Initiativbanking Pustet das Pandaland nur durch? Oder ist die Luft raus? - Wie sich Firmen jetzt neu erfinden - DZ Bank
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Initiativbanking Das Mittelstandsmagazin der WGZ BANK CHINAGESCHÄFT Pustet das Pandaland nur durch? Oder ist die Luft raus? 2 INNOVATIONSMANAGEMENT GOLD ISSN 1861-4213 Wie sich Firmen Was für ein jetzt neu erfinden Comeback spricht 2016
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Liebe Leserinnen, liebe Leser, 2016 ist laut chinesischem Tierkreiszeichenkalen- der das „Jahr des Affen“ – und damit der Überlie- ferung nach ein sehr bewegtes Jahr, in dem viel passieren kann. Der Jahresauftakt scheint diese – allerdings sehr vage gehaltene – Aussage bislang zu bestätigen. Die weltweite politische und wirt- schaftliche Situation war schon lange nicht mehr so angespannt und herausfordernd. Ob das Jahr HANS-BERND WOLBERG Vorsitzender des Vorstands der WGZ BANK letztlich positiv oder negativ verläuft, hängt nach Ansicht der Sternedeuter vor allem vom persönli- chen Einsatz jedes Einzelnen ab. Für mittelständische Unternehmer, die es ge- wohnt sind, tüchtig anzupacken und mit Wagemut nach vorn zu gehen, ist das keine sonderlich beunruhigende Botschaft. Eher Anlass zur Sorge bereitet dagegen die wirtschaftliche Situation in China. Der aktuellen Schwächephase und besonders der künftigen Entwicklung auf dem chinesischen Markt widmen wir die Titelgeschichte. Zugleich stellen wir eine in- teressante Entwicklung vor: Noch weitgehend unbemerkt von der breiten Öf- fentlichkeit, engagieren sich chinesische Firmen und Investoren zunehmend im deutschen Mittelstand. Was dahintersteckt und welche Möglichkeiten sich dar- aus ergeben, berichten wir ebenfalls in dieser Ausgabe von Initiativbanking. Im Rahmen unserer großen Auslandsserie beleuchten wir zudem einen neuen Schwellenmarkt, der nach und nach in den Fokus deutscher Unternehmer rückt: Kuba. Die langsame, aber stetige politische und wirtschaftliche Öffnung des In- selstaats könnte auch deutschen Exporteuren und Investoren der ersten Stunde Chancen eröffnen. Dabei gilt es vor allem, die rechtliche Situation auf diesem größtenteils unbekannten Terrain eingehend zu beleuchten. Wie immer wünsche ich Ihnen eine informative Lektüre. Ihr Foto: Frank Schemmann Initiativbanking 2/2016 3
I N H A L T 22 Titelgeschichte: Wechselt China wieder auf die Überholspur? Ein Vierteljahrhundert lang ging es mit den Wachstumszahlen in China nur steil berg- auf. Doch jetzt nimmt das Tempo stark ab, während die Risiken wachsen und die Fra- gezeichen vieler Investoren größer werden. Für deutsche Mittelständler bleiben die Chancen in Fernost dennoch gut. LESEN SIE WEITER AUF SEITE 22 S T A R T E N 3 Editorial 5 Impressum 6 TRENDS: Neubauinvestitionen gefördert Was Investoren über die Bundesbauprogramme wissen sollten. 8 Nur Mut! Wer sich nicht ständig neu erfindet, gerät schnell ins Hintertreffen. Mit welchen Tricks auch Mittelständler in ihren Unternehmen eine innovative Start-up-Atmosphäre schaffen. 13 Spezialseifen für den Globus 8 Aus NRW für die Welt: ein Porträt der Peter Greven GmbH & Co. KG Titelillustration: Jörg Block; Fotos: alphaspirit/Fotolia; Carsten Reisinger/Fotolia E N T W I C K E L N 14 Cuba libre Erst der Papst, dann Obama, jetzt deutsche Mittelständler: Die Welt entdeckt Kuba wieder. Doch gerade die rechtlichen Hürden sind hoch. Alles über Chancen und Risiken im Inselstaat. 18 Aus Alt mach Neu Bei Buhl-PaperForm dreht sich alles um effiziente Verpackungslösun- gen. Ökologie und Ökonomie befruchten beim Sieger des „Initiativ- 30 preises NRW“ der WGZ BANK einander perfekt. 4
I N H A L T CHINAGESCHÄFT Pustet das Pandaland nur 26 Die Chinesen kommen durch? Oder ist die Luft raus? Immer häufiger sprechen die neuen Anteilseigner Mandarin. Was China am deutschen Mittelstand liebt und wie die Ehen klappen. 28 Die Last liegt im Verborgenen Das Finanzierungsumfeld für Fusionen und Übernahmen ist günstig wie nie. Wären da nicht die Pensionsverpflichtungen ... 22016 F O R T F Ü H R E N 30 Der Glanz kehrt zurück Von seinem Höchstkurs ist Gold fast 50 Prozent entfernt. Doch als Beruhigungspille gewinnt das Edelmetall jetzt wieder an Bedeutung. Initiativbanking 2.0: 32 Gangbarer Mittelweg App und Web Die Zinszeiten für Stiftungen, die von ihren Erträgen leben müssen, sind hart. Besser ergeht es da den neuartigen Hybridstiftungen. Sie können Initiativbanking auch auf dem Tablet-PC 34 LEBEN: Sechs Tage an der Costa del Sol oder dem Smartphone iTunes App Store Andalusien bietet weit mehr als Sonne, Strand und gutes Essen. Die genießen. Die Gratis-App Region rund um Malaga verwöhnt auch Kulturreisende. Wir verlosen fünf Übernachtungen für zwei Personen im Tophotel in Nerja. gibt es im iTunes App Store und im Google Play Store. Google Play Store Nutzwert pur bietet unser monatlicher Newsletter Initiativbanking aktuell: http://magazin.initiativbanking.de uell 4 Initiativbanking akt für den Mittelstand 2016 Der WGZ BANK-Newsletter AKTUELL rt für den Mittelstand Zweischneidiges Schwe INHALT che hat tatsächlich umfangrei Aktuell verfluchen es. Das Ölpreistief billige Öl, die anderen • Zweischneidiges Schwert für den Die einen bejubeln das diese genau aussehen, lesen Sie hier. deutsche Wirtschaft. Wie Mittelstand Auswirkungen auf die aie. Ihr ver- Hinweise Preistief im Portemonn Preis • Impressum/ rechtliche d ist Doch das macht den günstigen mmen steigt, Die gute Nachricht: Deutschlan Segen für fügbares Nettoeinko längst nicht zu einem anderes üb- auf Ölimporte angewiese n – und sie haben mehr Geld für Ein Blick auf Praxistipps deutsche Unternehmen. elsumsätze seit Jahren rig – und die Einzelhand • Interview: „Ab der Jahresmitte wird der diese sind so günstig wie gen. die Bundesre- die vielfältigen Auswirkun Analyst Stephan nicht mehr. Während steigen stetig. Ölpreis wieder steigen“ eam Wie sich Unternehme n publik 2015 2,6 Millionen Tonnen Sporkmann aus dem Research-T • Sicher in die Zukunft: Angekurbelter Konsum darin einen sie gan- der WGZ BANK sieht wappnen Rohöl produzierte, musste 34 gegen steigende Ölpreise Ölheizer spüren das Autofahrer und Bruttoinlands- ze 90,6 Millionen Tonnen einkaufen. wichtigen Treiber fürs zunehmend Steuern produkt: „Das BIP ist abhängig. Das fängt r will Verfahrens- vom Konsum • Der Steuertipp: Gesetzgebe Exporte auf“, recht weitreichend ändern die zurückgehenden • Rechnungen mit Postfachadr esse oder Brief- sagt Sporkmann. zugsfähig kastensitz sind nicht