Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im

Die Seite wird erstellt Carlotta Lechner
 
WEITER LESEN
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
hr en  h e  ute
Gesund füchen Wandel im
              g r afis
D e n d e m o
                   lten
Betrieb gesta
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
Gesundafifüh ren heute
                     im
        schen Wandel
Den demogr
                 n
Betrieb gestalte

                                 Vorwort
                                 Der Blick auf die zentralen Trends in der Arbeits-                       Lösungen zu suchen und drohenden Überlas-
                                 welt zeigt eines sehr deutlich: Nicht nur der                            tungen frühzeitig entgegenzuwirken. Gleichzei-
                                 demografische Wandel mit dem steigenden                                   tig kommt ihnen eine besondere Vorbildfunktion
                                 Durchschnittsalter prägt das künftige Bild in                            zu. Sie befinden sich in einer Doppelrolle: Auch
                                 Betrieben. Gleichzeitig werden die Arbeitspro-                           sie sind gefordert, auf ihre Gesundheit und ihr
                                 zesse und -strukturen komplexer und verändern                            Wohlbefinden zu achten und den Prozessen
                                 sich immer schneller. Die Herausforderung,                               des Alterns Rechnung zu tragen. Nur wenn
                                 gesundes Altern im Betrieb zu ermöglichen,                               jede einzelne Führungskraft erkennt, dass sie
                                 wird deshalb sowohl für jeden Einzelnen als                              mit ihrem eigenen Verhalten einen signifikan-
                                 auch für die Arbeitgeber immer größer. Sowohl                            ten Einfluss auf das Gesundheitsverhalten
                                 Risiken für die körperliche Gesundheit als auch                          ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat,
                                 Situationen der psychischen Überlastung spie-                            wird auch ein Umdenken bei den Beschäftig-
                                 len dabei eine Rolle.                                                    ten eintreten.

                                 Gesundheit und Wohlbefinden sind die wesent-                             Die Broschüre „Gesund führen heute“ zeigt
                                 lichen Säulen dafür, lebenslang arbeiten zu kön-                         anhand sehr konkreter Anregungen und Bei-
                                 nen. Betriebe, die sich heute schon auf den                              spiele aus der Praxis umfassend auf, wo die
                                 Weg machen, diese Voraussetzungen proaktiv                               zentralen Herausforderungen für die Führungs-
                                 und dauerhaft zu sichern, sind dabei insbeson-                           kräfte liegen und wie es gelingt, Gesundheit
                                 dere auf ihre Führungskräfte angewiesen. Denn                            und Wohlbefinden in der heutigen Arbeitswelt
                                 Führungskräfte sind die „Promoter von oben“,                             zu erhalten und zu fördern.
                                 wenn es darum geht, Ansätze für gesundheits-
                                 förderliche Arbeitsbedingungen in die Praxis
                                 umzusetzen und mit Leben zu füllen. Sie ken-
                                 nen die Beschäftigten aufgrund des engen                                 Professor Dr. Jutta Rump
                                 Kontaktes meist am besten. Sie können erste                              Institut für Beschäftigung und Employability
                                 Ansprechpartner sein, um nach bestmöglichen                              Ludwigshafen

                                 Gesund führen heute | Herausgeber: Techniker Krankenkasse, Hauptverwaltung: 22291 Hamburg, Internet: www.tk.de. Bereich Markt und
                                 Kunde, Fachreferat Gesundheitsmanagement: Thomas Holm (verantwortlich). Text: Dr. Anne Katrin Matyssek, do care! Redaktion: Anne Frobeen.
                                 Fachliche Beratung: Dr. Brigitte Steinke. Medienkonzeption: Micaela Berger, Verena Schultheiß, Sabine König. Gestaltung: The Ad Store GmbH,
                                 Hamburg. Produktion: Oliver Kühl. Lithografie: Hirte GmbH & Co. KG, Hamburg. Bilder: Corbis, Getty Images. Druck: Bösmann Medien und
                                 Druck GmbH & Co. KG, Detmold.

                                 © Techniker Krankenkasse. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und sonstige Formen der Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit schrift-
                                 licher Genehmigung der TK. Die enthaltenen Informationen wurden sorgfältig recherchiert. Für eventuelle Änderungen oder Irrtümer können wir
                                 keine Gewähr übernehmen. 3. Auflage, 2015.

                                 Um die Lesbarkeit zu erhalten, verwenden wir in dieser Broschüre sowohl die männliche als auch die weibliche Form. In jedem Fall ist auch das
                                 jeweils andere Geschlecht damit gemeint.

       2 | Gesund führen heute
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
Inhalt
Deutschland altert

Vom Tannenbaum zum Trichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Wandel der Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Demografiefest werden

Sich ein Bild machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Weichen stellen im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Zukunftsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Gezielte Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Arbeitszeiten flexibel gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Die Arbeit sinnvoll organisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
Wissen weitergeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Betriebliches Eingliederungsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Betriebs- oder Dienstvereinbarungen nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Test: Wie demografiefest ist Ihr Unternehmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Alter[n]sgerecht führen

Was Sie als Führungskraft beachten sollten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        21
Anerkennung fördert die Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   21
Sinn vermitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      23
Informationen weitergeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                23
Selbstständiges Arbeiten ermöglichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         23
Individuell führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         24
Sicherheit geben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           24
Neue Herausforderungen meistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        26

Belastungen erkennen

Grenzen anerkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             31
Belastungssymptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               31
Belastungen ansprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               32
Langzeitkranke führen, Rückkehrer integrieren . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          32

Selbst gesund bleiben

Bewusst älter werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             35
Gelassen werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          38
Fit bleiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   39
Gesund essen und trinken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               40
Ihre persönliche Altersvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                41

So hilft die TK

Mit der TK die demografische Entwicklung gestalten . . . . . . . . . . . . . 43
Persönliche Hilfen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

Literatur und Links

Literatur, Quellenangaben und Links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

                                                                                                                Gesund führen heute | 3
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
h l a n d a l te r t
Deutsc      fte un d U n te rn e h men müs    s e n s ich d
                                                       igte
                                                            a ra
                                                             in
                                                                 uf einstellen
                                                                te n s i v e r a
                                                                                    ,
                                                                                 n ihre Firma
Führungskrä            a ls a u ch ä lt ere Beschäft
             hl junge
künftig sowo
zu binden.
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
Vom Tannenbaum zum Trichter
Älter werden – das geht an niemandem spurlos          Die Zahlen des Statistischen Bundesamts
vorüber. Irgendwann muss sich jeder mit dem           belegen denn auch eine deutliche Verschie-
Thema auseinandersetzen, Sie als Führungskraft        bung der Alterspyramide: Die Zahl der Jünge-
sogar in zweifacher Hinsicht: Sie sind einerseits     ren wird kleiner, die der Älteren größer. Auch
selbst betroffen, andererseits haben Sie es           durch Zuwanderung lässt sich diese Kluft nicht
vielleicht heute schon mit immer mehr älteren         schließen. Die grafische Darstellung macht
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun.             deutlich: Während die Verteilung der Gesamt-
                                                      bevölkerung früher einem Tannenbaum ähnel-
Ein paar Fakten:                                      te – viele Kinder und wenig Alte –, gleicht sie
                                                      zukünftig eher einem Trichter. Die Alterspyramide
 Unsere Lebenserwartung hat sich seit 1871
                                                      wird auf den Kopf gestellt.
  verdoppelt. Im Jahr 2040 wird jeder Zweite
  über 50 sein, 2050 ist jeder Dritte 80 Jahre
                                                      Auch die Belegschaften altern
  oder älter. Die Gesundheitsberichterstattung
  des Bundes vom August 2014 zeigt: Die
                                                      Die demografischen Veränderungen in der
  Deutschen werden so alt wie nie. Neugebo-
                                                      Gesellschaft haben auch Einfluss auf die
  rene Jungen haben eine durchschnittliche
                                                      Betriebe.
  Lebenserwartung von 77,7 Jahren, Mädchen
  sogar von 82,7 Jahren.
                                                      Im Jahr 2050 wird es ohne massiven Zuzug
 Parallel dazu nimmt die Zahl der geborenen          oder eine erhöhte Geburtenrate nur noch
  Kinder pro Frau kontinuierlich ab. Gab es           halb so viele Erwerbstätige geben wie heute.
  2005 noch in etwa gleich viele Neugeborene          Nach dem Demografiebericht der Bundesre-
  und 60-Jährige, werden es 2050 doppelt so           gierung aus dem Jahr 2012 könnte die Zahl
  viele 60-Jährige wie Neugeborene sein. Und          der Menschen im erwerbsfähigen Alter von
  nur zehn Jahre später, im Jahr 2060, wird ein       rund 50 Millionen heute bis zum Jahr 2050
  Drittel der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein.   auf fast die Hälfte sinken – auf 26,5 Millionen.

