Brasilien am Scheideweg - GLOBAL INVESTOR

Die Seite wird erstellt Mara Eichler
 
WEITER LESEN
Brasilien am Scheideweg
Brasilien ist eine junge Demokratie. Von 1964 bis
1985 wurde das Land von einer Militärdiktatur
geführt. Danach kam der Sieg der Demokratie, welcher
in der Nova República (Sechste Republik) mündete,
was mit einer Stärkung der bürgerlichen
Freiheitsrechte einherging. Im Anschluss daran wurde
Brasilien traditionell von der PT (Arbeiterpartei –
Partido dos Trabalhadores) und der PSDB (Mitte-
rechts – Partido da Social Democracia Brasileira)
dominiert. So stellte die PT die vergangenen
Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva (2003 bis
2011) und Dilma Rousseff (2011 bis 2016).

Durch einen 2017 aufgedeckten Korruptionsskandal
(Operation Lava Jato) in dem unter anderem das
Mineralölunternehmen Petrobas S.A. im Fokus der
Ermittlungen stand, kamen Rousseff und Lula da Silva
zu Fall. Lula da Silva musste infolgedessen für 12
Jahre ins Gefängnis, was ihn automatisch von der
Wahl ausschloss. Eine juristische Anfechtung Lula da
Silvas gegen den Ausschluss von der Wahl, wurde
final am 31. August 2018 vom obersten Gerichtshof
zurückgewiesen. Dilma Rousseff wurde 2016 durch ein
Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben. Ex-
Präsident Lula da Silva ist sehr populär in
Brasilien, besonders unter der ärmeren Bevölkerung,
da er selbst ein „Aufsteiger“ ist und während seiner
Amtszeit durch staatliche Sozialprogramme mehr als
40 Millionen Brasilianern aus der Armut geholfen
hat. Dadurch hat er sich eine Popularität und eine
unerschütterliche Basis geschaffen, die auch nach
dem Skandal nach wie vor loyal zu ihm steht. Lula da
Silva war dadurch auch der designierte Kandidat der
PT für die Präsidentschaftswahl 2018.

Da Lula da Silva von der Präsidentschaftswahl
ausgeschlossen wurde, musste ein neuer Kandidat
ernannt werden. Lula da Silva benannte den früheren
Oberbürgermeister von São Paulo, Fernando Haddad
(Jurist, Ökonom und Doktor der Philosophie), als
seinen Protegé. Dieser war den meisten der 147
Millionen    brasilianischen      Wahlberechtigten
unbekannt. Durch die Loyalität einer großen
Bevölkerungsgruppe zu Lula da Silva, konnte Haddad
aber von Anfang an eine breite Unterstützung
erfahren. Ohne die Fürsprache Lula da Silvas wäre
dies undenkbar gewesen. Kritiker werfen ihm auch
deswegen vor, eine Marionette Lula da Silvas und der
PT zu sein.

Nicht zu vergessen ist, dass sich Brasilien bis Ende
2017 in einer dreijährigen Rezession befand. Diese
konnte trotz politischer Instabilität überwunden
werden. Geführt wird Brasilien derzeit vom
ehemaligen Vizepräsidenten Michael Temer. Dieser
erfreut sich seit Amtsantritt einstelliger
Beliebtheitswerte in politischen Umfragen. Darüber
hinaus kämpft die größte Volkswirtschaft
Lateinamerikas mit einer hohen Korruption,
steigenden Zahlen von Gewalttaten und ausufernder
Kriminalität, die immer neue Rekorde bricht.

Begünstigt durch diese Umstände stieg der Stern des
Marktfavoriten Jair Bolsonaro. Bolsonaro ist ein
Populist und wird gemeinhin als rechtsextrem
bezeichnet. Der Ex-Militär präsentiert sich als Law-
and-Order-Kandidat, der mit markigen Sprüchen in der
Öffentlichkeit Stimmung macht. Bolsonaro hat sich in
der jüngeren Vergangenheit mehrfach hetzerisch
gegenüber Homosexuellen, Immigranten und negativ
gegenüber Frauen geäußert. Seine größten
Unterstützer sind konservative evangelikale Christen
(27 Prozent der Bevölkerung), Anhänger des Militärs
und vor allem wohlhabende und gebildete Brasilianer.