vorsteuerab nskosten Niedrigere Produktio energiein- Kurz gemeldet Gewinner sind vor allem etwa Glas-, • Werkverträge: Welche ungeahnten Kosten tensive Industrien wie steller, die für Firmen dahinter stecken Metall- und Chemieher Unternehmen“ ger ange- • Buchtipp: „Das anständige stark auf den Energieträ • Webtipp des Monats Bitte lesen Sie weiter auf Seite 2. © xxx –1– I M P R E S S U M : Herausgeber: WGZ BANK AG Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank, Ludwig-Erhard-Allee 20, 40227 Düsseldorf, Agnes Meier (V. i. S. d. P.), www.wgzbank.de, initiativbanking@wgzbank.de Verlag und Redaktion: planet c GmbH, Kasernenstraße 69, 40213 Düsseldorf Geschäftsführung: Andrea Wasmuth (Vorsitzende), Thorsten Giersch, Holger Löwe Chefredaktion: Florian Flicke Redaktion: Anna Busch, Marcel Berndt, Florian Sievers, Heinz-Josef Simons, Sarah Sommer Projektleitung: Simon Flohr Artdirection: Sandra Bäcker Bildredaktion: Holger Lorenz Druck: Evers-Druck GmbH, Ernst-Günter-Albers-Straße, 25704 Meldorf Repro: TiMe GmbH ISSN: 1861-4213 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Verwendung nur mit Genehmigung. © 2016 WGZ BANK Bei diesem Dokument handelt es sich um erste Informationen, teilweise zur Werbung für Produkte der WGZ BANK. Es stellt keine Finanzanalyse im Sinne des § 34b WpHG, Anlageberatung, Anlageempfehlung oder Aufforderung zum Handeln dar. Die WGZ BANK übernimmt keine Verantwortung ID 2016-701597 Foto: oben901/Fotolia oder Haftung für einen Schaden, der sich aus der Verwendung dieses Dokuments oder der darin enthaltenen Angaben ergibt. Alleinige Entscheidungsgrundlage für den Kauf bestimmter Wertpapiere sollten die Prospektangaben sein. Diese finden Sie auf unserer Homepage www.wgzbank.de. Ausführungen zu steuerlichen Aspekten dienen nur einer ersten Unterrichtung. Zudem kann die steuerliche Behandlung künftigen Änderungen unterworfen sein. Zur abschließenden Beurteilung der persönlichen steuerlichen Situation empfehlen wir, einen Vertreter der steuerberatenden Berufe zu konsultieren. Für die Inhalte auf verlinkten fremden Websites trägt die WGZ BANK keine Verantwortung. Initiativbanking 2/2016 5
S T A R T E N TRENDS DER STEUERTIPP: Lohnen sich Neubauinvestitionen wieder? >>> Bezahlbarer Wohnraum ist knapp in „Liegen alle Voraussetzungen vor, können in den ersten beiden Jahren zusätz- Deutschland – es wird nicht genug gebaut. lich zur regulären Abschreibung von zwei Prozent jährlich die Anschaffungs- be- Als Reaktion plant die Bundesregierung, ziehungsweise Herstellungskosten des Gebäudes bis zu 2.000 Euro je Quad- den Mietwohnungsneubau mittels steuerli- ratmeter Wohnfläche mit je zehn Prozent und im dritten Jahr mit weiteren neun cher Sonderabschreibung zu fördern. Dr. Prozent zusätzlich vom Vermieter abgeschrieben werden. Der Rendite für die Martin Heyes, Steuerberater und Partner Vermieter von neu geschaffenem Wohnraum tut dies gut“, erklärt Heyes. bei KBHT in Neuss, erklärt die Einzelheiten. Ob die geplante Neuregelung einen signifikanten Beitrag zur Steigerung des Im Februar 2016 wurde der Regierungsentwurf Wohnungsbaus bewirken kann, bleibt aber fraglich. „Allein die Grunderwerb- des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus veröffent- steuererhöhungen der vergangenen Jahre und die Erhöhung der Baukosten licht; bereits im Mai 2016 könnte das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen durch neue Energiestandards (EnEV 2016) haben Immobilienkäufer mehr Ren- sein. Manchmal geht es schnell. Doch worum geht´s im Detail? Wer neue Ei- dite gekostet, als die geplanten Sonderabschreibungen maximal bringen kön- gentumswohnungen oder Gebäude vermietet, soll in den ersten drei Jahren Ab- nen“, meint der Steuerexperte. Es bleibt dabei: Die Kosten der Anschaffung be- schreibungen von in Summe bis zu 35 Prozent vornehmen können. Die Vermie- ziehungsweise Herstellung müssen in angemessenem Verhältnis zum zukünfti- tung von Neubauten wird damit interessanter. gen Ertrag stehen. Mit oder ohne Steuervorteil. Deckelung der Baukosten aus Angst vor „Luxuswohnungen“ Die Sonderabschreibungen sind auf Basis des Entwurfs indes an mehrere Vor- aussetzungen geknüpft. Begünstigt ist nur der Neubau in Gebieten mit „ange- spanntem Wohnungsmarkt“. Gemeint sind Regionen, in denen die Mietpreis- bremse gilt oder deren Mietniveau deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Zur Vermeidung der Förderung von „Luxuswohnungen“ ist zudem Vorausset- zung, dass die Baukosten 3.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche nicht über- steigen. Gebaut werden muss auf Basis von in den Jahren 2016 bis 2018 ge- stellten Bauanträgen. Letztmalig können Sonderabschreibungen 2022 in An- spruch genommen werden. Begünstigt ist, wer selbst baut oder im Jahr nach Fotos: Myriam Topel Fotografie; Natalie Prinz/Fotolia; flaticon.com; Rupert Oberhaeuser; Finanzbuch Verlag Fertigstellung erwirbt, wenn der Wohnraum anschließend für mindestens zehn Jahre vermietet wird. M O B I L E - PAY M E N T- S T U D I E Bargeld weltweit auf WELTWEITER MOBILE- PAYMENT-UMSATZ 823* dem Rückzug in Mrd. US-Dollar 605* >>> Als „fürchterlich teuer und ineffi- auch so weltweit auf dem Rückzug. Der 426* zient“ wurde Bargeld vor wenigen Monaten Markt für Mobile Payment legt schon seit Jah- von Experten auf dem Weltwirtschaftsforum ren kräftig zu und dürfte laut Schätzungen 285 in Davos bezeichnet. Und zumindest der der Strategie- und Innovationsberatung Ar- 500-Euro-Schein hat laut Europäischer Zent- thur D. Little bis Ende nächsten Jahres auf 2014 2015 2016 2017 ralbank bald ausgedient. Doch es braucht ei- mehr als 800 Milliarden US-Dollar angewach- gentlich gar keine Verbote – das Bargeld ist sen sein. *Prognose; Quelle: Arthur D. Little 6
