Strukturwandel im internationalen Messewesen - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung des Landes Hessen - Redaktions ...

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Strukturwandel im internationalen Messewesen - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung des Landes Hessen - Redaktions ...
Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
                                         Energie, Verkehr und Wohnen

                                         Strukturwandel im internationalen
                                         Messewesen
                                         Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die
                                         Messeförderung des Landes Hessen

Herausgeber:

Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Wohnen

Kaiser-Friedrich-Ring 75
65185 Wiesbaden

www.wirtschaft.hessen.de
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Strukturwandel im internationalen Messewesen - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung des Landes Hessen - Redaktions ...
STRUKTURWANDEL IM
INTERNATIONALEN MESSEWESEN
Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung
des Landes Hessen

Dr. Alexander Werner
Dr. Kerstin Frings
Prof. Dr. Johannes Harsche
HA-Report 1.027
Wiesbaden 2021
Strukturwandel im internationalen Messewesen - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung des Landes Hessen - Redaktions ...
IMPRESSUM
HERAUSGEBER
Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen

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HA Hessen Agentur GmbH

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HA Hessen Agentur GmbH
Konradinerallee 9
65189 Wiesbaden
Tel +49 611 95017-80 /-85
Fax +49 611 95017-8466
info@hessen-agentur.de

VERFASSER
Dr. Alexander Werner, Dr. Kerstin Frings, Prof. Dr. Johannes Harsche

STAND
März 2021

BILDNACHWEISE
Titelbild
Reihe oben: © Marcel Schauer – Fotolia / © Heiko Körner (Hessen Trade & Invest GmbH)
Reihe unten beide: © Susanne Stöck (HA Hessen Agentur GmbH)

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Strukturwandel im internationalen Messewesen

INHALT

1 HINTERGRUND, UNTERSUCHUNGSZIELE UND VORGEHENSWEISE ............... 1

2 TRENDS UND ENTWICKLUNGEN ......................................................................... 3

3 AUSWIRKUNGEN DES STRUKTURWANDELS IM MESSEWESEN:
  EXPERTENBEFRAGUNG ...................................................................................... 13

    3.1 Betrachtete Messen und Messeveranstalter .................................................... 14
    3.2 Auswirkungen allgemeiner wirtschaftlicher Trends auf das internationale
        Messewesen .................................................................................................... 18
    3.3 Auswirkungen der Corona-Pandemie .............................................................. 27
    3.4 Empfehlungen der Experten ............................................................................. 30

4 FAZIT UND SCHLUSSFOLGERUNGEN ................................................................ 35

VERZEICHNIS DER BEFRAGTEN EXPERTINNEN UND EXPERTEN…………….....39

LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................................... 40

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Strukturwandel im internationalen Messewesen - Aktuelle Entwicklungen und Auswirkungen auf die Messeförderung des Landes Hessen - Redaktions ...
Strukturwandel im internationalen Messewesen

1 Hintergrund, Untersuchungsziele und Vorgehensweise

Das weltweite Messegeschehen unterliegt derzeit einem dynamischen Wandel, wobei
mit gesamtwirtschaftlichen strukturellen Veränderungen zusammenhängende Tenden-
zen bereits vor der Corona-Pandemie erkennbar waren. Zu nennen sind branchenüber-
greifende Mega-Trends, etwa eine fortschreitende Digitalisierung, die Forcierung von
Nachhaltigkeit sowie die Globalisierung, aber auch branchenspezifische Entwicklungen
– z. B. in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der IT-Branche, im Kulturbereich
– infolge von technologischen Veränderungen, der zunehmenden Internationalisierung,
dem Wachstum der Märkte in Asien und der Veränderungen von Nachfragestrukturen.
Beobachtbare Trends im Messegeschehen sind beispielsweise eine Verkürzung der zeit-
lichen Dauer von Messeveranstaltungen, eine räumliche Expansion oder Verlagerung
von Messen, die Redimensionierung von Standkapazitäten sowie eine Zunahme digitaler
Angebote, letzteres etwa über eine Kombination von Präsenz- und Online-Aktivitäten.

Es existieren valide Hinweise darauf, dass die derzeitige Corona-Pandemie wie ein „Ak-
zelerator“ auf die vorgenannten Entwicklungen wirkt. Auf absehbare Zeit sind zudem auf-
grund von Hygiene- und Sicherheitsanforderungen die Möglichkeiten zur Durchführung
großer Präsenzmessen mit internationaler Strahlkraft stark eingeschränkt. Der Trend der
Digitalisierung ist besonders in den Vordergrund gerückt, da die Durchführung einer vir-
tuellen Ersatzveranstaltung vielfach die einzige Alternative zur Absage bzw. Verschie-
bung von Messeveranstaltungen war.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Mit der vorliegenden Untersuchung im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirt-
              schaft, Energie, Verkehr und Wohnen werden mehrere Ziele verfolgt. Erstens sollen die
              aktuellen und für die nahe Zukunft zu erwartenden Veränderungen in der Messeland-
              schaft eingehend dargestellt und analysiert werden. Zweitens werden deren Folgewir-
              kungen für die Unternehmen, die als Aussteller und Besucher an Messen partizipieren,
              aufgezeigt. Drittens werden daraus resultierende Implikationen für die Messeförderung
              des Landes Hessen erörtert.

              Die Studie ist wie folgt aufgebaut: In Kapitel 2 werden langfristige Trends in der Messe-
              landschaft skizziert und die daraus resultierenden Entwicklungen erläutert. Zudem wird
              kurz auf die Auswirklungen der Corona-Krise auf die Messewirtschaft eingegangen. Hie-
              rauf aufbauend folgt in Kapitel 3 die Auswertung einer Expertenbefragung zu ausgewähl-
              ten Fallbeispielen, die die dargestellten Entwicklungen veranschaulichen. Dabei werden
              sowohl die Einschätzungen der Experten zu den langfristigen Trends im Messewesen
              als auch zu den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie betrachtet. Zudem gaben die
              Experten Empfehlungen für die zukünftige Teilnahme von Unternehmen und Fachbesu-
              chern bei Messen sowie deren Unterstützungsbedarf ab.

              Die Auswahl der betrachteten Messen und Messeveranstalter erfolgte in Abstimmung mit
              dem Auftraggeber und der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI). Mit der Messe Frankfurt
              und der Buchmesse wurden zwei Institutionen befragt, die die hohe Bedeutung des Mes-
              sewesens für den Standort Hessen widerspiegeln. Weitere international bedeutende
              Messeveranstaltungen, nämlich Hannover Messe, ITAP – Industrial Transformation Asia-
              Pacific in Singapur, das Singapore Fintech Festival sowie der Smart City Expo World
              Congress in Barcelona geben ein thematisch und regional breit gestreutes Bild wichtiger
              Veranstaltungen zur Unterstützung der Markterschließung der hessischen Wirtschaft
              wieder. Abgerundet wird das Bild durch die Befragung von Experten der Regierungsein-
              richtung Singapore Tourism Board, die seit den 1970er Jahren Singapur als einen Stand-
              ort für Messen und Veranstaltungen von weltweiter Bedeutung aufbaut, sowie der AHK
              Singapur als Ausrichter von Gemeinschaftsständen. Auswahlkriterium war zudem, dass
              Veranstalter mit digitalen oder virtuellen Konzepten ihre Veranstaltungen im Jahr 2020
              trotz der Corona-Pandemie umsetzen konnten und Erfahrungen mit diesen neuen
              Messe- bzw. Veranstaltungsformaten gewinnen konnten.

