Bulletin 2 - Nuklearforum Schweiz
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Bulletin 2 Februar 2011 Produktionsrekord für Mühleberg Seite 14 Kommerzielle Inbetriebnahmen in Russland und Indien Seite 15 Internationales Symposium zu Ehren von Ulrich Schmocker Seite 20 Sichere Schweizer Kernanlagen 2010 Seite 22 Die Welt der Kernkraftwerke 2010 Seite 4
Inhaltsverzeichnis 2 Editorial 3 Sicherheit und Strahlenschutz 20–24 Momentaufnahme der internationalen Forum 4–6 nuklearen Sicherheit 20 Rückblick: die nukleare Stromwelt 2010 4 Kernanlagen in der Schweiz auch 2010 «sicher» 22 Nachrichten 7–28 Neue Kernkraftwerke: Stellungnahme der KNS 23 Politik 7–10 IAEO: VAE-Kernenergieprogramm Italien: Verfassungsgericht lässt auf gutem Weg 24 Referendum zu Neubauten zu 7 Amerikanisch-russisches Wissenschaft und Forschung 24–25 Nuklearabkommen in Kraft 7 Cern: LHC läuft bis Ende 2012 weiter 24 Barack Obama: Kernenergie Teil des amerikanischen Strommix 8 Radioisotope 26 Russland ratifiziert japanisch- Kanada: Liefervertrag für Mo-99 verlängert 26 russisches Nuklearabkommen 8 Brasilien will neue Atomwirtschaft 26–27 Kernkraftwerke bauen 9 OCI und Arab Contractors bilden Pläne und Absichten für Nuklear-Joint-Venture 26 Kernkraftwerksbau in Weissrussland 9 Allianz zwischen Indian Oil und NPCIL 26 IHI und Toshiba bestätigen Stellungnahmen / Meinungsumfragen 10–12 Nuklear-Joint-Venture 27 KKW Niederamt: 620 Arbeitsplätze Malaysia: Nuklear unternehmen gegründet 27 und 720 Millionen jährlich 10 CVP Schweiz: kein zeitlicher Rahmen Recht und Versicherung 28 für Kernenergie-Ausstieg 12 Grossbritannien: Anpassung der Kernenergiehaftung vorgeschlagen 28 Versorgung 12–14 USA: Uran-Vanadium-Mühle nuklearforum.ch/mehr 28 kann gebaut werden 12 Usec: Weiterbetrieb der Urananreicherungs- Kolumne 29 anlage Paducah angedacht 13 Arnolds Wirtschaftsblick 29 Verständigung über Bergbau- Nachfrage nach Uran zieht an 29 Joint-Venture in der Mongolei 13 Vereinsmitteilungen 30 Wiederaufarbeitung / Entsorgung 14 Mitteilungen des Nuklearforums 30 Indische Wiederaufarbeitungs anlage in Betrieb 14 Hoppla! 31 Reaktoren / Kernkraftwerke 14–20 Nebenschauplätze 31 KKM: höchste Jahresproduktion seit Inbetriebnahme 14 nuklearforum.ch/mehr 32 Russland: Rostow-2 in Betrieb 15 Indien: 20. Kernkraftwerkseinheit in Betrieb 15 Japan: Wiederinbetriebnahme von Hamaoka-5 16 Japan: Takahama-3 beginnt Mox-Betrieb 16 Japan: Baugesuch für Sendai-3 eingereicht 17 Japan: vorbereitende Arbeiten für Higashidori-1 (Tepco) 17 Olkiluoto-3: letzter Dampferzeuger installiert 17 China: Bewilligung für Vorarbeiten an vier weiteren Einheiten 18 Rückzug aus Cernavodǎ-Fertigstellung 18 Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Frankreich entwickelt modulares Unterwasserkernkraftwerk 19
Editorial 3 Dr. Andreas Pfeiffer Kraftwerksleiter Kernkraftwerk Leibstadt AG Investitionen in die Zukunft Die Schlagzeilen der Branche in der Schweiz wichtigen Beitrag für eine auch künftig sind derzeit durch die Schritte in Richtung sichere Stromversorgung der Schweiz zu leis- Neubau von Kernkraftwerken bestimmt: die ten. Modernisierung heisst auch, nach Mög- Stellungnahmen des Ensi und der KNS zu lichkeiten zu suchen, aus den bestehenden den Rahmenbewilligungsgesuchen, der Zu- Anlagen mit einer verbesserten Effizienz, ei- sammenschluss der Projektanten für den nem höheren Wirkungsgrad, mehr Strom zu Neubau, die erste konsultative Abstimmung produzieren, ohne damit die Sicherheit der im Kanton Bern, oder aber das Sachplanver- Anlagen zu beeinträchtigen – im Gegenteil. fahren für die Tiefenlagerung mit dem Be- ginn der regionalen Partizipation und dem Dies können, wie im Kernkraftwerk Leib- erwarteten Bundesratsentscheid zur Etappe stadt gezeigt, vergleichsweise kleine Mass- 1 im Herbst dieses Jahres. nahmen sein wie zum Beispiel eine aerody- namische Optimierung am Kühlturm, mit Nicht verwunderlich, dass dabei der Betrieb der einige zusätzliche MW gewonnen wer- der laufenden Kernkraftwerke etwas in den den können. Oder aber der Austausch von Hintergrund rückt. Was auch gut ist, solange Niederdruckturbinen und -vorwärmern, mit damit Schlagzeilen über mögliche Vorkomm- dem über 40 MW an zusätzlicher Leistung nisse in den Medien gemeint sind. Denn es zur Verfügung gestellt werden. Dies ent- ist uns allen bewusst, dass mit negativen spricht einer Wirkungsgradverbesserung von Nachrichten aus den vier Kernkraftwerks- über einem Prozent – in Leistung ausge- standorten die öffentliche Diskussion über drückt einem mittleren Laufwasserkraft- die anstehenden Entscheidungen beeinflusst werk, jedoch zu deutlich geringeren Inves- wird. Was im Umkehrschluss auch die Er- titionskosten. wartung an die bestehenden Anlagen unter- streicht, durch einen sicheren und zuverlässi- Es lohnt sich, auch in die bestehenden Kern- gen Betrieb das Vertrauen der Bevölkerung kraftwerke zu investieren – in Sicherheit, in diese Technologie zu unterstützen. Und Verfügbarkeit und Effizienz – weil der Nut- dem Nutzen, den wir alle aus dieser Techno- zen daraus noch für Jahrzehnte zur Ver- logie beziehen, den richtigen Stellenwert ge- fügung stehen wird. Und weil ein sicherer genüber dem gefühlten Risiko zu geben. und wirtschaftlicher Betrieb Voraussetzung Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 ist für das notwendige Vertrauen der Bevöl- Was damit aber etwas aus dem Fokus der öf- kerung in diese Form der Energieerzeugung. fentlichen Wahrnehmung gerät, sind die An- strengungen der Kernkraftwerksbetreiber, nicht nur den zuverlässigen Betrieb der Anlagen sicherzustellen, sondern auch fort- laufend in die Erneuerung der Technik, in die Modernisierung und Verbesserung der Anlagen zu investieren und damit einen
