Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung | Gesundheitsschutz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung | Gesundheitsschutz Indexed in Medline, SCIE and SCOPUS Elektronischer Sonderdruck für H.-E. Wichmann Ein Service von Springer Medizin Bundesgesundheitsbl 2012 · 55:781–789 · DOI 10.1007/s00103-012-1499-y zur nichtkommerziellen Nutzung auf der privaten Homepage und Institutssite des Autors © Springer-Verlag 2012 H.-E. Wichmann · R. Kaaks · W. Hoffmann · K.-H. Jöckel · K.H. Greiser · J. Linseisen Die Nationale Kohorte www.Bundesgesundheitsblatt.de
Leitthema Bundesgesundheitsbl 2012 · 55:781–789 H.-E. Wichmann1 · R. Kaaks2 · W. Hoffmann3 · K.-H. Jöckel3 · K.H. Greiser2 · DOI 10.1007/s00103-012-1499-y J. Linseisen1 Online publiziert: 7. Juni 2012 1 Helmholtz-Zentrum München, Neuherberg © Springer-Verlag 2012 2 Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg 3 Universität Greifswald, Greifswald 4 Universitätsklinikum Essen, Essen Die Nationale Kohorte Chronische Krankheiten sind in Deutsch- zinische Untersuchungen, wiederholte tiiert wurden (vor bis zu 25 Jahren), als land ebenso wie in anderen westlichen Befragungen und Entnahmen von Blut- zahlreiche der heute üblichen Untersu- Industrieländern die Haupttodesursache. proben Informationen über die Studien- chungstechniken noch nicht verfügbar Durch den demografischen Wandel wird teilnehmer vor der eventuellen Diagno- waren. Des Weiteren werden bei einigen die Bedeutung dieser sogenannten Volks- se einer Krankheit gesammelt werden. der größeren deutschen Kohortenstudien krankheiten in den kommenden Jahr- Somit können für eine Vielfalt von Ge- die Bioproben der für die Forschung inte- zehnten weiter zunehmen und eine gro- sundheitszuständen oder Krankheits- ressanten Personen in den nächsten zehn ße Belastung für das Gesundheitssystem kombinationen (Multimorbidität) die bis 20 Jahren größtenteils aufgebraucht darstellen. Eine starke Erhöhung der Pa- Auswirkungen von Lebensstil, Umwelt sein. tientenanzahl wird besonders für Dia- und genetischer Konstellationen ge- Daher hat ein Netzwerk von Wissen- betes mellitus, Schlaganfälle, Lungen- meinsam untersucht und umfassend, va- schaftlerinnen und Wissenschaftlern aus erkrankungen, Krebs sowie neuropsych- lide und verlässlich quantifiziert werden. der Helmholtz-Gemeinschaft, den Uni- iatrische Erkrankungen erwartet [1]. Die Bisher gibt es in Deutschland einige versitäten, der Leibniz-Gemeinschaft und Folgen sind steigende Kosten für die Ku- mittelgroße Kohortenstudien mit zusam- der Ressortforschung deutschlandweit rativmedizin, Rehabilitation und Pfle- men etwa 100.000 bis 120.000 Teilneh- die Initiative zum Aufbau einer groß an- ge. Beispielsweise belaufen sich aktuelle mern. Zu nennen sind hier zum Beispiel gelegten, bevölkerungsbezogenen Lang- Schätzungen für die direkten kurativme- folgende Studien: CARLA (Cardiovascu- zeit-Kohortenstudie ergriffen [9]. Diese dizinischen Kosten von Herz-Kreislauf- lar Disease, Living and Ageing in Halle), Nationale Kohorte wird eine hoch stan- Erkrankungen auf 35 Mrd. Euro jährlich, EPIC (European Prospective Investiga- dardisierte und umfassende Datenbasis für die von Diabetes auf 5,6 Mrd. und für tion into Cancer and Nutrition in Heidel- liefern, die der Heterogenität der deut- die von Krebs 15 Mrd. Euro [1]. berg und Potsdam), KORA (kooperative schen Bevölkerung sowohl in Bezug auf Gesundheitsökonomische Analysen Gesundheitsforschung im Raum Augs- Risikofaktoren als auch auf die bedeu- zeigen, dass die Krankheitsvorbeugung burg), Heinz Nixdorf Recall Studie (Risk tendsten Erkrankungen Rechnung trägt. (Prävention) ein kostengünstigeres Mit- Factors, Evaluation of Coronary Calcifi- Die Nationale Kohorte zielt auch darauf tel als die kurative Medizin ist, um die cation and Lifestyle) in Essen und SHIP ab, ein breites Spektrum von Biomateria- Morbidität und Mortalität bei den meis- (Study of Health In Pomerania in Greifs- lien – auch wiederholt – zu sammeln und ten chronischen Erkrankungen zu sen- wald) [4, 5, 6, 7, 8]. Viele wurden jedoch für wissenschaftliche Analysen zur Ver- ken [2, 3]. unabhängig voneinander geplant und ha- fügung zu stellen. Auf diese Weise wird Zur Entwicklung effektiver Strate- ben unterschiedliche Studienelemente. die Bearbeitung einer Vielzahl von For- gien für die Prävention chronischer Daher können Daten aus den bestehen- schungsthemen mit ausreichender sta- Krankheiten besteht weiter großer den Kohortenstudien nur in einem ein- tistischer Power ermöglicht, was mit be- Forschungsbedarf. Als Grundlage hier- geschränkten Umfang zusammengefasst stehenden deutschen Kohorten nicht um- für sind exakte Daten über die Ursachen und für gemeinsame wissenschaftliche setzbar wäre (zur Berechnung der statisti- dieser Erkrankungen und über die Ef- Auswertungen genutzt werden. Zudem schen Power siehe [13]). fekte des Vermeidens oder Verringerns liegt der Median der