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Besuch von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag Berlin, 22. September 2011 Visit by Pope Benedict XVI to the German Bundestag Berlin, 22 September 2011
Besuch von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag 4 Begrüßung durch Bundestagspräsident Norbert Lammert 8 Rede Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. Visit by Pope Benedict XVI to the German Bundestag 22 Welcome address of Norbert Lammert, President of the German Bundestag 26 Address of His Holiness Pope Benedict XVI Inhalt Contents
Besuch von Papst Benedikt XVI. im Deutschen Bundestag Berlin, 22. September 2011 2
Heiliger Vater! Herr Bundespräsident! die gemeinsam Glaube und Vernunft als Eminenzen! „die beiden großen Kulturen des Westens“ Exzellenzen! beschrieben und gewürdigt haben. Sehr geehrte Mitglieder des Deutschen das ebenso viel und ebenso wenig römisch Glaube und Vernunft: In Zeiten der Globalisie Bundestages, der Bundesregierung, war wie deutsch, sicher keine Nation und rung, einer von Kriegen und Krisen erschüt des Bundesrates! schon gar nicht heilig. terten Welt suchen viele Menschen nach Halt Verehrte Gäste! Deutschland ist ein Land, das durch Religion und Orientierung. Die Bewahrung ethischer und Religionskriege über Jahrhunderte hinweg Prinzipien jenseits von Märkten und Mächten Herzlich begrüße ich Sie alle im Deutschen geprägt war, bis hin zum sogenannten „Kultur und die Pflege gemeinsamer Werte und Über Bundestag, in dem wir heute nicht zum ersten kampf“ zur Zeit der Gründung des deutschen zeugungen ist eine große Herausforderung Mal einen hohen Gast geladen haben. Aber Reiches; ein Land, dessen christliche Glaubens auch und gerade moderner Gesellschaften, noch nie in der Geschichte hat ein Papst vor traditionen auch unsere heutige Verfassung wenn sie ihren inneren Zusammenhalt nicht einem gewählten deutschen Parlament gespro beeinflusst und die Arbeit der Verfassungs gefährden wollen. chen. Und selten hat in diesem Haus eine väter und -mütter wesentlich bestimmt haben: Deutschland, meine Damen und Herren, ist das Rede, noch bevor sie gehalten wurde, so viel „Im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Land der Reformation, die vor fast 500 Jahren Aufmerksamkeit und Interesse gefunden – Gott und den Menschen“, wie es in der Prä hier ihren Anfang hatte – mit vielfältigen Fol nicht nur in Deutschland, sondern weit da ambel unseres Grundgesetzes heißt. gen für die Kirche, aber auch für Staat und rüber hinaus. Unser heutiges Verständnis der Grundrechte, Gesellschaft. Viele Menschen in Deutschland, Seien Sie, Heiliger Vater, in Deutschland, der Unantastbarkeit der Würde des Menschen nicht nur engagierte Katholiken und Protes Ihrem Heimatland, herzlich willkommen und und seiner Freiheitsrechte ist aber auch geprägt tanten, empfinden die Fortdauer der Kirchen ganz besonders hier im Deutschen Bundestag! von historischen Erfahrungen und Errungen spaltung als Ärgernis, schaften, insbesondere der Aufklärung, der Beifall wir nicht nur die Herausforderung des Glau vereinzelt Beifall bens durch die Vernunft verdanken, sondern Meine Damen und Herren, in der kurzen auch die Trennung von Kirche und Staat, die auch deshalb, weil sie ehrlich begründete Amtszeit des letzten aus deutschen Landen zu den unaufgebbaren Fortschritten unserer Zweifel haben, ob die Unterschiede zwischen stammenden Papstes vor fast 500 Jahren Zivilisation gehört. den Konfessionen, die es zweifellos gibt, die gab es Deutschland als Nationalstaat noch Ich erinnere gerne an den denkwürdigen Aufrechterhaltung der Trennung zwischen gar nicht, vielmehr das sogenannte „Heilige Dialog zwischen Joseph Kardinal Ratzinger, den Kirchen rechtfertigen können. Und sie Römische Reich Deutscher Nation“, ein dem damaligen Präfekten der römischen wünschen sich dringlich, dass im Pontifikat durch wechselnde Dynastien geprägtes Reich, Glaubenskongregation, und Jürgen Habermas, eines deutschen Papstes, des ersten nach der Begrüßung durch „Wir sind dankbar, dass wir Gast geber sein dürfen“: Bundestags Bundestagspräsident Norbert Lammert präsident Norbert Lammert bei seiner Begrüßungsrede. “We are grateful for this opportunity to act as hosts”: Norbert Lammert, President of the German Bundestag. 4 5
Reformation, nicht nur ein weiteres Bekennt nis zur Ökumene, sondern ein unübersehbarer Schritt zur Überwindung der Kirchenspaltung Deshalb ist es auch ein besonderes Zeichen, stattfinde. dass Ihre Begegnung, Heiliger Vater, mit den Repräsentanten der wachsenden jüdischen Beifall Gemeinde in Deutschland heute im Anschluss an Ihre Rede hier in diesem Gebäude, dem Ihre Gespräche mit Vertretern anderer Reli Sitz eines frei gewählten Parlamentes im wie gionen, Heiliger Vater, sind ein wesentlicher dervereinten Deutschland, stattfindet, das sich Bestandteil Ihres Deutschlandbesuches. Dass als Teil eines gemeinsamen Werten und Über Ihre Begegnung mit Repräsentanten der evan zeugungen verpflichteten Europas versteht. gelischen Kirche in Erfurt stattfindet, nicht Wir sind dankbar, dass wir Gastgeber sein irgendwo, sondern im Augustinerkloster, wird dürfen, nicht nur von vielen Christen als demonstra tive Geste verstanden und gewürdigt – und Beifall begründet die Hoffnung, dass der 500. Jahres tag der Reformation 2017 ein gemeinsames und wir sind entschlossen, unserer Verant Zeugnis des Glaubens werden könnte. Neben wortung für Menschenwürde, Freiheit des Ihrem Treffen mit Vertretern islamischer religiösen wie des politischen Bekenntnisses Gemeinden werden Sie auch mit Repräsen und Toleranz gegenüber unterschiedlichen tanten der jüdischen Gemeinschaft zusam Überzeugungen und Orientierungen gerecht mentreffen. zu werden, „von dem Willen beseelt,“ – wie Das Reichstagsgebäude, meine Damen und es in der Präambel des Grundgesetzes heißt – Herren, in dem wir heute zusammen sind, „als gleichberechtigtes Glied in einem freien ist ein historischer Ort deutscher Geschichte. Europa dem Frieden der Welt zu dienen“ – Es steht für Aufstieg und Fall einer parla „im Bewusstsein seiner Verantwortung vor mentarischen Demokratie. Eine wesentliche Gott und den Menschen“. Ursache des Scheiterns war der Mangel an In diesem Bewusstsein, Heiliger Vater, freuen Toleranz, deren Opfer vor allem jüdische wir uns über Ihren Besuch und auf Ihre An Mitbürger wurden. Und es waren Christen, sprache. die weggesehen und mitgemacht, diffamiert, verfolgt, gedemütigt und getötet haben. Beifall „Noch nie in der Geschichte hat ein Papst vor einem gewähl- ten deutschen Parlament ge sprochen“: Bundestagspräsident Norbert Lammert begrüßt Papst Benedikt XVI. “This is the first time that a Pope has spoken to an elected German parliament”: Norbert Lammert, President of the German Bundestag, welcomes Pope Benedict XVI. 6 7