Forum 4 Rückblick: die nukleare Stromwelt 2010 Ende 2010 umfasste der zivile Nuklearpark der Welt 445 Kernkraftwerksblöcke in 30 Ländern, wovon fünf für längere Zeit ausser Betrieb gesetzt sind. Fünf Einheiten haben 2010 den kommerziellen Betrieb aufgenommen: Rajasthan-5 und -6 in Indien, Ling-Ao-II-1 und Qinshan-II-3 in China und Rostow-2 in Russland. Zudem standen Kaiga-4 (Indien) und Shin-Kori-1 (Südkorea) kurz vor der kommerziellen Inbetrieb- nahme. Im vergangenen Jahr wurde als einziger Reaktorblock der Schnelle Brüter Phénix bei Avignon in Frankreich endgültig stillgelegt. Die elektrische Gesamtnetto- leistung der weltweit in Betrieb stehenden Kernkraftwerkseinheiten betrug rund 373’000 MW. Fortschritte in China, … 2010 kommerziell in Betrieb genommen. Russland betreibt somit jetzt 32 Einheiten, Mit 27 laufenden Neubauprojekten führt die zusammen rund 22’700 MW bereit- China weiterhin die Liste der kernkraftwerk- stellen. bauenden Länder an. Wie schon 2009, hat das Land auch im vergangenen Jahr den Bau Mitte 2010 wurde bekannt, dass der Bau- von neun Blöcken in Angriff genommen. beginn von Rostow-3 bereits im September Dazu zählen Changjiang-1 und -2 des chine- 2009 begonnen hatte. Somit befanden sich in sischen Typs CNP-600, Fangchenggang-1, Russland vor einem Jahr zehn und nicht Fuqing-3, Ningde-3 und -4 und Yangjiang-3 neun Neubauprojekte im Bau. des ebenfalls chinesischen Typs CPR-1000 sowie die zwei fortgeschrittenen Druck- … sowie Japan und Indien wasserreaktoreinheiten Haiyang-2 (AP1000) und Taishan-2 (EPR). China ist weiterhin das Auch Japan und Indien tragen zur Renais- einzige Land, in dem Reaktoren des Typs sance der Kernenergie bei. Neben Shimane-3 AP1000 der Westinghouse Electric gebaut befindet sich seit Anfang Mai 2010 in Japan werden – zurzeit stehen an den Standorten auch das Kernkraftwerk Ohma im Bau. Bei Haiyang und Sanmen jeweils zwei AP1000- beiden Einheiten handelt es sich um Siede- Einheiten im Bau. Mit der Inbetriebnahme wasserreaktoren des Typs Advanced Boiling der zwei neuen Kernkraftwerksblöcke Ling- Water Reactor (ABWR). In Indien wurde am Ao-II-1 und Qinshan-II-3 stieg die Leistung 22. November 2010 zum ersten Mal Beton der insgesamt 13 in Betrieb stehenden Ein- für zwei 700-MW-Schwerwasserreaktorblöcke heiten auf rund 10’500 MW. … Russland … www.nuclearplanet.ch Ende 2010 standen in Russland elf Einheiten im Bau. Im vergangenen Jahr kamen zwei Laufend aktualisierte Karten und Daten neue Bauprojekte dazu und eine Einheit rund um die Welt der Kernkraftwerke Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 nahm ihren kommerziellen Betrieb auf. Mitte finden Sie auf der interaktiven Plattform April 2010 wurde am Standort Leningrad-II www.nuclearplanet.ch. erster Beton für die zweite Reaktoreinheit gegossen. Zwei Monate später konnten die Dort bieten direkte Verweise ins E-Bulle- Bauarbeiten für die vierte Einheit am Stand- tin des Nuklearforums Schweiz zudem ort Rostow – früher unter dem Namen Wol- einen Überblick über aktuelle Meldun- godonsk bekannt – aufgenommen werden. gen zu den Kernkraftwerksblöcken der Als einzige neue Kernkraftwerkseinheit einzelnen Länder. Russlands wurde Rostow-2 im Dezember
FORUM 5 Kernkraftwerke weltweit Russland 32 Kanada 22 Armenien 1 USA 104 Japan 55 China 13 Pakistan 2 Südkorea 20 Mexiko 2 Taiwan 6 Indien 19 Brasilien 2 Südafrika 2 2 Argentinien 4 Finnland Schweden Grossbritannien 10 19 Niederlande 1 Deutschland Belgien 7 17 Tschech. R. 15 6 Ukraine 4 Slowakei Anzahl Kernkraftwerkseinheiten Frankreich 58 weltweit: 445 (davon 5 bis 5 4 Schweiz 1 Ungarn 2 Rumänien auf Weiteres ausser Betrieb) Spanien Slowenien 2 Bulgarien 8 Gesamtleistung in Betrieb stehender Einheiten: ~ 373’000 Megawatt Stand: 31. Dezember 2010 © 2011 Nuklearforum Schweiz (PHWR) einheimischer Bauart gegossen. Es In Brasilien hatte die Comissão Nacional de waren dies Kakrapar-3 und -4. Zwei indische Energia Nuclear (CNEN) im Mai 2010 die Ge- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Einheiten nahmen 2010 den kommerziellen nehmigung für die Fertigstellung der Kern- Betrieb auf: Rajasthan-5 (Februar) und kraftwerkseinheit Angra-3 erteilt. Seit dem Rajasthan-6 (März). Die vierte Einheit am 1. Juni wird dieses Projekt bei der IAEO wie- Standort Kaiga – auch ein PHWR – an der der offiziell als «im Bau» aufgeführt. In folgen- Südwestküste Indiens stand kurz vor der In- den Ländern werden ebenfalls neue Kern- betriebnahme. Mit sechs laufenden Neubau- kraftwerkseinheiten gebaut: Argentinien (1), projekten kann Indien in der Liste der kern- Bulgarien (2), Finnland (1), Frankreich (1), kraftwerkbauenden Länder mit Südkorea Iran (1), Pakistan (1), Slowakei (2), Südkorea gleichziehen, hinter China und Russland. (6), Taiwan (2) und den USA (1). ➜
FORUM 6 Die Bauvorbereitungen für die beiden Kernkraftwerkseinheiten des Typs AP1000, Vogtle-3 und -4, schreiten planmässig voran. Foto: The Southern Company Stand der Bewilligungsverfahren haben auf eigenen Wunsch die Antragsprü- in den USA fungen vorläufig einstellen lassen. Es betrifft dies die Standorte Bellefonte, Callaway, Im vergangenen Jahr sind bei der amerikani- Grand Gulf, Nine Mile Point, River Bend und schen Nuclear Regulatory Commission (NRC) Victoria County. Für folgende Kernkraft- keine neue kombinierte Bau- und Betriebs- werksstandorte hat die NRC Ende 2010 eine bewilligungen (Combined License, COL) ein- frühzeitige Standortbewilligung (Early Site gereicht worden. Die NRC hatte also bis Permit, ESP) ausgestellt: Clinton, Grand Gulf, Ende 2010 unverändert 18 COL-Gesuche für North Anna und Vogtle. Für die Standorte insgesamt 28 Kernkraftwerksblöcke erhal- Victoria County sowie Salem und Hope ten. Davon bearbeitet die NRC zwölf Gesu- Creek wurden neue ESP-Gesuche einge- che aktiv. Die übrigen sechs Gesuchssteller reicht. (M.B.) Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011
Nachrichten 7 Italien: Verfassungsgericht lässt wollten (E-Bulletin vom 12. Juli 2010). Das Referendum zu Neubauten zu Parlament hatte im Sommer 2009 ein Geset- zespaket gebilligt, das den vor mehr 20 Jah- ren beschlossenen Ausstieg aus der Kern- Die italienischen Stimmberechtigten wer- energie rückgängig macht (Bulletin 8/2009). den noch dieses Jahr per Referendum ent- (M. A. nach italienischem Verfassungsgericht, scheiden, ob sie das Gesetz zum Bau neu- Mitteilung, 12. Januar, Forum Nucleare Ita- er Kernkraftwerke aufheben wollen. Das liano, Medienmitteilung, 12. Januar 2011, und italienische Verfassungsgericht erklärte Italia dei Valori, Blog, 28. Juli 2010) Politik am 12. Januar 2011 die Durchführung des Referendums als zulässig. Zuvor hatte der Kassationshof die Gültigkeit des Gesuchs bestätigt. Amerikanisch-russisches Nuklearabkommen in Kraft Das Referendum fordert die teilweise Auf- hebung des Regelwerks über den Bau neuer Kernkraftwerke in Italien. Insbesondere ver- Am 11. Januar 2011 ist zwischen den USA langt es die teilweise Aufhebung des Geset- und Russland mit dem Austausch diplo- zes, das den Wiedereinstieg in die Kernener- matischer Noten ein Nuklearabkommen gie ermöglicht, sowie des Gesetzesdekrets zur friedlichen Nutzung der Kernenergie zur Standortfrage der geplanten neuen Kern- in Kraft getreten. kraftwerke und des Tiefenlagers für radio- aktive Abfälle. Bereits am 6. Mai 2008 hatten Sergei Kiri- jenko, Direktor der russischen Föderalen Abstimmung vor Sommer 2011 