BILD - BETRACHTER -BILDKOMPETENZ - Universität Passau Prof. Dr. Alexander Glas Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung
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BILD - BETRACHTER -BILDKOMPETENZ Universität Passau Prof. Dr. Alexander Glas Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung
Überblick • Forschungsbereiche: Lernen durch Imagination Schnittstelle: Wort/Bild • Disziplinen in denen die Bildthematik eine konstituierende Rolle spielt • Forderung der Bildkompetenz • Methodik der Bildbetrachtung und Analyse (Panofsky, Imdahl) • Bildsprache - Bildrhetorik - Bildsemantik • Begriff: Perzeptbildung • Bildbeispiele – die Fotographie als Dokument • Herrscherbilder • Starke Bilder • Macht der Bilder • Bilder als Medium der Orientierung und Modellbildung
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: • Legitimität der Fachinhalte und deren Begründung • Ästhetisches Verhalten von Kindern und Jugendlichen (Tradition der Kinder- und Jugendzeichnung, Modeverhalten, Körperkult bei Jugendlichen, Konsumverhalten hinsichtlich medialer Bilder etc.) • Empirische Unterrichtsforschung (z.B. Was erkennen Jugendliche in Bildern?) • Wie nutzen Kinder und Jugendliche Bilder als Kommunikations- medium (Lokalisten, MySpace, YouTube, Modeblogs wie Modepilot, Les Mads)?
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Darüber hinaus ist zu thematisieren das Medium Bild als generelles Phänomen in Kommunikations- und Bildungsprozessen.
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Darüber hinaus ist zu thematisieren das Medium Bild als generelles Phänomen in Kommunikations- und Bildungsprozessen. Verbunden ist damit die Frage: Sind Bilder zur Kommunikation fähig? Welchen Anteil haben sie in kommunikativen Prozessen?
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Lernen durch Imagination Vorstellungsbildung ist die menschliche Fähigkeit Abwesendes zu vergegenwärtigen. Die kognitive Psychologie geht davon aus, dass unsere gesamte Wahrnehmung von einer Vielzahl von Standard- situationen begleitet wird, die wir als Handlungsabläufe erwarten, die aber auch durch die aktuelle Informationsaufnahme modifiziert werden können. Innere Bilder entstehen über die selbsttätig sensorische Welterkundung. Bild- und Textverständnis ist die Fähigkeit der Modifizierung eines inneren Bildes.
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Schnittstelle: Wort/Bild Untersuchungen zur Bezogenheit und Wirkung der bestimmenden Medien, Wort und Bild Seit geraumer Zeit verändert der Sektor der bildgebenden digitalen Medien fundamental das Terrain der Informationsverarbeitung. Bild und Text stehen in einer neuen komplementären Stellung zueinander. Wandel in Richtung dialogischer Disposition. Worte wandern in Bilder ein und umgekehrt, Bilder in Texte. Die Schnittstelle Wort/Bild ist in unserem Alltag die wohl häufigste Form einer komplementären interdisziplinären Ergänzung.
Die Ballongeschichte Sollte der Ballon zerplatzen, würde der Klang nicht weit genug tragen, da alles zu weit weg vom richtigen Stockwerk wäre. Auch ein geschlossenes Fenster könnte die Tonübertragung verhindern, denn die meisten Gebäude sind gut isoliert. Da das ganze Unternehmen von einer beständig strömenden Elektrizität abhängt, würde ein Bruch mitten in der Schnur auch Probleme verursachen. Natürlich, der Liebhaber könnte rufen, aber die menschliche Stimme ist nicht laut genug, um so weit zu tragen. Ein weiteres Problem ist, dass eine Saite des Instrumentes reißen könnte. Dann würde die Botschaft unbegleitet bleiben. Es ist deutlich, dass die beste Lösung ein geringer Abstand wäre. Dann wären weniger potentielle Probleme vorhanden. Auge in Auge könnten die wenigsten Dinge schiefgehen. Dijkstra / Kempen 1993
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Bezug zu Lernprozessen: Erst im Übergang zwischen Wort und Bild/Bildimagination erschließt sich nachhaltig eine Sinnkonstruktion. Das Wechselspiels der beiden Medien ist daher als genuiner Bestandteil von Lernprozessen zu bezeichnen Wissen fordert die Doppelung, die Wiederholung in einem anderen Medium.
