Bildungsagenda 2025 10 Punkte für ein Update - Stand: 9. September 2021 - FDP Bayern
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Bildungsagenda 2025 10 Punkte für ein Update Stand: 9. September 2021
Prolog Bildung ist essentiell – individuell wie auch gesellschaftlich. Zum einen ist sie der Schlüssel für ein freies und selbstbestimmtes Leben jedes Einzelnen. Zum anderen ist sie in einem rohstoffarmen Staat wie Deutschland zentraler Faktor für Wohlstand und Wachstum. Leider hat Bildung in unserem Land nicht den Stellenwert, den sie verdient. Deutschland ist in vielen Bereichen der Bildung nur Mittelmaß statt Avantgarde. Bürokratische Prozesse, fehlende Digitalisierung, überholte Unterrichtsmethoden und die extreme mangelnde soziale Durchlässigkeit bremsen Deutschland auf dem Weg zu weltbester Bildung aus. Hinzu kommt ein nach wie vor grassierender Bildungsprovinzialismus, der viel zu oft das Trennende vor das Gemeinsame stellt. Wir Freie Demokraten wollen uns damit nicht abfinden. Wir brauchen eine „Bildungsagenda 2025“, die Bildung zum deutschen Mondfahrtprojekt macht. Unsere 10 Punkte für ein Update: 1. Zukunftsfähiger Bildungsföderalismus 1.1 Wir Freie Demokraten wollen das Kooperationsverbot in ein Kooperationsgebot umwandeln und dieses in Art. 91b des Grundgesetzes verankern. Mit einem Kooperationsgebot können Bund und Länder in zentralen Bildungsfragen schneller, effizienter und nachhaltiger zusammenarbeiten. So schaffen wir keine Nivellierung nach unten, sondern im Gegenteil: hochwertige und bundesweit einheitliche Bildungsstandards, abgesichert im Rahmen deutschlandweit einheitlicher Abschlussprüfungen der Sekundarstufe 1 und eines Zentralabiturs in den Kernfächern. 16 Bundesländer, 16 unterschiedliche Schulsysteme. Die deutsche Bildungslandschaft krankt an ihrer Zersplitterung. Ob uneinheitliche Lehrpläne, kaum vergleichbare Abiturnoten oder hohe Hürden bei innerdeutschen Schulwechseln: Der Bildungsföderalismus ist massiv reformbedürftig. Das hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie offengelegt. Anstatt in der Krise 1
an einem Strang zu ziehen, verhedderten sich die Kultusminister im landespolitischen Klein- Klein. Zum Leidwesen der Schulfamilie. Damit muss Schluss sein. Wesentlicher Bestandteil des Problems stellt das antiquierte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern dar. Seit der durch die Große Koalition beschlossenen Föderalismusreform von 2006 sind dem Bund bei Finanzierungshilfen von Bildungsaufgaben (Länderhoheit) weitgehend die Hände gebunden. Gemeinsame Kooperationsinitiativen wie der Nationale Bildungsrat sind gescheitert, bevor sie überhaupt angelaufen sind. Dabei muss mittlerweile allen Akteuren bewusst sein: Bayern steht in der Bildungspolitik nicht in Konkurrenz zu Baden-Württemberg oder Sachsen, sondern Deutschland steht im Wettbewerb mit Wachstumsregionen weltweit. Laut repräsentativen Erhebungen des Ifo- Instituts trifft ein Kooperationsgebot auch den Nerv einer deutlichen Mehrheit in der Bevölkerung: Rund zwei Drittel der Befragten sprechen sich für einheitliche Schülervergleichstests aus; drei von vier wollen deutschlandweit einheitliche Bildungsstandards (vgl. Ifo-Institut 2021). Mit einem zukunftsfähigen Bildungsföderalismus stellen wir sicher, dass Bildungschancen nicht länger vom Wohnort abhängen und Länder wie auch Kommunen die vielschichtigen Mammutaufgaben nicht alleine stemmen müssen. 