              In Kapitel 4 werden abschließend wesentliche Untersuchungsergebnisse zusammenge-
              fasst und Rückschlüsse auf die sich ändernden Anforderungen für Aussteller, Fachbesu-
              cher sowie die sich daraus ergebenden Unterstützungsmöglichkeiten durch Wirtschafts-
              förderungseinrichtungen gezogen.

                                                          2
Strukturwandel im internationalen Messewesen

2 Trends und Entwicklungen

Die Entwicklungen im internationalen Messewesen betreffen neben Messeveranstaltern
und Anbietern messespezifischer Dienstleistungen Unternehmen weltweit, die auf den
Messen ausstellen oder diese besuchen. Die Ergebnisse des AUMA (Ausstellungs- und
Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e. V.) belegen eine bislang hohe Relevanz
von Messebeteiligungen als Marketing-Instrument für Unternehmen, wobei sich deut-
sche Unternehmen in den vergangenen zwei Jahrzehnten zunehmend an internationalen
Messen außerhalb Deutschlands beteiligten.1 Laut Konjunkturumfrage des ifo-Instituts
vom August 2020, also nach der ersten starken Corona-Welle in Deutschland, gaben
rund 60 % der deutschen Industrieunternehmen an, ihr Messe-Engagement mit Blick auf
die nächsten Jahre konstant halten zu wollen, die übrigen wollen ihre Beteiligung aller-
dings zumeist reduzieren, d.h. sich bei der einen oder anderen Messe nicht mehr ein-
bringen.2 Der Messeforscher Manfred Kirchgeorg von der Handelshochschule Leipzig
sieht eine "leicht positiv stagnierende" Entwicklung am Messemarkt. Eine wirtschaftliche
Rezession begünstige Veränderungen. Die Messeidee hätte aber Zukunft.3 Für die ex-
portorientierte Wirtschaft in Hessen ist zudem Präsenz auf internationalen Messen von
erheblicher Bedeutung.

1   Vgl. AUMA (Hrsg.) (2019a, S. 6ff).
2   Vgl. ifo Institut (Hrsg.) (2020a).
3   Vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung (2020).

                                                   3
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Strukturelle Änderungen im Messewesen sind von jeher ein prägendes Wesensmerkmal
              der Messelandschaft, die im Laufe ihrer Historie stets auf wirtschaftlichen, gesellschaft-
              lichen und politischen Wandel reagiert hat. So führten Massenproduktion und zunehmen-
              der Warenhandel im Zuge der Industrialisierung zu einem Wechsel von Warenmessen
              hin zu Mustermessen. Als Konsequenz der zunehmenden Spezialisierung der Wirtschaft
              und auch der Unüberschaubarkeit des Angebots für Besucher von Universalmessen er-
              folgte die Entwicklung hin zu Fachmessen, bei denen eine Sortimentseinengung gleich-
              zeitig mit einer Sortimentsvertiefung einherging.4 Eine zusätzliche Weiterentwicklung be-
              steht in Informationsmessen, die von Seminaren und Kongressen begleitet werden. In
              Kombination mit weiteren Sonderveranstaltungen wie repräsentativen Events entstehen
              Mehrzweckmessen. Während lange Zeit Messen im Zentrum der Städte – an den
              Schnittpunkten der Handelswege – stattfanden, führte der Flächenbedarf auf der einen
              sowie die Möglichkeiten durch Massenverkehr und Logistik auf der anderen Seite zu
              einer Verlagerung der Messen auf Messeareale an die Stadtränder.5 Ein besonderes
              Merkmal der Messe Frankfurt ist dagegen, dass sie Entwicklungsmöglichkeiten im In-
              nenstadtbereich zur Flächenvergrößerung nutzen konnte. Daher weist sie als ein zentral
              gelegener Veranstaltungsort mit Nähe zu vielfältigen anderen Innenstadt-Locations ei-
              nen deutlichen Standortvorteil auf.

              Derzeit verändert sich das weltweite Messegeschehen sehr dynamisch. Verschiedene
              mit gesellschaftlichen und wirtschaftsstrukturellen Veränderungen zusammenhängende
              Tendenzen waren bereits vor der Corona-Pandemie erkennbar. Insgesamt gesehen er-
              scheint die Zukunft aufgrund der mit der Pandemie verbundenen Unsicherheiten nun
              noch offener. Die Corona-Pandemie verändert möglicherweise auch langfristig die Wer-
              tevorstellungen der Menschen. Mit Blick auf die Durchführung großer Präsenzmessen
              schränkt die Pandemie zudem die derzeitigen Möglichkeiten beträchtlich ein. Die Mes-
              sewirtschaft gilt in Deutschland, aber auch weltweit, als eine der am stärksten von der
              Corona-Pandemie betroffenen Branchen mit gravierenden Umsatzeinbrüchen und Ge-
              fährdung von Arbeitsplätzen.6 Darüber hinaus verzeichnen weitere von der Messeaktivi-
              tät abhängige Wirtschaftsbereiche sowie die ausstellenden Unternehmen Umsatzeinbu-
              ßen durch die fehlenden Messeaufträge.7 Gleichzeitig beschleunigt die Pandemie ein-
              zelne Tendenzen, beispielsweise wenn vor dem Hintergrund von verschärften Hygiene-
              und Abstandsregelungen sowie von internationalen Reisebeschränkungen digitale An-
              gebote im Messewesen an Bedeutung gewinnen. Andere Tendenzen, beispielsweise zur
              Nachhaltigkeit, treten möglicherweise vorerst in den Hintergrund.

              Nachfolgend werden Veränderungen in der Messelandschaft sowie der damit verbunde-
              nen Entwicklungen auf Seiten der Unternehmen, die als Aussteller und Besucher an
              Messen partizipieren, beschrieben.

              4   Vgl. Schoop, K.; Reinhard, H. W.; Stutzinger H. M. (2017).
              5   Vgl. Marg, V. (2017).
              6   Vgl. ifo Institut (Hrsg.) (2020b).
              7   Vgl. Penzkofer, Horst (2020).

                                                                 4
Strukturwandel im internationalen Messewesen

Mega-Trend „Globalisierung“

Der Messestandort Deutschland weist eine hohe Internationalität auf. Im Jahr 2018 ka-
men laut AUMA rund 60 % der Aussteller und 35 % der Fachbesucher aus dem Ausland.
Dies beruht insbesondere darauf, dass 60 % aller Weltleitmessen als den wichtigsten
Messeevents der jeweiligen Branche in Deutschland stattfinden. Zugleich stellt knapp
die Hälfte der deutschen Aussteller auch im Ausland aus. Allein im Rahmen des Aus-
landsmesseprogramms des Bundeswirtschaftsministeriums sind jährlich annähernd
6.000 Aussteller auf rund 230 Messen im Ausland vertreten.8 Der Bedeutungszuwachs
der weltweiten Vernetzung und die Ambitionen der Unternehmen, neue Märkte zu er-
schließen, führen zu einer zunehmenden Beteiligung deutscher Unternehmen an inter-
nationalen Messen im Ausland.

