C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020

 
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C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
C 3428

Zeitschrift der GEW Hamburg
Juli-August 7-8/2020
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Kari: Cordula Ströble Kitiratschky
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Wahlprogramm werben sie da-
                                                                              für, dass Kinder und Jugendliche
                                                                              optimal zu fördern sind und man
                                                                              deshalb in der Inklusion eine
                                                                              stärkere Ausrichtung auf För-
hlz-Notiz 

                                                                              der- statt Feststellungsdiagnos-
                                                                              tik brauche. Nichts davon findet
                                                                              man im Koalitionsvertrag.
                                                                                 Weiterbildung wird zwar oft
                                                                              erwähnt und gelobt, so soll es
                                                                              eine Hamburger Weiterbildungs-
                                                                              strategie geben und die Erwach-
                                                                              senenbildung soll an einem Ort
                                                                              gebündelt werden. Was das je-
                                                                              doch heißt, bleibt völlig unkon-
                                                                              kret. Die GEW erwartet von der
    Der Rot-Grüne Koalitionsver-         der bereits angekündigten Erhö-      Koalition, dass die Beschäftigten
 trag liegt vor. Aus Sicht der GEW       hung der Besoldung der Grund-        und ihre Gewerkschaften an der
 stellt er bedauerlicherweise nur        schullehrkräfte in drei Stufen von   Entwicklung einer Weiterbil-
 einen Schritt vor, jedoch viele zu-     A12 auf A13 bis zum 01.08.2023       dungsstrategie entscheidend be-
 rück dar.                               fest. Das haben wir als GEW lan-     teiligt werden und dass endlich
    Bereits in der Präambel zum          ge gefordert und sehen dies als      faire tarifliche Arbeitsverhält-
 schulpolitischen Abschnitt wird         guten Schritt, die Ausbildung        nisse für alle Lehrkräfte in der
 deutlich, wie weit die Handeln-         und Arbeit der Kolleginnen und       Erwachsenenbildung geschaffen
 den mittlerweile von den Her-           Kollegen anzuerkennen. Um in         werden.
 ausforderungen im Schuldienst           allen Schulformen erstklassige          Bei den Ausführungen zur
 entfernt sind. Dort heißt es, dass      Lehrkräfte zu haben, ist eine        Wissenschaft fällt auf, dass die
 das durch Corona bedingte „Aus-         gleiche Eingangsbesoldung we-        von uns gelobten Punkte aus
 setzen des Präsenzunterrichts           sentlich.                            dem Grünen Wahlprogramm
 […] im Regelfall gut“ gelinge.             Auf das wirklich wichtige The-    – eine Novellierung des Hoch-
 Statt die Belastung der Kolleg_in-      ma der seit Jahren andauernden       schulgesetzes hin zu mehr
 nen anzuerkennen, wird hier             Arbeitszeitüberlastung der an        Demokratisierung und ein ver-
 eine Behauptung aufgestellt,            Schule Beschäftigten geht der        stärktes Eintreten für bessere
 die mit der schulischen Realität        Koalitionsvertrag nicht ein. Mit     Arbeitsbedingungen in der Wis-
 nichts zu tun hat! Die Ergebnis-        dem Satz der Koalitionäre, dass      senschaft – überhaupt nicht auf-
 se unserer Umfrage widerlegen           man am Lehrer_innenarbeits-          tauchen. Wir erwarten, dass die
 klar die Auffassung, dass keine
 zusätzliche Arbeit anfalle.             Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt,
    Darüber hinaus steht die Stadt       Sven Quiring
 Hamburg nicht zu ihrer 2011
 durch den damaligen Bürger-
 meister Olaf Scholz schriftlich         Visionen nicht angesagt
 garantierten Zusage, die Tarif-         zeitmodell festhalten will, steht    Verstetigung der Bundesmittel
 ergebnisse zeit- und wirkungs-          zu befürchten, dass die Aufga-       im ‚Zukunftsvertrag Studium und
 gleich auf die Besoldung und            ben weiter erhöht werden und         Lehre stärken‘ zu deutlich mehr
 Versorgung zu übernehmen.               z.B. die Überarbeitung oder Eva-     unbefristeten Stellen führt und
 Für die damalige Zusage haben           luation der Lehrerarbeitszeitver-    dass in den Ziel- und Leistungs-
 die Beamtinnen und Beamten              ordnung auf den Sankt-Nimmer-        vereinbarungen des Senats mit
 in Hamburg die Kürzung von              leins-Tag verschoben wird. Dass      den Hochschulen ein Ausschluss
 Sonderzahlungen und weitere             hier keine Umkehr stattfindet, ist   sachgrundloser      Befristungen
 strukturelle Einschnitte hinneh-        eine Missachtung der Arbeit der      und eine feste Quote an Dau-
 men müssen. Die Stadt Hamburg           Lehrkräfte, wie wir sie schon lan-   erstellen für Daueraufgaben in
 begeht ihren Beamtinnen und             ge nicht erlebt haben.               Lehre und Forschung festge-
 Beamten gegenüber Wortbruch                Auch der pädagogische Bil-        schrieben werden.
 und macht so die mangelnde              dungsteil bietet kaum Innovati-        Wir wünschen euch nach die-
 Wertschätzung gegenüber deren           onen. Die GRÜNEN haben sich          sen schwierigen Wochen ein
 Arbeit sehr deutlich.                   in den letzten Jahren stark für      paar erholsame Sommertage!
    Der Koalitionsvertrag hält an        die Inklusion engagiert. In ihrem

 hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                   3
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
GEW
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                                                                             4. Zwischenbilanz ———————————————————   10
                                                                             Kein Feuer ————————————————————————— 12
                                                                             Koalitionsvertrag

                                                                             Entgrenzung der Arbeit ——————————————— 14
                                                                             Umfrage

                                                                             Informationsplattform ———————————————— 18
                                                                             FAQ’s

                                                     Foto: Stefan Gierlich
                                                                             Lageberichte ——————————————————————— 21
                                                                             Corona am Arbeitsplatz

                                                                             Freigabe nicht ohne Risiko ———————————— 28
                                                                             Kita
            Umfrage                                         Seite 14
              Das Ergebnis der Umfrage unseres Landesver-
                                                                                             ————————————————————— 31
                                                                             Offene Liste
            bandes ist eindeutig: Der überwiegende Teil der                  In einem Boot —
            Kolleg_innen arbeitet im Rahmen des Multitasking
            von Home- und Präsenzbeschulung 20 Prozent
            mehr.

            Corona                                          Seite 10
              Die Gefahr ist leider noch nicht gebannt. Die
            Schulbehörde täte gut daran, sich an den Vorstel-
            lungen der GEW zu orientieren und entsprechend
            Vorsicht walten zu lassen.

            Koalitionsvertrag                               Seite 12
              Was die neue Regierung sich vorgenommen hat,                   Magazin
            zeigt deutlich die Handschrift der SPD. Die Grünen
            wirken eher wie ein Appendix, so dass der Eindruck
            vorherrscht, bildungspolitisch genießt ein ‚Weiter
                                                                             Kino
                                                                             Wenn wir wieder dürfen —
                                                                                                    —————————————     57
            so‘ höchste Priorität.
                                                                             Vorder- statt Hintergrund —————————————— 58
                                                                             Migration

            Studierende                                     Seite 46
                                                                             Darktown —————————————————————————— 62
              Wenn in der Wissenschaft der Diskurs im Zent-                  Ferienlektüre
            rum stehen soll, dann ist die jetzige Situation des zu
            Hause Arbeitens mehr als unbefriedigend. Öffnet

                                                                             Dumisani Mabaso ——————————————————— 69
            die Hochschulen – sofort! so die Forderung.                      Nachruf
Foto: hlz

                                                                             Raus aus der Kinderarbeit ————————————— 70
                                                                             Fair childhood

                                                                             Kulturelle Identität ——————————————————— 72
                                                                             Debatte

                                                                             Replik ————————————————————————————— 74
                                                                             Nazibiographie

                                                                             Two Ports - One World ——————————————— 79
                                                                             Fotoausstellung

             4                                                                           hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Titel
Nähe und Distanz ——————————————————          54

                                                                                                                                                Foto: Lilith Krumme
Bildungspolitik
Inklusion
Vor besonderen Herausforderungen —————     20                                         Aus dem Gleichgewicht                      Seite 54
                                                                                         Wenn das Zusammenspiel zwischen Nähe und
Schönfärberei ——————————————————————— 32
Lehrstellen
                                                                                      Distanz nicht mehr klappt wie derzeit in der Pande-
                                                                                      mie, leiden die Menschen auf ganz unterschiedliche
                                                                                      Weise. Ein Interview mit der Buchautorin und Pub-
Signal auf Besserung ————————————————— 34
Weiterbildung
                                                                                      lizistin Elisabeth von Thadden.

