Bleiben Sie informiert! - Dr. Rainer Wild-Stiftung

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Bleiben Sie informiert! - Dr. Rainer Wild-Stiftung
27.01.2022
                                   MEDIENSPIEGEL                                           KW 03 bis 04/2022
                                          Bleiben Sie informiert!

Schon vor 3500 Jahren kam Blattgemüse auf                   „Verkohlte Pflanzenreste wie Samen und Nuss-
den Tisch                                                   schalen, die verkohlt in den archäologischen Sedi-
20.01.2022, Goethe-Universität Frankfurt am Main            menten erhalten geblieben sind, spiegeln nur einen
                                                            Teil dessen wider, was die Menschen damals ge-

B
         lattgemüse gehört heute in Westafrika als          gessen haben", erklärt Prof. Katharina Neumann.
         Beilage zu vielen Gerichten. Gekocht wer-          Von den chemischen Analysen habe man sich zu-
         den Blätter von Bäumen wie beispiels-              sätzliche Erkenntnisse über die Nahrungszuberei-
weise dem Baobab (Adansonia digitata) oder die              tung erhofft. Und tatsächlich konnten die Forscher
bitter schmeckenden Blätter eines strauchigen               aus Bristol mit Hilfe von Lipid-Biomarkern und
Korbblütlers (Vernonia amygdalina). Diese Blatt-            Analysen stabiler Isotope an mehr als 450 prähisto-
soßen werden mit Gewürzen, Gemüse, auch Fisch               rischen Töpfen zeigen, dass verschiedene Pflan-
                                                            zenarten zur Herstellung von Speisen verwendet
oder Fleisch, angereichert und komplettieren die
                                                            wurden.
stärkehaltige Grundlage von Speisen wie dem ge-
stampften Yams im Süden Westafrikas oder dem                Dr. Julie Dunne von der Abteilung für organische
festen Brei aus Perlhirse in den trockeneren Savan-         Geochemie der Universität Bristol sagt: „Diese un-
nen im Norden. Mit vereinter Expertise haben Ar-            gewöhnlichen und hochkomplexen pflanzlichen
chäologie und Archäobotanik der Goethe-Univer-              Lipidprofile sind die vielfältigsten, die bisher
sität und chemische Wissenschaften der Universität          (weltweit) in archäologischer Keramik gefunden
Bristol nachgewiesen, dass die Ursprünge solcher            wurden.“ Es scheint mindestens sieben verschie-
Gerichte in Westafrika 3500 Jahre zurückreichen.            dene Lipidprofile in den Gefäßen zu geben, was ein
                                                            deutliches Indiz für die Verarbeitung verschiedener
                                                            Pflanzenarten und -organe in diesen Gefäßen ist,
Die Untersuchungen sind Teil eines von der Deut-
                                                            darunter möglicherweise auch von unterirdischen
schen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten              Speicherorganen (Knollen) wie etwa Yams.
Projekts unter Leitung von Prof. Peter Breunig und
Prof. Katharina Neumann, das im Dezember 2021               Seit Beginn des Projekts suchten die Archäobota-
seinen Abschluss fand. Mehr als zwölf Jahre lang            nikerinnen im Projekt Belege für die frühe Nutzung
haben Archäologen und Archäobotaniker der Goe-              von Yams, liegt die Nok-Region doch im „Yams-
the-Universität die Nok-Kultur Zentralnigerias un-          gürtel“ Westafrikas, also in dem Bereich des Kon-
tersucht, die bekannt ist für ihre großformatigen           tinents, in dem Yams heute kultiviert wird. Ver-
Terrakotta-Figuren und für frühe Eisenproduktion            kohlte Reste helfen hier nicht weiter, denn das wei-
in Westafrika im ersten Jahrtausend v. Chr. – wobei         che Gewebe der Knollen ist oft schlecht erhalten
die Wurzeln der Nok-Kultur bis in die Mitte des 2.          und zudem wenig spezifisch. Die chemischen Ana-
Jahrtausends zurückreichen. Im Fokus der For-               lysen deuten nun darauf hin, dass neben Blättern
                                                            und anderen noch nicht identifizierten Gemüsen
schung stand vor allem der gesellschaftliche Kon-
                                                            auch suberinhaltiges Pflanzengewebe gekocht
text, in dem die Skulpturen geschaffen worden wa-
                                                            wurde – diese Substanz findet man in der Rinde so-
ren, also auch Wirtschaft und Ernährung. Anhand             wohl von oberirdischen als auch unterirdischen
verkohlter Pflanzenreste aus Zentralnigeria konnte          Pflanzenorganen – möglicherweise also ein erstes
nachgewiesen werden, dass die Nok-Leute                     Indiz für die Zubereitung von Yams, wenn auch
Perlhirse kultivierten. Ob sie aber auch andere stär-       nicht der erhoffte eindeutige Beweis.
kehaltige Pflanzen wie Yams nutzten und welche
Gerichte sie aus der Perlhirse zubereiteten, lag bis-       Durch die archäobotanische Untersuchung von ver-
lang im Dunkeln.                                            kohlten Resten wusste man bisher von Perlhirse
                                                            (Cenchrus americanus) und Kuhbohne (Vigna un-
                                                            guiculata), den ölhaltigen Früchten des Canarium-
                                                            baumes (Canarium schweinfurthii) und von einer