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: Klassischen Bezugswissenschaften für das Fach Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung • Erziehungswissenschaften (allgemeine Pädagogik, Lernpsychologie, • Entwicklungspsychologie etc.) • Soziologie • Kognitive Psychologie • Philosophie • Kunstgeschichte • Semiotik
Kunstpädagogik/Ästhetische Erziehung Forschungsbereiche: In welchen Disziplinen gewinnt die Bildthematik eine (zunehmende) konstituierende Rolle? Theologie Philosophie Geschichtswissenschaften (Archäologie, Kunstgeschichte etc.) Literaturwissenschaften Sozialwissenschaftliche Disziplinen (Erziehungswissenschaften, Kulturwissenschaft etc. ) Politikwissenschaften, Medien- und Kommunikationswissenschaften etc.) Psychologie,Neurowissenschaften Medizin Naturwissenschaften Informatik
Die interdisziplinäre Bildwissenschaft bemüht sich um einen eigenen Theorierahmen für die verschiedenen Bildphänomene und versucht einen Beitrag zum theoretischen Verständnis der Bildthematik zu leisten. Ziel: systematische Aussagen • über unterschiedliche Bildformen, Bildtypen und Bildverwendung, • über die Verfahren der Herstellung und Bearbeitung, • über die Bedingungen der Rezeption und Distribution • über Begriff und Stellung des Bildes innerhalb eines wissenschaftlichen Diskurses. (Vgl. Sachs-Hombach 2005, S. 13)
Ikonische Wende Fazit: Die anhaltende Diskussion um den so genannten „Iconic Turn“ (Gottfried Boehm 1994) bzw. „Pictorial Turn“ (W.J.T. Mitchell 1992) und das zunehmende Interesse an der Bildwissenschaft ist mehr als berechtigt.
Forderung der Bildkompetenz Bilder sind gestaltete visuelle Phänomene mit einer eigenen komplexen Wirklichkeit. Bilder sind durch spezifische Strukturen determiniert, die eine spezifische Rezeption bewirken und erforderlich machen. Bilder sind Symbolsysteme, die einen eigenen Prozess der Decodierung beanspruchen. Bilder sind durch ihre Urheberinnen und Urheber sowie auch durch ihre Rezipientinnen und Rezipienten subjektiv geprägt. Bilder entstehen in historisch-kulturellen Kontexten und werden in historisch-kulturellen Kontexten wahrgenommen und gedeutet. (Niehoff 2007)
Hintergrundfolie ist die Lasswell-Formel: „Who says what in which channel to whom with what effect?“ Lasswell 1949, S. 37
Methodik der Bildbetrachtung und Analyse Kunstgeschichte Das dreistufen Modell nach Erwin Panofsky: „Ikonographie und Ikonologie“, Erstausgabe: New York 1939 Meaning in the Visual Arts (Sinn und Deutung in der bildenden Kunst) von 1955 In Fortführung zur Ikonik und Strukturanalyse: Max Imdahl, Giotto, Aranafresken. München 1980
Ikonologie: Lehre vom Sinngehalt in Ergänzung zur wertindifferenten Formalanalyse Ikon = (altgriech.) Bild Logos = (altgriech.) Lehre, Sprache, Sinn Begründer der Ikonologischen Methode war Aby Warburg (1866 – 1929)
Aby Warburg (1866 – 1929) Mnemosyne-Atlas-Projekt Warburg geht von einem kollektiven bzw. kulturell vernetzten Bildgedächtnis der abendländischen Kultur aus. Er gilt damit als erster Bildwissenschaftler. Zeugnisse menschlicher Gestaltung seien nicht nur in der Kunst, sondern auf allen Gebieten der Kultur zu finden.
Erwin Panofsky 1. Vor-ikonografische Beschreibung: Feststellung von Tatsachen, Gegenstände „erkennen“ und Identifikation von Figuren aus der eigenen Erfahrung Heraus („natürliches Sujet“ oder „primäres Sujet“) 2. Ikonographische Beschreibung: Symbolanalyse, Deutung und Auslegung der Motive und Gegenstände > Bedeutungen verstehen und Erkenntnisse gewinnen.
3. Ikonologische Beschreibung: Eigentliche Bedeutung und Gehalt des Bildes - aus den Stufen 1 und 2 abgeleitet - vor dem Hintergrund des geistigen Gesamtkonstruktes, also der Kulturbedingungen, Kulturkreise, Philosophien usw.. > das Ganze verstehen, Einsichten gewinnen. Diese Bedeutungen und symbolischen Auslegungen vor dem geistigen Hintergrund der Zeit mögen dem Künstler selbst bewusst oder unbewusst gewesen sein. (Beeinflussung der Bedeutungsebene von außen.)
Prozess der Bildrezeption als kreative Leistung Betrachter Bild entdecken, (Werk) erkunden, beschreiben, Ziel: Interpretation Prinzipien der vergleichen, vermuten, Weg: Analyse Darstellung/Organisa tion; erproben, deuten .... Inhalt und Form; Gattung/Motiv/The ma Leitfragen für Was? Wie? Warum? die Analyse Experimentelle Analyse, analytisches (Kunstwiss.) Vorikonographisc Formanalyse Kontextanalyse Zeichnen, Nach- he Analyse (syntaktische Dimension) -Zeit Methoden -Motive -Bildraum -Kultur/Religion gestaltung -Bildkomposition -Geistesgeschichte -Bildfarbe -Künstlerbiografie -Bildspannung u.a. -Impliziter Betrachter u.a.