                                                                                      Aus Hintergrund
Schlussfolgerungen für die Schulpolitik —— 36
Corona
                                                                                      wird Vordergrund                           Seite 58
                                                                                         In einer Stadt, in der im letzten Jahr bereits jedes
20 Jahre ——————————————————————————— 37
PISA                                                                                  zweite eingeschulte Kind einen Migrationshinter-
                                                                                      grund hatte, ist es höchst wichtig, dass die Kin-
                                                                                      der auf Lehrer_innen treffen, die ebenfalls einmal
Interview mit Martin Brause ——————————— 40
Digitalisierung                                                                       fremd im Land gewesen sind. Ein Interview mit
                                                                                      zwei Kolleg_innen, die qua Amt sich hierum küm-
                                                                                      mern.
Präsenzlehre sofort —————————————————— 46
Studierende
                                                                                      Digitalisierung                            Seite 40
                                                                                         Dem Anspruch nach ist die Pädagogik der „Mas-
„Reformen“ im Schatten der Pandemie ——— 52
Hochschulen
                                                                                      ter“, die Technik bleibt also immer nur der „Slave“.
                                                                                      Ein Interview mit Martin Brause, verantwortlich in
                                                                                      der Behörde für die Umsetzung der Digitalisierung
                                                                                      des Schulbetriebs.

                                                                                      Ferienlektüre                              Seite 62
                                                                                        Vor dem Hintergrund der Aufstände nach dem
                                                                                      Mord an dem US-Amerikaner George Floyd ist die
                                                                                      diesjährige Leseprobe höchst aktuell.
                                                  Foto: wikipedia, creative commons

Rubriken
hlz-Notiz ——————————————————————————  3
Leser_innenbriefe ——————————————————— 6
Impressum————————————————————————— 73

Rätsel ————————————————————————————— 80

Aus der Magengrube... —————————————— 81

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                                               5
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Leser_innenbriefe an: hlz@gew-hamburg.de
Leser_innenbriefe c
                                                                             (wir belassen ggf. alte Schreibung)
                                                                            Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor

                                                   Ein Schelm, wer                     Szenario bereits geprobt worden                                                               Toten durch die Wirtschaftskri-
                                                                                       sein – ein Schelm, wer Böses                                                                  se, nicht nur hier, sondern auch
                                                   Böses dabei denkt                   dabei denkt.                                                                                  in Fernost? Wie sieht es hier bei
                                                   hlz 3-4/2020                          Dieser Gedanke lässt sich                                                                   Obdachlosen oder bei Alleiner-
                                                      Liebe hlz-Redaktion,             weiter vertiefen – Es sei fol-                                                                ziehenden aus? Und das ist nur
                                                      besten Dank für die Zusen-       gende Frage gestattet: Wenn                                                                   der Anfang...
                                                   dung der nicht erschienenen hlz!    die Schließung von Geschäften                                                                    Ich sorge mich im Moment
                                                      Durch die Krise wird deutlich,   und Schulen und verschiede-                                                                   weniger um die Zahl der Infek-
                                                   dass wir in einer Art „Schönwet-    ne Verbote, andere zu treffen                                                                 tionen als vielmehr um unser
                                                   ter-Demokratie“ leben. Sobald       – auch Demonstrationen mit                                                                    Demokratieverständnis. Immer
                                                   eine winzige Abweichung vom         großen Teilnehmerabständen                                                                    dann, wenn es ernst wird, wenn
                                                   Plan geschieht, werden demo-        usw. verboten werden und diese                                                                gezeigt werden könnte, wie
                                                   kratische Instrumente außer         Verbote nicht zur Bekämpfung                                                                  stark vernünftige, gut beratene
                                                   Kraft gesetzt und demokratische     der Ausbreitung der Krankheit                                                                 Lösungen sind, kehren wir uns
                                                                                       taugen, wem nutzen sie dann?                                                                  schnell ab und schlüpfen vor
   hlz · Rothenbaumchaussee 15 · 20148 Hamburg
            hlz@gew-hamburg.de · Tel. 4 50 46 58

                                                   Vorgehensweisen ignoriert. Aber
                                                   gerade in Krisenzeiten zeigt          Diese Krise ist eine Wirt-                                                                  Angst unter die Fittiche eines
                                                   eine Regierungsform, was sie        schaftskrise. Eine Wirtschafts-                                                               vermeintlich gnädigen Herr-
                                                   wirklich taugt. Wenn in einer       krise, die uns schon lange                                                                    schers und nehmen zur Not auch
                                                   Krise nicht mehr nachgedacht        bevorsteht. Eine Krise, die wie                                                               eine Diktatur in Kauf.
                                                   wird, nicht mehr nachgedacht        immer alle anderen ausbaden                                                                      Aber gerade diese Herrscher
                                                   werden darf, heißt das, dass        sollen nur nicht die, die sie ein-                                                            sind gnadenlose Kapitalisten.
                                                   demokratische Formen nur für        gefädelt haben. Von daher kann                                                                Menschen, denen jede Mensch-
                                                   eine Art „Normal“-Zustand gel-      ich der Bildunterschrift (s.u.)                                                               lichkeit fehlt, die ohne mit der
                                                   ten. („Normal“ halte ich für eine   ganz und gar nicht zustimmen,                                                                 Wimper zu zucken ihre eigene
                                                   sehr gefährliche Vokabel, da zu     denn genau darum geht es.                                                                     Großmutter verkaufen würden,
                                                   bestimmten Zeiten, alles, was       Eine Wirtschaftskrise, ausge-                                                                 wenn sie sie nicht längst schon
                                                   nicht „normal“ ist, abgeschnit-     löst durch eine „gottgegebene“                                                                verkauft hätten. Und die haben
                                                   ten, verbrannt oder weggesperrt     Krankheit, führt zu massivem                                                                  wir zu unseren Chefs gemacht –
                                                   wird.)                              Arbeitsplatzabbau und soll                                                                    ohne Not, einfach so.
                                                      Sobald ein „unvorhergese-        natürlich an den Herrschenden                                                                                      AXEL GEORGES
                                                   henes“ Ereignis eintritt, wird      vorbei gehen. Wer zählt die
                                                   erstmal eine Ausgangssperre                                                                                                       Zumutung
                                                   (wie wir sie aus Ghettos kennen)
                                                   und ein Kontaktverbot (wie wir                                                                                                    hlz 5-6/2020, S. 57f
                                                   es aus Gefängnissen kennen)                                                                                                          Meine GEW Hamburg mit
                                                   verhängt. Interessanterweise ist                                                                                                  ihrer HLZ lässt mich immer
                                                   nicht bekannt, ob ein Kontakt-                                                                                                    wieder verzweifeln. Mit dieser
                                                   verbot oder eine Ausgangssperre                                                                                                   Ausgabe treibt die Redaktion es
                                                   überhaupt Mittel sind, um die                                                                                                     aber eindeutig zu weit mit der
                                                   Situation zu verbessern. Das ist                                                                                                  Satire (?). Was hat euch geritten,
                                                   nicht erforscht.                                                                                                                  einen Artikel einer Quelle abzu-
                                                      Haben Sie „Die Welle“                                                                                                          drucken, die für die Verbreitung
                                                   gelesen? Stellen wir uns vor,                                                                                                     von Verschwörungstheorien
                                                   dies sei ein riesiges Spiel, um                                                                                                   bekannt ist – ein Blick in Wi-
                                                   herauszubekommen, was man                                                                                                         kipedia hätte genügt. Joachim
                                                   alles tun muss, damit wir – das                                                                                                   Geffers schreibt auf S. 81 über
                                                   Volk – uns auf Ausgangssperre                                                                                                     abstruse Verschwörungstheorie
                                                   einlassen. Verstehen Sie mich       Der qualitative Unterschied zur
                                                                                       Der qualitative Unterschied zur jetzigen Situation: Hier ging es um den Machterhalt der       ganz richtig, „… hinter der
                                                                                                                                                                                     oftmals andere Interessen als die
                                                                                       Herrschenden, auch wenn anderes suggeriert wurde

                                                   bitte nicht falsch – ich möchte     jetzigen Situation: Hier ging es um
                                                   keinesfalls eine plötzlich ausge-   den Machterhalt der Herrschenden,                                                             vorgegebenen stehen“.
                                                   brochene Krankheit verharmlo-
                                                                                       auch wenn anderes suggeriert                                                                     Eine kritische Haltung zur
                                                   sen. Interessanterweise soll das
                                                                                       wurde. (Zum Ausbruch des 1.                                                                   Nutzung digitaler Medien im
                                                                                       Weltkriegs)

                                                   6                                                                                                                             hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
rend der durchschnittliche Bruttostundenlohn                                 – und so die Arbeit in unverzichtbaren Berufen
aller Berufe bei 19,38 Euro liegt, weisen in der                             aufwerten. Das würde auch die Lohnlücke zwi-
Krise wichtige Berufsfelder oft deutlich niedri-                             schen Frauen und Männern reduzieren.

