BRANCHENLEITFADEN NACHHALTIGKEIT IN DER TIEFKÜHLWIRTSCHAFT
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DEUTSCHES ZENTRUM FÜR NACHHALTIGE TIEFKÜHLINSTITUT E. V. UNTERNEHMENSFÜHRUNG Anstöße für nachhaltigeres Wirtschaften in der Tiefkühl- Das ZNU ist ein anwendungsorientiertes Forschungsinstitut branche gibt das Deutsche Tiefkühlinstitut e. V. (dti). Der innerhalb der Wirtschaftsfakultät der Universität Witten/ Branchenverband unterstützt seine Mitglieder mit praxis- Herdecke mit einer langjährigen Expertise zu Nachhaltigkeit gerecht aufbereiteten Informationen, wie mit dem „Bran- auf Unternehmens- und Produktebene. Der Fokus des in- chenleitfaden für die Erstellung von Klimabilanzen für Tief- terdisziplinären ZNU-Teams liegt auf der FMCG-Branche mit kühlprodukte“ oder mit dem Praxisleitfaden „Krisen- und dem Schwerpunkt Ernährungswirtschaft. Rückrufmanagement“ sowie mit wissenschaftlich fundier- ten Informationen und Analysen im Tagesgeschäft. So er- Als Nachhaltigkeitsinitiative von Wirtschaft und Wissenschaft öffnet das dti der gesamten Branche positive Perspektiven. arbeitet das ZNU in Forschung, Lehre, Weiterbildung und Zudem profitieren die Mitglieder vom umfangreichen Tief- über Konferenzen daran, Nachhaltigkeit für Führungskräfte kühl-Netzwerk, dem sowohl Mitgliedsunternehmen aus al- von heute und morgen greifbar und messbar zu machen und len Bereichen der TK-Kette als auch Partner aus Wirtschafts- verbänden, Wissenschaft und Politik angehören. Mitglieder für die Chancen nachhaltiger Unternehmensführung zu be- haben Zugriff auf Studien, die vom dti initiiert werden. Auf geistern. Veranstaltungen des dti nehmen die Themen Nachhaltig- keit und innovative Nachhaltigkeitskonzepte sowie der Aus- Seit Gründung im Jahr 2008 wächst das ZNU-Netzwerk kon- tausch mit angesehenen Expertinnen und Experten schon tinuierlich. Die Verteilung der über 50 Partner spiegelt dabei seit Jahren einen festen Platz in der Mitgliederinformation auch den Ansatz der Wertschöpfungskettenbetrachtung und Sensibilisierung für diese Thematik ein. Das dti, als wider. Neben zahlreichen Unternehmen aus der Industrie Informations- und Kommunikationsplattform, ist die Inte- finden sich Zulieferer, Dienstleister sowie weitere Netzwerke ressensvertretung der Tiefkühlwirtschaft in der Öffentlich- und wissenschaftliche Einrichtungen sowie Medienvertreter. keit – gegenüber Medien, Politik und NGOs. Das dti setzt sich für ein positives Image der Angebotsform TK ein. Das ZNU versteht sich als wissenschaftlich-neutrale Platt- form, die den gesellschaftlichen Dialog rund um die Kette Food mitgestaltet und moderiert, wobei ein besonderer Fokus auf die Schnittstelle Hersteller/Handel gelegt wird.
VORWORT 3 VORWORT NACHHALTIGKEIT IN DER TIEFKÜHLWIRTSCHAFT Nachhaltiges Wirtschaften soll die ökologischen Lebensgrundlagen haltigkeitsthemen für die Branche. Gleichzeitig zeigen wir den erhalten und gleichzeitig zu mehr Wohlstand und sozialer Gerech- dti-Mitgliedern und der Branche auf, wie eine ganzheitliche Nach- tigkeit führen. Es ist unumstritten, dass Veränderungen unserer haltigkeitsstrategie im Unternehmen entwickelt, umgesetzt und Wirtschafts- und Konsumweise erforderlich sind, um die Welt für glaubwürdig kommuniziert werden kann. Die wissenschaftliche künftige Generationen in einem besseren Zustand zu hinterlassen. Aufbereitung der Herausforderungen für die TK-Wirtschaft durch Weiterhin gilt es, gemeinschaftlich das Nord-/Südgefälle auf unse- die Nachhaltigkeitsexperten des ZNU und die Praxisberichte aus rem Globus in den Griff zu bekommen – was nicht zuletzt die ak- den Unternehmen geben wertvolle Hinweise und Anregungen zur tuelle Flüchtlingsfrage aber auch die Transparenz entlang der Wert- strukturierten und erfolgreichen Umsetzung der individuellen Nach- schöpfungskette tangiert. haltigkeitsstrategie jedes Unternehmens. In der Lebensmittelbranche und insbesondere auch in der Tief- Gleichzeitig schaffen wir mit dem Leitfaden die Grundlage für ein kühlwirtschaft spielt Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle: gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit in der TK-Branche und Nachhaltigkeitsherausforderungen wie eine höhere Energie- und motivieren dazu, intensiv und gemeinsam entlang der Wertschöp- Ressourceneffizienz, die Reduktion von Treibhausgasemissionen, fungskette an einer nachhaltigen TK-Zukunft zu arbeiten. Nachhal- die nachhaltige Rohwarenbeschaffung und die Bewältigung des tigkeit in der Tiefkühlwirtschaft bietet auch die Chance, die Vorteile demografischen und gesellschaftlichen Wandels stehen dabei im von TK-Produkten in einem neuen Licht zu sehen. Ob gesunde Er- Fokus. Nachhaltigkeit wird von der Branche als Chance zur Zukunfts- nährung, schonende Haltbarmachung wertvoller Lebensmittel, die sicherung und Kundengewinnung gesehen, aber auch als Quelle für Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und eine Klimabilanz, Wertschöpfung und Innovationen. Gute Gründe also, die komplexe die keinen Vergleich mit anderen Angebotsformen scheuen muss – Herausforderung Nachhaltigkeit tatkräftig anzupacken! TK bietet viele Ansätze, eine nachhaltige Ernährung zu realisieren! Wir wünschen Ihnen viel Freude und vor allem Anregungen für Ihr Mit dem dti-ZNU-Leitfaden „Nachhaltigkeit in der Tiefkühlwirt- unternehmerisches aber auch persönliches Handeln, nutzen auch Sie schaft“ geben wir einen Überblick über die wichtigsten Nach- das Thema Nachhaltigkeit für Ihre erfolgreiche Zukunftsgestaltung! Ihre Dr. Sabine Eichner Dr. Axel Kölle und Dr. Christian Geßner dti-Geschäftsführerin ZNU-Leitung ZNU-Leitung
4 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 3 1. NACHHALTIGKEIT – WAS IST DAS EIGENTLICH? 5 2. NACHHALTIGE UNTERNEHMENSFÜHRUNG 8 3. TIEFKÜHLKOST UND NACHHALTIGKEIT 11 ERGEBNISSE DER DTI-/ZNU-BRANCHENUMFRAGE NACHHALTIGKEIT 4. NACHHALTIGKEIT ENTLANG DER TK-WERTSCHÖPFUNGSKETTE 23 A. TK-WERTSCHÖPFUNGSKETTE 24 B. EINKAUF UND BESCHAFFUNG 25 I. ROHWAREN 25 II. VERPACKUNG UND MATERIALIEN 37 C. TIEFKÜHLLOGISTIK: TRANSPORT UND LAGERUNG 41 D. PRODUKTION 47 5. NACHHALTIGKEIT IM UNTERNEHMEN IMPLEMENTIEREN 54 6. ANSPRUCHSGRUPPEN 60 7. NACHHALTIGKEITSKOMMUNIKATION65 GLOSSAR69 DANKSAGUNG71 IMPRESSUM 71
