nicht auftauendes Eis
gelegt.

Interessant ist die Initiative der Unternehmen im Gebiet Motzener Straße, die sich schrittweise
zu bestimmten Energiespar- und Ökologiemaßnahmen wie gemeinsam organisierte
Abfallentsorgung oder Wärmenutzung verständigen. Renate Künast ist hier Patin.

Auch sollte die Schweizer Vereinigung „Wirtschaft und Natur“ in Berlin zur Diskussion
gestellt werden, wo bislang über 100 Unternehmen ihre Gebäude und / oder ihre
Betriebsverfahren unter Umweltaspekten optimiert haben, wobei die Maßnahmen nach einem
einheitlichen Konzept zertifiziert werden.

Berlins Büroflächenangebot
Zur ergänzenden Information hier die wichtigsten Informationen zu den Büroflächen:
Der Senat selbst erhebt seit Jahren keine Daten zum Thema Büroflächen, sondern bezieht sich
auf die Aussagen der Immobilienwirtschaft, Das Frühjahrsgutachten 2010 der
Immobilienwirtschaft (erstellt vom „Rat der Immobilienweisen“ im Auftrag des ZIA e.V.).

Das aktuelle Gutachten enthält Aussagen zur Entwicklung 2008 / 09 und macht Voraussagen
für 2010:
Büroflächenbestand: 2008:18,2 Mio qm; 2009:18,3 Mio qm; Prognose 2010: 18,4 Mio qm
Fertigstellungen:   2008: 117 000 qm; 2009: 80 000 qm; Prognose 2010:118 000 Mio qm
Leerstand:                  8,2%                8%                          9%
Flächenumsatz:             490 000 qm          440 000 qm                   ?
Spitzenmieten:                22 €/qm            20,10 € / qm               20 € / qm
Beschäftigte:              606 000 Besch.      611 000 Besch.            602 000 Besch.

Da in 2009 in anderen großen Dienstleistungsstädten die Umsätze um über 20%, teilweise bis
zu 50% zurückgegangen sind und Leerstände bis 19% (Frankfurt) zu verzeichnen sind, ist
Berlin in Sachen Büroentwicklung bislang ziemlich glimpflich davongekommen.

Franziska Eichstädt – Bohlig
Berlin, 21.6.2010

P.S. Aus Zeitknappheit konnte ich nicht alle Zahlen und Informationen auf den letzten Stand
prüfen.
Entwicklungskonzept für den
produktionsgeprägten Bereich
Forschungsprofile und Branchenschwerpunkte
Entwicklungskonzept für den
produktionsgeprägten Bereich
Flächenkulisse
Themengruppe

Neue Arbeit

  Einführung
Ajibola Olalowo
„Neue Arbeit“
Die Wirtschaft – nicht nur in Berlin – ist im Wandel begriffen und damit auch der Arbeitsmarkt und
die Arbeitswelt. Mit einer stärkeren Wissens- und Dienstleistungsorientierung ändern sich einerseits
die Anforderungen an die Beschäftigten, andererseits ergeben sich aber auch neue Chancen.

Die Transformation der Arbeitswelt
Wir erleben eine Transformation der Arbeitswelt. Das „Normalarbeitsverhältnis“ (sozialversichert,
Vollzeit, unbefristet), das für die Beschäftigung in der Industrie kennzeichnend ist, verliert an Bedeu-
tung. In der neuen Arbeitswelt sind dagegen Formen der atypischen Beschäftigung auf dem Vor-
marsch.
Das gilt sowohl in qualitativer Hinsicht als auch was den Umfang und den Lohn der Arbeit betrifft.
Gestaltungsspielräume wie auch Verantwortlichkeiten steigen, beispielsweise durch immer flacher
werdende Hierarchien. Es kommt zu zunehmender und zugleich immer kleinteiliger werdender Selb-
ständigkeit. Die Veränderungen betreffen nicht nur das Lohngefüge, sondern auch das Ausmaß der
Teilzeitbeschäftigung. Für viele Beschäftigte bringen diese Umstellungen jedoch stärkere Unsicherhei-
ten und häufig schlechtere Arbeitsbedingungen mit sich.