Agentur für Atomenergie Rosatom, und William Burns, damaliger amerikanischer Die Partei Italia dei Valori hatte Ende Juli Botschafter in Moskau, das Kooperations- 2010 die für ein Referendum nötigen 500’000 abkommen zur friedlichen Nutzung der Unterschriften gesammelt und dem Kassa- Kernenergie unterzeichnet (Bulletin 5/2008). tionshof übergeben. Dieser prüfte und bestä- Der damalige amerikanische Präsident tigte am 10. Dezember 2010 seine Gültigkeit. George W. Bush zog es jedoch im September Damit werden die Stimmberechtigten be- 2008 wegen «verschiedenen Ereignissen» zu- schliessen können, ob Italien wieder in die rück. Barack Obama legte die Vereinbarung Kernenergie einsteigen darf. Laut dem Fo- im Mai 2010 dem Kongress wieder vor, der rum Nucleare Italiano wird die Abstimmung sie zwar nicht genehmigen musste, aber an einem Sonntag zwischen dem 15. April das Recht gehabt hätte, sie binnen 90 Tagen und dem 15. Juni 2011 stattfinden. Das ge- abzulehnen. naue Datum werde der italienische Staats- präsident Giorgio Napolitano – nach den Be- Das Abkommen, das – gemäss der Nummer ratungen des Ministerrats – festsetzen. Ein der entsprechenden Sektion in der amerika- sogenanntes abrogierendes Referendum – nischen Atomic Energy Act – auch unter dem ein aufhebender Volksentscheid – gilt in Ita- Namen «123 Agreement» bekannt ist, schafft Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 lien als zustande gekommen, wenn die Mehr- die rechtliche Basis für die russisch-amerika- heit der Stimmberechtigten (50% plus eine nische Zusammenarbeit im Bereich der fried- Stimme) daran teilnimmt und die Mehrheit lichen Nutzung der Kernenergie und ermög- der Stimmenden sich für die Aufhebung aus- licht dessen Ausweitung. Es ebnet zudem spricht. den Weg für weitere Kooperationen im Rah- men der bestehenden bilateralen und multi- Am 23. Juni 2010 lehnte das Verfassungs- nationalen Programme und Initiativen zu gericht die Beschwerde von elf Regional- Kernenergie und Nonproliferation. (M. A. regierungen ab, die den Bau neuer Kern- nach Rosatom, Pressemitteilung, 11. Januar kraftwerke auf ihrem Territorium verbieten 2011)
NACHRICHTEN 8 Barack Obama: Kernenergie Teil nologien investiert werde – von der Sonnen- des amerikanischen Strommix und Windenergie bis zur Kernenergie. «Einige Leute wollen Wind- und Sonnenenergie. An- dere wollen Kernenergie, saubere Kohle und Bis zum Jahr 2035 sollen in den USA 80% Erdgas. Um dieses Ziel zu erreichen, werden des Strombedarfs aus sauberen Energie- wir sie alle brauchen.» Obama rief die Demo- quellen stammen, einschliesslich Kern- kraten und die Republikaner auf, zusammen- energie. Dies erklärte der amerikanische zuarbeiten, damit dies geschehen könne. Präsident Barack Obama in seiner Rede (M. A. nach The White House, State of the Politik zur Lage der Nation vom 25. Januar 2011. Union Address, 25. Januar 2011) In den Mittelpunkt setzte Obama wirt- schaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Russland ratifiziert japanisch- Obama warb in seiner Rede eindringlich für russisches Nuklearabkommen mehr Forschung und Innovation sowie mehr Anreize zur Förderung erneuerbarer, saube- rer Energien. «Damit können wir die Abhän- Der russische Präsident, Dmitri Med- gigkeit vom Erdöl durch Biokraftstoffe bre- wedew, hat am 8. Januar 2011 mit der chen.» Bis 2015 sollen die USA das erste Land Unterzeichnung eines Gesetzes die japa- sein, dass eine Million Elektroautos auf den nisch-russische Vereinbarung über kern- Strassen hat, erklärte Obama. technische Zusammenarbeit für die rus- sische Seite in Kraft gesetzt. Er forderte zudem, dass die Ölgesellschaften künftig keine Steuergeschenke mehr erhal- Das Gesetz zur Ratifizierung des Abkom- ten, denn «sie kommen sehr gut allein zu- mens zwischen Japan und Russland hatte die recht», sondern dass in andere Energietech- Staatsduma – die erste Kammer des russi- schen Parlaments – am 22. Dezember 2010 verabschiedet; zwei Tage darauf billigte es der Föderationsrat – die zweite Parlaments- kammer. Die russische und die japanische Regierung hatten das Abkommen bereits am 12. Mai 2009 in Tokyo unterzeichnet (E-Bul- letin vom 18. Mai 2009). Laut dem Japan Atomic Industrial Forum (JAIF) hat Japan seinerseits die ersten Schritte unternommen, um das Abkommen zu ratifizieren. Das Abkommen bildet den rechtlichen Rah- men und legt die Grundsätze für die bilatera- le Zusammenarbeit dar. Diese umfasst die Erschliessung russischer Uranvorkommen, Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 die Wiederaufarbeitung rezyklierten Urans, die Lieferung von Kernbrennstoff, den Bau Barack Obama in seiner Rede zur Lage der Nation: und Betrieb von Leichtwasserreaktoren, die «Wir werden in die biomedizinische Forschung, in Infor- Behandlung und Entsorgung radioaktiver mationstechnologie und vor allem in saubere Energie- Abfälle, die Kontrolle der nuklearen Sicher- technologien investieren – eine Investition, die unsere heit und Umwelt sowie die Erforschung und Sicherheit stärkt, unseren Planeten schützt und zahl- Nutzung von Radioisotopen. (M. A. nach reiche neue Arbeitsplätze schafft.» Rosatom, Medienmitteilung, 8. Januar, und Foto: Pete Souza / The White House Jaif, Atoms in Japan, 17. Januar 2011)
NACHRICHTEN 9 Brasilien will neue Kernkraftwerke bauen An einer Medienkonferenz am 7. Januar 2011 gab der neue brasilianische Berg- bau- und Energieminister, Edison Lobão, bekannt, dass die Regierung bis Ende Jahr den Bau vier neuer Kernkraftwerks- Politik einheiten zu genehmigen plane. Lobão, der bereits zwischen Januar 2008 und März 2010 in der Regierung des damaligen Präsidenten, Luiz Inácio Lula da Silva, Ener- gieminister war, stellte den Journalisten die Pläne für das Jahr 2011 in den Bereichen Edison Lobão, brasilianischer Bergbau- und Energie- Energie-, Erdöl und Bergbau vor. minister: «Die Regierung hofft, bis Ende 2011 den Bau vier neuer Kernkraftwerkseinheiten bewilligen Der Energieminister kündigte an, dass die zu können.» Regierung bis Ende Jahr den Bau vier neuer Foto: Agência Brasil Kernkraftwerkseinheiten bewilligen wolle. Da es sich um Grossprojekte handle, müsse zuvor der Conselho Nacional de Política Energética (CNPE) zustimmen. «Wir werden Derzeit stehen am Standort Angra zwei uns mit dem CNPE treffen, um dies zu disku- Kernkraftwerksblöcke in Betrieb. Der tieren», erklärte Lobão. «Die Standortregio- Atomstromanteil des Landes beträgt 3%. Die nen sind bekannt. Wir hoffen, mit den Pro- Finanzierung der geplanten Fertigstellung jekten vorwärts zu kommen.» Lobão fügte von Angra-3 