Applaus ist zu wenig*                         V:i.S.d.P.: VER.DI BUNDESVORSTAND – RESSORT 1 – FRANK WERNEKE – PAULA-THIEDE-UFER 10 – 10179 BERLIN
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*Da in Deutschland bekanntlich die Löhne nur im Schneckentempo gestiegen sind, dürfte die aktuelle Lage nicht deutlich von den genannten Zahlen
abweichen

Unterricht ist legitim. Aller-                      men zu einem Interview treffen                      mit diesem rassistischen, lü-
dings ist Prof. Ralf Lankau mit                     sollte, kann ich nur unterstützen.                  genden, aufhetzenden, Rechts-
seiner radikalen Position „Kein                     Auch Referendar_innen am LI                         radikale hätschelnden, herum-
Mensch lernt digital“ ziemlich                      und Schüler_innen könnten über                      zwitschernden US-Präsidenten
allein. Die Kolleg_innen in den                     professionell digital unterstütz-                   zu ziehen, die Äußerungen der
Schulen haben gerade in der                         te Lernsituationen berichten.                       BSB auch noch (knapp) über die
Pandemie erfahren, wie digitale                     Allerdings könnte dabei das eine                    Kommunikation dieses unsäg-
Endgeräte ‚Weiter-Lernen’ in                        oder andere Vorurteil revidiert                     lichen Präsidenten zu heben,
der Distanz ermöglichen kön-                        werden müssen.                                      das geht zu weit. Und wenn die
nen. Dabei machten sie unter                                                      ERNST LUND            HLZ-Redaktion diesen Satz
anderem auch die Erfahrung,                                                                             von der Meinungsfreiheit des
dass manches vom digital unter-                     Trump-Manier?                                       Autoren für gedeckt halten mag
stützten Lernen auch sinnvoll in                                                                        (schlimm genug!), dann braucht
                                                    hlz 5-6/20, S. 22f
den Regelunterricht übertragbar                                                                         sie diese Aussage aber nicht in
                                                       Die HLZ ist ein streitbares
ist. Viele Kolleg_innen machen                                                                          die Überschrift des Artikels zu
                                                    Blatt. Und nicht jede Meinung
das schon jahrelang erfolg-                                                                             nehmen. Denn für Überschriften
                                                    muss ich als Leser auch teilen.
reich und tauschen sich u.a. im                                                                         steht nun mal die Redaktion
                                                    Zumal als Pensionär, der die
„Twitterlehrer_innenzimmer“                                                                             selbst. Das ist starker Tobak.
                                                    Schulrealität nicht mehr täglich
über Erfolge und Misserfolge                                                                            Sie sollte sich schämen! Uns
                                                    hautnah erlebt, erleben darf/
offen aus.                                                                                              HLZ-Leser um Entschuldigung
                                                    muss. Da will ich mich mal
   Der Kollege Wolf Rambatz                                                                             bitten, oder vielleicht auch den
                                                    mit dem, was der Kollege
hat direkt neben diesem Artikel                                                                         Hut nehmen.
                                                    Waldmann aus der Gretel-
seinem „Gesammelten Unmut“                                                                                                         GERHARD LEIN
                                                    Bergmann-Schule schreibt, nicht
Luft gemacht. Hamburg hinkt
                                                    im Einzelnen auseinandersetzen.                        Wir akzeptieren die Kritik.
immer noch weit hinterher was
                                                    Was mich aber empört, ist sein                      Wir hätten diese Textstelle nicht
die digitale Infrastruktur betrifft.
                                                    Satz: „Knapp über Trumpmanier                       als Überschrift hervorheben
Seine Einladung (?), dass sich
                                                    verbreitet die BSB schon lange                      sollen. Die Redaktion
die HLZ-Redaktion mit IT-
                                                    ihre Schulwahrheiten.“ Trump?                       (s. auch: Aus der
Administrator_innen und Medi-
                                                    Trumpmanier? Einen Vergleich                        Magengrube…, S. 82f)
enpädagog_innen aller Schulfor-

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                                                        7
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Adel und Tadel                    vieler Kolleginnen und Kollegen     rinnen und Schüler umfassend
                                  nicht gefiel. Das Grundprinzip      betreuen kann.
hlz 5-6/2020                      schien mir zu sein: Dieses Virus       Klar weiß ich, dass die
   Liebe Anja, lieber Jochen,     kam in die Welt, um die Leh-        Schulbehörde Mitbestimmung
   Dank und Kompliment für        rerinnen und Lehrer zu strafen,     nicht so richtig ernst nimmt.
Eure sachliche Reaktion auf       deshalb rette sich wer kann.        Und Schulleiter noch weniger.
den Offenen Brief-1 S. 28f (M.    Insbesondere davor, mit Kindern     Das Personalvertretungsgesetz
Klaas).                           und Jugendlichen in Kontakt zu      kennt dazu Wege. Nur helfen
   Dank und Kompliment auch       kommen. Dabei, so schrieb ich       sie im Moment nicht so richtig.
für den regelmäßigen, immer       damals, ist das die Aufgabe des     Wenn der Personalrat im April
informativen und auf die Mit-     pädagogischen Personals. Des-       ein mitbestimmungspflichtiges
gliederinteressen fokussierten    halb gilt es Lösungen zu suchen.    Konzept zum Gesundheits-
newsletter.                       Und nicht sich vom Acker zu         schutz vorlegt, dann dauert das
   Wegen Digitalisierung und      machen.                             Mitbestimmungsverfahren dazu
Interview Lankau: Passt auf,         Da ich für meine Nach-           mindestens bis Ende September,
dass die HLZ bei dem Thema        barskinder die Aufgaben ihrer       wenn die Schulleitung es nicht
nicht den Anschluss verliert.     Schulen ausdrucke (sie haben        will und die Verfahrensschrit-
Die Diskussion dazu ist zwar      keinen Drucker), weiß ich, dass     te einhält. Geholfen ist damit
kaum noch überschaubar, aber      nicht alle Lehrkräfte so denken,    niemandem. Die Forderung jetzt
nach meinem Eindruck anders       sondern sich für ihre Kinder ins    muss sein: Redet miteinander
als Lankau hochwertig-kritisch-   Zeug legen.                         und findet Lösungen. Das so
konstruktiv-zukunftsfähig.           Bezüglich der HLZ beziehe        etwas geht, haben GEW und
Literaturempfehlungen:            ich mich auf zwei Artikel. Der      Behörde bei dem Konflikt um
• E&W 12/19 Lernen im Netz        Kollege Ole Waldmann scheut         die Arbeitszeitbelastung der
• Krommer, Lindner, Mihajlo-      sich nicht, mit Begriffen wie       Personalräte bereits bewiesen.
vic, Muuß-Merholz, Wampfler       „tödliche Gefährdung für ihre          Dazu muss man aber auch
(2019): Routenplaner # Digi-      Liebsten“, „Gefährdung ihres        bereit sein. Wenig hilfreich sind
tale Bildung. Auf dem Weg         Lebens oder das ihrer Lieben“       da solche Sätze wie „ An meiner
zu zeitgemäßem Lernen. Eine       und von „menschenverachten-         wie an vielen Schulen Ham-
Orientierungshilfe im digitalen   dem“ Verhalten der Schulbehör-      burgs gibt es trotz engagierter
Wandel. Verlag ZLL21 e.V.         de zu reden. Lieber Kollege, lass   Mitarbeitervertretungen seit
Hamburg.                          die Kirche mal im Dorf. Und         Jahren keine Kultur des Neinsa-
• Friedrich Jahresheft 2020:      schau mal in Ruhe auf die Daten     gens.“ Das wäre, zumindest für
#schuleDIGITAL.                   der Gesundheitsbehörde. Ein         Schulpersonalräte, ein Verstoß
   Ansonsten: Bitte weiter so     Leserbriefschreiber des Abend-      gegen § 2 des Personalvertre-
und bleibt gesund!                blattes sprach von der Chance       tungsgesetzes, in dem für beide
           HAJO SASSENSCHEIDT     der Lehrkräfte, ihr Image in der    Seiten eine vertrauensvolle
                                  Öffentlichkeit zu verbessern.       Zusammenarbeit zum Wohle der
Es rettet uns kein                Das hätten die Schulleiter mit      Beschäftigten und der Dienst-
                                  ihrer Aktion gründlich vermas-      stelle gefordert wird.
Höheres Wesen…                    selt. Ja, und die HLZ auch. Aber       Und völlig unakzeptabel finde
hlz 5-6/20, S. 22f und 28f        die ist ja nun nicht Öffentlich-    ich das Beklagen des Fehlens
  Eigentlich habe ich mir vor-    keit.                               einer GEW Betriebsgruppe,
genommen, keine Leserbriefe          Der zweite Artikel trägt         ausgesprochen von jemandem,
zu schreiben, schon gar nicht     die Überschrift „Arsch hoch,        der sich selbst als langjähriges
an die HLZ, weil das ja nun die   GEW“.                               Mitglied der GEW outet. Eine
Zeitschrift meines ehemaligen        Einmal abgesehen davon,          Betriebsgruppe, lieber Kolle-
Arbeitgebers ist.                 dass ich fand, dass die GEW         ge Klaas, beginnt mit deinem
  Die aktuelle HLZ Mai/Juni       eine zumindest fragwürdige          ersten Schritt, nicht mit dem
veranlasst mich nun, mit diesem   Stoßrichtung in ihren Verlaut-      Warten auf ein höheres Wesen.
Grundsatz zu brechen.             barungen hatte (vgl. oben),                            ANDREAS HAMM
  Schon im März, als die ersten   müsste doch die Stoßrichtung
Maßnahmen zur Schulschlie-        eine andere sein. Nämlich nach         Treffen in Corona-Zeiten?
                                  Lösungen zu suchen. Natürlich            Genauere Angaben zu den
ßung geplant wurden, hatte                                               Öffnungszeiten der Geschäfts-
ich mich hingesetzt und einen     ist es richtig, Schutzmaßnah-           stelle und den zugelassenen
Artikel zum Thema geschrieben     men zu fordern. Aber genau so           Arbeitsformen für alle in den
(unveröffentlicht), weil mir      richtig ist es, Wege gemeinsam          Räumen der GEW tagenden
                                  zu suchen, wie man die Schüle-          Gruppen finden sich auf S. 27
die Tendenz der GEW und die

