Nachrichten - 07-08|21 - PKF Fasselt

 
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TOP-Thema:
Umgang des Arbeitgebers
mit nicht geimpften Arbeitnehmern

                            07-08| 21
Nachrichten - 07-08|21 - PKF Fasselt
PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

    Sehr geehrte
    Leserinnen und Leser!
    Das Top-Thema dieser Doppel-Ausgabe vor der Som-               grenzte Fälle beschrieben, in denen ein Vorsteuerabzug
    merpause kommt aus der Rubrik Recht und beschäftigt            auf Eingangsleistungen möglich ist, obwohl eine Liefe-
    sich mit dem Umgang des Arbeitgebers mit nicht ge-             rung unentgeltlich erfolgt. Steuerlich abschließend ge-
    impften Arbeitnehmern. Zunächst wird erörtert, in wel-         hen wir noch auf die drohende doppelte Besteuerung
    chen Fällen eine Pflicht zur Impfung gegen COVID-19 be-        von Renten ein.
    steht und welche Rechtsfolgen sich ergeben, wenn eine
    Weisung zur Impfung nicht befolgt wird und das Beschäf-        In der Rubrik Rechnungslegung & Finanzen geht es um
    tigungsverhältnis beendet wird. Anschließend wird ein          die Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröff-
    Ausblick gegeben, ob mit einer gesetzlichen Impfpflicht        nungsgründen. Dazu hat das IDW den Entwurf einer
    zu rechnen ist und ob der Arbeitgeber das Recht hat,           Neufassung eines Standards (IDW ES 11 n.F.) vorgelegt
    nachzufragen, ob eine Impfung stattgefunden hat.               und empfiehlt aufgrund der Änderungen der Insolvenzord-
                                                                   nung eine vorzeitige Anwendung. Inhaltlich geht es dem
    Die Rubrik Steuern eröffnen wir mit der Zusammenfas-           IDW insbesondere um Konkretisierung des Prognosezeit-
    sung eines wichtigen BMF-Schreibens zur unentgeltli-           raums bei drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschul-
    chen Übertragung von Anteilen an gewerblichen Per-             dung sowie um die Einhaltung der Insolvenzantragsfrist.
    sonengesellschaften; hier kommt es auf den richtigen
    Umgang mit Sonderbetriebsvermögen zur Vermei-                  In der Illustration setzen wir nach Berlin in der letzten Aus-
    dung der Aufdeckung von stillen Reserven an – ein              gabe mit Würzburg und Tauberbischofsheim unsere Rei-
    Thema, das auch bei der Option einer Personengesell-           se durch PKF Standorte in Deutschland fort.
    schaft zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft relevant ist.
    In den folgenden beiden Beiträgen geht es um geänderte         Wir wünschen Ihnen einen sonnigen Sommer und erhol-
    BFH-Rechtsprechung: Zunächst betrifft das die Vermie-          samen Urlaub mit dieser Lektüre
    tung an nahe Angehörige hinsichtlich der Möglichkei-
    ten, den ortsüblichen Mietpreis zu ermitteln, wenn kein
    Mietspiegel vorhanden ist. Anschließend werden eng be-         Ihr Team von PKF

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Tauberbischofsheim, Schloss
                                                                                      TOP-Thema
Titelfoto: Alte Mainbrücke Würzburg                                                   Umgang des Arbeitgebers
                                                                                      mit nicht geimpften Arbeit-

Inhalt                                                                                nehmern

Steuern
Buchwertfortführung bei Schenkung von Anteilen                                  Kurz Notiert
an Personengesellschaften ......................................... 4
                                                                                Personengesellschaften als umsatzsteuerliche
Vermietung an nahe Angehörige: Ortsübliche                                      Organgesellschaft? ................................................... 13
Miete als objektiver Maßstab ....................................... 5
                                                                                Abgabefrist für Steuererklärung 2020 verlängert ........ 13
Vorsteuerabzug trotz unentgeltlicher Zuwendung ........ 6
                                                                                Einspruchsstatistik: Zwei Drittel der
Drohende doppelte Besteuerung von Renten .............. 7
                                                                                Einsprüche hatten Erfolg ............................................ 14
Rechnungslegung und Finanzen
                                                                                Mitarbeiterbeteiligung: Zufluss von Aktien
Insolvenzeröffnungsgründe – Neuerungen bei der                                  unabhängig vom wirtschaftlichen Eigentum .............. 15
Beurteilung gem. IDW ES 11 ........................................ 9
                                                                                Gewinnabführungsverträge prüfen: Jetzt
Recht                                                                           dynamischer Verweis erforderlich .............................. 15

Umgang des Arbeitgebers mit nicht geimpften                                     Arbeitnehmerentsendung nach UK: Gesetzgeber
Arbeitnehmern .............................................................11   schafft Rechtsklarheit nach Brexit ............................. 15

                                                                                                                                                            3
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PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