6 Kapitel 1 _ NACHHALTIGKEIT – WAS IST DAS EIGENTLICH? KAPITEL 1 NACHHALTIGKEIT – WAS IST DAS EIGENTLICH? Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Und das nicht erst seit gestern. Dezember 2015 in Paris unterstreichen das nochmal für die Eindäm- 1992 haben sich die Vereinten Nationen zum Leitbild der nachhalti- mung des menschenbedingten Klimawandels. gen Entwicklung bekannt. Mit der Unterzeichnung der Agenda 21 in Rio de Janeiro haben sich die 170 Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Die wohl bekannteste Definition für nachhaltige Entwicklung for- das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in allen Politikbereichen mulierte die Brundtland-Kommission – auch Weltkommission für umzusetzen. An der Entwicklung hin zu einer nachhaltigeren Gesell- Umwelt und Entwicklung genannt – erstmals im Jahre 1987. Der schaft müssen jedoch alle gesellschaftlichen Akteure gemeinsam damalige deutsche Forschungsminister Volker Hauff, Mitglied der arbeiten. Nachhaltigkeit ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der Kommission, übertrug dies folgendermaßen ins Deutsche: Politik, Wirtschaft, Verbände, Nichtregierungsorganisationen (NGO), Forschung ebenso wie Bürger ihren Beitrag leisten müssen. Nur „Eine Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürf- wenn es gelingt, unsere Lebensstile nachhaltiger zu gestalten, kann nisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige wirtschaftliche Wohlfahrt mit sozialer Entwicklung und Umwelt- Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ 1 schutz Hand in Hand gehen. Die Verträge der UN-Klimakonferenz im WAS HEISST DIES KONKRET FÜR DIE PRAXIS VON UNTERNEHMEN? Üblicherweise wird Nachhaltigkeit in die drei Dimensionen Ökono- Health and Sustainability’ (LOHAS) pflegen. Diese Zielgruppe achtet mie, Ökologie und Soziales differenziert. Diese Dimensionen fanden auf ihre Gesundheit genauso wie auf die Umwelt. Eine faire Entloh- vor allem durch die Enquete-Kommission des 13. Deutschen Bundes- nung entlang der gesamten Wertschöpfungskette und ein respekt- tages Eingang in die Nachhaltigkeitsdiskussion.2 Im englischen Raum voller Umgang mit Tieren haben großen Einfluss auf ihre Kaufent- wird diese Unterteilung Triple Bottom Line genannt. Neben dem üb- scheidung. Der Anteil der LOHAS wuchs seit 2007 über 50 %, sodass lichen Schlussstrich unter der klassischen Gewinn-und-Verlust-Rech- sie 2014 über 14 % der Bevölkerung in Deutschland ausmachten.4 nung, der ,Bottom Line‘, sollen auch ökologische und soziale Aspekte Ohne diese Kundengruppe wäre das Wachstum der Bio-Branche in zur Bewertung von Unternehmen herangezogen werden.3 den letzten Jahren nicht möglich gewesen und auch in Zukunft wer- den die LOHAS sicher wichtige Akzente setzen. Ein wesentliches Merkmal nachhaltiger Entwicklung ist heute, dass sich Wirtschaftsakteure mit gesteigerten Anforderungen von An- Unternehmen der Lebensmittelbranche tragen gemeinsam mit spruchsgruppen konfrontiert sehen. Durch Medien und NGOs wird weiteren Akteuren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Mit- die Gesellschaft zunehmend für Nachhaltigkeitsthemen sensibili- verantwortung dafür, unsere Lebensmittelproduktion und damit siert. So haben nicht nur für Konsumenten ökologische und soziale Ernährung nachhaltiger zu gestalten. Es gilt daher folgende Fragen Aspekte in den letzten Jahren bei individuellen Kaufentscheidungen zu stellen: Was ist eine nachhaltige Lebensmittelproduktion? Was ist mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Das lässt sich am ein- nachhaltige Ernährung? Wie kann diese gestaltet werden? Welchen drucksvollsten an denjenigen beobachten, die einen ‚Lifestyle of Beitrag kann unser Unternehmen dazu leisten? 1 auff, V. (Hrsg.) (1987): Unsere gemeinsame Zukunft. Der Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven: Eggenkamp. S. 46 H 2 Deutscher Bundestag (1998): Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt – Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig zukunftsverträglichen Entwicklung“. Drucksache 13/11200 3 Kuhn, L. (2008): Triple Bottom Line, http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-622721.html (Zugriff am 13.1.16) 4 Kecskes, R. (2015): „Essen ohne Nachgeschmack“, in Consumers Choices ’15, Hrsg. GFK Consumer Panel und Bundesvereinigung der Deutschen Er- nährungsindustrie e. V., BVE
Kapitel 1 _ Nachhaltigkeit – Was ist das eigentlich? 7 Nachhaltige Ernährung wird folgendermaßen definiert: qualität. Die Umsetzung beinhaltet daher die Reduktion von Schad- „Nachhaltige Ernährung ist umweltverträglich und gesundheits- stoffeinträgen ebenso wie den Schutz der Artenvielfalt, einen ver- fördernd, ethisch verantwortlich, alltagsadäquat gestaltet und er- antwortungsvollen Umgang mit Ressourcen oder die Einhaltung von möglicht sozio-kulturelle Vielfalt.“5 Menschenrechten. Das Handeln professioneller Akteure sollte sich daher an vier Handlungsgrundsätzen orientieren: Verantwortung Um diese Ziele zu erreichen, müssen Probleme vorausschauend er- teilen, Kompetenzen stärken, Qualitäten bündeln, d. h. Produkte und kannt und vermieden oder zumindest verringert werden. Der einzige Angebote hinsichtlich aller drei Nachhaltigkeitsdimensionen zu opti- Weg führt daher über vorsorgendes Handeln. Vorsorge zielt jedoch mieren und Strukturen bilden. Es geht darum, weiterhin gemeinsam nicht nur auf die Minderung von Risiken. Das zentrale Anliegen ist mit den anderen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette Verant- mehr Qualität: Umwelt- und Lebensqualität ebenso wie Produkt- wortung für die eigene Geschäftstätigkeit zu übernehmen. 6 NACHHALTIGKEIT IST BEKANNT Wie präsent ist Nachhaltigkeit in den Köpfen der Deutschen? Und was verbinden sie damit? Um das herauszufinden, hat das Markt- forschungsunternehmen GfK zum fünften Mal in Folge 1.000 Menschen quer durch Deutschland zum Thema befragt. 85 % gaben im September 2015 an, dem Begriff Nachhaltigkeit schon mal begegnet zu sein, 38 % davon waren sich ‚ganz sicher’. 2014 waren die Zahlen nahezu identisch. Zwischen den alten und neuen Bundesländern gibt es kaum Unterschiede und auch unter Frauen und Männern ist der Begriff gleichermaßen bekannt. Nur zwischen den Altersklassen lassen sich Unterschiede erkennen. So steigt der Bekanntheitsgrad mit dem Alter an und erst die über 65-Jährigen sind mit Nachhaltigkeit wieder weniger vertraut. Die Kenner des Be- griffes verbinden ihn zu 27 % mit umweltbewusstem Handeln und Wirtschaften. 18 % denken bei Nachhaltigkeit an die Verwendung nachwachsender Rohstoffe, 14 % assoziieren damit eine lange Lebensdauer oder Dauerhaftigkeit. Die Assoziation mit Umweltfreund- lichkeit nahm über die letzten fünf Jahre stark zu, während Dauerhaftigkeit über die Jahre an Bedeutung verlor.7 5 Eberle, U.; Hayn, D. (2006): Ernährungswende. Eine Herausforderung für Politik, Unternehmen und Gesellschaft. Broschüre. S. 6, http://www.oeko. de/oekodoc/1166/2007-228-de.pdf (Zugriff am 13.1.16) 6 Ebd. 7 GfK (2015): Nachhaltige Bekanntheit, http://www.gfk-verein.org/compact/fokusthemen/nachhaltige-bekanntheit (Zugriff am 23.2.16)