S T A R T E N GESCHÄFTSZAHLEN 2015 DER WGZ BANK-GRUPPE DIE ZAHL: Vorsteuerergebnis klar gesteigert 18,3 Millionen ... Deutsche waren Ende 2015 Mitglied einer der 1.021 Genossenschaftsbanken hierzulan- de. Damit erhöhte sich die Zahl der Mitglieder im Vorjahresvergleich nochmals um netto 258.000 Personen. Die Kredite an Privatkun- den stiegen dank einer hohen Nachfrage nach langfristigen Baufinanzierungen verglichen mit dem Vorjahr um 4,8 Prozent auf 264 Mil- liarden Euro, meldet der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenban- ken e. V. (BVR). Der Marktanteil stieg um 0,4 Prozentpunkte auf 23,7 Prozent. Auch die Kundeneinlagen legten deutlich zu. Die Kre- ditbestände an Firmenkunden wuchsen laut Freude über gutes Geschäftsergebnis 2015: die WGZ BANK-Vorstandsmitglieder Michael Speth, BVR im Vorjahr um 4,7 Prozent auf 220 Mil- Dr. Christian Brauckmann, Hans-Bernd Wolberg (Vorsitzender), Karl-Heinz Moll und Uwe Berghaus (v. l. n. r.) liarden Euro. Der Marktanteil vergrößerte sich hier um 0,6 Prozentpunkte auf 18,6 Prozent. >>> Mit einem operativen Ergebnis von Das Volumen der Neuanträge kletterte um mehr 346,6 Millionen Euro nach IFRS hat die WGZ als 25 Prozent auf nahezu drei Milliarden Euro. BANK-Gruppe im Geschäftsjahr 2015 das bereits Unter Berücksichtigung von erheblichen außeror- gute Vorjahresresultat von 307,9 Millionen Euro um dentlichen Tilgungsleistungen stieg der gesamte 12,6 Prozent übertroffen. „Das Ergebnis reflektiert Fördermittelbestand um 1,9 Prozent auf die neue BUCHTIPP: besonders die positive Entwicklung im zinstragen- Höchstmarke von 13,9 Milliarden Euro. Bei wich- den Geschäft, die gute Risikoqualität der Kredit- tigen Förderprogrammen, wie etwa dem „KfW- Rente in 60 Minuten portfolios sowie die stabile Kostenentwicklung“, Unternehmerkredit“, ist die WGZ BANK nach wie >>> Schon das Wort sagte Hans-Bernd Wolberg, Vorstandsvorsitzender vor klarer Marktführer. „Altersvorsorge“ lässt der WGZ BANK, auf der Bilanzpressekonferenz viele Deutsche erschau- Mitte März. „2015 war ein ausgesprochen gutes Die zum Jahresende 2015 auf 14,6 Prozent gestärk- dern. Oft mangelt es auch Jahr für die WGZ BANK. Wir sehen in dem Jahres- te Kernkapitalquote der WGZ BANK übertrifft die Entscheidern und Besser- ergebnis den Lohn für unser konsequent an der Mindestvorgabe der Europäischen Zentralbank verdienenden an den nö- Realwirtschaft orientiertes Geschäftsmodell“, er- deutlich. tigen Grundkenntnissen, klärte Wolberg. um dieses komplexe und doch so wichtige Thema Im mittelständischen Firmenkundengeschäft OPERATIVES ERGEBNIS zu erfassen. Einschlägige wuchs der Gesamtbestand an Unternehmenskredi- DER WGZ BANK-GRUPPE Ratgeber sind oft unlesbar. In „1x Rente bitte“ ver- ten um mehr als 600 Millionen Euro oder 7,5 Pro- (NACH IFRS) in Millionen Euro mittelt Autor Sebastian Tonn nun auf schlanken gut zent auf 8,8 Milliarden Euro zum Jahresende 2015. 100 Seiten die notwendigen Basisinformationen – Hinzu kommen offene Zusagen in Höhe von 3,2 2015 346,6 von der Zinsfalle über die Inflation bis hin zum ak- Milliarden Euro. tienbasierten Vorsorgemodell. In nur einer Stunde 2014 307,9 Lesezeit, so das Versprechen, erfährt der Leser alles Im Förderkreditgeschäft hat die WGZ BANK ge- Wichtige rund um die Rente. Preis: 9,99 Euro, meinsam mit ihren zugehörigen Volksbanken und 2013 306,1 Finanzbuch Verlag, ISBN: 978-3-89879-972-0. Raiffeisenbanken die exzellente Marktposition im Quelle: WGZ BANK abgelaufenen Geschäftsjahr abermals behauptet. Initiativbanking 2/2016 7
S T A R T E N Wer Neues will, muss Neues wagen. Unternehmen brauchen vor allem eine Fehlerkultur und Offenheit für Kooperationen. Eine klassi- sche Forschungsabteilung allein reicht längst nicht mehr aus. Das Problem war Dr. Adrian Jung lange bekannt, doch ihm des Kölner Rheingold Instituts. „Man verlässt sich stärker auf die fehlte die Lösung: Seine Kunden wussten nicht, ob der auf- positiven Wendungen des Lebens. Gerade im Silicon Valley zeigt getragene Industriekleber die Maschinenteile auch zusammen- sich dieses freie Denken besonders ausgeprägt.“ Von hier aus wer- hält. Um hieran zu arbeiten, brauchte der Chemiker Zeit – und die keln IT-Riesen und Start-ups an der Zukunft unserer Welt und ver- holte er sich kurzerhand bei seinem Vorgesetzten. Der 40-Jährige suchen, mit Algorithmen traditionelle Geschäftsmodelle zu zer- durfte fortan 15 Prozent seiner Arbeitszeit mit Farben und Che- stören. Die von dort vorangetriebene Digitalisierung beschleunigt mikalien hantieren, die den Zustand des Klebers anzeigen sollten. zudem den Fortschritt in nie dagewesener Weise. „Die Innovati- Seine Fortschritte waren vielversprechend, am Ende forschten onszyklen werden immer kürzer“, erklärt Professor Dr. Philipp Ha- drei Mitarbeiter an seiner Seite an dem Projekt. Das Ergebnis: der berstock von der International School of Management in Ham- sogenannte Ampelkleber. Färbt er sich nach dem Auftragen grün, burg. „Viele Unternehmen haben kaum eine Chance, diese hohe dürfen die verklebten Teile belastet werden. Blau heißt, dass er zu Innovationsgeschwindigkeit allein mit eigenen Mitteln zu reali- lang oder falsch gelagert wurde und ausgetauscht werden muss. sieren.“ Um hier mitzuhalten, benötigen sie vor allem eines: Mut – zum Umdenken, für neue Innovationskulturen und zu Koope- Ohne Risikofreude keine Innovation rationen mit Start-ups sowie Konkurrenten. Dies ist eine von vielen Erfindungen, die beim Technologiekon- zern 3M Deutschland GmbH aus der sogenannten 15-Prozent-Re- Klaus Zimmermann sieht hier Nachholbedarf. „Wir haben vor al- gel entstanden sind. „Wir müssen vor dem eigentlichen Innovati- lem ein Problem bei der Finanzierung“, sagt der Geschäftsführer onsprozess neue Ideen generieren“, sagt 3M-Sprecher Stephan der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer. „Im Silicon Val- Rahn. Die Mitarbeiter sollen sich ausprobieren – mit offenem Ende ley sind es vielfach Deutsche, die die Finanzierung stellen, wie Ri- und der Möglichkeit, auch zu scheitern. Das ist bei 3M okay: Der sikoinvestor Peter Thiel. Wir brauchen eine ähnliche Kultur für ehemalige Chef William McKnight sagte einmal: „Mir ist es zehn- Wagniskapital in Deutschland.“ Das Stichwort lautet hier Corpo- mal lieber, wenn ein Mitarbeiter sich für einen gemachten Fehler rate Venturing: Dahinter stecken Unternehmen, die sich an Start- entschuldigt, als wenn er vorher um Erlaubnis fragt.“ Diese Aus- ups beteiligen und mit ihnen kooperieren. Gerade deutsche Kon- sage hat Früchte getragen: 2014 meldete 3M sein weltweit 100.000. zerne gründen zunehmend eigene Beteiligungsgesellschaften Patent an. 2015 hat Thomson Reuters 3M zum fünften Mal in Fol- oder sogenannte Inkubatoren, über die sie sich an Start-ups be- ge zu einem der 100 innovativsten Unternehmen der Welt gekürt. teiligen und mit ihnen zusammenarbeiten. Merck, Bosch, Vor- All das kommt nicht von ungefähr: „Innovation ist ohne Risiko werk, Tengelmann – die Liste an deutschen Namen, die sich an undenkbar“, meint Rahn. Start-ups beteiligen, ist lang. BMW investiert beispielsweise über seine Beteiligungsgesellschaft BMW i Ventures vor allem in Apps Fotos: alphaspirit/Fotolia Doch gerade deutsche Mittelständler scheuen allzu große Risiken. rund um Mobilität. So lassen sich über „JustPark“ Parkplätze su- Anders als sie hat 3M seine Wurzeln in den USA. Die Mentalität chen und reservieren und über „ChargePoint“ können Nutzer La- dort bringt Psychologin Patricia Sauerbrey Colton auf den Punkt: destationen finden. Corporate Venturing lohnt sich aber auch au- „No risk, no fun“, sagt die Vizepräsidentin der US-Niederlassung ßerhalb der Digitalisierung, wie der Fall BASF zeigt. Die Tochter Initiativbanking 2/2016 9