   Bevölkerungspyramiden 1950 und 2060

                   Altersaufbau: 1950                            Altersaufbau: 2060
                        Deutschland                                   Deutschland
                           100                                           100
                            90                                            90
                            80                                            80
                            70                                            70
                            60                                            60
                            50                                            50
                   Männer        Frauen                          Männer        Frauen
                            40                                            40
                            30                                            30
                            20                                            20
                            10                                            10
                            0                                             0
           600    300                 300    600         600    300                 300    600
             Tausend                   Tausend             Tausend                   Tausend

Quelle: Statistisches Bundesamt (2015)

                                                                                                          Gesund führen heute | 5
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
Die Belegschaften werden immer älter. Bereits     vielerorts der Nachwuchs. Künftig wird es in
                          heute gibt es mehr 50- als 30-Jährige in deut-    vielen Branchen einen deutlichen Mangel an
                          schen Betrieben. Diese Entwicklung vollzieht      Fachkräften geben. Darauf müssen sich die
                          sich in ganz Europa, und sie nimmt tendenziell    Unternehmen einstellen. Sie werden sich daher
                          zu. Ab 2026 werden die Altersgruppen über         stärker um eine langfristige Bindung ihrer Mit-
                          55 Jahre besonders stark besetzt sein. Die        arbeiter bemühen.
                          Statistiken der Deutschen Rentenversicherung
                          belegen: Das durchschnittliche Renteneintritts-   Führung – der entscheidende Faktor
                          alter der Männer lag 2012 bei 61,2 Jahren, bei
                          den Frauen bei 61 Jahren. Noch im Jahr 2000       Das Verhalten, die Einstellung und die Haltung
                          wechselten Männer im Durchschnitt mit 59,8        von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitern sind
                          Jahren in den Ruhestand, Frauen mit 60,5 Jah-     entscheidend dafür, ob diese beim Unterneh-
                          ren. Damals wurde der vorzeitige Ruhestand        men bleiben oder es verlassen wollen. Häufig
                          allerdings auch noch staatlich gefördert.         wird nicht dem Unternehmen gekündigt, son-
                                                                            dern dem Vorgesetzten. Das Führungsverhalten
                          Fachkräftemangel droht                            wird deshalb noch wichtiger werden als bisher.

                          Viele Mitarbeiter werden aus Altersgründen die    Führungskräfte sind einerseits gefragt, die Ar-
                          Unternehmen verlassen. Nur jeder zweite Be-       beitsbedingungen so zu gestalten, dass die
                          schäftigte kann sich derzeit vorstellen, seine    Beschäftigten bis zum Renteneintrittsalter er-
                          Arbeit bis zum Alter von 65 oder 67 Jahren        werbsfähig und gesund bleiben. Andererseits
                          fortzusetzen, auch wenn er weiterhin körper-      müssen sie die Herausforderung bewältigen,
                          lich und geistig gesund bleibt. Das zeigt der     die Motivation älterer Beschäftigter zu erhalten
                          Report der Initiative Gesundheit & Arbeit aus     und zu fördern. Denn ein langes Erwerbsleben
                          dem Jahr 2014.                                    muss nicht nur gesundheitlich möglich sein,
                                                                            sondern auch erstrebenswert – und zwar nicht
                          Der Wunsch älterer Beschäftigter, länger im       nur aus finanziellen Gründen, sondern aus Freu-
                          Unternehmen zu bleiben, ist also in der Regel     de an der Arbeit.
                          gering. Die meisten wünschen sich, vorzeitig
                          in den Ruhestand zu gehen, viele am liebsten      Arbeiten müssen, arbeiten können und arbei-
                          schon mit 59 Jahren. Das bedeutet Wissens-        ten wollen – diese drei Facetten entscheiden
                          und Kompetenzverluste. Schon heute fehlt          über die Frage, ob jemand kürzer oder länger

6 | Gesund führen heute
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
als bis zum gesetzlichen Rentenalter arbeitet.                                                          GUT ZU WISSEN!
So sagt es der Arbeitsmediziner Hans Martin        Seltener, aber länger krank
Hasselhorn von der Bundesanstalt für Arbeits-
                                                                                                        Beratung durch die TK |
schutz und Arbeitsmedizin in Berlin. Zwei die-                                                          Mit den Instrumenten des
ser Facetten können Sie und Ihr Unternehmen                                                             Betrieblichen Gesundheits-
beeinflussen. Nämlich, ob Ihre Mitarbeiter auch     Ältere Mitarbeiter sind statistisch selte-           managements haben Sie
in höherem Alter arbeiten können und arbei-        ner krank als jüngere. Wenn sie aber                 eine leistungsfähige Basis,
ten wollen.                                        krank sind, fallen sie im Durchschnitt               um den demografischen
                                                   viermal so lange aus wie die Jüngeren.               Wandel zu bewältigen. Die
                                                                                                        Techniker Krankenkasse
Machen Sie sich deshalb vertraut mit den Be-       Der TK-Gesundheitsreport aus dem Jahr
                                                                                                        hilft dabei mit einem gut
dürfnissen, den Kompetenzen und Fähigkeiten        2014 zeigt: Eine einzelne Krankschreibung            ausgebauten Beratungs-
älterer Menschen. Überprüfen Sie Ihre Einstel-     dauert bei den 15 - bis 19-Jährigen im               system. Mehr dazu im
lung gegenüber Älteren daraufhin, ob sie Ihnen     Durchschnitt fünf Tage. Bei Beschäftigten            Kapitel „So hilft die TK“,
hilft, auch ältere Mitarbeiter zu motivieren und   ab 60 Jahren sind es mehr als 20 Tage.               Seite 42.
zur Arbeitsleistung zu befähigen. Die nachfol-
genden Seiten sollen Sie dabei unterstützen.       Auch derjenige, der am Arbeitsplatz er-
                                                   scheint, ist nicht unbedingt fit. Chronische
                                                   Erkrankungen,
                                                               g      Demotivation und Resig-
                                                   nation
                                                   nation kkönnen
                                                             önnen die Leistung beeinträchti-
                                                     gen. F Für
                                                             ür Sie als Führungskraft geht es
                                                      dann dar
                                                             darum
                                                                 um, wie Sie auch mit ge-
                                                         sund
                                                         sun  dheitlic
                                                               heit h beeinträchtigten Mitar-
                                                          beiterinnen
                                                          beiterinn und Mitarbeitern die
                                                          Arbeit er
                                                                 erledigen können. Ganz wich-
                                                        tig dabei, auch für ältere Beschäftig-
                                                         te: Wer seine
                                                                   s     Arbeit selbst gestalten
                                                          kann, ist in der Regel deutlich pro-
                                                          duktiver
                                                          duktiv er. Und wer sich nicht topfit
                                                          fühlt, b
                                                                 brauc
                                                                   ra ht die Erlaubnis, Pau-
                                                          sen zu mac
                                                                   m hen, wenn sie nötig
                                                        sind. Ältere
                                                               Älte
                                                                 t     brauchen übrigens häu-
                                                      fige
                                                        ger  Erholungspausen
                                                        g r Er
                                                             E holu               als Jüngere.

                                                                                                   Gesund führen heute | 7
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
Wandel der Kompetenzen
                          Ab wann ist ein Mitarbeiter für Sie alt? Bitte       Teufelskreis Vorurteil
                          denken Sie kurz darüber nach, bevor Sie wei-
                          terlesen. Denn es geht jetzt um Ihre Einstel-        Wer so denkt, schadet sich selbst – auch wenn
                          lung und Ihre Gedanken.                              die Beobachtungen im Einzelfall zutreffen mö-
                                                                               gen. Denn solche Überzeugungen bergen die
                          Amerikanische Führungskräfte halten ihre Mit-        Gefahr der „sich selbst erfüllenden Prophezei-
                          arbeiter bis 60 für voll leistungsfähig – deutsche   ung“. Sie beeinflussen auch Ihr Handeln. Je-
                          dagegen nur bis zu einem Alter von 51 Jahren.        mand, der so denkt, traut älteren Mitarbeitern
                          Dazu passt, dass in den USA jeder fünfte Mann        weniger zu, kontrolliert sie enger und sieht
                          über 70 noch erwerbstätig ist, davon die Hälfte      eher die Fehler als die guten Leistungen. Da-
                          in Vollzeit.                                         mit demotiviert er seine älteren Mitarbeiter
                                                                               und treibt sie in die innere Kündigung. Irgend-
                          In den Köpfen deutscher Vorgesetzter ist das         wann stimmt die Leistung dann tatsächlich
                          sogenannte Defizitmodell fest verankert: Altern       nicht mehr, und die Führungskraft selber
                          wird gleichgesetzt mit einem unumkehrbaren           muss die Zeche zahlen. Der Kreislauf schließt
                          Abbau von Leistungsfähigkeit und Kraft. Dem-         sich, wenn sie sich dann in ihrer Auffassung
                          entsprechend sind – insbesondere unter jünge-        bestätigt sieht, dass ältere Mitarbeiter nicht
                          ren Führungskräften – Befürchtungen in Bezug         mehr ausreichend Leistung bringen.
                          auf ältere Mitarbeiter weit verbreitet.
                                                                               Die Kompetenzen ändern sich
                          Denken Sie auch so?
                                                                               Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass be-
                          Der ältere Beschäftigte …                            stimmte Fähigkeiten mit dem Alter nachlassen
                                                                               oder sich verändern. Dafür aber nehmen andere
                          … bringt’s nicht mehr und gefährdet meine            Fähigkeiten zu. Man sollte also eher von einem
                            Ziele.                                             Wandel der Kompetenzen sprechen als von
                          … weiß womöglich mehr als ich.                       einem Abbau. Während ein 60-Jähriger keine
                          … hat keine Lust mehr auf Veränderungen.             Olympiamedaille gewinnt, kann ein 20-Jähriger
                          … lässt sich nichts von mir sagen.                   keinen Konzern leiten.
                          … stellt meine Autorität in Frage.
                          … ist neidisch auf mich, weil er es nicht zur        Ältere sind also nicht weniger leistungsfähig als
                            Führungskraft geschafft hat.                       Jüngere, sie sind anders leistungsfähig. Es gibt
                          … nutzt seine Zipperlein als Hilfsmittel für         keinen generellen Abbau von Fähigkeiten, son-
                            Frührente.                                         dern einen Wandel. Diese Unterschiede gilt

