Waldes lust - Jahresausstellung des BBK Oberfranken 2021
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Waldes lust Jahresausstellung des BBK Oberfranken 2021 Ausstellungskatalog Impressum Waldeslust. Jahresausstellung des BBK Oberfranken 2021 Ausstellungskatalog Redaktion: BBK Oberfranken Gestaltung und Produktion: sehdition, Verlag für Sehenswertes, Gerhard Hagen, Arnd Rüttger, Alexandra Baier GbR www.sehdition.de © für die abgebildeten Bilder bei den Künstlerinnen und Künstlern (wenn nicht anders angegeben) bbk-oberfranken.de
Grußwort Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Freundinnen und Freunde der Kunst und des Waldes, Bayern ist nicht nur Kulturstaat, sondern besitzt Innovationen. Bereits dank der deutschen Dichter meinen herzlichen Gruß zur „Waldeslust“, der tischen Verlust an Artenvielfalt? Wie bewahren wir zugleich auch die größte Waldfläche aller Bundes- und Denker der Romantik wurde die Liebe zur Na- Jahresausstellung des Berufsverbandes Bildender Wälder vor dem Absterben? länder. Mit seiner diesjährigen Jahresausstellung tur neu entfacht. Sie erschufen Werke, die unsere Künstlerinnen und Künstler Oberfranken! Es ist eine Die Jahresausstellung steht unter dem Motto verbindet der Berufsverband Bildender Künstlerinnen Vorstellung vom Wald bis heute prägen. Beson- große Freude, dass endlich wieder eine Ausstellung „Waldeslust“. In der Romantik als Sehnsuchtsort und Künstler Oberfranken diese beiden Aspekte auf ders eindrucksvoll haben dies die Märchenbände stattfinden kann. Corona hat uns gezeigt, was wir verehrt, machte der Wald Ende des letzten Jahr- hervorragende Weise miteinander. Zudem ist die der Gebrüder Grimm getan. Die Idee der Kultur- in Pandemie-Zeiten schmerzlich vermisst haben: hunderts mit Borkenkäferplagen, Waldsterben und Ausstellung „Waldeslust“ in der Villa Dessauer in landschaft wurde zudem entscheidend durch die Kunst und die Auseinandersetzung mit ihr. Denn saurem Regen eher mit „Waldesfrust“ Schlagzeilen. Bamberg ein gelungenes Beispiel kultureller Ver- Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts gefördert. Kunst ist kein Luxus. Kunst ist systemrelevant. Wir Dank Umweltschutz sind unsere Wälder heute wieder mittlungsarbeit. Die Besucherinnen und Besucher Heute widmen sich diesen Themen neue künstleri- brauchen sie zum Leben – auch und besonders in gesünder. Sie bringen Naturerholung mit frischer erhalten wertvolle Impulse für den verantwortungs- sche Ausdrucksformen wie Fotografie schweren Zeiten. Kunst spiegelt gesellschaftliche Luft und sattem Grün. Wald ist in – Stichwort: forest vollen Umgang mit natürlichen Ressourcen, eine und Environment. Debatten wider, bietet Reibungsflächen zur Aus- bathing! Diese neue Waldeslust gilt es zu erhalten, nachhaltige Lebensweise und die ökologisch-soziale einandersetzung mit der Wirklichkeit, weist über gegen Klimawandel und Artensterben zu verteidigen: Ich danke allen Künstlerinnen und Künstlern des Transformation. das Alltägliche hinaus. Kunst legt den Finger in die Sie ist ein großer Schatz. Diesen Schatz spiegeln die BBK Oberfranken für ihre ausdrucksstarken Beiträge Wunde. Künstlerinnen und Künstler in ihren Werken und erin- Als Deutschland im 18. Jahrhundert durch den rück- zur Ausstellung „Waldeslust“. Sie bereichern unser sichtslosen Eingriff des Menschen fast vollständig Kulturerbe und helfen, unsere bayerische Heimat zu Auch Umweltschützer legen den Finger in die Wunde. nern uns damit immer wieder: an den Wert der Natur, entwaldet war, entwarf Hans Carl von Carlowitz bewahren und das Bewusstsein für die Herausforde- Auch sie erinnern die Gesellschaft daran, was falsch an ihre Zerbrechlichkeit, an unsere Verantwortung. sein wegweisendes und vorausschauendes Prinzip rungen des Klimawandels zu steigern. In diesem Sinne läuft, und weisen auf die drängenden Fragen der der Nachhaltigkeit. Heute hat dieses Prinzip als wünsche ich allen Besucherinnen und Besuchern Zeit hin. Und derer gibt es aktuell viele: Wie bremsen Freuen Sie sich jetzt auf die vielen künstlerischen „Sustainability“ seinen weltweiten Siegeszug an- anregende Gespräche und inspirierende Eindrücke, wir den Klimawandel? Wie stoppen wir den drama- Schätze – ich wünsche Ihnen dabei viel „Waldeslust“! getreten und zwingt die Ökonomie zu umfassenden die Lust auf Wald machen. Bernd Sibler Thorsten Glauber, MdL Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz 4 5
Einleitung tigste Ressource, es wurde zum Bauen von Fach- den Fichten nicht konkurrieren konnten, so daß aus werkhäusern, für den Schiffsbau, aber auch zum ökonomischem Kalkül heraus natürliche Mischwäl- WALDESLUST Heizen und Kochen benötigt. Die expandierenden der Fichtenmonokulturen weichen mussten. 1929 Handelsflotten in den Niederlanden verschlangen stellte ein Forstmeister in einem Fichtenwald eine Unmengen an Holz und trugen zum Niedergang der Warntafel auf mit der Inschrift „Willst du den Walde Wälder bei. Am schwersten jedoch wog die Nutzung bestimmt vernichten, so pflanze nichts als reine Ueber allen Gipfeln schließlich von der Jagd und den Früchten, die der des Waldes als Weidegrund, weil die Bauern nach Fichten.“ Ist Ruh’, Wald ihm bot. Mit den ersten menschlichen Siedlun- der Einführung der Stallhaltung vermehrt Blätter Infolge der Verstädterung entwickelte sich in der Ro- In allen Wipfeln gen wurde der Wald gerodet und bereits zu Christi und Nadeln als Einstreu im Stall verwendeten. Die mantik des beginnenden 19. Jahrhunderts eine neue Spürest du Geburt hatte sich die Waldfläche um ein Viertel Streunutzung führte zu schweren Schäden durch Sehnsucht nach der Natur und nach Erholung im Kaum einen Hauch; reduziert. Den Germanen bot der Wald im Kampf mit die Auslaugung des Bodens und die Verarmung der Wald, die Idee der „Waldeslust“ war geboren. Nicht Die Vögelein schweigen im Walde. den Römern einen sicheren Rückzugsort, in seiner Wälder. Hohe Wildbestände gaben der Verjüngung nur Goethe suchte auf seinen Wanderungen durch Warte nur! Balde Beschreibung der Schlacht im Teutoburger Wald des Waldes und vor allem den Laubbäumen keine den Wald Inspiration, auch die Gebrüder Grimm Ruhest du auch. schrieb Tacitus in De Germania, daß dieses Land „mit Chance. Die wachsende Bevölkerung und der Druck prägten durch ihre Märchenbände die deutsche Kul- seinen Wäldern einen schaurigen, mit seinen Sümp- durch die einsetzende Industrialisierung wie z.B. den turgeschichte und unsere Vorstellung vom Wald bis Das Wandrers Nachtlied, das später auch von Franz