Kapitel 2 _ Nachhaltige Unternehmensführung 9 KAPITEL 2 NACHHALTIGE UNTERNEHMENSFÜHRUNG Nachhaltiges Wirtschaften ist heute Bestandteil jeder fortschrittli- bloße Gesetzeskonformität hinaus ,mehr‘ zu investieren in Hu- chen Unternehmensführung. Gängige Begriffe, die dafür zu finden mankapital, Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stake- sind, sind: Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Respon- holdern.“2 sibility (CR) oder Corporate Citizenship (CC). Doch lange bevor diese Begriffe geprägt wurden, spielte unternehmerische Verantwortung Somit beschreibt CSR ein freiwilliges Handeln der Wirtschaft für eine schon eine wichtige Rolle. nachhaltige Entwicklung über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. Doch wie weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus muss ein Im frühen Mittelalter, als Kaufleute oft Reisende waren, hatten Unternehmen Verantwortung übernehmen, um ,verantwortlich‘ zu sie keinen guten Stand in der Gesellschaft. Fahrenden Händlern handeln? Müssen alle Unternehmen in alle drei Dimensionen der wurde mit Skepsis begegnet und oft wurden sie von vornherein als Nachhaltigkeit – Ökologie, Soziales und Ökonomie – investieren, um Betrüger angesehen. Um den Ruf von Händlern und Kaufleuten zu als ,verantwortlich‘ zu gelten? stärken, wurden im 12. Jahrhundert Vereinigungen wie die ,Hanse‘ gegründet. Mitglied einer solchen Gilde zu sein, bedeutete, sich zu Hier hilft die Stakeholder-Theorie weiter. Sie gilt als eine der meist zi- ethischen Grundsätzen zu verpflichten und diente gleichzeitig als tierten Theorien der Wirtschaftswissenschaften und eröffnete einen Gütesiegel für ehrbaren Handel. So entstand das noch heute aktu- Paradigmenwechsel unternehmerischer Verantwortung. Sie basiert elle Bild des „Ehrbaren Kaufmanns“. Neben klaren Prinzipien bei auf der ständigen Kritik an Unternehmen, sich zu sehr am Unterneh- Geschäftsabschlüssen war es unter Händlern gang und gäbe, der menswert – dem Shareholder Value – zu orientierten. Anstatt nur Heimatregion etwas zurückzugeben. Nur indem der Einzelne auch die Interessen der Anteilseigner zu berücksichtigen, erweiterte sie Verantwortung für die Heimat übernahm, gelang der gesellschaft- den Rahmen auf die Interessen aller Anspruchsgruppen, die von der liche Aufstieg. Obwohl die Zeit der mittelalterlichen Handelsleute unternehmerischen Tätigkeit direkt oder indirekt betroffen sind. So- lange vorbei ist, bleibt der Grundgedanke erhalten: kein Handel mit entsteht ein neuer Wert für Unternehmen, der gesellschaftliche ohne Vertrauen und gesellschaftliches Engagement.1 Wert oder Stakeholder Value. Anspruchsgruppen werden in interne und externe Stakeholder unterteilt. Die internen Anspruchsgruppen Einen allgemeinen Rahmen für die Verantwortung von Unter- wie z. B. Mitarbeiter, Führungskräfte und Eigentümer sind direkt nehmen setzte die Europäische Kommission im Jahr 2001 in dem am Unternehmen beteiligt oder in die Geschäftstätigkeit involviert. Grünbuch „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Die externen Anspruchsgruppen wie z. B. Lieferanten, Banken oder Verantwortung der Unternehmen“. Hier wird CSR als ein Konzept NGOs bilden die ,Umwelt‘ der Unternehmen. Um herauszufinden, bezeichnet, „das den Unternehmen als Grundlage dient, auf frei- welche gesellschaftliche Verantwortung Unternehmen tragen, gilt williger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unter- es, die relevanten Anspruchsgruppen zu identifizieren und deren nehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stake- Interessen zu eruieren. Mit diesem Ziel führen viele globale Unter- holdern zu integrieren. Sozial verantwortlich handeln heißt nicht nehmen jedes Jahr Dialoge mit ihren Stakeholdern.3 nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die 1 Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (2012): „Den Ehrbaren Kaufmann leben“ https://www.muenchen.ihk.de/de/ WirUeberUns/Anhaenge/broschuere-ehrbarer-kaufmann.pdf (Zugriff 14.1.16) 2 Europäische Kommission (2001): „Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen“ S. 7, Grünbuch, COM 336 final, Brüssel 3 Freeman, R. E. (1984): „Strategic Management: A Stakeholder Approach“, Cambridge University Press
10 Kapitel 2 _ NACHHALTIGE UNTERNEHMENSFÜHRUNG NACHHALTIGKEIT MUSS IM KERNGESCHÄFT VERANKERT WERDEN Wenn die Interessen der relevanten Stakeholder gehört und eingeord- Dabei obliegt es der Unternehmensführung, eine solche Nachhaltig- net worden sind, gilt es, Nachhaltigkeit in die Prozesse des Unter- keitsstrategie umzusetzen und gemeinsam mit Mitarbeitern einen nehmens zu integrieren. Damit das konsequent geschieht, ist es sehr Lern- und Wandlungsprozess anzustoßen. Ohne das Engagement wichtig, Nachhaltigkeit in den strategischen Zielen des Unternehmens des Managements ist Nachhaltigkeit zum Scheitern verurteilt. Daher zu verankern. Sollte Nachhaltigkeit nur als vorübergehender Trend ge- müssen Nachhaltigkeitsziele in die Ziele für das Management (z. B. sehen werden, endet er schnell in Hochglanzbroschüren, nicht je- verbunden mit Boni, Prämien, Bewertungen) integriert werden. Zu- doch im Bewusstsein der Mitarbeiter und damit im Kerngeschäft dem gehört es zu den wichtigsten Aufgaben, die Mitarbeiter durch des Unternehmens. Vorwürfe des Greenwashings, nachhaltiges En- gemeinsame Werte und Ziele sowie durch Aus- und Weiterbildung in gagement zu Unrecht für sich zu beanspruchen, werden von Medien die Lage zu versetzen, Nachhaltigkeit in der Aufbau- und Ablaufor- schnell entlarvt und können dem Image erheblich schaden. ganisation des Unternehmens umzusetzen. Nur wenn das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung konsequent umgesetzt wird, kann Werden konkrete Nachhaltigkeitsziele formuliert und in die Stra- sich das Vertrauen der Anspruchsgruppen in das Unternehmen sig- tegie integriert, kann sich ein Unternehmen nachhaltig entwickeln. nifikant verstärken. GESELLSCHAFTLICHES ENGAGEMENT ÜBER DAS KERNGESCHÄFT HINAUS Das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen im Sinne von In den meisten Fällen ist es für Unternehmen empfehlenswert, in Corporate Citizenship geht über betriebliche Leistungen wie Kanti- erster Linie Projekte oder Organisationen zu unterstützen, bei denen ne, Werkswohnungen oder Altersversorgung hinaus. Schon heute es eine inhaltliche Verbindung zur Geschäftstätigkeit gibt. Dies setzen sich Unternehmen lokal und global in unterschiedlichen können Projekte im Ursprung der Rohwaren ebenso sein wie Pro- Projekten ein. Beispiele hierfür sind die Förderung von Bildungs- jekte am Verarbeitungsstandort in Deutschland. Wenn kein Bezug einrichtungen, Trinkwasserprojekte, Engagement in der Kirche zwischen Kerngeschäft und karitativen Projekten hergestellt wer- sowie Unterstützung von Schulen und Sportvereinen. Gerade für den kann, ist es ratsam, in die unmittelbare Region zu investieren. strukturschwache Regionen ist das Engagement von Unternehmen Unternehmen unterstützen beispielsweise mit regionalen Projek- vor Ort von großer Bedeutung. ten den Klima-, Natur- und Umweltschutz sowie Bildungseinrich- tungen und kulturelle Aktivitäten. WAS STEHT EIGENTLICH HINTER CSR, CR UND CC? Die Begriffe Corporate Social Responsibility (CSR) und Corporate Responsibility (CR) beschreiben die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Unternehmen und wie diese intern umgesetzt werden kann. Der Unterschied zwischen beiden Begriffen besteht allein darin, dass CSR einen größeren Schwerpunkt auf soziale Entwicklung legt. Mit dem Begriff Corporate Citizenship (CC) verleiht die Wissenschaft den Unternehmen eine übergeordnete Rolle als ‚Bürger in der Gesellschaft’. Diese Sicht deckt sich oft auch mit der Wahrnehmung von Verbrauchern, die Unternehmen als eigenständige, fast personenartige Akteure wahrnehmen. CC ist weitgehend von der Wert- schöpfungskette gelöst und beschreibt das externe gesellschaftliche Engagement eines Unternehmens. Zwischen den drei Konzepten CSR, CR und CC kann in der Praxis häufig nicht trennscharf unterschieden werden und es kommt zu Überschneidungen. Deswegen werden die Begriffe manchmal auch synonym verwendet.4 4 Schmeisser W.; Rönsch, M.; Zilch I. (2009): „Shareholder Value Approach versus Corporate Social Responsibility. Eine unternehmensethische Ein- führung in zwei konträre Ansätze“, in: Schriften zum Internationalen Management, Hrsg. Thomas R. Hummel, Rainer Hampp Verlag