Altersverteilung bei Ähnlich große Kohortenstudien in ihrer wichtigsten Risikofaktoren erfor- den Probanden in den meisten Studien Europa sind die UK Biobank in Groß- derlich. Diese Daten werden in epide- mittlerweile bei deutlich über 55 Jahren, britannien, CONSTANCES in Frank- miologischen Studien gewonnen; das sodass die frühe Entwicklung von Krank- reich und LifeGene in Schweden [10, 11, hierfür optimale Studiendesign ist die heiten oft nicht untersucht werden kann. 12]. Gegenüber diesen Studien wird die prospektive Kohortenstudie. Auf diese Hinzu kommt, dass viele der existieren- Nationale Kohorte einige Besonderheiten Weise können durch wiederholte medi- den Kohortenstudien zu einer Zeit ini- aufweisen, wie zum Beispiel die Bereit- Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012 | 781
Leitthema (COPD), Asthma) und Infektionskrank- heiten (vor allem bezüglich Atemwegs- system, Magen-Darm-Trakt und Mund- gesundheit). Neben den klinisch manifes- ten Erkrankungen steht die Untersuchung subklinischer Vorstufen (zum Beispiel durch Messung der kognitiven Funktion, der Lungenfunktion oder der Intima-Me- dia-Dicke der Halsschlagader) und funk- tioneller Veränderungen (zum Beispiel muskuloskelettale Untersuchungen) im Fokus. Zu den Risikofaktoren bzw. Ex- Abb. 1 9 Rekrutie- positionen, die besondere Beachtung fin- rungscluster (Kreise), den werden, zählen Lebensstilfaktoren Studienzentren und (zum Beispiel körperliche Aktivität und Rekrutierungsgebie- Fitness, Ernährung), psychosoziale und te der Nationalen Ko- sozioökonomische Faktoren sowie gene- horte tische Faktoren und Umweltbedingungen [13]. Beispiele für einzelne wissenschaftli- stellung hochwertiger Bioproben durch Wissenschaftliche che Fragestellungen, die sich mithilfe der eine hochgradig standardisierte Präanaly- Fragestellungen und Ziele Nationalen Kohorte beantworten lassen tik und automatische Lagerung, die wie- der Nationalen Kohorte werden, finden sich im wissenschaftlichen derholte Untersuchung aller Probanden Konzept der Nationalen Kohorte [13]. nach fünf Jahren, eine detaillierte Unter- Die Nationale Kohorte hat im Wesentli- suchung präklinischer Krankheitsstadien chen vier Hauptziele: Ausgangsbevölkerung und die Implementierung der Magnet F die Ursachen chronischer Krankhei- und Studienregion resonanztomographie (MRT) als zeitge- ten und ihren Zusammenhang mit mäße Bildgebungstechnik in der medizi- genetischen, Lebensstil- und Umwelt- Die Studienbevölkerung für die Nationa- nischen Forschung [13]. faktoren aufzuklären, le Kohorte wird in insgesamt 18 Studien- Das wissenschaftliche Konzept der Na- F neue Risikofaktoren zu identifizie- zentren über ganz Deutschland verteilt tionalen Kohorte wurde durch das Epide- ren und zur Aufklärung der bestehen- rekrutiert (. Abb. 1). Aus den regiona- miologische Planungskomitee (EPC) und den geografischen und sozioökono- len Einwohnermelderegistern wird eine das Projektmanagement Team – auf der mischen Ungleichheiten im Gesund- nach Alter und Geschlecht stratifizierte Basis intensiver Vorarbeiten der Themati- heitszustand und Krankheitsrisiko in Zufallsstichprobe der Allgemeinbevölke- schen Arbeitsgruppen – ausgearbeitet [14, Deutschland beizutragen, rung im Alter von 20 bis 69 Jahren gezo- 15]. Die Thematischen Arbeitsgruppen F Risikovorhersagemodelle für chro- gen, um insgesamt 200.000 Personen, da- bestehen nicht nur aus Epidemiologen, nische Erkrankungen zu entwickeln von 100.000 Frauen und 100.000 Männer, sondern aus Wissenschaftlern aus vielen und Wege einer wirksamen Vorbeu- zu untersuchen [13]. Es wird ein Betei- medizinischen Fächern sowie aus den Na- gung aufzuzeigen (personalisierte ligungsanteil von 50% angestrebt, das tur- und Geisteswissenschaften. Diese Ex- Präventionsstrategien) sowie heißt, die Einwohnermelderegisterstich perten wurden vom EPC ausgewählt, um F Möglichkeiten zur Früherkennung probe umfasst ca. 400.000 Personen bei spezifischen Themen, wie zum Bei- chronischer Krankheiten zu identi- (Bruttostichprobe). Die Ziehung dieser spiel den wichtigsten Krankheitsbildern fizieren (Evaluation von Markern als Stichprobe findet voraussichtlich zu zwei oder MRT, aus ihrer fachlichen Perspek- effektive Hilfsmittel zur Krankheits- Zeitpunkten statt, zu Beginn und nach tive heraus Ratschläge zum Einsatz geeig- prävention). 2,5 Jahren. neter Instrumente zu erhalten. Es erfolgt eine Anreicherung höherer Die Details des Konzepts zur Nationa- Folgende chronische Krankheiten spielen Altersgruppen. So sind die beiden Deka- len Kohorte sollen im Folgenden näher in der Nationalen Kohorte eine besonde- den 20–29 Jahre und 30–39 Jahre mit je vorgestellt werden. re Rolle: kardiovaskuläre Erkrankungen 10% in der Kohorte vertreten, die älteren (v. a. Herzinfarkt, Schlaganfall), Diabetes Dekaden mit einem Anteil von je 26,7%. mellitus, Krebs (vor allem Brust-, Darm-, Dieser höhere Anteil an 40- bis 69-Jähri- Prostata- und Lungenkrebs), neurodege- gen ist durch das größere Risiko gerecht- nerative und neuropsychiatrische Krank- fertigt, in diesem Alter chronische Krank- heiten (vor allem Demenz, Depression), heiten in der näheren Zukunft zu ent- Erkrankungen der Atemwege (vor allem wickeln. Um die Untersuchung früher chronisch obstruktive Lungenerkrankung Krankheitsstadien (intermediäre Phäno- 782 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012