Der Messestandort Deutschland erfährt dabei Konkurrenz aus dem Ausland, beispiels-
weise aus China bzw. Asien und anderen Regionen, in denen die Messewirtschaft ein
dynamisches Wachstum verzeichnet.9 Daten des Weltmesseverbands UFI - The Global
Association of the Exhibition Industry belegen den schon längeren Bedeutungsgewinn
der Asien-Pazifik-Region für den Zeitraum 2011 bis 2017.10 Das Bundeswirtschaftsmi-
nisterium geht auf Basis der AUMA-Messedatenbank von etwa 3.000 ausländischen
Messen (außerhalb der EU) mit überregionaler bzw. internationaler Bedeutung aus.11

Die Corona-Pandemie dürfte die Reisebereitschaft der deutschen Aussteller und Besu-
cher von Messen allerdings vorübergehend gedämpft haben. Die Frage ist, wie andau-
ernd diese geringere Reisebereitschaft ist. Wolfram Diener, Chef der Messe Düsseldorf,
erwartet beispielsweise, dass die Reisebereitschaft künftig weiterhin etwas niedriger
ausfällt, selbst wenn das Virus unter Kontrolle gebracht ist. Der Trend könne dann zu
kleineren, lokaleren Messen gehen, die Spin-offs der Weltleitmessen bzw. Schwester-
messen darstellen.12 Dies könnte dazu führen, dass Unternehmen mehrfach ausstellen
müssen.13 Allerdings haben solche Veranstaltungen auch Vorteile durch einen gezielten
Fokus auf den jeweiligen regionalen Wirtschaftsraum. So verfolgte z. B. die Messe
Frankfurt bereits vor Corona eine gezielte Ausweitung erfolgreicher Messekonzepte auf
andere weltwirtschaftliche Regionen.

Mega-Trend „Nachhaltigkeit“

Die 17 Sustainable Development Goals (SDG) der UN haben Anforderungen an Nach-
haltigkeit in vielen Kategorien – von der Sicherung von Grundbedürfnissen (z. B. kein
Hunger, Reduzierung von Armut) über Umweltschutzziele (z. B. sauberes Wasser, Bio-
diversität, Klimaschutz) und wirtschaftliche Aspekte (z. B. Förderung von Innovation und
Infrastruktur) bis hin zu sozialen Leitbildern (z. B. Sicherung von Frieden, Gleich-

8    Vgl. AUMA (Hrsg.) (2019b).
9    Vgl. Welt (Hrsg.) (2020).
10   Vgl. UFI (Hrsg.) (2017, in der Fassung von 2018).
11   Vgl. BMWI (Hrsg.) (2021).
12   Vgl. Süddeutsche Zeitung (28.10.2020).
13   Vgl. Starke, Thomas (2020).

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              behandlung und Arbeitsschutz) – formuliert. Messen tragen als Kommunikationsknoten
              zu einem Austausch von Informationen bei, sodass sich über diesen Kanal der Nachhal-
              tigkeitsgedanke selbst sowie der Wissenstransfer über nachhaltige, z. B. ressourcen-
              schonende Technologien verbreitet.14

              Die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit betrifft auch die Veranstaltungswirtschaft selbst.
              Messen, die eine große Anzahl von Besuchern und Nutzern an einem Ort konzentrieren,
              können dazu beitragen, die Ökobilanz gegenüber einer Vielzahl von Einzelveranstaltun-
              gen mit entsprechenden Reiseaufwendungen zu verbessern. Trotzdem ist mit der Aus-
              richtung einer Großveranstaltung eine Umweltbelastung und ein umfangreicher Ressour-
              cenverbrauch verbunden, sodass zu den Nachhaltigkeitszielen der Messewirtschaft z. B.
              Einsparungen an Materialien, Energie und Wasser bei Messegebäuden und Ständen,
              der Einsatz von biologisch abbaubaren, recyclingfähigen oder wiederverwendbaren Ma-
              terialien (z. B. beim Standbau) sowie von erneuerbaren Energien zur Stromgewinnung,
              Emissions- und Lärmreduktionen, Begrünungen von Messedächern, umweltfreundliche
              Gestaltung von Logistik und Mobilität am Messestandort gehören (mit existierenden Vor-
              bildern für die Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen in aller Welt15). Im sozialen Bereich
              ist die Gewährleistung einer angemessenen und auskömmlichen Entlohnung für alle an
              der Messe beteiligten Fachkräfte ein Beispiel für Anforderungen an die Nachhaltigkeit.16

              Die Eignung von Normen und Zertifikaten, um ein nachhaltiges Veranstaltungsmanage-
              ment im internationalen Messewesen zu etablieren, sehen Experten des AUMA kritisch.
              Positiv beurteilt wird die Einführung und Erleichterung von Nachhaltigkeitsberichten für
              die Messewirtschaft. Allerdings stellen sie auch fest, dass die Nachhaltigkeit in der Regel
              nicht das vorrangige Entscheidungskriterium für eine Beteiligung von Ausstellern und
              Besuchern an einer internationalen Leitmesse darstellt. Der Aussteller fokussiert sich auf
              die Messe, die es ihm erlaubt, sein Produkt bestmöglich zu präsentieren und zu verkau-
              fen. Der Besucher wählt die Messe aus, die ihm einen guten Überblick über die Branche
              und deren Innovationen verschafft.17 Dennoch ist anzunehmen, dass für immer mehr
              Akteure das Thema Nachhaltigkeit im Messewesen eine Rolle spielt. Von den Veranstal-
              tern wird ein Bekenntnis zu Nachhaltigkeitszielen erwartet, die Aussteller lassen Nach-
              haltigkeitskriterien in ihre Standgestaltung und die Besucher in ihre Teilnahmeentschei-
              dung einfließen. In einer Befragung aus dem Jahr 2018 gab ein hoher Anteil der Befrag-
              ten (78 %) an, dass es wichtig sei, dass eine Messeveranstaltung ein starkes Engage-
              ment für Nachhaltigkeit zeige. Auch der Anteil der Befragten, die sogar ihre Teilnahme
              an Messen in Frage stellen, falls diese keinen verantwortungsvollen Umgang mit Nach-
              haltigkeit aufweisen, ist mit 38 % relativ hoch. Dieser Anteil lag in Asien (59 %), Afrika
              (54 %) und dem Mittleren Osten (54 %) höher als bei Befragten in Europa (36 %) und
              Nordamerika (26 %).18

              14   Vgl. Geisenberger (2017).
              15   Vgl. UFI (Hrsg.) (2019a).
              16   Vgl. Geisenberger (2017).
              17   Vgl. Lüder, Barbara-Maria (2019).
              18   Vgl. UFI (Hrsg.) (2019b).

                                                          6
Strukturwandel im internationalen Messewesen

Allerdings richten sich Proteste, wie beispielsweise im Zuge der Internationalen Automo-
bil-Ausstellung (IAA) 2019 in Frankfurt erlebt, bislang weniger gegen das Messewesen
an sich als gegen bestimmte Produkte und die diesbezügliche Politik.

Mega-Trend „Digitalisierung“

Die Digitalisierung durchdringt in zunehmendem Maße alle Bereiche des wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Lebens. Auch in Bezug auf Messen haben die digitale Infrastruk-
tur und digitale Formate – gerade auch durch die Corona-Pandemie – an Bedeutung
gewonnen. Laut Konjunkturumfrage des ifo-Instituts vom August 2020 wollen knapp zwei
Drittel der Aussteller diese zukünftig verstärkt nutzen, insbesondere größere Unterneh-
men mit 500 und mehr Beschäftigten.19 In einigen Fällen – insbesondere aus dem B2B-
Bereich – treffen Unternehmen sogar die strategische Entscheidung, komplett auf virtu-
elle Messen umzustellen. Als Gründe werden die Ersparnisse durch die digitale Kommu-
nikation und deren Effizienz genannt.20 Die Ausrichtung auch digitaler Veranstaltungen
bietet für die Messeveranstalter – verstärkt vor dem Hintergrund des coronabedingten
Ausfalls von Präsenzveranstaltungen – eine Möglichkeit, sich wirtschaftlich zu stabilisie-
ren.