TIEFKÜHLKOST UND NACHHALTIGKEIT
12 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit KAPITEL 3 TIEFKÜHLKOST UND NACHHALTIGKEIT Nachhaltiges Handeln und Wirtschaften spielen für die Tiefkühl- bei tiefgekühlten Produkten geringer, wie eine Umfrage zeigte: branche (kurz TK-Branche) nicht zuletzt aus ökonomischer Sicht seit Während knapp 90 % der Konsumenten schon einmal ein frisches vielen Jahren eine wichtige Rolle und gewinnen mit dem steigen- Lebensmittel weggeworfen haben, haben dies bei tiefgekühlten den Verbrauch von Tiefkühlprodukten und dem gleichzeitig in der Produkten nur knapp 30 % schon einmal getan.2 Bevölkerung wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstsein noch weiter an Bedeutung. Die deutsche Tiefkühlwirtschaft ist mit einem Um- Hinzu kommt, dass die Tiefkühlware nicht nur schon vorportioniert, satz von rund 13,3 Milliarden Euro eine der fünf größten Teilbran- sondern auch gereinigt, geputzt und oftmals bereits vorgegart ist. chen der Lebensmittelindustrie.1 Die Tiefkühlbranche ist sich ihrer Da diese Bearbeitungsschritte in der Industrie optimiert sind und Verantwortung bewusst und arbeitet stufenübergreifend schon für eine große Menge an Produkten auf einmal durchgeführt wer- von jeher zusammen. Dies gilt für alle Bereiche der Branche von der den, können Wasser, Energiekosten und Arbeitsaufwand minimiert Beschaffung der Rohwaren bis zum Handel und umfasst Hersteller werden. von tiefgekühlten Lebensmitteln genauso wie Tiefkühllogistiker, -lagerhäuser und Tiefkühltechniker. Die Kettenverantwortung ist in Auch die industrielle Schockfrostung bietet deutliche Nachhaltig- der Branche tief verankert, da die Produkte nur so einwandfrei bis keitsvorteile: Sie gilt als das schonendste und schnellste Verfahren zum Verwender gelangen können. zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Da die Produkte in kurzer Zeit auf Minustemperaturen heruntergekühlt werden, bilden sich Über die Tiefkühlung kann eine Vielzahl von Lebensmitteln auf nur kleine Eiskristalle und die Zellstruktur bleibt intakt. Wertvolle, schonende Art lange haltbar gemacht werden. Ernten können frisch im Zellsaft enthaltene Inhaltsstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe verarbeitet und Lebensmittel auch außerhalb der Saison frisch werden so geschützt und auch der Geschmack und die Beschaffen- genossen werden. Dabei umfasst die Angebotsform „tiefgekühlt“ heit des Lebensmittels bleiben bestmöglich erhalten. Insbesondere nahezu alle Lebensmittel, die sich auch im Frischebereich wieder- der Vitamin-C-Gehalt von Tiefkühlgemüse ist mit dem von erntefri- finden: von Obst und Gemüse über Fisch und Fleisch bis hin zu scher Ware vergleichbar – eine Qualität, die für Konsumenten selbst Snacks und Backwaren. Auch ganze Gerichte wie Pizza, Gemüse- auf dem Wochenmarkt nur schwer erhältlich ist. Denn in den ersten pfannen oder Fleisch- und Fischgerichte sowie Kuchen und Torten vier Tagen nach der Ernte kann der Vitamin-C-Gehalt von Gemüse werden von Tiefkühlherstellern angeboten. bis zu 80 % abnehmen – je nachdem, ob dieses bei Raumtempe- ratur oder im Kühlschrank gelagert wurde. Der Gehalt in Tiefkühl- In Punkto Ressourcenschonung und Vermeidung von Lebensmit- gemüse bleibt hingegen auch über eine Lagerdauer von mehreren telabfällen spielen Tiefkühlprodukte aufgrund ihrer langen Halt- Monaten weitgehend stabil3 und kann somit einen wichtigen Bei- barkeit und Portionierbarkeit sowohl auf Ebene der Produktion als trag zu einer gesunden und ausgewogenen Ernährung leisten. auch bei Großverbrauchern und in Haushalten eine sehr wichtige Rolle. Denn Tiefkühlkost ist so verpackt, dass die Entnahme von Trotz bestehender Nachhaltigkeitsvorteile, die die Angebotsform Portionen möglich ist und nicht alles auf einmal aufgetaut und „tiefgekühlt“ bietet, ist die Tiefkühlbranche – wie alle anderen Le- zubereitet werden muss. Verluste durch übriggebliebene Essens- bensmittel- und Konsumgüterbranchen – auch zukünftig gefordert, reste oder Überproduktion können so eingedämmt werden. Auch weitere Schritte hin zu mehr Nachhaltigkeit zu gehen. Lebensmittelabfälle durch Überschreitung der Haltbarkeit sind 1 dti-Absatzstatistik 2015 2 tnsinfratest (2011): Umfrage „Verschwendung von Lebensmitteln“ im Auftrag des Deutschen Tiefkühlinstituts. 3 Deutsches Tiefkühlinstitut e. V. (2. Auflage 2007): „Frische genießen mit Tiefkühlkost“ http://www.tiefkuehlkost.de/info-center/broschueren/ frische-broschuere
Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit 13 UMSETZUNG DES THEMAS NACHHALTIGKEIT IN DER TIEFKÜHLBRANCHE Sehr stark Eher stark Eher gering Sehr gering Hersteller 10 56 34 Handel 10 31 59 Logistik und TK-Technik 11 49 35 5 Sonstige 7 41 52 Gesamt 10 46 43 1 in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n = 37); Sonstige (n = 29) „Ursprüngliche Frage: Was würden Sie sagen: Wie ausgeprägt wird das Thema Nachhaltigkeit in der Tiefkühlbranche schon umgesetzt?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 BRANCHENUMFRAGE NACHHALTIGKEIT Inwieweit beeinflussen Nachhaltigkeitsaspekte bereits heute das insgesamt 178 Unternehmensvertreter aus der Tiefkühlwirtschaft unternehmerische Handeln der Tiefkühlbranche? Worin werden die und angrenzenden Branchen. Da die Hersteller mit 73, der Handel größten Hürden bei der Umsetzung im Unternehmen gesehen? Wo mit 39 und die Tiefkühllogistik (Transport, Lagerung und Kom- die Perspektiven? Und wie groß schätzen Handel und Industrie das missionierung, im Folgenden als „Logistik“ bezeichnet) sowie die aktuelle Nachhaltigkeitsengagement ihrer Branche ein? Diese und Hersteller von Tiefkühlgeräten und -ausstattung (im Folgenden als weitere Fragen stellten das ZNU – Zentrum für Nachhaltige Unter- TK-Technik bezeichnet) mit insgesamt 37 Teilnehmern die größten nehmensführung der Universität Witten/Herdecke und das Deut- Gruppen der Branchenumfrage ausmachen, werden diese bei den sche Tiefkühlinstitut e. V. (dti) in einer umfassenden Befragung, die meisten Fragestellungen gesondert dargestellt. im Herbst 2015 durchgeführt wurde. An der Studie beteiligten sich NACHHALTIGKEIT IST IN DER TIEFKÜHLBRANCHE ANGEKOMMEN ! Für das Gros der Tiefkühlbranche spielt Nachhaltigkeit so wie für die Die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit in der Tiefkühlbranche zeigt sich Lebensmittelbranche insgesamt4 eine beachtliche Rolle: 56 % der auch darin, dass namhafte Hersteller der Branche immer wieder für Befragten halten Nachhaltigkeit in der Branche für eher oder sehr ihr Nachhaltigkeitsengagement ausgezeichnet werden 5 und Nach- stark ausgeprägt. Insbesondere für Akteure, die TK-Lebensmittel und haltigkeitsinitiativen wie den Marine Stewardship Council (MSC) ins Technik für die TK-Wirtschaft anbieten, ist Nachhaltigkeit sehr wichtig. Leben gerufen haben. 4 Diekmann, V.; Kölle, A.; Laumann, M.; Geßner, C. (2015): „Nachhaltigkeit in der FMCG-Branche“ https://www.uni-wh.de/uploads/media/ Nachhaltigkeit_in_der_FMCG-Branche_2015_01.pdf (Zugriff 26.1.15) 5 z. B. Facit Research (2015): „Sustainability Image Score“, http://www.facit-research.com/de/aktuelles/news/sis-2015/ (Zugriff 21.1.16); https:// www.nachhaltigkeitspreis.de/category/preistraeger/ (Zugriff 28.4.2016)