Von dieser meiner internationalen Verantwor tung her möchte ich Ihnen einige Gedanken über die Grundlagen des freiheitlichen Rechts staats vorlegen. Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Lassen Sie mich meine Überlegungen über Herr Bundestagspräsident! die Grundlagen des Rechts mit einer kleinen Frau Bundeskanzlerin! Geschichte aus der Heiligen Schrift beginnen. Frau Bundesratspräsidentin! Im ersten Buch der Könige wird erzählt, dass Erfolg kann auch Verführung sein und kann Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gott dem jungen König Salomon bei seiner so den Weg auftun für die Verfälschung des Thronbesteigung eine Bitte freistellte. Was Rechts, für die Zerstörung der Gerechtigkeit. Es ist mir Ehre und Freude, vor diesem Hohen wird sich der junge Herrscher in diesem Au „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat Haus zu sprechen – vor dem Parlament meines genblick erbitten? Erfolg – Reichtum – langes noch anderes als eine große Räuberbande?“, deutschen Vaterlandes, das als demokratisch Leben – Vernichtung der Feinde? Nicht um hat der heilige Augustinus einmal gesagt. gewählte Volksvertretung hier zusammen diese Dinge bittet er, er bittet: Wir Deutsche wissen aus eigener Erfahrung, kommt, um zum Wohl der Bundesrepublik dass diese Worte nicht ein leeres Schreckge Deutschland zu arbeiten. Dem Herrn Bundes „Verleih deinem Knecht ein hörendes Herz, spenst sind. Wir haben erlebt, dass Macht tagspräsidenten möchte ich für seine Einla damit er dein Volk zu regieren und das Gute von Recht getrennt wurde, dass Macht gegen dung zu dieser Rede ebenso danken wie für vom Bösen zu unterscheiden versteht.“ Recht stand, das Recht zertreten hat und dass die freundlichen Worte der Begrüßung und der Staat zum Instrument der Rechtszerstö Wertschätzung, mit denen er mich empfangen Die Bibel will uns mit dieser Erzählung sagen, rung wurde – zu einer sehr gut organisierten hat. worauf es für einen Politiker letztlich ankom Räuberbande, die die ganze Welt bedrohen In dieser Stunde wende ich mich an Sie, ver men muss. Sein letzter Maßstab und der Grund und an den Rand des Abgrunds treiben konnte. ehrte Damen und Herren – gewiss auch als für seine Arbeit als Politiker darf nicht der Er Dem Recht zu dienen und der Herrschaft des Landsmann, der sich lebenslang seiner Her folg und schon gar nicht materieller Gewinn Unrechts zu wehren ist und bleibt die grund kunft verbunden weiß und die Geschicke der sein. Die Politik muss Mühen um Gerechtig legende Aufgabe des Politikers. In einer histo deutschen Heimat mit Anteilnahme verfolgt. keit sein und so die Grundvoraussetzung für rischen Stunde, in der dem Menschen Macht Aber die Einladung zu dieser Rede gilt mir als Friede schaffen. Natürlich wird ein Politiker zugefallen ist, die bisher nicht vorstellbar war, Papst, als Bischof von Rom, der die oberste den Erfolg suchen, ohne den er überhaupt wird diese Aufgabe besonders dringlich. Der Verantwortung für die katholische Christen nicht die Möglichkeit politischer Gestaltung Mensch kann die Welt zerstören. Er kann sich heit trägt. Sie anerkennen damit die Rolle, die hätte. Aber der Erfolg ist dem Maßstab der selbst manipulieren. Er kann sozusagen Men dem Heiligen Stuhl als Partner innerhalb der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und schen machen und Menschen vom Mensch Völker- und Staatengemeinschaft zukommt. dem Verstehen für das Recht untergeordnet. sein ausschließen. Wie erkennen wir, was Rede Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. „Ein hörendes Herz“: Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Bundestag. “A listening heart”: Pope Benedict XVI addresses the Bundestag. 8 9
Von dieser Überzeugung her haben die Wider Für die Entwicklung des Rechts und für die standskämpfer gegen das Naziregime und ge Entwicklung der Humanität war es entschei gen andere totalitäre Regime gehandelt und sen auf Natur und Vernunft als die wahren dend, dass sich die christlichen Theologen recht ist? Wie können wir zwischen Gut und so dem Recht und der Menschheit als Ganzer Rechtsquellen verwiesen – auf den Zusammen gegen das vom Götterglauben geforderte Böse, zwischen wahrem Recht und Schein einen Dienst erwiesen. Für diese Menschen klang von objektiver und subjektiver Vernunft, religiöse Recht auf die Seite der Philosophie recht unterscheiden? Die salomonische Bitte war es unbestreitbar evident, dass geltendes der freilich das Gegründetsein beider Sphären gestellt, Vernunft und Natur in ihrem Zuei bleibt die entscheidende Frage, vor der der Recht in Wirklichkeit Unrecht war. Aber bei in der schöpferischen Vernunft Gottes voraus nander als die für alle gültige Rechtsquelle Politiker und die Politik auch heute stehen. den Entscheidungen eines demokratischen setzt. Die christlichen Theologen haben sich anerkannt haben. Diesen Entscheid hatte In einem Großteil der rechtlich zu regelnden Politikers ist die Frage, was nun dem Gesetz damit einer philosophischen und juristischen schon Paulus im Brief an die Römer voll- Materien kann die Mehrheit ein genügendes der Wahrheit entspreche, was wahrhaft recht Bewegung angeschlossen, die sich seit dem zogen, wenn er sagt: Kriterium sein. Aber dass in den Grundfragen sei und Gesetz werden könne, nicht ebenso 2. Jahrhundert vor Christus gebildet hatte. In des Rechts, in denen es um die Würde des evident. Was in Bezug auf die grundlegenden der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen „Wenn Heiden, die das Gesetz – die Thora Menschen und der Menschheit geht, das Mehr anthropologischen Fragen das Rechte ist und Jahrhunderts kam es zu einer