8 | Gesund führen heute
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
es zu respektieren und konstruktiv zu nutzen,     man ja mit spitzem Bleistift rechnen.“ Die Fol-
statt sie als Pauschalargument gegen ältere       ge dieser Denkweise ist neben der Demotivati-
Beschäftigte einzusetzen.                         on die Dequalifizierung älterer Beschäftigter.
                                                  Sie können nicht mehr mithalten. Wenn ältere
Kompensieren und fördern                          Beschäftigte dagegen bei Fortbildungen be-
                                                  rücksichtigt werden, wirkt sich das positiv auf
Bei den nachlassenden Fähigkeiten wie Gehör,      ihre Kompetenzen und ihre Motivation aus.
Sehsinn oder Körperkraft steht in Frage, ob wir
sie in der heutigen Informationsgesellschaft
wirklich in Perfektion benötigen. Vieles lässt              Neue Besen kehren gut – aber die
sich durch entsprechende Maschinen kompen-                  alten kennen die Ecken.“
sieren. Wichtiger sind in der Regel kognitive
Leistungen. Die wollen gefördert werden. Eine                      Klaus Steilmann | Unternehmer
auf die Zukunft ausgerichtete Personalpolitik
muss diese Aspekte berücksichtigen, zum Bei-
spiel beim Thema Personalentwicklung. Oft         Es wird folglich Zeit, das Defizitmodell des Al-
genug ist das Gegenteil der Fall.                 terns durch das Kompetenzmodell zu ersetzen.
                                                  Natürlich muss dabei berücksichtigt werden,
Beispiel | Ein 53-jähriger Beschäftigter möchte   dass Menschen verschieden sind und verschie-
sich für ein Seminar anmelden. Er erhält die      den altern. Aber fest steht: Ältere Beschäftigte
Antwort: „Wie, Sie wollen zur Fortbildung? Da     bringen andere Qualitäten und Qualifikationen
muss ich erst einmal nachfragen, ob sich das      in ein Unternehmen ein als jüngere. Diese Qua-
noch lohnt bei Ihnen. In diesen Zeiten muss       litäten gilt es zu nutzen und zu fördern.

  Wie sich Fähigkeiten mit dem Alter ändern

  Folgende Fähigkeiten und Eigenschaften          Folgende Fähigkeiten und Eigenschaften
  nehmen aus Sicht betrieblicher Praktiker        nehmen im Altersverlauf eher zu:
  im Altersverlauf eher ab:

   Körperliche Kraft und Belastbarkeit            Erfahrungswissen
   Gehör und Sehsinn                              Zuverlässigkeit und Loyalität
   Schnelligkeit der Informations-                Arbeitsmoral und Einstellung zur Qualität
    verarbeitung
                                                   Soziale Fähigkeiten
   Beruflicher Ehrgeiz
                                                   Fähigkeit zum Gesamtüberblick
   Kreativität
                                                   Führungsfähigkeit
   Lernbereitschaft
                                                   Wohlüberlegte Entscheidungen
   Stressresistenz
                                                   Kenntnis der innerbetrieblichen Zusam-
                                                    menhänge

                                                                                                     Gesund führen heute | 9
Gesund führen heute Den demografi schen W Betrieb gestalten andel im
fi i e fe st we rd e n
D e m o g ra                            en, neue Entw
                                                       ick lu n g e n vo ra ntreiben und
                                                                                     gute
           U n te rn e h m  e n  h a lt
                                                     it e n – d a fü r gibt es viele
Wissen im                                          e
                  e rg re if e n d zusammenarb
              ü b
generationen
               der Praxis.
Beispiele aus
Sich ein Bild machen                                dazu, ob Veränderungen nötig sind. Was ver-
                                                    ändert werden sollte, wird zusammen mit dem
                                                    Mitarbeiter in einem zweiten Schritt geklärt.
Beim Umgang mit dem demografischen Wandel
ist nicht blinder Aktionismus gefragt, sondern      Der Work Ability Index geht auf den finnischen
saubere Analyse. Zwei wichtige Instrumente          Arbeitswissenschaftler Ilmarinen zurück. In
dazu sind die Altersstrukturanalyse und der         Deutschland beschäftigt sich vor allem die
Arbeitsbewältigungsindex (WAI = Work Ability        Bergische Universität Wuppertal damit. Er ist
Index).                                             ein Fragebogen, der innerhalb von 15 Minuten
                                                    vom Beschäftigten allein oder zum Beispiel mit
Die Altersstrukturanalyse (Monitoring)              dem Betriebsarzt ausgefüllt wird. Gefragt wird
                                                    zum Beispiel nach der Selbsteinschätzung des
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen            Mitarbeiters in Bezug auf seine Leistungsfä-
Unternehmen eine altersgemischte Beleg-             higkeit jetzt und in den nächsten Jahren und
schaft. Altersstrukturanalysen zielen darauf        nach seinen Beschwerden und Erkrankungen.
ab, auf Basis der im Unternehmen vorliegen-         Je höher die Punktzahl bei der Auswertung,
den Personaldaten eine ausgewogene Alters-          desto besser passen Arbeitsanforderung und
struktur zu erreichen.                              Leistungsfähigkeit zusammen.

Für jede Altersgruppe werden absolute Zahlen
und dann Prozentsätze ermittelt und grafisch           Sensible Daten | Der Arbeitsbewälti-
dargestellt, und zwar entsprechend der Ist-           gungsindex erhebt sensible Daten. Des-
Situation und für mehrere zukünftige Zeitpunk-        halb ist er vor allem dann geeignet, wenn
te. Je nach Unternehmensgröße wird auch               die Beschäftigten sicher sein können, dass
nach Geschlecht, Funktion und Qualifikation            die Informationen nicht zu ihrem Nachteil
differenziert. Die Altersverteilung und -entwick-     gebraucht werden. Zum Beispiel, wenn
lung kann für das gesamte Unternehmen, für            der Fragebogen als Präventionsinstrument
einzelne Abteilungen und für einzelne Kerngrup-       in der betriebsärztlichen Praxis verwen-
pen untersucht werden, zum Beispiel für Un-           det wird oder als anonymisierte Befra-
gelernte oder Führungskräfte.                         gung, um den Erfolg von Maßnahmen
                                                      der betrieblichen Gesundheitsförderung
Berücksichtigt werden dabei auch Rahmenbe-            zu messen.
dingungen wie Fluktuation, Neurekrutierung,
Quote der Übernahme von Auszubildenden
oder Krankenquote. Hierauf basierend kann
man unterschiedliche Szenarien durchrechnen,
Handlungsbedarf erkennen und personalpoliti-
sche Strategien darauf abstimmen:
 Welcher Bereich wird sich wie weiterentwi-
  ckeln?
 Welche Beschäftigtengruppe mit welcher
  Qualifikation oder aus welcher Abteilung
  wird von Überalterung betroffen sein?
 Welche Beschäftigten mit Wissens- und
  Erfahrungsschätzen werden wann das Un-
  ternehmen verlassen?
 Welche jüngeren Beschäftigten können de-
  ren Erfahrungswissen aufnehmen?
 Welche Rekrutierungsstrategie empfiehlt
  sich für welchen Bereich?

