CLIMATE CHANGE COMBAT RADAR - Roland Berger
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CLIMATE CHANGE COMBAT RADAR NOVEMBER 2021 AUTOREN Mit dem Climate Change Combat DAVID FRANS Senior Partner Radar können Entscheider frühzeitig YVONNE RUF erkennen, welche Folgen klima- Partner, politische Maßnahmen für sie haben. Mitglied des Aufsichtsrats Der Klimawandel ist fraglos das drängendste Problem unserer Zeit. Im August 2021 MANUEL SEID Project Manager legte der Weltklimarat IPCC einen Teil seines sechsten Sachstandsberichts vor, der sich mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels befasst. Demnach hat sich die Erde gegenüber der vorindustriellen Zeit bereits um 1,1 °C erwärmt und steuert nun auf die kritische Marke von 1,5 °C zu, die im Pariser Abkommen von 2015 als gerade noch akzeptabler Grenzwert definiert wurde. Weltweit gehen Regierungen, Unternehmen und gesellschaftliche Akteure wie bei- spielsweise NGOs mit verstärkten Kräften gegen die globale Erwärmung vor. Unter- nehmensentscheider agieren in einem komplexen Umfeld, das den Rahmen für ihre Investitionen feststeckt. Zugleich erhalten sie aus Politik und Wirtschaft, aber auch von anderen Stakeholdern, widersprüchliche Signale. Die Chancen und Risiken, die sich daraus ergeben, müssen angemessen prognostiziert und gemanagt werden. Um ihre Unternehmen erfolgreich durch diese Unwägbarkeiten zu steuern, brauchen die C-Levels Instrumente, mit denen sie relevante Veränderungen frühzeitig erkennen und einschätzen können. Der Climate Change Combat Radar (CCCR) ist ein solches Instrument. Er ermöglicht eine vorwärtsgerichtete Analyse dazu, wo, wann und wie sich klimapolitische Maßnahmen auf die Unternehmen, auf ihre Lieferanten sowie ihre Kunden bzw. die Konsumenten auswirken. Entscheider können damit weltweit exakt erkennen, an welchen Stellen sie handeln sollten und wie sich klimaschädliche oder kontraproduktive Aktivitäten vermeiden lassen. 1
Der Climate Change Combat Radar gibt Entscheidungsträgern frühzeitig Überblick zur besseren Steuerung ihrer Aktivitäten Übersicht – Der Climate Change Combat Radar ental e as top issue gene con ( Landfill tre ste Mun d per c f 3 Dif mpt rent ng e s e o Status der Wirksamkeit rate envir ate chang su fer ion vs. cha cau icipa apita ity en pe 19 gy 1 c Ca curiosity Haltung und ns u von Klimaschutzmaß- onm ce r c 90 rb r ate s as Public pe wa l wa Dif on c in e ap ) ated ro fe Clim climman ne on Erwartungen ‘p pe renc nahmen ste ne a re ut su t als rG ei su ra m r Hu res s g DP n C ac du l e pt y gegenüber dem it (20 O2 e n p ker i ne ion to iv Wie erfolgreich sind Ind tio ma ge r 19 mi Waste vs ssio l a y era cov die Maßnahmen? . 19 n 90 s pu lic Po n po nge apers Klimawandel ty GH En h a cie Ge ) o c s p ate new er mis So sio Climtop 3 Wie weit ist das gy sco n Em Munic re in iss ‘ ipal la waste ndfill target s ion s rs st o rs Inve ensity prop Bewusstsein und (Near) zero energy Waste Invest o Companies‘ climate die Einstellung 2 Maßnahmen und building targets Buildings Deforest ation Companies performance disclosure Significanc der Gesellschaft Richtlinien zum Klima- Deforest rgets ta ation ust ry Politi cs in UN Genee of climate change ral Assembly und der Politiker ind entwickelt? speech wandel einschließlich f f ic e polic ienc y y He avy In Pled Agre ges to P eme a nt ris Vorbereitung rgy l ve Ene dustria l st or C4 tria par 0 org rt in s po us ets und Umsetzung ticip an Po ind targ ns E atio izatio w inv SG lit s Tra ne tion et n n Power ics n bo alla rg es es foc ta hicl Welche Maßnahmen car inst ion ve to us rs o Cli cy hic n w fl Lo po ve