"Blickdiagnose - auch in der Hygiene?" - LutzJatzwauk 24.03.2021
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Fehlerprotokoll: Zwischenfall OUC OP-Container-ZB KHH 18.12.19 Was ist passiert? • Im Rahmen einer Fußwurzel-OP am 18.12.2019 wurde intraoperativ für ein kurzfristig zusätzlich benötigtes Instrument ein OP-Sieb aus einem Op- Container entnommen. • Nach der Operation wurde festgestellt, dass der Filter im Container am Boden fehlte. • Damit besteht der Verdacht, dass unter Umständen ein nicht mehr steriles Instrument zum Einsatz kam, womit potentiell ein erhöhtes Risiko einer Wundinfektion besteht.
Maßnahmen zur Behebung des Fehlers Der Vorfall wurde vorbildlich erkannt und der Fehler korrekt behoben.
Risikoanalyse • Der betreffende Container (1/2) Sterilisiereinheit hat ein Volumen von 27 Litern ~ 25.000 cm3 Luft im Container • Beim Abkühlen des Containers nach der Sterilisation zieht sich die Luft zusammen und es wird kontaminierte Raumluft durch die fehlenden Filter in die Verpackung gesaugt! • Bei idealen Gasen kommt es bei der Abkühlung um ein Grad Celsius zu einer Volumenreduktion von 1/273 des Volumens. • Da das Sterilgut bei 80o C aus dem Sterilisator entnommen wird und auf 20o C abkühlt, strömt etwa 5500 ml Luft in den Container ein. (Danach sind die Temperaturschwankungen und der Luftaustausch minimal). • Bei einer gemessenen Luftkeimzahl von max. 100 KBE pro/ m3 Luft in der ZSVA wird, werden durchschnittlich 0,55 KBE (Mikroorganismen) in den Container gesaugt und sedimentieren auf den Instrumenten. d.h. Jeder zweite Container ist bei diesem Fehler mit 1 KBE von Bakterien oder Pilzen kontaminiert worden.
Intraoperative Keimsedimentation auf Instrumententisch OP-Tag, 1. OP-Tag 2. OP-Tag, 3. OP-Tag, Datum Saal OP 15 OP 16 OP 15 OP 16 OP 15 OP 16 1. OP Personenanzahl 6 6 8 - 6 7 Weichteil Atypische Bauchdek- Narbenher- Cholezyst- Eingriff resektion Leberresek- - kenabzess nioplastik ektomie Oberarm tion Expositionszeit 8:45-9:15 9:00-9:30 8:40-11:40 10:15-12:45 9:45-11:45 - der Platten 0,5 h 0,5 h 3h 2,5 h 2h 2. OP Personenanzahl 7 7 7 8 6 6 Pankreas- Pankreas- Atypisches Parathyreoid- Abzess- Eingriff linksresek- linksresek- Lungenpa- Cholezystektomie ektomie exzision tion tion renchym Expositionszeit 12:10-15:50 11:20-15:20 12:00-15:30 13:00-15:00 13:00-14:00 12:00-14:00 der Platten 3,7 h 4h 3,5 h 2h 1h 2h
Zusammenfassung der Ergebnisse Keimsedimentation auf Oberflächen der Instrumententische während während während 1. Operation am Tag 2. Operation am Tag Nachtabschaltung KBE / 0,2 m2 / 60 Minuten Mittelwert 75 120 0,4 Maximum 308 308 1,2
Hyg Med 2013; 38 – 4
Kontamination von Op- Instrumenten durch durch Leckage in Sterilverpackung Sedimentation aus der Raumluft 0,55 KBE ca.60 KBE … noch nie ist jemand auf die Idee gekommen, das als Infektionsrisiko zu bewerten und über CIRS anzuzeigen! Die mikrobielle Kontamination der Raumluft im Op- Saal entsteht vor allem durch das Verhalten der Personen im Operationssaal!
Zu viele Personen im Op, die sich unkontrolliert bewegen
Kopfhaube / MNS Quelle: Lübecker Nachrichten 13.11.2011
Kopfbedeckung nicht geeignet oder falsch angelegt!
Kopfbedeckung nicht geeignet oder falsch angelegt!