       STEUERN

    RA/StB Frank Moormann

    Buchwertfortführung bei Schenkung von Anteilen
    an Personengesellschaften
    Die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an               bzw. die Veräußerung „eine juristische Sekunde“ vor der
    gewerblichen Personengesellschaften (Mitunter-               Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung wirksam wer-
    nehmerschaften) ist ein Vorgang, der prinzipiell nicht       den. Dies hat die Finanzverwaltung nunmehr zugestanden
    zur ertragsteuerpflichtigen Aufdeckung von stillen           und für allgemein anwendbar erklärt.
    Reserven führt. Schwierigkeiten für die Fortführung
    der Buchwerte können sich aber dann ergeben,                 Empfehlung: In entsprechenden Fällen ist somit ein
    wenn steuerliches Sonderbetriebsvermögen vorhan-             besonderes Augenmerk auf die genaue Vertragsgestal-
    den ist, das nicht mit übergehen soll. Als Sonderbe-         tung zu legen.
    triebsvermögen gelten Vermögensgegenstände im
    Eigentum des Gesellschafters (häufig: Immobilien),           3. Alternativlösung: Transfer in Betriebsvermögen
    die der Personengesellschaft zur Nutzung überlas-
    sen werden. Mit BMF-Schreiben vom 5.5.2021 hat               Sollen auch die stillen Reserven im Sonderbetriebsvermö-
    die Finanzverwaltung nun ihre diesbezügliche Sicht-          gen fortgeführt werden, kann dieses parallel in ein ande-
    weise korrigiert und an die aktuelle BFH-Rechtspre-          res Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen überführt
    chung angepasst.                                             werden, z.B. in eine neu gründete Ein-Mann-GmbH &
                                                                 Co. KG. Anders als bei der Entnahme/Veräußerung muss
    1. Problemlage: Sonderbetriebsvermögen                       dies aber nicht zwingend vor der Beteiligungsübertragung
                                                                 erfolgen, sondern kann auch gleichzeitig geschehen.
    Zum steuerlichen Mitunternehmeranteil gehört nicht nur
    die Beteiligung an der Personengesellschaft selbst, son-     Hinweis: Ein steuerschädlicher Gesamtplan wird hierin
    dern auch das Sonderbetriebsvermögen. Handelt es             ebenfalls nicht mehr gesehen.
    sich um funktional wesentliches Sonderbetriebsvermö-
    gen – dies ist bei Immobilien regelmäßig der Fall –, muss    4. Exkurs: Option zur Körperschaftsteuer
    es grundsätzlich mit auf den Beschenkten übergehen,
    um die Steuerneutralität der Übertragung insgesamt zu        Die vorstehenden Überlegungen zur Separierung des
    gewährleisten. Das ist jedoch häufig nicht gewollt. Wird     Sonderbetriebsvermögens können auch relevant werden
    das Sonderbetriebsvermögen nun einfach zurückbehal-          für Personengesellschaften, die überlegen, das für 2022
    ten, gehen nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen        geplante Optionsmodell in Anspruch zu nehmen (Besteu-
    über und es kommt zur steuerpflichtigen Aufdeckung           erung wie Kapitalgesellschaft). Die Option soll wie ein
    aller stillen Reserven, und zwar sowohl in der Beteiligung   fiktiver Formwechsel behandelt werden und setzt damit
    als auch im Sonderbetriebsvermögen.                          voraus, dass für vorhandenes funktional wesentliches
                                                                 Sonderbetriebsvermögen – wie bei der Schenkung – im
    2. Timing ist entscheidend                                   Vorfeld eine Lösung gefunden wird, um nicht die Steuer-
                                                                 neutralität des Optionsvorgangs insgesamt zu gefährden.
    Wenn also hinsichtlich des Sonderbetriebsvermögens eine
    Entnahme in das Privatvermögen oder eine Veräußerung

                                                                     Empfehlung
    an Dritte erfolgen soll, muss diese Maßnahme zeitlich vor
    der Übertragung der Beteiligung erfolgen. Dann kann die
    Gesellschaftsbeteiligung unter Fortführung der Buchwerte
    übergehen, jedenfalls wenn es sich bei der Gesellschaft          Auch hier kann die Überführung in eine neue
    dann noch um eine funktionsfähige betriebliche Einheit           GmbH & Co. KG eine geeignete Gestaltung dar-
    handelt. Abzustellen ist auf den genauen Zeitpunkt der           stellen.
    Übertragung und es reicht auch aus, wenn die Entnahme

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Nachrichten - 07-08|21 - PKF Fasselt
Die Festung Marienberg wacht über Würzburg und den Main

StBin Elena Müller

Vermietung an nahe Angehörige: Ortsübliche
Miete als objektiver Maßstab
Die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung             Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung
von unbeweglichem Vermögen und Rechten umfas-                zu Wohnzwecken weniger als 66% der ortsüblichen
sen u.a. auch die – häufig verbilligte – Vermietung des      Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen ent-
Wohnraums an nahe Angehörige. Mietnachlässe kön-             geltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Dies
nen steuerschädlich sein, wenn sie dem Vergleichs-           hat wiederum zur Folge, dass die Werbungskosten nicht
maßstab der ortsüblichen Miete nicht gerecht werden.         im vollen Umfang, sondern nur anteilig anerkannt werden.

1. Allgemeines zur Vermietung unter Angehörigen              2. Ermittlung der ortsüblichen Miete

Grundsätzliche Voraussetzung für die Anerkennung von         Entscheidend für die steuerliche Anerkennung ist folg-
Mietverhältnissen unter nahen Angehörigen ist, dass der      lich, dass die sog. ortsübliche Miete nicht übermäßig
Mietvertrag zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist.   unterschritten wird. Sie ist als die ortsübliche Kaltmiete
Dabei müssen Vertragsinhalt und Durchführung dem zwi-        für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung
schen Fremden Üblichen entsprechen. Für die Ermittlung       unter Einbeziehung der Spannen des örtlichen Mietspie-
der maßgeblichen Miete ist von ortsüblichen Marktmieten      gels zuzüglich der umlagefähigen Kosten zu verstehen.
für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung       Die ortsübliche Marktmiete ist grundsätzlich auf der Basis
auszugehen.                                                  des örtlichen Mietspiegels zu bestimmen. Das hat der

                                                                                                                           5
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PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

    BFH ausdrücklich in seinem neuen Urteil vom 22.2.2021          Miete für eine an einen Fremdmieter im selben Haus ver-
    (Az.: IX R 7/20) klargestellt.                                 mietete Wohnung vorzunehmen. Denn die ortsübliche
                                                                   Miete soll ein objektiver Maßstab für die Wohnungen einer
    Sollte kein Mietspiegel vorhanden sein, gibt es weitere, lt.   Stadt oder Gemeinde darstellen und unter Berücksichti-
    BFH gleichrangige Möglichkeiten, den ortsüblichen Miet-        gung eines breiten Spektrums von Vergleichswohnungen
    preis zu ermitteln:                                            im jeweiligen Ort bestimmt werden.
    » Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten
       Sachverständigen,
    » Auskunft aus einer Mietdatenbank,
    » Miete von zumindest drei vergleichbaren Wohnungen.                Fazit
    Diese drei Möglichkeiten kommen auch zur Anwendung,                 Mit seiner o.g. Entscheidung grenzt sich der BFH
    wenn der Mietspiegel zwar vorhanden, aber nicht an die              von seiner bisherigen Auffassung bzgl. der Ermitt-
    Marktentwicklung angepasst wurde oder wenn es sich                  lung der ortsüblichen Marktmiete ab. Sie ist ins-
    bei dem vermieteten Objekt um ein Sonderobjekt handelt.             besondere für die Fälle bedeutsam, in denen die
                                                                        Bestimmung der ortsüblichen Miete lediglich auf
    3. Einzelfall kein zulässiger Maßstab                               ein einziges fremdvermietetes Objekt gestützt war
                                                                        und dadurch ein ungekürzter Werbungskostenab-
    Nicht zulässig ist es dem BFH zufolge, die Festlegung               zug mangels Vollentgeltlichkeit verweigert wurde.
    der ortsüblichen Marktmiete nur unter Heranziehung der

