Biogas - Potenziale stärker nutzen - Über die Rolle von Biogas beim Klimaschutz und mögliche Synergieeffekte von Biogaserzeugung und Tierhaltung ...

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Der kritische Agrarbericht 2021

( Schwerpunkt »Welt im Fieber – Klima & Wandel«

Biogas – Potenziale stärker nutzen
Über die Rolle von Biogas beim Klimaschutz und mögliche Synergieeffekte
von Biogaserzeugung und Tierhaltung

von Horst Seide

                       Die Energiewende kann nur gelingen, wenn alle erneuerbaren Energiequellen ihre Vorteile opti-
                       mal einbringen. Biogas kann immer dann einspringen, wenn es dunkel ist und wenig Wind weht.
                       Und dabei nicht nur Strom erzeugen, sondern auch Wärme und Kraftstoff. Biogasanlagen eignen
                       sich deshalb perfekt als wichtiger Lückenfüller in der regenerativen Energiewende. Die wichtigsten
                       landwirtschaftlichen Reststoffe sind Gülle, Jauche und Festmist. Derzeit wird etwa ein Viertel der
                       in Deutschland anfallenden tierischen Exkremente in Biogasanlagen vergoren. Dabei wird nicht
                       nur Energie gewonnen. Es werden auch klimaschädliche Gase, die bei der offenen Lagerung die-
                       ser Reststoffe entstehen, aufgefangen, bevor sie in die Atmosphäre entweichen können. Der fol-
                       gende Beitrag beschreibt den Entwicklungsstand bei der landwirtschaftlichen Biogasnutzung und
                       zeigt insbesondere die Potenziale und möglichen Synergieeffekte auf, die eine Biogaserzeugung in
                       ­engem Verbund mit der landwirtschaftlichen Tierhaltung entfalten und nutzen könnte. Der Autor
                        appelliert zugleich an die Bundesregierung, in den laufenden Gesetzgebungsverfahren den Beitrag
                        der Bioenergie weiterzuentwickeln und so einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Erreichung der
                        vorgegebenen Klimaziele zu gehen.

Nachdem das Thema Klimaschutz über lange Zeit nicht            Biogas – Status quo …
mehr so sehr im Fokus von Politik und Öffentlichkeit
stand, hat sich dies Mitte dieses Jahrzehnts geändert.         Ein wesentlicher Anteil der Emissionen der Landwirt-
Durch die Einigung auf der Klimakonferenz in Paris             schaft entfallen mit rund 33 Millionen Tonnen CO2-
Ende 2015 sowie die Veröffentlichung des neuen Kli-            Äquivalente auf Methanemissionen (Werte von 2017).2
maschutzplans 20501 der Bundesregierung im Novem-              Diese stammen aus der Verdauung von Wiederkäuern
ber 2016 ist die Bedeutung des Klimaschutzes wieder            sowie aus der Lagerung von Wirtschaftsdüngern (Gül-
gestiegen. Der Klimaschutzplan 2050 zeigt die Grund-           le und Mist). Biogasanlagen, die Wirtschaftsdünger
linien für die Umsetzung der langfristig angelegten            vergären, fangen die bei der Lagerung anfallenden Me-
Klimaschutzstrategie der Bundesregierung auf: Ziel ist         thanemissionen auf und nutzen diese energetisch. Da-
es, die Treibhausgasemissionen (THG-Emissio­nen) in            durch werden nicht nur in der Landwirtschaft Treib-
Deutschland bis 2030 um 55 Prozent zu senken und bis           hausgase verringert, sondern auch im Energiesektor
2050 nahezu treibhausgasneutral zu werden. Bis zum             (Wärme und/oder Strom) oder dem Verkehrssektor
Jahr 2030 werden jedem Sektor Teilziele zugeordnet             durch den Ersatz fossiler Energieträger. Die Vergärung
(Tab. 1). Für die Landwirtschaft bedeutet dies eine Re-        von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen stellt damit
duzierung der THG-Emissionen um 31 bis 34 Prozent              einen effizienten Weg dar, landwirtschaftliche (und
bis 2030 gegenüber 1990. Insgesamt sollen die Emissi-          energetische) THG-Emissionen zu reduzieren und so
onen der Landwirtschaft in Höhe von rund 70 Millio-            die Sektorziele des Klimaschutzplans und die nationa-
nen Tonnen CO2-Äquivalente auf rund 60 Millionen               len Klimaziele zu erreichen.
Tonnen gesenkt werden. Eine explizit genannte Maß-                Es ist aber nicht die Vergärung von Gülle und Wirt-
nahme für den Sektor Landwirtschaft ist die verstärkte         schaftsdünger allein, die im landwirtschaftlichen Be-
Vergärung von Wirtschaftsdüngern tierischer Her-               reich zum Klimaschutz beiträgt. Die Bioenergie leistet
kunft und landwirtschaftlichen Reststoffen.                    bereits heute einen signifikanten Beitrag zur Dekar-