Der Arbeitsbewältigungsindex

Damit ein Mitarbeiter arbeitsfähig ist, müssen
zwei Dinge möglichst weit übereinstimmen: die
Arbeitsanforderungen, die an ihn gestellt wer-
den, und seine individuelle Leistungsfähigkeit.

Mit dem Instrument des Arbeitsbewältigungs-
indexes lässt sich im Gespräch mit einzelnen
Mitarbeitern überprüfen, inwieweit Arbeitsan-
forderungen und Leistungsfähigkeit zueinander
passen. Die Ergebnisse liefern Anhaltspunkte

                                                                                                     Gesund führen heute | 11
Weichen stellen im Unternehmen
                       Studien zeigen, dass die Arbeitsfähigkeit im         des Beschäftigten anzupassen. Ziel ist es, Ge-
                       Normalfall mit dem Alter abnimmt. Eine finni-         sundheit, Leistungsfähigkeit und Motivation der
                       sche Langzeituntersuchung weist nach, dass           älteren Beschäftigten zu erhalten. Und da die
                       sich dieser Trend umkehren lässt, wenn Gegen-        heute jüngeren Beschäftigten die älteren von
                       maßnahmen ergriffen werden. Hierzu zählen            morgen sind, sollten sich diese Verbesserun-
                       Maßnahmen zur individuellen Gesundheitsför-          gen der Arbeitsbedingungen auf alle Alters-
                       derung und zur Ergonomie und ein verbesser-          gruppen beziehen – nicht nur auf die Älteren.
                       tes Führungsverhalten.

                       Sie können also die Arbeitsfähigkeit mit dem
                       Alter nicht nur erhalten, sondern sogar verbes-        Das erfahren Sie in diesem Kapitel
                       sern – bis weit über 60 Jahre. Zwei Fragen stel-
                       len sich daher: Wie kann man im Unternehmen
                       die Weichen für einen konstruktiven Umgang
                       mit dem demografischen Wandel stellen? Und:             In diesem Kapitel erhalten Sie einen Über-
                       Welches Führungsverhalten ist im Umgang mit            blick über die wichtigsten Instrumente für
                       älteren Beschäftigten empfehlenswert?                  das Management des demografischen
                                                                              Wandels in Ihrem Betrieb. Sie lesen, wie
                       Anforderungen und Ressourcen                           andere Betriebe diese Anregungen in die
                       müssen passen                                          Praxis umgesetzt haben. Wir stellen Ihnen
                                                                              folgende Instrumente vor:
                       Erfolgreiches Demografiemanagement schafft
                                                                               Das Zukunftsgespräch
                       angemessene Arbeitsbedingungen und stärkt
                       die Ressourcen der Mitarbeiterinnen und Mitar-          Gezielte Weiterbildung
                       beiter. Was Sie als Führungskraft im Umgang
                                                                               Die Flexibilisierung der Arbeitszeit
                       mit dem einzelnen Beschäftigten beachten
                       sollten, wird später noch Thema sein. Zunächst          Eine sinnvolle Arbeitsorganisation
                       geht es um die Frage, wie Sie im Unternehmen
                                                                               Wissenstransfer
                       die Weichen für eine alternsgerechte Gestal-
                       tung der Arbeit stellen können.                         Das Betriebliche Eingliederungsma-
                                                                                nagement und
                       Alle im Folgenden genannten Handlungsinstru-
                                                                               Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
                       mente laufen letztlich darauf hinaus, die Arbeits-
                       bedingungen flexibel an die individuelle Situation

12 | Gesund führen heute
Zukunftsgespräche
                                                    Fragen an die Zukunft

In Zukunftsgesprächen reden Sie mit Ihren
Teammitgliedern über deren berufliche Entwick-
lung – zum Beispiel einmal jährlich. Das Ziel ist   Leitfragen
                                                           g im Zukunftsgespräc
                                                                        g p h können
eine gute Planung von Qualifizierung, Arbeits-       sein:
einsatz, Nachfolge und Wissenstransfer. Solche
                                                     Wie geht es Ihnen angesic angesichts
                                                                                         hts der
Gespräche sollten mit allen Mitarbeiterinnen
                                                      Vorstellung
                                                             ellung,, Ihre jetzige Tätigk
                                                                                        g eit noc
                                                                                              noch
                                                                                                 h
und Mitarbeitern geführt werden und nicht nur
                                                      zehn oder zwanzig
                                                                    zwanzig JJa ahre
                                                                                 hre auszuüben?
mit älteren. Nur dann werden sie offen und
                                                      Ist Ihre
                                                            re akt
                                                                aktuelle
                                                                    uelle Täti
                                                                             tigk
                                                                               gkeit
                                                                                  eit so gestal-
                                                                                         gestal-
ohne Skepsis aufgenommen.
                                                      tet, dass Sie sie bis zur  zu
                                                                                  ur RRente
                                                                                       ente
                                                      gesundnd ausführen kkön  önnen?
                                                                                   nen? Was
Führen Sie das Gespräch ressourcenorientiert:
                                                      müssteste sich
                                                                 sich ändern, damit
                                                                                 daamit Ihre
Ihr Augenmerk sollte auf den Stärken der Be-
                                                      Arbeitsfähigk
                                                            itsfähigkeit
                                                                       eit erhalte
                                                                           erhalten
                                                                                  en bleibt?
schäftigten und auf deren Wünschen liegen.
Dann können Veränderungswünsche frühzeitig           Was wollen Sie in
erkannt werden und beide Seiten können bes-           Ihremm ber
                                                               berufl
                                                                  uflic
                                                                     ichen
                                                                       hen

                                                                                       P e r s o n a l-
ser planen. Es versteht sich von selbst, dass         Lebenen in diesem
solche Gespräche nur in ungestörter und mög-          Unternehmen
                                                            rnehmen nocnochh

                                                                                       gespräch
lichst angenehmer Atmosphäre stattfinden soll-         erreicchen? WWelc
                                                                      elche
                                                                         he
ten. Sich offen und mit echtem Interesse mit          Entwi
                                                          wicckl
                                                               klung
                                                                 ung kkön-
                                                                       ön-
dem Gesprächspartner auseinanderzusetzen,             nen Sie sic
                                                                sich
                                                                   h noc
                                                                      nochh
ist unabdingbar für das Gelingen des Gesprächs.       vorstellen?
                                                            ellen? Bis wwann
                                                                         ann

                                                                                                     11 Uhr
                                                      soll welc
                                                             elcher
                                                                 her Schrit
                                                                      Schrittt
Zukunftsgespräche entsprechen dem Trend zur           abgescschlossen
                                                               hlossen sein?
individualisierten Personalpolitik. Diese berück-     Welc che Qualifizier
                                                                       zierung
                                                                            ungg
sichtigt die Bedürfnisse in unterschiedlichen         ist nötig
                                                           ötig,, um das Ziel
Lebensphasen wie Berufseinstieg, Familien-            zu errreic
                                                            reichen?
                                                                 hen?
gründung, Hausbau oder Pflege der Eltern und
stimmt sie mit den Interessen des Unterneh-
mens ab.

                                                                                                      Gesund führen heute | 13
Gezielte Weiterbildung
                                                                              Seminare zum Thema Altern