S T A R T E N „IM SILICON VALLEY SIND ES VIELFACH DEUTSCHE, DIE DIE FINANZIERUNG STELLEN, WIE RISIKOINVESTOR PETER THIEL. WIR BRAUCHEN EINE ÄHNLICHE KULTUR FÜR WAGNISKAPITAL IN DEUTSCHLAND.“ Klaus Zimmermann, Geschäftsführer der IHK Düsseldorf BASF Venture Capital engagiert sich bei vielversprechenden, auf übernommen – und beide wollen nun neue Märkte erobern. Ak- Chemie basierenden Technologien sowie neuen Materialien und tuell forschen sie an Kohlehydraten, mit denen sich Chemikalien Werkstoffen mit aussichtsreichen Marktchancen. in Klebstoffen ersetzen lassen. Allein hätte Evocatal ein solches Projekt nicht angehen können. „Sie müssen Wissen über die Tech- Partner können helfen nologie und den Markt bekommen“, sagt Eggert. „Es dauert Jahre, Der Aufwand fürs Corporate Venturing ist für kleinere mittelstän- ein solches Know-how selbst aufzubauen. Mit einer Übernahme dische Unternehmen allerdings oft zu groß. Doch auch sie können geht das deutlich schneller.“ durch strategische Partnerschaften profitieren und innovativer werden. Ein Beispiel ist das 25 Mitarbeiter starke Biotechnologie- Ein weiterer Aspekt macht vor allem Start-ups zu attraktiven unternehmen Evocatal aus Monheim bei Düsseldorf, das Enzyme Übernahmekandidaten für etablierte Unternehmen, findet Dr. für die Pharmabranche herstellt. Nach dreijähriger Kooperation Marc-Oliver Reeh, Geschäftsführer des Center for NFC Manage- mit dem Potsdamer Kohlehydratehersteller Aevotis hat es Anfang ment an der Leibniz Universität Hannover: „Sie haben eine locke- 2015 die Mehrheitsanteile des kleineren Partners übernommen. re, offenherzigere Unternehmenskultur, in der Ideen viel einfa- Damit hat sich Evocatal auf einen Schlag einen neuen Markt er- cher entstehen und umgesetzt werden können.“ Er berät Mittel- schlossen – und will hier mit Innovationen wachsen. Die hinzu- ständler und weiß: „Wenn ich in etablierten Unternehmen etwas gekaufte Firma stellt hauptsächlich Kohlehydrate her, die etwa Zu- verändern will, sind mir erst mal die Hände gebunden“, so Reeh. cker und Fett in Lebensmitteln ersetzen. „Wenn eine Salatsauce „Unternehmen sind hierarchisch aufgebaut und es gibt bestimm- gut mundet, dann weil dort Fett drin ist“, erklärt Evocatal-Chef Dr. te Abstimmungsprozesse. Das wirkt der Innovationskraft entge- Thorsten Eggert. „Wenn Sie aber das Fett rausnehmen, dann gen.“ Ziel ist es daher, eine Innovationskultur zu schaffen. schmeckt die Sauce nicht mehr und hat eine merkwürdige Kon- sistenz.“ Hier setzen die Kohlehydrate von Aevotis an: „Sie besit- Erfinden heißt nicht Geld verbrennen zen die gleichen Eigenschaften wie das Fett, der Körper kann sie Auch in einem Umfeld, in dem Mitarbeiter Freiheiten bekommen, aber nicht aufnehmen, da sie wie Ballaststoffe funktionieren“, sagt sich ausprobieren und auch mal Fehler machen dürfen, braucht Eggert. Unterm Strich heißt das weniger Kalorien für den Kunden. es eine gewisse Struktur. Für diese hat beispielsweise 3M gesorgt. „Wir wollen ja kein Geld verbrennen“, erklärt Stephan Rahn. Da- Start-ups als begehrte Übernahmekandidaten her gibt es eine Onlineplattform, auf der alle vergangenen und ak- „Das ist das Alleinstellungsmerkmal von Aevotis“, sagt Eggert. Und tuellen Forschungsprojekte weltweit aufgeführt sind. Bevor Mit- davon wollte er profitieren. Das erste Mal hörte er von ihrem Ge- arbeiter eine Idee weiterverfolgen, können sie hier schauen, ob Fotos: alphaspirit/Fotolia (6); foto-anhalt.de schäft, als die Potsdamer 2012 auf Evocatal zukamen, weil sie En- schon andere Kollegen daran arbeiten oder gearbeitet haben. zyme für ihre Kohlehydrateproduktion brauchten. Diese lieferte Wenn das der Fall ist, können sie diese fragen, wie weit sie sind, Eggert ihnen – und erkannte, in welch vielversprechendem Markt woran es hapert oder warum ein Projekt eingestellt wurde. sie sich bewegen. Als bei Aevotis ein Hauptkunde absprang und das Unternehmen Insolvenz anmelden musste, schlug seine Stun- Einen direkten Austausch gibt es zudem vor Ort in den „Think- de: „Wir haben uns überlegt, wie wir Aevotis mit seiner hervorra- tanks“. Hier sitzen Kollegen aus verschiedenen Abteilungen zu- genden Mannschaft und Technologie retten können, sodass beide sammen, die Ideen besprechen und sich gegenseitig Input geben. Seiten davon profitieren.“ Evocatal hat schließlich die Mehrheit Erscheint ein Gedanke vielversprechend, dann kann sich ein Mit- Bitte lesen Sie weiter auf Seite12. 10
S T A R T E N INTERVIEW „DAS SCHLAGWORT LAUTET COOPETITION“ Allein können Mittelständler die immer kürzeren Innovationsrhythmen kaum stemmen. Eine Lösung bietet Corporate Venturing, meint Professor Dr. Philipp Haberstock von der International School of Management in Hamburg. Corporate Venturing klingt eher nach Silicon Welche disruptiven Geschäftsmodelle können Valley als nach Eifel oder Münsterland. Spielt dem industriell geprägten deutschen Mittel- das Thema überhaupt eine Rolle für den deut- stand Konkurrenz machen? Die klassischen schen Mittelstand? Beispiele kommen schließlich aus dem Dienst- Absolut. Zunächst denkt man tatsächlich an leistungssektor: Airbnb, das die Hotelbranche Google oder Apple, die Start-ups kaufen. Aber angreift, und Uber, das der Taxibranche gefähr- dahinter steckt schlichtweg das Thema Offen- lich wird. heit für Kooperationen. Häufig herrscht im Ein anderes Beispiel ist Tesla, ein klassisches Mittelstand noch die Einstellung vor, lieber für Industrieunternehmen, das in Sachen Elektro- sich zu arbeiten und bloß kein Wissen an Wett- mobilität von deutschen Autobauern Marktan- bewerber weiterzugeben. Dabei wird der Aus- teile gewinnt. Hierfür braucht es leichte Bat- tausch immer wichtiger. Das kann eine For- terien – ein Feld, das zum traditionellen Spe- schungs- oder Vertriebskooperation sein, die zialgebiet deutscher Ingenieure zählt. Oder irgendwann möglicherweise zu einer Kapital- nehmen Sie Apple und Google, die selbstfah- verflechtung führt. Ein Schlagwort lautet hier rende Autos entwickeln und deutschen Play- vestments oder sie gründen eine