Zusammenfassung · Abstract typen, frühe Funktionsstörungen, sub- Bundesgesundheitsbl 2012 · 55:781–789 DOI 10.1007/s00103-012-1499-y klinische Krankheitsstadien) zu ermög- © Springer-Verlag 2012 lichen, werden aber auch Personen ab H.-E. Wichmann · R. Kaaks · W. Hoffmann · K.-H. Jöckel · K.H. Greiser · J. Linseisen 20 Jahren eingeschlossen. Diese Vertei- lung nach Alter und Geschlecht wird in Die Nationale Kohorte jedem Studienzentrum gleich sein. Zusammenfassung Eine Unterstichprobe von 40.000 Per- Die Nationale Kohorte (NK) ist ein gemein- ein noch ausführlicheres Programm einge- sonen wird ein zusätzliches beziehungs- sames interdisziplinäres Vorhaben von Wis- setzt. Ferner werden etwa 40.000 Probanden senschaftlern aus der Helmholtz-Gemein- eine Untersuchung mittels Magnetresonanz- weise umfangreicheres Untersuchungs- schaft, den Universitäten und anderen For- tomographie (MRT) erhalten. Nach fünf Jah- programm durchlaufen. Diese Personen schungsinstituten in Deutschland. Ihr Ziel ren werden alle Teilnehmer nochmals unter- werden nach dem Zufallsprinzip ausge- ist es, die Entstehung der wichtigsten chro- sucht. Postalische Nachbefragungen zur Ge- wählt, jedoch entsprechend der prozen- nischen Krankheiten (Krankheiten des Herz- sundheitssituation werden alle zwei bis drei tualen Alters- und Geschlechtsverteilung Kreislauf-Systems und der Lunge, Diabetes, Jahre erfolgen. Mit der NK wird eine heraus- der Gesamtstichprobe. Die zufällige Zu- Krebs, neurodegenerative/-psychiatrische ragende Basis für die zukünftige epidemio- und Infektionskrankheiten), ihre subklini- logische Forschung in Deutschland geschaf- ordnung zu dieser Gruppe erfolgt vor der schen Vorstufen und auftretende funktionel- fen. Ihre Ergebnisse werden neue Möglich- Kontaktaufnahme, da sich das Informa- le Veränderungen zu untersuchen. Die NK soll keiten zur Prävention, Vorhersage und Früh- tionsmaterial für diese von dem für die 200.000 Männer und Frauen im Alter von 20– erkennung der wichtigsten Volkskrankhei- Basisgruppe unterscheidet. 69 Jahren umfassen, die in 18 Studienzentren ten eröffnen. Der gewählte Studienumfang stellt aus einer repräsentativen Stichprobe der Be- völkerung ausgewählt werden. Zusätzlich zu Schlüsselwörter einen Kompromiss dar, der auf Schät- Interviews und Fragebogenerhebungen wer- Bevölkerungsbezogene Kohorte · zungen der Zahl der Neuerkrankungen den eine Reihe medizinischer Untersuchun- Chronische Krankheiten · Lebensstilfaktoren · an wichtigen Krankheitsbildern und der gen durchgeführt und verschiedene Biopro- Magnetresonanztomographie · Subklinische Häufigkeit und Verteilung wichtiger Risi- ben gesammelt. Bei 20% der Personen wird Vorstufen · Funktionelle Veränderungen kofaktoren basiert. Zusätzlich sind natür- lich auch finanzielle Aspekte eingeflossen. Umfangreiche, komplexe Fallzahlab- The German National Cohort schätzungen sind im Anhang des Antrags Abstract dargestellt [13]. Beispielhaft werden nach The German National Cohort (GNC) is a joint is foreseen. Also in 40,000 participants, mag- zehn Jahren Follow-up folgende Zahlen interdisciplinary endeavour of scientists from netic resonance imaging of the whole body, an Neuerkrankungen erwartet: für Herz- the Helmholtz Association, universities and heart and brain will be performed. After 5 infarkt ca. 5000, für Diabetes ca. 9000, für other German research institutes. Its aim is to years, a follow-up examination will be per- investigate the development of major chron- formed in all subjects and active follow-up by Brustkrebs ca. 3600, für Lungenkrebs ca. ic diseases (cardiovascular diseases, cancer, postal questionnaires is planned every 2–3 1100. diabetes, neurodegenerative psychiatric dis- years. The GNC will provide an excellent ba- eases, pulmonary and infectious diseases), sis for future population-based epidemiology Rekrutierung der the subclinical stages and functional chang- in Germany and results will help identify new es. In 18 study centres across Germany, a rep- and tailored strategies for prevention, predic- Studienteilnehmer resentative sample of the general population tion and early detection of major diseases. will be drawn to recruit in total 200,000 men Die Personen aus den Bevölkerungs- and women aged 20–69 years. In addition Keywords stichproben werden in einem mehrstufi- to interviews and questionnaires, the base- Population-based cohort · Chronic disease · gen Einladungsverfahren in die Studien- line assessment includes a series of medical Life-style factors · Magnet