Unabhängig von der eigenen Digitalisierung besteht ein langfristiger Trend im Messewe-
sen darin, dass die Orderfunktion von Messen kontinuierlich zurückgegangen ist, wäh-
rend Informations- und Kommunikationsfunktionen in den Vordergrund getreten sind.
Dieser Funktionswandel kann das Messewesen im Vergleich mit digitalen Formaten un-
ter Druck setzen, da sie die Funktionen von Messen substituieren können. Als histori-
sches Beispiel kann der Übergang von der Waren- zur Mustermesse dienen. Dies führte
zwischenzeitlich zu einem Rückgang der Bedeutung von Messen zugunsten von Vertre-
tern mit „Musterkoffern“. Messen müssen ihren Nutzen daher belegen. Dieser Nutzen
besteht in einer hohen Funktionsintegration von Informations-, Motivations-, Beeinflus-
sungs- und Verkaufsfunktion – bei einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis. Als Reaktion
auf die zunehmenden Alternativen für diese Funktionen insbesondere durch Digitalisie-
rung empfehlen Stoeck und Schaudry die Weiterentwicklung von Messen bzw. Messe-
veranstaltern zu integrierten Kommunikationsdienstleistern.21

Zu den Stärken einer realen Messe gehören laut AUMA-Befragung der persönliche Kon-
takt von Mensch zu Mensch, direktes Networking, die Kompetenz der Mitarbeiter vor Ort
und die Ansprache aller Sinne.22 Dazu passt, wenn der Messeforscher Manfred Kirch-
georg auffordert, den direkten Austausch in den Vordergrund zu stellen. Digital sei „live,
aber nicht mit allen Sinnen“. Es gelte, Events zu kreieren.23

Die Vorzüge realer Events dürften für virtuelle Messen schwer auszugleichen sein. Aller-
dings können virtuelle Messen eine Ersparnis für Besucher und Aussteller (z. B. in Bezug

19   Vgl. ifo Institut (Hrsg.) (2020a).
20   Vgl. Plass, J. (2021).
21   Vgl. Stoeck, N.; Schraudy, K. (2017).
22   Vgl. AUMA (Hrsg.) (2019a).
23   Vgl. Hannoversche Allgemeine Zeitung (2020).

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              auf Stand-, Organisations-, Druck-, Personal- und Reisekosten), Risikominimierung (z. B.
              in Bezug auf Ausfall durch Naturkatastrophen, Corona, Streiks) sowie einen Zeitgewinn
              bedeuten. Zugleich können relativ problemlos weltweite Reichweiten erzielt werden, so
              dass sich virtuelle Messen besonders eignen dürften, wenn bei begrenztem fachlichem
              Angebot und spezifischer Nachfrage Akteure nur schwer an einem Ort zu versammeln
              sind.24 Oft stehen bislang weniger physische Produkte im Fokus, z. B. wenn Karriere-
              oder Computerspielmessen virtuell stattfinden.25

              Eine traditionell analoge Messe und digitale Tools (von einfachen Zusatzanwendungen
              bis hin zum hybrid26 gestalteten Event) können sich hinsichtlich ihrer Funktionen aber
              auch ergänzen. Beispielsweise gelangen Messe-Apps oder am Messestand Virtual Re-
              ality- bzw. Augmented Reality-Angebote zum Einsatz. Moderne Kommunikationsformen,
              wie z. B. Live Chat, Videokonferenz und Onlineübertragung sowie Social Media unter-
              stützen den Messeauftritt. Tracking-Technologien liefern Daten. Lead Management Apps
              erleichtern die Kontaktpflege. Gemäß AUMA-Befragung im 4. Quartal 2018 führte der
              Einsatz digitaler Tools dabei zunächst nur in geringem Maße zu Auswirkungen wie einer
              Reduzierung der Standflächen oder des Personals.27 Die digitalen Tools tragen aber au-
              ßer zu organisatorischen Erleichterungen auch dazu bei, Menschen zu begeistern und
              die Unternehmensbotschaft sowie die Produkte besser erlebbar zu machen.28

              Hinsichtlich der Auswirkungen und des Ausmaßes der Digitalisierung im Messewesen ist
              festzuhalten, dass bereits vor der Corona-Pandemie zahlreiche Tools der Digitalisierung
              bei traditionell analogen Messen eingesetzt wurden. So ist die gesamte Customer Jour-
              ney auf Messen in den Blick zu nehmen, um potenzielle digitale Touchpoints zu identifi-
              zieren. Dabei lassen sich die drei Phasen – Initial-Phase vor der Messeveranstaltung,
              die Aktiv-Phase während des Messebesuchs sowie die Konvers-Phase der Nachberei-
              tung unterscheiden. Nachfolgend werden einige Beispiele für sogenannte Digital Touch-
              points einer Präsenzmesse genannt:29

              –   Initial-Phase / Kommunikation im Vorfeld: z. B. Werbung/Webseite, Messe-App,
                  E-Ticketing.

              –   Aktiv-Phase: z. B. Info Screens, Navigations-App, HMD/VR, Live-Voting, Match-
                  making.

              –   Konvers-Phase (Kommunikation im Nachgang): z. B. Tracking-Auswertung,
                  Lead-Erfassung.

              Es ist insofern mit Blick auf die Zukunft zu erwarten, dass Aussteller und Besucher inter-
              nationaler Messen die vielfältigen digitalen Tools und Formate in Ergänzung der analo-
              gen Möglichkeiten nutzen und ihre Erfolgsaussichten mit einem intelligenten Mix

              24 Vgl. Schweinberg, Nicole (2018).
              25 Vgl. Schulze-Siebert, Jan (2020).
              26 Ein hybrides Event ist eine Veranstaltung, die sowohl ein Präsenzprogramm als auch ein damit ver-
                 bundenes digitales Programm durchführt.
              27 Vgl. AUMA (Hrsg.) (2019, S. 30).
              28 Vgl. Meiß, Clemens.
              29 Vgl. Ruetz (2020).

                                                               8
Strukturwandel im internationalen Messewesen

verbessern. Alle Funktionen einer realen Messe sind gegenwärtig noch nicht digital er-
setzbar.30 In der Folge wird auch angenommen, dass selbst nach Ende der Corona-Krise
Fachmessen überwiegend als Hybridformate geplant werden (Erwartung von 82 % der
weltweit befragten Unternehmen des 25. UFI Global Exhibition Barometers31). Möglich-
erweise in den Fokus rücken können zudem ganzjährige Online-Angebote für Aussteller
und Fachbesucher, die es erlauben, unabhängig von Messezeiten Neuheiten zu präsen-
tieren.32

Messen mit Eventcharakter

In der Messegestaltung gewinnt neben der Digitalisierung der Eventcharakter an Bedeu-
tung. Eine Kombination von Messe und Kongress, die Verbindung einer Messe mit ver-
schiedenen Tagungen oder die Einbettung der Messe in ein größeres, aus vielfältigen
Facetten bestehendes Ereignis (z. B. Musikfestival) sind Ausdruck dieser Entwicklung.
Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich dieser Trend nicht in allen Messeformaten
gleichermaßen niederschlägt. Zudem ist eine Verzahnung von Stadtraum und Messe für
B2C-Messen wahrscheinlich.33 Dies stellt quasi eine Rückbesinnung gegenüber dem
lang vorherrschenden Trend einer Verlagerung von Messeveranstaltungen auf Messe-
areale am Stadtrand dar, woraus ein zentraler Messestandort wie z. B. Frankfurt Vorteile
ziehen dürfte.