Begegnung Israels – nicht haben, von Natur aus das tun, heitsprinzip nicht ausreicht, ist offenkundig: geltendes Recht werden kann, liegt heute zwischen dem von stoischen Philosophen was im Gesetz gefordert ist, so sind sie (…) Jeder Verantwortliche muss sich bei der Rechts keineswegs einfach zutage. Die Frage, wie entwickelten sozialen Naturrecht und verant sich selbst Gesetz. Sie zeigen damit, dass bildung die Kriterien seiner Orientierung su man das wahrhaft Rechte erkennen und so wortlichen Lehrern des römischen Rechts. ihnen die Forderung des Gesetzes ins Herz chen. Im 3. Jahrhundert hat der große Theologe der Gerechtigkeit in der Gesetzgebung dienen In dieser Berührung ist die abendländische geschrieben ist; ihr Gewissen legt Zeugnis Origenes den Widerstand der Christen gegen kann, war nie einfach zu beantworten, und Rechtskultur geboren worden, die für die davon ab (…)“ bestimmte geltende Rechtsordnungen so be sie ist heute in der Fülle unseres Wissens und Rechtskultur der Menschheit von entscheiden gründet: unseres Könnens noch sehr viel schwieriger der Bedeutung war und ist. Von dieser vorchrist Hier erscheinen die beiden Grundbegriffe geworden. lichen Verbindung von Recht und Philosophie Natur und Gewissen, wobei Gewissen nichts „Wenn jemand sich bei den Skythen befände, Wie erkennt man, was recht ist? In der Ge geht der Weg über das christliche Mittelalter anderes ist als das hörende Herz Salomons, als die gottlose Gesetze haben, und gezwungen schichte sind Rechtsordnungen fast durchge in die Rechtsentfaltung der Aufklärungszeit die der Sprache des Seins geöffnete Vernunft. wäre, bei ihnen zu leben (…), dann würde hend religiös begründet worden: Vom Blick bis hin zur Erklärung der Menschenrechte Wenn damit bis in die Zeit der Aufklärung, er wohl sehr vernünftig handeln, wenn er auf die Gottheit her wird entschieden, was und bis zu unserem deutschen Grundgesetz, der Menschenrechtserklärung nach dem Zwei im Namen des Gesetzes der Wahrheit, das unter Menschen rechtens ist. Im Gegensatz zu mit dem sich unser Volk 1949 zu den „unver ten Weltkrieg und in der Gestaltung unseres bei den Skythen ja Gesetzwidrigkeit ist, zu anderen großen Religionen hat das Christen letzlichen und unveräußerlichen Menschen Grundgesetzes die Frage nach den Grundlagen sammen mit Gleichgesinnten auch entgegen tum dem Staat und der Gesellschaft nie ein rechten als Grundlage jeder menschlichen der Gesetzgebung geklärt schien, so hat sich der bei jenen bestehenden Ordnung Verei Offenbarungsrecht, nie eine Rechtsordnung Gemeinschaft, des Friedens und der Gerech im letzten halben Jahrhundert eine drama nigungen bilden würde.“ aus Offenbarung vorgegeben. Es hat stattdes tigkeit in der Welt“ bekannt hat. tische Veränderung der Situation zugetragen. „Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann“: Mitglieder der Vatikanischen Dele gation im Plenum des Bundestages. “Man too has a nature that he must respect and that he cannot manipulate at will”: members of the Vatican delegation in the Bundestag’s plenary chamber. 10 11
Das Gleiche gilt aber auch für die Vernunft in einem positivistischen, weithin als allein Der Gedanke des Naturrechts gilt heute als wissenschaftlich angesehenen Verständnis. eine katholische Sonderlehre, über die außer Was nicht verifizierbar oder falsifizierbar ist, halb des katholischen Raums zu diskutieren gehört danach nicht in den Bereich der Ver nicht lohnen würde, sodass man sich schon nunft im strengen Sinn. Deshalb müssen Ethos beinahe schämt, das Wort überhaupt zu er und Religion dem Raum des Subjektiven zu wähnen. gewiesen werden und fallen aus dem Bereich Ich möchte kurz andeuten, wieso diese Situa der Vernunft im strengen Sinn des Wortes tion entstanden ist. Grundlegend ist zunächst heraus. Wo die alleinige Herrschaft der posi- die These, dass zwischen Sein und Sollen ein tivistischen Vernunft gilt, und das ist in unse unüberbrückbarer Graben bestehe. Aus Sein rem öffentlichen Bewusstsein weithin der Fall, könne kein Sollen folgen, weil es sich da um da sind die klassischen Erkenntnisquellen zwei völlig verschiedene Bereiche handle. Der für Ethos und Recht außer Kraft gesetzt. Dies Grund dafür ist das inzwischen fast allgemein ist eine dramatische Situation, die alle angeht angenommene positivistische Verständnis von und über die eine öffentliche Diskussion not Natur. Wenn man die Natur – mit den Worten wendig ist, zu der dringend einzuladen eine von Hans Kelsen – als „ein Aggregat von als wesentliche Absicht dieser Rede bildet. Ursache und Wirkung miteinander verbunde Das positivistische Konzept von Natur und nen Seinstatsachen“ ansieht, dann kann aus Vernunft, die positivistische Weltsicht als ihr in der Tat keine irgendwie geartete ethische Ganze, ist ein großartiger Teil menschlichen Weisung hervorgehen. Ein positivistischer Erkennens und menschlichen Könnens, auf Naturbegriff, der die Natur rein funktional ver die wir keinesfalls verzichten dürfen. Aber es steht, so wie die Naturwissenschaft sie erkennt, ist nicht selbst als Ganzes eine dem Mensch kann keine Brücke zu Ethos und Recht her sein in seiner Weite entsprechende und genü stellen, sondern wiederum nur funktionale gende Kultur. Wo die positivistische Vernunft Antworten hervorrufen. sich allein als die genügende Kultur ansieht „Wir müssen wieder die Weite der Welt, den Himmel und die Erde sehen und all dies recht zu gebrau chen lernen“: Papst Benedikt XVI. im Plenum des Bundestages. “We must see the wide world, the sky and the earth once more and learn to make proper use of all this”: Pope Benedict XVI in the Bundestag’s plenary chamber. 12 13
