Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude Konzept und Richtlinie für die Stufe 2

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Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude Konzept und Richtlinie für die Stufe 2
Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude
Konzept und Richtlinie für die Stufe 2

Richtlinien des BWG – Directives de l’OFEG – Dirretive dell’UFAEG
Ittigen, 2006

Zweite Fassung
Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude Konzept und Richtlinie für die Stufe 2
Vorwort

Gemäss Bundesratbeschluss vom 11. Dezember 2000 müssen alle bundeseigenen und
subventionierten Umbauprojekte und Sanierungsprojekte sowie alle bundeseigenen Gebäude der
Bauwerksklassen II und III bezüglich ihrer Erdbebensicherheit überprüft werden. Bei wesentlichen
Mängeln müssen die Gebäude unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit der Kosten verstärkt
werden.
Da die Kosten für die Erdbebensicherung bestehender Bauten je nach Bauobjekt, Erdbebenzone und
lokalen Baugrundverhältnissen 2% bis 10% (maximal 20%) des Verkehrswerts erreichen, müssen
Prioritäten gesetzt und die erforderlichen Erdbebenertüchtigungsmassnahmen über mehrere
Jahrzehnte verteilt werden.
Die Koordinationsstelle des Bundes für Erdbebenvorsorge, seit 1. Januar 2006 beim Bundesamt für
Umwelt (BAFU), erarbeitete ein dreistufiges Verfahren zur Überprüfung der Erdbebensicherheit und
zur Inventarisierung und Priorisierung bezüglich Bedeutung und Risiko. Dieses Verfahren wurde
besonders für den Gebäudebestand des Bundes entwickelt. Es ist aber auch für andere Eigentümer mit
einem grösseren Gebäudebestand geeignet. Die drei Stufen zeichnen sich durch eine zunehmende
Bearbeitungstiefe und damit verbunden einen zunehmenden Bearbeitungsaufwand aus. Sie erlauben
eine risikobasierte Priorisierung der erforderlichen Massnahmen.
Die Richtlinie für die Stufe 2 ist im Juni 2003 in einer ersten Fassung erschienen. Sie erlaubt, die
Erdbebenresistenz der vorherrschenden Tragwerkstypen der Gebäude approximativ abzuschätzen. Da
das Verfahren der Stufe 2 relativ einfach ist, führt es tendenziell zu konservativen Resultaten.
Für die Stufe 3 erarbeitete die Koordinationsstelle des Bundes für Erdbebenvorsorge zusammen mit
dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA) das Merkblatt SIA 2018 „Überprüfung
bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben“, das im November 2004 publiziert wurde. Das Merkblatt
SIA 2018 normiert die risikobasierte Überprüfung der Erdbebensicherheit. Aufgrund der mittleren
Personenbelegung eines Gebäudes, dessen Restnutzungsdauer sowie dessen Erfüllungsgrads der
Anforderung an die Erdbebensicherheit für Neubauten wird beurteilt, ob die Kosten von
Ertüchtigungsmassnahmen verhältnismässig oder allenfalls zumutbar sind.
Nach Erscheinen des Merkblatts SIA 2018 zeigten sich gewisse Anpassungsbedürfnisse bei der
Richtlinie der Stufe 2. Die nun vorliegende zweite Fassung der Stufe 2 wurde im Auftrag des BAFU von
Basler & Hofmann, Ingenieure und Planer AG, erstellt. Das Corporate Design des Bundesamtes für
Wasser und Geologie (BWG) wurde aus Konsistenzgründen mit den Richtlinien Stufe 1 und Stufe 3
beibehalten. Die Überarbeitung wurde von einer Expertengruppe begleitet. Das BAFU dankt allen
Beteiligten für Ihren Beitrag zum Gelingen dieses Werkes.

Ittigen, Dezember 2006
Blaise Duvernay
Koordinationsstelle des Bundes für Erdbebenvorsorge

Impressum

Herausgeber :         Bundesamt für Umwelt, BAFU

Auflage:              PDF Format, auf der BAFU-Internetseite verfügbar
                      www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Publikationen aus dem
                      Bereich Erdbeben

Zitiervorschlag:      Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude
                      Konzept und Richtlinien für die Stufe 2 (2. Fassung), BAFU (2006)

Copyright:            © BAFU, Ittigen, 2006

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Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude Konzept und Richtlinie für die Stufe 2
Inhaltsverzeichnis

1. Dreistufiges Verfahren zur Überprüfung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude          1

2. Vorgehen in Stufe 2                                                                        3

3. Abklären der Eignung des Gebäudes für einfache Berechnungen (Ersatzkraftverfahren)         4

4. Einfache Berechnungen mit dem Ersatzkraftverfahren und Ermittlung des Erfüllungsfaktors    5

5. Erkennen wichtiger Mängel mittels Fragenliste                                              6

6. Empfehlung für das weitere Vorgehen                                                        7

7. Abzugebende Dokumente                                                                      7

8. Literaturverzeichnis                                                                       7

9. Begleitgruppe                                                                              8

Anhänge

A Eignungskriterien für einfache Berechnungen                                                A1

B Fragenliste zur Erkennung von Mängeln                                                      B1

C Ergebnisblatt der Erdbebenüberprüfung bestehender Gebäude Stufe 2                          C1

D Vorschriften für Mindestbewehrung in den Betonbaunormen der Schweiz                        D1

E Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2 anhand eines Stahlbetongebäudes                      E1

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Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude Konzept und Richtlinie für die Stufe 2
1. Dreistufiges Verfahren zur Überprüfung der Erdbebensicherheit
bestehender Gebäude

Die zuständigen Stellen der Bundesverwaltung sind gemäss Bundesratsbeschluss vom 11.12.2000
beauftragt, Bauten der Bauwerksklassen II und III, sowie alle Bauten und Anlagen des Bundes, bei
denen Umbau- oder Sanierungsprojekte vorliegen, auf ihre Erdbebensicherheit zu überprüfen. Dies gilt
sowohl für Bauten des Bundes als auch für solche von Dritten, die den Bundesbehörden zur
Genehmigung oder Subventionierung unterbreitet werden. Bei wesentlichen Mängeln sind unter
Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit der Kosten Schutzmassnahmen auszuführen. Zu diesem
Zweck hat die Koordinationsstelle für Erdbebenvorsorge beim Bundesamt für Wasser und Geologie (ab
2006 beim Bundesamt für Umwelt) ein dreistufiges Verfahren für Gebäude entwickelt (Abbildung 1).

Bei bestehenden Gebäuden der Bauwerksklassen II und III sind die Stufen 1, 2 und 3 in der Regel
nacheinander anzuwenden. Liegt bereits ein Umbau- oder Sanierungsprojekt vor, soll die Stufe 3 bei
allen Bauwerksklassen direkt angewandt werden.

•   In der Stufe 1 werden auf der Basis von Architektenplänen oder einer Begehung die wichtigsten
    Eigenschaften des Gebäudes und daraus das Erdbebenrisiko mit einer einfachen Checkliste grob
    erfasst (ca. 3 bis 5 Stunden pro Gebäude).
    Die Stufe 1 erfordert keine detaillierten Berechnungen, sie liefert aber auch keine absoluten
    Aussagen. Die Prioritäten für die nachfolgende Stufe 2 werden aufgrund der Risikokennzahl RZPS
    und der Einsturzwahrscheinlichkeitskennzahl WZ gesetzt.

•   In der Stufe 2 werden bei Gebäuden auf der Grundlage von Ingenieurplänen Mängel bezüglich
    Erdbebenresistenz identifiziert und mit einfachen Ingenieurberechnungen die Erdbebensicherheit
    approximativ überprüft (ca. 3 bis 4 Tage pro Gebäude).
    Eine entsprechende Fragenliste steht für die häufigsten Tragwerkstypen in der Schweiz zur
    Verfügung. Die Stufe 2 führt in der Regel zu konservativen Resultaten im Vergleich zur
    aufwendigeren Stufe 3. Ob und mit welcher Priorität die Stufe 3 anschliessend durchgeführt
    werden muss, wird aufgrund der Schwere der Mängel und des Niveaus des Erfüllungsfaktors
    entschieden.