resonance zentren eingeladen. Als Erstes wird eine examinations and the collection of a diverse imaging · Subclinical stages · Functional range of biomaterials. In 20% of the partici- changes schriftliche Einladung auf dem Postweg pants, an intensified assessment programme verschickt. Dieser Brief enthält ein Ein- ladungsanschreiben, eine Beschreibung der Ziele und Untersuchungselemen- te der Studie, den Hinweis auf die Zu- trums genannt, um Termine zu vereinba- rung Rechnung getragen, da sie nicht aus- stimmung des Datenschutzbeauftragten ren oder um zusätzliche Informationen schließlich tagsüber stattfinden, sondern und der Ethikkommission und mögli- erfragen zu können. Wenn innerhalb von auch abends und am Wochenende. cherweise Unterstützungsbriefe regiona- vier Wochen kein Kontakt hergestellt wer- Um eine hohe Teilnahme zu erreichen, ler Behörden und der Schirmherren des den konnte, wird eine Erinnerungseinla- werden verschiedene Maßnahmen ergrif- Projekts. Personen, deren Telefonnum- dung per Post geschickt zusammen mit ei- fen. Es wird Öffentlichkeitsarbeit betrie- mer aus öffentlichen Telefonbüchern be- ne\r vorgefertigten, frankierten Antwort- ben werden, um den Bekanntheitsgrad der kannt ist, werden im Verlauf der folgen- karte und mit Terminvorschlägen für den Nationalen Kohorte in der Bevölkerung zu den Tage vom Studienpersonal angeru- Besuch des Studienzentrums. Sowohl bei erhöhen. Dies beinhaltet auch die Infor- fen. Gleichzeitig wird den Personen die Telefonanrufen als auch Hausbesuchen mationsweitergabe an und die Integration Telefonnummer des lokalen Studienzen- wird dem Anteil der arbeitenden Bevölke- regionaler Allgemeinärzte und Apothe- Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012 | 783
Leitthema Tab. 1 Nationale Kohorte: Studiendesign und Zeitplan befragt, medizinisch untersucht und um Studiendesign die Abgabe von Biomaterialien gebeten. – Bevölkerungsbezogene prospektive Kohorte (Männer und Frauen) Die Befragung erfolgt über ein compu- – Alter 20 bis 69 Jahre tergestütztes persönliches Interview so- – Zufallsstichprobe von Einwohnern definierter geografischer Regionen wie mittels Fragebögen, die zum Teil im – 18 Studienzentren Untersuchungszentrum am Touchscreen- – Level 1, n=200.000 Computer ausgefüllt werden und zum Teil – Level 2, n=40.000 von zu Hause im Internet oder als Papier- – Level 3, n=variabel (Zusätzliche Forschungsfragen mit zusätzlicher Finanzierung) version ausgefüllt werden können. Eine – Magnetresonanztomographie (MRT)-Programm, n=40.000 Folgeuntersuchung (Nachuntersuchung) – Basisuntersuchung mit Interviews, Fragebogen-Modulen, körperlicher Untersuchung, Tests der aller Probanden ist nach fünf Jahren ge- kognitiven Funktion, Sammlung von Bioproben (Blut, Urin, Speichel, Nasenabstriche, Stuhl) plant, ergänzt durch postalische Befra- 2,5 Stunden Untersuchungsprogramm für Level 1 und gungen (Nachbeobachtung) alle zwei bis 4 Stunden intensiviertes Untersuchungsprogramm für Level 2 drei Jahre. Die Durchführung der Basis- – Nach 5 Jahren Folgeuntersuchung bei allen Studienteilnehmern und Folgeuntersuchung wird insgesamt – Kalibrierungs-Substudie (Messungswiederholungen sowohl innerhalb der Basisuntersuchung als zehn Jahre umfassen (. Tab. 1). Die im auch der Folgeuntersuchung) Laufe der Nachbeobachtung über weitere – Kombination von aktiver (postalische Fragebögen alle 2–3 Jahre) und passiver Nachbeobachtung zehn bis 20 Jahre bei einigen Teilnehmern (Verknüpfung mit Registern) auftretenden Erkrankungen können dann Zeitplan mit den zuvor zur Basisuntersuchung bzw. – 2009–2012 Planung, Pretests zur Folgeuntersuchung erhobenen Daten – 2013 Pilotstudie in Verbindung gebracht werden. – 2013–2017 Basisuntersuchung – 2018–2022 Folgeuntersuchung Basisuntersuchung – Ab 2015 Aktive Nachbeobachtung, alle 2–3 Jahre (Fragebögen per Post) – Ab 2018 Nutzung für epidemiologische Studien In der Intensitätsstufe 1 (Level 1), die von allen 200.000 Teilnehmern durchlaufen Tab. 2 Nationale Kohorte: Fragebögen wird und ca. 2,5 Stunden dauert, werden Allgemeine Fragebögen Spezielle Fragebögena Interviews und Fragebögen (. Tab. 2) – Soziodemografische und sozioökonomische – Neurologische und psychiatrische Faktoren sowie verschiedene Untersuchungsver- Faktoren (Symptomfragebögen zu Depression, Angststö- fahren (. Tab. 3) eingesetzt. In der Be- rung, Kopfschmerz und Schlaf) fragung werden Informationen zu so- – Medizinische Anamnese – Psychosoziale Faktoren (Persönlichkeit, chroni- ziodemografischen Faktoren, zu Lebens- scher Stress, Trauma, beruflicher Stress, soziales gewohnheiten (zum Beispiel körperliche Netzwerk; Konflikte im Beruf und in der Familie, Aktivität, Rauchen, Ernährung, Beruf), zu berufliche Unsicherheit) psychosozialen und sozioökonomischen – Familienanamnese – Infektionen und Immunfunktion Faktoren, zur medizinischen Anamnese – Medikation der letzten sieben Tage – Schmerzen im Muskel-Skelett-System und zur