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Agrarpolitik und soziale Lage

bonisierung des gesamten Energiesystems. Unter der                      rantierten Einspeisevergütung des Erneuerbare Ener-
Berücksichtigung von ambitionierten Nachhaltig-                         gien Gesetzes (EEG). Daher stellt sich für immer mehr
keitskriterien kann dieser weiter ausgebaut werden.                     Anlagenbetreiber die Frage, wie sie ihre Biogasanlage
Wie Tabelle 2 zeigt, werden durch die Nutzung Erneu-                    weiterhin rentabel betreiben können. Entgegen der
erbarer Energien bereits heute jährlich 187 Millionen                   Hoffnung und Erwartung vieler, sind die Marktpreise
Tonnen CO2-Äquivalente eingespart. Die Bioenergie                       nicht so stark angestiegen, dass Biogasstrom mittel-
– und dabei vor allem die Nutzung nachwachsen-                          fristig tatsächlich ohne Förderung wirtschaftlich zu
der Rohstoffe – trägt mit einer Einsparung von rund                     erzeugen wäre. Dies liegt unter anderem daran, dass
64 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente wesentlich
zum Klimaschutz bei. In den Bereichen Wärme und                         ■   bislang nicht alle negativen Effekte der fossilen
Kraftstoff ist die Bioenergie sogar führend.                                Energieträger und der Kernenergie in deren Kos-
   Neben der Einsparung von THG-Emissionen im                               tenrechnung einfließen,
Strom-, Verkehrs- und Wärmesektor entsteht ein si-                      ■   die Strombereitstellungskosten aus Photovoltaik
gnifikanter Klimaschutzbeitrag auch durch die CO2-                          und insbesondere Windenergie enorm gesunken
Bindung durch den Aufbau von Wurzelmasse und                                sind und
die Kaskadennutzung von Rest- und Abfallstoffen, die                    ■   in den immer noch »fossilen« Marktstrukturen im
THG-Emissionen in der Industrie (Abfälle) und in der                        Stromsektor die Flexibilität und gesicherte Verfüg-
Landwirtschaft (Mist und Gülle) vermeidet.                                  barkeit der Biogasstromeinspeisung nur rudimen-
                                                                            tär vergütet wird.
… und aktueller Förderrahmen
                                                      Seit Inkrafttreten des EEG 2017 existiert zwar die Mög-
Mit Beginn des Jahres 2020 endete für einige Biogas-  lichkeit einer zehnjährigen Weiterförderung, dies al-
anlagen bereits die erste 20-jährige Periode mit der ga-
                                                      lerdings bei reduzierten Vergütungssätzen. Nicht zu-
                                                                          letzt deshalb steigt das Interesse an
                                                                          einer zusätzlichen oder insgesamt
  Tab. 1: THG-Minderungsziele laut Klimaschutzaktionsplan 2050 –          alternativen Vermarktung von
  Emissionen in unterschiedlichen Handlungsfeldern3                       Biogas und dessen Produkten au-
                                                                          ßerhalb des EEG.
  Handlungs-             1990              2014              2030                2030
  feld              (in Mio. Tonnen   (in Mio. Tonnen   (in Mio. Tonnen      (Minderung
                        CO2-Äq.)          CO2-Äq.)          CO2-Äq.)         in % gegen-      Aktueller Stand
                                                                              über 1990       Die Biogasbranche hatte sich
  Energie­                                                                                    durch die günstigen Rahmenbe-
                          466               358            175–183             62–61 %
  wirtschaft                                                                                  dingungen im EEG 2004, EEG
  Gebäude                 209               119              70–72             67–66 %        2009 und EEG 2012 sehr dyna-
  Verkehr                 163               160              95–98             42–40 %        misch entwickelt. Ende 2019 lag die
  Industrie               283               181            140–143             51–49 %        Bruttostromerzeugung bei rund
  Land­wirtschaft          88                72              58–61             34–31 %
                                                                                              33 Terawattstunde5 und liegt damit
                                                                                              an dritter Stelle hinter Windener-
  Teilsumme             1.209               890            538–557              56–54 %
                                                                                              gie und Photovoltaik. Dies zeigt,
  Sonstige                 39                12                     5              87%
                                                                                              dass die Biogasproduktion einen
  Gesamt­summe          1.248               902            543–562              56–55 %       wesentlichen Beitrag zur erneuer-
                                                                                              baren Stromversorgung leistet. Da-
  Tab. 2: Vermiedene THG-Emissionen durch die Nutzung Erneuer­                                bei hat Biogas als speicherfähiges
  barer Energien in Deutschland (2017)4                                                       Energieprodukt eine Sonderrolle
                                                                                              im zukünftigen Energiesystem
                       Kraftstoffe         Wärme             Strom              Gesamt
                    (in Mio. Tonnen   (in Mio. Tonnen   (in Mio. Tonnen     (in Mio. Tonnen   Deutschland.
                        CO2-Äq.)          CO2-Äq.)          CO2-Äq.)            CO2-Äq.)         Neben dem Beitrag zur Ener-
  Bioenergie              7,0              30,2              27,1                64,3         giewende ist auch der Beitrag zum
  Wasserkraft                                                15,0                15,0
                                                                                              Klimaschutz beträchtlich. Von den
                                                                                              über 60 Millionen Tonnen CO2-
  Windenergie                                                71,2                71,2
                                                                                              Äquivalente Einsparung pro Jahr
  Solarenergie                              2,0              24,5                26,5
                                                                                              der Bioenergiebranche (Tab. 2)
  Geothermie/
                                            1,6               0,1                 1,7         entfallen aktuell 20 Millionen
  Umweltwärme
                                                                                              Tonnen auf den Biogasbereich. Seit
  Gesamt                  7,0              33,8             137,9               178,7
                                                                                              Beginn 1992 haben Biogasanlagen