•   In der Stufe 3 erfolgt eine umfassende Überprüfung der Erdbebensicherheit, und soweit
    erforderlich sind Massnahmenempfehlungen auszuarbeiten (eine bis mehrere Wochen pro
    Gebäude).
    Das Merkblatt SIA 2018 (2004) „Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben“ dient
    als Grundlage für die Stufe 3. Der Entscheid, ob ein Gebäude bezüglich Erdbeben ertüchtigt
    werden muss oder ob der vorhandene Zustand weiterhin akzeptiert werden kann, erfolgt
    aufgrund des Erfüllungsfaktors αeff (normengemässer Widerstand dividiert durch normengemässe
    Auswirkungen) und der Effizienz möglicher Ertüchtigungsmassnahmen.
    Für die Beurteilung der Erdbebensicherheit werden drei Fälle unterschieden:
    1. Fällt der Erfüllungsfaktor αeff unter den Schwellenwert αmin, wird das Individualrisiko als nicht
    akzeptierbar betrachtet und Ertüchtigungsmassnahmen werden erforderlich, soweit deren Kosten
    zumutbar bleiben (100 Mio. Franken pro gerettetes Menschenleben). Kann mit zumutbaren
    Kosten kein akzeptierbares Individualrisikos erreicht werden, so ist dieses mit betrieblichen
    Massnahmen zu beschränken.
    2. Liegt der Erfüllungsfaktor αeff zwischen den Schwellenwerten αmin und αadm, sind die
    Personenrisiken durch Ertüchtigungsmassnahmen zu reduzieren, soweit deren Kosten
    verhältnismässig bleiben (10 Mio. Franken pro gerettetes Menschenleben).

                                                   1
3. Übersteigt der Erfüllungsfaktor αeff den Schwellenwert αadm, so kann der bestehende Zustand
    akzeptiert werden.
Die BAFU-Richtlinien für die drei Stufen der Überprüfung der Erdbebensicherheit stehen auf folgender
Internetseite zum Herunterladen bereit: www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Publikationen aus dem
Bereich Erdbeben.

       Stufe 1               Grundlagen-Beschaffung                              Grundlagen:
        ½ Tag          Ausfüllen eines A4-Beurteilungsblatts                     Architektenpläne, Fotos, evt. Begehung

                            Prioritätsliste nach Kennzahlen
                                      Risiko (RZPS)
                             Einsturzwahrscheinlichkeit (WZ)
                    Priorität 1.   RZPS > 500 & WZ > 65 / BWKIII                 Andere Schwellenwerte können vom
                    Priorität 2.   RZPS > 500 & WZ < 65                          Anwender benutzt werden. Diese sind
                                                                                 keine festen Kriterien, aber Werte die als
                    Priorität 3.   RZPS < 500 & WZ > 65
                                                                                 nützliche Grenzwerte im Bundesinventar
                    Priorität 4.   RZPS < 500 & WZ < 65                          2001-2004 definiert wurden.

                           Beschlusskriterien für die Stufe 2
                              Diskussion der Prioritätsliste

                                                                                 Grundlagen:
       Stufe 2                 Grundlagen-Beschaffung                            Architektenpläne/Ingenieurpläne,        SIA
       3-4 Tage                Ausfüllen von Fragelisten                         Normen, evt. geotechnischer         Bericht,
                           Einfache Ingenieurberechnungen                        Begehung

                           Prioritätsliste nach Mängel und
                       Erfüllungsfaktor, αeff (Prinzip SIA 2018)
                    Priorität 1. gravierende Mängel / αeff < 0.25 / BWKIII       Die Beurteilungskriterien der Stufe 2 führen
                                                                                 zu konservativeren Erfüllungsfaktoren als
                    Priorität 2. 0.25 < αeff < 0.80
                                                                                 mit den wirklichkeitsnäheren Methoden der
                    Priorität 3. αeff > 0.80                                     Stufe 3
                   Gebäude die mit der Stufe 2 nicht analysiert sein können
                                    müssen in die Stufe 3 gehen

                           Beschlusskriterien für die Stufe 3
                    Priorität 1. Lage mit Stufe 3 weiter abklären                Gebäude der Priorität 1 sind gemäss
                    Priorität 2. Stufe 3 nur bei Umbau / Sanierung aktivieren    Bundesratbeschluss
                                                                                   .                      vom    12.01.2005
                                                                                 innerhalb von 20 Jahren (falls nach Stufe 3
                    Priorität 3. keine Stufe 3
                                                                                 noch nötig) zu ertüchtigen.

                            Grundlagen-Beschaffung                               Grundlagen:
       Stufe 3                                                                   Ingenieurpläne,   Ingenieurbericht, SIA
       eine bis     Festlegung des Erfüllungsfaktors, αeff mit                   Normen Begehung mit Abmessungen,
       mehrere      wirklichkeitsnäheren Methoden (SIA 2018)                     geotechnischer        Bericht,      evt.
       Wochen                                                                    Materialprüfungen

                      Prioritätsliste nach Erfüllungsfaktor, αeff
                    Priorität 1. αeff < αmin (0.25 BWKI/II, 0.40 BWKIII)
                    Priorität 2. αmin < αeff < αadm
                    Priorität 3. αeff > αadm (Restnutzungsdauer abhängig)

                               Massnahmenempfehlungen
                    Priorität 1. Zumutbarkeit- + Verhältnismässigkeitkriterien
                    Priorität 2. Kriterium der Verhältnismässigkeit
                    Priorität 3. keine Massnahmen empfohlen

                                   Massnahmenumsetzung
                    Priorität 1. innerhalb der Frist des BRB Beschlusses
                    Priorität 2. bei Umbau- Sanierungsprojekt umsetzen

Abbildung 1 : Schematische Erklärung des dreistufigen Verfahrens für die Beurteilung der Erdbebensicherheit
              bestehender Gebäude

                                                                 2
2. Vorgehen in Stufe 2
2.1 Einleitung
Diese Richtlinie Stufe 2 für bestehende Gebäude basiert hauptsächlich auf den primär für Neubauten
konzipierten Normen des SIA (Tragwerksnormen SIA 260 bis 267) und auf dem Merkblatt SIA 2018
(2004). Zudem berücksichtigt sie ergänzende Aspekte, die aus dem Verfahren nach dem Handbuch
FEMA-310 (1998), also auf einer in den U.S.A. entwickelten Methode zur Grobbeurteilung der
Erdbebensicherheit bestehender Gebäude, übernommen wurden. Die erste Fassung der Richtlinie
Stufe 2 (2003) orientierte sich noch ausgeprägt an der Methode FEMA-310, insbesondere weil das
Merkblatt SIA 2018 noch nicht zur Verfügung stand.

2.2 Voraussetzungen an den Anwender
Bei diesem Vorgehen muss der Anwender gute Fachkenntnisse und –erfahrung im
Erdbebeningenieurwesen haben. Dies ist im Besonderen bei unzureichenden Grundlagen über das
Gebäude zu beachten.

2.3 Anwendungsbereich und Tragwerkstypen
Diese Richtlinie dient zur Überprüfung der meisten in der Schweiz vorhandenen Tragwerkstypen,
beschränkt sich aber auf stockwerkartige Gebäude. Falls ein Gebäude durch Trennfugen unterteilt ist,
ist jeder Teil als eigenständiges Gebäude zu betrachten und zu beurteilen.

2.4 Systematik

Die Stufe 2 umfasst folgende Schritte:

   1. Beschaffen der erforderlichen Informationen zum Standort und zum Tragwerk, allenfalls
      abgestuft je nach Ergebnis des folgenden Schrittes 2.

   2. Abklären, ob für das Gebäude eine vereinfachte Analyse mit dem Ersatzkraftverfahren zulässig
      ist. Dazu sind grundsätzliche, konzeptionelle Kriterien zu erfüllen (Kap. 3 und Anhang A). Falls
      die vereinfachte Analyse zulässig ist, werden die folgenden Schritte 3 bis 6 angewandt. Falls sie
      nicht zulässig ist, wird eine Beurteilung in Stufe 3 benötigt.

   3. Durchführen einer Begehung, sofern diese nicht schon erfolgt ist.

   4. Beantworten der im Kap. 5 angesprochenen und im Anhang B enthaltenen relevanten Fragen
      zur Mängelerkennung, mit anschliessender Bewertung der festgestellten Mängel.

   5. Durchführen der vereinfachten Analyse mit dem Ersatzkraftverfahren, unter Berücksichtigung
      der im Kap. 4 aufgeführten Festlegungen.

   6. Zuteilen des Gebäudes zu einer von zwei Prioritäten, mit entsprechendem Beschluss für die
      Stufe 3.
Beim Entscheid über die Zulässigkeit der vereinfachten Analyse (Punkt 2) wird berücksichtigt, dass
diese in der Regel konservative Ergebnisse liefert. Deshalb ist sie erlaubt, falls nicht krasse
Unregelmässigkeiten vorliegen. Bei den Gebäuden in den Zonen 2 und 3 ist dieser Entscheid strenger
zu handhaben als bei Gebäuden in Zone 1.