Zu den neuen Entwicklungen gehört auch, dass sich trotz hoher Arbeitslosigkeit und struktureller Un-
terbeschäftigung in einigen Branchen und Berufsgruppen ein Fachkräftemangel abzeichnet. Unter-
nehmen suchen zunehmend Arbeitskräfte, die entweder mit den gewünschten Qualifikationen nicht
ausreichend auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind oder, die anderswo attraktivere Arbeits- und Le-
bensbedingungen vorfinden. Von Seiten der Erwerbstätigen gibt es aber auch das Bedürfnis nach einer
Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie einer nachhaltigen work-life-balance.

Zu den neuen Herausforderungen an die Arbeitswelt von morgen gehören auch die sich verändernde
Altersstruktur der Beschäftigten, die Bedingungen zum lebenslangen Lernen sowie neue Branchen-
strukturen und damit einhergehend neue Berufsbilder.

Im Arbeitsgruppe „Neue Arbeit“ wollen wir diese Entwicklungen für Berlin einordnen und bewerten.
Zentrale Fragestellungen sind:

Mit folgenden Fragen wollen wir uns u.a. beschäftigen
1. Es gibt Veränderungen in der Wirtschaft Was heißt das für die Beschäftigten konkret? Wie sieht
   diese „Neue Arbeit“ aus?
2. Wie sieht die "Neue Arbeit" aus?
3. Was bedeuten die Veränderungen für die Beschäftigten konkret?
4. Mit den Veränderungen am Arbeitsmarkt entstehen neue Chancen, welche emanzipatorischen
   Spielräume tun sich hier auf? Welche Rahmendingungen kann die Landespolitik schaffen, damit
   auch die Beschäftigten diese neuen Entfaltungsmöglichkeiten nutzen können?
5. Berlin spielt eine wichtige Rolle als Nachfrager für den Arbeitsmark sowohl selbst als „Dienstherr“
   oder „Unternehmer“ aber auch im Rahmen von Beschaffungen und Ausschreibungen. Wie kann
   dies genutzt werden um einen Beitrag zu Guter Arbeit zu leisten?
6. Wie kann nachhaltige Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik neue Arbeit in grünen Zukunftsbran-
   chen stärken?
7. Zahlreiche Studien sagen für die Zukunft einen gravierenden Fachkräftemangel voraus, wie wirkt
   sich die Fachkräfteentwicklung und die Veränderung der Arbeitswelt insbesondere in Berlin aus?
   Wie kann eine grüne Fachkräfteinitiative aussehen?
8. Mit lebenslangem Lernen kann sowohl die Beschäftigungsfähigkeit unter sich wandelnden Rah-
   menbedingen wie auch die Ausstattung mit Fachkräften gesichert werden. Mit welchen Instrumen-
   ten kann die Landespolitik dies fördern? Welchen Beitrag müssen die Unternehmen leisten?
9. Wir wollen für Berlin einen Green New Deal. Was heißt das für den Arbeitsmarkt?
Themengruppe

  Landesunternehmen und
      Beteiligungen

               Einführung
  Anne Köhler, Dr. Hermann Falk, Günter
                 Kuhnle

Landesunternehmen und Beteiligungen für die
        öffentliche Daseinsvorsorge
                Heidi Kosche

  Privat oder staatlich- was schreckt mehr?
                 Jochen Esser

      Klima-Stadtwerk Berlin Energie
   Michael Schäfer, Oliver Schruoffeneger
Themenpapier zur Arbeitsgruppe
           Landesunternehmen, Beteiligungen und öffentliche Daseinsvorsorge