                                                                                                                                   75
Der kritische Agrarbericht 2021

mittlerweile über 216 Millionen Tonnen CO2-Äquiva-
lente eingespart.                                            Tab. 3: Gebotshöchstwert im Ausschreibungs-
   Der ehemals dynamische Zubau wurde mit dem                modell des EEG 2017 in Cent/Kilowattstunde
EEG 2014 und dem EEG 2017 aufgrund gesunkener
Förderhöhe stark verringert. Momentan werden vor                               Neuanlagen      Bestandsanlagen
allem Güllekleinanlagen noch zugebaut. Die Folgen          Ab 01.01.2017          14,88             16,90
des verringerten Zubaus sowie das Ende der 20-jäh-
                                                           Ab 01.01.2018          14,73             16,73
rigen EEG-Förderung wird dazu führen, dass – ohne
entsprechende wirtschaftliche Anreize – ein Rückbau        Ab 01.01.2019          14,58             16,56
der Anlagen die Folge wäre – mit ebenfalls fatalen Fol-    Ab 01.01.2020          14,44             16,40
gen für den Klimaschutz, da damit auch Wirtschafts-        Ab 01.01.2021          14,29             16,23
dünger aus den geschlossenen Behältern der Biogas-
                                                           Ab 01.01.2021          14,15             16,07
anlagen herausgenommen wird.
   Um dies zu verhindern, müssen perspektivisch
Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen               Entscheidend für den Erfolg des Ausschreibungs-
wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen. Dabei gilt es       modells und die wirtschaftliche Attraktivität sind die
nicht mehr allein die Energieproduktion anzureizen,       im EEG 2017 festgelegten Höchstwerte für die Gebote.
sondern zusätzlich die positiven Dienstleistungen –       Gibt ein Betreiber ein Gebot oberhalb dieses Wertes
allen voran den Klimaschutzbeitrag – zu honorieren.       ab, kann er keinen Zuschlag bekommen. Die Gebots-
                                                          höchstwerte unterscheiden sich zwischen Neu- und
Rahmenbedingungen bei der Stromvermarktung – EEG          Bestandsanlagen und unterliegen einer Degression
Das EEG war die Grundlage der Entwicklung der             (siehe Tab. 3).
Biogasbranche und wird es voraussichtlich auch               Diese Höchstwerte liegen deutlich unter der bis-
kurz- bis mittelfristig blieben. Dabei heißt Förderung    herigen Vergütung vieler Bestandsanlagen. Gerade
auf Basis des EEG nicht mehr automatisch die Aus-         im Bereich Neuanlagen sind damit fast ausschließlich
zahlung einer Festvergütung, die mittlerweile eher die    Projekte auf Basis von Abfällen und Nebenprodukten
Ausnahme darstellt. Mit den letzten Novellen wur-         realisierbar. Die in Deutschland lange Zeit typischen
den Leitplanken gesetzt, die mehr Wettbewerb und          Nachwachsende-Rohstoff-(NawaRo)-Anlagen auf der
Marktanreize setzen sollen, ohne jedoch den Aspekt        Basis von Energiepflanzen sind dagegen nicht wirt-
Klimaschutz zu bewerten.                                  schaftlich. Aber auch für Bestandsanlagen mit einem
   Mit dem EEG 2017 wurde die Förderung im We-            höheren Gebotshöchstwert als der von Neuanlagen
sentlichen auf ein Ausschreibungsmodell umgestellt.       bedeutet der Gebotshöchstwert einen massiven Ein-
Die Ausnahme bilden Anlagen mit weniger als 150 Ki-       schnitt. Die Betreiber müssen nun kalkulieren, ob mit
lowatt installierter Leistung, die weiterhin eine Fest-   der bestehenden Anlage solch niedrigen Stromgeste-
vergütung beanspruchen können. Die dabei festgeleg-       hungskosten erreichbar sind. Im Gegensatz zu früher
ten Vergütungsätze sind dabei sehr niedrig angesetzt,     sind keine weiteren Boni, mit Ausnahme des Flexibi-
sodass, wie oben bereits erwähnt, einzig Gülleklein-      litätszuschlags in Höhe von 40 Euro pro Kilowatt ins-
anlagen bis 75 Kilowatt Bemessungsleistung, die eine      tallierter Leistung, vorgesehen.
Sondervergütung erhalten, in nennenswertem Um-               Neben dem Höchstwert gibt es weitere Vorausset-
fang (100 Anlagen pro Jahr) zugebaut werden.              zungen, die ein Projekt erfüllen muss. Ab 100 Kilowatt
   Die restlichen Projekte müssen den Weg über ein        ist dabei die Direktvermarktung im Marktprämien-
Ausschreibungsverfahren gehen. Dabei wird ein fest-       modell vorgeschrieben. Gleichzeitig ist die Bemes-
gelegtes Volumen an installierter Leistung in zwei        sungsleistung auf die Hälfte der installierten Gebots-
Ausschreibungen pro Jahr vergeben. Die eingegange-        leistung festgelegt, was einer verpflichtenden Doppel-
nen Gebote werden dann anhand der Gebotshöhe für          überbauung entspricht. Weiterhin gibt es technische
die gewünschte Vergütung gereiht. Die günstigsten         Vorgaben sowie eine Obergrenze für Substrate wie
Gebote innerhalb des Ausschreibungsvolumens be-           Mais und Getreidekorn.
kommen einen Zuschlag in Höhe ihres Gebots, der für          Die bisherigen Ausschreibungen, die durch die Bun-
Neuanlagen dann 20 Jahre gilt. An diesen Ausschrei-       desnetzagentur (BNetzA) durchgeführt wurden, waren
bungen dürfen sich auch Bestandsanlagen beteiligen        nur bedingt erfolgreich. Bei keiner wurde das ausge-
und sich auf diesem Weg eine Anschlussförderung           schriebene Volumen nur ansatzweise ausgeschöpft.
von zehn Jahren ersteigern. Ausgeschrieben werden            Die insgesamt mangelnde Beteiligung von Be-
dabei jährlich zwischen 150 und 200 Megawatt, wo-         standsanlagen ist hauptsächlich mit der begrenzten
bei das nicht bezuschlagte Volumen auf die Folgeaus-      Wirtschaftlichkeit begründet und weniger mit dem
schreibung übertragen wird.                               Verfahren an sich. Nur im Ausnahmefall und unter