Beteiligungs- „Coopetition“, eine Wortschöpfung aus „Com- ern gefährlich werden können. Das zeigt: Auch gesellschaft, die dieser Aufgabe nachkommt. petition“ und „Cooperation“. die deutsche Industrie ist vor dem Wettbe- Diese ermöglicht, unabhängiger und fokus- werb aus dem Silicon Valley nicht sicher. sierter vorzugehen. Unternehmen haben schon immer expandiert und fusioniert, um neue Technologien und Und Start-ups können hier helfen? Nun hat nicht jeder Mittelständler die Res- Kompetenzen zu akquirieren. Somit ist Corpo- Ja. Unternehmen müssen herausfinden, ob es sourcen, eine eigene Beteiligungsgesellschaft rate Venturing doch nichts Innovatives, oder? irgendwo Technologien und Geschäftsideen zu gründen. Doch. Der Begriff steht schließlich für eine kla- gibt, die zu ihrem Unternehmen passen – und Das stimmt. Sie können aber strukturierte Ab- re Strategie und systematische Marktbeob- die sie für sich nutzen können. läufe festlegen, um Kooperationen und Über- achtung bei Beteiligungen und Übernahmen. nahmen einzugehen und zu fördern. Wenn sich Unternehmen stellen sich die Frage: „Welche Wie sollten Mittelständler dabei vorgehen? dann eine Gelegenheit ergibt, kann die Part- disruptiven Technologien und Geschäftsmo- Man unterscheidet zwischen internem und ex- nerschaft schnell und effizient von einzelnen delle entstehen im Markt, die eine Bedrohung ternem Corporate Venturing. Das heißt, ent- Unternehmenseinheiten oder zentral, etwa für das existierende Geschäftsmodell darstel- weder kümmern sich die Unternehmen eigen- vom Bereich Unternehmensentwicklung, ge- len könnten – oder aber eine Chance bieten?“ ständig um mögliche Kooperationen und In- steuert werden. Initiativbanking 2/2016 11
S T A R T E N „WIR MÜSSEN VOR DEM EIGENTLICHEN INNOVATIONSPROZESS NEUE IDEEN GENERIEREN.“ Stephan Rahn, Unternehmenssprecher von 3M Deutschland GmbH arbeiter damit für den Innovationsprozess bewerben. Ist das zu- Unternehmen müssen nur bereit sein, ihren Mitarbeitern diese ständige Entscheidungsgremium überzeugt, muss die Entwick- Freiräume zu lassen – und akzeptieren, dass einige Ideen auf dem lung sieben Phasen durchlaufen, bevor sie auf den Markt kommt. Weg scheitern können. Doch unter den wenigen Innovationen, Dabei geht es um Fragen wie: Ist das Projekt von der Produktion die es schaffen, kann das „nächste große Ding“ sein, das alle su- her zu stemmen? Gibt es einen Markt dafür? Am Ende jeder Pha- chen. Um den steinigen Weg dorthin zu gehen, braucht es vor al- se entscheidet ein Gremium darüber, ob es weitergeht oder nicht. lem eines: Mut. „Das ist ein Stresstest für Ideen“, sagt Rahn. HELFENDE HÄNDE Der Staat hält mittelständischen Unternehmen, die innovativer werden wollen, auf viel- fältige Weise den Rücken frei – ein Blick auf die Fördermöglichkeiten. ERP-Innovationsprogramm fähig sind Unternehmen mit weniger als 500 Mit- nologien. Sie sollen Produkte und Prozesse entwi- Mit dieser KfW-Förderung können Unternehmen arbeitern und weniger als 50 Millionen Euro ckeln können, um erfolgreich am Markt zu bestehen. ihre marktnahe Forschung sowie die Neu- und Wei- Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von Die Firmen müssen sich mit mindestens 50 Prozent terentwicklung von Produkten, Produktionsverfah- höchstens 43 Millionen Euro. an den zuwendungsfähigen Kosten beteiligen. Das ren und Dienstleistungen finanzieren. Hierfür gibt www.zim-bmwi.de maximale Projektvolumen ist vom Leistungsvermö- es einen klassischen Kredit mit einem effektiven gen der beteiligten KMU abhängig. Als KMU defi- Zinssatz weit unter Kapitalmarktniveau. Hinzu KfW-Unternehmerkredit Plus niert das Forschungsministerium Firmen mit weniger kommt ein Kredit mit weitgehendem Eigenkapital- Innovationskraft und Dynamik sollen belohnt wer- als 250 Beschäftigten sowie einen Jahresumsatz von charakter, mit dem die KfW bis zu 60 Prozent des den. Die KfW unterstützt daher Mittelständler und höchstens 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanz- Risikos übernimmt. Gefördert werden mehrheitlich Freiberufler, die in den vergangenen 24 Monaten summe von höchstens 43 Millionen Euro. im Privatbesitz befindliche Unternehmen, die seit einen Innovationspreis oder ein gewerbliches www.kmu-innovativ.de mindestens zwei Jahren im Geschäft sind und einen Schutzrecht erhalten haben. Hinzu kommen Firmen, Gruppenumsatz von höchstens 500 Millionen Euro deren Umsatz oder Beschäftigtenzahl drei Jahre go-Inno aufweisen. hintereinander je um mehr als 20 Prozent gestie- Oft fehlt es an Zeit, Geld und Personal, um stets auf www.kfw.de gen sind. Sie erhalten einen Investitions- und Be- dem neusten Stand von Technik, Managementme- triebsmittelkredit von bis zu 7,5 Millionen Euro. Der thoden und Prozessgestaltung zu sein. Hier gibt es Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand effektive Zinssatz liegt dabei weit unter dem Kapi- Beratungsbedarf. Mit seinen Innovationsgutschei- (ZIM) talmarktniveau. nen (go-Inno) fördert das Bundeswirtschaftsminis- Mittelständler, die neue Produkte, technische www.kfw.de terium bis zu 50 Prozent der Ausgaben für externe Dienstleistungen oder bessere Produktionsprozes- Innovationsberatung durch ausgewählte Bera- se entwickeln wollen, stehen nicht allein da. Das KMU-innovativ tungsunternehmen. Förderfähig sind Firmen mit Bundeswirtschaftsministerium unterstützt sie mit Das Bundesforschungsministerium unterstützt damit weniger als 100 Mitarbeitern sowie einem Jahres- bis zu 380.000 Euro für ihre Vorhaben. Forschungs- kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter ande- umsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens einrichtungen, die mit den Unternehmen zusam- rem aus der Biotechnologie, der Medizintechnik so- 20 Millionen Euro. menarbeiten, erhalten bis zu 190.000 Euro. Förder- wie aus den Informations- und Kommunikationstech- www.innovation-beratung-foerderung.de 12