tio iss ew les ma ar werden auf allen Cov bon ta l ht isla E ve tions ge i em r n car te s Subsid gy st hicle ro fo ies e-out lig leg targets Renewable electricity expansion targets erag x/ET Ze n ener Stakeholder-Ebenen on IC stric for sion e of S Coal phas s‘ re is ergriffen? for clea em Citie 2 CO Die Haltung führt zu Maßnahmen, Quelle Roland Berger die sich auf den Status auswirken Der Climate Change Combat Radar misst 31 Indikatoren entlang der drei Dimensionen "Attitude" (Einstellung), "Actions" (Maßnahmen) und "Status" (aktuelle Situation). Gemäß der Logik, nach der Einstellungen zu Maßnahmen und letztlich zu einer Veränderung der Situation führen, können Entscheider daraus vorausschauende Schlussfolgerungen für ihre eigenen Klimastrategien und -maßnahmen ableiten. Methodik Damit Entscheider praxistaugliche Handlungsempfehlungen erhalten, analysiert der Radar jedes der betrachteten Länder anhand der drei erwähnten Dimensionen. Die erste Dimension (Attitude) betrifft Einstellungen und Erwartungen zum Klimawandel und wird üblicherweise durch Umfragen und andere Forschungsmethoden ermittelt. Diese gehen der Frage nach, was die Bevölkerung über den vom Menschen verursacht- en Klimawandel denkt, wie die Leitmedien darüber berichten oder welche Informa- tionen die Unternehmen zu ihrer Klimaperformance veröffentlichen. Die zweite Di- mension (Actions) fokussiert sich auf Maßnahmen und Strategien zum Klimawandel einschließlich deren Vorbereitung und Umsetzung. Neben weiteren Indikatoren für eine robuste Klimapolitik berücksichtigt sie Strategien zur Steigerung der Energieeffi- zienz, Zielvorgaben für erneuerbare Energien sowie Vorschriften zur Dekarbonisierung des Transportwesens. Die dritte Dimension (Status) betrachtet schließlich die aktuelle Situation, d. h. die tatsächliche Wirksamkeit der Maßnahmen für den Klimaschutz. In diese Bewertung fließen Daten zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen, zur Vermeidung von Deponiemüll ("Zero Landfill"), zum Energieverbrauch pro Kopf sowie weitere Zahlen und Fakten ein, die Aufschluss über den Status der Klimaschutz- maßnahmen in einem Land geben. 2
"Mit dem Climate Für jeden gemessenen Indikator wurde eine kontextspezifische Bewertungslogik entwickelt, die Unterschiede bei der quantitativen Gewichtung einzelner Variablen Change Combat berücksichtigt. So bestand eine analysierte Variable z. B. aus der Bereitschaft der Radar können Wähler, für eine politische Partei zu stimmen, die sich nicht ernsthaft mit dem Klima- Führungskräfte wandel befasst. Als Grundlage hierfür dienten Daten, die bei der IPSOS Earth Day- Umfrage erhoben wurden. genau sehen, welche Auswirkun- Die vergebenen Werte bewegen sich auf einer Skala von 0 bis 5, basierend auf einem gen die Klimapoli- gleichgewichteten Durchschnitt der zugrundeliegenden Google-Trenddaten. Dabei tik in bestimmten entspricht ein Prozentsatz von unter 16 % einem Wert von 0, 16 bis 31 % entsprechen einem Wert von 1, 31 bis 41 % einem Wert von 2, 41 bis 51 % einem Wert von 3 und 51 Ländern auf ihr bis 76 % einem Wert von 4. Prozentzahlen über 76 % erhalten einen Wert von 5. Unternehmen ha- ben könnte." Durch die kontextsensitive, quantitativ belastbare Bestimmung der Indikatoren pro Land über einen bestimmten Zeitraum hinweg lassen sich Faktoren wie die absolute und die relative Veränderung beim Wahlverhalten messen. Diese Faktoren wirken sich wiederum auf die Einstellungen zum Klimaschutz aus und erlauben Rückschlüsse auf die künftige Wirksamkeit solcher Maßnahmen durch vorausschauende politische Veränderungen. Für die diesjährige Ausgabe des Radars wurden 