76
Agrarpolitik und soziale Lage

Ausschöpfung weiterer Einkommensbausteine (Wär-            hat die Bundesregierung eine Pönale (Strafzahlung)
me- bzw. Stromvermarktung) stellt der Höchstwert           festgelegt. Die Pönale beträgt 470 Euro pro Tonne
eine ausreichend hohe Vergütung dar. Oftmals betei-        CO2-Äquivalente und ist damit um das 20-Fache hö-
ligen sich Betreiber an der Ausschreibung, obwohl die      her als der bekannte Börsenpreis für CO2-Zertifkate,
Wirtschaftlichkeit nicht für die kompletten zehn Jahre     die von der Deutschen Emissionshandelsstelle ausge-
gegeben ist und keine Ersatzinvestitionen getätigt wer-    geben und z. B. an der Börse (EEX) gehandelt werden.
den können. Aufgrund einer mangelnden Alternative          Wegen dieser hohen Pönale ergibt sich ein wirtschaft-
außerhalb des EEG macht die Teilnahme dennoch              licher Anreiz für den Einsatz von Biokraftstoffen und
Sinn, da zumindest noch wenige Jahre gewinnbrin-           damit von Biomethan.
gende Erlöse erwirtschaftet werden können.                    Quotenverpflichtete Mineralölunternehmen haben
                                                           mehrere Möglichkeiten ihre THG-Minderungsquote
Vermarktung der Kraftstoffquote im aktuellen               zu erfüllen (z. B. Beimischung oder Direktverbrauch
Rechtsrahmen                                               von Biokraftstoffen). Das einzelne Mineralölunterneh-
Mit der Verabschiedung der Erneuerbare-Energien-           men wird die jeweils preisgünstigste Variante wählen.
Richtlinie (Renewable Energy Directive – kurz RED)         Grundsätzlich ist die Verwendung von Biokraftstoffen
im Jahr 2009 wurde der Rechtsrahmen für die För-           wirtschaftlicher als die Zahlung der Pönale bei Nicht-
derung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren            erreichung der THG-Minderungsquote. Die Pönale
Quellen in der EU gelegt. Unter anderem wurden             ist damit aber auch der höchste (Markt-)Wert, den die
darin erstmals Nachhaltigkeitskriterien für Biokraft-      THG-Quote des Biokraftstoffs kosten kann.
stoffe verbindlich definiert. Neben der nachhaltigen          In der Realität werden die THG-Quoten nicht zum
Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Flä-       Wert der Pönale verkauft. Hier entscheidet schluss-
chen und dem Schutz natürlicher Lebensräume wur-           endlich die Wettbewerbsfähigkeit zwischen den ein-
de der Nachweis einer bestimmten THG-Minderung             zelnen Biokraftstoffen. Je geringer die CO2-Minde-
gefordert.                                                 rungskosten des Biokraftstoffs, desto günstiger kann
   Damit der Einsatz von Biokraftstoffen, und dazu         der Biokraftstofferzeuger die Quote dem Mineralöl-
zählt Biomethan, in den Mitgliedstaaten gefördert          unternehmen anbieten. Verkauft ein Biomethaner-
werden darf, muss die THG-Minderung, die mit der           zeuger eine THG-Minderungsquote, steht er in Kon-
Verwendung von Biokraftstoffen im Vergleich zu fos-        kurrenz zu seinen Mitbewerbern, die Biodiesel bzw.
silen Kraftstoffen erzielt wird, seit 2018 mindestens      Bioethanol anbieten. Deren Quotenpreis wiederum
60 Prozent betragen. Für die Berechnung der Minde-         hängt vom Preisunterschied zu fossilem Diesel bzw.
rung werden methodische Grundlagen festgelegt und          Benzin ab.
zudem Standardwerte geliefert, die die Berechnung             Lange Jahre hatte sich der Preis für die THG-Quote
erleichtern.                                               im Bereich von 150 bis 200 Euro pro Tonne CO2-Äqui-
   Die Vorgaben der geltenden RED wurden in                valente bewegt. Bei diesem Preis konnten Produzen-
Deutschland für den Kraftstoffbereich durch die Bio-       ten von Biomethan auf Basis von Bioabfällen umge-
kraft-Nachhaltigkeitsverordnung umgesetzt. Daneben         rechnet rund vier Cent pro Kilowattstunde Biomethan
gibt es weitere Gesetze und Rechtsverordnungen, in         durch den Verkauf der Quote realisieren. Der Erlös
denen Details zur Förderung von Biokraftstoffen gere-      hängt natürlich von den berechneten Emissionen des
gelt werden. Von großer Bedeutung für die Förderung        Biomethans ab. Schlussendlich ist der Verkauf dieses
der THG-Minderung sind die Paragraphen ­37a-g des          Biomethans nur dank dieser Erlöse wirtschaftlich, da
Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Die darin festge-         das Wettbewerbsprodukt fossiles Erdgas für rund zwei
legten Regelungen zur THG-Quote gelten seit 2015           Cent pro Kilowattstunde gehandelt wird und die Bio-
und lösen das Biokraftstoffquotengesetz ab. Bis dahin      methangestehungskosten auf Basis von Abfällen bei
gab es in Deutschland eine energetische Quote, d. h. es    fünf bis sieben Cent liegen.
musste eine Mindestmenge an Biokraftstoffen in Ab-
hängigkeit vom Energiegehalt in Deutschland vertankt       Perspektiven für Biogas
werden. Seit 2015 ist hingegen eine THG-Einsparung
von – beispielsweise für das Jahr 2020 – mindestens        Bundesregierung sieht Perspektive im Strombereich
sechs Prozent erforderlich.                                Ein für die Biogasbranche wichtiger Beschluss im
   Zur Einhaltung der Quote sind alle Marktakteure         Rahmen des Klimapaketes im Herbst 2019 war die
verpflichtet, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirt-        Festlegung eines verbindlichen Ziels für den Anteil
schaftlicher Unternehmungen zu versteuernde Otto-          der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch
oder Dieselkraftstoffe in Verkehr bringen. Die THG-        für 2030. Das immens wichtige Signal für Anlagen-
Minderung kann durch den Einsatz von Biokraftstof-         betreiber ist insbesondere die Verabschiedung von
fen erreicht werden. Falls die Quote nicht erfüllt wird,   Sektorzielen für 2030. Erstmals werden konkrete Leis-