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C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Foto und Montage: Jamil Jalla

„Es bleibt (..) dabei, dass (…) die Gehälter der Grundschullehrer schrittweise von A 12 auf A 13 angehoben
werden.“ Senator Rabe auf der Pressekonferenz nach der ersten Verhandlungsrunde mit den Grünen im Rahmen
der Koalitionsverhandlungen am 27.4. (zitiert nach HA vom 28.4., S. 12)

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                   9
C 3428 Zeitschrift der GEW Hamburg Juli-August 7-8/2020
Vierzehn Wochen Pandemie
                      Trotz so mancher optimistisch anmutender Prognose
                      ist das Ansteckungsrisiko keineswegs gebannt
                         Es findet an den Schulen           lässt in einigen Haushalten die       Kinder und Jugendlichen so ge-
                      wieder Präsenzunterricht in re-       Stimmung gegen Null sinken.           ring wie möglich zu halten. So
                      duziertem Rahmen statt. Dabei         Die Kinder und Jugendlichen           lange Hygiene- und Abstands-
                      gelten die entsprechenden Hygi-       aus schwierigen Lebenssituatio-       regelungen in der Öffentlichkeit
                      ene- und Abstandsregelungen bei       nen werden durch den fehlenden        und auch in den Arbeitsschutz-
                      mindestens halbierten Gruppen.        Präsenzunterricht immer mehr          Regeln des Bundesministeri-
                      Die Kitas haben ihre Notbetreu-       abgehängt. Schüler_innen und          ums für Arbeit vorgesehen und
                      ung erweitert. Seit dem 4.6.2020      Kita-Kinder wollen endlich wie-       einzuhalten sind, so lange muss
                      können auch die viereinhalb-          der ihre Freunde, ihre Freundin-      dies auch für Schulen und Kitas
                      jährigen Kinder in die Kita kom-      nen sehen und das soziale Leben       gelten.
                      men. Wenn hier auch nicht die         wieder aufnehmen, das mit Kita           Für uns als Bildungsgewerk-
                      Abstandsregelungen eingehalten        und Schule verbunden ist. Es gibt     schaft ist dies ein riesiger Spa-
                      werden können, so arbeitet man        sicher auch Lehrer_innen und          gat. Einerseits sehen wir natür-
                      in kleineren Gruppen usw.             Erzieher_innen, die „ihre“ Kin-       lich, dass die Schüler_innen, die
                         Die Stimmen und der Druck          der und Jugendlichen nun end-         aus schwierigen Lebenslagen
                      – auch auf die Entscheidungs-         lich einmal wieder sehen wollen.      kommen, jetzt noch mehr ab-
                      träger_innen – nehmen zu, nun         Einige Lehrkräfte werden viel-        gehängt werden und es insbe-
                      endlich Schulen und Kitas weiter      leicht auch die Nase davon voll       sondere für sie wünschenswert
                      zu öffnen. Diese Forderung ist        haben, die ganze Zeit Fern- und       wäre, mehr Präsenzschule zu ha-
                      nachvollziehbar. Eltern können        Präsenzunterricht,    Unterricht      ben. Andererseits haben wir die
                      und müssen wieder arbeiten und        für Schüler_innen aus Risiko-         Aufgabe als Gewerkschaft, den
                      möchten ihre Kinder gut unter-        gruppen und die Notbetreuung          Arbeits- und Gesundheitsschutz
                      gebracht wissen. Die Belastung        gleichzeitig zu bewältigen. Alle      unserer Mitglieder zu vertreten.
                      der häuslichen Betreuung von          Interessen sind nachvollzieh-         Diese Gemengelage wird auch
                      Kita- und Schulkindern – evtl.        bar und berechtigt. Andererseits      in die an uns gerichteten Mails
                      bei gleichzeitigem Arbeiten von       muss erstes Ziel in Schule und        deutlich.
                      zu Hause – über diese Dauer           Kita sein, das Gesundheitsrisi-          Gestern Morgen trafen fast
                      wird mehr und mehr spürbar und        ko für die Beschäftigten und die      zeitgleich zwei Mails ein, die die
Foto: Roland Stolze

                      Statt in den Ferien 14 Tage „Stoff nachzuholen“, sollte der Hamburger Ferienpass hochgefahren werden