S T A R T E N produkten stecken. Die Metallseifen verleihen Produkten be- stimmte Eigenschaften, wirken trennend, gelierend oder stabili- sierend. So können Cremes besser emulgiert werden, das Papier, aus dem die Zeitung hergestellt wird, haftet nicht an den Druck- AUS NRW walzen und bei der Pressung von Tabletten wird Magnesiumstea- rat als Tablettierhilfsmittel eingesetzt. In der Produktion dieser FÜR DIE chemischen Verarbeitungshilfsstoffe ist Peter Greven Weltmarkt- führer. In fast jeder Tablette weltweit steckt Magnesiumstearat, WELT das in der Fabrik in den Niederlanden hergestellt wurde. Aus der kleinen Seifenfabrik, 1923 gegründet, ist ein hoch spezi- alisiertes Chemieunternehmen geworden. Heute ist die Firmen- gruppe international aufgestellt, verfügt neben dem Stammsitz und den zwei Produktionsstandorten im niederländischen Venlo und im malaysischen Penang auch über zwei Vertriebsbüros in Frankreich und den USA. So beliefert sie Kunden aus über 85 Län- dern – in erster Linie Kunststoffhersteller, Unternehmen der Bau- und Papierindustrie, Lebensmittel- wie Futtermittelproduzenten, SPEZIALSEIFEN Kosmetikfirmen sowie Pharmakonzerne. Die WGZ BANK beglei- tet diese Entwicklung als langjährige Hausbank. FÜR DEN GLOBUS In Asien, vor allem in China, ist die Nachfrage enorm. Da die Transportkosten für die zwar leichten, aber sehr voluminösen Produkte hoch sind, beschloss man vor Jahren, auch auf diesem Kontinent zu produzieren – doch nicht im Reich der Mitte. „Der In den vergangenen rund 90 Jahren hat sich die Firma chinesische Markt ist interessant, aber zu risikoreich“, sagt Ge- Peter Greven vom Seifenhersteller zum international aufge- schäftsleitungsmitglied Werner Heiliger. „Die Gefahr, dass unsere stellten Chemieunternehmen und zu einem der Weltmarkt- individuell konzipierten Anlagen kopiert würden, war einfach zu führer entwickelt. Heute produziert das Unternehmen unter groß. Zudem ist dort das Qualitätsbewusstsein oft nicht hoch – das anderem Metallseifen, universelle Verarbeitungshilfsstoffe für fängt schon mit der Verpackung an.“ Die Wahl fiel auf Malaysia, ein Land mit einem westlich orientierten Rechtssystem und sta- viele Industrieprodukte. bilem politischem Umfeld. „Wir können von Malaysia aus sehr gut den chinesischen Markt bedienen, der für uns ein enormes Ent- Wenn wir uns morgens das Gesicht eincremen, eine Zei- wicklungspotenzial besitzt: Von 2010 bis 2015 ist unser Umsatz tung lesen und danach gegen den Kopfschmerz eine Tab- dort von 250.000 Euro auf 1,2 Millionen Euro gestiegen.“ lette einnehmen, sind wir schon drei Mal mit der Peter Greven GmbH & Co. KG in Berührung gekommen. Das mittelständische Das Unternehmen hat sich inzwischen den verantwortungsvollen Familienunternehmen aus Bad Münstereifel stellt Metallseifen Umgang mit natürlichen Ressourcen auf die Fahne geschrieben. her, chemische Allroundtalente, die als Verarbeitungshilfsstoffe „Dies bedeutet für uns weitaus mehr als das Einhalten der Geset- dienen und als sogenannte Additive in verschiedenen Industrie- ze“, betont Heiliger. „Alle Produkte unseres Hauses basieren auf natürlichen Rohstoffen und wir engagieren uns für den zertifizier- ten, nachhaltigen Anbau von Palmöl.“ PETER GREVEN GMBH & CO. KG Gründungsjahr: 1923 Produkt: chemische Verarbeitungshilfsstoffe und Additive für die Fotos: Peter Greven GmbH & Co. KG Kunststoff-, Papier-, Schmierstoff-, Bau-, Lebensmittel-, Futtermittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie Zahl der Mitarbeiter weltweit: 350 Hauptmärkte: Europa, USA, Asien Spezialchemie für 85 Länder: Die Chefs Werner Heiliger, Peter Greven und Dr. Her- Jahresumsatz 2015: 120 Millionen Euro mann-Josef Stolz (von links) sind mit ihrem Unternehmen rund um den Globus präsent. 13
14 KUBA E N T W I C K E L N Illustrationen: Jörg Block (3); Fotos: rmnoa357/Shutterstock; JiSign/Fotolia, luckinout/Fotolia; unverdorben jr/Shutterstock
E N T W I C K E L N AUSLANDSOFFENSIVE Kuba CUBA LIBRE Die Beziehungen zwischen Kuba und den USA entspannen sich. Viele Unternehmer hoffen daher nun auf eine historische Chance, in dem über Jahrzehnte abgeschot- teten Land gute Geschäfte zu machen. Doch Landeskenner dämpfen die Euphorie: Die Hürden für den Markteintritt in Kuba bleiben hoch. Alle wollen nach Kuba. Vor allem Touristen haben es eilig, etwas überrascht. Die Familie des Berliner Unternehmers macht die Karibikinsel zu bereisen – denn sie fürchten, der speziel- bereits in zweiter Generation in Kuba Geschäfte. Seit den 1970er- le Charme des sozialistischen Kubas könnte schon bald verloren Jahren pflegt die Familie geschäftliche Beziehungen zu dem Land, gehen. Schnell noch mal hin, bevor es zu voll, zu teuer, zu ameri- seit 1995 vertritt der älteste Bruder Frank-Peter Apel mit einer ei- kanisch wird: So lautet das Motto, das der Insel seit dem vergange- genen Repräsentanz auf Kuba vor allem deutsche Unternehmen nen Sommer einen noch nie gesehenen Tourismusboom beschert. vor Ort als Handelsvertreter. „Mein Eindruck ist, dass das Ausmaß Aber Touristen sind nicht die Einzigen, die derzeit in Scharen nach und die Geschwindigkeit des Wandels derzeit von vielen Unterneh- Kuba reisen. Auch hochrangige Politiker und zahlreiche Unterneh- mern überschätzt werden“, sagt Apel. Im Januar 2016 war der Un- mer aus Europa, Kanada, Südamerika, Asien und vor allem den ternehmer als Teil einer großen Wirtschaftsdelegation mit Bundes- USA geben sich seit einigen Monaten in den kubanischen Ministe- wirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Kuba. „Viele Unternehmer in rien die Klinke in die Hand. Sie wollen schnell hin, bevor andere der Delegation kamen mit der Erwartung, Politiker mit ihren Wirtschaftsdelegationen oder einflussreiche dass die Öffnung des Landes in vol- internationale Großkonzerne sich die großen und vielversprechen- lem Gange sei“, berichtet Apel. den Infrastrukturgeschäfte schnappen, die auf der Insel bald zu „Die waren dann zum Teil sehr vergeben sein werden. ernüchtert, als sie feststell- ten, dass etwa die geplante Strenge Auflagen schrecken manchen ab neue Sonderwirtschaftszo- Andreas Apel beobachtet die aktuelle Kuba-Euphorie und Auf- ne gerade erst gebaut wird. bruchsstimmung bei Wirtschaftspolitikern und Unternehmern Und dass die Auflagen für Initiativbanking 2/2016 15