Familienanamnese erhoben. – Teilnahme an Screening-Untersuchungen – Mundgesundheit Die Untersuchungen umfassen Mes- – Frauen-/Männergesundheit – Körperliche Aktivität (Beruf, Freizeit, Sport) sungen anthropometrischer Indizes, des – Rauchen, Alkohol, weitere Drogen – Ernährung Blutdrucks, der arteriellen Steifigkeit, ein – Gesundheitsbezogene Lebensqualität – Umweltfaktoren (Wohnungsadresse, Berufs- Elektrokardiogramm (EKG), eine Spiro- adresse) metrie, Messungen der körperlichen Ak- – Weitere persönliche Charakteristika – Beruf (Screening spezieller Arbeitsbedingun- tivität (Akzelerometrie) und Fitness, der gen) kognitiven Funktionen und die Erfassung – Nutzung des Gesundheitssystems (Arzt besuche, Krankenhausaufenthalte) des Zahnstatus. Ein weiteres wichtiges aDie Machbarkeit wird derzeit zum Teil noch erprobt. Element ist die Sammlung von Biomate- rialien von allen Teilnehmern. Die Proto- kolle zur Probenentnahme und Lagerung ken sowie die Einrichtung eines Service- Basisuntersuchung, einschließlich der La- von Aliquots werden so geplant, dass sie telefons und einer Homepage im Inter- bordaten. die größtmögliche Auswahl für zukünf- net. Zudem wird es Informationskampa- tige Laboranalysen erlauben. Die Biopro- gnen in Printmedien, Radio und Fernse- Das Untersuchungsprogramm ben umfassen Blutproben, Plasma, Se- hen geben. Wichtige Anreize für die in- rum, Dimethylsulfoxid-präparierte leben- dividuelle Teilnahme stellt beispielsweise Die Studienteilnehmer werden bei ihrem de weiße Blutzellen (in einer Untergrup- die Mitteilung der eigenen Ergebnisse der Besuch im Studienzentrum ausführlich pe), Erythrozyten, Urin, Speichel, Nasen- 784 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012
Tab. 3 Nationale Kohorte: Untersuchungsmodule und Bioproben Der Zeitraum, in dem die Folgeunter- Untersuchungsmodulea Bioprobena suchungen durchgeführt werden, beträgt – Herz-Kreislauf-System [Blutdruck, Herzfre- – Biomaterialien [Serum, Blut, Plasma, Erythro- – analog zur Basisuntersuchung – fünf quenz, EKG (10 s, 12 Ableitungen; 24 h), Carotis- zyten, Desoxyribonukleinsäure (DNA), Ribonuk- Jahre, sodass im Mittel jede Person fünf Sonographie (Intima-Media-Dicke)] leinsäure (RNA), lebende Zellen, Urin, Speichel, Jahre nach Eintritt in die Studie ein zwei- Nasenabstrich, Stuhl] tes Mal untersucht werden kann. Auf Ba- – Diabetes [Oraler Glukose-Toleranz-Test (OGTT), – Umfang: 20 Mio. Aliquots, 100 Aliquots pro sis der Erfahrungen aus anderen deut- Advanced-Glycation-Endproducts (AGE)-Mes- Proband schen Kohortenstudien, wird bei der Fol- sung der Haut] geuntersuchung von einer Beteiligung – Kognitive Funktion (Testbatterie) – Zentrales Biorepository (insgesamt 2/3 aller von 80% ausgegangen [4, 5]. Proben, dabei 1/6 im automatischen Lager, 1/2 im zentralen Flüssigstickstoff-Lager) In der Folgeuntersuchung wird ein – Lungenfunktion (Spirometrie, exhaliertes – Regionale Flüssigstickstoff-Lagerung (1/3 aller großer Teil der Untersuchungen aus der Stickstoffmonoxid) Proben) Basisuntersuchung erneut durchgeführt. – Muskel-Skelett-System (medizinische Unter- Magnetresonanztomographie (MRT)a In dieser werden Veränderungen bei den suchung) Risikofaktoren, bei quantitativen Parame- – Mundgesundheit (Zahnstatus, Untersuchung – Ganzkörper-MRT tern der präklinischen Morbidität und bei der Mundhöhle) anderen funktionellen Parametern sowie – Sinnesorgane (Augenuntersuchung, Hörtest, – Herz-MRT neu aufgetretene Krankheitsdiagnosen er- Riechtest) fasst. – Körperliche Aktivität und Fitness (7-Tage-Ak- – Gehirn-MRT zelerometrie, kardiorespiratorischer Fitness-Test, Handgreifstärke) Kalibrierungs-/ – Anthropometrie (Körpergewicht, Körpergröße, Reliabilitäts-Substudie Taillen- und Hüftumfang) aDie Machbarkeit wird derzeit zum Teil noch erprobt. Zusätzlich zur mittelfristigen (Fünf-Jah- res-)Wiederholung von Messungen im Rahmen der Folgeuntersuchung werden abstriche und Stuhlproben, die in einem lung sowie ihre zeitlichen Veränderungen Kurzzeit-Wiederholungsmessungen in- zentralen Biorepository mit dezentraler darzustellen. Diese Datenbasis wird ver- nerhalb eines Jahres (im Mittel 6 Mona- Backup-Lagerung langfristig gelagert wer- wendet, um neue morphologische, MRT- te) nach der Erstuntersuchung durchge- den (. Tab. 3). basierte Risikomarker für verschiede- führt. Sie werden an einer Subgruppe von In der Intensitätsstufe 2 (Level 2) wird ne Krankheitszustände und subklinische 6000 Personen aus der Basisuntersuchung bei einer repräsentativen Untergruppe morphologische und funktionelle Verän- und von 4000 Personen aus der Folge- der Kohorte (20%, 40.000 Teilnehmer) derungen zu identifizieren. untersuchung durchgeführt. Diese Kali- ein umfangreicheres Untersuchungs- Schließlich sind zusätzlich „Le- brierungs-/Reliabilitäts-Substudien die- programm von insgesamt vier Stunden vel 3“-Studien mit weiteren vertiefenden nen dazu, intraindividuelle Zufallsvaria- durchgeführt (. Tab. 1). Zusätzlich