Schuppen der Kopfhaut
Foto: Varitec Medizintechnik shop Quelle: Al Nawas 2015
Offene Türen zum Op
Daschner, 1997
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Lutz Jatzwauk
Oder am besten die Türen gleich ganz weglassen ?
unnötige Gespräche im Op- Saal
Ungenügende Reinigung / Flächendesinfektion
Spielt die Kontamination der Luft im Op- Saal überhaupt eine Rolle bei der Prävention postoperativer Wundinfektionen? Ja , das lässt sich auch nachweisen (auch wenn andere Einflussfaktoren größer sind)
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I Daten zu 52 Fällen aus Europa und den USA • Alle Fälle sind assoziiert mit (prostetischen) herzchirurgischen OPs. • Generalisierte Erkrankung (Leber, Milz, KM, Niere, Augen, Knochen, Gelenke). • Coronare Bypass-Patienten (ohne Implantate) hatte lokale Wundinfektionen. I “These infections are associated with the production of M. chimaera containing bioaerosols produced by the LivaNova (formerly Sorin) 3T heater-cooler device (HCD).“ Marra et al, CID, 2017: 669
2018 Jul 30. doi: 10.1055/s-0038-1667019. 31
Krankenhaushygiene Kontamination von LF- Decken
Kontamination der Gewebedecken bei TAV- Belüftung
Kontamination der Gewebedecke durch 0,1 ml defibriniertes Blut
Partikelzahlbestimmung unterhalb der Kontamination Ergebnis: Es dauert 15 x 5 Minuten= 75 Minuten, bis sich Partikel von der Decke lösen! Partikelzahl N pro m3 Kontamination
Personalverhalten „Das Patientenbett ist der einzige private Ort, der dem Patienten im Krankenhaus geblieben ist. Quelle: B. Nussbaum 2012
Händehygiene: Nicht intakte Haut Quelle: B. Nussbaum 2012
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Schmuck an Händen und Unterarmen Quelle: B. Nussbaum 2012 Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Schickes „Outfit“ in Gesundheitseinrichtungen Armbänder / Freundschaftsbändchen Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Ringe und mikrobielle Kontamination der Hände auf einer pädiatrischen Intensivstation Abklatschkulturen der Hände von 84 Krankenschwestern bei der Arbeit am Patienten davon 28 mit Ehering 28 mit Ring mit Schmuckstein 28 ohne Ring Ergebnisse: • Schwestern mit Ring hatten mehr grampositive und gramnegative Erreger an der Hand • Das Tragen von Ringen führte zu erhöhten Koloniezahlen an der Hand • Es gab keine Unterschiede zwischen Eheringen und solchen mit Stein Fazit: Ringe jeglicher Art erhöhen das Risiko der Übertragung pathogener Mikroorganismen Yildirim I, Ceyhan M, Cengiz AB, Bagdat A, Barin C, Kutluk T, Gur D: A prospective comparative study of the relationship between different types of ring and microbial hand colonization among pediatric intensive care unit nurses. Int J Nurs Stud. 2008 Nov;45(11):1572-6. Epub 2008 May 13 Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Ringe und mikrobielle Kontamination der Hände auf einer Normalstation Kulturen der Hände von 234 Krankenschwestern und -pflegern bei der Arbeit am Patienten davon 121 mit einem Ring an einer Hand 113 ohne Ring Ergebnisse: • Keine Unterschiede in bakterieller Kontamination der Hand (p= 0.661) Fazit: Ringe beeinflussen die Kontamination der Hand mit pathogenen Mikroorganismen nicht Fagernes M, Lingaas E: Impact of a single plain finger ring on the bacterial load on the hands of healthcare workers. Infect Control Hosp Epidemiol. 2007 Oct;28(10):1191-5. Epub 2007 Aug 10 Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Ringe und mikrobielle Kontamination der Hände auf einer Normalstation Kulturen der Hände von 200 Krankenschwestern und -pflegern bei der Arbeit am Patienten davon 100 mit Ring(en) an einer Hand 100 ohne Ring Nach Handkontakt mit Testpersonen wurde die Kontamination und die Transmissionsrate gemessen Ergebnisse: • Mitarbeiter mit Ring hatten erhöhte bakterielle Kontamination der Hand (odds ratio, 2.43 [95% confidence interval, 1.44- 4.13]; P = .001) • Non – Fermenter waren mit Ring signifikant häufiger nachweisbar (42% vs 26%) • Enterobacteriaceae waren mit Ring signifikant häufiger nachweisbar (26% vs 13%) • keine Unterschiede bei Staphylococcus aureus • aber keine Unterschiede in der Transmissionsrate Fazit: Ringe jeglicher Art erhöhen das Risiko der Kontamination der Hand mit pathogenen Mikroorganismen, nicht jedoch deren Übertragungsfrequenz Fagernes M, Lingaas E: Impact of finger rings on transmission of bacteria during hand contact. Infect Control Hosp Epidemiol. 2009 May;30(5):427-32 Lutz Jatzwauk
Fotos: Thieves 2012