E N T W I C K E L N KUBA ausländische Unternehmen, die im können“, urteilt Diego Alvarez, Experte der WGZ Land Geschäfte machen wollen, BANK für den lateinamerikanischen Markt. Zu- nach wie vor streng sind.“ mal die Projekte, wenn sie denn kämen, voraus- sichtlich als lukrative Großaufträge vom kubani- Ausgelöst hat den Kuba-Hype die his- schen Staat vergeben würden. Doch Alvarez torische Annäherung zwischen dem dämpft die Erwartungen gleich wieder: „Wer auf sozialistischen Inselstaat und den eine vollständige Öffnung des Markts und USA. Mit dem US-Handelsembargo eine Normalisierung der Anfang der 1960er-Jahre war auf Rahmenbedingungen für Kuba die Zeit stehen geblieben: Geschäfte mit ausländi- Die Kubaner mussten weit- schen Unternehmen war- gehend mit dem auskom- tet, wird noch viel Geduld men, was auf der Insel pro- haben müssen.“ duziert und repariert werden konnte. Erst unter Der Staat hat weiter das Sagen US-Präsident Barack Obama Denn die Tür zum bislang weitgehend kam es nach 50 Jahren Eiszeit zwischen den Ländern schrittweise verschlossenen kubanischen Markt habe sich durch die aktuellen zu Lockerungen der Handelsbeschränkungen. Nun, so hoffen viele Ereignisse maximal einen kleinen Spalt weit geöffnet, sagt WGZ Beobachter, könnte das Embargo in naher Zukunft vollständig fal- BANK-Experte Alvarez. „Allein die Tatsache, dass sich die USA und len – oder zumindest durch zahlreiche Ausnahmegenehmigungen Kuba langsam annähern, ist noch kein Zeichen dafür, dass das Land de facto wirkungslos werden. nun eine vollständige Abkehr vom sozialistischen System plant“, betont er. Der Staat wolle das System vorsichtig modernisieren, Damit würde sich für Unternehmer ein nahezu unberührter Markt nicht aber abschaffen. „Nüchtern betrachtet gilt weiterhin: Der mit gigantischem Nachholbedarf öffnen: Industrie, Landwirtschaft, Staat hat in Kuba das Sagen. Es gibt einen Wandel hin zu mehr Immobilien- und Tourismusbranche, Energie- und Wasserversor- Privatwirtschaft, aber er geht sehr langsam und in kleinsten Schrit- gung, die gesamte Infrastruktur auf der Insel müsste schließlich ten vonstatten“, meint Alvarez. „Man muss vor diesem Hintergrund dringend erneuert und ausgebaut werden. „Dieser Nachholbedarf sagen: Es gibt tatsächlich wenige Länder in Lateinamerika, in de- bietet tatsächlich potenziell große Chancen für ausländische Un- nen es derzeit so knifflig ist, Geschäfte zu machen, wie in Kuba. Und ternehmen, die mit moderner Technik und Know-how punkten das wird noch eine Weile so bleiben.“ DIE WICHTIGSTEN WIRTSCHAFTSZWEIGE AUF KUBA Der kubanische Staat investiert vor allem in den Ausbau der Wirtschaftszweige, mit denen das Land weniger abhängig von Im- porten wird und die Devisen ins Land spülen. Erdöl Havanna Nickelaufbereitung Tourismus Petrochemie Foto: HandmadePictures/Fotolia Tabak Zucker Quelle: GTAI 16
E N T W I C K E L N Wer jetzt einen Fuß in den Türspalt bekommen will, um langfristig Zuge zu kommen, berichtet Apel. „Während US-Konzerne dann ihre von einer schrittweisen weiteren Öffnung des kubanischen Mark- eigenen Finanzierungstöchter ins Spiel bringen können, brauchen tes zu profitieren, muss also viel Geduld mitbringen – vor allem für deutsche Unternehmen Bankpartner in der Heimat, die sie unter- die Bürokratie. „Der kubanische Staat bestimmt darüber, wer in stützen und die Besonderheiten des Markts kennen.“ Kuba Geschäfte machen darf. Und an wen die nach wie vor spärli- chen Devisenressourcen fließen dürfen“, erklärt Johannes Hauser, So sind etwa klassische Hermes-Absicherungen für Kuba-Geschäf- Geschäftsführer der für Kuba zuständigen AHK Zentralamerika/ te nur schwer zu bekommen – es gibt lange Wartelisten bei der Karibik mit Sitz in Guatemala. Das hat weitreichende Folgen. Wer Exportagentur, weil die für Kuba bereitgestellten Mittel begrenzt direkt in Kuba investieren und eine Niederlassung eröffnen will, sind. Aber ohne Absicherung geht es nicht. „Wer nicht langjährige darf dies nur tun, wenn er zuvor bereits für mindestens drei Jahre und enge Beziehungen zu seinen Geschäftspartnern hat, sollte Ge- ein Geschäftsvolumen von 500.000 US-Dollar auf dem kubani- schäfte in Kuba nicht ohne unwiderrufliches Zahlungsakkreditiv schen Markt abgewickelt hat. „Das ist natürlich ein Henne-Ei-Pro- abwickeln, möglichst mit einer zusätzlichen Absicherung durch blem“, sagt Hauser. „Ich muss nachweisen, dass ich schon Geschäf- eine internationale Bank“, sagt Olaf Kleinstück, Experte für inter- te gemacht habe, bevor ich überhaupt in den Markt komme.“ nationale strukturierte Finanzierungen der DZ BANK. „Und Geduld ist wichtig: Verzögerungen und lange Wartezeiten muss man als Die richtige Liste entscheidet Unternehmer unbedingt einkalkulieren“, führt er aus. Der erste Schritt zum Markteintritt führt daher in aller Regel über Exportgeschäfte nach Kuba. Ganz einfach ist allerdings auch das Unterm Strich, fasst Kuba-Pionier Apel zusammen, bleibe der ku- nicht: Unternehmen, die Handel mit Kuba betreiben wollen, müs- banische Markt einer mit vielen Besonderheiten. „Erfolgreich kann sen es erst einmal auf eine Lieferantenliste der für die jeweilige man hier dann sein, wenn man bereit ist, sich auf die besonderen Branche zuständigen Importbehörde schaffen. Erst dann darf man Marktbedingungen einzulassen. Und wenn man die Geduld mit- sich um die zentral von den Behörden vergebenen Aufträge bewer- bringt, um langfristig Vertrauen und verlässliche Beziehungen auf- ben. „Auf die Listen kommt man wiederum nur dann, wenn die zubauen.“ eigenen Produkte auf der Prioritätenliste des Staates stehen“, sagt Hauser. Priorität hat alles, was die Devisenreserven des Landes stärkt: Das sind Branchen wie der Tourismus, aber zum Beispiel auch Technik für mehr Energieeffizienz, mit der Kuba unabhängi- ger von Ölimporten werden will; außerdem die Landwirtschaft und NISCHENMARKT MIT die Ernährungsindustrie. „Für Unternehmer ist es vor diesem Hin- WACHSTUMSPOTENZIAL tergrund empfehlenswert, wichtige politische Ereignisse, wie etwa Kuba ist bislang ein vergleichsweise kleiner Markt für die deutsche Wirtschaft: den anstehenden Parteikongress im April, genau zu verfolgen“, rät Deutsche Unternehmen exportierten im ersten Halbjahr 2015 Waren im Wert Hauser. „Aus den Ankündigungen bei solchen Anlässen lässt sich von 114,9 Millionen Euro auf die Karibikinsel. Von einer wirtschaftlichen Öff- oft ablesen, in welche Bereiche der Staat zukünftig investieren nung erhoffen sich Unternehmer aber mehr und größere, lukrative Aufträge. will.“ Wer zur richtigen Zeit mit dem richtigen Angebot punktet, kann dann durchaus attraktive Geschäfte realisieren: Immer wie- der gibt es trotz der knappen Finanzmittel des Staates groß ange- Deutsche Ausfuhrgüter Anteil in Prozent legte Investitionsprojekte. „Deutsche Unternehmen haben zum nach Kuba an Kuba-Exporten 2014 Beispiel vor ein paar Jahren einen großen Auftrag für Hunderte Nahrungsmittel 24,9 neue Dieselgeneratoren bekommen“, berichtet Hauser. Maschinen 24,1 Im Wettbewerb um solche lukrativen staatlich vergebenen Aufträ- Chemische Erzeugnisse 20,0 ge ist auch und gerade die Finanzierung ein entscheidendes Krite- rium, berichtet Unternehmer Apel. „Für die Bewältigung der Büro- Mess- und Regeltechnik 7,8 kratie braucht man in erster Linie Zeit und Geduld und erfahrene Elektrotechnik 5,6 Partner vor Ort. Das ist machbar“, sagt Apel. „Bei der Finanzierung Metallwaren 2,9 hingegen wird es kniffelig. Sie ist bei der gesamten Abwicklung oft der schwierigste Part.“ Kaum eine staatliche Ausschreibung, bei der Sonstige 14,7 nicht auch gleich die Finanzierung mitangefragt wird. Zahlungszie- Quelle: GTAI 2015 le von 360 bis 720 Tagen müssen Unternehmer anbieten, um zum Initiativbanking 2/2016 17