zu Untersuchungen oder gesundheitlichen tion bei den unterschiedlichen Messun- den Untersuchungen aus Level 1 sollen Endpunkten möglich. Voraussetzung ist gen zu bestimmen, um bei den statisti- eine Carotis-Sonographie mit Messung allerdings, dass sie unabhängig finanziert schen Auswertungen Korrekturen für Ab- der Intima-Media-Dicke, ein Langzeit- werden und nicht mit dem Level-1- und schwächungseffekte zu ermöglichen, die EKG und erweiterte motorische, sensori- Level-2-Programm kollidieren. sich aus der zufälligen Fehlklassifizierung sche und kognitive Funktionstests durch- Für die Rekrutierung und Basisunter- ergeben. geführt werden. Außerdem wird ein Mar- suchung aller 200.000 Studienteilnehmer ker für Atemwegsentzündung gemessen, ist ein Zeitraum von fünf Jahren vorgese- Methoden der Nachbeobachtung es werden die Mundhöhle und der Bewe- hen. (Follow-up) gungsapparat untersucht und zusätzliche Fragebögen eingesetzt. Folgeuntersuchung Neben den beiden Untersuchungen (Ba- Ein weiterer Programmpunkt ist die nach fünf Jahren sis- und Folgeuntersuchung) im Studien- Magnetresonanztomographie (MRT). zentrum werden die Studienteilnehmer Diese wird an ca. 40.000 Personen durch- Alle Teilnehmer der Nationalen Kohorte alle zwei bis drei Jahre kontaktiert und geführt und umfasst eine Ganzkörper- werden zu einer Folgeuntersuchung fünf gebeten, Kurzfragebögen auszufüllen. untersuchung mit zusätzlichen speziellen Jahre nach der Basisuntersuchung einge- Mit dieser werden Veränderungen im Le- Untersuchungselementen für Gehirn und laden. Es werden auch Probanden nach- bensstil und anderer gesundheitsrelevan- Herz. Die MRT-Untersuchungen werden verfolgt, die inzwischen nicht mehr in ter Charakteristika (Medikamentenein- umfassende Daten liefern, die es gestatten, ihrer ursprünglichen Studienregion woh- nahme, Rauchen, Menopause, ausgewähl- die Prävalenz und Inzidenz MRT-basier- nen; diese werden dann im nächstgelege- te Krankheitssymptome) und das Neu- ter Befunde und ihre räumliche Vertei- nen Studienzentrum untersucht. auftreten ausgewählter, wichtiger Erkran- Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012 | 785
Leitthema kungen erfasst („aktives“ Follow-up), und fehlungen des Deutschen Ethikrats zu die zentrale Datenspeicherung und zu- es wird für wichtige Entitäten durch Ein- Forschungsbiobanken [17] sowie ande- gehörige Datenqualitätsüberprüfungen sichtnahme in medizinische Unterlagen re ethisch relevante Richtlinien zugrun- verantwortlich. Zusätzlich wird es soge- validiert. Bei Krebserkrankungen wird ein de gelegt. Wichtiges Ziel ist die Sicherstel- nannte Kompetenzeinheiten zur Bearbei- Abgleich mit existierenden Krebsregistern lung des Vertrauens in die Art der Daten- tung komplexer Studiendaten (zum Bei- durchgeführt („passives“ Follow-up). Pa- sammlung und Speicherung. Das Kon- spiel Akzelerometrie-Daten, EKG-Daten) rallel dazu wird alle zwei bis drei Jahre ein zept der Nationalen Kohorte wurde in en- geben, die auch für die jeweiligen quali- Mortalitäts-Follow-up mithilfe der Ein- ger Abstimmung mit dem „Arbeitskreis tätssicherungsbezogenen Aspekte zustän- wohnermelderegister durchgeführt. Wissenschaft“ der Datenschutzbeauftrag- dig sind. Darüber hinaus wird eine Verknüp- ten auf Grundlage der Empfehlungen des Für das externe Qualitätsmanage- fung mit weiteren Sekundärdaten zur ge- Deutschen Ethikrats zu Biomaterialien ment wird eine unabhängige Experten- sundheitlichen Situation und Versorgung entwickelt. Vor Beginn der Rekrutierung gruppe beauftragt werden. Diese evalu- angestrebt, zum Beispiel mit Krankenver- wird die finale Fassung des Studienproto- iert engmaschig und systematisch die in- sicherungsdaten. kolls umfassend durch die jeweils verant- ternen Qualitätssicherungsprozesse und Für die interne Validität der Ergeb- wortlichen Datenschutzbeauftragten und leitet bei Auffälligkeiten die Informatio- nisse aus der Nationalen Kohorte ist eine Ethikkommissionen überprüft. Ein exter- nen über notwendige Korrekturen rasch möglichst geringe Ausfallrate (loss to fol- ner Ethikbeirat wird die Kohorte während an die zuständigen Stellen weiter. Sowohl low-up) entscheidend. Aufgrund der sehr ihrer gesamten Laufzeit begleiten. die interne als auch die externe Qualitäts- positiven Erfahrungen in bestehenden sicherung werden ihre Erkenntnisse in deutschen Kohortenstudien wird auch Qualitätssicherung Berichten dokumentieren. für die Nationale Kohorte von einer Be- und -kontrolle teiligungsrate an der Nachbeobachtung Bisherige Ergebnisse von über 80% ausgegangen. Von beson- Um sicherzustellen, dass die Nationale und aktueller Stand derer Bedeutung ist hierfür die kontinu- Kohorte im Ganzen einschließlich Daten- ierliche Kommunikation mit den Studien- erhebung und Umgang mit den Daten so- Die Vorarbeiten zur Nationalen Kohor- teilnehmern. wie der Biomaterialgewinnung, -aufberei- te laufen seit 2009. Ihr wissenschaftliches tung und -lagerung von