Für das Messerlebnis, auch bei Fachmessen, werden „das gemeinsame Erleben von
Technik, die geteilte Begeisterung, respektive die Möglichkeit zur Erzählung dersel-
ben“ als prägend angesehen.34 Diese Eventfokussierung unterstreicht zudem die Funk-
tion von Messen als „Treibhäuser für Optimismus“. Durch den persönlichen Dialog, das
Erleben von Exponaten, Menschen und Ereignissen über alle Sinne wird Vertrauen und
Optimismus geschaffen.35

Mit Blick auf die Standgestaltung durch die Aussteller spielen „einladender Kaffeehaus-
Charme, begrünte Sitzecken, Lounge-Charakter“ eine wachsende Rolle, um eine infor-
melle Atmosphäre, Nähe und Sympathie zum Aussteller zu erreichen. Dazu passt auch,
dass verstärkt interaktive Formate, wie Barcamps oder Fishbowl, im Rahmenprogramm
zur Messe eingesetzt werden, mit denen der Veranstaltung ein Community-Charakter
gegeben werden kann.36

30   Vgl. Hochheim, Hendrik (2020).
31   Vgl. UFI (Hrsg.) (2020).
32   Vgl. Penzkofer, Horst (2020).
33   Vgl. Kötter, Harald (2020).
34   Vgl. AUMA, ITB Berlin, SRH Hochschule der populären Künste (Hrsg.) (2018).
35   Vgl. Schoop, K.; Reinhard, H. W.; Stutzinger H. M. (2017).
36   Vgl. o.V. (2019).

                                                 9
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Weitere Trends im Messegeschehen

              Die Bedeutung von Messen für die Unternehmen bleibt voraussichtlich hoch. Auch jün-
              gere Menschen in Entscheidungspositionen von Unternehmen nutzen Fachmessen.37
              Große Branchenmessen existieren dabei neben neu entstehenden Spezialmessen.
              Beide Formate wachsen.38 Messen haben die Rolle eines Spiegelbildes der Wirtschaft
              – wie sich bereits an der Entstehung neuer Messestandorte in neuen weltwirtschaftlichen
              Zentren beim Megatrend Globalisierung gezeigt hat. So entstehen durch den techni-
              schen Fortschritt wie auch durch Veränderungen im sozialen, wirtschaftlichen und politi-
              schen Leben neue Fachmessen.39 Dem entsprechend schlagen auch spezifische Ent-
              wicklungen in einzelnen Branchen auf die jeweiligen Messen durch. Als aktuelles Bei-
              spiel lässt sich der Versuch der Neuausrichtung der Internationalen Automobil Ausstel-
              lung (IAA) anführen, die sich zu einer Mobilitätsmesse entwickeln soll. Die Messe öffnet
              sich über das Automobil hinaus auch anderen Mobilitätsträgern. Damit reagiert die
              Messe auf den bestehenden Strukturwandel in der Branche, der sich durch Anforderun-
              gen hinsichtlich Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit, „Kampf“ der verschiedenen
              Mobilitätsträger um den engen innerstädtischen Raum und nicht zuletzt die Digitalisie-
              rung auszeichnet.40

              Zudem wird erwartet, dass Messebeteiligungen auch für das Wissenschaftsmarketing
              zwecks Anbahnung industrienaher Forschungskooperationen zukünftig weiter hohe Re-
              levanz zukommt. Vor dem Hintergrund der Komplexität der Fachfragen in den einzelnen
              Wirtschaftsbranchen steigt die Nachfrage nach wissenschaftlicher Expertise.41

              Die Standkapazitäten werden weniger für die Produktdarstellung, sondern viel mehr für
              Kommunikation und Attraktivitätssteigerung der Präsentation, z. B. mittels Virtual- bzw.
              Augmented Reality, genutzt. 42 Statt der gesamten Produktpalette des Unternehmens
              stehen der „aktuelle Stand an Wissen, Technologie und Service“ und die „Akzentuierung
              von Alleinstellungsmerkmalen“ im Fokus der Aussteller, die damit einer geänderten Er-
              wartungshaltung des Messepublikums entsprechen.43 Für die Aussteller dürften neben
              dem Serviceangebot der Messeveranstalter und -dienstleister die Professionalisierung
              des Standpersonals, das Targeting im Vorfeld der Messe, das Einpflegen digitaler Besu-
              cherdaten im eigenen CRM-System und die nachträgliche Besucheransprache sowie die
              Evaluierung der Messe als Instrument zur Zielgruppenerreichung sowie zur Umsetzung
              der Unternehmensstrategie an Relevanz gewinnen. 44 Aus Besuchersicht dürften die
              Vorbereitung des Messebesuchs und Orientierungshilfen während des Besuchs ange-
              sichts knapper zeitlicher und personeller Ressourcen, die Möglichkeit zur Kommunika-
              tion der eigenen konkreten Themen und kundenorientierte Angebotsempfehlungen so-
              wie Erinnerungsanlässe (z. B. durch persönliche Kommunikation im Nachgang)

              37   Vgl. Hochheim, Hendrik (2020).
              38   Vgl. Kötter, Harald (2020).
              39   Vgl. Schoop, K.; Reinhard, H. W.; Stutzinger H. M. (2017).
              40   Vgl. Heckmann, J. (2021).
              41   Vgl. Knoll, Thorsten (2020).
              42   Vgl. Kötter, Harald (2020).
              43   Vgl. o.V. (2019).
              44   Vgl. Starke, Thomas (2020).

                                                                 10
Strukturwandel im internationalen Messewesen

beitragen, die Erwartungen an die Messe inklusive der vielfältigen Teilformate (z. B.
Matchmaking, Speedconnecting) zu erfüllen.45

Aktuelle Auswirkungen der Corona-Pandemie

Die Corona-Krise gilt als Akzelerator für die bestehenden langfristigen Trends. Allerdings
zeigen die Ergebnisse einer Umfrage der dfv-Mediengruppe aus dem Frühjahr 2020 un-
ter über 120 Marketingentscheidern aus ausstellenden Unternehmen ein uneinheitliches
Bild. Fast ein Drittel, nämlich 35 der befragten Unternehmen, ging davon aus, dass Mes-
sen nach der Corona-Pandemie wieder in gewohnter Form stattfinden. Dies könnte bis
zu einem gewissen Grad allerdings auch auf den Zeitpunkt der Befragung zurückzufüh-
ren sein, da im Frühjahr 2020 noch die Einschätzung einer vorübergehenden Einwirkung
durch die Corona-Pandemie vorherrschend war. Mit 32 Nennungen nahezu genauso
häufig genannt wurde jedoch auch bereits zu diesem Zeitpunkt, dass sich virtuelle Alter-
nativen stärker durchsetzen und es Messen in der gewohnten Form nicht mehr geben
wird. 30 befragte Unternehmen gingen davon aus, dass Messen kleiner / spezialisierter
/ regionaler werden. 18 Befragte erwarteten Konsolidierungen auf dem Messemarkt, also
dass einige Veranstaltungen aus dem Programm genommen werden bzw. Veranstalter
nicht mehr am Markt bestehen können. In eher technischer Hinsicht gingen zudem
20 Befragte davon aus, dass zukünftig strengere Hygienemaßnahmen gewährleistet
werden müssen.46

Eine naheliegende Entwicklung in der Corona-Pandemie weg von Präsenzmessen hin
zu virtuellen Messen ist – zumindest kurzfristig – nicht ohne weiteres erfolgt. 67 % von
128 antwortenden Unternehmen sahen virtuelle Messen nicht als geeignete Alternative
an. Nur 20 % der Befragten hatten Erfahrung als Austeller auf einer virtuellen Messe.
Dabei ist hervorzuheben, dass unter diesen Teilnehmern die Zufriedenheit mit den Ver-
anstaltungen recht hoch war.47 Die Herausforderung für den (kurzfristigen) Schritt hin zu
einem digitalen Angebot belegen Zahlen zu Messeveranstaltungen in Deutschland für
das Jahr 2020: Von rund 800 Messen wurden rund 430 (vorerst) verschoben und 350 ab-
gesagt – nur 37 Messen fanden stattdessen hybrid oder virtuell statt.48 Gleichwohl steigt
sowohl die Erfahrung mit als auch die Teilnahmebereitschaft an virtuelle Veranstaltungen.
Während in einer Kundenbefragung des Veranstalters IPM AG im April des Jahres 2020
erst 37 % der Befragten Erfahrungen mit virtuellen Veranstaltungen hatten, lag dieser
Anteil im Februar 2021 bei 72 %. Falls eine Konferenz nicht stattfinden kann, wünschen
sich 48 % der Befragten im Jahr 2021 einen virtuellen Ersatz. Der Anteil lag im April des
Vorjahres mit 31 % deutlich niedriger.49