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CORONA
Spannbreite der Rückmeldungen           verständigt hätte, die Prüfungen     kere Unterstützung nach den Fe-
deutlich machten. Ein Kollege           nicht über alles zu stellen. Dann    rien auch pädagogisch angeraten
schrieb, es sei ein Unding, die         wäre es möglich gewesen, die         (Siehe Presseerklärung S. 33).
sechs- und siebenjährigen Schü-         jüngeren Schüler_innen eher          In den Ferien sollte der Ham-
ler_innen mit einem Mal Kurz-           auch in einen reduzierten Prä-       burger Ferienpass hochgefahren
unterricht pro Woche ernsthaft          senzunterricht zu holen.             werden, um den Kindern und
abspeisen zu wollen. Dies erwar-           Auf die Empfehlung des zwei-      Jugendlichen etwas Spielerisch-
te er nicht von einer Bildungsge-       ten Kollegen, die GEW sollte vor     Spannendes anzubieten. Gerade
werkschaft.                             das Verfassungsgericht ziehen,       Denjenigen, deren Eltern keinen
   Diese Art der Rückmeldung            muss allgemein gesagt werden,        Urlaub ermöglichen können,
ist aus den Reihen der Mitglieder       dass diese Verfahren sehr lange      wäre das zu wünschen.
allerdings sehr selten. Sie gibt        dauern können. Trotzdem wer-            Welche Überlegungen stellen
aber die Meinung einiger Teile          den die juristischen Möglichkei-     die politisch Verantwortlichen
der Öffentlichkeit wider.               ten – nicht nur in dieser Frage      für die Zeit nach den Ferien an?
   In der anderen Mail wurde uns        – unter den GEW-Rechtsschüt-         Die KMK-Präsidentin Hubig
von einem Mitglied empfohlen,           zer_innen bundesweit und auch        aus Rheinland-Pfalz will die
den Konflikt zwischen Recht             im Koordinierungsvorstand der        Abstandsregeln in den Schulen
der Kinder auf Betreuung und            GEW immer wieder beraten und         abschaffen und den Unterricht
Bildung einerseits und das Recht        neu eingeschätzt.                    nach den Ferien „normal“ hoch-
auf körperliche Unversehrtheit             In diesem Spannungsfeld           fahren. In einigen Bundeslän-
für Kita- und Schulpersonal             agieren wir; deshalb müssen          dern hat man Ähnliches vor oder
andererseits vor dem Verfas-            wir die Lage immer wieder neu        ist bereits in den Grundschulen
sungsgericht klären zu lassen.          beurteilen. Wir werden aber          damit gestartet. Auch Senator
Er begründete es damit, dass            daran festhalten, die Corona-        Rabe hat sich schon einige Male
seit Monaten über die Köpfe von         Arbeitsschutzregeln des Bun-         in der Presse in dieser Weise
Schul- und Kitatätigen hinweg           desministeriums für Arbeit auch      geäußert. Als Begründung wer-
entschieden würde, obwohl die           in Schule und Kita anzuwenden.       den keine neuen Erkenntnisse
Gewerkschaft differenziert und          D.h., es muss für die Schulen        über Ansteckungsverhalten oder
nachvollziehbar Stellung nähme.         überlegt werden, wie es nach         Krankheitsverläufe von Kindern
   Hinweise dieser Art bekom-           den Ferien weitergehen kann,         und Jugendlichen benannt. Auch
men wir häufiger. Diese Mitglie-        damit einerseits für die Schü-       die weitere Öffnung der Kitas
der stützen unseren bisher einge-       ler_innen ihr Recht auf Bildung      in Hamburg kommt schneller
schlagenen Weg, wünschen sich           weiter gewährleistet werden          als geplant. Ab dem 18.6.2020
aber ein eindeutiges Zeichen für        kann und gleichzeitig das Ge-        soll es in einen eingeschränkten
den Schutz des Personals. Bei-          sundheitsrisiko für sie und die      Regelbetrieb gehen. Leider hat
de Hinweise sind für die GEW            Beschäftigten möglichst gering       man die erst am 4.6.2020 ge-
wichtig, weil wir so – in Zeiten        ist. Deshalb wäre es längst an       machten erweiterten Öffnungen
der Kontaktbeschränkung usw. –          der Zeit sich mögliche Szenari-      noch nicht auswerten können.
mitbekommen, wie an der Basis           en dafür zu überlegen. Bei die-      Der Wettlauf der Bundesländer
gedacht wird.                           sen Überlegungen sollten die         um die schnellsten Öffnungen
   Dem ersten Kollegen möch-            in den letzten vierzehn Wochen       hat begonnen. Hoffentlich geht
te ich neben dem Hinweis auf            gemachten Erfahrungen eine           dies am Ende nicht nach hinten
Einhaltung des Arbeits- und             Rolle spielen. Die Arbeit in klei-   los. In Rheinland-Pfalz mussten
Gesundheitsschutzes zweierlei           nen festen Gruppen ist gut an-       erste Schulen geschlossen wer-
entgegnen: Die Kollegien haben          gekommen. Bestimmte digitale         den, weil Schüler_innen und Pä-
auch in der Zeit des alleinigen         Lernformate sind – trotz vieler      dagog_innen sich mit dem Coro-
Fernunterrichts alles gegeben,          Einschränkungen und bei unter-       na-Virus infiziert haben. Ebenso
um das Recht der Schüler_innen          schiedlichen Voraussetzungen –       gibt es in Hessen Schulen, die
auf Bildung – so gut es die Situa-      ausprobiert worden und nun gilt      deshalb geschlossen wurden
tion erlaubte – zu gewährleisten.       es zu überlegen, in welcher Form     oder größere Gruppen mussten
Und seit einigen Wochen wird            sie weiter in den Unterricht ein-    in Quarantäne gehen. Am 4.6.
mit der Mischung von Präsenz-           bezogen werden können. Statt         war in der Süddeutschen Zeitung
und Fernunterricht ebenfalls viel       sich in den letzten Tagen noch       und am 7.6. in der Frankfurter
dafür getan, die Schüler_innen          damit zu befassen, wer von den       Allgemeine davon berichtet wor-
zu erreichen und ihnen ihr Recht        Schüler_innen in den Ferien 14       den, dass in Israel nach einem
auf Bildung zu garantieren. Bes-        Tage in fremden Gruppen, ohne        schnellen Shutdown und strikten
ser wäre es sicher gewesen, wenn        bisherige Bezugspersonen „Stoff      Einschränkungen die Schulen
sich die KMK frühzeitig darauf          nachholen“ soll, wäre eine stär-     im Mai wieder geöffnet wurden;

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                 11
ab 3. Mai für ca. 60 Prozent der       Aus Hamburg hört man ge-          nicht gewollt wird.
Schüler_innen (aller Schulfor-       rüchteweise, dass die BSB mit          Für die GEW heißt es weiter-
men) und ab Mitte Mai für alle       einer 20köpfigen Arbeitsgruppe      hin, die Interessen der Beschäf-
Schüler_innen. Es besteht Mas-       an den Vorbereitungen für den       tigten in Kita und Schule zu
kenpflicht. Nun, Anfang Juni,        Wiederstart der Schulen nach        vertreten und dabei natürlich die
mehren sich die Covid-19-Fälle       den Ferien arbeitet. Man hört, es   Kinder und Jugendlichen nicht
bei den Schüler_innen. 87 Schu-      solle keine einzige Praktikerin     aus den Augen zu verlieren. Die-
len in 30 Orten mussten wieder       bzw. kein einziger Praktiker aus    ser Gratwanderung stellen wir
geschlossen werden. Es wird          den Schulen dabei sein. Das lässt   uns weiterhin, damit die Gesund-
befürchtet, dass es zu einer zwei-   nichts Gutes ahnen und zeigt ein-   heit aller geschützt wird.
ten heftigen Ansteckungswelle        mal mehr, dass die Beteiligung                ANJA BENSINGER-STOLZE
kommt und dies zu einem zwei-        von Schulen, Schulgemeinschaf-
ten Shutdown führen kann.            ten und Interessenvertretungen