ist gesichert (Bulletin 1/2011). hinzu, dass die Leistung der neuen Kraftwer- (M. A. nach brasilianischem Ministerium für ke noch nicht festgelegt sei und daher auch Bergbau und Energie, Medienmitteilung, keine Schätzungen vorlägen, wie hoch die 7. Januar 2011). Investitionen für die Neubauten seien. Standorte im Nordosten und Südosten vorgesehen Pläne und Absichten für Kern- kraftwerksbau in Weissrussland Die genauen Standorte seien noch nicht bestimmt, doch sollen je zwei Einheiten im Nordosten und im Südosten gebaut werden, Russland und Weissrussland werden noch sagte Lobão weiter. Im August 2010 hatten im ersten Quartal 2011 eine Vereinbarung die staatliche brasilianische Energiever- zum Bau eines Kernkraftwerks in Weiss- sorgerin Eletronuclear und die Empresa de russland unterzeichnen. Dies hat der Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Pesquisa Energética (EPE) – Teil des Minis- weissrussische Premierminister, Michail teriums für Bergbau und Energie – beschlos- Mjasnikowitsch, am 20. Januar 2011 nach sen, Vorstudien für die Auswahl künftiger Gesprächen mit seinem russischen Amts- Kernkraftwerksstandorte durchzuführen kollegen, Wladimir Putin, bekannt gege- (Bulletin 9/2010). Die damalige Regierung ben. hatte 2007 einen Nationalen Energieplan der EPE genehmigt, der den Bau von vier Die Regierungen Russlands und Weissruss- Kernkraftwerkseinheiten mit einer Leistung lands hatten bereits am 28. Mai 2009 ein von je 1000 MW bis 2030 in diesen Regio- zwischenstaatliches Abkommen zur fried- nen vorsieht. lichen Nutzung der Kernenergie unterzeich-
NACHRICHTEN 10 Stellungnahmen / Meinungsumfragen KKW Niederamt: 620 Arbeitsplätze und 720 Millionen jährlich Würde in der Region Niederamt ein neues Kernkraftwerk gebaut, erbrächte es in jedem Betriebsjahr rund CHF 720 Mio. Brutto-Wertschöpfung. Mit 620 Vollzeit- stellen würde das neue Werk rund 7% zur regionalen Beschäftigung beitragen. Die Meinung der Bevölkerung zu einem neu- en Kernkraftwerk ist indessen gespalten. Bei den Unternehmen der Region findet Michail Mjasnikowitsch und Wladimir Putin erläutern es grössere Zustimmung. den Medien ihre Absichten zum Bau eines Kernkraft- werks in Weissrussland. Der Verein Gemeindepräsidentenkonferenz Foto: Russisches Premierministeramt Niederamt (GPN) hat beim Institut für sozio- ökonomische Forschung und Beratung Rütter + Partner in Rüschlikon eine Studie zu sozioökonomischen Wirkungen der beste- net. Weissrussland plant den Bau zweier henden und neuer kerntechnischer Anlagen Kernkraftwerkseinheiten (Bulletin 9/2009). im Niederamt in Auftrag gegeben. Die Ergeb- Der erste Block soll 2016 den Betrieb aufneh- nisse wurden Ende Januar 2011 publiziert. men und der zweite 2018. Als Standort ist der Demnach würde die Region punkto Arbeits- Bezirk Astrawiez in der Woblast Hrodna aus- plätze und Wertschöpfung von solchen Anla- gewählt worden, die im Norden an Litauen gen profitieren. Andererseits gab die Studie und im Westen an Polen grenzt. Die Leistung auch Aufschluss über die Einstellung der Be- des Kernkraftwerks wird laut Mjasnikowitsch völkerung zum bestehenden Kernkraftwerk rund 28% der derzeitig im Land installierten Gösgen (KKG), zum projektierten Kernkraft- Stromerzeugungskapazität entsprechen. werk Niederamt (KKN) sowie zu einem Tie- fenlager für schwach- und mittelaktive Ab- Die angekündigte Vereinbarung werde die fälle (SMA-Lager) in der Region Jura Südfuss: Baukosten und den konkreten Zeitplan Die Meinungen sind geteilt. der geplanten Kernkraftwerkseinheiten fest- legen, erklärte Mjasnikowitsch vor den Me- Finanzielle Vorteile dien. Putin meinte dazu: «Es ist ein ehrgei- ziges Projekt, das bis zu USD 6 Mrd. (CHF Wird im Solothurnischen Niederamt ein neu- 5,8 Mrd.) kosten wird. Und wir sind bereit, es Kernkraftwerk gebaut, so kann die Re- ein Darlehen zu gewähren.» Laut Mjasniko- gion in der Betriebsphase mit rund 620 Voll- witsch werden sich weissrussische Unterneh- zeitstellen rechnen. Das würde einen Bevöl- men am Bau des Kernkraftwerks beteiligen. kerungszuwachs von bis zu 550 Personen Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Er kündigte an, dass Sergei Kirijenko, Direk- bedeuten. Würde neben dem Kernkraftwerk tor der russischen Föderalen Agentur für Niederamt auch noch ein Tiefenlager für Atomenergie Rosatom, bald als Delegations- schwach- und mittelktive Abfälle gebaut, er- leiter nach Weissrussland komme, um die gäbe das für die Jahre 2031 bis 2035, wenn Durchführbarkeit des Projekts zu diskutie- beide KKW parallel im Betrieb wären, eine ren. Putin ergänzte, dass Weissrussland 30 – Spitze an Arbeitsplätzen im Kernenergiebe- 40% der Bauarbeiten übernehmen könnte. reich von fast 1300 Arbeitsplätzen. Die Ma- (M. A. nach russischem Premierministeramt, cher der Studie gingen für ihre Berechnun- Pressekonferenz, 20. Januar 2011). gen von einem Kernkraftwerk mit einer Leis-
NACHRICHTEN 11 Stellungnahmen / Meinungsumfragen Haltung der Bevölkerung im Niederamt Frage: «Wie sehen Sie das Kernkraftwerk Gösgen bzw. die Pläne für das KKN und das SMA-Lager?» Haltung zum KKG Haltung zum KKN Haltung zum SMA-Lager 1% 2% 2% 2% 13% 12% 12% 13% 25% 12% 20% 24% 26% 46% 20% 25% 30% 15% N = 1120 sehr positiv eher positiv weder noch eher negativ sehr negativ weiss nicht Quelle: Rütter + Partner, Bevölkerungsbefragung Mai 2010 © 2011 Nuklearforum Schweiz tung von 1200 MW aus und wiesen darauf meinde zuschreiben. 35% denken, das Kraft- hin, dass die Zahlen für einen stärkeren werk habe keinen Einfluss auf das Image Reaktor noch höher wären. und 16% sehen eine positive Wirkung. Grundsätzlich erachten 36% der Niederämter Bei 1200 MW würde das KKN während etwa das KKG als eher oder sehr positiv. 45% leh- 60 Jahren eine Brutto-Wertschöpfung von nen ein neues Kernkraftwerk in ihrer Nach- rund CHF 720 Mio. pro Jahr erwirtschaften. barschaft ab, während 38% dem KKN-Pro- Neben den Steuereinnahmen, die dank des jekt sehr oder eher positiv gegenüberstehen. KKN anfallen würden, rechnen die Verfasser Von den Unternehmen der Region sehen 45% der Studie mit zusätzlichen Abgeltungen für die Pläne für das KKN eher oder sehr positiv die Region. Ein Lager für SMA-Abfälle bräch- und 28% eher oder sehr negativ. Ein SMA- te dem Niederamt etwa 30 Vollzeitstellen Lager findet wenig Zustimmung: nur 15% be- und es wäre eine durchschnittliche jährliche urteilen ein solches positiv gegenüber 71%, Brutto-Wertschöpfung von rund CHF 4 Mio. die es ablehnen. Die grösste Sorge der Bevöl- bis ins Jahr 2101 zu erwarten. In Zusammen- kerung des Niederamts sind anscheinend hang mit einem SMA-Lager dürfte laut der Proteste: 64% der Befragten rechnen bei Studie die grösste finanzielle Wirkung von einer Realisierung des KKN mit Unruhen Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Abgeltungszahlungen ausgehen. durch Protestaktionen. (M. Re. nach GPN, Medienmitteilung, 27. Januar, und «Sozio- Proteste befürchtet ökonomische Wirkungen der kerntechni- schen Anlagen im Niederamt», Rütter & Part- Die Bevölkerungsbefragung ergab, dass 36% ner, Januar 2011) der Niederämter Bevölkerung dem bestehen- den KKG einen Imageschaden für ihre Ge- www.niedergoesgen.ch