Insgesamt kann der Wahlkampf in Brasilien als Kampf
der Polarisierung beschrieben werden. Beide Seiten
sind extrem und die Bevölkerung ist tief gespalten.
Vielen Wählern scheint es um das geringere Übel zu
gehen. Während die einen den militanten Populisten
und Frauenfeind Bolsonaro verhindern wollen, geht es
für andere darum die PT auszubremsen, die für viele
Brasilianer für die ausufernde Korruption steht und
für reiche Brasilianer den Weg in eine Richtung
beschreitet, wie sie momentan in Venezuela unter
Präsident Nicolás Maduro zu beobachten ist. Dies
erklärt auch die Unterstützung der Vermögens- und
Bildungselite für den rechtsgerichteten Kandidaten.
Zu bedenken ist auch, dass der uns vertraute
europäische Rechts-links-Kompass auf Lateinamerika
nicht eins zu eins übertragbar ist.

Im ersten Wahlgang am 07 Oktober 2018 erzielte Jair
Bolsonaro (PSD) 46 Prozent, Fernando Haddad (PT) kam
auf 29 Prozent während Ciro Gomes (PDT) 12 Prozent
der Stimmen erzielte. Da keiner der Kandidaten die
Grenzen von 50 Prozent im ersten Wahlgang
überschreiten konnte, wird es am 28. Oktober zu
einer entscheidenden Stichwahl zwischen Bolsonaro
und Haddad kommen.

Jair Messias Bolsonaro: Favorit der Märkt
Bolsonaro (63), ein ehemaliger Captain der Armee und
Offizier der Reserve, ist der Marktfavorit und
Präsidentschaftskandidat der PSL (Partido Social
Liberal). In der Vergangenheit fiel er vor allem mit
Lob für die Militärdiktatur auf. Diese verfolgte in
ihrer Wirtschaftspolitik die Förderung staatseigener
Betriebe, Infrastruktur und Logistik. Die Hoffnung
der Marktteilnehmer liegt aber im Falle eines
Wahlsiegs nicht auf Bolsonaro alleine, sondern zu
einem großen Teil auf seinem designierten
Finanzminister Paulo Guedes und einem starken
Beraterteam mit Leuten aus der Privatwirtschaft.

Privatisierung
Zuletzt äußerte sich Bolsonaro zur Privatisierung,
insbesondere im Energiesektor, Stichwort Petrobas.
Bolsonaro sieht Privatisierungen als Mittel, die
Wettbewerbsfähigkeit brasilianischer Unternehmen zu
erhöhen und Korruption entgegenzuwirken.

Die Privatisierung von Staatsbetrieben könnte aber
in allen Sektoren anstehen. Jedoch sollten
Auslandsinvestitionen in strategischen Sektoren wie
Energie und Mining „vorsichtig reguliert“ werden.
Petrobas ist schon ins Schaufenster gestellt worden
für einen wahrscheinlichen Wahlsieg Bolsonaros. Auch
über eine Privatisierung des Energieunternehmens
Eletrobrás     S.A.   soll    in   der   kommenden
Legislaturperiode erneut abgestimmt werden. Jedoch
wurde betont, dass dies vielmehr mittelfristig bzw.
am Ende des Horizonts geschehen wird und kein
billiger Ausverkauf stattfinden wird. Zuletzt hieß
es, dass wahrscheinlich nur die distribution und
refining units von Petrobas privatisiert werden
sollen. Als Proxy für eine mögliche Entwicklung der
Aktienkurse von Staatsunternehmen kann ein
Pricetarget von XP Brokerage für Petrobas
herangezogen werden: 33BRL/Share, wenn Bolsonaro
gewinnt,   gegenüber   22   BRL/Share,   wenn   Haddad
gewinnt.

Geldpolitik
Es kann erwartet werden, dass Bolsonaro als
autoritärer Präsident auftreten und versuchen wird,
Einfluss auf geldpolitische Entscheidungen der
brasilianischen Zentralbank zu nehmen. Im Bereich
der Zentralbankpolitik setzt Bolsonaro auf
Stabilität hinsichtlich Personen und Politik. Der
brasilianische Real soll laut ihm auf seinem
derzeitigen Niveau weitestgehend bleiben und die
Zentralbank in den Devisenhandel eingreifen, sofern
notwendig.