Aber wie geht das? Wie finden wir in die Weite, ins Ganze? Wie kann die Vernunft wieder ihre Größe finden, ohne ins Irrationale und alle anderen kulturellen Realitäten in abzugleiten? Wie kann die Natur wieder in den Status der Subkultur verbannt, da verklei ihrer wahren Tiefe, in ihrem Anspruch und Wenn in unserem Umgang mit der Wirklich nert sie den Menschen, ja, sie bedroht seine mit ihrer Weisung erscheinen? Ich erinnere keit etwas nicht stimmt, dann müssen wir Menschlichkeit. Ich sage das gerade im Hin an einen Vorgang in der jüngeren politischen alle ernstlich über das Ganze nachdenken und Kehren wir zurück zu den Grundbegriffen blick auf Europa, in dem weite Kreise versu Geschichte, in der Hoffnung, nicht allzu sehr sind alle auf die Frage nach den Grundlagen Natur und Vernunft, von denen wir ausgegan chen, nur den Positivismus als gemeinsame missverstanden zu werden und nicht zu viele unserer Kultur überhaupt verwiesen. gen waren. Der große Theoretiker des Rechts Kultur und als gemeinsame Grundlage für einseitige Polemiken hervorzurufen. Ich wür Erlauben Sie mir bitte, dass ich noch einen positivismus, Kelsen, hat 1965 im Alter von die Rechtsbildung anzuerkennen, alle übrigen de sagen, dass das Auftreten der ökologischen Augenblick bei diesem Punkt bleibe. Die Be 84 Jahren den Dualismus von Sein und Sollen Einsichten und Werte unserer Kultur in den Bewegung in der deutschen Politik seit den deutung der Ökologie ist inzwischen unbe aufgegeben. Es tröstet mich, dass man mit Status einer Subkultur verwiesen und damit 70er-Jahren zwar wohl nicht Fenster aufgeris stritten. Wir müssen auf die Sprache der Natur 84 Jahren offenbar doch noch etwas Vernünf Europa gegenüber den anderen Kulturen der sen hat, aber ein Schrei nach frischer Luft hören und entsprechend antworten. Ich möch tiges denken kann. Welt in einen Status der Kulturlosigkeit ge gewesen ist und bleibt, te aber nachdrücklich einen Punkt ansprechen, rückt und zugleich extremistische und radi der nach wie vor, wie mir scheint, ausgeklam Heiterkeit und Beifall kale Strömungen herausgefordert werden. vereinzelt Beifall mert wird: Es gibt auch eine Ökologie des Die sich exklusiv gebende positivistische Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, Er hatte früher gesagt, dass Normen nur aus Vernunft, die über das Funktionieren hinaus den man nicht überhören darf und nicht bei die er achten muss und die er nicht beliebig dem Willen kommen können. Die Natur könn nichts wahrnehmen kann, gleicht den Beton seiteschieben kann, weil man zu viel Irratio manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur te folglich Normen nur enthalten, so fügt er bauten ohne Fenster, in denen wir uns Klima nales darin findet. Jungen Menschen war be sich selbst machende Freiheit. Der Mensch hinzu, wenn ein Wille diese Normen in sie und Licht selber geben, beides nicht mehr wusst geworden, dass irgendetwas in unserem macht sich nicht selbst. hineingelegt hätte. Dies wiederum, so sagt aus der weiten Welt Gottes beziehen wollen. Umgang mit der Natur nicht stimmt, dass er, würde einen Schöpfergott voraussetzen, Und dabei können wir uns doch nicht ver Materie nicht nur Material für unser Machen vereinzelt Beifall dessen Wille in die Natur mit eingegangen ist. bergen, dass wir in dieser selbst gemachten ist, sondern dass die Erde selbst ihre Würde „Über die Wahrheit dieses Glaubens zu disku Welt im Stillen doch aus den Vorräten Gottes in sich trägt und wir ihrer Weisung folgen Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, tieren ist völlig aussichtslos“, bemerkt er dazu. schöpfen, die wir zu unseren Produkten um müssen. Es ist wohl klar, dass ich hier nicht und sein Wille ist dann recht, wenn er auf „Wirklich?“, möchte ich fragen. Ist es wirklich gestalten. Die Fenster müssen wieder aufge Propaganda für eine bestimmte politische die Natur hört, sie achtet und sich annimmt sinnlos zu bedenken, ob die objektive Ver rissen werden, wir müssen wieder die Weite Partei mache. Nichts liegt mir ferner als das. als der, der er ist und der sich nicht selbst nunft, die sich in der Natur zeigt, nicht eine der Welt, den Himmel und die Erde sehen gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht schöpferische Vernunft, einen Creator Spiritus und all dies recht zu gebrauchen lernen. Heiterkeit und Beifall sich wahre menschliche Freiheit. voraussetzt? „Die Fähigkeit, Gut und Böse zu un terscheiden und so wahres Recht zu setzen, der Gerechtigkeit zu dienen und dem Frieden“: Die Abgeordne ten applaudieren nach der Rede von Papst Benedikt XVI. “The capacity to discern between good and evil, and thus to establish true law, to serve justice and peace”: the Members of the Bundestag applaud following the address of Pope Benedict XVI. 14 15
An dieser Stelle müsste uns das kulturelle Erbe Europas zu Hilfe kommen. Von der Überzeugung eines Schöpfergottes her ist die Idee der Menschenrechte, die Idee der Gleich Ich danke Ihnen herzlich, Heiliger Vater, heit aller Menschen vor dem Recht, die Er dass Sie unsere Einladung angenommen und kenntnis der Unantastbarkeit der Menschen zu uns gesprochen haben. Ihre Rede ist ein würde in jedem einzelnen Menschen und das wichtiger Beitrag zu der notwendigen breiten Wissen um die Verantwortung der Menschen des Rechts gesetzt, die zu verteidigen uns in öffentlichen Auseinandersetzung mit den für ihr Handeln entwickelt worden. Diese Er unserer historischen Stunde aufgegeben ist. ethischen Grundlagen und den geistigen Ori kenntnisse der Vernunft bilden unser kultu Dem jungen König Salomon ist in der Stunde entierungen einer freiheitlichen Gesellschaft relles Gedächtnis. Es zu ignorieren oder als seiner Amtsübernahme eine Bitte freigestellt im demokratischen Rechtsstaat „über die bloße Vergangenheit zu betrachten wäre eine worden. Wie wäre es, wenn uns, den Gesetz Weite der Welt zwischen Himmel und Erde“, Amputation unserer Kultur insgesamt und gebern von heute, eine Bitte freigestellt würde? wie Sie es gerade in Ihrer Rede formuliert würde sie ihrer Ganzheit berauben. Was würden wir erbitten? Ich denke, auch haben, und auch und gerade zu dem notwen Die Kultur Europas ist aus der Begegnung heute könnten wir letztlich nichts anderes digen Dialog zwischen Kulturen, Religionen von Jerusalem, Athen und Rom aus der Begeg wünschen als ein hörendes Herz – die Fähig und Weltanschauungen, der oft gefordert und nung zwischen dem Gottesglauben Israels, der keit, Gut und Böse zu unterscheiden und selten geführt wird. philosophischen Vernunft der Griechen und so wahres Recht zu setzen, der Gerechtigkeit Unseren Dank, Heiliger Vater, für Ihre Rede dem Rechtsdenken Roms entstanden. Diese zu dienen und dem Frieden. verbinden wir mit allen guten Wünschen für dreifache Begegnung bildet die innere Identi Ihr ebenso anspruchsvolles wie anstrengendes tät Europas. Sie hat im Bewusstsein der Ver Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Besuchsprogramm in Deutschland in den antwortung des Menschen vor Gott und in der nächsten Tagen. Anerkenntnis der unantastbaren Würde des langanhaltender Beifall, die Anwesenden Menschen, eines jeden Menschen, Maßstäbe erheben sich Beifall Schlussworte von Bundestagspräsident Norbert Lammert 16 17