NACHRICHTEN 12 Stellungnahmen / Meinungsumfragen CVP Schweiz: werke verzichtet werden. Bestehende Kern- kein zeitlicher Rahmen für kraftwerke sollen durch sicherere und leis- Kernenergie-Ausstieg tungsfähigere Anlagen ersetzt werden, so- fern eine Verlängerung der Betriebszeit bestehender Kernkraftwerke sicherheitstech- Die Delegierten der CVP Schweiz haben nisch nicht mehr möglich ist. Der Ausstieg anlässlich ihrer Versammlung vom 22. Ja- aus der Kernenergie soll erst dann realisiert nuar 2011 in Pratteln ein Energiepapier werden, wenn bis zum Ablauf der nächsten verabschiedet. Um eine Versorgungslücke Kernkraftwerksgeneration andere CO2-freie zu vermeiden und aus Gründen des Energien zur Stromproduktion in genügen- Klimaschutzes setzt die Partei mittelfris- der Menge zur Verfügung stehen. Zudem tig auf Kernenergie und will keine neuen unterstützt die CVP die Strategie des Bun- Gaskombikraftwerke haben. desrates zur Entsorgung der radioaktiven Abfälle und spricht sich gegen den Bau von Die Schweiz braucht im Bereich der Energie- Gaskombikraftwerken aus. politik eine Neuausrichtung und klare Strate- gie, die eine sichere Energieversorgung ga- Der anfänglich im Energiepapier der CVP rantiert, ist sich die CVP sicher. Ihr Positions- verlangte Ausstieg aus der Kernenergie in- papier «Energiepolitik Schweiz» setzt vier nerhalb von 50 Jahren wurde aus dem neuen Schwerpunkte: Verbesserung der Energie- Positionspapier gestrichen. Die Delegierten effizienz, Förderung der erneuerbaren Ener- folgten der Argumentation des Luzerner gien, Gewährleistung der Versorgungssicher- Nationalrats Ruedi Lustenberger, der in sei- Versorgung heit und Reduktion der Erdölabhängigkeit. ner Rede einen mittelfristigen Ausstieg als nicht realistisch bezeichnete. Ein Ausstieg Versorgungssicherheit durch würde die Versorgungsunabhängigkeit ge- inländische Stromproduktion fährden oder dazu führen, dass CO2-Emis- sionen massiv zunehmen, stellte Lusten- Die Versorgungssicherheit soll laut CVP die berger fest. (M. A. nach CVP Schweiz, Me- inländische Stromproduktion gewährleisten. dienmitteilungen, 22. und 26. Januar, und Deshalb könne vorerst nicht auf Kernkraft- Positionspapier «Energiepolitik der Schweiz», 22. Januar 2011) www.cvp.ch USA: Uran-Vanadium-Mühle kann gebaut werden Das Radiation Program des Colorado Department of Public Health and Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Environment hat am 5. Januar 2011 das Gesuch zum Bau- und Betrieb der Uran- Vanadium-Mühle «Piñon Ridge» mit Auf- lagen genehmigt. Die CVP-Delegierten verabschieden mit wenigen Gegen- Die Energy Fuels Resources Corp. (EFR) – stimmen das neue Positionspapier zur Energiepolitik, eine amerikanische Tochtergesellschaft der das vorerst nicht auf Kernkraftwerke verzichten will. kanadischen Energy Fuels Inc. – hatte das Foto: CVP Schweiz Gesuch für die Uran-Vanadium-Mühle «Piñon
NACHRICHTEN 13 Ridge» am 18. November 2009 eingereicht reicherung des abgereicherten Urans in (E-Bulletin vom 9. Dezember 2009). Sie plant, Paducah würde die Entsorgungskosten für mit dem Bau der Mine im zweiten Quartal das DOE verringern, meint die Usec. Der An- 2011 zu beginnen. Diese soll bis zu 500 t Erz teil des so hergestellten «Natururans», würde pro Tag verarbeiten, um daraus Uran und lediglich rund 2,5 % des Weltbedarfs entspre- Vanadium zu gewinnen. Dies wäre seit über chen und somit die einheimische Uranindus- einem Vierteljahrhundert die erste in den trie nicht ungünstig beeinflussen. (M.A. nach USA neu gebaute konventionelle Uranmühle. Usec, Medienmitteilung, 12. Januar 2011) Versorgung (M. A. nach Colorado Department of Public Health and Environment, Medienmitteilung, 5. Januar 2011) Verständigung über Bergbau- Joint-Venture in der Mongolei Usec: Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage Die Mongolei und Russland haben sich Paducah angedacht am 14. Dezember 2010 auf die Bedingun- gen zur Schaffung eines Gemeinschafts- unternehmens zur Urangewinnung in der Die United States Enrichment Corpora- Mongolei geeinigt. tion (Usec) plant, ihre Urananreiche- rungsanlage in Paducah im Bundesstaat Die staatliche föderale russische Agentur für Kentucky länger zu betreiben als ur- Atomenergie Rosatom, das Departement für sprünglich vorgesehen. nukleare Energie der Mongolei, die Uranhol- dinggesellschaft ARMS (JSC Atomredmetso- Die Usec will bis Mitte 2011 entscheiden, ob loto) – eine Tochtergesellschaft der Rosatom sie ihre Gasdiffusionsanlage in Paducah län- – und die mongolische MonAtom LLC – ein ger als bis Mai 2012 weiter betreiben will. Unternehmen im Staatsbesitz – verständigten Der Entscheid hänge von wirtschaftlichen sich auf die Rahmenbedingungen zur Bil- Faktoren ab, erklärte das Unternehmen. Da dung des Dornod Uranium Joint Venture. Die die Anlage ein grosser Stromkonsument sei, Unterzeichnung des zwischenstaatlichen Ab- spielten die Strompreise eine entscheidende kommens zur Schaffung der LLC Dornod Rolle für die zukünftige Planung. Die Usec Uranium erfolgte im Anschluss an Verhand- verhandle bereits aktiv mit der Tennessee lungen zwischen dem russischen Minister- Valley Authority (TVO) und anderen Versor- präsidenten, Wladimir Putin, und seinem gern über den Weiterbetrieb nach Mitte 2012, mongolischen Amtskollegen, Süchbaataryn dem Zeitpunkt, an dem das gegenwärtige Batbold. Abkommen mit der TVO abläuft. Am 25. August 2009 hatten Sergei Kirijenko, Zur Unterstützung des weiteren Betriebs Leiter der Rosatom, und Sondomin Enchbat, untersucht die Usec auch die Möglichkeit, Leiter des Departements für nukleare Ener- einen Teil der Reserven an abgereichertem gie der Mongolei, eine entsprechende Ver- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 Uran des Department of Energy (DOE) anzu- einbarung unterzeichnet. reichern. Das als Tails bezeichnete abgerei- cherte Uran entsteht als Nebenprodukt bei Die LLC MonAtom wird 51% an der LLC Dor- der Anreicherung. Angesichts des gegenwär- nod Uranium halten und die ARMS die rest- tigen Uranpreises, könnte die Regierung lichen 49%. Die Mine Dornod befindet sich erhebliche Einnahmen durch die erneute in der gleichnamigen Provinz im äussersten Anreicherung eines Teils der Tails bis zum Osten der Mongolei. Sie hat ein geschätztes Gehalt von Natururan erzielen. Die An- Produktionsvolumen von 2000 t im Jahr. ➜