Handelspolitik
China löste 2009 die Vereinigten Staaten als größter
Handelspartner Brasiliens ab. Besonders Exporte von
Soja und Eisenerzen machen einen Großteil des
Handelsvolumens aus. Jedoch hat Bolsonaro Bedenken
bezüglich chinesischer Auslandsinvestitionen und des
Ausverkaufs der brasilianischen Wirtschaft geäußert.
Stattdessen bevorzugt er eine starke Partnerschaft
mit den Vereinigten Staaten. Dies könnte auch für
die Vergabe von Staatsaufträgen und Übernahmen durch
ausländische Unternehmen ein bedeutender Faktor
werden, auch wenn Bolsonaro die Aussagen
nachträglich     relativierte     und   China    als
„außergewöhnlichen“ Partner bezeichnete.

Rentenreform
Brasilien hat eines der großzügigsten Rentensysteme
der Welt, was nahezu ein Drittel der brasilianischen
Staatsausgaben in Anspruch nimmt und sich somit
stark negativ auf das Staatsdefizit (-8.3 Prozent
für 2018) auswirkt. Bolsonaro sagt, dass das
Rentensystem in Brasilien reformiert werden müsse;
als Abgeordneter hatte er sich noch gegensätzlich
geäußert. Detaillierte Pläne zu einer Reform des
Rentensystems wurden bis jetzt noch nicht
veröffentlicht. Des Weiteren plant Bolsonaro, das
aufgeblähte Beamtensystem des Landes ins Visier zu
nehmen und auch Sozialhilfeprogramme zu überprüfen,
darunter „Bolsa Familia“ was zuletzt vor allem durch
das erschleichen von Sozialleistungen in den
Schlagzeilen stand. Von Bolsonaro ist zum
Machterhalt eine Politik für die Oberschicht zu
erwarten, statt sozialer Programme wie unter Ex-
Präsident Lula da Silva. Die Auswirkungen auf den
privaten Konsum sind nicht genau messbar, da
Programme wie zum Beispiel „Bolsa Familia“ primär
nur den Grundbedarf auf sehr niedrigem Niveau
abdecken, aber in der Vergangenheit einer nicht
bezifferbaren Anzahl von armen Brasilianern den Weg
in die Mittelschicht eröffnet hat.

Auslandsinvestitionen
Gemeinhin wird erwartet, dass Bolsonaro durch eine
Law-and-Order-Politik das Umfeld für ausländische
Investitionen in die brasilianische Wirtschaft
verbessern wird. Hierzu zählt insbesondere der Kampf
gegen Korruption und Kriminalität. Ferner hat
Bolsonaro angekündigt, sich an bestehende Verträge
halten zu wollen, was die Rechtssicherheit für
ausländische Investitionen verbessert. Brasilien ist
nach wie vor ein wachsendes Land und die größte
Volkswirtschaft      Lateinamerikas.     Auch    das
Durchschnittsalter ist mit 33,5 Jahren im Jahr 2020
noch relativ jung im Vergleich zu den meisten
entwickelten Volkswirtschaften. Ein großer Pool an
Arbeitskräften und Wachstumschancen sind unter
stabilen wirtschaftspolitischen Voraussetzungen ein
ideales Umfeld für Auslandsinvestitionen.

Finanzminister
Im   Falle   eines  Wahlsiegs   der   PSD  wird
voraussichtlich Paolo Guedes (69) Finanzminister
werden. Der Ökonom und Mitgründer der Investmentbank
BTG Pactual ist in der Vergangenheit politisch nur
beratend in Erscheinung getreten und hat sich nach
seiner Zeit als Banker einen Namen als Unternehmer
im brasilianischen Bildungssektor und Gründer einer
Private-Equity-Firma gemacht. Guedes ist Absolvent
der University of Chicago, wo er 1978 seinen Ph.D.
erlangte. Chicago wurde zu dieser Zeit vom späteren
Nobelpreisträger Milton Friedman geprägt. Friedman
war Zeit seines Lebens ein Anhänger freier Märkte.
Auch Guedes kann als Anhänger dieser Lehre gesehen
werden. Die Privatisierung von Staatsunternehmen und
Deregulierung verschiedener Sektoren wurde bereits
angekündigt.

Ferner hat Guedes 1989 den Kandidaten Guilherme Afif
Domingos (PSD) bei seiner Präsidentschaftskampagne
in Wirtschaftsthemen beraten. Domingo ist ebenfalls
ein Mann aus der Wirtschaft der zuletzt das Amt des
Vize-Gouverneur von São Paulo (2011 bis 2015)
bekleidete.