Warum uns dieses Thema besonders interessieren sollte:
Der Begriff „öffentliche Daseinsvorsorge“ beschreibt die Aufgabe des Staates, die für ein sinnvolles
menschliches Dasein notwendigen Güter und Dienstleistungen bereitzustellen. Wasser, Energienetze,
Müllabfuhr oder öffentlicher Nahverkehr gelten als solche öffentlichen Güter, die im freien Markt also
unter wettbewerblichen Bedingungen nicht angeboten würden. Maßstab der Daseinsvorsorge sollte
eine effiziente Leistungserbringung für die Bürger sein. Angesichts gestiegener Energie- und Wasser-
preise in Berlin fragen sich aber viele BürgerInnen, ob die Stadt hier ihren Aufgaben gerecht wird.
In Berlin sind heute Strom-, Gas- und Fernwärmeversorgung privatwirtschaftlich organisiert (Vatten-
fall und Gasag). Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) sind teilprivatisiert. Die Kritiker werfen dem
Senat vor, trotz öffentlicher Beteiligung an den BWB die Kontrolle komplett aus der Hand gegeben zu
haben und seit der Privatisierung hagelt es negative Schlagzeilen: Einsparungen durch Entlassungen,
Vernachlässigung von Wartung der und Investitionen in die Infrastruktur, Anstieg der Wasserpreise
und Einnahmeausfälle im Berliner Haushalt durch die vom rot-roten Senat vereinbarte garantierte
Rendite für die privaten Eigner. Die in den 90iger Jahren vorgenommenen Privatisierungen sollten die
Lücken im Berliner Haushalt füllen und nun wird öffentlich über eine Rückkehr zu kommunalen Un-
ternehmen debattiert.
Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf prüfte jüngst den Einstieg beim Gasversorger GASAG, um
Einfluss auf die Energiepreise in der Stadt nehmen zu können. Aber allein schon die Verschuldung der
Stadt lässt keinen Spielraum für eine solche Beteiligung. In einem Thesenpapier vom Mai für ein E-
nergiekonzept für Berlin schlägt Wolf die Neugründung eines kommunalen Versorgers ("Berlin Ener-
gie") nach dem Vorbild Hamburgs sowie die Beteiligung Berlins an den Energienetzen vor und möch-
te mehr öffentlichen Einfluss auf die Energieerzeugung der Stadt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben schon in den 90er Jahren konkrete Vorschläge gemacht, wie im
Bereich der Daseinsvorsorge die politische Steuerung mit der Flexibilität des Marktes verbunden wer-
den kann. Dabei soll der Staat keine eigenen Unternehmen besitzen, sondern nur die Kontrolle über
deren Wirtschaften ausüben. Zum Thema Energienetze äußerte sich Volker Ratzmann am 16.5.2010 in
der Morgenpost : „Netze sind die Autobahnen der Zukunft“...."Auf die müsse sich Berlin den Zugriff
sichern. Die Grünen fordern das schon lange.“ Ratzmann wäre zum Beispiel dafür, „das Gasnetz zu-
rückzubauen, dessen Leitungen in vielen Straßen parallel zur Fernwärmeleitung liegen.“

Wie soll die öffentliche Daseinsvorsorge in Berlin in den Bereichen Energie und Wasser
nachhaltig und ressourceneffizient ausgestaltet werden? Wie erreichen wir wieder ein
zufriedenstellendes Angebot von Energie und Wasser für die Berliner BürgerInnen?

1. Grünes Wirtschaften und öffentliche Daseinsvorsorge
Diese Fragen wollen wir dazu der Gruppe u. a. stellen:
Welche Leistungen fallen ausschließlich in den Bereich der staatlichen Aufgaben?
Welche Leistungen können öffentliche / kommunalwirtschaftliche Unternehmen besser als private
Unternehmen anbieten und warum?
Welche Aufgaben sollte der Staat bzw. die Kommune besser behalten?
Was ist möglich an öffentlicher Daseinsvorsorge in Berlin trotz leerer Kassen?
Was müsste bei der Bewirtschaftung der Energienetze geändert werden und welche Rolle könnte ein
kommunaler Eigentümer dabei spielen?
Was halten wir von dem Vorschlag des Wirtschaftssenators zur Gründung eines eigenen Stadtwerks?
Wie soll sich Berlin bei der Neuverhandlung der Konzessionsverträge für die Berliner Strom- und
Gasnetze verhalten, die 2013 bzw. 2014 auslaufen?