                                                                                                                   77
Der kritische Agrarbericht 2021

                                                                                    Bedeutung als Einkommensbaustein
     Tab. 4: Einordnung Ausbauziel Biomasse im Klimaschutz­                         oder zur Relativierung der im Ver-
     programm (KSP) 20306                                                           gleich zu den fossilen Energieen höhe-
                      Ausbauziel      Branchen-       Branchen-       Branchen-
                                                                                    ren Stromgestehungskosten. Mit dem
                       KSP 2030         zahlen       zahlen Feste       zahlen      Klima­paket wurde eine weitere Form
                                        Biogas        Biomasse          Summe       der CO2-Bepreisung auf den Weg ge-
   Installierte
                           8,4            5,2             1,6             6,8
                                                                                    bracht, die hauptsächlich dazu führt,
   Leistung (GW)                                                                    dass fossile Energieträger teurer wer-
   Stromerzeugung
                          42,0           33,4            10,6            44,0
                                                                                    den. Damit ist jedoch nicht direkt eine
   (TWh)                                                                            Einkommenswirkung für den Landwirt
   Bemessungs­
                           4,8            3,8             1,2             5,0       verbunden. Im Verkehrssektor ist eine
   leistung (GW)
                                                                                    Bewertung der THG-Einsparung be-
                                                                                    reits umgesetzt und sorgt beispielsweise
   Tab. 5: Emissionen von Biomethan: Standardwerte der RED/                         dafür, dass Biomethan aus Abfallbiogas­
   RED II im Vergleich zu tatsächlichen Werten                                      anlagen wettbewerbsfähig ist.
                                                                                       In diesen Markt kommt nun neue Be-
   Quelle                 Einheit         Gülle        Bioabfall      80 % Gülle    wegung. Die RED wurde in den letzten
                                                                      20 % Mais
                                                                                    Jahren auf EU-Ebene überarbeitet und
   RED                  g CO2Äq/MJ*         16             23          kein Wert    am 3. Dezember 2018 verabschiedet. Die
   RED II               g CO2Äq/MJ        –100             14             –12       RED II muss von den Mitgliedstaaten
   BLE** Evaluations­                                                               der EU bis zum 1. Juli 2021 in geltendes
                        g CO2Äq/MJ      kein Wert           8          kein Wert
   bericht 2017                                                                     Recht überführt werden. Im Beschluss
* Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule | ** Evaluationsbericht der Bundesanstalt für zur RED II werden neue THG-Minde-
Landwirtschaft und Ernährung (BLE) 20177                                            rungsziele formuliert und überarbeitete
                                                                                    Berechnungsvorgaben festgelegt. Unter
tungen und Strommengen genannt, die für die einzel- anderem werden darin der Güllevergärung sehr hohe
nen Erneuerbare-Energien-Technologien vorgesehen THG-Minderungswerte zugewiesen (Tab. 5).
sind. Für Biomasse werden als Ziel für 2030 42 Tera-                     Mit der RED II werden erstmals die vermiedenen
wattstunden Strom bei einer installierten Leistung von Emissionen der Wirtschaftsdüngerlagerung berück-
8,4 Gigawatt ausgegeben (Tab. 4).                                    sichtigt. Durch diese Gutschrift resultiert ein Emissi-
   Bei einem Vergleich der aktuellen Branchenzahlen onswert kleiner Null. Dies führt dazu, dass Mischun-
mit den Zielen der Bundesregierung wird klar, dass gen von Gülle mit beispielsweise Mais ebenfalls eine
die Stromproduktion erhalten und die Leistung so- sehr hohe THG-Minderung aufweisen können. Der