14 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit RELEVANZ VON NACHHALTIGKEIT: ÖKOLOGISCHE SCHWERPUNKTTHEMEN Hersteller Handel Eher hoch Sehr hoch Sehr hoch Eher hoch 38 57 Energiesparende Technik Energiesparende Technik 57 35 42 51 Reduzierung von Abfällen Lebensmittelverschwendung 49 41 42 49 Umgang mit Wasser Schutz der Artenvielfalt 37 49 33 55 Lebensmittelverschwendung Kältemittel 47 34 57 22 Nachhaltige Verpackung Tierschutz 36 44 29 49 Schutz der Artenvielfalt Reduzierung von Abfällen 35 43 41 35 Pflanzenschutzmittel Pflanzenschutzmittel 34 43 40 35 Kältemittel Umgang mit Wasser 14 61 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Logistik und TK-Technik Sehr hoch Eher hoch Energiesparende Technik 78 19 Kältemittel 44 36 Reduzierung von Abfällen 23 37 Umgang mit Wasser 26 34 Lebensmittelverschwendung 35 24 Schutz der Artenvielfalt 34 25 Nachhaltige Verpackung 6 34 Tierschutz 9 25 in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Bitte beurteilen Sie die Relevanz der folgenden Nachhaltigkeitsthemen für Ihr Unternehmen.“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 NACHHALTIGKEITSTHEMEN DER TIEFKÜHLWIRTSCHAFT Um herauszufinden, welche Aspekte der Nachhaltigkeit die Tief- hohe oder eher hohe Relevanz. Bei Tiefkühltechnik-Herstellern und kühlbranche besonders beschäftigen, wurde die Relevanz von insge- Logistikern ist die Relevanz ökologischer Themen hingegen etwas samt 27 ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeits- geringer. Hier folgen auf die energiesparende Technik die Kälte- themen abgefragt. mittel mit 80 % auf Platz zwei. Beide spiegeln die Kernkompetenz der Teilbranche wider. Die anderen abgefragten Themen haben mit UMWELT maximal 60 % eine geringere Relevanz für die Teilbranche. Das wichtigste ökologische Nachhaltigkeitsthema ist für Hersteller, Handel, Logistiker und TK-Techniker übereinstimmend die energie- Für Hersteller und Handel folgt nach der energiesparenden Technik sparende Technik, die die hohe Bedeutung des Energieverbrauchs die Vermeidung von Abfällen: bei Herstellern steht die Abfallreduk- zum Tiefgefrieren widerspiegelt. tion mit 93 % vor der Reduktion von Lebensmittelverlusten (88 %), im Handel ist es umgekehrt, was sicher auch mit der hohen media- Zudem zeigt sich, dass Hersteller und Handel zu Umweltthemen len Präsenz und der wachsenden Anzahl an Initiativen zur Vermei- häufig eine ähnliche Einschätzung haben: Bei allen Befragten ha- dung von Lebensmittelabfällen verbunden ist. ben die ökologischen Themen für mindestens zwei Drittel eine sehr
Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit 15 RELEVANZ VON NACHHALTIGKEIT: ÖKONOMISCHE SCHWERPUNKTTHEMEN Hersteller Handel Eher hoch Sehr hoch Sehr hoch Eher hoch 28 71 Lebensmittelkennzeichnung Gewährleistung Produktqualität 78 22 19 78 Gewährleistung Produktqualität Lebensmittelkennzeichnung 72 25 40 50 Schutz von Kundendaten Rückstände in Lebensmitteln 64 33 38 52 Transparenz Rohstoffherkunft Faire Wertschöpfung 27 68 32 58 Rückstände in Lebensmitteln Transparenz Rohstoffherkunft 49 46 42 42 Antikorruption/Compliance Keine irreführende Werbung 60 34 49 33 Auswahl der Lieferanten Antikorruption/Compliance 39 53 42 39 Keine irreführende Werbung Schutz von Kundendaten 61 22 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Logistik und TK-Technik Sehr hoch Eher hoch Gewährleistung Produktqualität 58 25 Antikorruption/Compliance 43 31 Schutz von Kundendaten 44 27 Auswahl der Lieferanten 11 58 Faire Wertschöpfung 26 43 Gesellschaftliches Engagement 17 36 Transparenz Rohstoffherkunft 12 36 Lebensmittelkennzeichnung 18 27 in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Bitte beurteilen Sie die Relevanz der folgenden Nachhaltigkeitsthemen für Ihr Unternehmen.“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 Für Hersteller steht auch der Umgang mit Wasser sehr weit vorne tierische Produkte, insbesondere Fleisch, längst nicht für jeden (91 %), gefolgt von nachhaltigen Verpackungslösungen (79 %) Hersteller der TK-Branche eine wichtige Rohware darstellt. – beides Themen, die die Relevanz einer ressourceneffizienten Produktion bei der Verarbeitung von Tiefkühlprodukten unter- ÖKONOMIE streichen. Für den Handel hat hingegen der Schutz der Artenviel- Ökonomie steht in der Praxis oft im Vordergrund und auch in den falt (86 %) einen hohen Stellenwert, bei Herstellern liegt dieser Umfrageergebnissen zeigt sich der hohe Stellenwert. Eines der bei- bei 77 %. Eine hohe Bedeutung für den Handel haben auch Kälte- den bedeutendsten Themen ist hier die Gewährleistung der Produkt- mittel (81 %). Hier zeigen sich sicher auch die Auswirkungen der zum qualität – bei Herstellern, Handel, Logistikern und TK-Herstellern. 1. Januar 2015 in Kraft getretenen EU-Verordnung zu fluorierten Bei Herstellern und Handel gehört zu den beiden Topthemen auch Kohlenwasserstoffen ((EU) Nr. 517/2014), der sog. F-Gase-Verord- die Lebensmittelkennzeichnung – ein Thema, das sicher auch nung, die deren Verwendung nach und nach einschränken wird. durch die hohe mediale Aufmerksamkeit im Zuge der Diskussion über Die Relevanz ist hier für den Handel vermutlich höher als für die „Lebensmittelampel und das Verbraucherportal „Lebensmittel- Hersteller (75 %), da in der Verarbeitung häufig auch Ammoni- klarheit.de“ in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. ak als Kältemittel eingesetzt wird. Auch Tierschutz hat für den Handel als Umweltthema eine größere Bedeutung (80 %) als für Für Hersteller sowie Logistiker und TK-Technik ist auch der Schutz Hersteller (65 %), was vermutlich dadurch begründet ist, dass von Kundendaten unter den drei wichtigsten Nachhaltigkeits-