2. Öffentliche Beteiligungen im Interesse der BerlinerInnen ausgestalten
Diese Fragen wollen wir dazu der Gruppe u. a. stellen:
Wie kann Berlin seinen Einfluss über seine Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben verbessern?
Was sollte an der Ausgestaltung der BWB-Beteiligung ggf. geändert werden?
Was sind die Antworten der Grünen auf die Fehler in der öffentlichen Beteiligung unter Rot-Rot?
Welche Entscheidungen sollte die Berliner Politik als „Anbieter“ der Daseinsvorsorge im Wasserbe-
reich unbedingt mitgestalten?
Wie kann die Einhaltung von Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien bezüglich Vorlieferanten, Res-
sourceneffizienz und Tariftreue sichergestellt werden?

Organisationsteam:
Anne Köhler (anne_koehler@web.de)
Dr. Hermann Falk
Günter Kuhnle
Heidi Kosche, MdA
                                                                                    Stand 20.06.2010
                       Thesenpapier zur BerlinWerkstatt Wirtschaft
                                          von
                          Bündnis90/Die Grünen am 26.06.2010

AG 4: Landesunternehmen und Beteiligungen für die
öffentliche Daseinsvorsorge
Begriffserläuterung
Die Diskussion um die zukünftige Rolle und Funktion öffentlicher Dienstleistungen
wird u. a. dadurch erschwert, dass zum heutigen Zeitpunkt zahlreiche verwandte
Begriffe existieren, die wiederum verschiedenen Ursprungs sind und unterschiedliche
Bedeutungen (wie auch gegenseitige Abgrenzungen) haben und dadurch nicht
synonym verwendet werden können. Sie laufen aber alle im Wesentlichen darauf
hinaus, Strukturen zu benennen, mit deren Hilfe die gesamte öffentliche Versorgung
zur Verfügung gestellt wird, die zur gesellschaftlichen und individuellen Entwicklung
erforderlich ist.