gar noch ausgebaut werden soll. Für die EEG-Novelle Evaluationsbericht der Bundesanstalt für Landwirt-
2020 ist dieser Ausbaupfad ein wichtiges Signal. Die schaft und Ernährung (BLE) zeigt zudem, dass die
Bundesregierung wird das selbstgesetzte Ziel nur er- Emissionen von Biomethan auf der Basis von Abfällen
reichen, wenn im EEG kräftig nachgebessert wird. die Standardwerte aus der RED/RED II unterschrei-
Eine Erhöhung der Gebotshöchstwerte hat dabei ten. Die THG-Minderung bei Kraftstoffen berech-
höchste Priorität. Eine weitere Anpassung im EEG, net sich immer im Verhältnis zum Komparator für
die Biogasanlagen eine Perspektive eröffnen würde, fossile Brennstoffe im Verkehrssektor in Höhe von
wäre die Weiterentwicklung der Sondervergütungs- 94 Gramm CO2-Äquivalente pro Megajoule.
klasse für Güllevergärung (Erhöhung auf 150 Kilo-                        Unter Annahme der heute gültigen Quotenrege-
watt Bemessungsleistung) und deren Öffnung für lung würde diese hohe THG-Einsparung einen ent-
den Bestand.                                                         sprechenden wirtschaftlichen Mehrwert bedeuten. Im
   Die genannten Ansätze werden beispielsweise von Folgenden (Abb. 1) soll der Quotenwert für drei CO2-
den Bundesländern mitgetragen. Hierzu gibt es ei- Preise (20 Euro pro Tonnen CO2-Äquivalente = Preis
nen Beschluss im Bundesrat. Wird den Wünschen EEX; 150 Euro pro Tonnen CO2-Äquivalente = Preis
der Branche Rechnung getragen, wird die Vermark- Kraftstoffquote 2018; 470 Euro pro Tonnen CO2-Äqui-
tung von Strom über das EEG die dominierende Zu- valente = Pönale) dargestellt werden. Dabei wird auch
kunftsoption sein. Betreiber müssen deshalb die Ent- noch hinsichtlich der eingesetzten Substrate und der
wicklung in den nächsten Monaten gut verfolgen.                      daraus resultierenden CO2-Minderung unterschieden:

Funktionierende CO2-Märkte im Kraftstoffsektor                 ■   Biomethan aus 100 Prozent Abfall: acht Gramm
Für eine zukunftsfähige Biogaserzeugung hat die Be-                CO2-Äquivalente pro Megajoule (Praxiswert aus
preisung des erbrachten Klimaschutzes eine wichtige                Evaluationsbericht der BLE),

78
Agrarpolitik und soziale Lage

                                                                                                               bei einem angenommen CO2-Preis von 150 Euro pro
    Abb. 1: Mögliche Erlöse aus dem Verkauf der                                                                Tonne CO2-Äquivalente. Auch eine Mischung von
    Kraftstoffquote in Abhängigkeit vom Einsatz-                                                               80 Prozent Gülle mit 20 Prozent Mais könnte dann
    stoff und vom CO2-Preis                                                                                    interessant sein. Inwieweit sich diese Situation ab
                                                                                                               2021 einstellt, kann aktuell nicht vorhergesagt wer-
                                                                                                             den. Hier bleibt abzuwarten, wie die nationale Um-
                                                                         von links:
                                              ,                                                            setzung ausgestaltet wird. Es ist allerdings zu hoffen,
                                                                            Abfall
                                                                                                             dass Deutschland die Vorgaben so umsetzt, dass das
                                                                            Gülle
                                                                                                               Potenzial der Güllevergärung entsprechend gehoben
    Quotenwert in ct/kWh Biomethan

                                                                            Gülle  Mais
                                                                                                             wird. Die Zertifizierungssysteme (z. B. RedCert) und
                                                                                                               Verbände bereiten schon jetzt die Umsetzung der
                                     
                                                  ,
                                                                                                               RED II vor.