31 Indikatoren in ebenso vielen Ländern untersucht. DAVID FRANS Der Climate Change Combat Radar folgt der einfachen Logik, dass Einstellungen zu Senior Partner Maßnahmen führen und damit letztlich zu einer Veränderung der Situation. Die Ergeb- nisse zeigen: Weltweit herrscht ein breiter Konsens dazu, dass der Klimawandel ein drängendes Umweltproblem und eine Folge menschlichen Handelns ist. Dass auch die politisch Verantwortlichen dies zunehmend erkennen, zeigen Zahlen wie die Häu- figkeit, mit der das Thema vor der UN-Vollversammlung zur Sprache kommt. Infolge der veränderten Einstellung zum Klimawandel ergreifen immer mehr Länder relevante Maßnahmen. Allerdings ist das Niveau dieser Maßnahmen nach wie vor sehr unter- schiedlich. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, gibt es bei den Status-Werten noch beträchtliches Verbesserungspotenzial, obwohl die weltweite Dekarbonisierung spürbar Fahrt aufnimmt. Europäische Länder bleiben Spitzenreiter beim Klimaschutz. Asien schließt auf, und auch die Einstellung im Nahen Osten und Amerika beginnt sich zu ändern. Insgesamt sind in allen drei Dimensionen – Attitude, Actions und Status – steigende Werte zu verzeichnen. Obwohl höhere Werte bei den Einstellungen und Maßnahmen auf ein zunehmendes Klimabewusstsein hinweisen, wurde die Status-Verbesserung 2020 überwiegend durch den gesunkenen Pro-Kopf-Energieverbrauch erzielt. Dieser dürfte allerdings ein Einmaleffekt der COVID-19-Pandemie gewesen sein. Langfristige Verbesserungen bei der aktuellen Situation benötigen einen tiefergehenden strukturel- len und nachhaltigen Wandel der Gesellschaft. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die in den drei Dimensionen erzielten Fortschritte von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen. Dabei korrelieren die regionalen 3
Climate Change Combat Radar Status world average ental e as top gene issue con Landfill tre ste Mun d per ca f Dif pt nt nge se o rate envir ate chang sum(curr fer ion vs. Durchschnitt weltweit cha cau icipa ity en pe 19 gy Ca curiosity ns onm ce r c 90 rb ate s as Public pe wa l wa ita Dif e on in e ap ) ated ro fe Clim climman ne con ‘p pe renc ste p n re ut su t a ls erg a rG ei su ra m Hu DP n C es ac idu 5 l e pt y pr ers it (20 O2 e ne ion to iv n k Ind o e r 19 mi i a rag vs ssio 4 lat ym ove . 19 n pu lic e c ers GH 90 s Po n po n g p Ge ) o cha spa mis 3 ate new sio Climtop 3 Munic sco n re in Haltung ipa 2 tors‘ waste l landfill Invesensity targets prop 1 (Near) zero energy Companies‘ climate building targets performance disclosure tion Significanc Deforestargets in UN Genee of climate change ta ral Assembly Pled speech y ienc Agre ges to P effic policy eme aris rgy l nt Ene dustria l C4 in tria par 0 org us ets tici an ind arg ES pat iza ew ion t ts inv G ion tion n t ge s n bo alla ar icle es foc car inst n t veh to us rs o Cli licy hic n ow i o fl po iss ew ve tio les L ma ar Cov bon tax ht isla E ve tions em r n ge car te s Subsidrgy st hicle ro fo ies e-out lig leg targets Renewable electricity expansion targets erag /ET Ze on IC stric ene for sion e of S Maßnahmen Coal phas s‘ re is r clean em Edition 1 (Q3 2020) Citie 2 CO fo Edition 2 (Q3 2021) Quelle Roland Berger Differenzen zwischen Schwellenländern wie Mexiko und Brasilien auf der einen und entwickelten Märkten wie Kanada und Singapur auf der anderen Seite damit, wie sehr die betreffenden Länder in den vergangenen Jahrzehnten zur Erderwärmung beigetra- gen haben. Nicht zuletzt verdeutlichen sie auch die Bereitschaft – und die Fähigkeit – der Staaten, veränderte Einstellungen in praktische Maßnahmen