Der Begriff öffentliche Dienstleistungen drückt vor allem eine öffentliche
Verantwortung für die Erbringung bestimmter Leistungen aus. Diesem eher
allgemeinen Konzept liegt ein Verständnis über die Aufgaben des modernen Sozial-
und     Wohlfahrtsstaates     zugrunde,    wonach     dieser      Verteilungs-    und
Allokationsfunktionen übernimmt.
Ebenso wie der in Staaten romanischer Rechtstradition wie Frankreich, Italien und
Spanien hauptsächlich verwandte Begriff Service Public (bzw. servizio pubblico und
servicio publico) drückt auch der im deutschsprachigen Raum benutzte Begriff
Daseinsvorsorge eine staatliche Verantwortung für die Erbringung bestimmter
Leistungen aus. Das vom Staatsrechtler Ernst Forsthoff erstmals 1938 in einer
Schrift beschriebene Konzept der Daseinsvorsorge geht nicht von einem Anspruch
der Bürger aus, der seitens des Staates erfüllt wird, sondern es ist der
bevormundende Staat selbst, der bestimmt, was warum für seine Bürger gut ist.
Aufgrund dieses Staatsverständnisses und seiner Nähe zur Gemeinschaftsideologie
des Dritten Reiches wird der Begriff zurecht kritisiert. Trotzdem ist er – im
wesentlichen losgelöst von seinem historischen Kontext – zu einem zentralen Begriff
in der (deutschsprachigen) öffentlichen Debatte geworden, auch wenn er einen nur
eher beschreibenden Charakter hat und mangels klarer Definitionen nur schwer
eingrenzbar ist. Wegen der Unbestimmtheit des Wortes lehnt vor allem die wohl
herrschende Meinung der Rechtswissenschaft den Ausdruck als Rechtsbegriff ab.
Mit Blick auf die offizielle europäische Ebene ist feststellbar, dass verschiedene
Begriffe Anwendung finden. Im Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft (EGV) ist von Diensten bzw. Dienstleistungen von allgemeinem
wirtschaftlichen Interesse die Rede1, dieser Begriff wird allerdings dort nicht weiter
erläutert. Die Europäische Kommission hat im Laufe der vergangenen Jahre in
verschiedenen Mitteilungen2, in einem Grünbuch3 und in einem Weißbuch4,
unterschiedliche Begriffe verwendet und letztlich obigen näher erläutert: Gemeint
1
  Art. 16 und Art. 86 (2) EGV in der geltenden Fassung vom 2.10.1997 (Vertrag von Amsterdam)
2
  Commission Of The European Communities (1996): Services Of General Interests In Europe, Communication
form the Commission COM(96) 443 final, Brüssel 11.09.1996 u. Europäische Kommission (2000): Leistungen
der Daseinsvorsorge in Europa, Mitteilung der Kommission KOM(2000) 580, Brüssel 20.9.2000
3
  Europäische Kommission (2003): Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Mitteilung der
Kommission KOM(2003) 270 endgültig, Brüssel 21.05.2003
Heidi Kosche, MdA
                                                                                          Stand 20.06.2010
sind alle Tätigkeiten, „die von den Mitgliedsstaaten oder der Gemeinschaft mit
besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden und für die das Kriterium
gilt, dass sie im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden.“ 5 Der Begriff
Gemeinwohlverpflichtungen bezieht sich dabei auf „die besonderen Anforderungen
staatlicher Behörden an den Anbieter des betreffenden Dienstes, mit denen
sichergestellt werden soll, dass bestimmte Gemeinwohlinteressen erfüllt werden [...]“6
Auch die Begriffe Gemeingüter und öffentliche Grundversorgungsunternehmen
sind zuletzt in der Debatte aufgetaucht.
Alle dargestellten Begriffe stehen für eine Haltung eines Gemeinwesens, das selbst
Leistungen für seine BürgerInnen und für das Funktionieren des Gemeinwesens
erbringt bzw. dafür eine Verantwortung hat.

Die Kommunen nehmen aufgrund ihrer Selbstverwaltungsgarantie gem. Art. 28 Abs.
2 GG im Rahmender Gesetze die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“
wahr. Berlin ist gleichzeitig Kommune und Bundesland. Deshalb wird hier
Landesunternehmen und kommunales Unternehmen synonym verwendet.

Thesen

    1. Die Frage, welche Dienste und Güter ( durch welche Unternehmen)
       öffentlich bereitgestellt wurden und werden, war und ist auch in Zukunft
       immer Ausdruck von politischen und sozialen Auseinandersetzungen
       sowie auch des bestehenden Wertekanons. Erst dadurch wird bestimmt, ob
       Dienstleistungen öffentlich oder privat sind oder ob sie von allgemeinem
       (wirtschaftlichen) Interesse sind oder nicht – es gibt keine „objektive“
       Definition. Veränderungen in der Bereitstellung öffentlicher Güter und
       Dienstleistungen bedeuten daher immer Veränderungen von
       gesellschaftlichen Machtverhältnissen oder ziehen Veränderungen von
       Machtverhältnissen nach sich. Somit geht es bei diesen
       Auseinandersetzungen um öffentliche Güter und Dienstleistungen in erster
       Linie um normative Entscheidungen, warum bestimmte Bedürfnisse von
       Nutzern durch öffentliche oder durch private Anbieter befriedigt werden sollen.
       Dabei wird eine gesellschaftliche Verständigung darüber unterstellt, inwieweit
       Güter und Leistungen, die nicht privatwirtschaftlich (also gewinnbringend)
       erbracht werden (können), dennoch zur Verfügung gestellt werden (können),
       nämlich als öffentliche Güter und Dienstleistungen. Die Definition öffentlicher
       (Kern-)Aufgaben ist also nicht statisch, sondern historisch und regional
       betrachtet unterschiedlich und wandelbar – entsprechend der
       gesellschaftlichen Interessen und Anforderungen.