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Nagellack und künstliche Fingernägel Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Nagellack Effektivität von Händedesinfektion mit und ohne Nagellack ohne Nagellack RF ca. 4,5 mit NL, frisch (4h) RF ca. 4,5 mit NL, alt (5d) RF ca. 2,5 Assadian 2012 Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Ohne Einfluss auf nosokomiale Infektionen :Halsketten Falsch: „Halsketten können Erreger verbreiten“ Halsketten können Talg- und Hautrückstände enthalten und beim Lösen kann es hierdurch zum direkten Erregereintrag bzw. zur Erregerverbreitung kommen. Richtig: Halsketten können zur Eigengefährdung führen, wenn sie z. B. von einem dementen / verwirrten Patienten ergriffen werden. Sichtbare Halsketten sollten Sie daher im Allgemeinen nicht zulassen. Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Piercing Falsch: „Weg mit sichtbaren Piercings !!! Abgesehen davon, dass sichtbare Piercings bei Angehörigen und Eltern zu Irritation und Ablehnung führen können, sollten Sie diese aus Arbeitsschutzgründen untersagen. Richtig: „Weg mit Piercings an den Händen !!! Piercings an Händen und Unterarmen sind wie Schmuck zu betrachten und verboten. Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Geeignete Schutzkleidung ? Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Lutz Jatzwauk
Wechsel von Redon Drainagen I
Wechsel von Redon Drainagen II
Manuelle Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten Laryngoskope Rhinoskope TEE- Sonden (ohne Cover)
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Ein Abwischen von Instrumenten mit einer Desinfektionslösung genügt nicht !! „…Darf ich Ihnen den Löffel der Dame vom Nebentisch kurz abwischen , dann können Sie gleich speisen“ Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Bakterielle Kontamination von Hopkins – Rhinoskopen nach Abwischen mit Neosabenyl • 50 % der Rhinoskope waren bakteriell kontaminiert • nach Untersuchung von nasalen Staph. aureus – Trägern konnten auch nach Aufbereitung bei 58 % der Rhinoskope Staphylococcus aureus nachgewiesen werden Kutter J, Blanc D, Lang FJ (2000) Residual bacterial contamination of rhinoscopes used in ENT consultation after cleaning with a pad impregnated with a disinfectant. Schweiz Med Wochenschr 125 (Suppl): 48S–51S Lutz Jatzwauk
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Die Dresdner Bakterielle Kontamination von Otoskopen nach Abwischen mit Desinfektionslösung • 83 % der Otoskope waren bakteriell kontaminiert • 45 % der Endoskope nach Untersuchung mit Nachweis von Staph. aureus • 10 % der Endoskope mit Nachweis von MRSA Matalon A, Mayan R, Beni S, Barzilai A, Cohen H, Amir J (1997) Stethoscopes and otoscopes – a potential vector of infection? Family Practice 14: 446–449 Lutz Jatzwauk
Manuelle Wischdesinfektion
Manuelle Wischdesinfektion
Manuelle Wischdesinfektion
Niedrig- Temperatur- Sterilisation von thermostabilen Instrumenten
Experimentelle Untersuchungen zur Auswirkung des Verschmutzungsgrades von medizinischen Instrumenten auf deren Sterilisation . Tzscheutschler, 2007 Bioburden: 106 KBE Geobacillus stearothermophilus in defibriniertem Blut X TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN
Anteil unsteriler Prüfkörper in % "geschlossene Oberfläche" 100 90 80 70 60 in % 50 Positiv Negativ 40 30 20 10 0 Dampfsterilisation Dampfsterilisation Heißluftsterilisation Formaldehyd Ethylenoxid 0,01ml Plasmasterilisation mit Vorvakuum ohne Vorvakuum 0,01ml 0,01ml 0,01ml 0,01ml 0,01ml
Versagen der Verfahren bei Anwesenheit von Serum und Salz Alfa et al. 1996
Text KRINKO / BfArM- Empfehlung: „Der Anwendung der Dampfsterilisation bei 134 °C als Standardverfahren ist aufgrund der geringen Abhängigkeit von Einflussfaktoren der Vorzug zu geben.“ Es dürfen nur solche Medizinprodukte mit Niedrigtemperatur- Sterilisationsverfahren sterilisiert werden, die bei der Dampfsterilisation geschädigt werden.
Übertragungswege Quelle: Tatzel 2006
Übertragungswege kann man sehen! Quelle: B. Nussbaum 2012
Quelle: B. Nussbaum 2012
Läsion im Matratzenschutz Der „Untergrund“ Quelle: R. Poldrack
Blickdiagnose in der Hygiene: ja Wer durch des Argwohns Brille schaut, sucht Raupen selbst im Sauerkraut ( „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sucht Raupen selbst im Sauerkraut“ (Wilhelm Busch) Wilhelm Busch) Kontrolle der Umsetzung von Vorschriften : nein
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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