2.5 Informationsbeschaffung zum Standort und zum Tragwerk
Für die Erdbebenüberprüfung eines Gebäudes sind Informationen über den Standort (Lage, Aufbau
und Eigenschaften des Baugrundes) und das Tragwerk (wenn möglich Ingenieurpläne, sonst
Architektenpläne, Angaben zum aktuellen Zustand, allfälligen Umbauten, Vorkommnissen usw.)

                                                  3
erforderlich. Zur Einstufung des Baugrundes in eine der Baugrundklassen nach Norm SIA 261 dienen
in erster Linie die allfälligen geotechnischen Angaben in den Bauakten des Gebäudes und in zweiter
Linie, falls für den Standort vorhanden, die über das Internet zugänglichen Karten der
Baugrundklassen (BAFU 2005). Im Rahmen der Stufe 2 ist eine Begehung des Gebäudes
durchzuführen, um die Erfassung des aktuellen Zustandes abzusichern und im Fall unzureichender
Plangrundlagen die erforderlichen Informationen zu erhalten bzw. zu vervollständigen.

2.6 Aufwand
Für die Bearbeitung der Stufe 2 ist mit einem durchschnittlichen Aufwand von 3 bis 4 Tagen pro
Gebäude zu rechnen. Bei durch Trennfugen unterteilten Gebäuden gilt dies pro Gebäudeteil. Diese
Angabe gilt nur unter der Voraussetzung, dass die erforderlichen Plangrundlagen ohne erheblichen
Beschaffungsaufwand verfügbar sind.

3. Abklären der Eignung des Gebäudes für einfache Berechnungen
(Ersatzkraftverfahren)

3.1 Kriterien
Für Neubauten sind die Kriterien für die Zulässigkeit der Anwendung des Ersatzkraftverfahrens in der
Norm SIA 261, Ziffer 16.5.2.1, aufgeführt. Es ist sinnvoll, diese Kriterien auch für die Anwendung an
bestehenden Gebäuden zu verwenden, jedoch in weniger strikter Weise. Dies ist begründet mit der im
Ersatzkraftverfahren enthaltenen Konservativität und dem primären Ziel dieses Verfahrens, mit
möglichst geringen Abklärungskosten eine Priorisierung der untersuchten Gebäude zu erreichen.
Es sind die folgenden Kriterien K1 bis K7 zu berücksichtigen (siehe auch Anhang A als
Arbeitshilfe):

K1: Anhand der verfügbaren Grundlagen muss ein für die Abtragung horizontaler Kräfte bis in den
    Baugrund geeignetes Tragsystem identifizierbar sein. Falls das Gebäude durch Trennfugen
    unterteilt ist, ist dies für jeden dieser Teile separat erforderlich.

K2: Alle wesentlichen Bauteile des unter Kriterium K1 festgestellten Tragsystems zur Abtragung der
    horizontalen Kräfte verlaufen ohne Unterbrechung vom Fundament bis zu ihrer Oberkante.

K3: Der Torsionswiderstand des Tragsystems zur Abtragung der horizontalen Kräfte muss ausreichend
    gross sein.

K4: Der Tragwiderstand für Horizontalkräfte der einzelnen Geschosse darf sich über die Höhe des
    Gebäudes nicht in grossen Sprüngen verändern (Ausnahmen: Übergang in Untergeschosse bzw.
    ins Einspanngeschoss sowie ins Attikageschoss).

K5: Die Decken weisen in ihrer Ebene eine nennenswerte Tragfähigkeit für Zug- und
    Druckbeanspruchung in zwei orthogonalen Richtungen auf und können die Kräfte in die Bauteile
    des Tragsystems für die Abtragung horizontaler Kräfte übertragen.

K6: Eine ausreichende Schubkraftübertragung zwischen Decke und Tragwand ist sichergestellt.

K7: Alle Wände sind in den Decken auf Zug und Druck quer zur Wand verankert, oder erfüllen das
    folgende Schlankheitskriterium ohne Berücksichtigung einer Quer-Auflagerung bei den Decken:
    Wandschlankheit: h/t • 18 (Zone 1); h/t • 14 (Zone 2); h/t • 10 (Zone 3).

                                                 4
Diese Kriterien enthalten (mit Ausnahme von K7) keine quantitativen Grenzwerte. Die Beurteilung, ob
ein Kriterium erfüllt ist oder nicht, ist also der bearbeitenden Fachperson überlassen. Deshalb kommt
hier der Plausibilitätsanforderung nach der Norm SIA 260, Ziffer 3.1.4, eine wesentliche Bedeutung zu.

3.2 Bilanz der Erfüllung der Kriterien K1 bis K7
Ist eines oder mehrere der Kriterien K1 bis K7 nicht erfüllt, so darf nicht davon ausgegangen werden,
dass das Ersatzkraftverfahren konservativ ist. Es ist dann abzuwägen, ob dennoch und unter welchen
weiteren Bedingungen eine Anwendung des Ersatzkraftverfahrens erfolgen kann.

4. Einfache Berechnungen mit dem Ersatzkraftverfahren und Ermittlung
des Erfüllungsfaktors
Für die im Kap. 3 als geeignet beurteilten Gebäude muss die Scheibenwirkung der Decken einer
der zwei folgenden Kategorien zugeteilt werden:

• In ihrer Ebene steife Decken (gute Scheibenwirkung)

• In ihrer Ebene nicht-steife Decken (schlechte Scheibenwirkung)

Falls die Decken den steifen Decken zugeteilt sind, ist wie folgt vorzugehen:
• Die Ersatzkräfte sind nach Ziffer 16.5.2.4 und 16.5.2.5 der Norm SIA 261 für die beiden
  Hauptrichtungen zu bestimmen. Der Bedeutungsfaktor γf wird nach Tabelle 26 der Norm SIA 261
  angesetzt.
• Die Torsionswirkung infolge tatsächlicher und zufälliger Exzentrizität der Massenschwerpunkte der
  einzelnen Geschosse ist näherungsweise zu berücksichtigen. Falls das Eignungskriterium K3 von
  Kap. 3 erfüllt ist, kann die Torsionswirkung infolge zufälliger Exzentrizität vernachlässigt werden.
• Der Verhaltensbeiwert q wird nach den Normen SIA 262 bis 266 für nicht-duktiles Verhalten
  angesetzt. Bei gemischten Tragwerken gilt q = 1,5. Bei der Wahl des Verhaltensbeiwertes von
  Betontragwerken ist der Bewehrungsausbildung Rechnung zu tragen.
• Zur Ermittlung der Grundschwingzeit ist ein Tragwerksmodell (einfaches Stab-Massen-Modell) oder
  die Methode Rayleigh zu verwenden. Dabei ist die Steifigkeitsreduktion infolge Rissebildung
  möglichst realistisch zu berücksichtigen. Die Anwendung der Gleichung 38 nach Norm SIA 261,
  Ziffer 16.5.2.3, führt in der Regel zu unrealistischen Resultaten und wird deshalb nicht empfohlen.
• Die geschossweise Verteilung der Ersatzkräfte auf die einzelnen Wände kann unter Annahme
  elastischen Verhaltens erfolgen, z.B. nach Bachmann (2002), Kap. 6.3.2.
• Die Krafteinleitung aus den Decken in die Wände ist zu prüfen. In Zweifelsfällen wird ein
  rechnerischer Nachweis empfohlen.

Falls die Decken den nicht-steifen Decken zugeteilt sind, sind die Ersatzkräfte wie folgt zu bestimmen:
• Die gesamte Deckenfläche ist auf die Tragwände aufzuteilen, ohne Berücksichtigung eines
  Ausgleichs zu Gunsten schwächerer Wände. Für jede Tragwand muss die Masse jedes Stockwerks x
  als Masse der Wand vom Niveau x+½ bis x-½ und der Masse aus den zugehörigen Deckenflächen
  bestimmt werden.
• Die Ersatzkräfte sind für jede Tragwand gemäss Prinzip der Ziffern 16.5.2.4 und 16.5.2.5 der Norm
  SIA 261 mit Sd = Plateauwert des Bemessungsspektrums zu bestimmen. Der Bedeutungsfaktor γf
  wird nach Tabelle 26 der Norm SIA 261 angesetzt.