    2. Für die Bereitstellung „lebensnotwendiger Leistung“, wie Energie,
       Wasserver- und -entsorgung, öffentlicher Personennah- und -fernverkehr,
       Bildung, Gesundheitswesen, Rentensystem, Wohnungsbau,
       Telekommunikation, Müllentsorgung, Straßenreinigung u. a., festigte sich ab

4
  Europäische Kommission (2004): Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Mitteilung der
Kommission KOM(2004) 374, Brüssel 2004; Im Weißbuch sind die Schlussfolgerungen der Beiträge zum
genannten Grünbuch der Kommission (2003) zusammengefasst. Es kann zudem als Aktualisierung für die
politischen Leitlinien betrachtet werden, die in den zwei erwähnten Mitteilungen von 1996 und 2000 festgelegt
wurden
5
  Ebd., S. 27
6
  Ebd., S. 28
Heidi Kosche, MdA
                                                                    Stand 20.06.2010
      dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der 1970er Jahre in
      Europa eine nationalstaatliche Verantwortung und Vorherrschaft.

   3. Der mit der Globalisierung verbundene Druck zu Liberalisierung,
      Deregulierung und Privatisierung führte seit 1996 zu weit reichenden
      Privatisierungsoptionen, besonders in der Wasserwirtschaft.

   4. Liberalisierung und Privatisierungen in vielen Bereichen führte zu immer
      größeren Konzernen mit Tendenz zur Monopolstellungen.

   5. Durch falsche Steuerpolitik haben die Kommunen immer weniger Geld in
      der Haushaltskasse und suchen nach Einnahmen. Der (Teil-)Verkauf eines
      öffentlichen (kommunalen) Unternehmens/Stadtwerkes diente oft nur dazu,
      schnelles Geld in die Kasse zu bringen.

   6. Verbunden werden die Verkäufe mit dem Credo, dass die privaten
      UnternehmerInnen die Betrieb wirtschaftlicher und effektiver zum Nutzen
      der BürgerInnen betreiben könnten. Der Preis der Leistung sollte fallen und
      der Service besser sein.

   7. Mittlerweile gibt es zahlreiche Beispiele, was von den Ankündigungen der
      privaten Investoren zu halten ist: Höhere Preise und Gebühren, schlechterer
      Service, rücksichtlose Ausnutzung von Angebotsmonopolen, weniger
      demokratische Kontrolle, prekäre Arbeitsverhältnisse, Verlust von
      Arbeitsplätzen und zu geringe Investitionen in die Landesunternehmen.

   8. Eigenständige Stadtwerke, die bestmöglich mit anderen kommunalen
      Stadtwerken kooperieren, sind das wichtige Gegengewicht gegen die
      Marktmacht der europa- oder weltweit aktiven Konzerne.

   9. Erwirtschaftete Gewinne/Überschüsse von 100%igen Landesunternehmen/
      Stadtwerke können zum Erhalt, zur Modernisierung und Ausbau von
      Infrastruktur und Lebensqualität eingesetzt werden. Ob Gewinne auch in
      die Haushaltskasse fließen sollen und dann damit Bäder, Schwimmhallen,
      Brunnen, Kultur, Kindertagesstätten, Sportplätze o. a. quersubventioniert
      werden, sind Fragen der politischen Auseinandersetzung. In Paris, wo die
      städtische Wasserver- und -entsorgung seit Anfang 2010 wieder in rein
      kommunaler Hand ist, sollen mögliche künftige Überschüsse nun in die
      Modernisierung der Aufbereitungsanlagen und des Leitungsnetzes investiert
      werden.

   10. Der Abbau von Überschüssen, die nicht als Investitionen oder Rücklagen im
       städtischen Unternehmen verbleiben und die auch nicht als
       Quersubventionierungsgelder verwandt werden, kann zu Preis- bzw.
       Tarifsenkungen eines Unternehmens verwendet werden.