fen einen widerwärtigen Eindruck“ mache. Raubtiere Bergbau, Glashütten und Salinen führten zu einer heute. Er bedeutete Schutz und Gefahr zugleich, „der Schubert vertont wurde, schrieb Johann Wolfgang durchstreiften dichte Urwälder, die völlig sich selbst weitgehenden Entwaldung in Deutschland. Anfang Weg in den Wald“ wurde im Märchen zur Metapher von Goethe 1780 auf die Holzwand der Jagdaufse- überlassen waren. Diese dunkle und gefährliche des 18. Jahrhunderts führte diese Entwicklung zu für die Herausforderungen des Erwachsenwerdens. herhütte auf dem Kickelhahn bei Ilmenau. Goethes Wildnis war für die Germanen Wohnort von Dämo- einer Holznot, die dem Menschen die Endlichkeit Auch Friedrich Schiller mit seinem Drama Die Räu- Verse gehören seitdem zum literarischen Kulturerbe nen und Fabelwesen, mächtige Baumriesen waren natürlicher Ressourcen vor Augen führte. Der säch- ber und Carl Maria von Weber mit seiner Oper Der Deutschlands genauso wie die Kulturgeschichte des den Göttern geweiht, denen sie in heiligen Hainen sische Bergmann Hans Carl von Carlowitz verfasste Freischütz setzten dem deutschen Wald ihre eigenen Waldes und die Beziehung der Deutschen zu ihm. Opfergaben brachten. Die Esche Yggdrasil verehrten angesichts verkahlter Landschaften 1713 seine Na- Denkmäler. Die romantische Vorstellung vom Wald Der Wald ist Sinnbild für Erholung und Entschleuni- sie als Weltenbaum, die als Weltachse Himmel, Erde turgemäße Anweisung zur Wilden Baum-Zucht, die war allerdings eine Entwicklung städtischer Intellek- gung und sein fragiles ökologisches Gleichgewicht und die Unterwelt miteinander verband, während die das Prinzip der Nachhaltigkeit erstmals formulierte. tueller, Dichter und Maler machten ihn nicht nur zum ist die sichtbare Metapher für die natürliche Lebens- Baumkrone das Himmelsgewölbe trug. Das Gleichgewicht von Entnahme und Nachwuchs Symbol einer verlorengegangenen Welt, der Seelen- grundlage des Menschen, die wir im 21. Jahrhundert wurde zur Grundmaxime der modernen Forstwirt- landschaft, sondern unter Berufung auf die Französi- zu zerstören drohen. Der BBK Oberfranken widmet Schon im Mittelalter wurde der Wald in Deutsch- schaft und prägt heute inzwischen alle Bereiche der sche Revolution auch zum Symbol nationaler Einheit seine Jahresausstellung 2021 Waldeslust einem bri- land auf ein Drittel seiner ursprünglichen Größe Ökonomie. Infolgedessen wurde der Wald in einen und Freiheit. Die Entfremdung von der Natur ließ den santen komplexen Thema, das in Zeiten der Corona- zurückgedrängt, was in etwa seiner heutigen Fläche bewirtschafteten Forst umgewandelt. Um unter dem Dichter Joseph von Eichendorff immer wieder den Pandemie noch an Aktualität gewonnen hat. entspricht. Durch Rodungen wurden besonders Druck der zunehmenden Industrialisierung einen „rauschenden“ Wald als „eine Art Hallraum der Seele“ die fruchtbaren Laubwaldböden, wo Eichen, Lin- sicheren Nachschub an Holz zu gewährleisten, beschwören. Und nicht zuletzt C.D. Friedrich erhob Bis vor 7000 Jahren bedeckten ausgedehnte Wälder den, Ulmen und Eschen dominierten, zerstört, so wurden großflächig Fichten angepflanzt, die schnell die in der Rangfolge der Genres ganz unten stehende fast ganz Mitteleuropa. Bevor der Mensch Ackerbau daß sich schon damals der Anteil des Nadelwalds und gerade wachsen. Laubbäume wurden dadurch Landschaftsmalerei zum sakralen Andachtsbild und und Viehzucht entdeckte, lebte er in Europa fast aus- erhöhte. Bis zum 14. Jahrhundert war Holz die wich- zusätzlich dezimiert, da diese im Wachstum mit schuf so eine Ikone der deutschen Romantik. 6 7
Die altgermanische Kulturgeschichte und romanti- schen Vorstellungen vom Wald wurden im Dritten führte zu einer tiefgreifenden Veränderung der politischen Landschaft in Deutschland durch die Infolge der Verstädterung ent Reich schließlich für die Blut-und-Boden-Ideologie der Nationalsozialisten missbraucht. Die deutsche Entstehung der grünen Parteien. Der Wald ist damals nicht gestorben, doch war das Waldsterben nur ein wickelte sich in der Romantik des Eiche wurde zum völkischen Symbol des „Tausend- Vorbote für die Umweltkatastrophe des Klimawan- jährigen Reiches“, Förster ließen junge Eichen so angeordnet pflanzen, daß sie aus der Luft gesehen dels, der wir heute gegenüberstehen. Die dramati- schen Auswirkungen des Klimawandels bleiben für beginnenden 19. Jahrhunderts Hakenkreuze bildeten. Zugleich wurden der Kriegs- wirtschaft riesige Waldflächen geopfert und auch viele Menschen abstrakt und zweifelhaft, doch die Dürrejahre der letzten Jahre, die Wälder in Mond- eine neue Sehnsucht nach der nach dem Zweiten Weltkrieg gingen die Rodungen landschaften mit Baumgerippen verwandelt haben, weiter, um Holz als Reparationsleistung an die Sie- germächte zu liefern. Doch auch die Bundesrepublik sind der sichtbarste Beweis, daß die menschenge- machte Klimakatastrophe wirklich stattfindet. Die Natur und nach Erholung im Wald, die Idee der „Waldeslust“ übernahm die Eiche als nationales Symbol, Eichen- Einschränkung des Reisens während des Lockdowns laub zierte nach der Währungsreform jede Münze in Coronazeiten haben zu einer Wiederentdeckung vom Pfennig bis zur Mark. Auf der 50-Pfennig-Münze des Waldes geführt und einen neuen Heimatbegriff wurde die Eichenpflanzerin verewigt zu Ehren all jener Frauen, die eigenhändig die ausgeplünderten etabliert. Wanderungen und Spaziergänge in der nahen Umgebung haben den Blick für die Sehens- war geboren. Nicht nur Goethe Wälder wiederaufforsteten. würdigkeiten und Naturschönheiten vor Ort, und die In den 80er Jahren wurden erstmals großflächige kleinen, bisher unbedeutenden Dinge geschärft. Das Ausstellungsthema Waldeslust stieß bei den Mit- suchte auf seinen Wanderungen Schädigungen der Wälder in Deutschland und Mit- teleuropa festgestellt, die Beziehung der Deutschen gliedern des BBK Oberfranken auf großes Interesse, vierunddreißig Künstler*innen stellen ihre Werke in durch den Wald Inspiration, auch zum Wald wurde bezeichnenderweise in Frankreich der Villa Dessauer in Bamberg aus und zeigen eine besonders klar herausgestellt, wo man „le Wald- sterben“ eher für eine deutsche Gemütskrankheit große Bandbreite künstlerischer Darstellungsmög- lichkeiten, zu denen sie die Auseinandersetzung mit die Gebrüder Grimm prägten hielt. Der Untergangsmythos des Waldsterbens dem Wald inspiriert hat. durch ihre Märchenbände die deutsche Kulturgeschichte und Thomas Michel für den BBK Oberfranken unsere Vorstellung vom Wald bis heute. 8 9