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an Empire shaped by shifting dynasties, an Empire which was as much – or as little – Roman as it was German, which was by Holy Father, no means a nation and anything but holy. Mr President, Germany is a country which was moulded Your Eminences, by religion and religious wars for many cen Your Excellencies, turies, including the Kulturkampf at the time Faith and reason: in the era of globalisation, Members of the German Bundestag, of the foundation of the German Reich; a in a world shaken by war and crises, many the Federal Government and the Bundesrat, country whose Christian traditions of faith people seek support and guidance. Upholding Honoured guests, also influenced the constitution we have ethical principles, unswayed by markets and today and had a central impact on the work powers, and cultivating common values and I would like to welcome you all very warmly of the fathers and mothers of our constitution, beliefs is a major challenge, particularly for to the German Bundestag, to which we have who were, as the Preamble says, “Conscious modern societies, which seek to avoid endan today, not for the first time, invited an emi of their responsibility before God and man”. gering their internal cohesion. nent guest. Yet this is the first time in history Yet the understanding which we have today Germany, ladies and gentlemen, is the country that a Pope has spoken to an elected German of basic rights – of the inviolability of human of the Reformation, which began here almost parliament. And seldom has a speech in this dignity, and civil liberties – was also shaped 500 years ago – with manifold consequences House, even before its delivery, attracted so by historical experiences and achievements, for the Church, but also for the State and much attention and interest – not only in particularly the Enlightenment, which we Society. Germany, but also far beyond. have to thank not only for the challenge of Many people in Germany, not only committed Holy Father, I would like to welcome you faith by reason, but also for the separation of Catholics and Protestants, are vexed by the very warmly to Germany, your home country, Church and State, one of the indispensable continuing division of the Churches, and particularly to the German Bundestag! elements of progress achieved by our civili sation. Scattered applause Applause I am fond of recalling the highly significant dialogue between Joseph Cardinal Ratzinger, in part because they have sincere doubts about Ladies and gentlemen, during the brief tenure at the time Prefect of the Congregation for the whether the inter-confessional differences, of the last Pope from the German lands almost Doctrine of the Faith, and Jürgen Habermas. whilst they do undoubtedly exist, can justify 500 years ago, Germany as a nation-state had Together, they described and acknowledged maintaining this division. And, during the not yet been born – what existed was the faith and reason as “the two great cultures pontificate of a German Pope, the first since “Holy Roman Empire of the German Nation”, of the West”. the Reformation, they urgently wish to see not Welcome address of Norbert Lammert, “Upholding ethical principles, un swayed by markets and powers, President of the German Bundestag and cultivating common values and beliefs”: Norbert Lammert, President of the German Bundestag, welcomes Pope Benedict XVI. „Die Bewahrung ethischer Prin zipien jenseits von Märkten und Mächten und die Pflege gemeinsamer Werte und Über zeugungen“: Bundestagspräsident Norbert Lammert begrüßt Papst Benedikt XVI. 22 23
only a further declaration of commitment to ecumenism, but an unambiguous step towards overcoming the Schism. For this reason, Holy Father, special symbolic Applause importance attaches to the fact that your meet ing with representatives of Germany’s growing Holy Father, your discussions with the re Jewish community after your speech is taking presentatives of other religions form a key place here in this building, the seat of the free element of your visit to Germany. The fact ly elected parliament in reunified Germany, that your meeting with representatives of the which views itself as part of a Europe commit Protestant Church is taking place in Erfurt, not ted to shared values and beliefs. at an arbitrary location, but at St Augustine’s We are grateful for this opportunity to act as Monastery, is perceived and appreciated as a hosts symbolic gesture, not only by many Christians – and gives cause for optimism that the 500th Applause anniversary of the Reformation in 2017 may be a collective expression of faith. Alongside and we are committed to meeting the respon your meetings with representatives of Islamic sibility we bear for human dignity, freedom of communities, you will also meet representa religious and political belief and tolerance to tives of the Jewish community. wards different convictions and orientations: Ladies and gentlemen, the Reichstag Building, “Inspired”, as stated in the Preamble of our where we are gathered today, holds a pivotal constitution, the Basic Law, “by the determi place in German history. It stands for the rise nation to promote world peace as an equal and fall of a parliamentary democracy. One of partner in a united Europe” – and conscious the main reasons for the failure of this democ of our “responsibility before God and man”. racy was the lack of tolerance – the main vic Conscious of this responsibility, Holy Father, tims of which were Germany’s Jewish citizens. we are happy that you are visiting us and we And it was Christians who looked the other look forward to your speech. way, who took part, who vilified, persecuted, humiliated and killed. Applause “Seldom has a speech in this House, even before its delivery, attracted so much attention and interest”: view of the plenary chamber during the welcome address of Norbert Lammert, President of the German Bundestag. „Selten hat in diesem Haus eine Rede, noch bevor sie gehalten wurde, so viel Aufmerksamkeit und Interesse gefunden“: Blick ins Plenum während der Begrüßungs rede von Bundestagspräsident Norbert Lammert. 24 25