   11. Die Gründung / Weiterentwicklung von Stadtwerken in öffentlicher Rechtsform
       hin zu partizipativen Eigenbetrieben (Transparenz und Mitsprache) ermöglicht,
       die bisherigen erweiterten Partizipationsmöglichkeiten der lokalen
       Demokratie auf den Bereich der kommunalen Dienstleistungsunternehmen zu
       übertragen.
Heidi Kosche, MdA
                                                                                         Stand 20.06.2010

      12. Ein öffentlich-rechtliches Stadtwerk als partizipativer Eigenbetrieb
          (transparente Preispolitik, Mitentscheidungsbefugnisse aller) kann eine
          Selbstverwaltungsqualität entwickeln, die zur Identifikation der Bürgerinnen
          und Bürger mit dem Stadtwerk und einer besseren demokratischen Kultur
          insgesamt beiträgt.

Spezialfall Berlin – Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe
Thesen

      1. Die Stadt Berlin hat mit dem Teilprivatisierungsgesetz7 1999 ein, auf teils
         geheimen privatrechtlichen Absprachen beruhendes Privatisierungsmodell
         installiert, das den privaten Investoren eine weitgehende Einflussnahme
         ermöglicht, das sog. „Berlin Holding Modell“. Hier betreiben Private ( RWE
         und Veolia) bestimmte Ziele im Gewand einer öffentlich-rechtlichen
         Organisationsform (BWB AöR). Das ist sehr ungewöhnlich, da die öffentlich-
         rechtliche Rechtsform bislang allein Hoheitsträgern vorbehalten war.

      2. Gerade im öffentlichen Wassersektor soll der Eindruck erweckt werden, die
         kommunale Vertretung ( Berlin) hätte in Fragen des Netzzugangs, der
         Investitionen und der Wasserpreise8 weiterhin alles in der Hand, so als ob
         die Privaten kein Unternehmenspartner, sondern nur Erfüllungsgehilfen
         wären. Dazu gehört der Trick, die Beteiligungen auf 49,9 v. H. zu begrenzen.
         Denn es wissen nur Eingeweihte, dass die privaten Kapitalgeber sich
         mindestens von einer Kapitalbeteiligung von 25,1 v. H. ab in
         gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen oder Konzessionsverträgen oder
         auch in unauffälligen Nebenabreden bestimmenden Einfluss auf Netzzugang,
         Investitionen und Preise gesichert haben. Von alledem steht nichts im
         Handelsregister, nichts in öffentlich zugänglichen Verträgen. Es handelt sich
         also um eine „Under-Cover Liberalisierung“. Das „Berliner Holding Modell“
         belegt diese Auffassung in nachdrücklicher Weise.

      3. Das Demokratiegebot ist unterlaufen
         Der Privatinvestor (RWE, Veolia) bleibt bei allem Einfluss marktrationaler
         Privater. Infolgedessen ist seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht auf den Willen
         des Volkes zurückführbar, so dass er sich – mangels (erforderlicher)
         demokratischer Rückbindung – gegenüber dem Volk auch nicht für seine
         Tätigkeit verantworten muss. Demokratische Legitimation wird der
         teilprivatisierten BWB AöR daher lediglich über den formal weiter bestehenden
         Anstaltsträger, das Land Berlin, vermittelt,. Es fehlt jedoch, aufgrund der
         „Privatisierungsverträge“ , dass die „Letztentscheidung der demokratisch
         legitimierten AmtsträgerInnen über die Aufgabenwahrnehmung der
         Anstalt entscheidet“ . Zwar hält das Land Berlin eine schwache Mehrheit
         von 50,1 v. H. sowohl an der Holding AG als auch an der Anstalt, eine rein
         formale Betrachtung kann aber in demokratischer Hinsicht nicht ausreichen.

7
    seit ...............Berliner Betriebegesetz
8
    Argument bei den Wasserpreisen: Die Kommune legt die Steigerung durch Gesetze fest
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