Damit hat die Corona-Krise die Messewirtschaft massiv wirtschaftlich geschädigt. Nach
Schätzungen des Branchenverbandes AUMA verzeichneten die deutschen Messeorga-
nisationen einen Umsatzrückgang von 60 % bis 80 %. So stand die Deutsche Messe AG

45   Vgl. Esche, Anna-Katharina (2020).
46   Vgl. dfv (Hrsg.) (2020).
47   Vgl. dfv (Hrsg.) (2020).
48   Vgl. Statista (2020).
49   Vgl. IPM AG (2021).

                                           11
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              in Hannover vor der Insolvenz, die durch staatliche Hilfe des Landes Niedersachsen und
              der Stadt Hannover abgewendet wurde. Die Messe Frankfurt hat einen Umsatzrückgang
              von rund zwei Dritteln zu verbuchen – durch ein frühzeitig wieder anziehendes Geschäft
              in China konnte ein noch stärkerer Einbruch vermieden werden.50 Diese Umsatzrück-
              gänge können dazu führen, dass die Messegesellschaften nicht die Mittel für die – ins-
              besondere zu Beginn – hohen Investitionen einer Ausrichtung auf digitale Veranstal-
              tungsformate aufbringen können.

              Zudem ist die Branche bislang vorsichtig bei der Preisgestaltung der digitalen (Er-
              satz-)Veranstaltungen. Einerseits fehlen Erfahrungen und andererseits geht es zunächst
              darum, Kundenbindung zu erhöhen bzw. neue Kundengruppen zu erschließen. Auch sol-
              len neue Formate erst getestet werden.51 In einer Kundenumfrage des Veranstalters
              IPM AG zeigt sich zudem eine verringerte Zahlungsbereitschaft für virtuelle Veranstal-
              tungen. Obwohl nach Einschätzung der Befragten virtuelle Konferenzen 55 % und virtu-
              elle Messen 36 % des Nutzens einer physischen Veranstaltung erzielen, liegt die Zah-
              lungsbereitschaft für ein virtuelles Konferenzticket lediglich bei 26 % und für einen virtu-
              ellen Messestand bei nur 19 %.52 Ein Mehrwert durch virtuelle Veranstaltungen gegen-
              über Präsenzveranstaltungen kann allerdings durch die Nutzung von „Big Data“ entste-
              hen, da eine wesentlich präzisere Datengewinnung hinsichtlich der Besucher und ihres
              Verhaltens möglich ist.53

              Über die vorstehend beschriebene Funktion der Corona-Krise als Akzelerator des Mega-
              Trends Digitalisierung im Messewesen kann eine Umsetzung von digitalen Veranstaltun-
              gen auch die Trends Nachhaltigkeit und Globalisierung beeinflussen. Mit virtuellen Ver-
              anstaltungen lässt sich eine höhere Reichweite erzielen und eine größere Internationali-
              tät erreichen, da die Teilnahmehürden geringer sind. Gleichzeitig reduzieren sich Reise-
              und Transportaufkommen und damit die negativen Effekte des Verkehrs wie CO2-Emmis-
              sionen.54

              50 Vgl. Tagesschau (19.01.2021) sowie Rückmeldung der befragten Experten
                 (vgl. Kapitel 3, insb. S. 20).
              51 Vgl. Süddeutsche Zeitung (21.09.2020).
              52 Vgl. IPM AG (2021).
              53 Vgl. Süddeutsche Zeitung (21.09.2020).
              54 Vgl. Süddeutsche Zeitung (21.09.2020).

                                                            12
Strukturwandel im internationalen Messewesen

3 Auswirkungen des Strukturwandels im Messewesen:
  Expertenbefragung

Der im vorangegangenen Abschnitt geschilderte Strukturwandel im Messewesen wird im
Folgenden anhand von Fallbeispielen betrachtet und konkretisiert, die in Abstimmung mit
dem Auftraggeber und der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI) ausgewählt wurden.
Grundlage waren Expertengespräche mit Ausrichtern einzelner Messeveranstaltungen,
nämlich der Frankfurter Buchmesse, der Hannover Messe, der Industrial Transformation
Asia-Pacific in Singapur, des Singapore Fintech Festival sowie des Smart City Expo
World Congress in Barcelona. Zudem wurden Vertreter einer Messegesellschaft (Messe
Frankfurt), eines Organisators von Gemeinschaftsständen (AHK Singapur) sowie der
Regierungseinrichtung Singapore Tourism Board, die den Messestandort Singapur ins-
gesamt weiterentwickelt, befragt. Die Autoren bedanken sich bei allen Gesprächspart-
nern sehr für die wertvollen Einblicke in die konkreten Herausforderungen und die grund-
sätzlichen Einschätzungen. Bei der Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI) bedanken sich
die Autoren für die Herstellung der Kontakte zu den Gesprächspartnern. Bei der AHK
Singapur bedanken sich die Autoren für die Durchführung der Gespräche vor Ort. Dar-
über hinaus wurden durch ergänzende Recherchen sowie die Teilnahme an der Veran-
staltung „Pfade in die Zukunft“ des RMCC in Wiesbaden als “Gipfeltreffen der Veranstal-
tungsbranche“ zum Re-Start nach der Corona-Pandemieweitere wichtige Expertenein-
schätzungen gewonnen, die ebenfalls in die Auswertung einfließen.

                                          13
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Im ersten Abschnitt dieses Kapitels werden die in der Befragung aufgenommenen Mes-
              sen und Messeveranstalter kurz vorgestellt und aufgezeigt, in welcher Form die jeweili-
              gen Veranstaltungen während der Corona-Pandemie im Jahr 2020 durchgeführt wurden.
              Im zweiten Abschnitt werden die Einschätzungen der Experten zu langfristigen Trends
              im Messewesen ausgewertet. Im dritten Abschnitt wird auf die Auswirkungen und Erfah-
              rungen während der Corona-Krise eingegangen und ein Bezug zu den langfristigen
              Trends hergestellt. Abschließend werden Empfehlungen der Befragten insbesondere für
              Aussteller und Besucher, aber auch im Hinblick auf deren Unterstützungsbedarf durch
              die Messeveranstalter selbst sowie Institutionen und Wirtschaftsförderungseinrichtungen.

              3.1    Betrachtete Messen und Messeveranstalter

              Im Folgenden werden kurz die betrachteten Messen und Messeveranstalter vorgestellt.
              Die Auswahl erfolgte in Abstimmung mit dem Auftraggeber und der Hessen Trade & In-
              vest GmbH (HTAI). Maßgebliche Kriterien waren u. a. die Bedeutung der Veranstaltun-
              gen für die hessische Wirtschaft. Ziel der Auswahl war es zudem, sowohl den Standort
              Hessen als bedeutendes Zentrum der Messewirtschaft sowie internationale Veranstal-
              tungen mit großer Bedeutung für die Internationalisierung und Markterschließung der
              hessischen Wirtschaft abzudecken. Insbesondere sollten Messeveranstalter befragt wer-
              den, die mit digitalen oder virtuellen Konzepten ihre Veranstaltungen im Jahr 2020 trotz
              der Corona-Pandemie umsetzen konnten und so wegweisende Erfahrungen mit den
              neuen Anforderungen in diesen Formaten sammeln konnten.