    StBin Elena Müller

    Vorsteuerabzug trotz unentgeltlicher Zuwendung
    Grundsätzlich können Unternehmer die in Rechnun-               »   die bezogene Eingangsleistung nicht über das hin-
    gen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene,                     ausgeht, was erforderlich/unerlässlich ist, um diesen
    gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder                 Zweck zu erfüllen,
    sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern              »   die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im
    für ihr Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vor-               Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind
    steuer abziehen. Kein Anspruch auf den Vorsteuer-                  und
    abzug besteht, wenn die Eingangsleistungen in der              »   der Vorteil des Dritten (z.B. der Allgemeinheit) allen-
    Absicht bezogen wurden, sie für eine nichtwirtschaft-              falls nebensächlich ist.
    liche Tätigkeit (z.B. unentgeltliche Lieferung) zu ver-
    wenden (notwendiger Zusammenhang zwischen                      Weiterhin hat der EuGH in seinem o.g. Urteil vom
    Eingangs- und Ausgangsleistung). Andererseits sind             16.9.2020 vorgegeben, dass die nationale Regelung
    bisher unentgeltliche Zuwendungen mittels Annahme              bzgl. der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe
    einer unentgeltlichen Wertabgabe zu versteuern. Auf            unionsrechtskonform einschränkend auszulegen und
    der Basis neuer EuGH- und BFH-Rechtsprechung ist               diese Besteuerung folglich zu unterlassen ist.
    diese Sichtweise nun überholt.
                                                                   2. Geänderte Rechtsprechung des BFH
    1. EuGH-Stellungnahme zum Vorsteuerabzug
                                                                   Der BFH hatte nachfolgend zu entscheiden, ob ein Unter-
    Wenn ein Unternehmen im Rahmen seiner unternehme-              nehmer vorsteuerabzugsberechtigt ist, wenn er zuerst
    rischen Tätigkeit eine unentgeltliche Lieferung oder sons-     eine öffentliche Straße als Zugang zur Abbruchstelle
    tige Leistung erbringt, kann u.U. der Vorsteuerabzug für       errichten muss, um seiner unternehmerischen Tätigkeit
    die damit verbundene Eingangsleistung gewährt werden.          (Kalksteinbruch) nachgehen zu können. Da die Errichtung
    Dies hat der EuGH mit Urteil vom 16.9.2020 (C-528/19)          der Straße im ganz überwiegenden unternehmerischen
    entschieden, wobei es darauf ankommt, die konkreten            Interesse des Unternehmers erfolgte und letztendlich
    Umstände im jeweiligen Fall genau zu untersuchen: Für          zu umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen führte,
    den Vorsteuerabzug ist insbesondere entscheidend, dass         folgte der BFH mit seinem Urteil vom 16.12.2020 (Az.:

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Nachrichten - 07-08|21 - PKF Fasselt
Die Türme des Doms, Neumünsters und des Rathauses prägen die Stadtsilhouette von Würzburg

XI R 26/20 (XI R 28/17)) der Vorlageentscheidung des
EuGH; entsprechend reicht ein mittelbarer Zusammen-
hang der Eingangsumsätze für die Vorsteuerabzugsbe-
                                                                  Hinweis
rechtigung aus.                                                  Die dem EuGH folgende, geänderte BFH-Recht-
                                                                 sprechung ist insbesondere für solche Unter-
Des Weiteren entfällt dem BFH zufolge in Abkehr von              nehmen praxisrelevant, die Eingangsleistungen
seiner bisherigen Rechtsprechung die Besteuerung der             erbringen, die unmittelbar zu unentgeltlichen
unentgeltlichen Wertabgabe, da die Aufwendungen für              Zuwendungen an Dritte führen. So kann z.B. vor
den Straßenbau Kostenelemente der Ausgangsumsätze                allem die Übernahme von Erschließungsmaß-
sind. Darüber hinaus überlagern die eigenen wirtschaft-          nahmen einerseits zum vollen Vorsteuerabzug
lichen Interessen die Interessen des Dritten (hier der All-      berechtigen und andererseits auf der Ausgangs-
gemeinheit), der u.U. ebenfalls einen Vorteil daraus zieht,      seite keine Steuerpflicht hervorrufen.
weitgehend.

WP/StB Daniel Scheffbuch / Luca Gallus

Drohende doppelte Besteuerung von Renten
In einem aktuellen Urteil vom 19.5.2021 (Az.: X               1. BFH verneint Doppelbesteuerung
R 33/19) hat der Bundesfinanzhof die derzeitige
Ausgestaltung der Rentenbesteuerung als verfas-               Beweggrund des Urteils ist, dass seit 2005 das System
sungskonform bestätigt. Eine doppelte Besteue-                der Besteuerung der gesetzlichen Rente umgestellt wird.
rung von Renten muss aber im konkreten Einzelfall             Denn während Beamte ihre Pensionen voll versteuern
vermieden werden. Bisher liegt zwar keine gene-               müssen, war bei der gesetzlichen Rente nur der sog.
relle „doppelte Besteuerung“ von Renten vor, künf-            Ertragsanteil zu versteuern. Dieser bemaß sich nach dem
tige Rentenjahrgänge ab 2025 könnten aber davon               Alter der Rentner und bezog sich auf etwa 27 bis 35% der
betroffen sein.                                               Rentenzahlung, die der Einkommensteuer unterlagen.