zu überführen. Gerade die Aufdeckung dieser Unterschiede macht den Radar so wertvoll für Entscheider. Mit seiner Hilfe können sie gezielte Strategien entwickeln, die das Prinzip des globalen Denkens und lokalen Handelns auf den Schutz des Weltklimas anwenden. Generell wird der weltweite Kampf gegen die Erderwärmung in allen drei Dimensionen mit größerer Entschlossenheit geführt. Wie die konkrete Situation jedoch tatsächlich aussieht, ist in hohem Maße von den Gegebenheiten in dem betreffenden Land bzw. der Region abhängig. Europa: Europa behält seine eindeutige Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel. Asien, Amerika und der Nahe Osten haben hier zwar noch Aufholbedarf, zeigen aber eine deutliche Verbesserung bei der Einstellung zum Klimaschutz. Mit einem durchschnittli- chen Gesamtwert von 2,85 liegen die europäischen Staaten deutlich vor dem Nahen Osten (1,19), Asien (2,19) und Amerika (2,17). Bei den Einstellungswerten verzeichnete Europa 2021 einen leichten Anstieg, obwohl das öffentliche Interesse in Ländern wie Schweden, Frankreich und den Niederlanden etwas zurückging. Die mediale Präsenz war in Ländern wie Dänemark, der Schweiz und Spanien rückläufig, während sie in Italien und den Niederlanden zunahm. Auch bei ihren Reden vor der UN-Vollversammlung machten europäische Staaten den Klimaschutz häufiger zum Thema als zuvor. 4
Höhere Attitude-Werte führten zu einer Intensivierung der politischen Maßnahmen. So verordneten sich die EU-Staaten seit der Verabschiedung des European Green Deal im April 2021 deutlich ambitioniertere Klimaziele, um die rigorosen EU-Vorgaben erfüllen zu können. Exemplarisch hierfür ist die milliardenschwere Förderung des Erneuerbare- Energien-Sektors, mit der Italien und Deutschland ihre Wirtschaft aus der COVID-Krise führen wollen. Parallel dazu zog Spanien seinen Kohleausstieg auf 2030 vor, während in Ländern wie Norwegen, Schweden und den Niederlanden ab 2030 nur noch emissions- freie Neuwagen auf die Straße dürfen. Hohe Status-Werte belegen, dass auch bereits ergriffene Klimaschutzmaßnahmen sowie Standortvorteile wie Zugang zu Wasserkraft und Geothermie zur Führungsposi- tion bestimmter europäischer Länder beigetragen haben. Mit hohen Werten in den Bereichen CO2-Emission und erneuerbare Energien schneiden Schweden, Island und die Schweiz hier besonders gut ab. Auch bei der Abfallvermei- dung gehen viele europäische Länder mit gutem Beispiel voran: Deutschland, Schweden und die Schweiz haben den sogenannten Zero-Landfill-Status bereits erreicht. Ander- norts, z. B. in Italien, Großbritannien und Rumänen, besteht bei der Vermeidung von Deponiemüll allerdings noch Handlungsbedarf. Asien: Asien steht auf Rang 2 bei den Klimaschutzmaßnahmen. Nachdem die Pandemie allmählich aus dem Fokus der Öffentlichkeit rückt, hält der Klimawandel wieder Einkehr in den politischen Diskurs. Entsprechend haben auch Maßnahmen zum Klimaschutz erneut Konjunktur. 2020 war COVID-19 das beherrschende Thema, mit dem Länder wie Singapur, Japan und Indonesien vor der UN-Vollversammlung auftraten. 2021 stand der Klimawandel stärker im Vordergrund, da das Abklingen der Pandemie den Staaten erlaubte, sich wieder mehr auf andere Themen zu konzentrieren. Dieser Trend macht deutlich, wie fragil die politische Aufmerksamkeit ist, die das Weltklima erhält: Die Klimakrise wird immer noch als langfristige, abstrakte Aufgabe betrachtet, deren Priorität herabgestuft werden kann, sobald dringlichere Aufgaben anstehen. Die leichte Verbesserung bei den Actions-Werten zeigt jedoch auch, dass die asiatischen Länder den Klimawandel nicht nur als reale