Susanne Braun In den Wäldern sind Dinge Über die nachzudenken man jahrelang im Moos liegen könnte. (Franz Kafka) Ich steh’ im Wald und seh’ ihn vor lauter Bäumen nicht mehr, der Himmel zeigt sich nur in kleinen Stückchen, ich tauche ein ins flirrende, glitzernde, durch die Baumkronen gebrochene Licht, der Wind rauscht, es wispert, zwitschert, raschelt und knackt um mich herum, Blätter fallen, Gedanken kommen und gehen, ... Susanne Braun Kleberstr. 37 c 96047 Bamberg susannebraunbamberg@web.de MaiMorgen, Collage, 43 x 33 cm, 2020 a 10
Thomas Brix Der Wald ist Schutzraum, Lebensraum, Quelle des Lebens. Schöpfungsort. Verwandlungsraum. Gottes- spielplatz. Zauberwesen. Weltbeleber. Trostspender, Fantasiebeflügler, Wohltäter, Luftfabrik, Ruhepol. Er schickt uns einige seiner Waldeslustwesen, eine kleine Abordnung seiner neuesten Kreation, immer zu Späßen aufgelegt. Gerade noch rechtzeitig. Thomas Brix Reuthbergstr. 20 95488 Eckersdorf/Oberwaiz Waldeslustwesen, Figuren aus Pappkarton und Holz, th-brix@t-online.de geklebt, mit Acrylfarben und Filzstift bemalt, brix-kunst.de ca. 150 x 150 x 170 cm, 2020/2021 a 12
Andrea Buckland Andrea Buckland befasst sich schon seit vielen „Die Natur wächst auch nicht kontrolliert. Wir erleben Jahren mit dem Wald als Thema ihres künstlerischen einen wild gewachsenen Garten als chaotisch. Je Schaffens. Mit auf die Leinwand geworfenen Linien nach Mentalität wollen wir dort mehr oder weniger und Klecksen erschafft sie ‘Kunstlebensräume’, die Ordnung schaffen, um damit und darin leben zu kön- an Urwälder erinnern, zum Verweilen einladen und nen. Mich interessiert aber gerade das Ursprüngliche, Sehnsüchte wecken. das scheinbar Willkürliche. Beim Malen habe ich Während des Malens liegen die Leinwände auf dem fast das Gefühl Förster zu sein – die Art von Förster, Fußboden des Ateliers und werden mit Farbe be- die in das natürliche Geschehen wenig eingreift. Ich worfen. Manchmal tropft es direkt aus der Flasche, pflanze Bäume auf meine Leinwand, die während des manchmal entstehen durch größere Bewegungen Arbeitsprozesses Blätter treiben, umwuchert werden Linien. Oder der halbnasse große Pinsel wird über von Farbe, genährt von Licht. Und mit einem Mal den Leinwänden ausgeschüttelt. Durch schichtwei- beginnen sie zu leben.” ses Überarbeiten entsteht Räumlichkeit. Der Zufall malt mit. Andrea Buckland Zum Fischerberg 18 93183 Kallmünz Wald, Acryl auf sechs Leinwänden, andrea@buckland.de 150 x 240 cm (ohne Lücke) / andrea.buckland.de ca. 150 x 290 cm (mit Lücke gehängt), 2021 a 14
Harald Burger Letztendlich ist mir wichtig, eine Spannung von Far- zu ordnen, anzupassen bzw. sie zu respektieren. Mit be und Struktur zu erzeugen. Dabei übt die Ästhetik Profitgier und Superkapitalismus ist er dabei, aus- des Vergänglichen und Unvollkommenen einen gro- gewogene Systeme und damit Lebensgrundlagen zu ßen Reiz aus. Abgewetztes, Verrostetes, Steinreste zerstören. So ist z.B. der Wald im Beuys’schen Sinne in griechischen Marmorbrüchen aber auch im ersten ein weiteres Organ des Menschen und wird dies wie Moment nichtssagende einfache Strukturen liefern die Menschheit selbst kaum überleben, sollte soziales die Grundlage zu meiner Malerei. Denken nicht zur Maxime werden. Der Begriff „Waldeslust“ transportiert eine romanti- Meine Arbeiten Waldstruktur I und II zeigen zwei sche, unproblematische, idealistische und antiquierte Zustände bzw. Farbstrukturen des Waldes oder eines reine Sehnsuchtsvorstellung des Menschen, stammt Baumes. Das Grünblau steht für das Werden (Wach- aus einer „anderen“ Zeit und hat in Deutschland eine sen, Frühling, Leben), das Gelborange für das Ver- besondere eigene Wichtigkeit. gehen (Vergehen, Herbst, Verdorren, Wüste, Hitze, Die Natur sendet uns deutliche Zeichen. Der Mensch Bedrohung). ist nicht in der Lage oder willens, sich dieser Fragili- Jeder Mensch muss ein Künstler werden. tät und Ästhetik des Werdens und Vergehens unter Harald Burger Veitlahm 19 95336 Mainleus hb@haraldburger.de Waldstruktur II, Acryl auf Leinwand, haraldburger.de 130 x 90 cm, 2021 a 16
Tina Deininger / Gerhard Jaugstetter Seit vierzig Jahren haben wir den Steigerwald auf schlimme Orkane dazu, die stellenweise radikale allen möglichen Wegen durchstreift, fotografiert und Kahlschläge im Steigerwald hinterließen. Diese dabei gut kennengelernt. Besonders beeindruckend Verletzungen konnten unserem heimatlichen Forst war für uns schon immer seine Vegetation mit den auf Dauer aber nichts anhaben – nicht einmal die un- prächtigen Mischwäldern und den wertvollen Bu- säglichen Diskussionen pro und contra Nationalpark! chenbeständen. Wir entdeckten bei unseren Streifzü- All das hat er ausgehalten und sich ein fürs andere gen auch versteckte Winkel mit kleinen Siedlungen, Mal erholt. Doch durch den Klimawandel scheint in denen Menschen leben, deren Vorfahren durch er in den letzten Jahren ganz erheblich geschädigt den Wald ihr Auskommen hatten. worden zu sein. Wir hoffen sehr, dass die mahnenden Dann die imposanten Höhenzüge: der Hohe Lands- Worte des Fotografen Sebastião Salgado sich nicht berg, der Schwanberg, Friedrichsberg, Knetzberg bewahrheiten: „Erst wenn die Erde sich von den und der Zabelstein. Karlheinz Deschner hat sie in Menschen befreit hat, kann unsere Natur überleben.“ seinem Buch „Dornröschenträume und Stallgeruch“ Diese Gedanken waren der Anlass, uns fotografisch beschrieben. „Sieht man vom Maintal über Maria mit der Natur unserer fränkischen Heimat und der Limbach, eine der letzten Schöpfungen Balthasar unserer Wahlheimat Italien zu befassen. Wichtig ist Neumanns, zum Steigerwald, stehn dessen Rücken uns vor allem, die Schönheit und Verletzlichkeit von lang und ruhig, wie blaue Wale, am Horizont.“ „unberührter“ Natur zu zeigen und sie der Verletz- Wir mussten beobachten, wie die stetig wachsende lichkeit des Menschen gegenüberzustellen. Wir Umweltbelastung „unserem“ Wald zusetzte. War es arbeiten ausschließlich mit analoger Fotografie, die zu Beginn der achtziger Jahre das „Baumsterben“, mit ihrem Rhythmus am besten unserem Lebensstil verursacht durch den „sauren Regen“, kamen 1990 entspricht. Tina Deiniger / Gerhard Jaugstetter Kirchberg 7 96185 Schönbrunn Im Wald, analoge SW-Fotografie, photosbygut@aol.com 49 x 60 cm, 2019 a 18