Fernando Haddad
Fernando Haddad (55) ist der Kandidat der PT und von
libanesischer Abstammung. Der Jurist, Volkswirt und
Doktor der Philosophie war überwiegend im
öffentlichen Dienst tätig. Zudem war er
Sonderberater des Ministeriums für Planung, Haushalt
und Verwaltung. Haddad ist ein ausgebildeter
Bürokrat, der aller Voraussicht nach nicht den
Staatsapparat abbauen wird. Von 2012 bis 2017 war er
Oberbürgermeister von São Paulo. Ein eigenes,
landesweites, politisches Profil konnte Haddad
bisher nicht entwickeln. Vielmehr gilt er als Mann
des von der Wahl ausgeschlossenen Ex-Präsidenten
Lula da Silva. Die Nähe zu Lula da Silva ist für den
Kandidaten, der im ersten Wahlgang 29 Prozent der
Stimmen auf sich vereinigen konnte, Fluch und Segen
zugleich. Auf der einen Seite garantiert Lula da
Silva eine loyale Wählerbasis, die ihn sonst nicht
beachten würde, auf der anderen Seite ist Lula da
Silva der Grund, warum er für viele Brasilianer
nicht    wählbar     ist.    Zwar    besteht     die
Wahrscheinlichkeit, dass er die Stimmen der Anhänger
des ultralinken Kandidaten Gomes (12 Prozent im
ersten Wahlgang) in einer Stichwahl erhält. Jedoch
müsste er dafür sein politisches Profil in diese
Richtung schärfen. Gomes fiel damit auf, dass er
Investoren davon abriet, in staatliche Unternehmen
zu investieren, da er sie im Falle eines Wahlsieges
enteignen würde. Eine solche Politik ist von Haddad
nicht zu befürchten. Haddad machte sich dafür stark,
die Austeritätspolitik zu beenden. “Without public
investment, without families spending, without cheap
credit, the economy won’t recover.”

Haddad, der als moderater Kandidat der PT antritt,
wird vermutlich seine Wirtschaftspolitik an der
Politik seiner Vorgänger und dem Programm der PT
ausrichten.     Hierzu     gehören    Pläne,     die
Budgetrestriktion des öffentlichen Haushalts
auszuweiten und an dem, den Haushalt belastenden
Rentensystem festzuhalten, sowie eine Fortführung
und Ausweitung staatlicher Sozialprogramme. Ein
Anstieg der Staatsausgaben ist im Falle eines Sieges
nahezu ausgemacht. Zu erwähnen ist, dass Rousseff
auch abgesetzt wurde, weil sie sich über
Budgetrestriktionen hinwegsetzt hat. Um eine Chance
auf den Wahlsieg zu haben, muss Haddad sich
wirtschaftsfreundlicher zeigen, um vor allem Stimmen
aus dem gemäßigten Zentrum und den mittleren bis
oberen Einkommensschichten hinzuzugewinnen.

Bereits im August soll sich Haddad einem Reuters-
Bericht zufolge mit Abgesandten von Banken und
Investment-Firmen getroffen haben. Ein strategischer
Zug, den auch schon Lula da Silva 2002 unternahm und
anschließend den Wahlsieg errang, nachdem er eine
liberalere Wirtschaftspolitik ankündigte. Der
Konsensus der Investoreneinschätzung ist, dass
Haddad offener ist für eine wirtschaftsfreundliche
Politik als erwartet und aufgeschlossener ist als
der Grundtenor der PT. Im Falle eines Wahlsieges
wird erwartet, dass sich seine Wirtschaftspolitik an
der ersten Amtszeit Lula da Silvas orientiert und
nicht an jener der ausgabefreudigen Dilma Rousseff,
deren Wirtschaftspolitik er teilweise kritisierte.
So wurde unter Dilma Rousseff z. B. dem Mineralöl-
Unternehmen Petrobas von Seiten der Regierung der
Preis diktiert. Eine Form der Wirtschaftspolitik,
von der Fernando Haddad sich öffentlich distanziert.
“I’m against using Petrobras to combat inflation.
Petrobras is a company, it has shareholders,” so
Haddad. Einen Investmentbanker als Berater an seiner
Seite hat Haddad dennoch kategorisch ausgeschlossen.
Den Schwerpunkt seiner Wirtschaftspolitik will
Haddad auf das Schaffen von Arbeitsplätzen legen.
Ein geeigneter Kandidat für das Amt des
Finanzministers wäre seiner Ansicht nach Josue
Gomes, Sohn des ehemaligen brasilianischen
Vizepräsidenten Jose Alencar. Zudem machte sich
Haddad zuletzt öffentlich für ein einheitliches
Rentensystem    stark.   Einen   Verkauf    der
Staatsunternehmen Petrobas, Banco de Brasil, CEF
(Caixa Economica Federal), Eletrobas und der
brasilianischen Post Correios (Empresa de Correios e
Telegrafos) hat Haddad bis jetzt verneint.
Möglicherweise sollen die Staatsunternehmen die
Sozialprogramme und das Rentensystem Brasiliens in
Zukunft finanzieren und zu diesem Zweck auch
zukünftigen Generation zur Verfügung stehen.