Bedrohung erkannt haben, sondern ihn auch mit konkreten Maßnahmen bekämpfen wollen. Asiatische Großinvestoren richten ihre Entscheidungsprozesse zunehmend an ESG-Kriterien aus. In Indien berichtet der SBI Mutual Fund nun gemäß den Prinzipien für verantwortungsvolles Investieren (PRI) der UN-Finanzinitiative. Für eine Reihe von Asset-Klassen sollen demnach ESG-Kriter- ien bei Investment-Entscheidungen angewandt und eine ESG-konforme aktive Anlage- politik verfolgt werden. Auch East Print Investment in Singapur hat entsprechende Maßnahmen ergriffen. Weitere positive Beispiele sind die Einführung einer CO2-Bepreisung in China, der für 2030 anvisierte Kohleausstieg Japans und das Ziel der Regierungen in Japan und Singapur, ab 2030 nur noch Elektrofahrzeuge neu zuzulassen. In Japan werden zudem auf regionaler Ebene ehrgeizigere Ausbauziele für Erneuerbare formuliert. So wollen die Präfekturen Fukushima und Hokkaido im Jahr 2040 bzw. 2050 ihren Strom nur noch aus regenerativen Quellen gewinnen. In China sollen 2030 bereits 70 % der verkauften 5
Neuwagen elektrisch unterwegs sein, und regionale Maßnahmen wie Restriktionen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in bestimmten Städten unterstreichen die ambition- ierte Klimapolitik des Landes. Trotz dieser ermutigenden Entwicklungen lässt die aktuelle Situation in Asien noch "Die Klimakrise ist deutlich zu wünschen übrig. In den meisten asiatischen Staaten, darunter auch China eine fundamentale als weltgrößtem CO2-Emittent, ist die Nutzung fossiler Energieträger und die Abfallent- sorgung auf Deponien immer noch gängige Praxis. Um die inländische Stromerzeugung Herausforderung zu steigern, ist sogar der Bau zusätzlicher Kohlekraftwerke geplant. Da Asien mehr als für unsere Ge- die Hälfte der weltweiten Emissionen verursacht, wäre eine langfristige Verbesserung sellschaft. Sie lässt in dieser Weltregion ein wichtiger Beitrag zur Einhaltung des in Paris verabredeten 1,5-Grad-Ziels. sich nur meistern, wenn wir die länderspezifischen Amerika: In Amerika haben Veränderungen in der politischen Landschaft und mehr politischer Gegebenheiten Druck zu steigenden Einstellungswerten geführt. In den USA kehrte Trump-Nachfolger kennen und Joe Biden zum Pariser Klimaabkommen zurück, mit entsprechend positiven Auswirkun- auf lokaler Ebene gen auf den Actions-Wert. Gegenwärtig versucht der US-Präsident, weitere Gesetze durchs Parlament zu bringen, die dem Klimaschutz in den USA und anderswo neuen aktiv werden." Schwung verleihen würden, im diesjährigen CCCR jedoch noch nicht berücksichtigt sind. Bidens Maßnahmenpaket setzt in erster Linie auf massive Investitionen z. B. in den Erneuerbare-Energien-Sektor und weniger auf einen Umbau der gesetzlichen Rahmenbedingungen, für den sich in den USA nur schwer eine Mehrheit finden lässt. Falls das Paket wie geplant verabschiedet wird, wäre es ein Kickstart für den Klima- schutz auf dem amerikanischen Kontinent und ein echtes Vorbild für den COP26-Gipfel YVONNE RUF in Glasgow. Dessen ungeachtet verharren die Status-Werte der USA auf niedrigem Partner, Niveau, bedingt durch hohe Pro-Kopf-Emissionen, die anhaltende Abhängigkeit von Mitglied des Aufsichtsrats fossilen Energieträgern (weniger als 20 % der verbrauchten Energie stammen aus CO2-neutralen Quellen) und die Tatsache, dass mehr als 50 % aller Abfälle auf Deponien entsorgt werden. Auch die Vertreter Mexikos und Brasiliens sprechen vor der UN-Vollversammlung nun häufiger über den Schutz des Weltklimas. Ursache für den Sinneswandel ist vermutlich der steigende internationale Druck, dem sie sich ausgesetzt sehen. Brasilien hat zudem