Chris Engels Heutzutage „teilen“ sich Tier und Mensch den be- des imposanten Geweihs, das zum Imponiergehabe grenzten Lebensraum Wald. Da kommt es immer und zum Kampf der Hirsche um ihr Revier und um wieder zu unnötigen Konflikten. die Rangfolge benutzt wird. Viele Menschen nutzen den Wald zur Erholung und Jedes Jahr im Frühjahr werfen die Hirsche ihr Ge- zur sportlichen Betätigung. weih ab. Im Laufe des Sommers wächst ihnen dann Leider wird der Wald vom Menschen auch zunehmend ein neues, größeres Geweih nach. Während des als Müllkippe missbraucht. Von kompletten Wohn- Wachstums ist es von der so genannten Basthaut zimmereinrichtungen (manchmal auch nebst den überzogen, die die nötigen Nährstoffe transportiert. jeweiligen Ehepartnern), über Autoreifen, Gift- und Ist das neue Geweih fertig ausgewachsen, stirbt Sondermüll, bis zu „normalem“ Hausmüll und anderen diese Haut ab. Um sie zu entfernen versuchen die menschlichen Hinterlassenschaften ist alles dabei. Tiere diese tote Haut loszuwerden, indem sie sich an Schon immer, aber besonders auch zu Zeiten dieser Gehölzen und anderen Möglichkeiten scheuern. Pandemie, in der Hotels und andere lauschige Orte Dabei bleibt es nicht aus, dass die Tiere dabei das ein geschlossen sind, wird der Wald auch gerne als Platz oder andere Überbleibsel der oben genannten „Tref- für ein Stelldichein oder als Liebesnest benutzt. Auch fen“ mit auf die Geweihspitzen nehmen, aufspießen, dabei fällt „Müll“ in Form von benutzten Kondomen so dass es unter Umständen sogar daran hängen an, die dann vorsichtshalber auch gleich vor Ort ent- bleibt. sorgt werden. Und so wird das Tier des Waldes, das als Symbol für Der Hirsch gilt als der König des Waldes. Er steht Männlichkeit gilt, mit den Hinterlassenschaften der unter anderem auch für Manneskraft. Auch wegen Lust des Menschen konfrontiert. Chris Engels Koldestraße 10 B 91052 Erlangen chris.engels@gmx.de Waldeslust, Geweih, (Fake-) Kondome, art-engels.de 120 x 100 x 55 cm, 2021 a 20
Henrike Franz Sinnliches und Besinnliches im Wald? Nicht nur der Die drei Zeichnungen weisen auf eine Beziehung Mensch lebt durch seine Sinne. Auch der Wald als des Waldes, genauer des Baumes mit dem Men- Ganzes und seine Bäume jeweils einzeln für sich sind schen hin. Die Früchte und Samen als vitales, mit Sinnen ausgestattet. Nur haben wir dafür wenig lustvolles Lebenszeichen des Baumes treffen auf Sinn, weil jene nicht die Sinne unserer Art gebrau- die vom Menschen geprägte Landschaft mit chen. Dass die Bäume des Waldes sich fortpflanzen Häusern, Straßen und Grünanlagen. macht Sinn. Dass wir Menschen uns fortpflanzen, ob- Beide Spezies nutzen einen gemeinsamen wohl wir nicht zur Botanik zählen, macht weniger Sinn. Lebensraum, der im Idealfall gemeinsam genutzt Lust wird vermutlich auch beim Wald mit dabei sein. und gelebt wird. Henrike Franz Burgbergstr. 25 91054 Erlangen henrike.franz@wahrzeichnen.de Waldeslust 1, Zeichnung und Mixed Media wahrzeichnen.de auf Papier, je 43 x 62 cm, 2021 a 22
Thomas Gröhling Wolfsgeschichten Wölfe streifen durch die Villa Dessauer. Sie sind ein- der graue Wolf“, hier ist der Wolf der starke und zu- gebrochen in die Kunstwelt schauen sich mal um, gleich kluge Ratgeber des Märchenhelden. Auch in was in der Villa gerade passiert. Es wirkt eher so, der heutigen Zeit kennt man Wölfe aus verschiede- dass sie nicht lange bleiben und dann wieder weiter nen Artikeln: „Wolf vor dem Kindergarten gesehen ziehen. Zwei Wölfe stehen auf dem Fensterbrett, einer worden – Gefährdung für Kinder“, „Schafsherde schaut in den Straßenzug der Hainstraße und einer in gerissen – Wolf kennt keine Grenzen“. Er kommt aus die Villa. Wenn man das Wort „Wolf“ hört, denkt man den Wäldern zu uns in die Stadt. BetrachterInnen, automatisch an Märchen: die die Ausstellung besuchen, müssen sich wohl „Rotkäppchen“, wo er ein gefräßiger, niederträchtiger überlegen, welche Geschichten sie für sich her- und hinterhältiger Geselle ist, „Der Wolf und die sie- holen, wenn sie dem Wolf gegenüber treten, Ge- ben Geißlein“, hier sind seine Opfer auf der Hut, weil dankengänge aus der heutigen Zeit oder vielleicht sie den Wolf fürchten müssen, oder „Iwan Zarewitsch, Märchen. Oder vielleicht etwas ganz anderes? Thomas Gröhling Wiesenteich7 96049 Bamberg thomas.groehling@gmx.de thomasgroehling.de Wölfe, Eichenholz, lebensgroß, 2021 a 24
Barbara Gröne-Trux Der Druidenhain liegt in einem Wald in der Nähe von Muggendorf. Nach dem Volksglauben treffen sich dort in der Walpurgisnacht die Hexen zu exzessiven, lustvollen Ritualen. Mich hat gereizt, die zweifellos magisch-mystische Atmosphäre der Kultstätte einzufangen. Barbara Gröne-Trux Schloßstr. 10 91289 Schnabelwaid b.groene-trux@web.de Druidenhain, Mischtechnik/Leinwand, 99 x 116 cm, 2011 a 26
Christine Gruber / Ingrid Stanglmeier Der Wald, die Versammlung großer Pflanzen, schließt Wir haben die Freiheit der Gestaltung: das Ragen der seine Landschaft ein in einen geschlossenen, da- Stämme, die bühnenhafte Lichtung, die Farbe Grün, durch dunklen Raum. Das Licht, das in Kaskaden die bis zu ihrem Komplementär Rot reicht. Wir malen hinein flutet, malt geheimnisvolle, nicht zu deutende das Licht, die Dunkelheit und den menschlichen Ein- Bilder. Das erscheint uns symptomatisch für unsere griff. begrenzte Existenz. Christine Gruber Kleberstr. 53 96047 Bamberg vannna@arcor.de christinegruber.wordpress.com Ingrid Stanglmeier Von-Rotenhan-Str. 4 Christine Gruber, 96049 Bamberg Poetischer, kritischer Wald, istanglmeier@web.de Öl auf Leinwand, 150 x 150 cm, 2021 a 28
Gerhard Hagen Fast jeder zweite industriell gefällte Baum weltweit papier, beschichtetes Papier, unbeschichtetes Papier, wird laut WWF zu Papier verarbeitet. Meine Interpre- um nur einige zu nennen. tation des Themas Waldeslust geht der Frage nach, Allerdings werden dem Altpapier beim Recycling was nach unsrer Lust am Lesen, Schreiben, Drucken, immer auch neue Fasern aus Holz, aus Bäumen und Verpacken, Putzen mit dem Papier geschieht. somit aus Wald zugesetzt. Nach maximal sieben Wir verschwenden tonnenweise Ressourcen, man Recyclingprozessen wird es endgültig weggeworfen, bedenke nur die unzähligen Drucksachen, die un- eine unendliche Wiederaufbereitung ist nicht mög- gelesen wieder im Recycling Kreislauf verschwinden lich. Es wäre also deutlich besser, den Papierver- oder die zahllosen Verpackungen, die von Amazon brauch zu reduzieren! und Co täglich verschickt werden. Ich zeige meine Altpapierballen in einheitlicher Größe, Altpapier ist aber auch ein Wertstoff, denn es kann unabhängig von ihrem wahren Format, isoliert vom recycelt werden. Ich war zu Besuch in einer Firma für Hintergrund, als Skulpturen auf goldenem Unter- Altpapierrecycling und habe dem Wertstoff Altpapier grund. Die Fotografie ist sachlich, die Ballen sind nachgeforscht. Zuerst wird das Papier nach den ver- sauber ausgeleuchtet, ohne dass sich die Fotografie schiedenen Sorten sortiert, dann sortenrein zu Ballen selbst in den Vordergrund stellt. Im Vordergrund ste- gepresst und weiterverarbeitet. Somit gibt es Ballen hen die Altpapierballen, monumental stehen sie dem aus den verschiedensten Arten von Papier: Zeitungs- Betrachter gegenüber, zusätzlich erhöht durch den papier, Hygienepapier, Kraftpapier, Karton, Druck- goldenen Hintergrund. Gerhard Hagen Peuntstraße 3 96050 Bamberg 0951 – 32254 0171 – 5302705 Nach der Lust, Eines von vier Fotos, info@gerhard-hagen.de quadratisch, gedruckt auf goldfarbenem Alu-Dibond, gerhard-hagen.de 145 x 145 cm, Auflage je 6 Stück, 2021 a 30