                                                   5
• Der Verhaltensbeiwert q wird nach den Normen SIA 262 bis 266 für nicht-duktiles Verhalten
  angesetzt. Bei gemischten Tragwerken gilt q = 1,5. Bei der Wahl des Verhaltensbeiwertes von
  Betontragwerken ist der Bewehrungsausbildung Rechnung zu tragen.
• Die Krafteinleitung aus den Decken in die Wände ist zu prüfen. In Zweifelsfällen wird ein
  rechnerischer Nachweis empfohlen.
Falls erforderlich, sind ergänzende Informationen über das Gebäude zu beschaffen und bei den
weiteren Abklärungen zu verwenden. Eine Begehung ist auf jeden Fall spätestens vor den
Berechnungen durchzuführen.
Die Ermittlung der Tragwiderstände der einzelnen Wände bei Mauerwerkgebäuden soll in der Regel
auf Basis der Spannungsfeldtheorie erfolgen. Dazu stehen in der Norm SIA 266 (2003)
Bemessungsdiagramme für den Fall der Schubbeanspruchung mit zentrischer Normalkraft zur
Verfügung. Alternative geeignete Modelle und ihr Gültigkeitsbereich sowie Vergleichsbeispiele sind in
der Publikation von EPFL/CREALP/BAFU (2006) beschrieben.
Bei der Ermittlung der Tragwiderstände von Stahlbetonbauteilen ist von der damals üblicherweise
angeordneten Mindestbewehrung auszugehen, wenn keine detaillierten Angaben zur vorhandenen
Bewehrung verfügbar sind. Der Anhang D zeigt eine Zusammenstellung der Vorschriften für
Mindestbewehrung in den Baunormen der Schweiz. In der Regel kann der Schubtragwiderstand von
Stahlbetonwänden unter Annahme einer Druckfeldneigung von 25° nach Norm SIA 262 bestimmt
werden.
Das Merkblatt SIA 2018 enthält im Anhang Angaben zu früher verwendeten Baustoffen und deren
Kennwerten.
Die vorhandene Bewehrung und vor allem die Verbindungen bei vorfabrizierten Stahlbeton-
Elementbauten sind oft nicht ausreichend abgesichert, um das Kriterium K1 zu erfüllen. Sie erfordern
deshalb oft eine Beurteilung in Stufe 3.
Der Erfüllungsfaktor αeff wird als Quotient des Tragwiderstandes des betrachteten Bauteils zur
entsprechenden Beanspruchung ermittelt, im Sinne der kraftbasierten Analyse nach dem Merkblatt
SIA 2018. Der Erfüllungsfaktor des Gebäudes ist der kleinste Wert der Erfüllungsfaktoren aller im
Tragsystem berücksichtigten Bauteile.

5. Erkennen wichtiger Mängel mittels Fragenliste

Mit der Abklärung der Kriterien K1 bis K7 gemäss Kap. 3 wird bereits ein Teil der möglichen Mängel
am Tragwerk grundsätzlich erfasst. Die weiteren Abklärungen können sich deshalb auf zusätzliche
Fragen zur Mängelerkennung beschränken. Diese Fragen sind im Anhang B enthalten.
Bei jeder Frage ist die Antwort aus den vier zur Auswahl stehenden Möglichkeiten zu markieren: Kein
Mangel liegt vor, wenn die Frage mit "z" (zutreffend) beantwortet werden kann. Um einen Mangel
handelt es sich, wenn die Frage mit "nz" (nicht zutreffend) beantwortet wird. Die Antwort "na" (nicht
anwendbar) ist zu markieren, wenn sich die Frage auf Aspekte bezieht, die am betreffenden Gebäude
nicht vorkommen. Die Antwort "?" (fehlende Grundlagen) bedeutet, dass die verfügbaren
Informationen für eine Beurteilung des betreffenden Aspektes nicht ausreichen. Nach jeder Frage steht
eine Leerzeile für spezifische Bemerkungen zur Verfügung.
Die so identifizierten Mängel und die wegen fehlenden Informationen nicht geklärten Aspekte sind
nach ihrer Wichtigkeit (Ausmass, Tragweite) und Häufigkeit zu bewerten.
Diese Bewertung dient auch als Hinweis auf mögliche Probleme am Gebäude im Fall anderer
Einwirkungen.

                                                 6
6. Empfehlung für das weitere Vorgehen

Für das weitere Vorgehen wird aufgrund des ermittelten Erfüllungsfaktors αeff und der mittels der
Fragenliste identifizierten Mängel die folgende Priorisierung festgelegt (siehe auch Abbildung 1):
Priorität 1. gravierende Mängel vorhanden oder αeff < 0,25 oder Bauwerksklasse BWK III
Priorität 2. 0,25 < αeff < 0,80
Für Gebäude mit αeff > 0,80 sind in der Regel keine weiteren Abklärungen erforderlich

Bei Gebäuden der Priorität 1 ist die Erdbebensicherheit mit der Stufe 3 weiter abzuklären. Bei
Gebäuden der Priorität 2 wird die Stufe 3 bei einem Umbau oder einer Sanierung aktiviert.
Als Übersicht und für Vergleiche mit andern Gebäuden dient das im Anhang C enthaltene,
zusammenfassende Ergebnisblatt für die wichtigsten Angaben der Beurteilung in Stufe 2.

7. Abzugebende Dokumente
Da bis zu einer allfälligen vertiefenden Beurteilung oft ein grosser Zeitraum liegen wird, empfiehlt sich
die Zusammenstellung einer guten Dokumentation aller in Stufe 2 erarbeiteten Grundlagen und
Ergebnisse. Dazu gehören insbesondere

   -   Liste der verwendeten relevanten Dokumente
   -   wichtige bzw. typische Zeichnungen oder Plandetails zum Tragwerk
   -   Fotos zur Übersicht und zu wichtigen Details
   -   Annahmen und Ergebnisse der Abklärung der Eignungskriterien K1 bis K7

sowie (falls vereinfachte Analyse durchgeführt wurde)
   - Berechnung der Ersatzkräfte und des Erfüllungsfaktors
   - ausgefüllte Fragenliste und Mängelbewertung
   - Entscheid mit Begründung für Priorität

Der Anhang E zeigt ein anonymisiertes Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2, im Sinne einer typischen
Dokumentation.
Die Anhänge A, B und C sind als Word-Formulare von der zip-Datei „Formulare und Zeigebeispiele
Stufe 2“ auf der folgenden Internetseite des BAFU herunterzuladen:
http://www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Erdbebensicheres Bauen -> Verletzbarkeit und Überprüfung
bestehender Bauten.

8. Literaturverzeichnis
Bachmann (2002), Erdbebensicherung von Bauwerken, 2., überarbeitete Auflage, Birkhäuser Verlag,
Zürich, April 2002

BAFU (2005), Karten der Baugrundklassen nach Norm SIA 261,
www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Erdbebengefährdung der Schweiz -> Geologische
Standorteffekte –> Karte der Baugrundklassen nach Norm SIA 261.

BWG (2005), Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Bauten, Konzept und Richtlinie für die
Stufe 1 (2. Fassung), Bundesamt für Wasser und Geologie, Biel.
www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Publikationen aus dem Bereich Erdbeben.

                                                   7
BWG (2005), Richtlinie zur Erdbebenüberprüfung bestehender Gebäude, Konzept und Richtlinie für
die Stufe 3 (1. Fassung), Bundesamt für Wasser und Geologie, Biel.
www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Publikationen aus dem Bereich Erdbeben.

EPFL/Crealp/BAFU (2006), Mauerwerk: Schubbeanspruchung mit zentrischer Normalkraft,
Tragwiderstand parallel zur Wandebene. www.bafu.admin.ch/erdbeben -> Publikationen aus
dem Bereich Erdbeben.

FEMA, Federal Emergency Management Agency (1998), Handbook for the Seismic Evaluation of
Buildings – A Prestandard, FEMA-310

SIA 2018 (2004), Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben, Merkblatt, Schweizer
Ingenieur- und Architektenverein, Zürich.

SIA D 0211 (2005), Überprüfung bestehender Gebäude bezüglich Erdbeben, Einführung in das
Merkblatt SIA 2018, Dokumentation, Schweizer Ingenieur- und Architektenverein, Zürich.