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Afrikanischer Pfirsich genannten Frucht (Nauclea            Allen Teilnehmenden wurden zunächst Bilder von
latifolia), die wegen ihrer Vielzahl von Samen an           43 alltäglichen Lebensmittelprodukten gezeigt. Sie
große Feigen erinnert. Die molekulare Untersu-              sollten dann jedes der Produkte hinsichtlich 17
chung komplettiert nun das Bild der Nahrungszu-             Merkmale einschätzen – wie deren Gehalt an Fett,
bereitung an den Fundplätzen der Nok-Kultur. Die            Zucker oder Proteinen, wie sehr das Produkt verar-
Frankfurter Archäobotanikerin Dr. Alexa Höhn er-            beitet ist, ob es regionalen Ursprungs und wie auf-
klärt: „Die sichtbaren und unsichtbaren Reste der           wändig es verpackt ist. Zudem sollten die Teilneh-
Nahrungszubereitung im archäologischen Sedi-                menden angeben, für wie „gesund“ sie jedes der
ment und in der Keramik vermitteln uns ein viel             Lebensmittel hielten.
vollständigeres Bild vergangener Ernährungsge-
wohnheiten. Die neuen Belege lassen nun auf eine            Anhand von Mustern in den Merkmalseinschätzun-
beträchtliche zeitliche Tiefe der westafrikanischen         gen identifizierten die Forscher*innen dann Di-
Küche schließen."                                           mensionen, die der Wahrnehmung der Lebensmit-
                                                            tel zugrunde lagen. Dabei zeigten sich wichtige Ge-
Hinweis: Dieser Artikel wurde von der Dr. Rainer            meinsamkeiten in den Urteilen der Jugendlichen
Wild-Stiftung gekürzt und enthält unveränderte              und der Expert*innen. „Für alle Gruppen war ein
Auszüge aus dem Originalbeitrag. Der Original-              zentraler Faktor bei der Wahrnehmung der Lebens-
beitrag/Quelle ist zu finden unter https://idw-on-          mittel, wie natürlich sie sind. Lebensmittel, die we-
line.de/de/news786995.                                      nig verpackt waren, wenig Zusatzstoffe enthielten
                                                            und kaum verarbeitet waren, wurden als ähnlich
                                                            und zusammengehörig wahrgenommen“ sagt
Natürlich gesund: Wie gut kennen sich Jugend-               Thorsten Pachur, Forschungsgruppenleiter im For-
liche mit Lebensmitteln aus?                                schungsbereich Adaptive Rationalität am Max-
18.01.2022, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung       Planck-Institut für Bildungsforschung und Leiter
                                                            der Studie. „Die Natürlichkeit war zudem zentral