                                                                                                                         7
Nachrichten - 07-08|21 - PKF Fasselt
PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

    Geklagt hatte ein Steuerberater, der seit 2007 eine Alters-   Rentenfreibeträge sowohl für die Rente des Steuerpflich-
    rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.        tigen als auch für eine etwaige Hinterbliebenenrente des
    Der BFH stellte klar, dass eine doppelte Besteuerung          statistisch voraussichtlich länger lebenden Ehegatten
    dann nicht gegeben ist, wenn die Summe der voraus-            anzusetzen. Weitere Steuerentlastungen, wie z.B. der
    sichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindes-        Grundfreibetrag oder der Sonderausgabenabzug für
    tens so hoch ist wie die Summe der aus versteuertem           Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, seien hin-
    Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendun-              gegen nicht zu berücksichtigen.
    gen.
                                                                  … zwecks Beurteilung des Vorliegens einer doppel-
    Zwischenergebnis: Im Falle des Steuerberaters lag laut        ten Besteuerung
    BFH keine Doppelbesteuerung vor, die Rechtsprechung
    kann sich aber für kommende Rentenjahrgänge auswir-           Um eine „Doppelbesteuerung“ zu vermeiden, werden die
    ken.                                                          Einzahlungen in die Rentenkasse, die aus dem bereits
                                                                  versteuerten Einkommen erfolgt sind, mit dem Teil der
    2. Vergleichs- und Prognoserechnung …                         Rente, der steuerfrei ausgezahlt wird, verglichen. Dabei
                                                                  wird die jährliche Rentenzahlung mit der statistischen
    Für die Vergleichs- und Prognoserechnung zur Beurtei-         Lebenserwartung multipliziert, um die beiden Summen
    lung einer möglichen doppelten Besteuerung sind laut          vergleichen zu können. Dies ist der sog. Rentenfreibetrag,
    BFH die infolge der Übergangsregelung vorgesehenen            ein fester Euro-Betrag, der einmal festgesetzt wird. Wenn

     Tauberbischofsheim, Marktplatz am Abend

8
dieser Rentenfreibetrag höher ist als die Summe aller Bei-   nungen einfließen darf. Dadurch sinkt der steuerfreie
träge, die aus dem versteuerten Einkommen während            Rentenbetrag ab, wodurch die doppelte Besteuerung in
des Erwerbslebens in die Rentenkasse eingezahlt wur-         Zukunft wahrscheinlicher wird. Nach aktueller Prognose
den, liegt keine „Doppelbesteuerung“ vor.                    und bei gleichbleibender Ausgestaltung der Rente wird
                                                             eine Doppelbesteuerung bei Rentenjahrgängen ab 2025
Hinweis: Nur wenn die steuerfrei ausgezahlte Rente in        zum Thema werden.
Summe niedriger ist als die eingezahlten Beiträge aus
dem versteuerten Einkommen, ist eine „doppelte Besteu-

                                                                 Hinweis
erung“ gegeben.

3. Ergebnis
                                                                 In einem weiteren Urteil des BFH vom 19.5.2021
Ob eine Doppelbesteuerung vorliegt, hängt insbeson-              (Az.: X R 20/19) wurde u.a. noch klargestellt,
dere davon ab, wie hoch der steuerfreie Rententeil (der          dass es bei Renten aus privaten Kapitalanlage-
Rentenfreibetrag) ist. Bisher hat die Finanzverwaltung bei       produkten außerhalb der Basisversorgung (kurz:
der Ermittlung der steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse          privaten Renten), die lediglich mit dem jeweiligen
zusätzlich den allgemeinen steuerlichen Grundfreibetrag          Ertragsanteil besteuert werden, systembedingt
(aktuell 9.744 €) berücksichtigt. Der BFH hat nun ent-           keine Doppelbesteuerung geben kann.
schieden, dass der Grundfreibetrag nicht in die Berech-

    RECHNUNGSLEGUNG & FINANZEN

WPin Julia Hörl

Insolvenzeröffnungsgründe – Neuerungen bei der
Beurteilung gem. IDW ES 11
Mit dem am 8.1.2021 veröffentlichten Entwurf einer           2. Drohende Zahlungsunfähigkeit
Neufassung des IDW S 11 wurden Änderungen der
Insolvenzordnung (InsO) in der Stellungnahme ver-            Im Unterschied zu den anderen beiden Insolvenzeröff-
arbeitet. Die Neuerungen im ES 11 beziehen sich              nungsgründen stellt die drohende Zahlungsunfähigkeit
insbesondere auf Konkretisierungen des Prognose-             lediglich ein Recht und keine Pflicht auf Stellung eines
zeitraums sowie die striktere Abgrenzung der drei            Insolvenzantrags dar. Durch dieses Recht wird Unterneh-
Insolvenzeröffnungsgründe.                                   men in der Krise, die noch nicht überschuldet sind, der
                                                             Zugang zu Restrukturierungsmaßnahmen (wie z.B. den
1. Insolvenzeröffnungsgründe                                 mit Wirkung ab 2021 neu geschaffenen Stabilisierungs-
                                                             und Restrukturierungsrahmen, mehr dazu in den nächs-
Aufgrund der durch die Covid-19-Pandemie ausgelös-           ten PKF Nachrichten) erleichtert.
ten besonderen wirtschaftlichen Lage sah der Gesetz-
geber sich veranlasst, die Insolvenzantragspflicht in den    3. Zahlungsunfähigkeit
vergangenen Monaten mehrmals auszusetzen und neu
einzuordnen. Hierbei sollte Unternehmen der Zugang zu        Sobald ein Unternehmen in einer stichtagsbezogenen
Restrukturierungshilfen erleichtert werden. Grundsätzlich    Vermögensübersicht feststellt, dass sämtliche fälligen
unterscheidet die InsO in drei Gründe, eine Insolvenz zu     Zahlungsverpflichtungen nicht durch die vorhandene
beantragen:                                                  Liquidität erfüllt werden können, ist ein Finanzplan auf-
                                                             zustellen. Wenn sich aus diesem Finanzplan ergibt, dass
»   drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO),                mindestens 90% der fälligen Verbindlichkeiten innerhalb
»   Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und                      von drei Wochen beglichen werden können, spricht man
»   Überschuldung (§ 19 InsO).                               lediglich von einer Zahlungsstockung und nicht von einer

                                                                                                                         9
PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

       Marienkapelle und Falkenhaus am Markt in Würzburg

     Zahlungsunfähigkeit. Wird eine Zahlungsstockung iden-         Sofern die Fortbestehensprognose für den 12-Monats-
     tifiziert, ist weiter eine Liquiditätsplanung zu erstellen.   zeitraum negativ ist, besteht die Pflicht zur Aufstellung
     Sofern hierbei nicht dargelegt werden kann, wie die Liqui-    eines Überschuldungsstatus. Hierbei wird geprüft, ob das
     ditätslücke binnen spätestens drei Monaten geschlossen        zu Liquidationswerten bewertete Reinvermögen negativ
     wird, ist wiederum eine Zahlungsunfähigkeit zu unter-         ist, was wiederum eine Überschuldung begründet und zu
     stellen. Dies führt zu einer zwingenden Insolvenzantrags-     einer Insolvenzantragspflicht führt. Der Insolvenzantrag ist
     pflicht.                                                      binnen sechs Wochen einzureichen.