standardisiert ho- Konzept wurde im Februar 2011 beim Lagerung von Biomaterialien her Qualität ist – sowohl über die Zeit als Bundesministerium für Bildung und For- (Biobanking) auch über die 18 Studienzentren hinweg schung (BMBF) zur Begutachtung einge- –, wird ein Qualitätsmanagementsystem reicht. Die Begutachtung durch ein inter- Der größte Teil der Bioproben, die wäh- etabliert werden. Eine Zertifizierung ge- nationales Gremium erfolgte im April rend der Basisuntersuchung und der mäß ISO 9001 wird angestrebt. Es wird 2011. Alle wesentlichen Eckpunkte der Nachuntersuchung gesammelt werden, sowohl ein internes als auch ein externes Studie wurden von den Gutachtern sehr wird in einer zentralen Biobank (Biore- Qualitätsmanagement geben. positiv bewertet. pository) der Nationalen Kohorte einge- Für die Erhebung werden ausschließ- Derzeit werden an den beteiligten Stu- lagert, die am Helmholtz-Zentrum Mün- lich standardisierte Instrumente einge- dienzentren Machbarkeitsstudien (Pre- chen eingerichtet wird und ein vollauto- setzt, und alle Untersuchungen werden tests) durchgeführt. Eine Gruppe von et- matisches Lagersystem und ein manuelles anhand detailliert beschriebener Vor- wa 2000 Probanden, die über eine nach Lager in Flüssigstickstoff-Tanks umfasst. gehensweisen, das heißt anhand soge- Alter und Geschlecht stratifizierte Ein- Eine zusätzliche lokale Back-up-Lagerung nannter Standard Operating Procedures wohnermeldeamtsstichprobe ausgewählt (in den Clustern beziehungsweise Stu- (SOPs), durchgeführt. Das durchführen- wird, wird analog der geplanten Basis- dienzentren) ist für ein Drittel der Pro- de Personal wird umfangreich geschult untersuchung in den Studienzentren be- ben geplant (. Tab. 3). Für alle inziden- und für jedes einzelne Element in der Er- fragt und medizinisch untersucht; auch ten Fälle wichtiger Krebserkrankungen hebung zertifiziert. Über den Zeitverlauf wird die Abnahme von Biomaterialien ist die systematische Sammlung von Tu- werden in regelmäßigen Abständen wie- getestet. Ziel der Machbarkeitsstudien ist morgewebe vorgesehen, das in einer zen- derholte Trainings und die Erneuerung es, zentrale Funktionseinheiten (zum Bei- tralen Tumorbank am Deutschen Krebs- der Zertifizierung stattfinden. Ebenso spiel Management der Bioproben, Daten- forschungszentrum in Heidelberg gelagert erfolgt eine standardisierte Dokumenta- management und Qualitätskontrolle) ein- werden wird. tion der Abläufe im Studienzentrum. Un- zurichten sowie Arbeitsabläufe zu entwi- angekündigte Besuche zur Überprüfung ckeln, zu testen und auf ihre Machbarkeit Ethik und Datenschutz der Abläufe und Untersuchungen im Stu- hin zu prüfen. Des Weiteren werden bei- dienzentrum werden durch ein internes spielsweise verschiedene Instrumente zur Die Nationale Kohorte wird auf der Qualitätssicherungsteam durchgeführt Datenerhebung und medizinische Unter- Grundlage der deutschen Datenschutz- werden. Die Qualitätskontrolle der Daten suchungsgeräte auf ihre Verwendbar- gesetze [16] und weiterer Vorschriften erfolgt auf lokaler und zentraler Ebene. keit und Praktikabilität in großen popu- durchgeführt. Ferner werden die Emp- Die beiden Integrationszentren sind für lationsbezogenen Kohortenstudien, ein- 786 | Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012
schließlich ihre Akzeptanz bei den Pro- lität und Diversität der gesammelten Bio- 4. Greiser KH, Kluttig A, Schumann B et al (2005) Car- diovascular disease, risk factors and heart rate va- banden, getestet, um die Auswahl der am materialien und (iv) der Durchführung riability in the elderly general population: de- besten geeigneten Instrumente zu ermög- einer MRT-Untersuchung bei 40.000 Per- sign and objectives of the Cardiovascular disease, lichen und vorhandene Instrumente spe- sonen (und der damit einhergehenden Living and Ageing in Halle (CARLA) Study. BMC Cardiovasc Disord 5:33 ziell für die Studienzwecke anzupassen. Erstellung einer Datenbank zur Bildge- 5. Bergmann MM, Bussas U, Boeing H (2000) Fol- Anhand der Empfehlungen der Gut- bung). low-up procedures in EPIC Germany – data quality achter und auf Basis der Ergebnisse der Limitationen einer so breit angelegten aspects. Ann Nutr Metab 43(4):225–234 6. Holle R, Happich M, Lowel H, Wichmann HE (2005) Machbarkeitsstudien ist das Konzept für Kohorte sind, dass (i) die Gesamtzahl KORA – a research platform for population based die Nationale Kohorte bis zum Frühjahr komplexer und teurer Untersuchungsins- health research. Gesundheitswesen 67(Suppl 2012 überarbeitet worden und im Mai trumente aus Zeit- und Kostengründen 1):19–25 7. John U, Greiner B, Hensel E et al (2001) Study of 2012 erneut begutachtet worden. Im Jahr eingeschränkt ist, (ii) sehr aufwändige Health In Pomerania (SHIP): a health examination 2013 ist die Durchführung der Pilotstudie Verfahren zum Erreichen einer hohen Be- survey in an east German region: objectives and geplant, die dann bereits das