I   n modernen Supermärkten müssen wir sehr
    viele Entscheidungen treffen. In einer durch-
    schnittlichen Filiale in Deutschland werden
über 10 000 Produkte angeboten. Selbst innerhalb
einer Produktkategorie ist die Auswahl enorm: Bei-
                                                            bei der Beurteilung, wie gesund die Lebensmittel
                                                            sind. Je höher die Ausprägung auf der Natürlich-
                                                            keitsdimension, desto gesünder wurde ein Lebens-
                                                            mittel eingestuft.“ Diese einfache Regel bei der Be-
                                                            urteilung der Gesundheit zeigte sich nicht nur bei
spielsweise können wir uns in der Regel zwischen            den Jugendlichen und den jungen Erwachsenen –
rund 400 verschiedenen Wurst- und Fleischproduk-            auch die Ernährungsexpert*innen schienen ihr zu
ten sowie 200 Brotartikeln entscheiden. Zur effek-          folgen. Insgesamt wiesen die Gesundheitseinschät-
tiven Orientierung in einer solchen alltäglichen,           zungen der drei Gruppen viele Ähnlichkeiten auf.
komplexen Umgebung ist eine gute Intuition ge-              Äpfel, Wasser, Bananen und Milch wurden als sehr
fragt. Frühere Studien haben gezeigt, dass Kinder           gesund wahrgenommen, sonnengetrocknete Toma-
noch eine recht undifferenzierte Wahrnehmung                ten und Müsliriegel lagen im mittleren Bereich und
von der Qualität und Gesundheit einzelner Lebens-           für Schokoladenriegel und Kekse gab es niedrige
mittel haben. Aber wie ist es bei Jugendlichen, die         Gesundheitswerte.
bereits häufig selbst und mit eigenem Taschengeld
Lebensmitteleinkäufe tätigen?                               Neben diesen Parallelen zeigten sich auch einige
                                                            interessante Diskrepanzen zwischen den Teilneh-
Die Forscher*innen verglichen die Lebensmittel-             mendengruppen. Einzelne Lebensmittel wie Oran-
wahrnehmung von 36 Jugendlichen im Alter zwi-               gensaft oder Fischstäbchen wurden von den Ju-
schen 13 und 16 Jahren mit denen von 68 Lebens-             gendlichen deutlich gesünder eingeschätzt als von
mittelexpert*innen (z.B. Ernährungsberater*innen            den Expert*innen. Möglicherweise orientierten
und Studierende der Ernährungswissenschaften).              sich die Jugendlichen hier am Gesundheitswert von
Eine dritte Gruppe bestand aus jungen Erwachse-             Orangen und Fisch. Orangensaft enthält jedoch
nen mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren.

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recht viel Zucker und bei Fischstäbchen steht die           für eine gute Lebensmittelintuition scheint jedoch
fettige und kalorienreiche Panade dem gesunden              oft gelegt.
Gehalt an Mineralstoffen und Omega-3 Fettsäuren
des Fischs entgegen. Das scheint aber nur den Ex-           Hinweis: Dieser Artikel wurde von der Dr. Rainer
pert*innen bekannt zu sein. Desweiteren schienen            Wild-Stiftung gekürzt und enthält unveränderte
die Jugendlichen für die mentale Einordnung der             Auszüge aus dem Originalbeitrag. Der Original-
Lebensmittel neben der Natürlichkeit auch eine süß          beitrag/Quelle ist zu finden unter https://idw-on-
vs. salzig-Achse –also eine einfache Geschmacks-            line.de/de/news786783.
komponente – zu verwenden. Bei den anderen Teil-
nehmendengruppen war die Wahrnehmung aus-
schließlich durch Inhaltsstoffe – insbesondere Cho-         Morgensport vs. Abendsport: Forschende ent-
lesterin, Fett und Protein – strukturiert. Die Ge-          schlüsseln die unterschiedlichen Auswirkungen
schmacksachse verwendeten die Jugendlichen                  auf unsere Gesundheit
auch zur Beurteilung der Lebensmittelgesundheit,            13.01.2022, Helmholtz Zentrum München - Deutsches For-
                                                            schungszentrum für Gesundheit und Umwelt
wobei süße Lebensmittel als weniger gesund ein-
gestuft wurden als salzige.