     Hinweis: Zur Vermeidung einer Insolvenzverschleppung          Ist das zu Liquidationswerten bewertete Reinvermögen
     ist der Insolvenzantrag bei dem Insolvenzeröffnungsgrund      positiv oder liegt eine negative Fortbestehensprognose für
     Zahlungsunfähigkeit nach der zum 31.5.2021 erfolgten          den Zeitraum vom 13. bis 24. Monat vor, besteht aufgrund
     Beendigung der Aussetzungsbestimmungen weiterhin              der drohenden Zahlungsunfähigkeit ein Recht auf Insol-
     innerhalb von drei Wochen zu stellen.                         venzantrag. Somit gilt für die drohende Zahlungsunfähig-
                                                                   keit ein verlängerter Prognosezeitraum von 24 Monaten.
     4. Überschuldung

     Sofern das Vermögen des Unternehmens die bestehen-
     den Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, spricht § 19
     Abs. 2 InsO von Überschuldung. Die Grundlage für die
                                                                        Fazit
     Feststellung einer Überschuldung ist die zweistufige              Mit dem Entwurf der Stellungnahme des IDW
     Überschuldungsprüfung.                                            wird konkretisiert, dass bei einer drohenden
                                                                       Zahlungsunfähigkeit der Prognosezeitraum i.d.R.
     Im ersten Schritt wird eine Fortbestehensprognose                 24 Monate und bei der Überschuldung i.d.R. 12
     erstellt, in der die Lebensfähigkeit des Unternehmens             Monate beträgt. Weiter werden die Insolvenz-
     für die nächsten 12 Monate (bisher: für das aktuelle und          eröffnungsgründe Überschuldung und drohende
     kommende Geschäftsjahr) abgeleitet wird. Für die Prog-            Zahlungsunfähigkeit stärker voneinander abge-
     nose wird ausgehend von der Liquidität zum Stichtag der           grenzt. Aufgrund dessen, dass die Änderungen
     Vermögensaufstellung auf der Grundlage eines Unterneh-            an der InsO bereits mit dem 1.1.2021 in Kraft
     menskonzepts und der daraus abgeleiteten integrierten             getreten sind, wird trotz des gegenwärtigen Ent-
     Planung ein Finanzplan erstellt. Ist diese erste Fortbeste-       wurfsstatus seitens des IDW eine vorzeitige An-
     hensprognose positiv, besteht keine insolvenzrechtliche           wendung des neugefassten IDW S 11 empfohlen.
     Überschuldung.

10
RECHT

RAin Maike Frank

Umgang des Arbeitgebers mit nicht geimpften
Arbeitnehmern
Da nun in vielen Unternehmen in Deutschland Arbeit-           schaft erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von
nehmer durch Betriebsärzte gegen Covid-19 geimpft             Infektionen und Weiterverbreitung von Krankheitserre-
werden können, gibt dies den Arbeitgebern Hoffnung            gern getroffen werden.
auf eine „Rückkehr“ aus dem Home Office und die
Normalisierung der betrieblichen Abläufe. Zugleich            Es gibt daher gute Gründe, hier im Rahmen der Ermes-
stellen sich aber auch arbeitsrechtliche Fragen zum           sensentscheidung andere Maßstäbe bei der Ausübung
Umgang mit nicht geimpften Arbeitnehmern.                     des Direktionsrechts anzusetzen. Da die Ermessensent-
                                                              scheidung – wie immer – eine Einzelfallentscheidung ist,
1. Besteht eine Pflicht zur Impfung gegen COVID-19?           kann eine arbeitgeberseitige Weisung, sich impfen zu
                                                              lassen, in diesen Bereichen mit einer entsprechenden
Eine gesetzliche Pflicht zur Impfung gegen COVID-19           Begründung durchaus vertretbar und rechtmäßig sein.
besteht derzeit nicht. Ob Arbeitgeber ihren Mitarbeitern      Dies gilt insbesondere dann, wenn Arbeitnehmer auf-
eine Corona-Impfung durch Ausübung ihres Direktions-          grund ihrer beruflichen Tätigkeit bzgl. der Impfung privi-
rechts vorschreiben können, ist kritisch und einzelfall-      legiert sind, die Personen, mit denen sie Kontakt haben,
bezogen zu beurteilen. Denn das Direktionsrecht des           hingegen nicht.
Arbeitgebers gilt nicht grenzenlos, sondern muss billigem
Ermessen entsprechen und insbesondere die gegen-              Arbeitnehmer, die der Weisung des Arbeitgebers nicht
seitigen Rücksichtnahmepflichten beachten. Für eine           nachkommen, setzen sich dem Risiko aus, eine (gericht-
Impfpflicht spricht, dass der Arbeitgeber dadurch seiner      lich überprüfbare) Abmahnung zu erhalten. Sofern die
Fürsorge- und Schutzpflicht gegenüber seinen Beschäf-         Weisung rechtswidrig sein sollte, müssen sie diese Wei-
tigten zur Erhaltung der Gesundheit gem. §§ 241 Abs. 2,       sung nicht befolgen, eine solche Abmahnung wäre dann
618 BGB, § 3 ArbSchG nachkommt, da sich das Risiko            unwirksam. Sollte ein Arbeitgeber also fälschlicherweise
einer Ansteckung reduziert. Vor dem Hintergrund des           davon ausgehen, er dürfe eine Impfung anweisen und
schwerwiegenden Eingriffs in die Grundrechte der Arbeit-      den nicht geimpften Arbeitnehmer mangels Impfung nicht
nehmer (insbesondere das Selbstbestimmungsrecht und           weiter beschäftigen, wäre er zur Fortzahlung der Vergü-
das Recht auf körperliche Unversehrtheit) wird derzeit        tung verpflichtet, obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeits-
aber mehrheitlich vertreten, dass das Direktionsrecht des     leistung nicht erbracht hat. Das Risiko einer berechtigten
Arbeitgebers eine Impfpflicht i.d.R. nicht umfasst. Dies      Abmahnung oder gar einer Kündigung wegen Leistungs-
gilt jedenfalls für „gewöhnliche Arbeitsverhältnisse“. Hin-   verweigerung trägt wiederum der Arbeitnehmer.
sichtlich der „besonderen Arbeitsverhältnisse“, wie z.B.
im Bereich der Pflege und bei medizinischem Fachperso-        Empfehlung: Es ist deshalb anzuraten, das konkrete
nal, die im engen Kontakt zu Risikopatienten stehen, wird     Risiko im Einzelfall durch einen Rechtsanwalt einschät-
hingegen diskutiert, ob die Abwägung der kollidierenden       zen zu lassen. Die Entwicklung der Rechtsprechung zum
Interessen ausnahmsweise anders ausfallen muss, wenn          Direktionsrecht für solche Fälle bleibt abzuwarten.
der Arbeitgeber etwa als Betreiber eines Krankenhauses,
einer Arztpraxis oder eines (Alten-)Pflegeheims Schutz-       2. Kommt es noch zu einer gesetzlichen Impf-
pflichten gegenüber Dritten – z.B. seinen Patienten – hat.    pflicht?
Hier besteht wegen des engen körperlichen Kontakts
nicht nur eine besondere Gefährdungssituation, diese          Für Arbeitsverhältnisse im Gesundheitswesen ist zu
Personengruppen von Arbeitnehmern sind zur Aufrecht-          berücksichtigen, dass bereits andere gesetzliche Impf-
erhaltung des Gesundheitswesens auch unverzichtbar.           pflichten existieren, z.B. im Rahmen des am 1.3.2020
Kranken- und Pflegeeinrichtungen müssen sicherstellen,        in Kraft getretenen Masernschutzgesetzes. Da sich die
dass alle nach dem Stand der medizinischen Wissen-            vom Gesetz erfassten Personen teilweise nicht selbst vor