Beispiel: Pablo Picasso (1881 – 1973) : Les Demoiselles d’ Avignon, 1907, Öl/Lw., 243,9 x 233,7 cm
Kritik Max Imdahls an Panofsky: „Entweder man erkennt nichts, oder doch nur schon Bekanntes. Es entfallen sämtliche visuellen Evidenzen, die über das bloß erinnernde, wieder erkennende Gegenstandsehen hinaus sind und, sozusagen als zukunftsoffene Neuerfahrung, einem sehenden Sehen offenbar werden“ (Imdahl 1988, S. 90). (...) Die Ikonik will dagegen zeigen, dass das Bild seine ihm vorgegebenen Wissensinhalte in einer Weise überbietet, der durch Wissensvermittlung allein nicht mehr entsprochen werden kann“. (Imdahl 1988, S. 97)
Bildsprache - Bildrhetorik - Bildsemantik Codes (aus Semiotik: Lehre von den Zeichen) generell für Kommunikationskonventionen, vornehmlich für sprachliche Äußerungen verwendet, die der Interpret benötigt, um Texte bzw. Bilder zu entziffern. Sprachliche Codes (Aussprache, Satzbau, Wortschatz, Dialekt/Slang, Stil und Rhetorik) Soziale Codes Körperliche Codes (Körperkontakt, Nähe, Auftreten, Gesichtsausdruck, Blick, Gesten, Haltung) Codes bezüglich der Verhaltensweisen und des Lebensstils (Mode, Kleidung, Auto, Wohnung)
Codes in den Fachsprachen, z.B. Mathematik, Musik Medienspezifische ästhetische Codes (Bildsprache in der Kunst Malerei, Plastik, Fotografie, Film) Sprachliche/künstlerische Äußerungen entwerfen Weltmodelle, sind modellbildende Systeme, die Werte- und Normen und damit eine bestimmte Verhaltensorientierung vermitteln.
Bildbeispiele – die Fotographie als Dokument Fotographie als Dokumentation ? Beleg für eine konkrete Begebenheit oder erkennbar (manipulative) Konstruktion?
SZ vom 27.04.05 - G.W. Bush auf seiner Ranch in Texas mit König Abdullah v. Saudi-Arabien
Perzeptbildung Der Begriff verweist auf die Strukturierungsleistung des Wahrnehmenden und seine individuelle Bedingtheit. Die Frage, die hier auftaucht ist, wie gelingt es uns Betrachtern, die wahrgenommenen Zeichen zu entziffern, „wie klassifizieren, wie strukturieren wir, wie stellen wir Verknüpfungen her mit dem, was wir bereits wissen und gesehen haben.
Mit Pezeptbildung ist ein inneres System gemeint, das festlegt, was als Information gelten kann. „Die Fülle des Gesehenen ist abhängig vom Umfang der Erfahrung, d. h. dem Wahrnehmungsgefüge des Betrachtes, mit dem er das Bild strukturiert. Das Wahrgenommene ist immer schon durchtränkt von Vorwissen, das sich in der Wahrnehmung stabilisiert und dann auch erweitert“ (Bering u.a. 04,S. 69).
Richard Long, Clearing a Path, a six day walk in the Hoggar, The Sahara 1988
Herrscherbilder
C. Powell, D. Cheney, G.W. Bush, C. Rice, A. Card (h.), G. Tenet, D. Rumsfeld Foto Annie Leibovitz 2004
Rembrandt Harmensz, van Rijn (1606 -1669) Staalmeesters, (Die Vorsteher der Tuchfärbergilde), 1662, Öl/Lw.
Ahmadinedschad gibt seine Stimme bei den Wahlen ab
Starke Bilder
L‘Aquila (Italien) SZ April 2009
SZ v. 7.April 2009 L‘Aquila
Oppositionsbewegung in Bangkok
Besuch ehemaliges KZ Buchenwald
Die Macht der Bilder
Bildrezeption der Folterbilder aus dem Gefängnis Abu Ghureib
Bilder als Medium der Orientierung und Modellbildung • Bildliches Wissen hat Modellfunktion • Bilder sind Organisationen unserer Erfahrungen, Wahrnehmungen und Vorstellungen • Bilder sind wesentlich beteiligt beim Erkennen, Lernen und Erinnern • Bilder verankern, speichern und klären Wissen • Bilder stellen Konzeptsysteme bereit (Raumvorstellung) als Grundlage für die Koordination des Wissens
• Bilder sind Organisationen, in denen sich unterschiedliche Orientierungen unseres Wissens objektivieren • Bilder sind Teil der Biographie und des Sich-in-der-Welt-Orientierens
„Wir machen uns Bilder der Tatsachen ... Das Bild ist ein Modell der Wirklichkeit“. Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, 2.1/2.12
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