              Frankfurter Buchmesse

              Die Frankfurter Buchmesse wird seit 1949 durch die gleichnamige GmbH, als Tochter-
              gesellschaft des Branchenverbands Börsenverein des deutschen Buchhandels, ausge-
              richtet. Dabei lässt sich die Historie der Buchmesse in Frankfurt bis ins 15. Jahrhundert
              zurückverfolgen.55

              Die Frankfurter Buchmesse ist der weltweit wichtigste Handelsplatz für Rechte bzw. In-
              halte aller Art. Dies geht weit über die Verbreitung von Büchern, d.h. z. B. den Druck und
              Vertrieb eines Buches in einem anderen Land bzw. einem anderen Sprachraum, hinaus.
              Der Rechtehandel umfasst auch andere Kreativbranchen wie Filmwirtschaft und Soft-
              ware- und Games-Industrie, wodurch zudem neue Kooperationen und Geschäftsmodelle
              entstehen. Die Frankfurter Buchmesse ist damit eine weltweite Leitmesse im B2B-Be-
              reich der Branche. Gleichzeitig ist bei der Frankfurter Buchmesse auch die B2C-Per-
              spektive wichtig. Durch eine Vielzahl von Veranstaltungen wird die Buchmesse zu einem
              kulturellen Großereignis.

              55 Vgl. Frankfurter Buchmesse (2020a).

                                                          14
Strukturwandel im internationalen Messewesen

Im Jahr 2019 waren auf der Frankfurter Buchmesse 7.450 Aussteller vertreten – darunter
rund 70 % internationale Aussteller. 175.000 Fachbesucherinnen und Fachbesucher
nahmen an der Messe teil. Weitere 128.000 Privatpersonen besuchten die Messe. 56

Im Jahr 2020 fand die Buchmesse aufgrund der Corona-Pandemie als „Special Edi-
tion“ statt. Dabei wurde vollständig auf die Hallenausstellung verzichtet. Stattdessen
wurde ein umfangreiches Digitalprogramm angeboten. Insgesamt gab es über
3.600 Events im Veranstaltungskalender. 4.400 Aussteller aus 103 Länder nahmen teil.
Mehr als 200.000 registrierte Nutzer waren auf der Seite der Buchmesse. Das BOOK-
FEST digital hatte 1,5 Mio. Klicks mit Zuschauern aus 124 Ländern. Ein besonders er-
folgreiches Vernetzungsevent – „The Hof“ in Anlehnung an die vielen Gespräche in Bars
und Hotels im Rahmen der „herkömmlichen“ Frankfurter Buchmesse ins Leben gerufen
– wurde auch nach der Messe fortgeführt und schlägt die Brücke zur nächsten Messe.57
Im Jahr 2021 wird die Messe laut derzeitiger Planung als Präsenzveranstaltung mit er-
gänzendem Digitalprogramm stattfinden.58

Hannover Messe

Die Hannover Messe hat eine weit zurückreichende Geschichte – gegründet 1947 als
Export Messe und als Deutsche Industrie-Messe fortgeführt, erfolgte 1961 der Namens-
wechsel zur Hannover-Messe. Aufgrund des Erfolgs der Messe – und des damit verbun-
denen Platzbedarfs – wurden im Laufe der Zeit eigenständige Fachmessen aus der Han-
nover Messe „ausgegründet“.

Im Jahr 2019 hat die Hannover Messe mit dem Ziel „Die Transformation der Industrie
erlebbar machen“ Themen wie den Einsatz der künstlichen Intelligenz in der Industrie,
die Potenziale der Mobilfunkgeneration 5G, Leichtbau sowie die Zukunft der Arbeit in
Zeiten zunehmender Digitalisierung in den Blick genommen. An fünf Tagen kamen rund
215.000 Fachbesucher zusammen. Rund 40 % der Besucher waren aus dem Ausland.
6.500 Ausstellern kamen aus 75 Ländern, rund 60 % aus dem Ausland.59

Im Jahr 2020 kam es dann zum ersten Mal in der 73-jährigen Geschichte der Hannover
Messe zur Absage der Veranstaltung. Die ursprünglich für den 20. bis 24. April 2020
geplante Veranstaltung wurde am 4. März zunächst auf den 13. bis 17. Juli 2020 ver-
schoben und am 26. März schließlich abgesagt. Um „den Bedarf an Orientierung und
Austausch“ zu decken, wurde eine digitale Informations- und Netzwerkplattform für die
Kunden entwickelt. Diese wurde vom 14. bis 15. Juli mit einem Online-Event, den Han-
nover Messe Digital Days, eingeführt. Rund 200 Speaker – 160 Live-Schaltungen und
45 vor Ort in den Studios – boten in 110 Programmpunkten 10.000 registrierten

56   Vgl. Frankfurter Buchmesse (2019).
57   Vgl. Frankfurter Buchmesse (2020b).
58   Vgl. FAZ (08.03.2021).
59   Vgl. Deutsche Messe AG (2020a).

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

              Teilnehmern auf fünf Bühnen (ca. 90 Stunden Sendezeit) vielfältige Möglichkeiten. Es
              gab mehr als 50.000 Streaming-Zugriffe.60

              Für die Hannover Messe 2021 wurde zunächst eine Veranstaltung „ANALOG. DIGITAL.
              HYBRID.“ am 24. September 2020 angekündigt. Dabei sollte jeder Aussteller die Mög-
              lichkeit haben, ein passendes „Paket“ zu nutzen: Vom analogen Stand über hybride An-
              gebote bis hin zu einer rein virtuellen Präsenz.61 Am 17. Dezember wurde jedoch ent-
              schieden, die Hannover Messe 2021 ausschließlich digital durchzuführen.62

              ITAP – Industrial Transformation Asia-Pacific in Singapur

              Die ITAP - Industrial Transformation Asia-Pacific ist ein sogenanntes Hannover Messe
              Event, die an verschiedenen internationalen Standorten und mit regionsspezifischen
              Schwerpunkten ergänzend zur Weltleitmesse in Hannover stattfinden. Die ITAP bildet
              eine wichtige Plattform für Industrie 4.0 Lösungen im asiatisch-pazifischen Raum. Sie
              wird durch die Messegesellschaft SingEx Exhibitions in Zusammenarbeit mit der Deut-
              schen Messe organisiert.

              Auf der ITAP waren im Jahr 2019 insgesamt 356 Unternehmen vertreten. Rund 18.000
              Fachbesucher nahmen an der Messe teil.63 Die Messe fand vom 20. bis zum 22. Oktober
              2020 zum dritten Mal statt. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde sie als hybrides Event
              organisiert. Hierzu wurde eine interaktive Plattform entwickelt, die durch KI gestützt den
              interessierten Besuchern individuelle Empfehlungen für relevante Inhalte gibt. An ver-
              schiedenen Orten in Singapur fanden zudem physische Veranstaltungen statt. Zum Bei-
              spiel wurde die Eröffnung sowohl als physisches Vor-Ort-Event abgehalten als auch auf
              der Onlineplattform übertragen. Hervorzuheben ist, dass sich sowohl das Publikum vor
              Ort als auch die Online-Teilnehmer einbringen konnten. Die Onlineplattform diente ins-
              besondere dazu, den Besuchern individuelle Lernmöglichkeiten („Learning Journey Ap-
              proach“) zum Thema Industrie 4.0 zu geben und gleichzeitig durch Livechats und
              Matchmaking die Vernetzung zu fördern.