9. Begleitgruppe
Begleitgruppe bei der Erarbeitung der zweiten Fassung dieser Richtlinie:

Vorsitz            Blaise Duvernay, dipl. Ing. EPF, Ittigen                Bundesamt für Umwelt,
                                                                           Koordinationsstelle für
                                                                           Erdbebenvorsorge
Mitglieder         Kerstin Pfyl-Lang, Dr. sc. techn. ETH, Dübendorf        EMPA Dübendorf
                   Martin Koller, Dr. sc. techn. ETH, Carouge              Résonance SA
                   Pierino Lestuzzi, Dr. sc. techn. EPF, Lausanne          EPF Lausanne
                   Jürg Michel, dipl. Ing. FH, Bern                        Holinger AG
                   Robin Schaub, dipl. Ing. ETH, Bern                      Marchand + Partner AG
                   Thomas Wenk, Dr. sc. techn. ETH, Zürich                 Wenk Erdbebeningenieur-
                                                                           wesen & Baudynamik GmbH
Sachbearbeitung Burkhard Rast, dipl. Ing. ETH, Zürich                      Basler & Hofmann AG

                                                    8
ANHANG A

                        Eignungskriterien für einfache Berechnungen

Kriterium K1           Anhand der verfügbaren Grundlagen muss ein für die Abtragung horizontaler Kräfte bis in den Bau-
                       grund geeignetes Tragsystem identifizierbar sein. Falls das Gebäude durch Trennfugen unterteilt ist, ist
                       dies für jeden dieser Teile separat erforderlich.
Entscheid              Begründung / Bemerkungen:
K1 erfüllt         □
K1 nicht erfüllt   □

Kriterium K2           Alle wesentlichen Bauteile des unter Kriterium K1 festgestellten Tragsystems zur Abtragung der hori-
                       zontalen Kräfte verlaufen ohne Unterbrechung vom Fundament bis zu ihrer Oberkante.
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K2 erfüllt         □
K2 nicht erfüllt   □

Kriterium K3           Der Torsionswiderstand des Tragsystems zur Abtragung der horizontalen Kräfte muss ausreichend
                       gross sein.
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K3 erfüllt         □
K3 nicht erfüllt   □

Kriterium K4           Der Tragwiderstand für Horizontalkräfte der einzelnen Geschosse darf sich über die Höhe des Gebäu-
                       des nicht in grossen Sprüngen verändern (Ausnahmen: Übergang in Untergeschosse bzw. ins Ein-
                       spanngeschoss sowie ins Attikageschoss).
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K4 erfüllt         □
K4 nicht erfüllt   □

Kriterium K5           Die Decken weisen in ihrer Ebene eine nennenswerte Tragfähigkeit für Zug- und Druckbeanspruchung
                       in zwei orthogonalen Richtungen auf und können die Kräfte in die Bauteile des Tragsystems für die
                       Abtragung horizontaler Kräfte übertragen.
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K5 erfüllt         □
K5 nicht erfüllt   □

Kriterium K6           Eine ausreichende Schubkraftübertragung zwischen Decke und Tragwand ist sichergestellt.
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K6 erfüllt         □
K6 nicht erfüllt   □

Kriterium K7           Alle Wände sind in den Decken auf Zug und Druck quer zur Wand verankert, oder erfüllen das folgende
                       Schlankheitskriterium ohne Berücksichtigung einer Quer-Auflagerung bei den Decken: Wandschlank-
                       heit: h/t ≤ 18 (Zone 1); h/t ≤ 14 (Zone 2); h/t ≤ 10 (Zone 3).
Entscheid:             Begründung / Bemerkungen:
K7 erfüllt         □
K7 nicht erfüllt   □

                                                                                                                  Seite A1 von 1
ANHANG B

                     Fragenliste zur Erkennung von Mängeln
                     z: zutreffend, nz: nicht zutreffend, na: nicht anwendbar, ?: fehlende Grundlagen

                     Gebäudesystem

  z   nz   na   ?   STANDORT: Der Standort ist ausreichend weit entfernt von möglichen erdbebenbedingten Hangrut-
                    schungs- oder Felssturzbereichen, oder das Bauwerk ist in der Lage, zu erwartende Bodenverschie-
                    bungen schadlos zu überstehen

  z   nz   na   ?   ANGRENZENDE GEBÄUDE: Der Abstand zu den angrenzenden Gebäuden ist ausreichend gross.
                    Falls dies nicht zutrifft: Die Geschossdecken liegen auf der gleichen Höhe wie jene der angrenzenden
                    Gebäude und die Gebäudehöhen sind etwa gleich gross.

  z   nz   na   ?   ZWISCHENGESCHOSSE: Interne Zwischengeschosse sind entweder unabhängig vom Haupttragwerk
                    in beiden horizontalen Richtungen ausgesteift oder fest mit dem Aussteifungssystem für horizontale
                    Kräfte des Haupttragwerks verbunden

  z   nz   na   ?   ÜBERBETONSCHICHT BEI DECKEN: Decken aus vorgefertigten Betonelementen haben eine durch-
                    gehende, bewehrte Überbetonschicht, welche die Betonelemente untereinander verbindet

  z   nz   na   ?   EINFLUSS VON FÜLLWÄNDEN: Die Mauerwerk-Füllwände in Rahmen sind von der Hauptstruktur
                    abgefugt oder sie sind durchlaufend bis zur Unterkante des Rahmenriegels und ihre Festigkeit (als
                    Scheibe) ist im Vergleich zum Widerstand der Rahmenstützen gering

  z   nz   na   ?   BEWEHRUNGSAUSBILDUNG VON BETONTRAGWERKEN: Die Bewehrungsdetails erfüllen zumin-
                    dest näherungsweise den Mindestanforderungen an die nicht-duktile Bauweise gemäss der Norm SIA
                    262

  z   nz   na   ?   KURZE STÜTZEN IN BETONTRAGWERKEN: Es gibt in keinem Geschoss Stützen mit einem Verhält-
                    nis von Stützenhöhe zu Stützenstärke, welches kleiner ist als 2/3 des Verhältnisses bei einer typischen
                    Stütze im betrachteten Geschoss

                     Zustand

  z   nz   na   ?   FUNDATION: Es gibt keine Anzeichen von erheblichen Bewegungen der Fundation wie Setzungen oder
                    Hebungen, welche die Integrität oder die Festigkeit des Tragwerks beeinträchtigen könnten

  z   nz   na   ?   BEWEHRUNGSKORROSION: Es sind am gesamten Tragwerk keine Anzeichen erkennbar, die auf
                    Schäden oder Mängel an der Bewehrung schliessen lassen

  z   nz   na   ?   BETONABPLATZUNGEN: Es sind am ganzen Tragwerk keine Betonabplatzungen erkennbar

  z   nz   na   ?   VORSPANNUNG: Bei Vorspannungen sind keine Anzeichen von Korrosion oder Abplatzungen des
                    Betons erkennbar

                                                                                                              Seite B1 von 3
ANHANG B

  z   nz   na   ?   RISSE IN BETONWÄNDEN ODER BETONSTÜTZEN: Allfällige diagonale Rissbreiten sind nicht grös-
                    ser als 1 mm und treten nicht lokal konzentriert auf

  z   nz   na   ?   KORROSION AN STAHLTRAGWERKEN: Es sind am ganzen Tragwerk keine Anzeichen von Korrosion
                    erkennbar

  z   nz   na   ?   MAUERWERKSTEINE: Es sind keine Schäden der Mauerwerksteine erkennbar

  z   nz   na   ?   MAUERWERKSFUGEN: Der Mörtel kann nicht mühelos von Hand mit Hilfe eines Metallwerkzeugs
                    herausgekratzt werden und es sind keine Fugenbereiche mit fehlendem Mörtel vorhanden

  z   nz   na   ?   RISSE IN MAUERWERKWÄNDEN: Die Rissbreite von allfälligen diagonalen Rissen ist nicht grösser als
                    1 mm, und es tritt in den Lagerfugen kein Versatz quer zur Wandebene auf, der grösser als 3 mm ist

  z   nz   na   ?   BEFESTIGUNGSELEMENTE: Die Befestigungen der aussen am Gebäude angebrachten Elemente
                    weisen keine erkennbaren Anzeichen von Korrosion oder von sonstigen Mängeln oder Schäden auf

  z   nz   na   ?   FASSADENELEMENTE: Am ganzen Bauwerk sind keine beschädigten Fassadenelemente vorhanden

                    Verbindungen

  z   nz   na   ?   KRAFTÜBERTRAGUNG VON STAHLBETONDECKEN IN TRAGWÄNDE: Die Decken und im Beson-
                    deren deren Bewehrung, sind im Anschlussbereich an Tragwände derart ausgelegt, dass die horizonta-
                    len Kräfte in die Tragwände übertragen werden können

  z   nz   na   ?   KRAFTÜBERTRAGUNG IN STAHLRAHMEN: Die Decken sind derart mit den Stahlrahmen verbunden,
                    dass die horizontalen Kräfte in die Rahmen übertragen werden können

  z   nz   na   ?   ÜBERBETONSCHICHTEN IM ANSCHLUSSBEREICH VON TRAGWÄNDEN UND RAHMEN: Überbe-
                    tonschichten bei vorgefertigte Betondecken sind anhand von Dübeln mit den Tragwänden bzw. den
                    Rahmen verbunden

  z   nz   na   ?   VERBINDUNG ZWISCHEN TRÄGERN UND VERTIKALEN TRAGELEMENTEN: Träger sind bei der
                    Auflagerung gegen Abgleiten und Abheben gesichert. Gegen Abgleiten sind sie entweder fest verbun-
                    den, oder die Auflagerlänge beträgt mindestens 1/70 der Spannweite, in jedem Fall aber mindestens
                    150 mm