Gabriella Héjja Seit ich mich mit der Photographie befasse, ist der Zeit visuell darzustellen, ist ein weiteres zentrales es mein Ziel, in meinen Arbeiten Stimmungen mit Thema meiner Photographien. Mitteln der Photographie so zu erfassen, dass sie Wenn wir mit der Bahn oder mit dem Auto unter- erlebte Gefühle auszudrücken und zu vermitteln wegs sind, können wir oft die Einzelheiten der vermögen: Gefühle, die unser Leben manchmal vorbeiziehenden Landschaften nicht erfassen, so nachhaltig bestimmen, aber für deren Ambiguität bleiben in der Regel nur wenige konkrete Objekte und Komplexität und vor allem für deren Faszina- und Eindrücke in Erinnerung. Die gezeigten Bilder tion ich keine angemessenen Worte hätte finden sollen unterwegs vorbeifliegende flüchtige Ein können. drücke festhalten. Bilder haben die Eigenschaft, Gefühle und Stimmungen Verträumte Bilder von Wäldern und Landschaften, anregen zu können, lassen aber gleichzeitig viel Raum irgendwo an der Grenze zwischen Traumwelt und für Interpretationen auf der Grundlage eigener Phanta- Realität. Manche Motive sind märchenhaft, andere sien und Projektionen individueller Lebensgeschichten. wirken eher bedrohlich, manche Strukturen sprin- Das Vergängliche in Bildern festzuhalten, die Spuren gen hervor, andere wiederum werden komplett des stetigen und unaufhaltsamen Voranschreitens aufgelöst. Gabriella Héjja Kirschenstraße 16a 91077 Schellenberg gabriellahejja@yahoo.de Waldimpressionen 1, Fotografie, gabriellahejja.de Fine Art Print auf Japanpapier, galerie-treppenhaus.de 40 x 60 cm, 2007/2020 a 32
Gerd Kanz ES GIBT KEIN RICHTIGES LEBEN IM FALSCHEN. Gerd Kanz Zum Brauhaus 1 96190 Untermerzbach In Hinteren Wäldern 1, gerdkanz@web.de Öl auf Holz, 40 x 30 cm, 2020, gerdkanz.de Foto: Engelhardt a 34
Lucie Kazda Wald in mir. Grenzenlos ist die Natur, die ich bin. Endlos ist der Wald, in dem ich bin. Ziellos ist der Ort, an dem ich mich verliere. Zeitlos ist der Ort, an dem ich mich finde. Ich fühle mich getragen. Meine Gedanken kommen zur Ruhe. Stille. Lucie Kazda Steinachstr. 57 95448 Bayreuth info@luciekazda.de Waldesrausch, luciekazda.de Öl auf Transparentpapier, je 15 x 15 cm, 2020/2021 a 36
Friedolin Kleuderlein Das schon vor zehn Jahren entstandene Bild stammt des offenen Landschaftsraumes mit den zahllosen aus einer Werkgruppe mit mittelformatigen Land- Bäumen sind die künstlerische Hauptidee des Bildes. schaftsbildern – fußend auf zahlreichen zeichneri- Im Zentrum, dem gekippten Spiegel, trifft sich alles in schen und malerischen Studien vor der Natur – einem Punkt. vornehmlich in Italien. Es verarbeitet sowohl die Durch die Bildkonstruktion wird der Spiegel zur Natureindrücke sommerlicher Landschaften als auch Metapher des menschlichen Auges. Der unend- Anregungen aus der Kunstgeschichte der florentini- liche, wogende Formen- und Farbreichtum der schen, toskanischen und umbrischen Malerei, beson- waldigen Mittelmeerlandschaft macht den einen ders der Fresken von Piero della Francesca in Arezzo. Bildpol aus, der andere ist die nachtschwarze, Die „Frau mit Spiegel“ ist ein Bild der „Reflexion“ im monochrome Fläche des Vorhangs. Tag und Nacht, wörtlichen Sinn: Der ganze kosmische Reichtum der offene und geschlossene Augen – das sind zwei Natur ist für die Frau hinter dem dunklen Vorhang nur Möglichkeiten für den Menschen, der Welt zu be- indirekt sichtbar – gebrochen durch eine gekippte gegnen. Augen auf – Augen zu ... Hinausblicken in spiegelnde Metallfläche. Der imaginative Betrachter die Welt und In-sich-hineinsehen. Zwischen diesen befindet sich im Innenraum – er hat die Möglichkeit, beiden Zuständen kippt der menschliche Geist im- die Frau zu betrachten oder den Blick in die Wei- mer hin und her. Der Mensch ist „doppelköpfig“ – te schweifen zu lassen, oder aber im Spiegel alles wie der griechische Philosoph Heraklit sagte. auf einmal zu sehen. Die architektonische Strenge Vielleicht lässt sich das in der Wildnis der Wälder der Komposition und die musikalische Bewegtheit am besten erleben ... Friedolin Kleuderlein Karmelitenstr. 14 „In den waldigen Hügeln von Cinqueterre: 96163 Gundelsheim Frau mit Spiegel“, Acryl auf Leinwand, familie.kleuderlein@gmx.net 70 x 100 cm, 2011 a 38
Sepp Martin Ich zitiere Paul Klee: „Kunst gibt nicht das Sichtbare Rhön. Spaziergänge waren angesagt. Das Wetter wieder, sondern macht sichtbar.“ war grau und nebelig aber trocken und kalt. Früher Der Wunsch, etwas auszudrücken, was über die reine Vormittag. Die Kamera war dabei und es gelang, Dokumentation hinausgeht, ist mir zu einem Leit- den Wald wie Wald aussehen zu lassen und die gedanken geworden. Vor der Bildgestaltung muss Wetterstimmung einzufangen. Bei meinem Wald- eine Idee da sein, die dann konsequent und durch- Thema habe ich mich von den impressionistischen aus arbeitsaufwändig bis zum ausgereiften Ergebnis Malern inspirieren lassen und Strukturen im Wald verfolgt wird. Häufig sind es Strukturen, ein grafischer gesucht. „Ein gutes Foto ist ein Foto, auf das man Blick auf die Dinge, die mich reizen. länger als eine Sekunde schaut.“ So formuliert es Bei meinen ersten „Wald-Versuchen“ standen der berühmte französische Fotograf Henri Cartier- Bäume einfach in der Landschaft herum. Nach Bresson. Dieses Ziel habe ich mit meinen zahlrei- vergeblichen Versuchen, Wald bildwirksam aufs chen Wald-Bildern, von denen 6 ausgestellt sind, Foto zu bannen, kam ein Urlaub im Herbst in der verfolgt. Sepp Martin Südhang 19 91301 Forchheim sepp@martin.franken.de Herbstwald 6, Fotografien, martin.franken.de Fine-Art-Baryt-Papier, 30 x 45 cm, 2016 a 40