                                                                                                                           11
PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

     Masern schützen können (z.B. weil sie ein zu schwaches        dieser ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdi-
     Immunsystem haben), sind sie darauf angewiesen, dass          ges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für die
     sich andere Personen im direkten Umfeld solidarisch ver-      Durchführung des Arbeitsverhältnisses hat und das Inte-
     halten und sich impfen lassen.                                resse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung seiner
                                                                   Daten das Interesse des Arbeitgebers an der Erhebung
     Mit der Frage der Vereinbarkeit einer gesetzlichen Impf-      dieser Daten nicht überwiegt“.
     pflicht und dem Grundgesetz hat sich das Bundesverwal-
     tungsgericht bereits 1959 (bzgl. einer Pockenschutzimp-       Aus Gründen der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht
     fung) auseinandergesetzt. Danach wird eine Impfpflicht        und zur Verminderung der Infektionsgefahr im Betrieb
     bei besonders ansteckenden Krankheiten, die Leben und         und bei Ausführung der geschuldeten Tätigkeit ist somit
     Gesundheit anderer Menschen schwer gefährden, als             grundsätzlich ein berechtigter Auskunftswunsch des
     zulässig erachtet. Dass das Bundesgesundheitsministe-         Arbeitgebers über den gesundheitlichen Zustand des
     rium von seiner im Infektionsschutzgesetz (§ 20 Abs. 6        Arbeitnehmers vertretbar. Führt die Interessenabwägung
     IfSG) geregelten Befugnis Gebrauch macht, eine Impf-          im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass die Interessen des
     pflicht anzuordnen, ist auch hinsichtlich der Eindämmung      Arbeitgebers überwiegen und ihm ein Fragerecht zum
     von Covid-19 denkbar.                                         Impfstatus zusteht, trifft den Arbeitnehmer eine Pflicht zur
                                                                   wahrheitsgemäßen Auskunft.
     3. Fragerecht des Arbeitgebers
                                                                   4. Weitere Maßnahmen des Arbeitgebers
     Der neu eingeführte § 23a IfSG, welcher es Arbeitgebern
     ausdrücklich erlaubt, Beschäftigte nach ihrem Impfsta-        Vor dem Hintergrund, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter
     tus zu befragen, umfasst nur bestimmte Berufsgruppen          bisher i.d.R. nicht wirksam zu einer Impfung verpflichten
     des Gesundheitswesens. Danach dürfen z.B. Leiter von          können, sie aber sicherstellen müssen, dass Nichtge-
     Krankenhäusern oder Pflegediensten (§ 23 Abs.3 IfSG)          impfte kein Risiko für andere Mitarbeiter und Dritte dar-
     einen Nachweis über den Impfstatuts ihrer Beschäftigten       stellen, sind weitere arbeitgeberseitige Maßnahmen in
     verlangen. Von der Rechtsprechung wird dem Arbeit-            Betracht zu ziehen. Denkbar wäre zunächst eine Verset-
     geber jedoch ebenfalls ein Fragerecht zuerkannt, „wenn        zung des nicht geimpften Arbeitnehmers in einen ande-

        Die alte Festung und der elegante Bau des Fraunhofer ICS

12
ren, seinen Fähigkeiten entsprechenden gleichwertigen         Hinweis: Arbeitgeber können einen „Impfbonus“ an Impf-
Tätigkeitsbereich oder an einen anderen Ort. Denkbar ist      willige zahlen, z.B. durch eine einmalige Sonderzahlung,
neben der bezahlten Freistellung des betreffenden Arbeit-     Gutscheine oder Extraurlaubstage. Diese Prämie darf aller-
nehmers schließlich auch der Fall, dass der Arbeitnehmer      dings nicht nur für Nichtgeimpfte als Anreiz zur Impfung
dauerhaft nicht mehr beschäftigt werden kann, so dass         gewährt werden. Zu beachten ist außerdem, dass etwaig
bei Vorliegen der Voraussetzungen eine personenbe-            bestehende Betriebsräte in jedem Fall ein Mitspracherecht
dingte Kündigung die Folge sein kann.                         haben, da ein solcher Bonus mitbestimmungspflichtig ist.