                    Nicht tragende Bauwerksteile

  z   nz   na   ?   HALTERUNG NICHT TRAGENDER WÄNDE: Nichttragende Wände aus unbewehrtem Mauerwerk,
                    inklusive Füllwände in Rahmen, sind gegen Kräfte quer zur Wandebene ausreichend gehalten

  z   nz   na   ?   HERUNTERGEHÄNGTE DECKEN: Heruntergehängte Decken, die Menschen gefährden könnten, sind
                    in beiden horizontalen Richtungen an darüberliegenden Tragelementen ausreichend gehalten

                                                                                                          Seite B2 von 3
ANHANG B

  z   nz   na   ?   ABSTÜTZUNGEN AN HERUNTERGEHÄNGTEN DECKEN: Heruntergehängte Decken werden nicht
                    zur seitlichen Abstützung nichttragender Wände verwendet

  z   nz   na   ?   DACH: Dachelemente aus Metall, Fiberglas oder Zement sind fest mit dem Tragsystem des Dachs
                    verbunden

  z   nz   na   ?   FASSADEN: Fassaden sind am Tragwerk des Gebäudes für Kräfte in allen Richtungen ausreichend
                    gehalten. Pro Fassadenelement sind mindestens zwei Befestigungen vorhanden

  z   nz   na   ?   ZWEISCHALEN-MAUERWERK: Die Aussenschale von Zweischalen-Mauerwerk ist quer zur Wand
                    ausreichend gehalten

  z   nz   na   ?   BRÜSTUNGEN AUS UNBEWEHRTEM MAUERWERK: Auf Dachniveau gibt es keine Brüstungen aus
                    unbewehrtem Mauerwerk mit Schlankheiten grösser als 2.5

  z   nz   na   ?   KAMINE AUS UNBEWEHRTEM MAUERWERK: Kamine aus unbewehrtem Mauerwerk haben
                    Schlankheiten von höchstens 5 (ab der obersten Verankerungsstelle gerechnet, wobei auf Höhe der
                    Dachdurchdringung in der Regel keine Verankerung vorliegt) und sind am Tragwerk ausreichend veran-
                    kert

  z   nz   na   ?   KAMINHÜTE: Kaminhüte sind am Kamin ausreichend verankert

                                                                                                         Seite B3 von 3
ANHANG C

                            Ergebnisblatt der Erdbebenüberprüfung bestehender
                            Gebäude Stufe 2
                            Verfasser _________________ Firma____________________ Datum _______

Allgemeine Informationen zum Gebäude
Standort, Adresse: _________________________________________________________________________
Bezeichnung des Gebäudes: _______________________________________________Code_____________

CH-Koordinaten [m] E:                          N:                       Gemeinde #:                Kanton:
Baujahr: _____, Umbaujahre: __________, Zweck: _______________________________________________
Personenbelegung nach Merkblatt SIA 2018, Ziffer 10.4.7: PB = ___________
Ingenieur für die Überprüfung: ________________________________________________________________
Verantwortliche Bundesstelle: ________________________________________________________________
Gliederung in mehrere Gebäudeteile: □ ja / □ nein, falls ja: hier behandelter Teil: ________________________,
weitere Teile, siehe Blatt ______________
Grundrissfläche: ______ m2, Länge: _____ m, Breite: _____ m
Anzahl Stockwerke: ____, davon unter Terrain: ____, typische Stockwerkshöhe:____ m
Gebäudehöhe ab Fundation: _____ m, ab Terrainkote: _____ m

Charakteristische Angaben zum Tragwerk und zur Erdbebeneinwirkung
Bauwerksklasse BWK: □ I / □ II / □ III (Grund: ___________________________________________________)
Erdbebenzone: □ 1 / □ 2 / □ 3a / □ 3b
Baugrundklasse: □ A / □ B / □ C / □ D / □ E / □ F, falls F: Beschreibung: _______________________________
Grundschwingzeit: Querrichtung: _______ s, Längsrichtung: _______ s, Methode: _______________________
Kurzbeschreibung des Tragwerks: _____________________________________________________________
________________________________________________________________________________________

Hauptergebnisse der Überprüfung
 Erfüllung Eignungskriterien:                      K1       K2       K3      K4       K5       K6          K7
                                  erfüllt           □        □       □        □        □        □          □
                                  nicht erfüllt     □        □       □        □        □        □          □
Geeignet für Ersatzkraftverfahren: □ ja / □ nein / □ nur unter folgenden Bedingungen: _____________________
_________________________________________________________________________________________
Ersatzkraftverfahren mit der Annahme: □ steife Decken □ nicht-steife Decken
Deckenkonstruktion: _______________________________________________________________________
Bemessungs-Spektralbeschleunigung Sd für Verhaltensbeiwert q = ____ :
Querrichtung: Sd = ______ % g, Längsrichtung: Sd = ______ % g, Plateauwert: Sd = ______ % g,
Globale horizontale Ersatzkraft: Querrichtung: ______ kN, Längsrichtung: ______ kN
Massgebende Bauteile für Erfüllungsfaktor: ________________________________ _____________________
Erfüllungsfaktor aus Stufe 2: αeff = ______ (quer), αeff = ______ (längs)

Mängel aufgrund der Fragenliste:
gravierend: _______________________________________________________________________________
nicht gravierend: __________________________________________________________________________
________________________________________________________________________________________
Priorität für weitere Untersuchungen: □ 1 / □ 2 / □ keine weiteren Abklärungen erforderlich

                                                                                                    Seite C1 von 1
ANHANG D

                    Mindestbewehrung in den Betonbaunormen in der Schweiz

Norm oder                  Druckglieder                             Wände             Balken oder       Platten
Vorschrift                                                                           Plattenbalken

                      vertikal      horizontal         vertikal         horizontal       Bügel       längs und quer

Provisorische            ---            ---              ---                ---           ---              ---
SIA-Norm
(1903)

Provisorische            ---            ---              ---                ---           ---              ---
Vorschrift der
schweiz.
Eisenbahnen
(1906)

EMPA-                  0,6%             ---              ---                ---           ---              ---
Vorschrift
(1909)

Verordnung             0,6%             ---              ---                ---           ---              ---
des Bundes
(1915)

                               1)
SIA 112               0,25%         s ≤ 15∅min           ---                ---           ---              ---
(1935)                                s ≤ amin

                               1)
SIA 112               0,25%         s ≤ 15∅min           ---                ---           ---              ---
(1942)                                s ≤ amin

SIA 162                0,6%1)       s ≤ 15∅min           ---                ---           ---           0,2%3)
(1956)                                s ≤ amin

SIA 162               0,6% 1)       s ≤ 15∅min           ---                ---         0,15%            0,1%
(1968)                ≥ 0,3%          s ≤ amin

                      0,6% 2)                          0,6% 1)              4)                             4)
SIA 162                              s ≤ 15∅min                                          0,2%
(1989)                                 s ≤ amin
                                    s ≤ 300 mm

                      0,6% 2)                                  1)           4)                             4)
SIA 162                              s ≤ 15∅min        0,6%                              0,2%
(1993)                                 s ≤ amin
                                    s ≤ 300 mm

                      0,6% 2)                          0,6% 1)                                             4)
SIA 262                              s ≤ 15∅min                          25% der         0,2%
(2003)                                 s ≤ amin                         vertikalen
                                    s ≤ 300 mm                         Bewehrung
1)
     auf den erforderlichen Betonquerschnitt bezogen
2)
     auf eine Mantelfläche mit Wandstärke von mindestens 200 mm bezogen
3)
     falls tragende Bewehrung nur in einer Richtung angeordnet
4)
     gemäss Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit (keine in Druckzonen)

                                                                                                       Seite D1 von 1
Anhang E
Beurteilung der Erdbebensicherheit bestehender Gebäude                      15. Dezember 2006, YM/RA
Konzept und Richtlinie für die Stufe 2, zweite Fassung, BAFU 2006                  4 Seiten + Beilagen

Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2
anhand eines Stahlbetongebäudes

1.     Gegenstand

Das bestehende Beispielgebäude (siehe Abbildung D1) ist auf Erdbebensicherheit gemäss der
Richtlinie für die Stufe 2 des Bundesverfahrens (BAFU) für die Erhebung der Erdbebensicherheit
bestehender Gebäude zu überprüfen.