Thomas Michel Angesichts des dramatischen Fortschritts des Klima- Mikro- und Makrokosmos, Biotop und Landschaft, wandels und des drohenden Verlusts der deutschen und prägt unsere Vorstellung vom Raum. Inspiriert Wälder ist es Zeit für eine Wiederentdeckung der von der deutschen Romantik thematisieren meine Landschaftsmalerei. Der Wald steht zugleich für Bilder die Grenze zwischen Urbanität und Natur Erholung und Entschleunigung, die ich in Ansich- sowie das Eingreifen und Vordringen des Menschen. ten der fränkischen Schweiz und des Maintals zum Spuren und Relikte menschlicher Zivilisation, die Ausdruck gebracht habe. Sämtliche Bildmotive habe sich die Natur wieder zurückholt und überwuchert, ich gemeinsam mit einer Wandergruppe von Freun- werden zum Zeugnis eines ewigen zyklischen Ge- den selbst erwandert, wobei die Naturerfahrung staltens und Vergehens. Verschiedene Jahres- und mit Menschen, die einen schon lange durchs Leben Tageszeiten sowie die damit verbundenen unter- begleiten, ein besonders intensives archaisches Ge- schiedlichen Lichtstimmungen stehen dabei im meinschaftserlebnis darstellt. Der Wald ist zugleich Vordergrund. Thomas Michel Adresse: Frutolfstraße 52 96049 Bamberg thommic@t-online.de Kapelle der elenden Heiligen, Kemmern, thomas-michel-contemporary-art.de Öl auf Leinwand, 40 x 50 cm, 2021 a 42
Dagmar Ohrndorf Thematisiert werden der Mensch und seine Bezie- Sinntiefe erlangen und trotzdem eine Leichtigkeit und hung zur Natur. Der ewige Drang und die Lust des Verspieltheit suggerieren. Menschen, alles neu zu formen und zu kultivieren. Der Guckkasten nimmt den Betrachter mit in beweg- So auch die Fundstücke aus dem Wald, die zu Arte- te gemalte Tuschebilder. fakten wurden, durch die Bearbeitung Dichte und Dagmar Ohrndorf Germanenstr.8 96146 Altendorf Lichtkasten 1, info@dagmar-ohrndorf.de Bearbeitete Fundstücke, dagmar-ohrndorf.de ca. 30 x 40 cm, 2021 a 44
Christa Pawlofsky In meiner künstlerischen Arbeit nehme ich vielfachen Bezug zu Zeitgeschichte, Literatur und Musiktheater, was sich in den Themen der Werke und Ausstellun- gen spiegelt wie (Auswahl) „Erlkönig“ (Kulturetage Bremerhaven), “Waldstein“ (Galerie Steingräber Bayreuth, “Wotan in Bayreuth“ (Galerie Steingräber Bayreuth), „Titanic und mehr“ (Galerie Raum Traum Bayreuth), “Am Klavier“ (Art Box Mattersburg, Öster- reich), „...Passion“ (Diözesanmuseum Regensburg), „Winterreise“ (Städtebundtheater Hof), Staatsbe- such“ (Gauck-Behörden Leipzig, Dresden, Berlin). Christa Pawlowsky Parsifalstraße 9 95445 Bayreuth info@pawlofsky.com Waldeinsamkeit. Hommage à Franz Schubert, pawlofsky.com Öl auf Leinwand, 100 x 130 cm, 2000 a 46
Gert Ressel Die Motive zur „Waldeslust“ sind vielfältig wie die Seine Lust feiert er sozusagen in den Bildern seiner Geschichte des Waldes selbst. Der Wald ist Flucht- Tiroler Heimat. ort vor Krieg und privater Verstrickung, romantische Die Birke, die in dem Bild hilflos dem Werben eines Kulisse und Geheimnisträger von Riten und Sagen. Menschen ausgeliefert ist, steht für die Platane, in Darüber hinaus ist er Refugium und Inspirations- deren Schatten sich Xerxes (5. Jhdt. v. Chr.) labte. In quelle für Dichtung, aber auch Schabernack unzäh- der Oper Serse von Friedrich Händel singt jener Per- liger Waldgeister. In meinen Beispielen spiegeln sich serkönig „Ombra mai fu ...“: eine Hymne auf diesen linguistischer Spieltrieb, Hingabe an die Natur sowie Baum. Die ganze Textzeile heißt in der Übersetzung der Wald als Schauplatz einer ironischen Umdeutung „Nie war der Schatten einer Pflanze süßer, lieblich des berühmten Grimmschen Märchens vom Rot- und angenehm.“ käppchen. Das dritte Bild widmet sich dem klassischen Märchen Den Wald wird man im Bild „Waldes Lust“ vergeb- vom „Rotkäppchen“. Das brave Mädchen begegnet lich suchen, da der Titel der Ausstellung durch eine auf dem Weg zur Großmutter einem Wolf, dessen kleine grammatische Modifizierung nicht den Wald, böse Absichten Rotkäppchen nicht ahnt. Anders sondern den Namen des Malers Alfons Walde als im Original sind es hier zwei Wölfe. Einer an der (1891-1958) im Blick hat. Waldes Lieblingsmotiv Leine, der andere schaut eher ängstlich auf das Rot- in seinen Bildern ist die schneebedeckte Berg- käppchen. Der Wald als Kulisse einer harmlosen Sze- landschaft, vorzugsweise mit Skifahrern illustriert. nerie, die das Märchen vom „bösen Wolf“ entzaubert. Gert Ressel Bürgermeister-Püls-Straße 14 96264 Burkheim/Altenkunstadt Waldes Lust, Öl auf Leinwand, gert-ressel@t-online 80 x 100 cm, 2021 a 48
Bernd Romankiewitz Meine Auseinandersetzung mit dem Holzschnitt den entstehenden Bruchstücken. Die Formen lassen hat den Charakter einer künstlerischen Forschung ihre florale Herkunft nur mehr erahnen. Die Farben im Grenzgebiet zwischen Druck, Zeichnung und sind dezent und „künstlich oder künstlerisch“ – denn Malerei. Ich orientiere mich an der Natur die ich ins Schwarz, Silber, Weiß und Anthrazit kommen in der Holz schneide, konsequent reduziere und abstra- Natur kaum vor. hiere. Die Spannung der Arbeiten entsteht durch den Cha- Es sind Schattenbilder von Pflanzen, Blättern, Stäm- rakter der Holzschnitte und die Erinnerung an ihre men, dabei löse ich die Elemente auf und spiele mit botanische Vorlage. Bernd Romankiewitz Lisztstr. 11 95444 Bayreuth Waldeslust, Holzschnitt auf Leinwand, bernd@romankiewitz.de 100 x 210 cm, 2020 a 50
Jürgen Schabel Die Mythengeschichte des „deutschen Waldes“ als mit der Natur aus. In der Zeit des aufkommenden nationales Identitätssymbol lässt sich bis zu dem Nationalismus wurde der deutsche Wald schließlich römischen Historiker Publius Cornelius Tacitus zunehmend als politischen Symbol instrumentali- zurückverfolgen. Seine um das Jahr 100 unserer Zeit- siert. Das Bild „Waldrand“ greift diese unterschied- rechnung verfasste Schrift „Germania“ diente Gene- lichen und teils widersprüchlichen Stränge auf und rationen von Künstlern und Literaten als Inspirati- verwebt sie neu miteinander: Chaos und Ordnung, onsquelle. In der Epoche der Romantik entwickelten Naturbelassenheit und wirtschaftliche Nutzung, sich die Muster unseres heutigen Waldbewusstseins privater Rückzugsort und Bühne künstlerischer als Ergebnis einer städtischen Intellektuellenkultur. Interventionen ... Mit seinem physischen Eingriff in Es bedurfte erst der Sicherheit der Städte, um ein die Landschaft liefert der Künstler einen Kommen- Gefühl romantischer Natursehnsucht zu empfinden. tar zum fragilen Gleichgewicht unserer aktuellen Dieses Bild bestimmt bis heute unser Waldverständ- Lebenssituation. Die Idylle ist gestört, eingetretene nis. Über alle sozialen Konflikte und Klassengegen- Pfade versperrt, vertraute Sehweisen werden in sätze der Industrialisierungsepoche breitete sich im Frage gestellt. Ein Gefühl der Verunsicherung greift 19. Jahrhundert die Vorstellung vom Wald als Ort der Raum, neue Wege sind gefragt – im Denken und Muße und als Symbol der menschlichen Eintracht Handeln ... Jürgen Schabel Atelier- und Galeriehaus Defet Leopoldstr. 71 90439 Nürnberg Waldrand, Fotografie, 09 11 - 33 33 88 Fujicolor Crystal Archive Papier Digital Pearl, lichtblick@juergenschabel.de Aludibond, 120 cm x 180 cm, 2012 a 52