                       Alle zehn Jahre verdoppelt sich unser Wissen.
                       Ressourcen zu stärken heißt deshalb immer              So kann eine aktivierende Qualifizierung
                       auch, sich weiterzubilden, um mit den sich             zum Thema Altern aussehen:
                       ändernden Bedingungen mithalten zu können.
                       Bislang nehmen überwiegend jüngere Beschäf-            Ansetzen am eigenen Erleben
                       tigte an Fortbildungsveranstaltungen teil, wäh-
                                                                               Woran merken Sie, dass Sie älter
                       rend ältere seltener berücksichtigt werden.
                                                                                werden? Was tun Sie für ein gesun-
                       Dabei birgt eine Beschränkung auf das Erfah-
                                                                                des Altern?
                       rungswissen die Gefahr, dass die Älteren das
                       Lernen verlernen und sich dann weniger gut
                       auf Veränderungen einstellen können.                   Konfrontation mit Vorurteilen
                                                                               Ab wann ist ein Mitarbeiter für Sie
                       Warum Bildung gesund hält
                                                                                „alt“? Worin unterscheiden sich Ihrer
                                                                                Meinung nach jüngere von älteren
                       Lebenslanges Lernen ist erforderlich, um für
                                                                                Mitarbeitern?
                       den Arbeitsmarkt attraktiv zu bleiben. Bildung
                       ist ein Gesundheitsfaktor, denn sie erhält die
                       Arbeitsfähigkeit des Einzelnen und ermöglicht          Sensibilisieren für Kompetenz-
                       es ihm, eine subjektiv befriedigende Arbeits-          verschiebungen
                       leistung zu erbringen – und zwar unabhängig
                                                                               Was können Jüngere besser, was
                       vom Qualifikationsniveau.
                                                                                Ältere? Welche Zahlen, Daten und
                                                                                Fakten gibt es dazu?
                       Praxisbeispiel: Bildung als Wettbewerbsvor-
                       teil und Gesundheitsfaktor | Der Chemiekon-
                       zern BASF mit Firmensitz in Ludwigshafen am            Ausstattung mit Know-how
                       Rhein fordert und fördert eigenverantwortli-
                                                                               Wie ermöglichen Sie Wissenstrans-
                       ches und praxisnahes Lernen, damit die Mitar-
                                                                                fer? Woran erkennen Sie Belastungs-
                       beiter Stärken, Ideen und Wissen voll entfalten
                                                                                signale und wie sprechen Sie sie an?
                       können. Dazu bietet er ihnen zum Beispiel eine
                       Lernberatung und Laufbahnorientierung. In der
                       Lernberatung des BASF-Lernzentrums erfahren
                       Mitarbeiter im Einzelgespräch, mit welchen
                       innovativen und effektiven Lernmethoden sie         Arbeitszeiten flexibel
                       je nach Lerntyp am besten lernen können. Ge-
                       meinsam wird ein persönlicher Lernplan erstellt     gestalten
                       und werden passende Lernmedien und Qualifi-
                       zierungsangebote ausgewählt. Die Laufbahn-
                       orientierung des BASF-Lernzentrums bietet           Arbeitszeitkonten
                       Orientierungshilfe bei vielen Fragen zur berufli-
                       chen Weiterentwicklung. Zum Beispiel zur            Für Arbeitszeitkonten gibt es unterschiedliche
                       Analyse eigener Interessen, Stärken und Po-         Konzepte. Beim Zeitwertkonto bringt der Mit-
                       tenziale, zu Möglichkeiten der Entwicklung          arbeiter längerfristig Arbeitszeit ein, um später
                       und Qualifizierung, zur Vorbereitung auf das         eine Freistellung zu ermöglichen, zum Beispiel
                       Mitarbeiter- und Entwicklungsgespräch oder          für den Hausbau. Beim Gleitzeitkonto werden
                       zur konkreten Jobsuche.                             nur die Arbeitszeitschwankungen über den
                                                                           Monat oder über das Jahr ausgeglichen. Das
                       Aktives Lernen ermöglichen                          Lebensarbeitszeitkonto ist ein spezielles Lang-
                                                                           zeitkonto, das normalerweise auf eine Freistel-
                       In Veranstaltungen für Führungskräfte zum The-      lung vor der Berentung abzielt.
                       ma Altern sollten nicht nur harte Fakten zum
                       demografischen Wandel vermittelt werden.             Eines haben diese Ansätze gemeinsam: eine
                       Die Teilnehmer müssen dafür gewonnen wer-           größere Flexibilität. Was zunächst mehr Arbeit
                       den, ihr Führungsverhalten selbst zu reflektie-      macht, erweist sich langfristig als mitarbeiter-
                       ren. Dafür ist es erforderlich, dass sie sich mit   und arbeitgeberfreundlich: Wer sich aussuchen
                       ihrem eigenen Alter(n) auseinandersetzen. Ziel      kann, wann er seine Arbeitsstunden ableistet,
                       sollte es sein, dass sie einen Perspektivenwech-    wird sich nach einer durchzechten Nacht weder
                       sel vom Defizit- zum Kompetenzmodell vollzie-        zur Arbeit quälen noch zum Arzt gehen, sondern
                       hen. Deshalb sollten die Teilnehmer auch für sich   sein Stundenkonto entsprechend belasten. Stu-
                       selbst etwas mitnehmen, etwa praktische Tipps       dien zeigen: Je älter die Beschäftigten sind,
                       für die eigene Work-Life-Balance.                   desto wichtiger wird es, die Tagesarbeitszeit zu
                                                                           verkürzen. Deshalb sind individuelle Absprachen
                                                                           über Arbeitszeitkürzungen und gleitende Über-
                                                                           gänge in den Ruhestand sinnvoll.

14 | Gesund führen heute
Praxisbeispiel: ZeitWertKonten | Bei der           Vielseitigkeit fördern
Sick AG, einem führenden Hersteller von Sen-
soren mit Sitz in Waldkirch im Breisgau, können    Spezialistentum sollten Sie aus zwei Gründen
Beschäftigte auf Wunsch Teile ihrer Arbeitszeit    vermeiden: zum Wohle des Beschäftigten und
mithilfe des ZeitWertKontos in Geld umwan-         zum Wohle des Unternehmens. Denn was
deln. Während der Arbeitsphase legen sie dabei     geschieht mit dem Spezialisten, wenn seine
ein finanzielles Guthaben an, indem sie sich        Tätigkeit wegfällt, etwa durch Rationalisierung?
einen Teil ihrer Arbeitszeit nicht vergüten las-   Und was macht das Unternehmen, wenn es
sen. Diese „Einzahlungen von Zeit“ sind steu-      auf den Spezialisten angewiesen ist und der
er- und sozialabgabenfrei. Die Beschäftigten       beispielsweise krank wird?
können selbst wählen, wie das finanzielle Gut-
haben angelegt werden soll. Sie können es          Arbeitsplätze anpassen
anschließend für eine Freistellung verwenden.
Etwa indem sie sich für eine Zeit bezahlt frei-    Ältere Menschen wollen keinen Sonderstatus.
stellen lassen, früher in Rente gehen oder ihre    Hintergrund scheint zu sein, dass Menschen
Wochenarbeitszeit verkürzen.                       nicht gern an das Älterwerden erinnert werden.
                                                   Eine Versetzung auf einen sogenannten Schon-
                                                   arbeitsplatz beispielsweise kann sich negativ
Die Arbeit sinnvoll                                auf das Selbstwertgefühl auswirken. Besser
                                                   ist es, stattdessen den aktuellen Arbeitsplatz an
organisieren                                       die Leistungsmöglichkeiten des Beschäftigten
                                                   anzupassen, indem zum Beispiel Geräte zum
                                                   Ausgleich der nachlassenden Körperkraft inte-
Pausen gezielt einsetzen                           griert werden. Dies wird als Ausdruck von
                                                   Wertschätzung empfunden.
Ältere Beschäftigte benötigen mehr Pausen,
um ihre Aufgaben zu bewältigen. Ein Unter-
nehmen, das darauf Rücksicht nimmt – zum
Beispiel durch individualisierte Pausengestal-
tung und individuelle Pausenrhythmen –, kann
mit besserer Leistung rechnen als ein Betrieb,
der strikte Regeln für alle hat. Werden Erho-
lungsbedürfnisse ignoriert, tritt umso früher
Erschöpfung ein. Ältere Menschen brauchen
auch länger, um sich zu erholen. Rechtzeitige
kleine Pausen sind daher ebenso wichtig wie
die Vermeidung von Zeitdruck oder zusätzli-
chen physikalischen Stressoren wie Hitze oder
Lärm. Auch die Reduzierung von Schichtarbeit
und Außendiensttätigkeiten ist empfehlenswert.

Abwechslung hält fit

Um Unterforderung zu vermeiden und die men-
tale Fitness zu erhalten, ist eine Mischung von
Tätigkeiten oder Rotation sinnvoll. So lernt der
ältere Beschäftigte unterschiedliche Aufgaben
kennen. Das stärkt sein Selbstwertgefühl und
fördert seine Veränderungsfähigkeit. Die Devise
zum Umgang mit Veränderungen lautet: gar
nicht erst aus dem Training kommen! Die Ver-
änderungsfähigkeit kann auch durch einen Wech-
sel zwischen Aufgaben und Positionen gefördert
werden. Im Grunde verbessert jeder Tätigkeits-
wechsel die Handlungskompetenz und hält
fit – nicht nur im mental-geistigen Sinne. Der
Arbeitswissenschaftler Ilmarinen zitiert die
Studie eines Kollegen aus Finnland, die zeigt,
dass Menschen, die als reine Kopfarbeiter tätig
waren, in zehn Jahren einen fünfmal so hohen
Verlust an Muskelkraft erlitten wie Menschen,
die einer gemischten Tätigkeit mit geistigen und
körperlichen Aufgaben nachgingen.