NACHRICHTEN 14 Wiederaufarbeitung / Entsorgung Die neue Anlage wird 100 t Kernbrennstoff aus Kernkraftwerken pro Jahr verwerten können. Indien hat bereits drei Wiederaufar- beitungsanlagen in Betrieb – eine ähnliche am Standort Kalpakkam im Südosten von In- dien, wo sich die Doppelblockanlage Madras befindet, eine kleinere Anlage am Standort Tarapur im Nordwesten des Landes, sowie eine in Trombay, 5 km östlich von Mumbai. Singh erklärte an der Eröffnungsfeier, die Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoff sei «ein Schlüssel im dreistufigen Kernenergie- programm des Landes.» «Die Wiederaufarbei- Bei einem Treffen Mitte Dezember 2010 einigten sich tung ist unerlässlich auf dem Weg zur zwei- Süchbaataryn Batbold und Wladimir Putin auf einen ten Stufe – diejenige der Schnellen Brüter, Reaktoren / Kernkraftwerke Rahmen zur Schaffung des Joint Venture LLC Dornod die wir begonnen haben – und in der nach- Uranium. folgenden dritten Stufe, in der Thorium in Foto: Russische Regierung fortgeschrittenen Kernkraftwerken verwen- det wird.» Indien plant, vom Uran-Brenn- stoffzyklus zum Thorium-Brennstoffzyklus überzugehen, da das Land kaum Uran, je- Kanadische Abbaulizenz? doch ergiebige Thoriumressourcen hat. Die kanadische Khan Resources Inc. erhebt Die indische Regierung verfolgt ein ehrgeizi- Anspruch auf die Mine Dornod. Laut der Fir- ges Kernkraftwerksprogramm. Sie möchte ma ist sie immer noch im Besitz einer gülti- die installierte Leistung des heutigen Kern- gen Abbaulizenz. Die mongolische Nuclear kraftwerksparks von rund 4,5 GW bis 2020 Energy Agency (NEA) weigerte sich jedoch im auf 35 GW und bis 2030 auf 63 GW ausbau- November 2010, die Lizenz zu verlängern, en. Zurzeit befinden sich in Indien sechs denn die Khan Resources habe Lizenzverein- Kernkraftwerke im Bau, die voraussichtlich barungen missachtet. Die Khan Resources bis 2015 in Betrieb gehen und rund 4 GW be- teilte daraufhin mit, alle rechtlichen Mittel reitstellen. (M. A. nach NucNet, und Rede von ausschöpfen zu wollen, um ihre Rechte zu Manmohan Singh, 7. Januar 2011) verteidigen. Laut einer Pressemitteilung be- gann am 10. Januar 2011 ein internationales Schlichtungsverfahren. (M. A. nach russischer Regierung, Rosatom und ARMS, Medienmit- KKM: höchste Jahresproduktion teilungen, 14. Dezember 2010, und Khan Re- seit Inbetriebnahme sources, Medienmitteilung, 10. Januar 2011) Das Kernkraftwerk Mühleberg (KKM) Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 der BKW FMB Energie AG (BKW) konnte Indische Wiederaufarbeitungs- im Jahr 2010 mit brutto 3109 Mio. kWh anlage in Betrieb den Rekord der Vorjahresproduktion (3092 Mio. kWh) leicht überschreiten und hat somit das beste Ergebnis seit Der indische Premierminister, Manmo- der Inbetriebnahme erzielt. Seit Anfang han Singh, hat am 7. Januar 2011 eine der 1970er-Jahre erzeugte das KKM ins- neue Wiederaufarbeitungsanlage am gesamt mehr als 102 Milliarden kWh Bhabha Atomic Research Centre in Tara- Strom. ➜ pur eröffnet.
NACHRICHTEN 15 Die BKW konnte damit im Vergleich zur Pro- Der Standort Rostow befindet sich rund 1000 duktion mit einem modernen Gaskombi- km südöstlich von Moskau in der Oblast Reaktoren / Kernkraftwerke kraftwerk bis heute mehr als 42 Mio. t CO2 Rostow. Dort steht bereits Rostow-1 seit 2001 einsparen, davon 1,3 Mio. t im Jahr 2010, teil- in Betrieb. Zwei weitere Druckwasserreak- te das Unternehmen mit. Es führt das Jahres- toreinheiten des Typs WWER-1200 sind im höchstresultat auf den guten Zustand und Bau. (M. A. nach Rosenergoatom, Medienmit- die sehr gute Betriebssicherheit der Anlage teilungen, 14. Dezember 2010 und 14. Januar zurück. Das KKM sei dank ständiger Moder- 2011). nisierung der Anlagekomponenten für den Langzeitbetrieb gerüstet. Das KKM speiste im Betriebsjahr 2010 wäh- Indien: rend 8172 Stunden (2009: 8020 Stunden), 20. Kernkraftwerkseinheit das heisst während 93,3% (2009: 91,6%) der in Betrieb Jahresstunden elektrische Energie ins Strom- netz ein. Mit Ausnahme der planmässig durchgeführten Revision im August /Sep- Am 20. Januar 2011 hat die indische Kern- tember (Bulletin 9/2010) sowie Leistungs- kraftwerksbetreiberin Nuclear Power absenkungen im September und November, Corporation of India Ltd. (NPCIL) die die auf die Inbetriebnahme neuer Pumpen- vierte Einheit am Standort Kaiga – im Antriebssysteme zurückzuführen waren, Bundesstaat Karnataka an der Südwest- verlief der Betrieb laut BKW einwandfrei. küste Indiens – kommerziell in Betrieb Die durchschnittliche Verfügbarkeit seit genommen. Damit versorgen jetzt 20 1972 beträgt 89,9 %. Dies stelle im interna- Kernkraftwerkseinheiten die indische tionalen Vergleich einen sehr guten Wert Bevölkerung mit Strom. dar. (M.B. nach BKW, Medienmitteilung, 4. Januar 2011) Erstmals kritisch wurde Kaiga-4 am 27. No- vember 2010 (Bulletin 12/2010). Bis zur ers- ten Netzsynchronisation am 19. Januar 2011 (E-Bulletin vom 21. Januar 2011) wurden ob- Russland: Rostow-2 in Betrieb ligatorische Tests durchgeführt und die Frei- gabe des Atomic Energy Regulatory Board eingeholt. Die NPCIL hat mit Kaiga-4, einem Wie der russische Kernenergiekonzern Druckschwerwasserreaktor (PHWR) indi- Rosenergoatom am 14. Januar 2011 scher Bauart mit 202 MW Nettoleistung, mitteilt, hat die Kernkraftwerkseinheit 20 Kernkraftwerkseinheiten in Betrieb, die Rostow-2 im Dezember 2010 den kom- zusammen 4391 MW leisten. merziellen Betrieb aufgenommen. Der Standort Kaiga stellt mit seinen vier Rostow-2 – früher unter dem Namen Wolgo- Reaktorblöcken netto insgesamt 808 MW zur donsk-2 bekannt – war am 18. März 2010 Verfügung und ist damit das drittgrösste erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert Kernkraftwerk Indiens, nach Tarapur (1280 Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 worden. Am 10. Dezember 2010 unterzeich- MW) und Rajasthan (1085 MW). (M.B. nach nete der stellvertretende Generaldirektor der IAEO PRIS, sowie NPCIL, Medienmitteilung, russischen Föderalen Agentur für Atomener- 19. Januar 2011) gie Rosatom, Alexander Lokschin, die kom- merzielle Betriebsbewilligung, nachdem die Gesetzesänderungen drei Tage zuvor in Kraft getreten waren, die der Rosatom diese Kom- petenz erteilen.