1.2 Diese Neuordnung der Bund-Länder-Beziehung muss durch Schulfreiheitsgesetze in den Bundesländern ergänzt werden. Nur starke Schulen mit Profil, die auch über personelle, pädagogische und finanzielle Freiheiten verfügen, sind für den künftigen Qualitätswettbewerb gerüstet. Um einen erneuten föderalen Flickenteppich zu vermeiden, soll der Bund bei der Ausarbeitung von Schulfreiheitsgesetzen angemessen einbezogen werden. Eine Grundgesetzänderung zur Reform des Bildungsföderalismus muss aber auch von einer Stärkung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) flankiert werden. Zudem fordern wir eine nationale Einrichtung für Bildungsinnovationen und Qualitätssicherung, die als beratender Thinktank fungiert und mit national wie auch international besetzten Forschungsstellen ausgestattet ist. Denn um zu PISA-Spitzenreitern wie Estland oder Finnland aufzuschließen, 2
bedarf es zusätzlicher Reformen, die über reine Finanzierungs- und Beschaffungsfragen hinausgehen. In Deutschland fehlt bislang eine zentrale Koordinationsstelle, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse in unser Bildungssystem einfließen lässt. Mit den oben beschriebenen Maßnahmen stellen wir eine laufende Evaluierung bestehender Bildungskonzepte sicher und stoßen Bildungsinnovationen an. 2. Digitalpakt 2.0 Zum Zünden des Digitalisierungsturbos, vor allem im Bildungswesen, fordern wir einen Digitalpakt 2.0, der die verfassungsrechtlichen Kooperationsmöglichkeiten zwischen Bund und Ländern vollumfänglich ausschöpft. Nach der Bereitstellung technischer Geräte muss jetzt vor allem darauf abgestellt werden, digitale Lernangebote, eine solide IT-Infrastruktur und -Administration an den Schulen sowie digitale Assistenzsysteme zur Individualisierung des Lernens zu schaffen. Während in Ländern wie Dänemark oder Schweden die digitale Schule längst Realität ist, verharren unsere Schulen immer noch in der „Kreidezeit“. Deutschland liegt in Bereichen wie IT-Ausstattung, schulisches WLAN, digitale Endgeräte und internetbasierte Kollaboration- Tools weit abgeschlagen (vgl. ICILs 2018). Der 2019 beschlossene Digitalpakt hat keine Trendwende eingeleitet. Aufgrund bürokratischer Antragsverfahren sind von den 6,5 Milliarden Euro, die der Bund bereitstellt, nur knapp 850 Millionen Euro abgeflossen (Stand: Juni 2021). Gerade vor dem Hintergrund des pandemiebedingt verstärkten Einsatzes von Distanzunterricht eine katastrophale Bilanz. Ein Digitalpakt 2.0 muss jetzt die Wende einleiten. 3
3. Frühkindliche Bildung sowie MINT-Bildung generell stärken 3.1 Bildung sollte die Grundlage für individuelles Vorankommen und ein selbstbestimmtes Leben sein. Leider hinkt Deutschland bei Bildungschancen weit hinterher. Welchen Lebensweg junge Menschen einschlagen, hängt immer noch zu stark von der sozialen Herkunft und dem Elternhaus ab. Der Weg zu echter Chancenfairness ist weit. Er beginnt bereits in den Kitas. Über frühkindliche Bildung können wir am wirkungsvollsten die Talente und Fähigkeiten von Menschen fördern. Die aktuellen Rahmenbedingungen sind jedoch wenig zufriedenstellend: In Deutschland fehlen mehr als 340.000 Kita-Plätze (vgl. IW 2020), der Personalmangel spitzt sich immer weiter zu. Wir müssen deshalb massiv in die Qualität und den Ausbau investieren und die Finanzierung auf eine neue Grundlage stellen. Hierzu schlagen wir ein 3-Säulen-Modell vor: 1. Mit einem je nach Größe der Einrichtung ausgestalteten Sockelbetrag stellen wir die Überlebensfähigkeit von Kitas in strukturschwachen Regionen sicher; 2. Pro Kind gezahlte Bildungsgutscheine sorgen für eine bedarfsgerechte Finanzierung und einen gesunden Wettbewerb zwischen den Bildungseinrichtungen; 