Offen bleibt aber, wie viel eigenes Gewicht in
Haddads Ankündigungen steckt. Schließlich begründet
sich sein Erfolg auf dem Wohlwollen Lula da Silvas
und der PT. Diese könnten Haddad genauso schnell
fallen lassen, wie sie ihn hervorgebracht haben.
Eine Hochrechnung des Portals Datafolha (Datafolha
hat den Sieg von Bolsonaro im ersten Wahlgang mit 32
Prozent geschätzt, 46 Prozent waren es am Ende)
sieht das Wahlergebnis der Stichwahl derzeit bei 58
Prozent zu 42 Prozent zugunsten Bolsonaros (Stand
15. Oktober 2018). Eine Umfrage des Instituts Ibope
vom 16. Oktober sieht Bolsonaro gar bei 59 Prozent.
Sollte Haddad dennoch gewinnen, ist damit zu
rechnen, dass die Aktienkurse um die Gewinne der
letzten drei Monate teilweise bereinigt werden.
Dennoch ist ein Wahlsieg Haddads kein Weltuntergang
für die brasilianische Wirtschaft, sollte sich
Haddad an der ersten Amtszeit Lula da Silvas
orientieren. Diese endete 2006 und war von
Wirtschaftswachstum und einer sinkenden Armutsrate
geprägt. Auch in der zweiten Amtszeit konnte das
Wirtschaftswachstum aufrechterhalten werden. Jedoch
spaltete sich das Land zunehmend was in einem
polarisierenden Wahlkampf im Herbst 2018
resultierte.

Wertentwicklung im Ibovespa Index nach
Unternehmen und Sektoren
Im Zeitraum 18. Juni 2018 bis 10. Oktober 2018 hat
der brasilianische Ibovespa-Index um starke 19,86
Prozent zugenommen. Diese Entwicklung wurde
angetrieben von einem wahrscheinlichen Sieg
Bolsonaros. Sollte Bolsonaro wie erwartet die Wahl
gewinnen, ist davon auszugehen, dass die Aktienkurse
der in den vergangenen Monaten profitierenden
Sektoren und Unternehmen auch während seiner
Amtszeit profitieren werden. Im Ibovespa-Index waren
dies vor allem Nicht-Basiskonsumgüter (+16,33
Prozent), Energie (+55,05 Prozent), Finanzwerte
(+31,46 Prozent) und Real Estate (23,61 Prozent)
sowie Versorgungsunternehmen (21,30 Prozent).

Ferner sollte der brasilianische Real gegenüber
Fremdwährungen aufwerten, da ein ausuferndes
Budgetdefizit eher im Falle eines Wahlsieges Haddads
zu befürchten ist. Dies könnte auch Auswirkungen auf
die Produktion und somit den Preis von Kaffee und
Zucker haben, beide Commodities werden in US-Dollar
gehandelt. Im selben Zug ist auch zu erwarten, dass
die Risikoprämie für brasilianische Staatsanleihen
sinken wird.

Entscheidend wird sein, wie schnell Guedes die
Privatisierung vorantreibt und wie schnell und in
welchem Umfang das Rentensystem reformiert wird.
Dies könnte ceteris paribus zu einem günstigeren
Klima für Investition führen und mit einer
prosperierenden     brasilianischen      Wirtschaft
einhergehen. Sollte entgegen den Erwartungen der PT-
Kandidat, Fernando Haddad, als Sieger aus der Wahl
hervorgehen, könnten die Sektoren Energie und
Finanzen ihre Gewinne einbüßen. Profitieren könnten
dann Unternehmen, die von Staatsausgaben
profitieren. Besonders Konsumgüterhersteller könnten
in den Fokus der Investoren geraten. Eine Reform des
Rentensystems und eine Privatisierungswelle im Sinne
Thatchers ist unter Haddad nicht zu erwarten.
Sie können auch lesen