KOALITIONSVERTRAG

Ein Schritt voran,
aber viele zurück
Presseerklärung
   Der Rot-Grüne Koalitions-         Hamburg nicht zu ihrer 2011         von A12 auf A13 bis 01.08.2023
vertrag liegt vor. Aus Sicht der     durch den damaligen Bürger-         fest. „Das haben wir als GEW
GEW stellt er bedauerlicherwei-      meister Olaf Scholz schriftlich     lange gefordert und sehen dies
se nur einen Schritt vor, jedoch     garantierten Zusage, die Tarif-     als guten Schritt, die Ausbildung
viele zurück dar und ignoriert       ergebnisse zeit- und wirkungs-      und Arbeit der Kolleginnen und
einige vor der Wahl getroffene       gleich auf die Besoldung und        Kollegen anzuerkennen. Wir
Ankündigungen der Parteien.          Versorgung zu übernehmen. Für       hoffen, dass es auch dabei bleibt,
   Bei den schulischen Themen        die damalige Zusage haben die       dass sich diese Erhöhung nicht
kritisieren wir insbesondere die     Beamtinnen und Beamten in           nur auf die Grundschullehrkräfte
folgenden Punkte: Bereits in         Hamburg die Kürzung von Son-        bezieht, sondern auch die in an-
der Präambel wird deutlich, wie      derzahlungen und weitere struk-     deren Schulformen beschäftig-
weit die bildungspolitisch Han-      turelle Einschnitte hinnehmen       ten Lehrkräfte mit der entspre-
delnden mittlerweile von den         müssen. „Die Stadt Hamburg          chenden Ausbildung von dieser
Herausforderungen im Schul-          begeht ihren Beamtinnen und         Erhöhung nicht ausgenommen
dienst entfernt sind. Dort heißt     Beamten gegenüber Wortbruch         werden. Um in allen Schulfor-
es, dass das „Aussetzen des Prä-                                         men erstklassige Lehrkräfte zu
senzunterrichts […] im Regel-                                            haben, ist eine gleiche Eingangs-
fall gut“ gelinge. Dabei werden         „Die Stadt Hamburg               besoldung wesentlich“, macht
die Arbeitsbedingungen und die        begeht ihren Beamtinnen            Bensinger-Stolze noch einmal
zusätzliche Arbeit der an Schule      und Beamten gegenüber              deutlich.
Beschäftigten außer Acht gelas-            Wortbruch...“                    Auf das wirklich wichtige
sen. Die Ergebnisse unserer Um-                                          Thema, der seit Jahren andauern-
frage widersprechen dieser Ein-                                          den Arbeitszeitüberlastung der
schätzung. „Statt die Belastung      und macht so die mangelnde          an Schule Beschäftigten, geht
der Kolleg_innen anzuerkennen,       Wertschätzung gegenüber der         der Koalitionsvertrag nicht ein.
wird hier eine Behauptung auf-       Arbeit u.a. von Lehrkräften und     „Mit dem Satz der Koalitionäre,
gestellt, die mit der schulischen    Polizisten sehr deutlich“, kom-     dass man am Lehrer_innenar-
Realität nichts zu tun hat. Leid-    mentiert Bensinger-Stolze.          beitszeitmodell festhalten will,
tragende sind die Beschäftig-          Der Koalitionsvertrag hält an     steht zu befürchten, dass die Auf-
ten“, so Anja Bensinger-Stolze,      der bereits angekündigten Erhö-     gaben weiter erhöht werden und
Vorsitzende der GEW Hamburg.         hung der Besoldung der Grund-       z.B. die Überarbeitung oder Eva-
   Darüberhinaus steht die Stadt     schullehrkräfte in drei Stufen      luation der Lehrerarbeitszeitver-

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ordnung auf den Sankt-Nimmer-           ger-Stolze.                             von uns gelobten Punkte aus dem
leins-Tag verschoben wird. Seit            Zum Thema Weiterbildung              Grünen Wahlprogramm, eine
2008 ist durch eine behörden-           bleibt der Koalitionsvertrag            Novellierung des Hochschul-
beauftragte Studie deutlich, dass       blass. Das Thema wird zwar              gesetzes hin zu mehr Demo-
die Aufgaben zunehmen und die           oft erwähnt und gelobt, so soll         kratisierung und ein verstärktes
Arbeitszeit nicht angepasst wird.       es eine Hamburger Weiterbil-            Eintreten für bessere Arbeitsbe-
Dass hier keine Umkehr stattfin-        dungsstrategie geben und die Er-        dingungen in der Wissenschaft,
det, ist eine Missachtung der Ar-       wachsenenbildung soll an einem          überhaupt nicht auftauchen.
beit der Lehrkräfte, wie wir sie        Ort gebündelt werden. Was das           „Als GEW haben wir mehrfach
schon lange nicht erlebt haben“,        jedoch heißt, bleibt völlig un-         Vorschläge zur Demokratisie-
verurteilt Bensinger-Stolze die-        konkret. Enttäuschend wird der          rung vorgelegt, die in das Grüne
sen Teil des Koalitionsvertrages.       Vertrag, weil kaum ein Wort über        Wahlprogramm kopiert wurden.
   Auch der pädagogische Bil-           die skandalösen Arbeitsbedin-           Dass sie nun in der Versenkung
dungsteil bietet kaum Innova-           gungen, besonders der Honorar-          verschwinden, ist zumindest er-
tion. Die GRÜNEN haben sich             kräfte, in der Weiterbildung fällt,     klärungsbedürftig. Angekündigt
in den letzten Jahren stark für         die dringend verbessert werden          wurde auch, dass eine ‚größere
die Inklusion engagiert. In ih-         müssen. Nur auf Bundesebene             Anzahl von Dauerstellen‘ bei
rem Wahlprogramm werben sie             will sich die Koalition für ver-        den wissenschaftlich Beschäf-
dafür, dass Kinder und Jugendli-        besserte      Arbeitsbedingungen        tigten ermöglicht werden soll.
che optimal zu fördern sind und         bei Integrationskursen einsetzen        Auch wenn hiervon nun keine
man deshalb in der Inklusion            – ein kleiner Schritt, aber mehr        Rede mehr ist, erwarten wir, dass
eine stärkere Ausrichtung auf           nicht. „Die GEW erwartet von            die Verstetigung der Bundesmit-
Förder- statt Feststellungsdiag-        der Koalition, dass die Beschäf-        tel im ‚Zukunftsvertrag Studium
nostik brauche. „Nichts davon           tigten und ihre Gewerkschaften          und Lehre stärken‘ zu deutlich
findet man im Koalitionsvertrag.        an der Entwicklung einer Wei-           mehr unbefristeten Stellen führt
Schade, hier wird eine Chance           terbildungsstrategie     entschei-      und dass in den Ziel- und Leis-
vertan, inklusive Schule weiter         dend beteiligt werden, und dass         tungsvereinbarungen des Senats
zu entwickeln“, erläutert Sven          endlich faire tarifliche Arbeits-       mit den Hochschulen ein Aus-
Quiring, Inklusionsexperte der          verhältnisse für alle Lehrkräfte        schluss sachgrundloser Befris-
GEW Hamburg.                            in der Erwachsenenbildung ge-           tungen und eine feste Quote an
   Erschreckend ist, dass bewähr-       schaffen werden. Das muss ein           Dauerstellen für Daueraufgaben
te demokratische Beteiligungs-          Thema im geplanten Bündnis für          in Lehre und Forschung festge-
organe wie die Deputationen, in         gute Arbeit sein“, so Dirk Me-          schrieben werden“, so Fredrik
denen u.a. Interessenverbände           scher, Weiterbildungsexperte der        Dehnerdt, Wissenschaftsexperte
wie die Eltern-, die Lehrer_in-         GEW Hamburg.                            der GEW Hamburg.
nen- und die Schüler_innen-                Bei den Ausführungen zur                               PE vom 3.6.2020
kammer vertreten sind, als „aus         Wissenschaft fällt auf, dass die
der Zeit gefallen“ abgeschafft
werden sollen. Statt die Inter-
                                                                                                                    Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Blick_in_den_Kaisersaal

essenverbände in verbindlichen
Beteiligungsformaten einzubin-
den, soll dieses bewährte Ver-
fahren nun ersetzt werden durch
eine simple Veröffentlichung
von Referent_innenentwürfen.
„Dass diese Abschaffung von
Beteiligungsrechten als ‚mo-
dern‘ verkauft wird, sagt viel
aus über das Demokratiever-
ständnis der Regierungskoaliti-
on, die offenbar weniger auf den
Diskurs, sondern auf ein Top-
down-Durchregieren setzen will.
Wer eine solche Haltung vertritt,
sollte konsequenterweise auch
nicht als sozial und demokra-
tisch auftreten, denn das ist ein
Etikettenschwindel“, so Bensin-          Der Berg kreißte und gebar eine Maus

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                     13
UMFRAGE

Alles gleichzeitig
Wie das Unterrichten unter den Bedingungen von Corona
zu einer Entgrenzung der Arbeit führt