angekündigt, eine stärkere finanzielle Unterstützung seiner Klimaschutzanstrengungen durch wohlhabendere Staaten erreichen zu wollen. Dem steht die negative Klimabilanz des Landes sowohl bei den Maßnahmen als auch beim Status entgegen. So erreicht Brasilien nur einen Wert von 2 bei den Entwaldungszielen, die entscheidend für den Erhalt des Amazonas-Regenwalds sind, und entsorgt mehr als 90 % seiner Abfälle auf Deponien. Gleiches gilt für Mexiko, das immer noch auf fossile Energieträger setzt und ebenfalls mehr als 90 % seiner Abfälle deponiert. Naher Osten: Im Nahen Osten steigt das Bewusstsein für die Schwierigkeiten, vor denen Volk- swirtschaften stehen, die in hohem Maße von fossilen Energieträgern abhängig sind. Zugenommen hat auch die Sensibilität für die physischen Auswirkungen des Klimawan- dels auf die Lebensqualität in einer Region, die durch ausgedehnte Küstenabschnitte 6
und ein wüstenartiges Klima geprägt ist, das bei steigender Erwärmung noch lebens- feindlicher werden könnte. Vor diesem Hintergrund kann die erzielte Gesamtwertung gegenüber dem Vorjahr deutlich zulegen, insbesondere bei den Dimensionen Attitude und Actions. Angesichts der ökonomischen und physischen Folgen für das tägliche Leben haben auch die Nahost-Politiker den Klimaschutz für sich entdeckt, wie die Reden vor der UN-Vollver- sammlung belegen. Aktuelle Zahlen zu den national festgelegten Beiträgen (National Determined Contribu- tions, NDCs) zeigen zudem, dass die Sorge vor den Folgen des Klimawandels und damit auch der Wille zu seiner Bekämpfung steigt. Katar, Israel, Oman und Kuwait haben 2021 überarbeitete NDCs veröffentlicht. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben bereits 2020 nachgebesserte NDCs vorgelegt, während Saudi-Arabien und Ägypten ihre Beiträge noch nachjustieren müssen. Sichtbarer Ausdruck dieses Umschwungs sind die allmählich schärfer werdenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Nahen Osten. So haben sich Länder aus der gesamten Region erst kürzlich erstmals Ziele für den Umstieg auf erneuerbare Energien gesetzt. In Israel wurden darüber hinaus Restriktionen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor beschlossen. Trotz des unbestreitbaren Wandels der Einstellungen liegen die Nahoststaaten bei den Maßnahmen noch weit zurück. So gibt es in der gesamten Region keine Zielwerte für Nullenergiehäuser, und kein einziger Großanleger berichtet entsprechend den PRI-Prinzipien. Obwohl die Treibhausgas-Emissionen pro BIP-Einheit im Nahen Osten zurückgehen, schneidet die Region laut Climate Change Performance Index (CCPI) bei diesem Indikator weiter generell schlecht ab. Sinkende Emissionswerte könnten somit eher auf mangelndes Wirtschaftswachstum als auf eine echte CO2-Reduzierung zurückzuführen sein. Politik und Unternehmen müssen das aktuelle Momentum nutzen, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen. Die Analyse der 31 CCCR-Indikatoren zeigt ermutigende Ansätze und einen weitverbre- iteten Willen zu mehr Klimaschutz. Eine Kombination aus bekannten Faktoren und neuen Ereignissen hat der Bekämpfung des Klimawandels weltweit Auftrieb gegeben. Klimaaktivisten haben ihren steigenden Einfluss genutzt, um Regierungen und multi- nationale Unternehmen auf diesen Kampf zu verpflichten. Obwohl Umfragen auf ein gewisses Nachlassen des sogenannten "Greta-Effekts" hindeuten (der ein wesentlicher Treiber für steigende Attitude-Werte in den vergangenen zwei Jahren war), hat er in Ländern wie Schweden die klimakritische junge Generation zweifellos geprägt und wird dies auch weiter tun. Der Druck von Aktivisten, Investoren und aus der Mitte der Gesellschaft hat in den Schwellen- wie den Industrieländern ein spürbares politisches Momentum erzeugt. Europa steht an der Spitze des Kampfs gegen die Erderwärmung. Andere Märkte 7