success, and certainly not material gain. Poli Mr President of the Federal Republic, tics must be a striving for justice, and hence Mr President of the Bundestag, it has to establish the fundamental precon Madam Chancellor, ditions for peace. Naturally a politician will Madam President of the Bundesrat, seek success, without which he would have Ladies and Gentlemen Members of the House, no opportunity for effective political action at all. Yet success is subordinated to the criterion It is an honour and a joy for me to speak be See plays as a partner within the community of justice, to the will to do what is right, and fore this distinguished house, before the Par of peoples and states. Setting out from this in to the understanding of what is right. Success liament of my native Germany, that meets here ternational responsibility that I hold, I should can also be seductive and thus can open up as a democratically elected representation of like to propose to you some thoughts on the the path towards the falsification of what is the people, in order to work for the good of foundations of a free state of law. right, towards the destruction of justice. the Federal Republic of Germany. I should like Allow me to begin my reflections on the foun “Without justice – what else is the State but to thank the President of the Bundestag both dations of law [Recht] with a brief story from a great band of robbers?”, as Saint Augustine for his invitation to deliver this address and sacred Scripture. In the First Book of the Kings, once said. We Germans know from our own for the kind words of greeting and apprecia it is recounted that God invited the young experience that these words are no empty tion with which he has welcomed me. At this King Solomon, on his accession to the throne, spectre. We have seen how power became moment I turn to you, distinguished ladies to make a request. What will the young ruler divorced from right, how power opposed right and gentlemen, not least as your fellow-coun ask for at this important moment? Success – and crushed it, so that the State became an tryman who for all his life has been conscious wealth – long life – destruction of his enemies? instrument for destroying right – a highly or of close links to his origins, and has followed He chooses none of these things. Instead, he ganized band of robbers, capable of threaten the affairs of his native Germany with keen in asks for a listening heart so that he may govern ing the whole world and driving it to the edge terest. But the invitation to give this address God’s people, and discern between good and of the abyss. To serve right and to fight against was extended to me as Pope, as the Bishop of evil. Through this story, the Bible wants to tell the dominion of wrong is and remains the fun Rome, who bears the highest responsibility for us what should ultimately matter for a politi damental task of the politician. At a moment Catholic Christianity. In issuing this invitation cian. His fundamental criterion and the moti in history when man has acquired previously you are acknowledging the role that the Holy vation for his work as a politician must not be inconceivable power, this task takes on a par Address of His Holiness Pope Benedict XVI “We must listen to the language of nature and we must answer accord ingly”: Pope Benedict XVI during his speech in the Bundestag’s plenary chamber. „Wir müssen auf die Sprache der Natur hören und entsprechend antworten“: Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Plenum des Bundestages. 26 27
“Suppose that a man were living among the Scythians, whose laws are contrary to the divine law, and was compelled to live among up the path that led via the Christian Middle them ... such a man for the sake of the true Ages and the juridical developments of the law, though illegal among the Scythians, How do we recognize what is right? In history, Age of Enlightenment all the way to the De would rightly form associations with like- systems of law have almost always been based claration of Human Rights and to our German minded people contrary to the laws of the on religion: decisions regarding what was to be Basic Law of 1949, with which our nation ticular urgency. Man can destroy the world. Scythians.” lawful among men were taken with reference committed itself to “inviolable and inalienable He can manipulate himself. He can, so to to the divinity. Unlike other great religions, human rights as the foundation of every hu speak, make human beings and he can deny This conviction was what motivated resis Christianity has never proposed a revealed man community, and of peace and justice in them their humanity. How do we recognize tance movements to act against the Nazi regime law to the State and to society, that is to say the world”. what is right? How can we discern between and other totalitarian regimes, thereby doing a juridical order derived from revelation. In For the development of law and for the devel good and evil, between what is truly right and a great service to justice and to humanity as a stead, it has pointed to nature and reason as opment of humanity, it was highly significant what may appear right? Even now, Solomon’s whole. For these people, it was indisputably the true sources of law – and to the harmony that Christian theologians aligned themselves request remains the decisive issue facing evident that the law in force was actually un of objective and subjective reason, which against the religious law associated with poly politicians and politics today. lawful. Yet when it comes to the decisions of naturally presupposes that both spheres are theism and on the side of philosophy, and that For most of the matters that need to be regulat a democratic politician, the question of