NACHRICHTEN 16 Japan: Wiederinbetriebnahme Laut dem Japan Atomic Industrial Forum von Hamaoka-5 (Jaif) hatte das Beben indessen grössere Reaktoren / Kernkraftwerke Auswirkungen auf Block 5, sodass er – nach Freigabe durch die Behörden – erst am Die japanische Energieversorgerin Chubu 25. Januar 2011 ans Netz gehen konnte. Wäh- Electric Power Co. hat die Kernkraft- rend des 18-monatigen Stillstands führte die werkseinheit Hamaoka-5 nach 18 Mona- Chubu sicherheitstechnische Überprüfungen ten wieder in Betrieb genommen. durch und musste die Niederdruck-Turbinen ersetzen, die schon seit 2006 Vibrationsmän- Ein Erdbeben der Magnitude 6,5 hatte am gel aufwiesen. 11. August 2009 die Schnellabschaltung der Blöcke 4 (1092 MW, BWR) und 5 (1212 MW, Die japanischen Behörden hatten bereits ABWR) des Kernkraftwerks Hamaoka ausge- 2006 – also noch vor dem Erdbeben vom löst. Block 3 (1056 MW, BWR) war für ge- 16. Juli 2007, die das Kernkraftwerk Kas- plante Inspektionsarbeiten bereits abge- hiwazaki-Kariwa der Tokyo Electric Power schaltet, während die Blöcke 1 und 2 seit Co. (Tepco) über die seismischen Ausle- dem 31. Januar 2009 endgültig stillgelegt gungsgrenzen hinaus beansprucht hatte – sind (Bulletin 1/2009). Das Zentrum des Be- eine Überprüfung der Erdbebensicherheit al- bens lag in 23 km Tiefe in der Suruga-Bucht ler Kernanlagen verlangt. Nach dem 16. Juli nordwestlich von Tokio, rund 85 km vom 2007 erhielt dieses Programm erste Priorität. Kernkraftwerk entfernt. Laut der japani- (M. A. nach Jaif, Atoms in Japan, 11. August schen Nuclear and Industrial Safety Agency 2009 und 31. Januar 2011) (Nisa) blieben die maximalen Bodenbe- schleunigungen unterhalb der seismischen Auslegungsgrenze von 582 Gal (5,82 m /s2). Japan: Takahama-3 Die Chubu nahm die Einheiten Hamoaka-3 beginnt Mox-Betrieb und -4 nach seismischen Überprüfungen be- reits im Oktober 2009 wieder in Betrieb. Takahama-3, eine vom japanischen Elek- trizitätsunternehmen Kansai Electric Power Co. betriebene Druckwasserreak- toreinheit, hat am 21. Januar 2011 den Betrieb mit Mischoxid-Brennelementen (Mox) aufgenommen. Die Kansai schloss laut Japan Atomic Indust- rial Forum (Jaif) die Beladung der Kern- kraftwerkseinheit Takahama-3 (830 MW) mit Mox am 5. Dezember 2010 ab. Das Unterneh- men hatte die Bewilligung dazu bereits 1998 erhalten. Takahama-3 ist die vierte Kern- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 kraftwerkseinheit Japans, die mit Mox be- trieben wird. Zuvor hatten Genkai-3 (November 2009), Ikata-3 (März 2010) und Fukushima-Daiichi-3 (September 2010) er- Alle drei Siedewasserreaktoreinheiten von Hamaoka folgreich umgestellt. sind nach dem Erdbeben vom 11. August 2009 wieder in Betrieb. Die Mox-Brennelemente hat die französische Foto: i764gt@flickl.com Areva in ihrem Werk Melox in Südfrankreich hergestellt (Bulletin 6/2008). Das Plutonium
NACHRICHTEN 17 stammt aus bestrahlten Brennelementen der Kansai, die im Werk La Hague der Areva Reaktoren / Kernkraftwerke wiederaufgearbeitet wurden. (M. A. nach Jaif, Atoms in Japan, 13. Dezember 2010, und Areva, Medienmitteilung, 24. Januar 2011). Japan: Baugesuch für Sendai-3 eingereicht Die japanische Kyushu Electric Power Company Inc. hat am 12. Januar 2011 ein Gesuch zum Bau der Kernkraftwerksein- heit Sendai-3 dem Ministry of Economy, Trade and Industry (Meti) vorgelegt. Modellzeichnung der Doppelblockanlage Higashidori (Tepco). Der Kernkraftwerksblock Sendai-3 soll nörd- Foto: Tepco lich der zwei in Betrieb stehenden Einheiten Sendai-1 und -2 (je 846 MW, PWR) auf der Insel Kyushu – im Südwesten des Landes in der Präfektur Kagoshima – errichtet werden. Higashidori-1 (Tohoku) der Tohoku Electric Der Baubeginn ist für 2013/14 und die kom- Power Co., ebenfalls ein ABWR der Toshiba, merzielle Inbetriebnahme für 2019/20 vor- der bereits am 8. Dezember 2005 den kom- gesehen. merziellen Betrieb aufgenommen hat. Sendai-3, ein fortgeschrittener Druckwasser- Das Ministry of Economy, Trade and Indus- reaktorblock des Typs APWR von Mitsubishi try (Meti) hatte am 24. Dezember 2010 den und Westinghouse, wäre die dritte solche Baubeginn genehmigt. Die Tepco plant die Einheit des Landes nach Tsuruga-3 und -4, kommerzielle Inbetriebnahme ihrer Higas- deren Bau ebenfalls geplant ist. (M. A. nach hidori-1-Einheit für März 2017. (M. A. nach Jaif, Atoms in Japan, Mitteilung, 24. Januar Tepco, Medienmitteilung, 25. Januar 2011) 2011). Olkiluoto-3: letzter Japan: vorbereitende Arbeiten Dampferzeuger installiert für Higashidori-1 (Tepco) Der vierte und damit letzte Dampf- Die japanische Tokyo Electric Power Co. erzeuger ist am 31. Januar 2011 im Reak- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 (Tepco) hat mit den vorbreitenden Arbei- torgebäude der Kernkraftwerkseinheit ten zum Bau der Kernkraftwerkseinheit Olkiluoto-3 montiert worden. Higashidori-1 (Tepco) begonnen. Der vierte Dampferzeuger ist laut Teolli- Der Kernkraftwerksblock Higashidori-1 suuden Voima Oyj die letzte Hauptkompo- (Tepco) vom Typ Advanced Boiling Water nente des Reaktorkühlsystems, die an ihren Reactor (ABWR) der Toshiba befindet sich Platz transportiert und installiert worden ist. in der Provinz Aomori ganz im Norden Die ersten zwei Dampferzeuger waren be- der Hauptinsel Honshu, neben der Einheit reits im November 2010 montiert worden.
NACHRICHTEN 18 Einheiten russischer Auslegung in Tianwan Reaktoren / Kernkraftwerke Ende November 2010 hatten die russische Atomstroiexport und die chinesische Jiangsu Nuclear Power Corporation (JNPC), eine Tochtergesellschaft der CNNC, einen Vertrag zum Bau der zweiten Phase unterzeichnet. Beide geplanten Einheiten werden – wie Tianwan-1 und -2 – vom russischen Typ WWER-1000 sein. Die JNPC wird den kon- ventionellen Teil herstellen und liefern. Sechs Blöcke in Xudapu geplant Der vierte und letzte Dampferzeuger wird im Reaktor- gebäude von Olkiluoto-3 – dem weltweit ersten EPR – Auch für die beiden Einheiten der Phase 1 installiert. am neuen Standort Xudapu nahe der Stadt Foto: TVO / Hannu Huovila Xingcheng in der nordöstlichen Provinz Liaoning können vorbereitende Arbeiten ge- leistet werden. Das Kernkraftwerk Xudapu soll aus insgesamt sechs Druckwasserein- Anfang Dezember 2010 folgte der dritte heiten der 1000-MW-Klasse bestehen. (M. A. Dampferzeuger (Bulletin 1/2011). (M. A. nach nach CNNC, Medienmitteilung, 6. Januar TVO, Medienmitteilung, 1. Februar 2011) 2011, und Atomstroiexport, Medienmittei- lung, 15. Dezember 2010) China: Bewilligung für Vorarbeiten an vier weiteren Einheiten Rückzug aus Cernavodǎ- Fertigstellung In China kann an vier weiteren Kern- kraftwerkseinheiten mit den Vorarbeiten Die deutsche RWE AG, die französische begonnen werden. Die National Develop- GDF Suez SA und die spanische Iberdrola ment and Reform Commission hat dafür SA haben am 20. Januar 2011 zusammen grünes Licht gegeben, meldete die China bekannt gegeben, dass sie ihre Beteili- National Nuclear Corporation (CNNC) am gungen an der Vollendung der rumäni- 6. Januar 2011. schen Kernkraftwerksblöcke Cernovodǎ-3 und -4 beenden werden. Laut CNNC können die Vorarbeiten an den beiden geplanten Kernkraftwerksblöcken Die RWE, die GDF Suez und die Iberdrola Tianwan-3 und -4 (Phase 2) anfangen. Der begründen ihren Rückzug aus Cernavodǎ Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 offizielle Baubeginn ist gemäss Plan für De- mit den wirtschaftlichen und marktbeding- zember 2012 bei der Einheit 3 und August ten Unsicherheiten für das Projekt, die zum 2013 bei der Einheit 4 vorgesehen. Der grossen Teil auf Nachwirkungen der Finanz- Standort Tianwan befindet sich in der Pro- krise zurückzuführen seien und die notwen- vinz Jiangsu am Gelben Meer rund 400 km digen Investitionen in Frage stellten. Sie be- nördlich von Schanghai. Dort stehen bereits tonen jedoch: «Diese Entscheidung zielt nicht die zwei Einheiten der Phase 1 (Tianwan-1 auf die technische Qualität des Kraftwerks, und -2) seit 2007 in Betrieb (Bulletins 6 und die erst kürzlich von der Europäischen Kom- 9/2007). Insgesamt sind für Tianwan acht mission anerkannt wurde. Auch das Be- Druckwasserreaktoreinheiten vorgesehen. kenntnis zum rumänischen Energiemarkt ist