                                                                                                   Gesund führen heute | 15
Wissen weitergeben                                   Tandems

                                                                            Junge Beschäftigte müssen ihr Ausbildungs-
                       Wenn Unternehmen darauf achten, das Know-            wissen mit praktischen Erfahrungen füllen. Die
                       how der älteren Beschäftigten zu bewahren und        älteren bringen Erfahrung mit, können aber
                       zu pflegen, sichern sie ihre Wettbewerbsfähig-        von Informationen über aktuelle Lehrmeinun-
                       keit. Wer nur auf junge Mitarbeiter setzt, weil er   gen profitieren. Tandems zwischen je einem
                       sich Innovation erhofft, kann bald alt aussehen:     jüngeren und einem älteren Beschäftigten ver-
                       Ältere Beschäftigte sind häufig Träger von Er-        knüpfen diese Gegebenheiten zu einer Win-
                       fahrungs- und Wissensschätzen. Wenn sie das          win-Situation.
                       Unternehmen verlassen, drohen diese Schätze
                       verloren zu gehen.                                   Praxisbeispiel Generation Management |
                                                                            In einer Kooperation des Messeveranstalters
                                                                            Messe München GmbH mit der Techniker Kran-
                                                                            kenkasse setzte die Messe München GmbH
                           Wege zum Wissenstransfer                         mithilfe der TK unter anderem ein Pilotprojekt
                                                                            zum Demografiemanagement um. Damit wollte
                                                                            der Messeveranstalter die Kompetenzen seiner
                                                                            Mitarbeiter fördern – ein ganzes Leben lang.
                           Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten,
                           den Wissenstransfer zwischen Jung                In diesem Projekt konnten Führungskräfte zum
                           und Alt sicherzustellen. Zum Beispiel:           Beispiel an Workshops wie „Führen in und
                                                                            durch alle Lebensphasen“ oder „Motivations-
                            Tandems
                                                                            strategien“ teilnehmen. Oder sie lernten, wie
                             Duos aus Alt und Jung
                                                                            sie durch ein geeignetes Ressourcenmanage-
                            Altersgemischte Teams                          ment die Leistungskraft der Beschäftigten er-
                             Alte und Junge bilden ein Team                 halten konnten. In Workshops mit dem Titel
                                                                            „Mit 67 Jahren ist noch lange nicht Schluss“
                            Paten
                                                                            erarbeiteten sie gemeinsam mit Mitarbeitern
                             Erfahrene Mitarbeiter helfen jüngeren
                                                                            Wege, das Wissen Älterer an die Jüngeren
                            Generationennetzwerke                          weiterzugeben.
                             Pensionäre arbeiten mit
                                                                            Altersgemischte Teams
                            Hospitationen und Job Rotation
                             Netzwerke schaffen, Neues kennen-
                                                                            Die Zusammensetzung der Teams sollte in mög-
                             lernen
                                                                            lichst allen Bereichen eines Unternehmens
                                                                            altersgemischt sein. Gleiches gilt übrigens auch

16 | Gesund führen heute
für Geschlechter oder Ethnien. So wird sicher-      können ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
gestellt, dass Wissen und Erfahrungen von           zu Hospitationen in andere Abteilungen entsandt
Menschen mit unterschiedlichen Lebenshinter-        werden. Sie werden in die dortigen Geschäfts-
gründen in die Arbeit einfließen. Die Toleranz       prozesse eingeführt und nehmen an Sitzungen
wächst, die Kreativität wird gefördert und al-      dieser Abteilung teil. Anschließend berichten sie
tersbedingte Gruppenbildung wird vermieden.         ihren Kollegen über ihre Erfahrungen. Ähnlich
                                                    funktioniert die Job Rotation: Mit einem syste-
Gute Erfahrung damit hat zum Beispiel die           matischen Wechsel von Tätigkeiten innerhalb
Bank ING-DiBa AG gemacht.                           oder außerhalb der Abteilung wird das Know-
                                                    how der Beschäftigten ausgebaut und ihre
Praxisbeispiel Ausbildung 50+ | Bei der ING-        Lernfähigkeit gestärkt.
DiBa werden seit 2006 jedes Jahr mehrere
ältere Menschen zu Bankassistenten ausge-
bildet. Dieter Doetsch, Ausbildungsleiter, ist      Betriebliches Einglie-
sehr zufrieden mit den Ergebnissen des Pro-
gramms „Ausbildung 50+“. „Seitdem wir in            derungsmanagement
allen Teams auch Ältere dabeihaben, können
wir noch mehr Kunden zufriedenstellen“, sagt                                                                 GUT ZU WISSEN!
er. „Sie haben eine ganz andere Lebenserfah-        Auch das Betriebliche Eingliederungsmanage-
rung und Ausstrahlung als die, die frisch von       ment (BEM) kann Ihnen Anhaltspunkte dafür                Hilfe durch die TK |
der Schule kommen.“                                 geben, wo Sie in Ihrem Unternehmen oder in               Betriebe, die ihr Betrieb-
                                                    Ihrem Team ansetzen können, um die Arbeit                liches Eingliederungs-
Paten                                               auch für ältere oder kranke Menschen leistbar            management aufbauen
                                                                                                             wollen, können dafür
                                                    zu machen.
                                                                                                             Unterstützung durch
Erfahrene Mitarbeiter begleiten Berufsanfänger                                                               die TK erhalten. Lesen
bei ihrem Einstieg. Sie ermöglichen ihren jun-      Gesetzlich vorgeschrieben                                Sie mehr dazu im Ka-
gen Kollegen Einblicke in die Abläufe des Un-                                                                pitel „So hilft die TK“,
ternehmens und helfen beim Aufbau sozialer          Bei Beschäftigten, die aus Krankheitsgründen             Seite 42.
Netzwerke – auch über Abteilungen hinweg.           längere Fehlzeiten aufweisen, besteht das Risi-
Daneben vermitteln sie informelles Wissen,          ko, dass sie den Arbeitsplatz verlieren. Der
zum Beispiel über so wichtige Fragen wie: Wo        Gesetzgeber schreibt deshalb seit 2004 den
drohen Fettnäpfchen? Wer ist Meinungsfüh-           Unternehmen den Aufbau eines Eingliederungs-
rer? Die Älteren erleben sich als kompetente        managements für Mitarbeiterinnen und Mitar-
Kenner des Betriebes und bekommen einen             beiter mit gesundheitlichen Problemen vor. Das
neuen Blick auf die ihnen vertraute Arbeits-        Betriebliche Eingliederungsmanagement soll
welt. So werden Beziehungen zwischen den            längerfristig oder wiederholt erkrankte Beschäf-
Generationen geknüpft, von denen beide Sei-         tigte im Unternehmen halten.
ten profitieren.
                                                    Zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement
Praxisbeispiel Generationennetzwerk | Das           gehören alle Maßnahmen, die dazu dienen,
„Generationennetzwerk“ der Deutschen Bank           Beschäftigte mit gesundheitlichen Einschrän-
geht auf eine Initiative von Beschäftigten der      kungen dauerhaft in das Arbeitsleben einzuglie-
Bank zurück. Sie gründeten das Netzwerk im          dern. Gerade bei älteren Beschäftigten kann es
Jahr 2007. Ihr Ziel: Sie wollen erreichen, dass     häufiger dazu kommen, dass besondere Aktivi-
Ältere und Jüngere einander besser verste-          täten notwendig werden.
hen, mehr miteinander reden und besser zu-
sammenarbeiten. Außerdem soll das Thema             Das Gesetz motiviert den Arbeitgeber, Erkran-
im Unternehmen und im Management präsen-            kungen am Arbeitsplatz vorzubeugen und er-
ter werden. Mit Unterstützung des Manage-           krankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach
ments richtet das Netzwerk unter anderem            einer erfolgreichen Rehabilitation wieder im
ehrenamtlich das jährliche Generationen-Tan-        Unternehmen einzugliedern. Arbeitgeber und
dem-Programm aus, bei dem die Teilnehmer            Arbeitnehmer sollen gemeinsam untersuchen,
die Sichtweisen der anderen Generation aus          wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst bald über-
unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Bank       wunden werden kann. Wenn Beschäftigte in-
kennenlernen können. Das Netzwerk steht Be-         nerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen
schäftigten jeden Alters offen. Inzwischen hat es   ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig
rund 1.000 Mitglieder in ganz Deutschland.          waren, haben sie ein Recht auf diesen Prozess,
                                                    um einer weiteren Arbeitsunfähigkeit vorzubeu-
Hospitationen und Job Rotation                      gen. Das gilt für alle Beschäftigten, nicht nur für
                                                    Schwerbehinderte und ihnen Gleichgestellte.
Abteilungs- und generationsübergreifende
Netzwerke können auch mit Hospitationen und         In der Regel werden Einzelheiten hierzu in Be-
Job Rotation gefördert werden. Zum Beispiel         triebsvereinbarungen geregelt.