              Singapore FinTech Festival

              Die Messegesellschaft SingEx Exhibitions ist auch an der Organisation des Singapore
              Fintech Festival beteiligt. Das Singapore FinTech Festival ist die weltweit größte und um-
              fassendste Veranstaltung im FinTech-Bereich. Es verbindet Politiker, Finanz- und Tech-
              nologieunternehmen, Start-Ups, Investoren und Multiplikatoren.

              Im Jahr 2019 nahmen an der einwöchigen Veranstaltung rund 60.000 Besucher aus 140
              Ländern teil. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Veranstaltung im Jahr 2020 vom
              7. bis zum 11. Dezember als Hybridveranstaltung abgehalten. Dabei wurde rund um die

              60   Vgl. Deutsche Messe AG (2020b).
              61   Vgl. Deutsche Messe AG (24.09.2020).
              62   Vgl. Deutsche Messe AG (17.12.2020).
              63   Vgl. AUMA-Messedatenbank.

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Strukturwandel im internationalen Messewesen

Uhr eine Online-Eventplattform durch 30 Präsenzveranstaltungen in Fintech-Hubs an
verschiedenen Standorten weltweit ergänzt. Mit diesem Format wurden wiederum über
60.000 Teilnehmer aus mehr als 160 Ländern erreicht. 1.600 Sprecher und 1.300 Aus-
steller boten Inhalte an. Die Onlinesessions wurden mehr als 3,5 Millionen Mal abgerufen.

Smart City Expo World Congress

Der jährlich von der Messegesellschaft Fira Barcelona durchgeführte Smart City Expo
World Congress umfasst Messe und Kongress. Die Smart City Expo ist im weltweiten
Vergleich eine der Leitmessen für das Fachgebiet nachhaltige Stadtentwicklung. Präsen-
tiert werden Lösungen für intelligente Städte. Im Jahr 2019 fand die Messe vom 19. bis
21. November zum letzten Mal als Präsenzveranstaltung statt. Insgesamt waren 1.010
Unternehmen als Einzelaussteller und auf Gemeinschaftsständen vertreten. Davon
808 mit ausländischen bzw. internationalem Hintergrund. 24.399 Fachbesucher (hiervon
13.636 mit ausländischem bzw. internationalem Hintergrund) nahmen an dieser Veran-
staltung teil.64 Im Jahr 2020 fand mit Smart City Live Corona-bedingt ein reines Online-
Event statt. Dabei waren 20.489 Nutzer aus 144 Ländern registriert, mit 242 Sprechern
wurden 44 Stunden Live-Inhalte geboten.65 Für das Jahr 2021 ist ein hybrides Veran-
staltungskonzept geplant, bestehend aus den physisch stattfindenden Veranstaltungen
„Smart City Expo World Congress“ und „Smart Mobility Congress“, die mit einer digitalen
Plattform kombiniert werden sollen.

Messe Frankfurt

Die Messe Frankfurt ist eine sehr traditionsreiche Institution, die sich während ihrer rund
800-jährigen Geschichte immer wieder neuen Herausforderungen stellen musste. Die
Stadt Frankfurt am Main war seit ihrer Gründung einhergehend mit ihrer räumlichen Lage
ein bedeutendes politisches und wirtschaftliches Zentrum in Europa, in dem Handel und
Messeaktivitäten fortwährend von großer Bedeutung waren.66 Inzwischen hat sich die
Messe Frankfurt zu einem der weltweit größten Messe-, Kongress- und Eventveranstal-
ter entwickelt. Das Spektrum an Serviceleistungen umfasst z. B. Geländevermietung,
Messebau, Marketing- und Personaldienstleistungen, Verkehr und Logistik bis hin zur
Gastronomie. Im Jahr 2019 fanden unter dem Dach der Messe Frankfurt weltweit
423 Messen, Kongresse und weitere Events aus den verschiedensten Branchen statt.
Zur Unternehmensgruppe Messe Frankfurt zählen rund 30 Tochtergesellschaften. Eigner
der Messe Frankfurt sind zu 60 % die Stadt Frankfurt und zu 40 % das Land Hessen.

AHK Singapur

Die im Jahr 2004 gegründete Deutsch-Singapurische Industrie- und Handelskammer ge-
hört zum Netzwerk der Auslandshandelskammern, welche deutsche Unternehmen beim
Auf- und Ausbau des Auslandsgeschäfts, bei Ansiedlungs- und Investitionsvorhaben

64 Vgl. AUMA-Messedatenbank.
65 Vgl. Fira Barcelon (2020).
66 Vgl. Orth, E. (1991).

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              sowie Geschäftsanbahnung im Ausland und Exportaktivitäten unterstützen. Die Aufga-
              ben umfassen die Interessenvertretung deutscher Unternehmen und die Förderung der
              wechselseitigen Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland. Aktuell befindet sich die Re-
              präsentanz des Landes Hessen in Singapur bei der AHK Singapur.

              Die Deutsch-Singapurische Industrie- und Handelskammer bietet Informationen über
              das deutsche und singapurische Geschäftsumfeld sowie über bilaterale Handelsbezie-
              hungen. Zu den Dienstleistungen zählen u. a. die Bereitstellung von Marktanalysen, die
              Unterstützung bei der Suche nach Geschäftspartnern und Mitarbeitern sowie die Orga-
              nisation von Geschäftsreisen und Messebeteiligungen. Die Auslandshandelskammer in
              Singapur begleitet sowohl Messeauftritte aus Singapur in Deutschland (z. B. auf der IFA)
              und vereinzelt anderen Ländern (z. B. DISTREE in Monaco oder CES in den USA) als
              auch Messeteilnahmen deutscher Firmen in Singapur bzw. der Region, wozu sie auch
              nationale Messestände mit durchschnittlich sechs bis zwölf teilnehmenden Unternehmen
              ausrichtet. Beispiele für wichtige Messen in Singapur und der Region, mit denen die
              Kammer vielfältige Erfahrungen gesammelt hat, sind u. a. das FinTech Festival, die ITAP
              – Industrial Transformation Asia-Pacific, die ITB Asia oder die Asia Fruit Logistica.

              Singapore Tourism Board (STB)

              Das STB bzw. die Vorgängergesellschaft wurde im Jahr 1964 gegründet. Seit den 1970er
              Jahren engagiert sich die Gesellschaft u.a. dafür, Singapur als einen Standort für Messen
              und Veranstaltungen zu etablieren, der weltweit Maßstäbe setzt. Das Singapore Exhibi-
              tion & Convention Bureau™ ist ein Bereich des STB und setzt sich als führende Regie-
              rungseinrichtung für die Eventindustrie ein.67

              3.2    Auswirkungen allgemeiner wirtschaftlicher Trends auf das in-
                     ternationale Messewesen

              Alle interviewten Experten beobachten, dass das internationale Messewesen von den
              allgemeinen wirtschaftlichen / gesellschaftlichen Trends (wie Globalisierung / Internatio-
              nalisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Kostensteigerungen) mitgeprägt wird. Die
              Befragten hatten die Möglichkeit, zunächst eine Bewertung der Stärke des Einflusses
              auf den jeweiligen Trend (zwischen 1= sehr stark und 5 = sehr schwach) abzugeben,
              allerdings erfolgten nicht durch alle Experten skalierbare Angaben. Allen vier vorgegebe-
              nen Trends wurde ein starker Einfluss zugeschrieben. Je niedriger der Zahlenwert, desto
              stärker wird der Einfluss bewertet, sodass die Auswirkungen der Digitalisierung sowie
              der Globalisierung bzw. Internationalisierung nach Einschätzung der Befragten beson-
              ders ausgeprägt sind.

              67 Vgl. STB (2021a, b).

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