what rooted in the creative reason of God. Christian they acknowledged reason and nature in their ed by law, the support of the majority can now corresponds to the law of truth, what is theologians thereby aligned themselves with interrelation as the universally valid source serve as a sufficient criterion. Yet it is evident actually right and may be enacted as law, is a philosophical and juridical movement that of law. This step had already been taken by that for the fundamental issues of law, in less obvious. In terms of the underlying an began to take shape in the second century B.C. Saint Paul in the Letter to the Romans, when which the dignity of man and of humanity is thropological issues, what is right and may be In the first half of that century, the social na he said: at stake, the majority principle is not enough: given the force of law is in no way simply self- tural law developed by the Stoic philosophers everyone in a position of responsibility must evident today. The question of how to recog came into contact with leading teachers of “When Gentiles who have not the Law [the personally seek out the criteria to be followed nize what is truly right and thus to serve jus Roman Law. Through this encounter, the Torah of Israel] do by nature what the law when framing laws. In the third century, the tice when framing laws has never been simple, juridical culture of the West was born, which requires, they are a law to themselves ... they great theologian Origen provided the follow and today in view of the vast extent of our was and is of key significance for the juridical show that what the law requires is written ing explanation for the resistance of Christians knowledge and our capacity, it has become culture of mankind. This pre-Christian mar on their hearts, while their conscience also to certain legal systems: still harder. riage between law and philosophy opened bears witness ...”. “Politics must be a striving for jus tice, and hence it has to establish the fundamental preconditions for peace”: Pope Benedict XVI addresses the Bundestag; behind him are members of the Bundesrat. „Die Politik muss Mühen um Ge rechtigkeit sein und so die Grund voraussetzung für Friede schaffen“: Papst Benedikt XVI. spricht im Bundestag; im Hintergrund die Bundesratsbank. 28 29
universally accepted. If nature – in the words of Hans Kelsen – is viewed as “an aggregate of objective data linked together in terms of cause and effect”, then indeed no ethical in dication of any kind can be derived from it. Here we see the two fundamental concepts of A positivist conception of nature as purely nature and conscience, where conscience is functional, as the natural sciences consider nothing other than Solomon’s listening heart, it to be, is incapable of producing any bridge reason that is open to the language of being. If to ethics and law, but once again yields only this seemed to offer a clear explanation of the functional answers. The same also applies to foundations of legislation up to the time of the reason, according to the positivist understand Enlightenment, up to the time of the Declara ing that is widely held to be the only genuinely tion on Human Rights after the Second World scientific one. Anything that is not verifiable War and the framing of our Basic Law, there or falsifiable, according to this understanding, has been a dramatic shift in the situation in does not belong to the realm of reason strictly the last half-century. The idea of natural law understood. Hence ethics and religion must is today viewed as a specifically Catholic doc be assigned to the subjective field, and they trine, not worth bringing into the discussion remain extraneous to the realm of reason in in a non-Catholic environment, so that one the strict sense of the word. Where positivist feels almost ashamed even to mention the term. reason dominates the field to the exclusion of Let me outline briefly how this situation arose. all else – and that is broadly the case in our Fundamentally it is because of the idea that public mindset – then the classical sources of an unbridgeable gulf exists between “is” and knowledge for ethics and law are excluded. “ought”. An “ought” can never follow from This is a dramatic situation which affects an “is”, because the two are situated on com everyone, and on which a public debate is pletely different planes. The reason for this necessary. Indeed, an essential goal of this is that in the meantime, the positivist under address is to issue an urgent invitation to standing of nature has come to be almost launch one. “Conscience is nothing other than Solomon’s listening heart, reason that is open to the language of being”: view of the visitors’ gallery in the Bundestag. „Gewissen ist nichts anderes als das hörende Herz Salomons, als die der Sprache des Seins geöffnete Vernunft“: Blick auf die Besucher tribüne im Bundestag. 30 31
beyond mere functionality resembles a con which must not be ignored or pushed aside, crete bunker with no windows, in which we just because too much of it is seen to be irra ourselves provide lighting and atmospheric tional. Young people had come to realize that conditions, being no longer willing to obtain something is wrong in our relationship with either from God’s wide world. And yet we nature, that matter is not just raw material cannot hide from ourselves the fact that even for us to shape at will, but that the earth has in this artificial world, we are still covertly a dignity of its own and that we must follow He is intellect and will, but he is also nature, The positivist approach to nature and reason, drawing upon God’s raw materials, which we its directives. In saying this, I am clearly not and his will is rightly ordered if he respects the positivist world view in general, is a most refashion into our own products. The win promoting any particular political party – his nature, listens to it and accepts himself for important dimension of human knowledge dows must be flung open again, we must see nothing could be further from my mind. who he is, as one who did not create himself. and capacity that we may in no way dispense the wide world, the sky and the earth