Ein anderer wichtiger Unterschied zwischen den
Jugendlichen und den anderen Studienteilnehmen-
den bestand hinsichtlich der Streuung der Antwor-
                                                            D       ass Bewegung die Gesundheit fördert, ist
                                                                    allgemein bekannt. Jüngste Forschungser-
                                                                    gebnisse haben gezeigt, dass die Auswir-
                                                            kungen von Bewegung auf den Körper je nach Ta-
                                                            geszeit unterschiedlich sind. Warum dies so ist,
ten. Während sich die Expert*innen in der Beurtei-          wurde noch nicht vollständig erforscht. Ein inter-
lung der Lebensmittel meist recht einig waren, gab          nationales Forschungsteam unter Leitung von
es bei den Jugendlichen eine erhebliche Streuung.           Helmholtz Munich und dem Karolsinka-Institut in
Dies deutet darauf hin, dass ein Teil der Jugendli-         Schweden veröffentliche nun eine umfassende Stu-
chen eher uninformiert war und bei einigen Ant-             die zu diesem Thema in der Fachzeitschrift Cell
worten raten musste. So wurden beispielweise die            Metabolism. Ihre Forschungen zeigen, wie der
Lebensmittel Lachs und Ketchup oder allgemein               Körper nach dem Sport je nach Tageszeit und or-
der Gehalt an „guten“ Fetten, Ballaststoffen oder           ganabhängig unterschiedliche gesundheitsför-
Cholesterin sehr unterschiedlich eingeschätzt.              dernde Signale produziert. Diese Signale haben
                                                            weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit
Die Ergebnisse zeigen, dass in der komplexen Le-            und beeinflussen den Schlaf, das Gedächtnis, die
bensmittellandschaft Aspekte der Natürlichkeit              körperliche Leistungsfähigkeit und das Gleichge-
modernen Konsument*innen eine wichtige Orien-               wicht unseres Stoffwechsels.
tierungshilfe bieten und zur intuitiven Einschät-
zung herangezogen werden, wie „gesund“ ein Le-              „Wenn wir besser verstehen, wie sich Bewegung
bensmittel ist. Über diese Intuition verfügen bereits       zu verschiedenen Tageszeiten auf den Körper aus-
Jugendliche, und – da auch die Expert*innen sie             wirkt, könnte dies Menschen mit einem erhöhten
verwendeten – scheint die Natürlichkeit von Le-             Risiko für Krankheiten wie Adipositas und Typ-2-
bensmitteln in der Tat effektive Hinweise zur Iden-         Diabetes zugutekommen“, so Juleen R. Zierath
tifikation von gesunden Lebensmitteln zu geben.             vom Karolinska-Institut und dem Novo Nordisk
Trotzdem deuten die Ergebnisse auch darauf hin,             Foundation Center for Basic Metabolic Research
dass Jugendliche ihr Wissen über die Inhaltsstoffe          an der Universität Kopenhagen.
von Lebensmitteln noch weiter schulen bzw. schu-
len lassen sollten. Und das würde sich lohnen. Er-          Fast alle Zellen regulieren ihre biologischen Pro-
gebnisse anderer Studien zeigen, dass besseres              zesse über einen Zeitraum von 24 Stunden, in der
Wissen über Lebensmittel mit gesünderen Konsu-              Wissenschaft bekannt als zirkadianer Rhythmus.
mentscheidungen zusammenhängt. Der Grundstein               Das bedeutet, dass sich die Empfindlichkeit der