3. Mit einem „German Dream“-Zuschuss können Kitas zudem maßgeschneiderte Konzepte für Kinder aus sozioökonomisch schwachen Elternhäusern anbieten. Zu einer Reform der Finanzierungsgrundlagen gehört auch eine Evaluation bereits bestehender Förderungen. Die Mittel aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes werden von den Ländern leider zu oft für den falschen Zweck eingesetzt, vor allem im Freistaat Bayern. Der Großteil der Förderung fließt in die Beitragsentlastung. Damit verbessert sich die Qualität der Kitas aber nicht. Wir wollen deshalb sicherstellen, dass diese Mittel verstärkt für die Ausbildung, eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher und mehr Personalstellen eingesetzt werden. 3.2 Wir Freie Demokraten setzen uns zudem für eine umfassende MINT-Offensive in den Kitas und Schulen ein. Denn Deutschland ist in Fächern wie Mathematik und 4
Naturwissenschaften weder im Spitzenfeld, noch weisen die jüngsten Erhebungen auf eine positive Entwicklung hin, im Gegenteil (vgl. PISA 2018). Deshalb fordern wir verpflichtende, qualitativ hochwertige und bundesweite Qualitäts- und Bildungsstandards in der frühkindlichen MINT-Bildung. Wir brauchen darüber hinaus ein gezieltes Maßnahmenpaket für Mädchen und junge Frauen im MINT-Bereich, um veraltete Rollenbilder zu überwinden. Pädagoginnen und Pädagogen sollen zudem verstärkt für experimentelles und forschendes Lernen in allen Kitas ausgebildet werden. Außerschulische Initiativen wie das „Haus der kleinen Forscher“ müssen weiter gefördert und gegebenenfalls in den grundschulischen Bereich hinein erweitert werden. Der weitere Ausbau von MINT-Regionen in allen Bundesländern verzahnt Schulen mit Kooperationspartnern in Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft, erhöht so die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen, sichert aber gleichzeitig auch qualitativ hochwertigen Fachkräftenachwuchs für diese Bereiche. 4. Maker-Garagen an den Schulen Zur Förderung von erfahrungsorientiertem Lernen wollen wir in einem ersten Schritt ein Bund-Länder-Programm initiieren, durch das 1.000 Maker-Garagen an Pilotschulen eingerichtet werden. Schulen müssen Talentbiotope sein. Kreatives, künstlerisches, technologiebasiertes experimentelles Lernen ist die Lernform in der digitalen Ära. Reproduktion von Stoff hingegen ist das Lernen in der Industriegesellschaft. Bildung im 21. Jahrhundert funktioniert nicht mit einer Unterrichtsgestaltung aus dem 20. Jahrhundert. Wir müssen deshalb wegkommen von Frontalunterricht und reiner Stoffwiedergabe hin zu erfahrungsorientierten Lernformen und Experimentierräumen – sogenannten Maker- Garagen. In Maker-Garagen an Schulen können neue experimentelle Arbeitsmethoden und Kompetenzen im Umgang mit neuer Technologie erworben werden. Je nach individuellem 5
Schwerpunkt der Schule können diese Kreativzonen beispielsweise für das Programmieren oder Arbeiten mit 3D-Druckern oder Robotern genutzt werden. Auch für künstlerisches und kreatives Lernen sind Maker-Garagen geeignet, zum Beispiel als Malwerkstätten oder als Räume für Schauspielkunst. In Maker-Garagen können Fragestellungen selbstständig entwickelt und der Lernprozess laufend reflektiert werden. Entscheidend für den Lernerfolg ist auch eine grundlegend andere Lernkultur: Weg von hierarchischen Top-down-Ansätzen, hin zu einem Lernumfeld, in denen Lehrpersonen als Lernbegleiter auf Augenhöhe fungieren. 