Abbildung E1: Beispielgebäude, Ansicht aus Nordost
Anhang E
Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2
anhand eines Stahlbetongebäudes

2.        Grundlagen

Es stehen die folgenden Dokumentationen/Plangrundlagen des Beispielgebäudes zur Verfügung:
[1]   Architekturbureau Muster; "Architektenpläne, Beispielgebäude", 1 UG (C) bis 4. OG (H), 19xx
[2]   Ingenieurbureau Muster; „Schalungs- und Armierungspläne, Beispielgebäude“, 1. UG (C) bis
      4. OG (H), 19xx
[3]   Muster AG; "Geotechnisches Gutachten des Beispielgebäudes", Bericht Nr. xxxx, 19xx

Am xx.yy.zzzz wurde die folgende Aufnahme am Beispielgebäude durchgeführt:
[4]  Begehung mit photographischer Dokumentation

3.        Objektbeschreibung

3.1. Abmessungen und Nutzung
Das Gebäude, welches als Bürogebäude und Bibliothek genutzt wird, umfasst sechs Geschosse
(UG, EG, 1. bis 4. OG). Das oberste Geschoss (Technikgeschoss) ist zurückversetzt. Das Erdge-
schoss und teilweise das 1. Obergeschoss weisen Aussen- und Innenteil auf. Die Grundrissfläche
beträgt 28,80 × 28,80 m, beim obersten Geschoss 14,56 × 14,56 m. Das Gebäude liegt leicht am
Hang, sodass sich die Terrainkote auf der Westseite auf der Höhe Decke über UG und auf der Ost-
seite auf Höhe Decke über EG befindet. Das Gebäude ist 17,86 m hoch (EG bis 4. OG). Die Ge-
schosshöhen variieren zwischen 2,94 m (4. OG) und 4,60 m (UG).

3.2. Tragwerkskonzept
Das Gebäude ist ein Skelettbau in Stahlbeton (Ortbeton) mit Flachdecken, Stützen und Wänden. Die
Geschossdecken sind schlaff armierte. Sie sind mit 14 bis 40 cm Stärke sowohl in den einzelnen
Geschossen als auch innerhalb eines Geschosses unterschiedlich stark. Im Grundriss kann das
Gebäude als regelmässig, durch einen „inneren“ Bereich mit zwei gegliederten Aussteifungskernen
und einen „äusseren“ Bereich mit zwölf Stützen, beschrieben werden (siehe Abbildung D2).

Die Stahlbetonwände der Aussteifungskerne sind 20 cm stark. Sie dienen der Abtragung von Verti-
kallasten sowie horizontalen Einwirkungen aus Wind und Erdbeben. Die Kerne erstrecken sich vom
UG bis ins 3. OG. Sie sind im „steifen Kasten“ des Untergeschosses eingespannt. Vom UG bis ins 1.
OG ist in Nord/Süd-Richtung eine weitere rund 10 m lange Tragwand mit einer Stärke von 16 bis 20
cm vorhanden (zwischen Achsen C/D und im Bereich der Achsen 1 bis 4). Im EG und UG sind die
beiden westlichen Endwände der Aussteifungskerne durch eine lange, 20 cm starke Wand verbun-
den (zwischen Achsen 4 und 6). Weitere untergeordnete Tragwände sind im EG vorhanden. Das 4.
OG weist eine andere Tragwandanordnung auf und ist durch die umfassende 16 cm starke Wand als
steif zu betrachten. Die Wandstärken betragen im 4. OG zwischen 15 und 20 cm.

Seite 2
Anhang E
Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2
anhand eines Stahlbetongebäudes

Die Stahlbetonstützen laufen vom UG bis ins 3. OG durch. Ihr Querschnitt beträgt 0,7 × 0,7 m (UG
bis 1. OG) bzw. 0,5 × 0,5 m (2. und 3. OG). Sie dienen zur Abtragung des Hauptteils der vertikalen
Lasten sowie als Rahmen zusammen mit den Flachdecken zur Abtragung eines kleinen Teils der
horizontalen Einwirkungen aus Erdbeben. Für die Untersuchungen gemäss Richtlinie für die Stufe 2
wird dieser kleine zusätzliche Tragwiderstand für Horizontalkräfte aus Erdbeben vernachlässigt.

Abbildung E2: Grundriss 2. OG – Tragwerk, Schächte, Abgrenzung der Bereiche „innen“ und „aussen“

3.3. Fundation und Baugrund
Das Gebäude ist mit einer massiven Bodenplatte von 0,6 bis 0,8 m Stärke und lokalen Verstärkun-
gen unter den Stützen auf gutem Baugrund fundiert. Gemäss [3] steht schon in geringer Tiefe ab OK
Terrain eine kompakte und gut tragfähige, mindestens 30 m mächtige Moräne an.

4.        Durchführung der Stufe 2

Mit dem Anhang A der Richtlinie für die Stufe 2 wird die Eignung des Beispielgebäudes für die einfa-
che Berechnung mit dem Ersatzkraftverfahren überprüft, siehe Beilage 2.

Seite 3
Anhang E
Beispiel einer Beurteilung in Stufe 2
anhand eines Stahlbetongebäudes

Durch die Eignung für das Ersatzkraftverfahren sind bereits wichtige konstruktive Aspekte des erd-
bebensicheren Bauens beim Beispielgebäude erfüllt. Dennoch können noch andere wichtige Mängel
vorhanden sein. Diese werden durch die Fragenliste im Anhang B der Richtlinie für die Stufe 2 auf-
gedeckt, siehe Beilage 3.

Die einfache Berechnung mit dem Ersatzkraftverfahren nach der Richtlinie für die Stufe 2 ist in der
Beilage 4 dokumentiert.

5.        Ergebnisse und Folgerungen

Die Ergebnisse der Überprüfung der Erdbebensicherheit nach der Richtlinie für die Stufe 2 sind auf
dem Ergebnisblatt, siehe Beilage 1, zusammengestellt.

Die Eignungskriterien für einfache Berechnungen sind beim Beispielgebäude erfüllt. Es konnte daher
mit dem einfachen, aber konservativen Ersatzkraftverfahren berechnet werden. Dieses ergibt, dass
die Biegung mit Normalkraft der Tragwände im 1. OG zwischen Achse F und G massgebend ist. Der
Grund dafür liegt in der relativ schwachen vertikalen Bewehrung dieser Wände und in der eher kon-
servativen Annahme der mitwirkenden Flanschbreiten. Der Erfüllungsfaktor dieser Wände (und da-
mit auch des Gebäudes) beträgt αeff = 0,79.

Unter Beachtung aller Konservativitäten der durchgeführten Ersatzkraftberechnung kann davon aus-
gegangen werden, dass der Erfüllungsfaktor mit einer genaueren Berechnung klar über 0,80 liegen
würde. Deshalb sind gemäss der Richtlinie für die Stufe 2 keine weiteren Abklärungen erforderlich.
Die meisten Bauteile weisen schon bei der durchgeführten Ersatzkraftberechnung im Erdbebenfall
Erfüllungsfaktoren von mindestens 1,00 auf und erfüllen somit die heutigen SIA Normen.

Beachtung zu schenken ist jedoch bei einer zukünftigen Sanierung des Gebäudes den nichttragen-
den Elementen, die gemäss der Fragenliste ein paar Mängel oder Unklarheiten aufweisen.

Beilagen
Beilage 1       Ergebnisblatt der Erdbebenüberprüfung bestehender Gebäude Stufe 2
Beilage 2       Eignungskriterien für einfache Berechnungen
Beilage 3       Fragenliste zur Erkennung von Mängeln
Beilage 4       Beispielgebäude, Berechnungen mit dem Ersatzkraftverfahren
Beilage 5       Photographische Dokumentation (im Zeigebeispiel nicht dargestellt)

Seite 4
Beilage 1
ANHANG C

                             Ergebnisblatt der Erdbebenüberprüfung bestehender
                             Gebäude Stufe 2
                             Verfasser Y. Mondet                  Firma Basler & Hofmann            Datum 15.12.2006

Allgemeine Informationen zum Gebäude
Standort, Adresse: xy
Bezeichnung des Gebäudes: Beispielgebäude                                                      Code xy

CH-Koordinaten [m] E:                          N:                       Gemeinde #:                       Kanton:
Baujahr: 1969, Umbaujahre: -, Zweck: Büronutzung, Bibliotheksnutzung
Personenbelegung nach Merkblatt SIA 2018, Ziffer 10.4.7: PB = 30
Ingenieur für die Überprüfung: Y. Mondet, Dipl. Bau-Ing. ETH
Verantwortliche Bundesstelle: xy
Gliederung in mehrere Gebäudeteile:    ja /    nein, falls ja: hier behandelter Teil: -,
weitere Teile, siehe Blatt -
Grundrissfläche: 829 m2, Länge: 28,80 m, Breite: 28,80 m
Anzahl Stockwerke: 6, davon unter Terrain: 1, typische Stockwerkshöhe: 3 bis 4 m
Gebäudehöhe ab Fundation: 22,46 m, ab Terrainkote: 17,86 m