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verschiedenen Gewebe gegenüber den Auswirkun-             Da die Studie an Mäusen durchgeführt wurde, un-
gen von Bewegung je nach Tageszeit ändert.                terliegt sie gewissen Einschränkungen. Mäuse und
Frühere Forschungsarbeiten haben bestätigt, dass          Menschen teilen zwar viele genetische, physiologi-
die gesundheitsfördernde Wirkung von Bewegung             sche und verhaltensbezogene Merkmale, dennoch
optimiert werden kann, wenn sie zeitlich auf unse-        gibt es Unterschiede. Mäuse sind beispielsweise
ren zirkadianen Rhythmus abgestimmt ist.                  von Natur aus nachtaktiv. Außerdem bewegten sich
                                                          die Mäuse für die Studie nur auf einem Laufband,
Das internationale Forschungsteam wollte diesen           was zu anderen Ergebnissen führen kann als ein
Effekt genauer verstehen und führte daher eine            hochintensives Training. Weitere Studien müssen
Reihe von Untersuchungen an Mäusen durch, die             zudem den Einfluss von Geschlecht, Alter und
entweder am frühen Morgen oder am späten Abend            Krankheit auf die Signalproduktion klären.
trainierten. Die Forschenden sammelten und analy-
sierten Blutproben und verschiedene Gewebepro-            Hinweis: Dieser Artikel wurde von der Dr. Rainer
ben von Hirn, Herz, Muskel, Leber und Fett. Auf           Wild-Stiftung gekürzt und enthält unveränderte
diese Weise konnten sie Hunderte verschiedener            Auszüge aus dem Originalbeitrag. Der Original-
Stoffwechselprodukte und Hormonsignalmoleküle             beitrag/Quelle ist zu finden unter https://idw-on-
in jedem Gewebe nachweisen und verfolgen, wie             line.de/de/news786661.
sie sich durch das Training zu unterschiedlichen
Tageszeiten veränderten.
                                                          Bestandsaufnahme der Archaeen im menschli-
Das Ergebnis ist ein „Atlas des Bewegungsstoff-           chen Darm
wechsels“ – eine umfassende Karte von Signalmo-           11.01.2022, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
lekülen, die in unterschiedlichen Geweben nach
körperlicher Belastung zu verschiedenen Tageszei-         Alle mehrzelligen Lebewesen beherbergen eine un-
ten vorhanden sind.                                       vorstellbar große Anzahl von Mikroorganismen in
                                                          und auf ihren Körpern. Das Mikrobiom, also die
„Dies ist die erste Studie, die den Stoffwechsel in       Gesamtheit dieser Mikroben, bildet zusammen mit
Abhängigkeit von Bewegung und Tageszeit über              dem Wirtslebewesen eine funktionale, symbioti-
mehrere Gewebe hinweg beschreibt. Wir verstehen           sche Einheit. Von der Unterstützung der Nährstoff-
jetzt besser, wie Bewegung gestörte zirkadiane            aufnahme bis hin zum Schutz vor Krankheitserre-
Rhythmen, die mit Adipositas und Typ-2-Diabetes           gern übernehmen Mikroorganismen lebenswich-
in Verbindung stehen, neu ausrichten kann. Unsere         tige Aufgaben für das Wirtslebewesen. Anderer-
Ergebnisse werden neue Studien ermöglichen, die           seits können Störungen des Mikrobioms verschie-
den richtigen Zeitpunkt körperlicher Belastung für        dene schwerwiegende Krankheiten verursachen,
Therapien und die Prävention von Krankheiten er-          unter anderem chronisch-entzündliche Darmer-
forschen“, sagt Dominik Lutter, der die Studie sei-       krankungen.
tens Helmholtz Munich leitete und sowohl am
Helmholtz Diabetes Center als auch beim Deut-             In den vergangenen Jahren legten Wissenschaftle-
schen Zentrum für Diabetesforschung (DZD)                 rinnen und Wissenschaftler eine Vielzahl soge-
forscht.                                                  nannter Mikrobiomstudien vor. Darin untersuchten
                                                          sie insbesondere Zusammenhänge zwischen der
Die Studie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit          Zusammensetzung und Funktion des Mikrobioms
zwischen der Universität Kopenhagen, dem Karo-            und der Krankheitsentstehung. Die meisten dieser
linska-Institut, der Texas A&M University, der            Arbeiten konzentrierten sich vor allem auf Bakte-
University of California-Irvine und Helmholtz Mu-         rien, deren verschiedene Arten die Zusammenset-
nich.                                                     zung des Mikrobioms zahlenmäßig bei weitem do-
                                                          minieren. Eine bestimmte Gruppe der Mikroorga-
                                                          nismen wurde dabei bisher wenig beachtet: die Ar-
                                                          chaeen. Obwohl sie durchschnittlich „nur“ etwa 1,2