                                        ,
                                                                                                               Klimaschutzpotenzial von Biogas
                                                               ,
                                     
                                                                                                               Rund 25 Prozent des in Deutschland anfallenden
                                                                                                 © Rauh
                                                           ,
                                                                       ,                                    Wirtschaftsdüngers wird in Biogasanlagen vergoren.
                                      
                                                                                                               Dies spart THG-Emissionen von etwa 2,19 Millionen
                                                                                , , ,
                                     
                                                                                                               Tonnen CO2-Äquivalente ein – allein durch die Ver-
                                           EUR/t CO     EUR/t CO         EUR/t CO                   meidung der Methanemissionen aus der Lagerung der
                                           Pönale laut    Preis Kraftstoff-       Preis der                    Wirtschaftsdünger in der Viehhaltung. Hinzu kommt
                                            Blm SchG         quote im          CO-Zertifikate
                                                           Sommer          an der EEX im                   die Vermeidung von THG-Emissionen durch die Be-
                                                                              Emissionshandel                  reitstellung klimafreundlicher Energie. Nach Berech-
                                                                                                               nungen des Fachverband Biogas e.V. (FvB) liegt das
                                                                                                               Potenzial an vermiedenen Emissionen aus der Wirt-
■   Biomethan aus 100 Prozent Gülle: minus 100                                                                 schaftsdüngerlagerung durch eine Vergärung in Bio-
    Gramm CO22-Äquivalente pro Megajoule (RED II),                                                             gasanlagen in folgender Größenordnung:
■   Biomethan aus 80 Prozent Gülle und 20 Prozent                                                                 Im Sinne des Klimaschutzes in der Energie- und
    Mais: minus zwölf Gramm CO2-Äquivalente pro                                                                Landwirtschaft, im Sinne einer dezentralen Ener-
    Megajoule (RED II).                                                                                        gieversorgung in den Sektoren Strom, Wärme und
                                                                                                               Kraftstoff sowie im Sinne einer sinnvollen Struktur-
Die Graphik (Abb. 1) zeigt mit der jeweils linken Säule                                                        politik für den ländlichen Raum muss es das Ziel der
für einen Quotenpreis von 150 Euro pro Tonne den                                                               Politik sein, das freie Potenzial der Güllevergärung zu
oben bereits angesprochenen Praxiswert (4,4 Cent pro                                                           erschließen sowie die bestehende Güllevergärung zu
Kilowattstunde Biomethan), der mit Abfallbiomethan                                                             erhalten.
im Sommer 2018 erlöst werden konnte. Reines Nawa-                                                                 Neben angepassten Regeln auf den Energiemärkten
Ro-Biomethan ist aufgrund der höheren Erzeugungs-                                                              und bei der Bepreisung von CO2 haben weitere recht-
kosten und der geringeren THG-Minderung für den                                                                liche Rahmenbedingungen entscheidenden Einfluss
Absatz im Kraftstoffbereich nicht interessant. Die No-                                                         auf die Zukunftsfähigkeit der Biogasbranche, hier vor
velle der RED kann aber dazu führen, dass insbeson-                                                            allem die steigenden Anforderungen an den Betrieb
dere die Aufbereitung von Biomethan auf Basis von                                                              von Biogasanlagen wie z. B. die Düngeverordnung, die
Gülle an Bedeutung gewinnt. Die hohe THG-Minde-                                                                Technische Regel für Anlagensicherheit – Sicherheits-
rung führt zu einem entsprechend hohen Quotenwert                                                              technische Anforderungen an Biogasanlagen (TRAS)
von um die zehn Cent pro Kilowattstunde Biomethan                                                              oder Vorgaben zum Netzanschluss. Häufig sind damit

    Tab. 6: THG-Vermeidung durch Vergärung des Wirtschafts­düngers in Biogasanlagen

                                                                    Biogas                        Brutto-Strom             Installierte Leistung          Vermiedene
                                                                                                 (Bem.-Leistung)              (bei doppelter           Methanemissionen
                                                                                                                               Überbauung)                (in CO2-Äq.)

    Realistisches Potenzial                                       30.000 GWh                              1.300 MW              2.600 MW                    5,25 Mio. t

    Bereits genutzt                                               12.500 GWh                              540 MW                1.080 MW                    2,19 Mio. t

    Freies Potenzial                                              17.500 GWh                              760 MW                1.520 MW                    3,06 Mio. t