   KURZ NOTIERT

Personengesellschaften als umsatzsteuerliche
Organgesellschaft?
Der EuGH kommt in einem aktuellen Urteil zum                  Aus der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL)
Ergebnis, dass die vom BFH bisher vertretene Auf-             ergebe sich nicht, dass Personen, die keine Steuerpflichti-
fassung zur Einordnung von Personengesellschaften             gen seien, nicht in eine Mehrwertsteuergruppe einbezogen
als umsatzsteuerliche Organschaft nicht mit dem Uni-          werden könnten. Es sollten hier vielmehr identische Krite-
onsrecht vereinbar ist.                                       rien wie für juristische Personen gelten.

Im Urteilsfall hatte eine GmbH & Co. KG (Organgesellschaft)   Der EuGH führte zur Begründung an, dass sich durch ein
begehrt, Teil einer umsatzsteuerlichen Organschaft mit der    Unterordnungsverhältnis zwar grundsätzlich vermuten
M-GmbH (Organträger) zu sein. An der KG waren neben der       lasse, dass zwischen den betreffenden Personen enge
Komplementär-GmbH mehrere natürliche Personen und die         Verbindungen bestünden. Es könne jedoch nicht grund-
M-GmbH beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag besaß jeder       sätzlich als eine für die Bildung einer Mehrwertsteuer-
Gesellschafter eine Stimme, die M-GmbH sechs Stimmen.         gruppe notwendige Voraussetzung angesehen werden. Im
Beschlüsse wurden – von Ausnahmen abgesehen – mit             Streitfall könne die M-GmbH ihren Willen bei der KG durch
einfacher Mehrheit gefasst. Die KG vertrat die Auffassung,    Mehrheitsbeschluss durchsetzen. Das Bestehen enger
dass zwischen ihr und der M-GmbH ein umsatzsteuerliches       Verbindungen durch finanzielle Beziehungen könne vermu-
Organschaftsverhältnis bestehe. Das Finanzamt verneinte       tet werden. Der bloße Umstand, dass die Gesellschafter
dies unter Bezug auf die BFH-Rechtsprechung mit der           der KG theoretisch durch mündliche Vereinbarungen den
Begründung, dass eine finanzielle Eingliederung der KG auf-   Gesellschaftsvertrag dahingehend ändern könnten, dass
grund der Beteiligung mehrerer natürlicher Personen nicht     Beschlüsse künftig einstimmig zu fassen seien, reiche nicht
möglich sei. Da das Finanzgericht an der Vereinbarkeit der    aus, um diese Vermutung zu entkräften. Der Ausschluss
Rechtsprechung des BFH mit dem Unionsrecht zweifelte,         einer Personengesellschaft von einer Mehrwertsteuer-
wurde die Sache dem EuGH vorgelegt.                           gruppe ergebe sich nicht aus der in der MwStSystRL ent-
                                                              haltenen Voraussetzung bezüglich des Bestehens enger
Mit Urteil vom 15.4.2021 (C-868/19) widersprach der EuGH      Verbindungen durch finanzielle Beziehungen.
der Auffassung des BFH und urteilte, dass die Vorausset-
zung des Vorliegens einer engen Verbindung durch finan-       Hinweis: Unternehmen können sich nun auf die für sie
zielle Beziehungen nicht restriktiv ausgelegt werden dürfe.   ggf. günstigere Rechtsprechung des EuGH berufen.

Abgabefristen für Steuer­erklärung 2020 verlängert
Die Abgabefristen für die Steuererklärung des Jahres          hinausgeschoben. Daraus ergibt sich für Steuerpflichtige
2020 werden in Folge eines Antrags der Koalitionsfraktio-     ohne Steuerberater eine Verlängerung der ursprünglich
nen verlängert. Sowohl für Steuerpflichtige ohne Steuer-      auf den 31.7.2021 festgelegten Frist auf den 31.10.2021
berater als auch solche mit Steuerberater wird die Frist      um drei Monate. Mit Steuerberater verlängert sich die Frist
zur Abgabe der Steuererklärung um jeweils drei Monate         vom 28.2.2022 auf den 31.5.2022.

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PKF NACHRICHTEN 07-08 | 21

     Einspruchsstatistik: Zwei Drittel der Einsprüche
     hatten Erfolg
     Auf der Grundlage der Meldungen der Länder veröf-              dadurch entstehen, dass mit dem Einspruch die eigenen
     fentlicht das BMF jährlich eine Statistik über die Ein-        Fehler des Steuerzahlers korrigiert werden und dieser z.B.
     spruchsbearbeitung in den Finanzämtern. Nach dieser            vergessene absetzbare Kosten nacherklärt. Um eine sol-
     aktuellen Veröffentlichung haben Steuerzahler im Jahr          che Nacherklärung zu vermeiden, empfiehlt es sich, die
     2019 an die 3,5 Mio. Einsprüche bei ihren Finanzämtern         Steuerbescheide immer umgehend auf Richtigkeit zu prü-
     eingelegt. Werden die noch unerledigten Einsprüche             fen, denn einen Einspruch muss der Steuerzahler inner-
     aus den Vorjahren hinzugerechnet, hatten die Finanz-           halb eines Monats nach Erhalt des Bescheids einreichen.
     ämter sogar über 5,8 Mio. Einsprüche zu bearbeiten.            Der Einspruch kann schriftlich beim jeweils zuständigen
     Wie die Statistik zeigt, ist ein Einspruch in den meisten      Finanzamt, elektronisch über das Elster-Online-Portal
     Fällen von Erfolg gekrönt.                                     oder sogar mit einer E-Mail an das jeweilige Finanzamt
                                                                    eingelegt werden. Der Steuerzahler hat außerdem auch
     Einen erfolgreichen Einspruch und somit eine Änderung          die Möglichkeit, sich bei einem beim BFH oder beim EuGH
     zugunsten des Steuerzahlers konnten diese in fast zwei         anhängigen vergleichbaren Verfahren anzuschließen.
     Drittel der Fälle (65,6%) verzeichnen. Tatsächlich erfolglos   Dabei muss er Einspruch einlegen, auf das Aktenzeichen
     oder zumindest teilweise erfolglos waren nur 14% der Ein-      des anhängigen Verfahrens verweisen und das Ruhen des
     sprüche – in diesen Fällen wurde im Einspruchsverfahren        Einspruchs bis zur Gerichtsentscheidung beantragen.
     durch (Teil-)Einspruchsentscheidungen ganz oder teilweise
     abschlägig entschieden. Weitere rund 20% der eingeleg-         Mit Bekanntgabe des Steuerbescheids beginnt die Ein-
     ten Einsprüche wurden bereits vor einer endgültigen Ent-       spruchsfrist. Bei der Zustellung des Bescheids per Post
     scheidung vom Entscheidungsführer zurückgenommen.              – wie es üblich ist – gilt der Brief am dritten Tag nach dem
                                                                    aufgedruckten Bescheiddatum als bekanntgegeben, so
     Angesichts der hohen Erfolgsquote bei Einsprüchen kann         dass die Frist ab dem vierten Tag läuft. Fällt das Datum
     es sich lohnen, gegen den Steuerbescheid mit einem             der Bekanntgabe auf einen Feiertag oder ein Wochen-
     Einspruch vorzugehen. Verzerrt wird diese in der Statis-       ende oder endet die Einspruchsfrist an einem Feiertag
     tik erhobene Erfolgsquote allerdings dadurch, dass auch        oder Wochenende, verschiebt sich der Bekanntgabetag
     solche „Einspruchserfolge“ berücksichtigt werden, die          auf den nächsten Werktag.