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Prozent des gesamten Darmmikrobioms ausma-                Neben der reinen Katalogisierung der Arten suchte
chen, haben Archaeen enorme regulatorische Aus-           das Forschungsteam zudem in den genetischen In-
wirkungen auf das Mikrobiom, wie frühere Studien          formationen der Archaeen nach Verbindungen mit
gezeigt haben.                                            bereits bekannten Mustern. Dazu untersuchten sie
                                                          mehr als 28.000 sogenannte Proteincluster, die auf
Ein internationales Forschungsteam unter Beteili-         signifikante Zusammenhänge der Archaeen-Zu-
gung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel          sammensetzung im Darm mit soziodemografischen
(CAU), der Medizinischen Universität Graz und             Merkmalen der menschlichen Probanden hindeu-
weiteren Partnerinstitutionen aus Großbritannien          ten. „Das Vorkommen bestimmter Arten und die
und Frankreich hat auf der Grundlage von umfang-          von ihnen produzierten Proteine lassen sich mög-
reichen Genomdaten aus großen Kohorten von                licherweise nutzen, um zum Beispiel Rückschlüsse
zahlreichen globalen Standorten nun eine Charak-          auf Altersgruppen oder Lebensstile zu ziehen“, er-
terisierung des bislang unzureichend beschriebe-          klärt Chibani, die die bioinformatischen Analysen
nen Archaeen-Vorkommens im menschlichen                   ihrer neuen Arbeit gemeinsam mit ihrem Grazer
Darm vorgelegt. Mit dieser Bestandsaufnahme               Kollegen Dr. Alexander Mahnert durchführte.
wollen die Forschenden um Professorin Ruth                „Zurzeit lassen sich solche aussagekräftigen Korre-
Schmitz-Streit aus der CAU-Mikrobiologie und              lationen allerdings noch nicht zuverlässig hinsicht-
ihre Grazer Kollegin Professorin Christine Moissl-        lich möglicher Archaeom-assoziierter Krankheits-
Eichinger das Wissen über diese Klasse von Mik-           bilder ablesen“, so Chibani weiter.
roorganismen erweitern. Dabei konnten sie bislang
unbekannte Archaeen-Arten beschreiben. Ihre For-          Ein weiteres wichtiges Ergebnis aus der Analyse
schungsergebnisse veröffentlichten die Wissen-            genomischer Informationen war, dass es sich bei
schaftlerinnen und Wissenschaftler kürzlich in der        der bisher bekannten Art Methanobrevibacter smit-
Fachzeitschrift Nature Microbiology.                      hii tatsächlich um zwei Arten handelt: Neben M.
                                                          smithii existiert zusätzlich die neu entdeckte
Die neue Analyse liefert die erste umfassende Be-         Schwesterart Methanobrevibacter intestini. Beide
schreibung des menschlichen Archaeoms. Das For-           sind beide sind im Darmmikrobiom weit verbreitet.
schungsteam bediente sich dazu Datenquellen aus           Das Zusammenspiel dieser beiden eng verwandten
zahlreichen bereits bestehenden Mikrobiomstu-             Arten und ihre Bedeutung für die menschliche Ge-
dien, die jeweils die vollständigen genetischen In-       sundheit müssen noch entschlüsselt werden.
formationen der individuellen mikrobiellen Be-
siedlung des Darms der beteiligten Probandinnen           Bislang ist der Zusammenhang zwischen diesen
und Probanden umfassen. „Zunächst konnten wir             methanbildenden Archaeen und Krankheiten wie
feststellen, dass das menschliche Archaeom weit-          Darmkrebs oder entzündlichen Darmerkrankungen
aus vielfältiger ist, als bisher bekannt war und es       nicht eindeutig geklärt, was wahrscheinlich auf die
darin eine Kernzusammensetzung immer gleicher             bisher fehlende Speziesauflösung zurückzuführen
Arten gibt, die bei den meisten Menschen unabhän-         ist. Sicher ist, dass solche Methanogene in der Lage
gig von äußeren Faktoren wie etwa Geografie, Ge-          sind, die Aktivität pathogener Bakterien zu unter-
schlecht oder Alter auftritt“, betont Dr. Cynthia         stützen, indem sie zum Beispiel hemmende Stoff-
Chibani, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Ar-       wechselprodukte verbrauchen. Die nun veröffent-
beitsgruppe von Schmitz-Streit. „Neben den zahl-          lichte Forschungsarbeit erweitert das Verständnis
reichen neuentdeckten Arten konnten wir zudem             des menschlichen Archaeoms und stellt einen um-
bislang unbekannte Arten von Viren identifizieren,        fangreichen Genom- und Proteinkatalog für künf-
die Archaeen infizieren können“, so Chibani wei-          tige Analysen zur Verfügung.
ter.
                                                          Insgesamt befindet sich die Wissenschaft bei der
                                                          Identifizierung der vollständigen Diversität der Ar-