16 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit RELEVANZ VON NACHHALTIGKEIT: SOZIALE SCHWERPUNKTTHEMEN Hersteller Handel Eher hoch Sehr hoch Sehr hoch Eher hoch 36 55 Gesundheit Gesundheit 54 43 53 31 Weiterbildungsmöglichkeiten Menschenrechte 33 54 57 24 Vereinbarkeit Familie und Beruf Vereinbarkeit Familie und Beruf 32 54 32 47 Menschenrechte Weiterbildungsmöglichkeiten 49 35 49 28 Mitarbeiterschulung Nachhaltigkeit Demografie 17 64 50 26 Diversity Mitarbeiterschulung Nachhaltigkeit 27 49 52 21 Demografie Diversity 14 60 43 17 Gesellschaftliches Engagement Gesellschaftliches Engagement 11 41 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Logistik und TK-Technik Sehr hoch Eher hoch Gesundheit 60 34 Weiterbildungsmöglichkeiten 40 46 Diversity 31 43 Demografie 24 47 Vereinbarkeit Familie und Beruf 29 40 Menschenrechte 39 22 Gesellschaftliches Engagement 20 40 Mitarbeiterschulung Nachhaltigkeit 17 40 in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Bitte beurteilen Sie die Relevanz der folgenden Nachhaltigkeitsthemen für Ihr Unternehmen.“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 themen. Im Handel wird dieser Aspekt im Verhältnis zu den anderen SOZIALES Themen etwas weniger wichtig bewertet und rangiert auf Platz 8, Soziale Themen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Auch hier sind hat absolut gesehen mit 83 % jedoch eine höhere Bedeutung als bei sich Hersteller, Handel, Logistiker und TK-Technik beim wichtigsten Logistikern und TK-Technik. Hier liegt die Vermeidung von Lebens- Thema einig: Gesundheit steht bei allen eindeutig an erster Stelle. mittelrückständen an dritter Stelle (97 %), die bei den Herstellern Bei Herstellern, Logistikern und TK-Technik folgen an zweiter Stelle mit 90 % auf Position 5 rangiert. Aber auch eine transparente Roh- Weiterbildungsmöglichkeiten, die im Handel auf Platz vier liegen. stoffherkunft (90 resp. 95%) und faire Wertschöpfung sowie Anti- Das zweitwichtigste Thema im Handel sind Menschenrechte, die korruption (Platz 3 bei TK-Technik und Logistikern) sind in den Augen wiederum bei Herstellern auf Platz vier folgen. An dritter Stelle folgt der Befragten wichtige Nachhaltigkeitsthemen. bei Herstellern und Handel gleichermaßen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für Logistiker und TK-Technik hat dieser Aspekt eine geringere Relevanz. Auch die Qualifizierung von Mitarbeitern zu Nachhaltigkeitsthemen ist ein wichtiges Anliegen der Hersteller und des Handels ebenso wie Demografie und Vielfalt (Diversity).
Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit 17 CHANCEN VON NACHHALTIGKEIT – TOP 5 … für Logistik und … für Hersteller zur … … für den Handel zur … TK-Technik zur … Profilierung 67 Zukunftssicherung 56 Kundenbindung 60 Zukunftssicherung 67 Wettbewerbsvorteil 56 Kostenoptimierung 60 Kundenbindung 64 Kundenbindung 56 Wettbewerbsvorteil 56 Wettbewerbsvorteil 56 Risikominimierung 54 Profilierung 54 Neukundengewinnung 52 Profilierung 51 Mitarbeiterrekrutierung 51 in % 0 20 40 60 80 in % 0 20 40 60 in % 0 20 40 60 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Das Thema Nachhaltigkeit eignet sich für Ihr Unternehmen tatsächlich zur …“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 WAS SIND DIE CHANCEN VON NACHHALTIGKEIT? Nachhaltigkeit erfolgreich implementiert, bietet viele Chancen Hersteller benennen unter den wichtigsten Chancen von Nachhal- für Unternehmen. Worin genau diese Chancen liegen, haben die tigkeit noch Neukundengewinnung. Dies ist sehr stimmig mit der Befragten eindeutig für sich identifiziert. Unter den wichtigsten Einschätzung, dass zukünftig mehr Konsumenten bereit sein wer- fünf Themen finden sich bei Herstellern, Handel, Logistikern und den, auch nachhaltige Produkte zu kaufen. Für den Handel ist unter TK-Technik übereinstimmend Wettbewerbsvorteile, Profilierung den Topthemen noch Risikominimierung wichtig, die Logistiker und und Kundenbindung. Bei Herstellern und Handel wird zudem die TK-Techniker benennen unter den fünf wichtigsten Themen noch die Zukunftssicherung prominent an erster bzw. zweiter Stelle genannt, Mitarbeiterrekrutierung – auch dies passend zu den Schwierigkei- die für Logistiker und TK-Technik nicht unter den fünf Topthemen be- ten insbesondere der Logistikbranche, genügend Personal zu finden. nannt wird. Für diese ist wiederum das Thema Kostenoptimierung an zweiter Stelle eine wichtige Chance. Dies passt sehr gut dazu, dass Die hier benannten Hauptchancen werden, wie eine andere Studie energiesparende Technik das wichtigste ökologische Thema für die- zeigt, in der gesamten Lebensmittelbranche ähnlich eingeschätzt.6 se Gruppe ist, denn durch einen geringeren Energieverbrauch lassen sich häufig auch Kosten senken. 6 Diekmann, V.; Kölle, A.; Laumann, M.; Geßner, C. (2015): „Nachhaltigkeit in der FMCG-Branche“ https://www.uni-wh.de/uploads/media/Nachhaltig- keit_in_der_FMCG-Branche_2015_01.pdf (Zugriff 26.1.15)
18 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit STOLPERSTEINE BEI DER UMSETZUNG VON NACHHALTIGKEIT Hersteller Handel Nachhaltigkeit kommt on top – Geringes Interesse keine personellen Kapazitäten 36 der Kunden 41 Schwierige Hohe Datenerhebung 30 Umsetzungskosten 33 Schwierigkeiten bei der Wirksamkeits- Nachhaltigkeit ist für uns messung unserer Maßnahmen 30 schwer zu definieren 26 Geringe Schwierige Rentabilität 26 Datenerhebung 23 Mangelnde Geringe Datenvergleichbarkeit 23 Rentabilität 21 in % 0 10 20 30 40 in % 0 10 20 30 40 50 Logistik und TK-Technik Mangelnde Datenvergleichbarkeit 39 Geringes Interesse der Kunden 39 Hohe Umsetzungskosten 36 Schwierigkeiten bei der Wirksamkeits- messung unserer Maßnahmen 32 Geringe Rentabilität 32 in % 0 10 20 30 40 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73); Handel (n = 39); Logistik und TK-Technik (n=37) „Ursprüngliche Frage: Wo sehen Sie die größten Stolpersteine bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsprojekten in Ihrem Unternehmen?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 PROBLEME BEI DER UMSETZUNG VON NACHHALTIGKEIT Bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit können verschiedene Stol- lität sowie die Kommunikation als große Herausforderungen gese- persteine auftreten, die bei Verarbeitern, Handel, Logistikern und hen. Übereinstimmung gibt es darin, dass auch hier die Wirksam- TK-Technik jeweils etwas anders gelagert sind. Zu den fünf relevan- keitsmessung zu den fünf größten Schwierigkeiten gehört, die es testen Hürden gehören bei Herstellern die fehlenden personellen zu meistern gilt.7 Kapazitäten, aber auch Schwierigkeiten bei der Erhebung von Da- ten, bei der Messung der Wirksamkeit von Maßnahmen sowie bei In der Selbstwahrnehmung bestehen im Handel etwas anders der Vergleichbarkeit von Daten. Eine geringe Rentabilität spielt für gelagerte Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit. rund ein Viertel der Befragten eine Rolle. Das größte Problem wird im mangelnden Kundeninteresse (41 %) sowie in den hohen Umsetzungskosten (33 %) gesehen. Ein anderer Dies wird von Herstellern der Gesamtlebensmittelbranche teilweise wichtiger Stolperstein ist es, Nachhaltigkeit für sich zu definieren anders eingeschätzt: Hier wurden die Umsetzungskosten als größte (26 %). Aber auch die schwierige Datenerhebung (23 %) und die Hürde benannt, ebenso wurden das Kundeninteresse, die Rentabi- geringe Rentabilität (21 %) sieht der Handel als Problem. 7 Ebd.
Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit 19 NACHHALTIGKEIT IN DER TK-LEBENSMITTELPRODUKTION Aktueller Umsetzungsstand Umsetzungsstand 2020 Bereits eher Bereits vollständig 2020 vollständig 2020 eher umgesetzt umgesetzt umgesetzt umgesetzt 80 9 Einsatz energiesparender Geräte/Technik 42 52 68 17 Reduktion des Wasserverbrauchs 51 46 60 20 Reduktion des Kältemittelverbrauchs 46 53 51 14 Neu- und Umbauten unter Nachhaltigskeitsaspekten 30 65 36 26 Bündelung von Transporten mit anderen Unternehmen 37 40 41 10 Ermittlung von Klimabilanzen für Produkte und das Unternehmen 32 53 38 13 Einsatz umweltfreundlicher Transportmittel 26 57 23 14 Einsatz von natürlichen Kältemitteln 25 48 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73) „Ursprüngliche Frage: Welche Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits in Ihrem Unternehmen umgesetzt? Und wie schätzen Sie den Umsetzungsstand in 2020/zukünftig ein?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 Seitens der TK-Techniker und Logistiker wird wie im Handel das ge- im Handel. Gefolgt werden die Top 5 von Schwierigkeiten bei der ringe Kundeninteresse als größter Stolperstein gesehen, gemein- Wirksamkeitsmessung der Maßnahmen und der geringen Rentabi- sam mit der mangelnden Datenvergleichbarkeit. Auch die hohen lität – ähnlich wie bei Herstellern. Umsetzungskosten sind in der Rangordnung ganz vorn, ähnlich wie IST DIE ZUKUNFT NACHHALTIGER? Wird es in Zukunft mehr Konsumenten geben, die bereit sind, nach- eingeschätzt wird. Allgemein lässt sich ein sehr positives Bild zeich- haltige Produkte zu kaufen? Oder werden es eher weniger? Und wel- nen. Die Befragten sehen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit für che Dimensionen der Nachhaltigkeit werden in Zukunft besonders alle abgefragten Nachhaltigkeitsaspekte einen positiven Trend für wichtig sein? Um eine der wichtigsten Aussagen vorweg zu nehmen: die Zukunft. In einigen Bereichen haben sich die Unternehmen selbst Die Befragten sind zuversichtlich, die Zukunft nachhaltiger gestal- besonders viel vorgenommen und schätzen den Umsetzungsstand in ten zu können. Im Vergleich zu heute schätzen 55 %, dass es 2020 der Zukunft besonders hoch ein. Dies zeigt sich bei einigen techni- mehr Verbraucher geben wird, die bereit sind, für ein nachhaltigeres schen Themen. Produkt auch mehr Geld auszugeben. Der Handel ist noch optimis- tischer: Hier gehen sogar 64 % der Befragten davon aus, dass die So geben besonders viele Hersteller an, ihren Wasser- und Kältemit- Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für nachhaltigere Produkte telverbrauch in Zukunft drastisch reduzieren zu wollen. Zudem soll in Zukunft höher sein wird und dies, obwohl gerade das geringe Kun- der Umsetzungsstand von energiesparender Technik bis 2020 fast deninteresse im Handel als der größte Stolperstein für Nachhaltigkeit vervierfacht werden. Auch wollen in Zukunft 95 % der Hersteller gesehen wird. Nachhaltigkeitsaspekte bei Neu- und Umbauten berücksichtigen, während es heutzutage 65 % angeben. Der Einsatz natürlicher Käl- Zudem stellt sich die Frage, welche Aspekte nachhaltigen Wirt- temittel ist hingegen nicht weit verbreitet. Heute geben nur 37 % an, schaftens in Zukunft wichtig sein werden. Dazu wurde gefragt, was natürliche Mittel zur Kühlung zu verwenden. Auch umweltfreundli- bereits heute umgesetzt wird und wie der Umsetzungsstand 2020 che Transportmittel spielen mit 51 % bislang nur bedingt eine Rolle.