NACHRICHTEN 19 davon nicht berührt.» Die drei Unternehmen, untergebracht, die einen Durchmesser von die insgesamt mit 24,5% an Cernavodǎ betei- 12 bis 15 m haben wird. Lastschiffe bringen Reaktoren / Kernkraftwerke ligt sind, werden laut eigenen Angaben auch die rund 12’000 t schwere Einheit in Positi- in Zukunft die Entwicklung neuer Kernkraft- on, idealerweise einige Kilometer von der werke im Ausland vorantreiben. Küste entfernt in einer Tiefe zwischen 60 und 100 m. Mittels Tauchzellen kann die an- Die rumänische Societatea Nat,ionalǎ Nuclea- sonsten antriebslose Einheit gesenkt oder relectrica SA (SNN) hatte am 20. November gehoben und mit Schiffen für Unterhalts- 2008 mit sechs europäischen Partnern eine arbeiten, Brennstoffwechsel und Ausser- Investitionsvereinbarung zur Gründung ei- betriebnahme in dafür zugelassene Häfen ner gemeinsamen Projektgesellschaft unter- geschleppt werden. Operateure bedienen zeichnet (E-Bulletin vom 4. Dezember 2008). den Flexblue von Land aus. Jede Einheit soll Neben der RWE, der GDF Suez und der Iber- jedoch mit einem Kontrollraum ausgestattet drola unterzeichneten die italienische Enel, werden, sodass Manipulationen wie das An- die tschechische ČEZ-Gruppe und die rumä- und Abfahren des Kernreaktors vor Ort nische Arcelor-Mittal die Vereinbarung, wel- vorgenommen werden können. Zudem kann che die Fertigstellung von Cernavodǎ-3 und die Anlage jederzeit mit kleinen U-Booten -4 auf Basis der kanadischen Candu-Techno- erreicht werden. logie zum Ziel hat. Daraufhin gründeten sie mit der SNN die Projektgesellschaft SC Ener- Die DCNS-Gruppe kann rund 40 Jahre goNuclear SA (Bulletin 5/2009). Ende 2010 Schiffsbauerfahrung vorweisen. Das mehr- hatte sich bereits die ČEZ vom Projekt zu- heitlich in staatlichen Händen befindliche rückgezogen und am 4. Januar 2011 bestätigt, Unternehmen baut Atom-U-Boote, Fregatten sie habe ihren Anteil von 9,15% zum Nomi- und Flugzeugträger. Die Gruppe ist indes nalwert an die Nuclearelectrica abgetreten. auch mit der zivilen Nuklearbranche bereits (M.A. nach RWE GDF Suez und Iberdrola, ge- vertraut. So kommen zum Beispiel die Reak- meinsame Medienmitteilung, 20. Januar, und toreinbauten für den im französischen Fla- ČEZ, Investorenmitteilung, 4. Januar 2011) manville im Bau stehende EPR von der DCNS. Für die Konzeption des Flexblue können die Entwickler also auf breite Erfahrung und be- währte Technologie zurückgreifen. ➜ Frankreich entwickelt modulares Unterwasserkernkraftwerk Die französische DCNS-Gruppe plant, mit dem Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA), der Areva und der Electricité de France (EDF) eine unterwassertaugliche, modulare Kern- kraftwerkseinheit zu entwickeln. Am Meeresboden gesichert soll die vergleichs- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 weise kleine Anlage Inseln und abgelege- ne Küstenregionen mit Strom versorgen. Das nach dem Baukastenprinzip aufgebaute Unterwasserkernkraftwerk mit dem Namen Flexblue, soll zwischen 50 und 250 MW be- reitstellen. Gemäss aktueller Auslegung wer- Modellzeichnung des nach dem Baukastenprinzip auf- den der Reaktorkern, die Turbine, der Gene- gebauten Unterwasserkernkraftwerks Flexblue. rator sowie die elektrischen Anlagenteile in Foto: DCNS einer rund 100 m langen zylindrischen Hülle
NACHRICHTEN 20 Warum unter Wasser? Momentaufnahme der Sicherheit und Strahlenschutz internationalen nuklearen Im Unterschied zu den auf dem Land gebau- Sicherheit ten Kernkraftwerken, müssen beim Flexblue- Konzept keine oder nur geringe standortspe- zifische Anpassungen vorgenommen wer- Zu Ehren des im letzten Jahr in Pension den. So ist es jedenfalls von den Entwicklern gegangenen Direktors Ulrich Schmocker vorgesehen. Wie schon bei atombetriebenen hat das Eidgenössische Nuklearsicher- U-Booten üblich, wird der Kernreaktor der- heitsinspektorat (Ensi) in Brugg ein in- art umschlossen sein, dass unter keinen Um- ternationales Symposium zu den aktuel- ständen radioaktives Material mit der Umge- len Herausforderungen in der nuklearen bung in Berührung kommt. Zudem schützen Sicherheit durchgeführt. Der Geehrte stabile Gitter die Anlage. Gemäss DCNS hin- wurde mit einem stehenden Applaus ver- terlassen Flexblue-Anlagen nur einen klei- abschiedet. nen ökologischen Fussabdruck: Einzig für die Kühlung verwendetes Meerwasser wird Zum Symposium mit dem Thema «Current an die Umgebung abgegeben. and Future Challenges for Nuclear Power Regulators» fanden sich am 20. Januar 2011 Nächste Schritte rund 240 Fachleute an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Brugg ein. Anwesend In den kommenden zwei Jahren will die waren zahlreiche hochrangige Vertreter nati- DCNS zusammen mit ihren drei Partnern das onaler und internationaler Nuklearaufsichts- Konzept weiterentwickeln. Darunter fallen behörden wie auch Fachleute aus den Kern- Marktanalysen, Wettbewerbsvergleiche mit kraftwerken und der Industrie. Durch das anderen Stromproduktionsmethoden, Sicher- Symposium führte André-Claude Lacoste, stellung der Nonproliferation sowie Unter- Präsident der französischen Autorité de Sûre- suchungen zur Sicherheit und Sicherung von té Nucléaire (ASN). ➜ Stromerzeugungsanlagen auf dem Meeres- grund. Russland baut schwimmendes Kernkraftwerk Russland verfolgt für dieselbe Anwendung eine andere Strategie. Bereits seit April 2007 laufen in Russland Bauarbeiten für ein schwimmendes Kernkraftwerk. Bei der Aka- demik Lomonosow genannten Einheit han- delt es sich um eine antriebslose Barke, die in entlegene Regionen geschleppt wird. Die Energie liefern zwei Reaktoreneinheiten des Typs KLT-40S mit einer elektrischen Brutto- Bulletin Nuklearforum Schweiz 2 / 2011 leistung von jeweils 35 MW. Im Juni 2010 wurde die Einwasserung der Akademik Lomonosow bei Sankt Petersburg gefeiert (E-Bulletin vom 28. Juli 2010). Die endgültige Montage soll 2011 zum Abschluss kommen. Verbesserung als Daueraufgabe: Ulrich 2012 sollen die Kernreaktoren mit Brennstoff Schmocker bei seiner Abschiedsrede beladen und an ihren Einsatzort gebracht am Symposium in Brugg. werden. (M.B. nach DCNS, Medienmitteilung Foto: Ensi und Dokumentation, 20. Januar 2011)
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