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chaeen erst am Anfang. „Der nun vorgestellte Ka-           (BMI) und dem Darmkrebsrisiko gibt. Welchen
talog von rund 1,8 Millionen Archaeen-Proteinen            Einfluss dabei das Alter spielt, wurde bisher nicht
kann künftig als einzigartige Quelle für die Ent-          untersucht. Da aber Übergewicht und Adipositas
wicklung neuartiger Forschungsfragen genutzt               (Fettleibigkeit) gerade in der jüngeren Generation
werden“, betont Schmitz-Streit, die gemeinsam mit          an Häufigkeit zunehmen, liegt die Vermutung
den Grazer Kolleginnen und Kollegen in besonde-            nahe, dass diese Entwicklung eine der Hauptursa-
rem Maße die Archaeen-Forschung vorantreibt.               chen für das häufigere Auftreten von Darmkrebs
„Diese künftigen Ansätze umfassen zum Beispiel             bereits im jüngeren Lebensalter sein könnte.
die Untersuchung der Physiologie und des Stoff-
wechsels neu entdeckter Archaeen oder der Art ih-          Um zu prüfen, ob diese Vermutung stimmt, führten
rer Kommunikation mit dem menschlichen Wirt“,              Wissenschaftler um Hermann Brenner vom Deut-
so Schmitz Streit weiter. Um die funktionalen As-          schen Krebsforschungszentrum (DKFZ) nun um-
pekte des Archaeoms künftig untersuchen zu kön-            fassende statistische Analysen durch. „Mit Blick
nen, sei die Entwicklung neuer Analysemethoden,            auf die Prävention von Darmkrebs ist es wichtig,
da diese zurzeit vor allem auf bakterielle Arten zu-       die Risikofaktoren für eine frühe Erkrankung ge-
geschnitten seien, sowie die gezielte Kultivierung         nau zu kennen“, erklärt der Epidemiologe Brenner.
von Archaeen aus dem menschlichen Darm not-                „Da trotz der steigenden Neuerkrankungsraten
wendig. „Insgesamt trägt unsere Arbeit wesentlich          Darmkrebs bei jungen Erwachsenen selten ist, sind
zum Verständnis des menschlichen Mikrobioms als            Analysen an großen Patientenkohorten nötig, um
komplexes, vielschichtiges Netzwerk aus Bakte-             einen Zusammenhang zeigen zu können.“
rien, Archaeen, Pilzen und Viren bei“, fasst Moissl-
Eichinger zusammen. Auf dieser Grundlage hoffen            Die Forscherinnen und Forscher griffen daher auf
die Forschenden in vertiefenden Arbeiten die Aus-          Daten aus der laufenden Fall-Kontroll-Studie
wirkungen der Archaeen auf die menschliche Phy-            DACHS (Darmkrebs: Chancen der Verhütung
siologie und möglicherweise ihre Beteiligung an            durch Screening) zurück, einer der weltweit größ-
der Krankheitsentstehung Stück für Stück zu ent-           ten Studien zu Darmkrebs, die sie seit dem Jahr
schlüsseln.                                                2003 am Deutschen Krebsforschungszentrum