5. Exzellenzinitiative Berufliche Bildung mit ausgebauter Begabtenförderung Eine umfassende Bildungsreform darf nicht nur die akademische Bildung in den Blick nehmen. Gerade in Deutschland und Bayern erfreuen wir uns eines dualen beruflichen Bildungssystems, das weltweite Vorbildwirkung entfaltet und einen unverzichtbaren Erfolgsfaktor für unseren Wirtschaftsstandort darstellt. Wir wollen dieses vielfach bewährte Mischsystem aus Theorie und Praxis deshalb stärken und fit für die Zukunft machen. Um der beruflichen Aus- und Fortbildung eine neue Dynamik zu verleihen, brauchen wir eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung. Ein zentrales Kernelement muss die Weiterentwicklung der Ausbildungsberufe mit dem Ziel der Berufsbefähigung in der digitalen Welt sein. Mit einer Verspätung von mehr als einem Jahrzehnt wurde der Kaufmann E-Commerce jetzt eingeführt. Alle kaufmännischen Ausbildungsberufe müssen in diese Richtung weiterentwickelt werden. Und in den gewerblich-technischen Ausbildungsberufen gilt es, den Umgang mit neuen Technologien und die Programmierkompetenz von einem Wahlmodul zu einem Pflicht-Thema weiter zu entwickeln. In Analogie zur Exzellenz-Strategie für Universitäten sollen in einem deutschlandweiten Exzellenzwettbewerb die innovativsten Konzepte für die berufliche Bildung der Zukunft ausgezeichnet und mehrjährig finanziell gefördert werden. Einen weiteren Baustein der 6
Exzellenzinitiative stell der Ausbau der individuellen Förderoptionen dar. Das Gros der Stipendien richtet sich derzeit an Akademikerinnen und Akademiker. Wir wollen, dass Beruflich Qualifizierte bei der Stipendienvergabe endlich gleichziehen. Konkret sollen die Begabtenförderungswerke des Bundes sowie das Deutschlandstipendium für Talente aus der beruflichen Bildung geöffnet und die Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung mit mehr Mittel ausgestattet werden. Um den internationalen Anschluss nicht zu verlieren, wollen wir das Erasmus+-Programm 2021-2027 weiter ausbauen und die Teilnahmerichtlinien entschlacken. Damit individueller Aufstieg erleichtert wird, brauchen wir zudem Verbesserungen beim Aufstiegs-BAföG, beispielsweise im Bereich der Lehr- und Prüfungsgebühren. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass Beruflich Qualifizierte die Möglichkeit haben, bis zu drei unabhängig voneinander förderfähige Fort- und Weiterbildungen im Rahmen der Stufen 6 und 7 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) wahrzunehmen. Diese altersunabhängigen Förderungen sollen keiner zeitlichen Beschränkungen unterliegen und damit zum Beispiel auch mehrmonatige Hospitanzen im Silicon Valley ermöglichen. 6. Förderung lebenslangen Lernens und Midlife-BAföG 6.1 Fort- und Weiterbildungen werden nicht nur in der beruflichen Bildung immer wichtiger. In Zeiten des digitalen Wandels ist lebenslanges Lernen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Grundlage für individuelle Aufstiegschancen. Fort- und Weiterbildungen in allen Lebenslagen sind aber nicht selten eine Frage der beruflichen und finanziellen Spielräume. Deshalb fordern wir Freie Demokraten, dass das steuer- und abgabenfreie Ansparen für Weiterbildungsangebote und Bildungsauszeiten im Rahmen eines persönlichen Freiraumkontos ermöglicht wird. In Anlehnung an die bereits in einigen Firmen existierenden Langzeitkonten sollen Arbeitgeber diesem Konto Resturlaubstage, Überstunden oder auch in Zeit umgewandelte Boni gutschreiben können. 7