once In this way, and in no other, is true human with. But in and of itself it is not a sufficient more and learn to make proper use of all this. Laughter and applause freedom fulfilled. culture corresponding to the full breadth of But how are we to do this? How do we find Let us come back to the fundamental concepts the human condition. Where positivist reason our way out into the wide world, into the big If something is wrong in our relationship with of nature and reason, from which we set out. considers itself the only sufficient culture picture? How can reason rediscover its true reality, then we must all reflect seriously on The great proponent of legal positivism, Kelsen, and banishes all other cultural realities to the greatness, without being sidetracked into irra the whole situation and we are all prompted at the age of 84 – in 1965 – abandoned the status of subcultures, it diminishes man, in tionality? How can nature reassert itself in its to question the very foundations of our cul dualism of “is” and “ought”. (I find it com deed it threatens his humanity. I say this with true depth, with all its demands, with all its ture. Allow me to dwell a little longer on this forting that rational thought is evidently still Europe specifically in mind, where there are directives? I would like to recall one of the de point. The importance of ecology is no longer possible at the age of 84!) concerted efforts to recognize only positivism velopments in recent political history, hoping disputed. We must listen to the language of as a common culture and a common basis for that I will neither be misunderstood, nor pro nature and we must answer accordingly. Yet Laughter and applause law-making, reducing all the other insights voke too many one-sided polemics. I would I would like to underline a point that seems to and values of our culture to the level of sub say that the emergence of the ecological move me to be neglected, today as in the past: there Previously he had said that norms can only culture, with the result that Europe vis-à-vis ment in German politics since the 1970s, is also an ecology of man. Man too has a na come from the will. Nature therefore could other world cultures is left in a state of cul while it has not exactly flung open the win ture that he must respect and that he cannot only contain norms, he adds, if a will had put turelessness and at the same time extremist dows, nevertheless was and continues to be manipulate at will. Man is not merely self-cre them there. But this, he says, would presup and radical movements emerge to fill the vac a cry for fresh air ating freedom. Man does not create himself. pose a Creator God, whose will had entered uum. In its self-proclaimed exclusivity, the into nature. “Any attempt to discuss the truth positivist reason which recognizes nothing Scattered applause Scattered applause of this belief is utterly futile”, he observed. “In this artificial world, we are still covertly drawing upon God’s raw materials”: Pope Benedict XVI fol lowing his speech at the Bundestag. „In dieser selbst gemachten Welt im Stillen doch aus den Vor- räten Gottes schöpfen“: Papst Benedikt XVI. nach seiner Rede im Bundestag. 32 33
Is it really? – I find myself asking. Is it really pointless to wonder whether the objective reason that manifests itself in nature does shaped the inner identity of Europe. In the not presuppose a creative reason, a Creator awareness of man’s responsibility before God I would like to thank you very warmly, Spiritus? and in the acknowledgment of the inviolable Holy Father, for accepting our invitation and At this point Europe’s cultural heritage ought dignity of every single human person, it has for addressing us today. Your speech repre to come to our assistance. The conviction that established criteria of law: it is these criteria sents an important contribution to the neces there is a Creator God is what gave rise to the that we are called to defend at this moment sary broad public engagement with the ethical idea of human rights, the idea of the equality in our history. foundations and spiritual guidelines of a free, of all people before the law, the recognition As he assumed the mantle of office, the young democratic society under the rule of law, with of the inviolability of human dignity in every King Solomon was invited to make a request. “the wide world, the sky and the earth”, as you single person and the awareness of people’s How would it be if we, the law-makers of put it in your speech, and it also and in parti responsibility for their actions. Our cultural today, were invited to make a request? What cular represents a contribution to the necessary memory is shaped by these rational insights. would we ask for? I think that, even today, dialogue between cultures, religions and be To ignore it or dismiss it as a thing of the past there is ultimately nothing else we could wish liefs which is often called for but seldom takes would be to dismember our culture totally for but a listening heart – the capacity to dis place. and to rob it of its completeness. The culture cern between good and evil, and thus to estab As well as thanking you for your speech, of Europe arose from the encounter between lish true law, to serve justice and peace. Holy Father, we would like to offer you our Jerusalem, Athens and Rome – from the best wishes for your demanding and strenuous encounter between Israel’s monotheism, I thank you for your attention! itinerary here in Germany in the coming days. the philosophical reason of the Greeks and Roman law. This three-way encounter has Sustained applause – Audience rises to its feet Applause Closing remarks of Norbert Lammert, President of the German Bundestag 34 35
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Norbert Lammert, President of the German Bundestag, presents Pope Benedict XVI with a gift of original preparatory sketches by Günther Uecker for the multi-faith chapel in the Bundestag. Bundestagspräsident Norbert Lammert überreicht Papst Benedikt XVI. als Geschenk originale Entwurfskizzen von Günther Uecker zum Andachts raum im Bundestag.
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