Heidrun Schimmel Mich fasziniert der seit altersher existenziell und „Waldeslust“ bedeutet für mich bewusstes Sich-Be- symbolisch mit dem menschlichen Leben eng ver- wegen, aufmerksames Gehen, Schritt für Schritt, bundene textile Faden. Seine spezifischen Eigen- Achtsamkeit, zielloses Wandern, überall und nirgend- schaften formen meine Ideen: “material as matter”. wo zu sein. Das Konzept meiner Wandinstallation „überall und nirgendwo“ ist das Thematisieren des sehr zeitin- tensiven textilen Hand-Arbeit-Prozesses: Sticken, Und ich erinnere mich immer wieder an das Haiku Fadenheften, Stich für Stich sichtbar festgehalten, ist von Basho (1644 – 1694, Japan): ein rhythmischer Vorgang in der Zeit. Bewegung ist dabei entscheidend, die ruhige Tätigkeit, einen Stich/ Wie herrlich, herrlich: einen „Arbeits-Schritt“ an den anderen zu reihen, Im Düster der Bäume selbst immer gleich und immer verschieden. Die Sonnenstrahlen! Heidrun Schimmel Kloster Langheim-Str.5 96050 Bamberg heidrun.schimmel@arcor.de überall und nirgendwo, Wandinstallation, heidrun-schimmel.de ca. 240 x 300 x 3 cm, 2021 a 54
Katrin Schinner Spontan löste der Titel „Waldeslust“ eine romantische Die Wahl meiner Materialien ist daher zum einen Vorstellung in mir aus, welche aber sehr schnell von nachhaltig und unterstreicht die Vulnerabilität des den aktuellen Themen bzgl. des Klimawandels über- Waldes und kann aber auch als Gleichnis für dessen lagert wurde, der auch im deutschen Wald endgültig Mitmenschen stehen. Die Stretchbinden wurden mir angekommen ist. geschenkt. Sie stammen von einem älteren Men- Ich verstehe den Wald nicht als Umwelt, sondern als schen, der 2020 an Corona verstorben ist, mit der Mitwelt, mit dem wir Menschen eng verwoben sind. Bitte des Sohnes, dass ich diese gerne kreativ ver- Gerade 2020/21 wurde klar, dass Gesundheit kein arbeiten darf. selbstverständliches Gut ist. Katrin Schinner Atelier: Preuschwitzer Str. 37 95445 Bayreuth Des Waldes Frust, kunstinform@gmx.de Foto Wald – als Acrylglas instagram: katrinschinner 75 x 50 cm an der Wand, 2020/21 a 56
Peter Schoppel „Unterholz / Waldrand“: Abstrakte „chaotische Strukturen“ bilden ein fast undurchdringliches Geflecht, angelehnt am Unterholz des Waldes, des Waldrandes ... – verdecken, schützen eine geheimnisvolle florale Welt, – bewahren verwunschene Orte und ihre Geschichten, – schemenhafte Andeutungen von verfallener Architektur, – dazwischen banaler liegengelassener Zivilsationsmüll ... ... wer weiß ... – oder doch nur ein freies künstlerisches Spiel, zwischen Flechtengelb und Friedwald, thematisch, gedankenverloren zwischen Zeit und Raum, ... lost in space ... Peter Schoppel 96163 Gundelsheim Unterholz, Radierungen von mehreren Platten, Bamberger Straße 7 Plattengröße je 18,5 x 50 cm, Unikatdrucke schoppel-peter@gmx.de aus einer Werkreihe von 12 Arbeiten, schoppel.wordpress.com Rahmung: 60 x 80 cm, 2021 a 58
Gudrun Schüler „Waldbaden“ mit den Augen (japanisch Shinrin-yoku) zum „Eintauchen“ in die Atmosphäre des Waldes ... WALD – für viele ist er ein Rückzugsort, ein Ort der Erholung, der Stille und der inneren Einkehr, der Kindheitserinnerungen und der Sehnsucht, aber auch der Geheimnisse, Mythen und Märchen. Im Wald spüren wir unser existenzielles Bedürfnis nach Natur. Einer großformatigen atmosphärischen Tuschezeichnung in Schwarz-Weiß stelle ich kleinere, formal reduzierte Farbfeldlasuren in allen Grünschattierungen gegenüber. Deren botanische Form ist nur angedeutet. „Vor allem hab Zeit und nimm Umwege. Lass dich ablenken. Mach sozusagen Urlaub. Überhör keinen Baum und kein Wasser. Kehr ein, wo du Lust hast, und gönn dir die Sonne.“ (Peter Handke: „Über die Dörfer“) Gudrun Schüler Markgrafenallee 44, 95448 Bayreuth Serie WALD I, gudrun.schueler@gudrunschueler.de Tusche, Pigment auf Bütten, gudrunschueler.com je 56 x 77 cm, 2021 a 60
Michaela Schwarzmann Bei diesem Selbstversuch werde ich drei Tage in mei- nem eigenen Wald verbringen, nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Die Eindrücke und Erfahrungen werde ich künstlerisch umsetzen und in der Ausstellung installieren. Am Bildschirm werden einige Eindrücke von der Umgebung zu sehen sein. Die drei Tage werden nicht als Film dokumentiert. Michaela Schwarzmann Am Schwedengraben 25 91330 Eggolsheim info@mschwarzmann.de Grenzsteine zu Flurstück Nr. 6187, mschwarzmann.de Fotomontage a 62
Christiana Sieben Betula – die Birke, der Tausendsassa unter den Bäu- Ablösen äußerer dünner Schichten, das Aufbrechen men! Sie ist eine wertvolle Ressource für Natur und der Borke und das sich dadurch verändernde Farb- Mensch, besiedelt als Pionierbaum Brachflächen spiel, die Borke wird rissig, es erscheinen dunkle und erleichtert die Ansiedlung weiterer Bäume und Falten. Bezüge zur menschlichen Natur scheinen auf. Pflanzen. Die Birke ist Lebensraum für eine Vielzahl Die Materialschichtungen durch selbst hergestellte an Organismen und bietet auch verschiedenen Vogel- Pasten aus Steinmehlen, der Einsatz von Pigmenten arten Schutz und Nahrung. Von den Wurzeln bis zu den und Granulaten und die Spachteltechnik ermöglichen Blättern, alles ist für den Menschen verwertbar, das ist die Nachbildung der haptischen Oberfläche der Bor- zugleich ihr Alleinstellungsmerkmal unter den Bäumen. ke und das Eindringen in die Anatomie der Birke. Der Name „Birke“ ist auf das althochdeutsche Wort Künstlerisch wirksam sind: die Komprimierung des „bircha“ zurückzuführen und bedeutet „weiß, glän- Bildraumes, die Verdichtung des organischen Sys- zend“, denn zu den Besonderheiten im Erscheinungs- tems, die Eröffnung eines perspektivischen Raumes, bild vieler Birken zählt ihre glänzende Borke, die die Anmutung von Wald durch Geschlossenheit. sehr glatt ist und im Farbspektrum von schneeweiß, gelbweiß oder leicht rötlich bis zu schwarzbraun im Ich sah in bleicher Silberpracht Alter reicht. Anfangs ist die Borke glatt, im Alter lösen Der Birkenstämme prangen sich dünne papierartige Stücke ab, schließlich reißt Als wär dran aus heller Nacht sie horizontal auf. Dieser Alterungsprozess der Borke Das Mondlicht blieben hangen bildet den Schwerpunkt der bildnerischen Arbeit: das (Nikolaus Lehnau, 1802 – 1850) Christiana Sieben Föhrenweg 6 96163 Gundelsheim Betula, Triptychon, Mixed Media, christiana.sieben@gmx.de je 200 x 60 cm, 2021 sieben-art.de Foto: Monika Meinhart a 64