dürften folgen, wenn veränderte Einstellungen zu konkreteren Klimazusagen und schlagkräftigeren Maßnahmen führen. Das "Fit for 55"-Programm der Europäischen Kommission und Chinas CO2-Bepreisung sind nur zwei Beispiele dafür, dass der Klima- schutz auf dem Vormarsch ist. Auch die USA planen ein Investitionspaket, das – so es denn verabschiedet wird – dem Klimaschutz in Amerika und darüber hinaus neuen Schub verleihen würde. Obwohl die COVID-19-Pandemie zu einem kurzen Nachlassen der politischen Aufmerk- samkeit geführt hat (sichtbar z. B. in den Reden vor der UN-Vollversammlung), setzen die Staaten – insbesondere in der Europäischen Union – vermehrt auf "grüne" Projekte für den Wiederanschub ihrer Volkswirtschaften. Ein ungeahnt blauer Himmel und klarere Gewässer infolge des Lockdowns haben bewiesen, dass sich die Ökosysteme schnell erholen können, wenn der Mensch ihnen nicht weiter zusetzt. Allerdings führte selbst der einjährige Quasi-Stillstand der Weltwirtschaft (eine extreme Maßnahme, die angesichts ihrer schwerwiegenden Folgen als klimapolitisches Instrument wenig taugt) 2020 nur zu einem geringen Rückgang der CO2-Emissionen um ca. 6 % ge- genüber 2019. Dieser geringe Rückgang zeigt, dass noch viel zu tun bleibt, um die Weltwirtschaft tatsächlich zu dekarbonisieren und Nachhaltigkeit sowie Resilienz ins Zentrum der Bemühungen um eine wirtschaftliche Erholung zu stellen. Wie viel Arbeit noch vor uns liegt, zeigt auch die Tatsache, dass es nur in wenigen untersuchten Ländern Zielvorgaben und Maßnahmen gibt, mit denen sich die globale Erwärmung auf 2°°C begrenzen lässt. Kein einziges Land wird nach derzeitigem Stand dem 1,5-Grad- Ziel gerecht. Um die globale Erwärmung aufzuhalten, braucht es daher eine Revolution, keine sanfte Reform. Tempo und Ausmaß dieser Revolution sind gewaltig, aber nicht völlig neu. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass große Vorhaben schnell umsetzbar sind, wenn der Hunger nach Veränderung in einer Gesellschaft so groß und weitverbreitet ist, dass er einen Umbau des Systems erzwingt. Zur Durchsetzung dieser Revolution braucht es globales Denken und lokales Handeln. Nur so kann die Orientierung in einem globalen Umfeld gelingen, das sich stetig verändert und in dem der Kampf gegen den Klimawandel unterschiedlich schnell und effektiv verläuft. Die gemeinsame Anwendung und Umsetzung internationaler Best Practices wird wichtig sein, um Maßnahmen zu beschleunigen und den Pfad zum 1,5-Grad-Ziel einzuschlagen. Ebenso wichtig bleibt es, die Situation in den Ländern vor Ort zu kennen, um die komplexen Zusammenhänge der Klimapolitik zu verstehen. Wir stehen vor einer Krise, die unsere Gesellschaft in ihren Fundamenten erschüttert und die sich als existentielle Bedrohung für die Menschheit erweisen könnte. Trotz der deprimierenden Folgen des lange vorherrschenden Paradigmas der fossilen Brenn- stoffnutzung birgt diese Krise aber auch eine einzigartige Chance: Menschen mit den verschiedensten Kenntnissen und Fähigkeiten können jetzt zusammenarbeiten, um unser Leben, unser Arbeiten und unseren Umgang miteinander neu zu gestalten. Instrumente wie der Climate Change Combat Radar können länderspezifische Empfe- hlungen und Einblicke bieten, mit denen Sie Ihr Unternehmen auf diese Revolution und auf die Welt danach vorbereiten können – auf eine dekarbonisierte, resiliente Zukunft. 8
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