   Die GEW Hamburg hat vor           schulische Bildung unter Coro-                      weil teilweise unmögliche Um-
kurzem eine Umfrage unter den        na-Bedingungen eine Fülle von                       setzung der Hygienemaßnah-
an Schulen Beschäftigten gestar-     Herausforderungen auf verschie-                     men und Abstandsregeln vor
tet, um herauszufinden, was die      denen Ebenen hervorruft: Neben                      Ort“. „Hygiene und Abstand“,
drängendsten Probleme aktuell        einem Querschnittthema – der                        so lauten viele Rückmeldungen,
sind, aber auch dazu, was wir        Neu-Organisation pädagogischer                      sind bei jüngeren Schüler_innen,
als GEW bereits gut machen und       Arbeit (Präsenz- und Online-Un-                     aber auch bei Schüler_innen mit
noch machen sollten. Die Um-         terricht) – sind es drei Themen-                    Förderstatus „nicht umsetzbar“.
frage war vier Tage online. Hier     komplexe, die die Kolleg_innen                      Thematisiert wird in diesem
die Ergebnisse.                      intensiv beschäftigten: Erstens:                    Kontext der Widerspruch zwi-
                                     Hygiene/Gesundheitsschutz,                          schen „Gesundheitsschutz […]
Positiver Rücklauf                   zweitens: Digitalisierung. Bei                      und pädagogisch sinnvollem
   Von den gut 6000 an Schulen       beiden Themen geht es einerseits                    Arbeiten “ unter der Bedingung
beschäftigten GEW-Mitgliedern,       um die Ausstattung, andererseits                    des Abstandhalten müssen sowie
was ca. ein Drittel aller dort Be-   um eine subjektive Unsicherheit.                    das Problem, dass die „Abstän-
schäftigten ist, haben exakt 1200    Das dritte Thema umfasst die                        de […] von den Jugendlichen,
an der Umfrage teilgenommen,         pädagogische Perspektive, hier                      sobald man wegschaut, nicht
was einem Rücklauf von 20 Pro-       insbesondere auf benachteilig-                      eingehalten“ werden, also die
zent entspricht. Das ist eine sehr   te Schüler_innen bezogen. Der                       „kaum gegebene Vereinbarkeit
gute Quote, die zeigt, dass das      Effekt dieser Neu-Organisation                      des zunehmenden Präsenzun-
Instrument der Online-Mitglie-       pädagogischer Arbeit bedeutet                       terrichts mit den Erfordernis-
derbefragung angenommen und          faktisch eine auch empirisch                        sen des Gesundheitsschutzes“.
genutzt wird. Wir danken allen       nachweisbare Entgrenzung der                        Hinzu kommt die individuelle
für die Teilnahme!                   Arbeit. Ein weiteres Thema ist                      Verunsicherung zum „Umgang
   Die anteilig größte Rück-         die fehlende Wertschätzung und                      mit Hygienevorschriften: was ist
meldegruppe waren mit einem          Möglichkeit der Mitbestimmung                       noch sinnvoll?“, bis hin zur Fra-
guten Drittel die Beschäftigten      der Lehrkräfte bei den aktuell                      ge nach der eigenen Gesundheit
an den Stadtteilschulen (insg.       vorgenommenen Maßnahmen.                            – „Bin ich Risikogruppe?!?“ –,
463), gefolgt von unseren Kol-                                                           die zu einer Belastung der Lehr-
leg_innen an den Grundschulen        Gesundheitsschutz und                               kräfte führt.
(353), Gymnasien (168), Beruf-       pädagogisch sinnvolles
lichen Schulen (121), speziellen     Arbeiten mit Abstandsregeln                         Digitalisierung – ohne
Sonderschulen (60) und aus den         An vorderster Stelle stand                        pädagogisches Konzept
ReBBZ (36). 26 Teilnehmende          die „Einhaltung und Durchset-                          Schulische Bildung unter
kamen aus anderen Bereichen          zung der Schutzmaßnahmen                            Corona-Bedingungen heißt ins-
wie Abendschulen, dem Studien-       an unserer Schule zum Schutz                        besondere, den Unterricht in
kolleg, aber auch dem LI und der     der Lehrer und Schüler“1, also                      Teilen auf Online-Formate um-
Behörde.                             eine Frage, die die schrittweise                    zustellen. Ein Problem hierbei
                                     Öffnung der Schulen betrifft.                       ist die „fehlende digitale Aus-
Welche Probleme sind im              Als problematisch benannt wird                      stattung von Lehrpersonen und
Moment am drängendsten?              einerseits die Ausstattung der                      Schüler_innen“ verbunden mit
   Ohne konkrete Vorschläge zu       Schulen mit den laut Hygie-                         der Wahrnehmung, dass es „tol-
machen, wurde offen danach           neplan notwendigen Ressour-                         le digitale Möglichkeiten [gibt],
gefragt, wo bei den Beschäf-         cen (Masken, Schutzkleidung),                       aber die Schulen sind noch
tigten aktuell der Schuh beson-      andererseits die „mangelhafte,                      nicht so weit...Alles kostet sehr
ders drückt. 952 Teilnehmende                                                            viel Zeit“. Verunsichert sind die
haben darauf geantwortet. Bei        1
                                       Alle Zitate in diesem Artikel sind Umfrage-
                                                                                         Lehrkräfte, weil sie sich in Tei-
den Antworten zeigt sich, dass       Antworten.                                          len nicht ausreichend aus- bzw.

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CORONA
fortgebildet sehen. Sie fordern         opfern zu müssen?“ – was auf        senzunterricht im doppelten bis
„Fortbildung zum digitalen Un-          eine Entgrenzung pädagogischer      dreifachen Umfang und Fern-
terricht“, denn aktuell sieht es        Arbeit unter Corona-Bedingun-       unterricht) zu koordinieren“.
häufig so aus: „Zu wenig digitale       gen verweist. In diesem Kontext     „Seit Corona [wird eine] höhe-
Kenntnisse, kein entsprechender         wird die Benotung (=„Schwach-       re Arbeitsbelastung (psychisch,
Arbeitsplatz, Mehrarbeit“. Hier         sinn“) thematisiert und mehrfach    mehr Arbeitszeit, unbekannte
ist die Behörde in der Pflicht!         gefragt: „Warum geht es überall     Schüler_innen betreuen, Kon-
Kritisiert wird auch die Hauruck-       nur um Abschlüsse?“. Diesen         takt mit Eltern managen)“ emp-
„Digitalisierung ohne pädago-           Abschlusswahn haben wir als         funden. Verschärft wird dieses
gisches Konzept“. Auf Präsenz           GEW auch mehrfach kritisiert        Problem der „Vereinbarkeit von
basierende Pädagogik kann nicht         und gefordert, soziale Aspekte      Betreuung, Präsenzbeschulung
einfach auf digital umgestellt          stärker zu berücksichtigen, denn:   und Fernbeschulung unter Be-
werden, sondern benötigt eige-          „Fernunterricht [in der aktuel-     rücksichtigung des Gesundheits-
ne und (noch) nicht vorhandene          len Form] ist [auf Dauer] unge-     schutzes“ dadurch, dass auch
pädagogische Konzepte. Dieses           eignet, besonders für schwache      die eigenen Kinder zu betreuen
Problembewusstsein ist bei den          Schülerinnen und Schüler“.          sind, also die „Vereinbarkeit von
Lehrkräften vorhanden, hier füh-                                            Familie und Beruf, wenn Be-
len sie sich allein gelassen insbe-     Neu-Organisation                    ruf viel mehr fordert als normal
sondere vom Dienstherrn.                pädagogischer Arbeit                und die Kinder zu Hause sind“.
                                           Die Fülle der aktuellen He-      Lehrkräfte stehen aktuell vor der
Pädagogische Perspektive:               rausforderungen lässt sich auf      Herausforderung, „arbeiten und
Bildungsungerechtigkeit und             einen Begriff bringen: Es geht      die eigenen Kinder unter einen
Digitalisierung                         um nicht weniger als eine Neu-      Hut zu bekommen“; zugleich
   Neben Hygiene und Digitali-          Organisation pädagogischer Ar-      tritt der „Konflikt zwischen ei-
sierung spielt die pädagogische         beit, konkret die „Koordination     nem enormen Arbeitspensum
Dimension eine herausragende            von Präsenz- und Fernunterricht,    und dem Gefühl, nichts richtig
Rolle bei den von den Lehrkräf-         [in Verbindung mit der] Unter-      zu schaffen“, deutlich zu Tage.
ten genannten Problemen. Der            stützung besonders benachtei-       Die rückgemeldete „geringe Pla-
mehrfach genannte Anspruch              ligter Schüler_innen“. Neben der    nungssicherheit, die geforderte
lautet: „Allen Schüler_innen            „doppelten Belastung durch On-      Bereitschaft, verfügbar und fle-
eine bestmögliche Arbeitsatmo-          line- und Präsenzunterricht“ ste-   xibel zu sein, das hohe Arbeit-
sphäre zu Hause zu ermöglichen,         hen die „neuen Anforderungen        spensum“ führt somit zu „Mehr-
ihren Alltag zu strukturieren und       durch Fernunterricht (Korrektu-     arbeit und Stress“.
zu organisieren“ und darüber hi-        ren, Lernvideos, Videokonferen-
naus insbesondere die „Kinder           zen)“. Zugleich spiegelt sich in    Fehlende Wertschätzung
[zu] unterstützen, die schwer zu        den Meinungen der Kolleg_in-        und Mitbestimmung
erreichen sind und von zu Hau-          nen die „Unwichtigkeit pädago-         Gerade in den aktuellen Zei-
se wenig Unterstützung bekom-           gischer Fragen im Corona-Ma-        ten kollektiver Verunsicherung
men“ sowie solche, „die keine           nagement der BSB“ wider. Alles      sowie beruflicher (und famili-
digitale Ausstattung zu Hause           „gleichzeitig: Homeschooling,       ärer) Neu-Organisation ist ein
haben“. „Homeschooling mit              Präsenzunterricht und Korrek-       Einbezug der hiervon Betrof-
Kindern aus sozial schwachen            turen (MSA & Abi). Und dann         fenen in die Maßnahmen der
Familien und Flüchtlingskin-            noch etwas Furcht vor Corona“.      Schulbehörde ein wichtiger
dern“ wird dabei als besondere          Diese Mischung führt zu einer       Baustein, um etwas Handlungs-
Herausforderung gesehen. Pro-           mehrfachen Belastungssituation      macht wiederzuerlangen. Dies
blematisiert werden in diesem           mit einem konkreten Effekt: der     betrifft sowohl eine grundsätz-
Kontext die „Bildungsunge-              empirisch belegbaren Entgren-       liche Wertschätzung von Seiten
rechtigkeit im Zusammenhang             zung der Arbeit.                    des Arbeitsgebers als auch und
mit Digitalisierung“ und die wie                                            insbesondere eine intensive Zu-
unter einem Brennglas zu Tage           Effekt: Entgrenzung                 sammenarbeit mit den Gremien
tretende „extreme Heterogenität         der Arbeit!                         vor dem Hintergrund der Mitbe-
der Schülerschaft“ verbunden               Eine Vielzahl der Rückmel-       stimmung, also den schulischen
mit der Frage: „Wie schaffe ich         dungen thematisiert die aktuelle    Personalräten. Von beidem spü-
es, allen gerecht zu werden?“           „Mehrfachbelastung: Fernunter-      ren die Betroffenen leider wenig,
bis hin zur Frage: „Wie kann ich        richt, Präsenzunterricht, Notbe-    stattdessen setzt sich das Gefühl
die Kinder bestmöglich beim             treuung; Bildungsschere“ und        durch, dass kaum „Kommunika-
Lernen zu Hause fördern, ohne           das Problem, „die vielen Ver-       tion der Behörde mit Lehrkräf-
meine komplette Freizeit dafür          pflichtungen (MSA; Abitur, Prä-     ten bzw. Schulen [stattfindet]