volle Unter- teiligung, nicht möglich sind und (iii) die design. Soz Praventivmed 46:186–194 8. Erbel R, Möhlenkamp S, Moebus S et al (2010) Co- suchungsprogramm für die Hauptstudie Logistik und Qualitätssicherung durch ronary risk stratification, discrimination, and re umfasst. Nach kleineren Korrekturen, die die große Zahl von Studienzentren kom- classification improvement based on quantifi- sich aus den Erfahrungen der Pilotstudie pliziert wird. cation of subclinical coronary atherosclerosis: the Heinz Nixdorf Recall study. J Am Coll Cardiol ableiten lassen, wird zügig mit der Haupt- Insgesamt überwiegen nach Ansicht der 56:1397–1406 phase begonnen werden. Autoren die Vorteile gegenüber den Li- 9. Nationale Kohorte (2012) Nationale Kohorte. Ab 2013 sollen für die ersten zehn Jah- mitationen deutlich. Die Nationale Ko- http://www.nationale-kohorte.de/index.html 10. UK Biobank (2012) UK Biobank. http://www.ukbio- re die benötigten Fördermittel zur Rekru- horte stellt eine wichtige Investition in bank.ac.uk/ tierung der Probanden gemeinsam vom die Zukunft dar, wird von großem Nutzen 11. Constances (2012) Constances. http://www.cons- BMBF, der Helmholtz-Gemeinschaft und für die medizinische Forschung sein und tances.fr/index.php?option=com_ rokdownloads &view=folder&Itemid=126&id=237%3Aannexes- den Ländern zur Verfügung gestellt wer- wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung du-protocole-de-la-phase-pilote&limitstart=10 den. der Gesundheit der Bevölkerung liefern. 12. LifeGene (2012) LifeGene. http://www.lifegene.se/ Die Nutzung von Daten und Biopro- Forscientists/Questionnaire-Overview/ 13. Nationale Kohorte (2012) Wissenschaftliches Kon- ben für epidemiologische Auswertungen Korrespondenzadresse zept. http://www.nationale-kohorte.de/content/ kann beginnen, sobald die Basisuntersu- wissenschaftliches_konzept_der_nationalen_ko- chung (einschließlich Qualitätssicherung) horte.pdf Prof. Dr. Dr. H.-E. Wichmann 14. Nationale Kohorte (2012) EPC-Mitglieder. http:// abgeschlossen ist. Insgesamt soll die Na- Helmholtz-Zentrum München www.nationale-kohorte.de/content/epc-mitglie- tionale Kohorte der Forschung für eine Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg der.pdf wichmann@helmholtz-muenchen.de 15. Nationale Kohorte (2012) Thematische Arbeits- Periode von mindestens 25–30 Jahren zur gruppen. http://www.nationale-kohorte.de/con- Verfügung stehen. tent/thematisch-ags.pdf Danksagung. Wir danken den vielen Wissenschaft- 16. Bundesdatenschutzgesetz (2010) Bundesdaten- Fazit lerinnen und Wissenschaftlern, die durch ihre Beteili- schutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung gung an den Thematischen Arbeitsgruppen maßgeb- vom 14. Januar 2003 (BGBl. I S. 66), das zuletzt lich an der Konzeptentwicklung der Nationalen Ko- durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 Die Nationale Kohorte wird wesentlich horte mitgewirkt haben. Für die Mitwirkung an dem (BGBl. I S. 2814) geändert worden ist. http://www. dazu beitragen, neue und zielgenaue vorliegenden Artikel danken wir Frau Dipl.-Geol. Inke gesetze-iminternet.de/bundesrecht/bdsg_1990/ Thiele, MPH. Des Weiteren sind wir den Mitarbeiterin- gesamt.pdf Strategien zur Prävention, Vorhersage nen und Mitarbeitern, die lokal und überregional am 17. Deutscher Ethikrat (2010) Humanbiobanken für und Früherkennung von chronischen Aufbau der Infrastruktur und der Durchführung der die Forschung. Stellungnahme. http://www.ethik Krankheiten zu entwickeln. Ihr Beitrag Pretests beteiligt waren, zu großem Dank verpflichtet. rat.org/dateien/pdf/stellungnahme-humanbio- banken-fuer-die-forschung.pdf wird durch vielfältige Synergien mit den Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor deutschen Zentren für Gesundheitsfor- gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes- schung, die an vielen Standorten Patien- senkonflikt besteht. tenkohorten aufbauen, noch verstärkt werden. Die Nationale Kohorte stellt eine hervorragende Basis für die zukünftige Literatur epidemiologische Gesundheitsforschung in Deutschland dar und hebt sich im Ver- 1. Robert Koch-Institut (Hrsg) (2006) Gesundheit in Deutschland. Gesundheitsberichterstattung des gleich zu großen internationalen Kohor- Bundes. Robert Koch-Institut, Berlin tenstudien in besonderer Weise ab, ins- 2. Van Baal P, Polder J, Wit A de et al (2008) Lifetime besondere hinsichtlich (i) der verstärkten medical costs of obesity: prevention no cure for in- creasing health expenditure. PLoS Med 5(2):29 Erfassung subklinischer Krankheitsmerk- 3. Rappange DR, Brouwer WB, Rutten FF, Baal PH van male und funktioneller Messungen (in (2010) Lifestyle intervention: from cost savings to Ergänzung zu den klinischen Endpunk- value for money. J Public Health 32:440–447 ten), (ii) einer Nachuntersuchung aller 200.000 Studienteilnehmer, (iii) der Qua- Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 6/7 · 2012 | 787
Sie können auch lesen