Maria Söllner Anstelle einer Werkbeschreibung ein Gedicht von Theodor Storm, das das Wesentliche meiner Arbeiten zum Ausdruck bringt: Ein grünes Blatt Ein Blatt aus sommerlichen Tagen, Ich nahm es so im Wandern mit, Auf dass es einst mir möge sagen, Wie laut die Nachtigall geschlagen, Wie grün der Wald, den ich durchschritt. Maria Söllner Mönchsleite 9 O. T., Eitempera, 96049 Bamberg 40 x 40 cm, 2014, jsoellner@yahoo.de Foto: Thomas Michel a 66
Hubert Sowa Unzählige Wanderungen führten mich während und dem unteren Bild gibt es immer offensicht- des Seuchenjahres durch die Landschaften rund liche oder verborgene Bezüge, die Betrachter ent- um Bamberg: Wenn die Welt aus den Fugen gerät decken können. und jede Begegnung mit Menschen zur Bedrohung Im Ganzen ist diese Arbeit ein Projekt mit offenem wird, sind die heimatlichen Wälder für mich der Ausgang. Ich werde meine Wanderungen fortsetzen Flucht- und Sehnsuchtsort. Das war auch schon und meine Zeichentätigkeit auch. Das Jahr wandelt in der deutschen Romantik ein starkes Bedürfnis sich – eine Narration in mehreren „Kapiteln“: Der der wandernden Maler und Zeichner, ein zentrales kalte Winter, dann der dunkle, feuchte Spätwinter, der Movens für ihre Landschaftsmalerei. In Auseinan- aufblühende Frühling, der aufsteigende Sommer ... dersetzung mit diesen verehrten älteren Kollegen, Hochsommer und Herbst werden folgen. Mit jedem auch mit den großartigen Malern des Leibl-Krei- Abschnitt (immer 10 Doppelbilder umfassend) ändert ses und der Schule von Barbizon fertige ich seit sich die Farbigkeit der Zeichnungen, aber auch das einem Jahr Dutzende von Landschaftszeichnungen Bildkonzept: Es ist so, als würde sich der im Dickicht an, die ich immer mit einem Stillleben paare. So der Wälder verstrickte Blick des Wanderers langsam entsteht ein Jahreszyklus, der zugleich das psychi- heben, bis der Himmel wieder offen vor Augen liegt. sche Geschehen während der ungreifbaren Seu- Ende Juni stand meine Arbeit bei der Doppelzeich- chengefahr spiegelt. Während die Landschaftsbil- nung Nr. 38. Die Menschheit trat zu diesem Zeitpunkt der in toniger Distanz schweben, rückt die Natur in „aus dem Dickicht“ der Lockdown ... Wie es wohl den Stilleben radikal nahe. Zwischen den oberen weiter geht? Hubert Sowa Ottostr. 17 Aus dem Dickicht, Spätwinter Nr. 19, 96047 Bamberg Bleistift und Ölfarbe auf Papier, sowa@ph-ludwigsburg.de 35 x 45 cm, 2021 a 68
Ute Westien Da ich mich gerne auf eine Abenteuerreise der beson- bewirken oft erstaunliche Assoziationen. Manchmal deren Art begebe, nutzte ich bei den meisten Bildern gelingt es, sich regelrecht verzaubern zu lassen und als ersten Schritt im Malprozess die Monotypie. Diese sich mit der Natur zu verbinden. Dann findet man Zu- Methode ist ein Druckverfahren, bei dem ein einziger gang zu den Schönheiten der Landschaft. Im Span- Originaldruck entsteht. Die Vorgehensweise ist aber nungsfeld zwischen Gegenständlichkeit und Abstrak- nur der Ausgangspunkt für eine weitere Bearbeitung. tion lassen sich manchmal besondere Stimmungen Ich probiere aus, wie sich die entstandenen Arbeiten oder Natureindrücke in meinen Bildern erahnen. Mich experimentell weiter mit Frottagen, mit grafischen fesseln nicht nur die strengen Anordnungen der Bäu- Elementen oder mit Aquarellfarben kombinieren me, sondern auch die kleineren wundervollen Wald- lassen. Damit kann es meines Erachtens gelegent- geheimnisse. Ich lasse gerne den Blick hoch in das lich gelingen, das Motiv stimmungsmäßig treffend zu Blätterwerk der Baumkronen schweifen, beobachte erfassen. die Wasseroberfläche eines Weihers, in dem sich Mein Anliegen ist es, den Betrachter auf eine Wande- Unterholz widerspiegelt oder lasse meinen Blick auf rung durch den Wald mitzunehmen und mit ihm be- einem fernen Waldpanorama ruhen. Es berührt mich, wusst in diese besondere Atmosphäre einzutauchen. dass sich die Strukturen, die man im Großen findet, Der Wald ist ein friedvoller Ort zum „Seelebaumeln- auch im Kleinen widerspiegeln. Die Formensprache lassen“, ein Wohlfühlraum, in dem Sehnsüchte und der Natur bietet für mich und meine künstlerische Erinnerungen wach werden. Die Walddunkelheit, das Arbeit einen unerschöpflichen Fundus an Ideen. Wirrwarr der Äste und Zweige oder das Blätterspiel, Aus der Begegnung mit der Natur ergibt sich oft wie durch welches das blendende Sonnenlicht flimmert, von selbst eine Begegnung mit sich selbst. Ute Westien Hugenottenstr. 9 95448 Bayreuth Am Waldsee II, Mischtechnik, ute.westien@gmx.de jeweils 29 x 21 cm, 2021 a 70
Katja Wunderling Die Pflanze als Urbild allen Lebens steht im Mittel- und letztendlich dem Konservieren der Fundstücke. punkt meiner künstlerischen Tätigkeit, angefangen bei Der meditative Entstehungsprozess der Arbeiten ist der naturbezogenen Zeichnung, über die Darstellung für den Betrachter spürbar. Es entstehen Ausschnitte organischer Formen des Mikro – und Makrokosmos, und Momentaufnahmen der uns umgebenden Natur, bis hin zum reinen pflanzlichen Materialbild/ Objekt. deren Wandlung und Veränderung im natürlichen Der kreative Prozess beginnt schon bei Streifzügen Werden und Vergehen. durch die Natur, mit Auswählen, Sammeln, Verwerfen Katja Wunderling Fallrohrstr. 119 Baumschwingen, (natur-grün), 90480 Nürnberg Assemblage, Eitempera, info@katja-wunderling.de Nadeln der Tränenkiefer und Zeichnung, www.katja-wunderling.de 75 x 75 cm, 2019 a 72
Jahresausstellung 2021 des Mit freundlicher Unterstützung durch: Berufsverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Oberfranken e.V. bbk-oberfranken.de 16. 10. – 28. 11. 2021 Do – So & feiertags 12 – 18 Uhr Villa Dessauer, Hainstraße 4a Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst 96047 Bamberg Um die Ausstellung Waldeslust klimaneutral zu gestalten und unseren ökologischen Fußabdruck zu verbessern, hat Peter Schoppel sein Projekt 101 Eichen gestartet, in dem er Eichelsämlinge großgezogen hat und im Rahmen von Baum patenschaften zur Verfügung stellt. Wenn Sie eine Patenschaft übernehmen wollen, melden Sie sich bitte beim BBK Oberfranken. 74 75
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