6.2 Aber auch Menschen mit geringen finanziellen Kapazitäten soll die Chance auf lebenslanges Lernen nicht verwehrt bleiben. Deshalb setzen wir uns für einen Rechtsanspruch auf Midlife-BAföG ein. Alle volljährigen Staatsbürger mit geringen Einkommen und Wohnsitz im Inland sollen jährlich vom Staat ein einkommensabhängiges Bildungsguthaben auf ihr Freiraumkonto überwiesen bekommen. Dieses Guthaben, eben Midlife-BAföG, ist für direkte und indirekte Weiterbildungskosten einsetzbar und soll bis zu 10 Jahre lang angespart werden können. Der jährliche Höchstsatz von bis zu 1.000 Euro soll für Menschen unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle zur Verfügung stehen – für Einkommen oberhalb dieser Grenze soll es bis zum dritten Dezil des Nettoäquivalenzeinkommens eine linear sinkende Teilförderung geben. 7. Lehreraus- und -fortbildung renovieren: Duales Lehramtsstudium und Lehrkräfteakademie 7.1 Lebenslanges Lernen ist auch und besonders für den Lehrerberuf essentiell. Darum wollen wir bundesweite Mindeststandards für eine exzellente Lehrerausbildung etablieren. Die von uns angestrebte Grundgesetzänderung (siehe Punkt 1) ist hierfür Voraussetzung. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf Digitalkompetenzen, Einsatz Künstlicher Intelligenz für Lernprozesse sowie digitale Lern- und Lehrmethoden gelegt werden. Wir brauchen zudem ein umfassendes Auswahlverfahren vor der Zulassung zum Lehramtsstudium, das neben fachlichen auch soziale und personale Komponenten mitberücksichtigt. Finnland macht es vor. Dort wird in Studiengängen – in Anlehnung an das Erfolgsmodell der dualen Berufsausbildung – Theorie und Praxis sinnvoll miteinander verzahnt. Die verstärkte Kombination aus fachwissenschaftlicher Theorie und pädagogischer Anwendung soll in Reformstudiengängen erprobt und diese bei positiver Evaluation als Regelstudiengang eingeführt werden. 8
7.2 Auch im Bereich der Lehrerfortbildung gibt es viel zu tun. Wir Freie Demokraten setzen uns für einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung von 40 Stunden im Jahr ein, bei gleichzeitiger Fortbildungspflicht, deren Einhaltung im Sinne der Qualitätssicherung von den Ländern zu überprüfen ist. In diesem Zusammenhang brauchen wir eine Deutsche Lehrkräfteakademie, die Fortbildungen auf dem Stand neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt und anbietet. Wir müssen die Lehreraus- und -fortbildung grundlegend erneuern. Immerhin haben Lehrkräfte eine starke Prägungswirkung für ihre Schülerschaft. Die Qualität der Lehrerausbildung ist mitentscheidend für den Verlauf von Lebenskarrieren vieler junger Menschen. Gerade in der Corona-Pandemie sind viele Lehrerinnen und Lehrer über sich hinausgewachsen und haben, trotz unzureichender stattlicher Unterstützung aber dafür mit umso mehr persönlichen Engagement, innovative Unterrichtsmöglichkeiten entwickelt. Dafür gebührt ihnen Respekt. Jedoch sind die vielschichtigen Herausforderungen, mit denen sich der Lehrerberuf konfrontiert sieht, nicht erst seit der Krise bekannt. Die derzeitige Lehreraus- und -fortbildung ist stark renovierungsbedürftig. Sie verdient ein Update. 8. Quereinstieg ins Lehramt qualitativ absichern und erleichtern Der Lehrkräftemangel stellt unser Bildungssystem vor große Herausforderungen – nicht erst seit der Pandemie. Bis zum Jahr 2025 fehlen deutschlandweit rund 26.300 Grundschullehrer sowie 22.000 Berufsschullehrer (vgl. Bertelsmann Stiftung 2019; FiBS 2018). Diese Zahlen sind alarmierend. Neben besseren Arbeitsbedingungen und mehr Anreizen, sich für ein Lehramtsstudium zu entscheiden, brauchen wir vor allem mehr Durchlässigkeit im Bildungssystem. Nach dem Motto „Viele Wege führen zum Lehrerberuf“ müssen wir attraktive Möglichkeiten des Quer- oder Seiteneinstiegs schaffen. So soll künftig auch qualifizierten Quereinsteigern, die ein Referendariat und eine Fachrichtung absolviert haben, der Karriereweg zur Lehrkraft 9