                                                                                                      Gesund führen heute | 17
Gemeinsam Lösungen finden                             Betriebs- oder Dienst-
                       Das Betriebliche Eingliederungsmanagement            vereinbarungen nutzen
                       bringt Arbeitgeber und Arbeitnehmer ins Ge-
                       spräch. Wenn miteinander geredet wird, können
                       auch Ursachen für arbeitsbedingte Erkrankungen       Betriebsvereinbarungen – im Öffentlichen
                       auf den Tisch kommen. So kann es Hinweise auf        Dienst: Dienstvereinbarungen – werden zwi-
                       Arbeitsanforderungen geben, die mit zunehmen-        schen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung
                       dem Alter weniger gut erfüllt werden können          geschlossen, im Öffentlichen Dienst zwischen
                       oder die zu psychischen Belastungen führen.          Personalrat und Dienststelle. Diese Vereinbarun-
                       Solche Hinweise liefern Ansatzpunkte für not-        gen enthalten Rechte und Regeln für die Be-
                       wendige Veränderungen in der Gestaltung der          schäftigten, die für alle verbindlich sind und
                       Arbeitsbedingungen. Durch davon abgeleitete          notfalls auch eingeklagt werden können. Sie
                       präventive Maßnahmen kann die Arbeitsfähig-          zeigen Problemlösungen für Situationen, für
                       keit gefördert werden. Davon profitiert dann          die es keine entsprechenden gesetzlichen
                       nicht nur der erkrankte Mitarbeiter, sondern alle.   Vorschriften gibt, zum Beispiel zum Umgang
                                                                            mit suchtauffälligen Beschäftigten.
                       Es ist nicht immer leicht, mit chronisch Kranken
                       ins Gespräch zu kommen. Das gilt für psychisch       Praxisbeispiel Kreisverwaltung Recklinghau-
                       Kranke, aber auch für Krebskranke oder Men-          sen | Die Kreisverwaltung Recklinghausen hat
                       schen mit anderen chronischen Krankheiten. Je        schon 2005 eine Dienstvereinbarung über eine
                       mehr die Unternehmenskultur von Offenheit            altersgerechte Personal- und Organisationsent-
                       und Gesprächsfähigkeit geprägt ist, desto leich-     wicklung geschlossen. Sie soll den gesunden
                       ter wird dem Unternehmen die Umsetzung des           Übergang in den Ruhestand ermöglichen. Die
                       Betrieblichen Eingliederungsmanagements              Dienstvereinbarung sieht zum Beispiel vor, dass
                       fallen. Dann geht es nicht um die Frage „Wer         ältere Beschäftigte für den dritten Abschnitt ihres
                       darf maximal wie lange krank sein, bevor krank-      Arbeitslebens motiviert werden. Sie sollen Anre-
                       heitsbedingte Kündigungen möglich werden?“,          gungen erhalten, sich mental fit zu halten und
                       sondern um die Frage „Wer kann wie unter-            sich bei Bedarf auch neuen Herausforderungen
                       stützt werden, um möglichst bald wieder fit an        zu stellen, zum Beispiel durch einen Stellen-
                       den Arbeitsplatz zurückzukehren?“.                   wechsel. Umfangreiche Informationen sollen
                                                                            helfen, sich auf den Ruhestand vorzubereiten –
                       Stimmt der Beschäftigte zu, können weitere           sowohl in rechtlicher und finanzieller als auch in
                       Personen wie Betriebsrat, Werksarzt oder die         mentaler Hinsicht. Das Angebot wird durch die
                       Vertrauensperson der Schwerbehinderten zur           Kreisverwaltung Recklinghausen zusammen mit
                       Lösungssuche hinzugezogen werden.                    Kooperationspartnern ständig weiterentwickelt.

                       Das Betriebliche Eingliederungsmanagement
                       bietet damit eine Chance, die Personalarbeit
                       auf die demografischen Veränderungen einzu-
                       stellen und so den Betrieb zukunftssicher zu
                       machen. Weitere positive Effekte: Der Image-
                       gewinn nach innen und außen und Einspar-
                       möglichkeiten durch geringere Ausfallzeiten.

18 | Gesund führen heute
Fragebogen: Wie demografiefest ist Ihr Unternehmen?
Der folgende Fragebogen kann Ihnen als Reflexionshilfe dienen, Anregungen geben und eventuell Baustellen aufzeigen,
bei denen Handlungsbedarf besteht. Es gibt aber kein Kriterium in Form einer Mindestpunktzahl, die erreicht werden
muss. Stattdessen gilt: je mehr, desto besser.

Schützen und fördern Sie Gesundheit?

   Setzt sich Ihr Unternehmen aktiv dafür ein, die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten und zu
   fördern? Gibt es hierzu Maßnahmen, die über den gesetzlich geforderten Arbeitsschutz hinausgehen?

   Fördert Ihr Unternehmen eine Unternehmenskultur, die geprägt ist von gegenseitiger Wertschätzung? Wird dies von
   den Führungskräften so gelebt? Gibt es zum Beispiel Maßnahmen zur Verbesserung des sozialen Klimas?

Haben Sie alterskritische Belastungen im Blick?

   Haben Sie einen Überblick über Arbeitsaufgaben, die von älteren Beschäftigten eventuell nicht mehr wahrgenom-
   men werden können? Zum Beispiel weil sie alterskritische Belastungen bergen, etwa schweres Heben und Tragen
   oder die dauerhafte Verarbeitung visueller oder akustischer Reize?

   Gibt es einen Plan, wie dies kompensiert werden kann, zum Beispiel durch alternative Tätigkeiten oder Anpassung
   der Arbeitsplätze?

   Gibt es genug Auszubildende, Praktikantenstellen oder Diplomarbeiten für frischen Wind?

   Zielen Ihre Auswahlverfahren auf eine altersausgewogene Beschäftigtenstruktur?

   Sind die vorhandenen Teams und Abteilungen altersgemischt zusammengesetzt?

   Werden erfahrene Fachkräfte an das Unternehmen gebunden?

   Bewerten die Beschäftigten Ihres Unternehmens ihre Arbeitsplätze als attraktiv, so dass von einer geringen Fluktua-
   tion ausgegangen werden kann?

Bieten Sie Weiterbildung für alle?

   Haben alle Beschäftigten die Chance, an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen, und sei es in Form von Rotation,
   Mitarbeit in Projektgruppen oder Abwechslung in der Tätigkeit selbst?

   Wissen Sie, welche Altersgruppen an welchen Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen und welche sich ausschließen?

   Werden Beschäftigte über 50 Jahre zur Teilnahme an Fortbildungen explizit ermutigt?

   Bieten Sie älteren Arbeitskräften ausreichend Inhalte zur Qualifizierung an?

Fördern Sie flexibel Karrieren?

   Gibt es unterschiedliche Arbeitszeitmodelle, zwischen denen die Beschäftigten wählen können?

   Gibt es in Ihrem Unternehmen gleiche berufliche Karrierechancen, egal welches Arbeitszeitmodell der Mitarbeiter
   oder die Mitarbeiterin gewählt hat?

   Erhält Ihr Unternehmen die Flexibilität und Lernfähigkeit der Beschäftigten durch den Wechsel von Anforderungen oder
   Tätigkeiten, zum Beispiel durch Rotationsmodelle?

   Gibt es in Ihrem Unternehmen die Möglichkeit zur horizontalen Karriere, zum Beispiel einer Projekt- oder Fachkarriere
   mit steigender Verantwortung oder neuen Aufgaben wie Beratung statt Ausführung?

                                                                                               Gesund
                                                                                               G
                                                                                               Ge
                                                                                                essu
                                                                                                esuunnd
                                                                                                      d fführen
                                                                                                          ühre
                                                                                                          üh ren
                                                                                                               n he
                                                                                                                 h
                                                                                                                 heute
                                                                                                                   eut
                                                                                                                    utee | 19
e re c h t f ü h re n
A l te r [ n ] s g                         nvollen Aufg
                                                        ab e  n  u  n d g e z ielter Förderu
                                                                                          en
                                                                                             ng

           d A n e rk e n  n u n g  , s in
                                                        rb e it e r z u H öchstleistung
Mit Lob un                                          ita
                  M   it a rb e it e rinnen und M
              re
können Sie Ih            ie  alt sie sind.
            – e g a l w
motivieren
Was Sie als Führungs-
kraft beachten sollten
„Gutes Führungsverhalten und gute Arbeit von
Vorgesetzten sind der einzige hochsignifikante
Faktor, für den eine Verbesserung der Arbeitsfä-
higkeit zwischen dem 51. und 62. Lebensjahr
nachgewiesen wurde.“ Dies ist das Ergebnis
einer über elf Jahre dauernden Längsschnitt-
studie der Arbeitswissenschaftler Juhani Ilma-
rinen und Jürgen Tempel. Für die Frage, ob ein
Mensch im Alter von 51 bis 62 Jahren noch
arbeitsfähig ist – also seine Tätigkeit ausführen
kann –, ist demnach weniger entscheidend,
wie viel der Mensch in seinem bisherigen Le-
ben körperlich gearbeitet hat. Entscheidend
ist, wie das Unternehmen förderliche Bedin-
gungen schafft und wie die Führungskräfte
bewusst Einfluss nehmen. Was können Füh-
rungskräfte nun konkret tun, um die Arbeitsfä-
higkeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
zu erhalten?