                                                                                                                                                                             79
Der kritische Agrarbericht 2021

     Folgerungen     & Forderungen
     ■   Klimaschutz hat einen herausragenden Stellenwert in              triebe diskutiert, die Ammoniakemissionen aus der
         der öffentlichen und politischen Diskussion. Deswegen            Wirtschafts­d üngerlagerung um über 80 Prozent zu
         sprechen nicht wenige von CO2-Einsparung als Wäh­                reduzieren.
         rung der Zukunft, gerade für Ereneuerbare-Energie-           ■   Ohne eine gasdichte Abdeckung des Güllelagers ist
         Anlagen und damit auch Biogasanlagen. Biogasanla­                dieses nach Stand der Technik nicht zu erreichen. Eine
         gen können dabei sowohl im kleinen als auch großen               Biogasanlage stellt nicht nur die Gasdichtigkeit sicher,
         Maßstab zur Erreichung von Klimazielen beitragen.                sondern bietet zudem eine Verwertungsmöglichkeit
         Die Politik entscheidet letztlich, welche Marktplätze            für das aufgefangene Gas. Durch das Zusammenwirken
         es gibt.                                                         von Tierhaltung und Biogasanlage ergibt sich so auch
     ■   Aktuell kristallisieren sich zwei Hauptnutzungspfade             eine deutlich bessere Kostenverteilung.
         für Biogas heraus. Auf der einen Seite die Vermarktung       ■   Neue Herausforderungen für die Landwirtschaft bein­
         von Strom und Wärme im EEG und zum anderen von                   haltet die novellierte Düngeverordnung. Mit der Ver­
         Kraftstoff über THG-Quotenregelungen. In beiden                  ordnung gehen unter anderem Verschärfungen bei den
         Optionen finden Landwirte Geschäftsmodelle, wobei                Sperrfristen einher, die zu einer Anpassung der Frucht­
         klar ist, dass der Fokus im Kraftstoffbereich bei Abfällen       folge und/oder einer Ausweitung der Lagerkapazitäten
         und Reststoffen (unter anderem Wirtschaftsdünger)                führen können. Sollten in diesem Zusammenhang neue
         liegen muss.                                                     Lagerkapazitäten erforderlich werden, können sich
     ■   Die Tierhaltung steht vor der Herausforderung, die               durch das Nebeneinander von Tierhaltung und Bio­
         Ammoniakemissionen spürbar senken zu müssen,                     gaserzeugung – eventuell in Kooperation mit ähnlich
         um die Minderungsverpflichtungen der sog. NEC8-                  gelagerten Tierhaltungsbetrieben – Synergieeffekte
         bzw. NERC-Richtlinie9 einzuhalten. In der nationalen             ergeben, die entsprechende Kosteneinsparungen nach
         Umsetzung werden Auflagen für Tierhaltungsbe­                    sich ziehen.

steigende Kosten verbunden, die insbesondere kleine-                  Anmerkungen
re Anlagen vor große Probleme stellen.                                 1 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare
                                                                         Sicherheit: Der Klimaschutzplan 2050 – Die deutsche Klima­
   Umso wichtiger sind Rahmbedingungen, die dem                          schutzlangfriststrategie. Berlin 2016 (www.bmu.de/themen/
Betreiber ausreichend Erlösoptionen ermöglichen.                         klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutz­
Neben dem oben genannten Energie- und Klimasektor                        plan-2050/).
sind noch Dienstleistungen im landwirtschaftlichen                     2 Falls nicht anders vermerkt basieren die Zahlen in diesem Bei­
Bereich für die Erbringung von Umweltdienstleistun-                      trag auf Informationen des Fachverbands Biogas e.V.
                                                                       3 Quelle: Klimaschutzaktionsplan (siehe Anm. 1).
gen zu nennen. Die Biogaserzeugung kann wesentliche                    4 Quelle: UBA/AGEE-Stat – Stand: 2/2018 (eigene Darstellung).
Beiträge zur Steigerung der Artenvielfalt (Wildpflan-                  5 Quelle: Fachverband für Biogas 2020.
zenmischungen, Durchwachsene Silphie) und damit                        6 Quellen: eigene Darstellung nach Klimaschutzprogramm 2030;
auch zum Umweltschutz leisten. Diese Leistung muss                       Branchenzahlen Fachverband Biogas 2019; Branchenzahlen
                                                                         feste Biomasse: Deutsches Biomasseforschungszentrum (DBFZ)
zukünftig finanziell honoriert werden. Dieser Ansatz
                                                                         2016 und Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) 2019.
könnte durch die neue Agrarpolitik umgesetzt werden,                   7 BLE: Evaluations- und Erfahrungsbericht für das Jahr 2018. Bio­
bei der ein stärkerer Fokus auf Umweltdienstleistun-                     massestrom-Nachhaltigkeitsverordnung / Biokraftstoff-Nach­
gen gesetzt werden soll (sog. Eco-Schemes).                              haltigkeitsverordnung. Bonn 2019 (www.ble.de/SharedDocs/
                                                                         Downloads/DE/Klima-Energie/Nachhaltige-Biomasseherstel­
   Zukünftig müssen sich Betreiber darauf einstellen,
                                                                         lung/Evaluationsbericht_2018.pdf;jsessionid=3BD09F5006FCC8
dass sie sich die Erlöse aus verschiedenen Erlösbaustei-                 5B4CE9B4804C21469F.1_cid325?__blob=publicationFile&v=2).
nen (EEG-Vergütung, Stromvermarktung, Wärme-                           8 NEC = National Emission Ceilings (nationale Emissionshöchst­
vermarktung, Gärproduktvermarktung, etc.) zusam-                         mengen für bestimmte Luftschadstoffe).
mensetzen müssen. Eine wirtschaftlich auskömmliche                     9 NERC = National Emission Reduction Commitments.
EEG-Vergütung wird es in der Form der 2000er-Jahre
nicht mehr geben. Aufgrund des Klimapaketes wer-
den jedoch zahlreiche Regelwerke geändert oder neu
geschaffen, alle mit dem Ziel mehr Klimaschutz. Zu-
dem sind neue Investitionsförderprogramme in der
                                                                                         Horst Seide
Planung. Das heißt für den Betreiber, dass sich im                                       Präsident des Fachverbands Biogas e.V.
Verlauf der nächsten Monate neue Optionen öffnen
können. Es gilt am Puls der Politik zu bleiben.                                          info@biogas.org

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