offenstehen – auch ohne Lehramtsstudium. Wer anstelle eines Referendariats eine berufsbegleitende pädagogische Zusatzausbildung absolviert, soll als Seiteneinsteiger den Lehrerberuf ergreifen können. Innovative Modelle wie beispielsweise die Initiative „Teach First Deutschland“ zeigen vorbildhaft, wie temporär angestellte Assistenzlehrer Kinder und Jugendliche auf ihrem Ausbildungsweg erfolgreich begleiten können. Leider scheitert eine Festanstellung, trotz wechselseitigem Weiterbeschäftigungswunsch, oft an bürokratischen Hindernissen. Um den Lehrkräftemangel zu beheben, müssen wir also wegkommen von starren Karrierelaufbahnen und transparente sowie qualitativ hochwertige Spurwechsel ermöglichen. 9. Digitalpakt Hochschule Unsere Hochschulen sind Motor für Aufstieg und Innovation. Wie im primären und sekundären Bereich benötigen wir auch hier einen Digitalisierungsschub. Nicht zuletzt die Corona-Krise und die damit verbundene intensivierte digitale Lehre hat massiven Handlungsbedarf aufgezeigt. Auch der verschärfte internationale Wettbewerb bei den Hochschulstandorten zeigt, dass wir bei der Digitalisierung nicht weiter ins Hintertreffen geraten dürfen. Neben der Digitalisierung der Lehre, müssen wir auch bei der Digitalisierung der hochschulischen Prozesse und Administrationen endlich den Turbo zünden. Leider sträubt sich das Bundesbildungsministerium bis heute, einen Digitalpakt Hochschule auf den Weg zu bringen. Für uns Freie Demokraten unverständlich. Statt einzelner, kleinteiliger Bundesförderprogramme brauchen wir endlich einen Digitalpakt Hochschule aus einem Guss, um die Länder bei dringend notwendigen Zukunftsinvestitionen gezielt zu unterstützen und gleichzeitig Synergieeffekte bei Beschaffungsvorhaben und Lehrangeboten zu nutzen. Kurzfristig kann auch eine, wie von der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) bereits angemahnte, proportional zur Zahl der Studenten berechnete 10
staatliche Digitalisierungspauschale helfen, die Digitalisierung der Hochschulen schneller voranzutreiben. 10. Deutsche Transfergemeinschaft vorantreiben Wir müssen neben der Forschung und Lehre, den Transfer als dritte Hochschulmission verankern. Hierzu wollen wir Freie Demokraten die Gründung einer Deutschen Transfergemeinschaft (DTG) vorantreiben. Denn Deutschland verfügt derzeit über ein sehr fragmentiertes Forschungs- und Innovationssystem, das mit unterschiedlichen staatlichen Fördertöpfen subventioniert wird. Mit einer DTG können wir Unterstützungsmaßnahmen für anwendungsorientierte Forschung und damit auch den Transfer von Wissen und Erkenntnissen bündeln. Über die Förderanträge sollen politisch unabhängige Gremien entscheiden, in denen Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft angemessen vertreten sind. Mit einer Deutschen Transfergemeinschaft können wir gezielt längerfristige und tragfähige Partnerschaften ermöglichen und damit die Innovationskraft unserer Hochschulen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gleichermaßen heben. Hochschulen mit hoher Anwendungsorientierung können Regionen in ihrer regionalen Kraft und Dynamik stärken, das Risiko von Abgehängt-Werden verringern sowie Talente anziehen und langfristig binden. Impressum: Freie Demokratische Partei (FDP), Landesverband Bayern e.V., vertreten durch Daniel Föst, Goethestr. 17, 80336 München 11
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