                                                           durchführen. An dieser Studie nahmen zwischen
Hinweis: Dieser Artikel wurde von der Dr. Rainer           2003 und 2020 insgesamt 6.602 Patientinnen und
Wild-Stiftung gekürzt und enthält unveränderte             Patienten mit Darmkrebs sowie 7.950 Menschen
Auszüge aus dem Originalbeitrag. Der Original-             ohne Darmkrebs teil. In der Gruppe der Betroffe-
beitrag/Quelle ist zu finden unter https://idw-on-         nen waren 747 und in der Kontrollgruppe 621 Per-
line.de/de/news786479                                      sonen jünger als 55 Jahre. Die Wissenschaftler be-
                                                           fragten die Teilnehmer zu ihrem Gewicht im Alter
                                                           von 20 und 30 Jahren sowie etwa 10 Jahre vor der
Übergewicht in jungen Jahren – Risikofaktor                Krebsdiagnose beziehungsweise vor der Befra-
für frühe Darmkrebserkrankungen                            gung. Aus den Daten ermittelten sie das Risiko ei-
11.01.2022, Deutsches Krebsforschungszentrum               ner frühzeitigen Erkrankung an Darmkrebs bei
                                                           übergewichtigen (BMI 25 bis
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2,6-fache. Auch Übergewichtige mit einem BMI             Web: www.gesunde-ernaehrung.org
von 25 bis 30 kg/m2 hatten ein erhöhtes Risiko,          INFORMATIONSQUELLE
früh an Darmkrebs zu erkranken.

Die Ergebnisse der Forschergruppe untermauern
die Vermutung, dass die Zunahme des Überge-
wichts und der Adipositas in der jüngeren Genera-
tion einer der Hauptgründe für das häufigere Auf-        idw – Informationsdienst Wissenschaft
treten früher Darmkrebserkrankungen darstellt.           Web: https://idw-online.de/de/
„Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Maß-
nahmen zur Prävention von Übergewicht und Adi-           © Dr. Rainer Wild-Stiftung, 2022
positas gerade in jüngeren Generationen für die
Darmkrebsprävention ebenso wichtig sind wie zur
Vorbeugung anderer Volkskrankheiten“, so Bren-
ners Fazit.

Hinweis: Dieser Artikel wurde von der Dr. Rainer
Wild-Stiftung gekürzt und enthält unveränderte
Auszüge aus dem Originalbeitrag. Der Original-
beitrag/Quelle ist zu finden unter https://idw-on-
line.de/de/news786478.

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26. Heidelberger Ernährungsforum

25. - 26. März 2022 | Online
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HERAUSGEBER

Dr. Rainer Wild-Stiftung
Mittelgewannweg 10
69123 Heidelberg
Tel: 06221 7511 -200
E-Mail: info@gesunde-ernaehrung.org

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