Charakteristische Angaben zum Tragwerk und zur Erdbebeneinwirkung
Bauwerksklasse BWK:      I/   II /   III (Grund: gewöhnliches Bürogebäude)
Erdbebenzone:     1/    2/    3a /    3b
Baugrundklasse:    A/     B/     C/     D/    E/    F, falls F: Beschreibung: -
Grundschwingzeit: Querrichtung: 0,7 s, Längsrichtung:  1,0 (längs)

Mängel aufgrund der Fragenliste:
gravierend: keine
nicht gravierend: Nichttragende Mauerwerkswände sind gegen Kräfte quer zur Wandebene nicht gehal-
ten; Unklarheiten bezüglich des Zustandes und der Ausbildung der Befestigungs- und Fassaden-
elemente, der Dachelemente und der heruntergehängten Decken

Priorität für weitere Untersuchungen:          1/      2/     keine weiteren Abklärungen erforderlich

                                                                                                              Seite C1 von 1
Beilage 2
ANHANG A

                    Eignungskriterien für einfache Berechnungen

Kriterium K1       Anhand der verfügbaren Grundlagen muss ein für die Abtragung horizontaler Kräfte bis in den Bau-
                   grund geeignetes Tragsystem identifizierbar sein. Falls das Gebäude durch Trennfugen unterteilt ist, ist
                   dies für jeden dieser Teile separat erforderlich.
Entscheid          Begründung / Bemerkungen:
K1 erfüllt         Die vorhandenen, an die Decken angeschlossenen Kerne aus Stahlbetonwänden bilden das Tragsys-
                   tem zur Abtragung der horizontalen Kräfte aus Erdbeben.
K1 nicht erfüllt

Kriterium K2       Alle wesentlichen Bauteile des unter Kriterium K1 festgestellten Tragsystems zur Abtragung der hori-
                   zontalen Kräfte verlaufen ohne Unterbrechung vom Fundament bis zu ihrer Oberkante.
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K2 erfüllt         Alle Kernwände laufen vom UG bis ins 3. OG ohne Unterbrechung durch. Der "Dachritter" (4. OG,
                   Attikageschoss) mit Stahlbetonumfassungswänden bildet für sich ein eigenes, steifes System.
K2 nicht erfüllt

Kriterium K3       Der Torsionswiderstand des Tragsystems zur Abtragung der horizontalen Kräfte muss ausreichend
                   gross sein.
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K3 erfüllt         Durch die langen Stahlbetonwände der Kerne, die einen grossen Innenbereich umschliessen, und durch
                   die aussenliegenden Rahmen (Decke und Stützen) ist ein genügender Torsionswiderstand gegeben,
K3 nicht erfüllt
                   insb. da infolge des relativ symmetrischen Querschnittes mit keiner relevanten Torsion zu rechnen ist.

Kriterium K4       Der Tragwiderstand für Horizontalkräfte der einzelnen Geschosse darf sich über die Höhe des Gebäu-
                   des nicht in grossen Sprüngen verändern (Ausnahmen: Übergang in Untergeschosse bzw. ins Ein-
                   spanngeschoss sowie ins Attikageschoss).
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K4 erfüllt         Sprünge des Tragwiderstands sind vom 4. ins 3. OG, vom 2. OG ins 1.OG und vom 1. OG ins EG sowie
                   vom EG ins UG vorhanden. Ersterer und letzterer sind erlaubt; mittlere sind akzeptabel, da die Steifig-
K4 nicht erfüllt
                   keit gegen unten zunimmt.

Kriterium K5       Die Decken weisen in ihrer Ebene eine nennenswerte Tragfähigkeit für Zug- und Druckbeanspruchung
                   in zwei orthogonalen Richtungen auf und können die Kräfte in die Bauteile des Tragsystems für die
                   Abtragung horizontaler Kräfte übertragen.
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K5 erfüllt         Die schlaff armierten, rund 30 cm starken Stahlbetondecken sind gut mit den aussteifenden Wänden
                   verbunden und gewährleisten die Diaphragma-Wirkung.
K5 nicht erfüllt

Kriterium K6       Eine ausreichende Schubkraftübertragung zwischen Decke und Tragwand ist sichergestellt.
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K6 erfüllt         Die aussteifenden Wände sind auf Druck, sowie mindestens einseitig auf Schub inkl. Bewehrung an die
                   Decken angeschlossen, siehe auch Bemerkung zu Kriterium K5.
K6 nicht erfüllt

Kriterium K7       Alle Wände sind in den Decken auf Zug und Druck quer zur Wand verankert, oder erfüllen das folgende
                   Schlankheitskriterium ohne Berücksichtigung einer Quer-Auflagerung bei den Decken: Wandschlank-
                   heit: h/t ≤ 18 (Zone 1); h/t ≤ 14 (Zone 2); h/t ≤ 10 (Zone 3).
Entscheid:         Begründung / Bemerkungen:
K7 erfüllt         Die Wandarmierung läuft in allen Geschossen in die Decken hinein oder durch die Decken hindurch.
K7 nicht erfüllt

                                                                                                              Seite A1 von 1
Beilage 3
ANHANG B

                     Fragenliste zur Erkennung von Mängeln
                     z: zutreffend, nz: nicht zutreffend, na: nicht anwendbar, ?: fehlende Grundlagen

                     Gebäudesystem

 z   nz    na   ?   STANDORT: Der Standort ist ausreichend weit entfernt von möglichen erdbebenbedingten Hangrut-
                    schungs- oder Felssturzbereichen, oder das Bauwerk ist in der Lage, zu erwartende Bodenverschie-
                    bungen schadlos zu überstehen

 z   nz    na   ?   ANGRENZENDE GEBÄUDE: Der Abstand zu den angrenzenden Gebäuden ist ausreichend gross.
                    Falls dies nicht zutrifft: Die Geschossdecken liegen auf der gleichen Höhe wie jene der angrenzenden
                    Gebäude und die Gebäudehöhen sind etwa gleich gross.

 z   nz    na   ?   ZWISCHENGESCHOSSE: Interne Zwischengeschosse sind entweder unabhängig vom Haupttragwerk
                    in beiden horizontalen Richtungen ausgesteift oder fest mit dem Aussteifungssystem für horizontale
                    Kräfte des Haupttragwerks verbunden
                    Keine Zwischengeschosse vorhanden
 z   nz    na   ?   ÜBERBETONSCHICHT BEI DECKEN: Decken aus vorgefertigten Betonelementen haben eine durch-
                    gehende, bewehrte Überbetonschicht, welche die Betonelemente untereinander verbindet
                    Keine vorgefertigten Betonelemente vorhanden
 z   nz    na   ?   EINFLUSS VON FÜLLWÄNDEN: Die Mauerwerk-Füllwände in Rahmen sind von der Hauptstruktur
                    abgefugt oder sie sind durchlaufend bis zur Unterkante des Rahmenriegels und ihre Festigkeit (als
                    Scheibe) ist im Vergleich zum Widerstand der Rahmenstützen gering
                    Keine Rahmenfüllwände vorhanden
 z   nz    na   ?   BEWEHRUNGSAUSBILDUNG VON BETONTRAGWERKEN: Die Bewehrungsdetails erfüllen zumin-
                    dest näherungsweise die Mindestanforderungen an die nicht-duktile Bauweise gemäss der Norm SIA
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 z   nz    na   ?   KURZE STÜTZEN IN BETONTRAGWERKEN: Es gibt in keinem Geschoss Stützen mit einem Verhält-
                    nis von Stützenhöhe zu Stützenstärke, welches kleiner ist als 2/3 des Verhältnisses bei einer typischen
                    Stütze im betrachteten Geschoss

                     Zustand

 z   nz    na   ?   FUNDATION: Es gibt keine Anzeichen von erheblichen Bewegungen der Fundation wie Setzungen oder
                    Hebungen, welche die Integrität oder die Festigkeit des Tragwerks beeinträchtigen könnten

 z   nz    na   ?   BEWEHRUNGSKORROSION: Es sind am gesamten Tragwerk keine Anzeichen erkennbar, die auf
                    Schäden oder Mängel an der Bewehrung schliessen lassen

 z   nz    na   ?   BETONABPLATZUNGEN: Es sind am ganzen Tragwerk keine Betonabplatzungen erkennbar

 z   nz    na   ?   VORSPANNUNG: Bei Vorspannungen sind keine Anzeichen von Korrosion oder Abplatzungen des
                    Betons erkennbar
                    Keine Vorspannung vorhanden

                                                                                                              Seite B1 von 3
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