hlz – Zeitschrift der GEW Hamburg 7-8/2020                                                                 15
– Medien sind wichtiger, [hinzu     Mehraufwand aktuell mit „mehr         Die Arbeitszeit werde „nicht
kommt] fehlende Wertschätzung       als einer Stunde täglich“ (425),      mehr, [ist] aber so verteilt, dass
und Drohen mit Paragraphen“.        ein Sechstel mit „bis zu einer        man gefühlt ganztägig beschäf-
Kritisch angemerkt wird zudem,      Stunde täglich“, ein Zehntel mit      tigt ist“. Benötigt werde „nicht
dass die faktische „zusätzliche     „mehr als eine Stunde wöchent-        unbedingt mehr Zeit, aber abso-
Arbeitsbelastung durch ‚Dop-        lich“ (108), 25 Teilnehmende          lute Flexibilität inkl. Wochenen-
pelunterricht‘ in halber Lern-      auf „bis zu eine Stunde wöchent-      de, freie Tage etc.“. Somit haben
gruppe“ von der Behörde nicht       lich“. Genau ein Viertel gibt an,     auch die Kolleg_innen, die nicht
einmal wahrgenommen wird.           keine zusätzliche Arbeitszeit zu      mehr Zeit aufwenden, mit Zeit-
Wahrgenommen wird stattdes-         benötigen (300). Drei Viertel         problemen zu kämpfen, und es
sen eine fehlende „Mitbestim-       der Lehrkräfte, so das Ergebnis,      wird festgestellt, dass „die aktu-
mung bei Coronamaßnahmen            benötigen somit aktuell mehr Ar-      elle Verteilung der Arbeitszeiten
und Wiedereröffnungsmodellen.       beitszeit, als vertraglich vorgese-   – nahezu rund um die Uhr – das
– Man fühlt sich wie eine Mari-     hen ist (s. Tabelle).                 Problem aktuell ist. Das belastet
                                                                          und Erholung fehlt“. Einige Ant-
                                                                          worten reflektieren kritisch, dass
        zusätzliche Arbeitszeit aller Teilnehmenden                       eine korrekte Einschätzung der
                                                                          aktuellen zeitlichen Belastung
                                                                          schwierig ist: „Die Arbeitszeit
                                                                          hat sich verändert, man kann das
                                                                          nicht vergleichen, da man sich
                                                                          und den Unterricht ständig neu
                                                                          erfinden muss“, es ist „schwer
                                                                          zu sagen, weil es nie aufhört und
                                                                          immer zwischendurch ist“.

                                                                          Dringlichste Aufgaben der
                                                                          GEW in Hamburg im Moment
                                                                             Auf die Frage, wo wir uns
onette“, es gibt „wenig positives      Von der gesamten Rückmel-          als GEW noch stärker enga-
Feedback von der Führungs-          degruppe arbeitet gut die Hälfte      gieren sollten, haben wir vier
ebene“. Kurz: gewünscht wird        in Vollzeit (582), ein Viertel zu     Antworten vorgegeben und die
ein „respektvolle[rer] Umgang       75 Prozent (305), ein knappes         Möglichkeit gelassen, sonstiges
mit mir als Arbeitskraft“ sowie,    Zehntel zu 50 Prozent (94) und        anzugeben. Mehrfachnennungen
„dass Schule demokratisch läuft     einige arbeiten weniger als eine      waren möglich. Drei Themen
und Beschäftigte wertschätzend      halbe Stelle (19). 171 Befrag-        wurden ähnlich häufig angege-
Gehör finden.“ Als GEW werden       te haben andere wöchentliche          ben: „Gesundheitsschutz der
wir aufgefordert, „der Behörde      Arbeitszeiten, die sich überwie-      Beschäftigten“ (743), „Unter-
klar[zu]machen, dass sie einen      gend zwischen 60-95 Prozent           stützung besonders benachtei-
Dienstleistungsauftrag hat und      einer vollen Stelle bewegen.          ligter Schüler_innen“ (676) und
ihre feudalherrlichen Attitüden     Eine Auswertung der zusätzli-         „Koordination von Präsenz- und
mal ablegen soll.“                  chen Arbeitsbelastung in Bezug        Fernunterricht“ (669). Auch das
                                    auf die vertragliche wöchent-         Thema „Mitbestimmung der
Belastung und Arbeitszeit           liche Arbeitszeit wie auch eine       Personalvertretungen/Gremien“
   Da wir annehmen, dass die        Auswertung der zusätzlichen           wurde oft benannt (306). 125
Arbeitsbelastung der Beschäf-       Arbeitsbelastung nach Schulfor-       Teilnehmende haben sonstige
tigten in Zeiten von Corona eher    men zeigt keine signifikanten         Angaben gemacht, die recht
zunimmt, haben wir danach ge-       Unterschiede.                         vielfältig sind. Häufig genannt
fragt, ob und wenn ja wie viel          Neue Verteilung der Ar-          wurde die fehlende Ausstattung
zusätzliche Arbeitszeit aktuell     beitszeit                             in Bezug auf die Digitalisierung,
benötigt wird.                         77 Teilnehmende haben sons-        die fehlende Wertschätzung
    Drei Viertel benötigen mehr    tige Angaben gemacht, die deut-       durch den Dienstherr, aber auch
Arbeitszeit                         lich machen, dass es nicht nur        die fehlende Entlastung.
   Die Antworten auf die Frage,     zusätzliche Arbeitszeit ist, die
ob und wie viel zusätzliche Ar-     Probleme verursacht, sondern          Was macht die GEW
beitszeit aktuell benötigt wird,    auch die neue Verteilung der          schon gut?
sind recht deutlich: Etwas mehr     Arbeitszeit subjektiv als höchst        Ohne konkrete Vorschläge zu
als ein Drittel beziffert den       problematisch empfunden wird:         machen, haben wir offen danach

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