Das A und O: eine wertschätzende Haltung              Anerkennung fördert
Die Forscher Tempel und Ilmarinen dazu: „Feh-         die Leistung
lende Wertschätzung durch den unmittelbaren
Vorgesetzten wie durch die Kollegen erschwert
es älter werdenden Arbeitnehmern erheblich, an        Ilmarinen und Tempel stellten fest: Das Bedürf-
ihr eigenes Potenzial und die Qualität ihrer Arbeit   nis nach Anerkennung für gute Leistung nimmt
zu glauben. In diesem Bereich gibt es einen           mit dem Alter keineswegs ab. Im Gegenteil: Es
erheblichen Spielraum für Verbesserungen.“            wird eher stärker. Natürlich wollen alle Mitarbei-
Und das hat Auswirkungen auf die Arbeitsfä-           ter respektvoll und wertschätzend behandelt
higkeit. Die Autoren haben Folgendes heraus-          werden. Aber Ältere erleben Verstöße dagegen
gefunden: Wer bei der Arbeit kaum Möglich-            als besonders kränkend. Für sie sind Begriffe
keiten hat, Anerkennung und Wertschätzung             wie Respekt und Wertschätzung mehr als leere
zu erfahren, hat ein 2,4-fach erhöhtes Risiko,        Worthülsen.
dass sich seine Arbeitsfähigkeit verschlechtert.
                                                      Als Führungskraft sollten Sie deshalb überprü-
                                                      fen, ob Sie Ihre Teammitglieder ausreichend
                                                      anerkennen. Erlernbare Techniken helfen da
   Was Sie in diesem Kapitel erfahren                 nicht viel. Stattdessen brauchen Sie eine wert-
                                                      schätzende Haltung: Sie müssen davon über-
                                                      zeugt sein, dass Ihre Teammitglieder wertvoll
                                                      und wichtig sind.
   Dieses Kapitel zeigt Ihnen, worauf es
   beim Führen älterer Beschäftigter an-
   kommt. Dazu gehört vor allem:                         Fragen Sie sich selbst:
    Richtig anerkennen und loben                         Was bin ich ohne mein Team?
    Sinn vermitteln                                      Woran merken meine Mitarbeiterin-
                                                           nen und Mitarbeiter, dass sie mir
    Gut informieren
                                                           wichtig sind?
    Selbstständiges Arbeiten ermöglichen
                                                          Wo liegen die Stärken meiner Team-
    Individuell führen                                    mitglieder? Wer kann was am besten?
    Sicherheit geben                                     Welches Verhalten wünsche ich mir
                                                           von meinem eigenen Vorgesetzten?
    Optimale Lernbedingungen schaffen
                                                           Handele ich selbst so?

                                                                                                       Gesund führen heute | 21
Wer die Fragen ehrlich beantwortet, ist auto-       Auch falls sich Kunden oder andere Abteilungen
         GUT ZU WISSEN!
                              matisch aufmerksamer im Umgang mit seinen           lobend über ein Mitglied Ihres Teams äußern,
                              Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dann zeigt       können Sie dies mit seiner Zustimmung vor dem
 Vorbild sein | Führungs-     sich die Wertschätzung ganz von selbst in vie-      ganzen Team berichten. Ansonsten sollte ein
  kräfte beeinflussen vor     len kleinen Dingen wie dem freundlichen Gruß        Lob, genau wie negative Kritik, besser unter
   allem durch ihr Vorbild-
    verhalten das soziale
                              am Morgen, bei längerer Abwesenheit auch            vier Augen erfolgen.
      Klima bei der Arbeit    mal mit Handschlag, dem höflichen Umgangs-
   und fördern gesundes       ton mit bitte und danke und dem pünktlichen         Belohnungen halten gesund
  Verhalten der Mitarbei-     Erscheinen zu Arbeitsgesprächen. Mutige ho-
terinnen und Mitarbeiter.     len sich auch einmal direktes Feedback von          Was jemand als Anerkennung empfindet, ist
      Wer darüber hinaus      ihrem Team. Auch wenn Sie gute Arbeitsmittel        unterschiedlich. Der eine möchte mehr Verant-
    gesundheitsgerechte
                              bereitstellen, drücken Sie damit Ihre Wert-         wortung, der andere eine bestimmte Weiter-
     Arbeitsbedingungen
      schafft und gezielte    schätzung aus. Das Ziel: Geben Sie jedem            bildung, ein Dritter freut sich darüber, dass ihm
  Weiterbildung anbietet,     Teammitglied das Gefühl, ein wertvoller             bestimmte Urlaubstage ermöglicht werden.
  hat schon eine Menge        Mensch zu sein – und ein wichtiger Teil des
    für mehr Gesundheit       Unternehmens.                                       Hat jemand den Eindruck, dass er mehr leistet,
   am Arbeitsplatz getan.                                                         als er dafür an Geld, Anerkennung oder Auf-
                              Überzeugend anerkennen                              stiegsmöglichkeiten bekommt, kann er in eine
                                                                                  Gratifikationskrise geraten. Nicht nur seine
                              Insbesondere jüngere Führungskräfte fürchten        Motivation leidet darunter: Er hat auch nach-
                              bisweilen, anbiedernd zu wirken, wenn sie ein       weislich ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-
                              älteres Teammitglied loben. Oder sie haben ein-     Erkrankungen.
                              mal eine Reaktion erfahren wie: „Sie können das
                              doch gar nicht beurteilen, ob das eine gute Leis-   Finden Sie deshalb heraus, worauf Ihre älteren
                              tung ist. Ich mache meinen Job im Gegensatz zu      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Wert legen,
                              Ihnen schon seit Jahren.“ Die Folge solcher Er-     was sie freut und was ihren Bedürfnissen ent-
                              lebnisse: Gelobt werden nur noch jüngere Mit-       spricht. Seien Sie kreativ darin, passende Wege
                              arbeiterinnen und Mitarbeiter, denen sich der       für eine Belohnung zu finden. Nicht immer ist
                              Vorgesetzte gewachsen fühlt. Aber auch erfahre-     ein Karriereschritt nach oben das, was ein Mitar-
                              ne, ältere Beschäftigte brauchen Anerkennung,       beiter anstrebt. Vielleicht hätte er lieber einmal
                              um weiterhin gute Leistung zu bringen. Jeder        einen Sonderurlaub, eine zeitweise Umgestal-
                              Mensch braucht das Gefühl, dass seine Arbeit        tung der Arbeitszeit oder eine besonders attrak-
                              von anderen zur Kenntnis genommen wird.             tive Aufgabe.

                                     Beschäftigte, die sich aktuell in eine
                                         neue Aufgabe einarbeiten oder
                                             mit anderen Aufgaben als
                                                sonst konfrontiert sind,             So geben Sie Anerkennung
                                                  brauchen Bestätigung
                                                    auch für kleine Schritte.
                                                     Damit sie nicht unter
                                                      dem Gefühl leiden,              Übertragen Sie wichtige Aufgaben und
                                                       dass alles Bisherige            Verantwortung!
                                                       wertlos war, sollten           Geben Sie einen Vertrauensvorschuss!
                                                       Sie als Führungskraft
                                                      immer mal wieder die            Würdigen Sie, was der Einzelne fürs
                                                     Erwerbsbiografie Ihrer             Team leistet!
                                                    älteren Mitarbeiterinnen          Fragen Sie Ihr Teammitglied nach seiner
                                                   und Mitarbeiter würdigen,           Meinung!
                                                 zum Beispiel durch Hinwei-
                                               se auf frühere Erfahrungen,            Beziehen Sie die Mitglieder Ihres
                                           die heute noch für das Unterneh-            Teams in Ihre Entscheidungen ein, vor
                                       men von Nutzen sind.                            allem, wenn sie selbst davon betrof-
                                                                                       fen sind!
                              Heute schon gelobt?                                     Erinnern Sie Ihre Mitarbeiterinnen und
                                                                                       Mitarbeiter an frühere Erfolge, zum
                              Anlässe für Lob gibt es viele. Nicht nur Arbeits-        Beispiel Veränderungen, die sie gemeis-
                              leistungen können Sie loben. Wenn jemand                 tert haben!
                              sich intensiv um das Team kümmert, zum Bei-
                              spiel für Ordnung sorgt, eine Abteilungsfeier           Fragen Sie Ihr Teammitglied, ob es
                              vorbereitet, den Auszubildenden unter seine              selbst mit seiner Leistung zufrieden
                              Fittiche nimmt oder sich um den neuen Wasser-            ist, und sprechen Sie ihm dann Ihre
                              spender kümmert, ist das ein Lob wert – auch             Anerkennung aus.
                              vor versammelter Mannschaft, wenn der Mit-
                              arbeiter dem zustimmt.

    22 | Gesund führen heute
Sie können auch lesen