        Weltkulturerbe Residenz Würzburg

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Mitarbeiterbeteiligung: Zufluss von Aktien unab-
hängig vom wirtschaftlichen Eigentum
Die unentgeltliche Überlassung von Aktien führt              unproblematisch ist, zeigt ein aktuelles Urteil des BFH
zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, wenn             vom 26.8.2020 (Az.: VI R 6/18).
diese dem Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung
gewährt werden. Der Arbeitslohn fließt mit der Erlan-        Im Streitfall war unklar, ob und zu welchem Zeitpunkt dem
gung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu.                Arbeitnehmer der Vorteil aus der unentgeltlichen Über-
                                                             lassung eines Aktienpakets tatsächlich zugeflossen war.
Bei einem Aktienerwerb ist das der Fall, wenn der            Weil in der Vorinstanz jedoch das FG Berlin-Brandenburg
Anspruch des Arbeitnehmers auf Verschaffung der wirt-        nicht festgestellt hatte, ob und wann der Arbeitnehmer
schaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien erfüllt wird.   zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien
Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber         geworden war, verwies der BFH das Verfahren an das FG
dem Arbeitnehmer das zivilrechtliche oder zumindest das      zurück. Das FG hat nun in einem zweiten Rechtsgang die
wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren verschafft.     entsprechenden Feststellungen zum Zufluss des streiti-
Dass die Bestimmung des wesentlichen Zeitpunkts nicht        gen Aktienpakets nachzuholen.

Gewinnabführungsverträge prüfen: Jetzt dynami-
scher Verweis erforderlich
Die Formulierung von Ergebnisabführungsverträgen             Dynamisch in diesem Sinne meint, dass der Verweis auf
führte in der Vergangenheit vermehrt zu Verwer-              die Vorschriften des § 302 AktG in der jeweils gültigen
fungen zwischen Finanzverwaltung, Gerichten und              Fassung vereinbart wird. Einem Schreiben des BMF vom
Gesetzgeber. Ursächlich dafür war die Änderung               24.3.2021 folgend, müssen vor dem 27.2.2013 abge-
des Aktiengesetzes und mit Verspätung des Kör-               schlossene oder letztmalig geänderte Ergebnisabfüh-
perschaftsteuergesetzes. Infolgedessen musste ein            rungsverträge, die noch einen statischen Verweis enthal-
Ergebnisabführungsvertrag, der mit einer GmbH als            ten, spätestens bis zum Ablauf des 31.12.2021 geändert
Organschaft geschlossen wurde, fortan keinen stati-          werden. Zudem gilt diese Änderung des Ergebnisabfüh-
schen, sondern einen dynamischen Verweis auf § 302           rungsvertrags nicht als Neuabschluss, weshalb auch die
AktG enthalten.                                              fünfjährige Mindestlaufzeit nicht neu beginnt.

Arbeitnehmerentsendung nach UK: Gesetzgeber
schafft Rechtsklarheit nach Brexit
Der Brexit wirft auch Fragen zur Arbeitnehmer-               die Sicherstellung, dass die bisherigen unionsrechtlichen
entsendung nach UK auf. Der Bundesrat hat am                 Regeln zur sozialversicherungsrechtlichen Entsendung
26.3.2021 einem Gesetz zugestimmt, wodurch die               von Arbeitnehmern sowie Selbständigen in den Bezie-
Entsendungsregelungen für Arbeitnehmer zwischen              hungen mit Großbritannien im Rahmen des Handels- und
der EU und UK auch nach dem Brexit weiterhin                 Kooperationsabkommens weiterhin Anwendung finden.
Bestand haben.
                                                             Die Fortsetzung dieser Regelung erlaubt, dass lediglich
Kerninhalt des Gesetzes „zur Notifikation betreffend die     vorübergehend im anderen Staat eingesetzte Arbeitneh-
Regeln für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und          merinnen und Arbeitnehmer sowie Selbständige nicht
Arbeitnehmern gemäß dem Protokoll über die Koordinie-        kurzzeitig in das Sozialversicherungssystem des anderen
rung der sozialen Sicherheit zum Handels- und Koope-         Staats wechseln und anschließend wieder zurückwech-
rationsabkommen vom 30.12.2020“ vom 25.3.2021 ist            seln müssen.

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BONMOT ZUM SCHLUSS

„As a leader, it is important to not just see your
own success, but focus on the success of others.”
BONMOT ZUM SCHLUSS
Pichai Sundararajan, geboren 10.6.1972 in Madurai, Indien, US-amerikanischer Manager.
„We don‘t want an America that is closed to the world.
Er ist CEO von Google LLC sowie dessen Holding Alphabet Inc.

What we want is a world that is open to America.“
George H. W. Bush, 41. Präsident der USA (1989 – 1993), 12.6.1924 - 30.11.2018.

                                                                                                                                                                      Bildnachweis: Titel © Congress-Tourismus-Würzburg, Foto: A. Bestle; S. 3 + S. 12 © TomekD76, S. 5 © RudyBalasko, S. 7 © Juergen
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