20 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit NACHHALTIGKEIT IN LOGISTIK UND TK-TECHNIK Aktueller Umsetzungsstand Umsetzungsstand 2020 Bereits eher Bereits vollständig 2020 vollständig 2020 eher umgesetzt umgesetzt umgesetzt umgesetzt 65 27 Reduktion des Kältemittelverbrauchs 70 21 54 35 Einsatz energiesparender Geräte/Technik 69 26 62 24 Reduktion des Wasserverbrauchs 55 39 63 13 Einsatz umweltfreundlicher Transportmittel 53 38 53 19 Neu- und Umbauten unter Nachhaltigkeitsaspekten 59 27 44 25 Einsatz von natürlichen Kältemitteln 50 34 48 13 Bündelung von Transporten mit anderen Unternehmen 43 23 21 6 Ermittlung von Klimabilanzen für Produkte und das Unternehmen 24 52 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Welche Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits in Ihrem Unternehmen umgesetzt? Und wie schätzen Sie den Umsetzungsstand in 2020/zukünftig ein?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 Zukünftig sehen jedoch 83 % der Befragten einen höheren Umset- stärken und auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wollen zungsstand bei umweltfreundlichen Transportmitteln. 92 % zumindest teilweise umsetzen. Den geringsten Umsetzungs- stand der sozialen Themen hat heute die übertarifliche Entlohnung. Die Einschätzungen der Hersteller passen weitgehend zu denen der 60 % geben an, ihre Mitarbeiter übertariflich zu entlohnen, jedoch Logistiker und TK-Technikhersteller: So wird beispielsweise der voll- nur 15 % tun dies vollständig und flächendeckend. Auch in Zukunft ständige Umsetzungsstand bei der Reduktion des Kältemittelver- geben nur 16 % an, eine vollständige übertarifliche Entlohnung um- brauchs auf 70 % in 2020 geschätzt, ausgehend von 27 % heute. Eine setzen zu wollen. Schulungen zu Nachhaltigkeit dagegen gewinnen ähnlich hohe Steigerung wird beim Einsatz energiesparender Geräte, zukünftig stark an Bedeutung. Heute werden Schulungen nur in we- der Reduktion des Wasserverbrauchs und dem Einsatz natürlicher nigen Unternehmen konsequent umgesetzt. Bis 2020 gehen die Be- Kältemittel erwartet. Zudem werden in dieser Gruppe auch massive fragten davon aus, dass sich das Thema mit 98 % Umsetzungsstand Veränderungen hin zum Einsatz umweltfreundlicher Transportmit- jedoch zur wichtigsten Stellschraube entwickelt, um Nachhaltigkeit tel und der Bündelung von Transporten mit anderen Unternehmen im Unternehmen umzusetzen. vermutet. Insbesondere in der Logistikbranche steht das Thema Mitarbeiter Soziale Nachhaltigkeitsthemen im Unternehmen zu forcieren hat ganz weit vorne. Daher wird auch bei allen Themen bis 2020 eine verschiedene Gründe. Beim Personalmanagement stehen bei den deutliche Steigerung des Umsetzungsstandes erwartet, insbeson- Herstellern vor allem Themen wie Diversity- oder Gesundheitsma- dere beim Diversity-Management, dem betrieblichen Gesundheits- nagement oben auf der Agenda. Einerseits sollen Mitarbeiter an das management und der Kompetenzentwicklung. Bei übertariflicher Unternehmen gebunden werden, andererseits ist die Weiterbildung Entlohnung wird hingegen nur mit einer moderaten Steigerung des der Mitarbeiter das Ziel. So geben 77 % an, die Kompetenzentwick- Umsetzungsstands gerechnet. lung der Angestellten als relevant für das eigene Unternehmen anzusehen, während Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von In der nachhaltigen Produktentwicklung ist das Thema mit der Familie und Beruf mit 74 % eine ähnlich wichtige Rolle einnehmen. höchsten Umsetzung heute (67 %) und in Zukunft (85 %) die umwelt- Auch in Zukunft steigt die Bedeutung dieser beiden Themen weiter. freundliche Verpackung. Darauffolgend nennen die Befragten am So wollen zukünftig 95 % die Kompetenzen der eigenen Mitarbeiter häufigsten regionale Rohstoffe. Da Tiefkühlprodukte Saisonunab-
Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit 21 NACHHALTIGES PERSONALMANAGEMENT HERSTELLER Aktueller Umsetzungsstand Umsetzungsstand 2020 Bereits eher Bereits vollständig 2020 vollständig 2020 eher umgesetzt umgesetzt umgesetzt umgesetzt 56 24 Diversity-Management 49 40 47 32 Betriebliches Gesundheitsmanagement 55 35 69 8 Kompetenzentwicklung bei Mitarbeitern 51 44 61 13 Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf 31 61 49 15 Schulungen zum Thema Nachhaltigkeit 41 57 45 15 Übertarifliche Entlohnung 16 57 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73) Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 LOGISTIK UND TK-TECHNIK Aktueller Umsetzungsstand Umsetzungsstand 2020 Bereits eher Bereits vollständig 2020 vollständig 2020 eher umgesetzt umgesetzt umgesetzt umgesetzt 41 38 Diversity-Management 60 31 69 8 Kompetenzentwicklung bei Mitarbeitern 52 48 47 28 Betriebliches Gesundheitsmanagement 60 31 47 22 Übertarifliche Entlohnung 27 59 50 11 Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf 35 59 47 8 Schulungen zum Thema Nachhaltigkeit 34 54 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Logistik und TK-Technik (n = 37) „Ursprüngliche Frage: Welche Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits in Ihrem Unternehmen umgesetzt? Und wie schätzen Sie den Umsetzungsstand in 2020/zukünftig ein?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 hängigkeit für die Konsumenten schaffen, spielt die Entwicklung bei der Zusammenstellung des Sortiments zukünftig deutlich an saisonaler Produkte für Hersteller eine geringe Rolle. Auch Produkte Bedeutung gewinnen. Mit nur 3 % haben die Fairtrade-Produkte aus biologischer Landwirtschaft bleiben für die Hersteller eine Ni- den geringsten vollständigen Umsetzungsstand der Branche. In sche. Die Ziele für 2020 gehen nur wenig über den aktuellen Stand Zukunft wollen 47 % der Befragten Fairtrade-Produkte zumindest hinaus. Hingegen wird die Durchführung eines CO2-Fußabdrucks teilweise umsetzen.
22 Kapitel 3 _ Tiefkühlkost und Nachhaltigkeit NACHHALTIGE PRODUKTENTWICKLUNG HERSTELLER Aktueller Umsetzungsstand Umsetzungsstand 2020 Bereits eher Bereits vollständig 2020 vollständig 2020 eher umgesetzt umgesetzt umgesetzt umgesetzt 53 14 Umweltfreundliche Verpackung 32 63 49 14 Sonstige NH-Aspekte 37 54 40 18 Regionale Rohstoffe 25 44 26 18 Saisonale Produkte nur zur Saison 20 26 23 21 Bio-Sortiment 21 23 24 13 Beachtung CO2-Fußabdruck bei Sortimentsgestaltung 30 35 18 3 Fairtrade Produkte 9 38 100 80 60 40 20 0 in % in % 0 20 40 60 80 100 Basis: Lebensmittelhersteller (n = 73) „Ursprüngliche Frage: Welche Nachhaltigkeitsaspekte werden bereits in Ihrem Unternehmen umgesetzt? Und wie schätzen Sie den Umsetzungsstand in 2020/zukünftig ein?“ Quelle: dti/ZNU: Nachhaltigkeitsumfrage 2015 ERKENNTNISSE AUS DER BRANCHENUMFRAGE Die Branchenumfrage von dti und ZNU zeigt: Nachhaltigkeit ist für n D ie Bedeutung des effizienten Einsatzes von Ressourcen zeigt die Tiefkühlbranche kein Neuland mehr und wird auch zukünftig sich in der hohen Relevanz der Reduktion von Abfällen, insbe- weiter an Bedeutung gewinnen: sondere von Lebensmittelverlusten entlang der Tiefkühlkette, n Der Bezug von qualitativ hochwertigen und sicheren, umwelt- aber auch beim Umgang mit Wasser und Energie. freundlich und sozialverträglich erzeugten landwirtschaftlichen n Ein weiterer wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekt ist die Transpa- Rohwaren hat einen hohen Stellenwert in der TK-Branche. Hier- renz entlang der Wertschöpfungskette, die sich unter anderem zu gehört auch die Sicherstellung und Einhaltung von Nachhal- in der Bedeutung von Lebensmittelkennzeichnung, Transparenz tigkeitsstandards in komplexen globalen Wertschöpfungsketten bei der Herkunft von Rohstoffen und Rückverfolgbarkeit zeigt. und der Bezug von umweltfreundlichen Verpackungsmateriali- n Ebenso wichtig ist es, eine faire Zusammenarbeit entlang der Wert- en, die dazu beitragen, die Qualität der Produkte längstmöglich schöpfungskette zu realisieren. zu erhalten. n Auch müssen Endverbraucher, seien es nun private Haushalte n Die Sicherstellung einer zuverlässigen und energieeffizienten oder Großverbraucher, bei einer umweltschonenden Lagerung Transport- und Lagerlogistik entlang der gesamten Tiefkühlket- und Zubereitung sowie insgesamt Erhaltung der Qualität und te ist für alle Akteure ebenso wichtig wie die energieeffiziente einer ausgewogenen Ernährung unterstützt werden. und umweltfreundliche Verarbeitung der Rohwaren zu quali- n Und nicht zuletzt hat natürlich die Wertschätzung und Gesund- tativ einwandfreien Endprodukten bei Sicherstellung guter Ar- heit der eigenen Mitarbeiter einen besonders hohen Stellenwert. beitsbedingungen.
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