E N T W I C K E L N UNTERNEHMENSPORTRÄT AUS ALT MACH NEU 18
E N T W I C K E L N Mit innovativen Verpackungslösungen aus dem Wertstoff Altpapier bietet die Buhl-PaperForm GmbH ihren Kunden ein hohes Maß an Sicherheit und Flexibilität. Gleichzeitig beweist der in- ternational operierende Mittelständler aus Burbach im Siegerland mit diesem Geschäftsmodell: Ökonomie und Ökologie ergänzen sich hervorragend. Wiesen, Wälder, Fachwerkhäuser. Schon die Fahrt nach darfsgerechte Verpackungslösungen etwa für Staubsauger, Burbach im Siegerland erinnert an einen Ausflug ins Wechselrichter aus der Solarindustrie, Kaffeevollautomaten, Grüne. Idylle pur. Und irgendwie verschlafen. Doch weit ge- Wannen- und Duschgarnituren, Beschläge für die Möbelher- fehlt. Hier, an der Carl-Benz-Straße 10–12, haben sich Unter- stellung, Inhalations- und Dialysegeräte, Transportboxen für nehmer Christoph Buhl und seine 67 Mitarbeiter dem Schutz Kontaktlinsen und hochempfindliche Schließsysteme. Hinzu der Natur verschrieben – und setzen dabei Maßstäbe bei inno- kommen Standardlösungen wie Noppenmatten, Gefahrgutver- vativen, umweltfreundlichen Verpackungslösungen. „Wir scho- packungen für besonders sensible Güter sowie Kanten- und nen Ressourcen und reduzieren Emissionen, um belastende Eckenschutz mit speziellen Fasermischungen für hochemp- Auswirkungen auf die Umwelt in einem minimal vertretbaren findliche Oberflächen. Die Kunden stammen aus fast ganz Eu- Rahmen zu halten – und um Kosten im betrieblichen Ablauf zu ropa, den USA und Israel. Das Geschäft mit den Faserformtei- optimieren“, sagt Christoph Buhl, der als geschäftsführender len, die alles vor Bruch schützen, was transportiert wird, ist er- Gesellschafter die Geschicke des Familienunternehmens lenkt. folgreich: So stieg der Umsatz von Buhl-PaperForm von etwa Die 1996 als Geschäftsbereich der Heinrich Buhl GmbH gegrün- 5,5 Millionen Euro im Jahr 2014 binnen eines Jahres um rund dete Buhl-PaperForm GmbH ist seit Januar 2014 eine eigen- 22 Prozent auf rund sieben Millionen Euro. Die Exportquote ständige Gesellschaft mit zwei Produktionsstandorten in Bur- beläuft sich auf 30 Prozent. bach. Das Grundverständnis des Mittelständlers? „Kundenspe- zifische Lösungen auf der Basis leistungsfähiger Beratung, Logistik in grünem Gewand bedarfsgerechter Entwicklung sowie wirtschaftlicher Produk- Die Verpackungen, die in Burbach hergestellt werden, erinnern tion. Und dazu gehört der verantwortungsvolle Umgang mit an Eierkartons. Doch die Buhl'schen Faserformteile sind viel Produktionsmitteln wie Energie und Wasser.“ stabiler. Buhl: „Sie sind bruchfest, flexibel, reduzieren das Vo- lumen, sind extrem widerstandsfähig und eignen sich für den Für dieses Engagement erhielt Buhl-PaperForm Ende vergan- Transport auf Straße, Schiene, Wasser und im Flugzeug.“ Wei- genen Jahres den „Initiativpreis NRW“ in der Kategorie Grüne tere Vorteile? „Faserformteile sind nur sehr schwer brennbar, Technik und Umweltschutz, den die WGZ BANK seit 2008 mit sind fettabweisend und da sie wasserabweisend sind, können den NRW-Zeitungen der Funke Mediengruppe vergibt. sie auch problemlos in der Seefracht eingesetzt werden – ob- wohl sie zu 100 Prozent aus Altpapier bestehen.“ Über 250 un- Fantastische Fasern terschiedliche Artikel umfasst das Buhl'sche Sortiment; der Fotos: Matthias Sandmann (6); rie_lalala/Fotolia (2) Unternehmerische Kernkompetenz von Buhl-PaperForm ist die Preis reicht von zehn Cent pro Stück bei der kleinsten Verpa- Herstellung von Faserformteilen, die vollständig aus recycel- ckung bis hin zu drei Euro bei der größten. tem Altpapier bestehen. Der Rohstoff stammt überwiegend aus ungenutztem Material aus der Zeitungsproduktion, aus der Pa- Bevor produziert wird, beraten Projektleiter wie Johannes Keß- pierserviettenherstellung oder Resten aus der Wellpappenher- ler ihre Kunden. Im Gespräch mit dem Auftraggeber wird aus- stellung. Christoph Buhl: „Innerhalb eines Monats entstehen getüftelt, wie Materialeinsatz sowie die Logistik von Verpa- aus etwa 200 Tonnen Altpapier auf sieben Produktionsanlagen ckungsmaterial und fertigem Produkt effizient gestaltet werden und zwei Nachbereitungsanlagen rund zwei Millionen Faser- können. Dabei geht es vor allem um eins: die Optimierung der formteile für Waren unterschiedlicher Größenordnung, Form Produktionsprozesse sowohl bei Buhl-PaperForm als auch und verschiedener Transportwege.“ Anspruchsvolle und be- beim Kunden. Dieser informiert über die jeweiligen Anforde- Initiativbanking 2/2016 19
E N T W I C K E L N Umsatz mit grünem Gewissen: Die Buhl-PaperForm GmbH produziert Faserformteile aus Altpapier und setzt mit diesem Konzept Meilensteine für innovative Verpackungslösun- gen. Geschäftsführer Christoph Buhl (r.) setzt dabei auf engagierte Mitarbeiter wie Petra Böhme und Janine Dobener (unten, von links) sowie Carolin Klein (oben links). 20
E N T W I C K E L N rungen und die Besonderheiten der Ware und auch, wie der scher zum Vorheizen des Produktionswassers, Brennerregulie- Transport erfolgen soll. Mittelständler Buhl und seine Kunden rung im Produktionsprozess. Außerdem wurden energieeffizi- profitieren vom ganzheitlichen Beratungskonzept. Schon in der ente Leuchtmittel in zwei Produktionshallen und ein Abfall- Entwicklungsphase werden volumenreduzierte, handling- konzept für die Mülltrennung entwickelt.“ Kein Zweifel – bei freundliche Lösungen mit optimalen ökologischen und ökono- Buhl-PaperForm wird jede Investition unter den Gesichtspunk- mischen Vorteilen gemeinsam entwickelt. So sind die Faser- ten der Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit getätigt. formteile platzsparend ineinander stapelbar, das führt zu ei- nem geringen Lager- und Frachtvolumen und somit zu 29.286 Badewannenfüllungen eingespart geringeren Lager- und Transportkosten. Keßler: „In allen Pha- Und wie sieht es mit dem Ökoprofit aus? Die Einsparungen aus sen des Projekts stehen wir dem Kunden zur Seite und werden dem Jahr 2014 machen sich hervorragend in der Bilanz des Un- so zum Logistikpartner, der die Ökobilanz auch der Kunden in ternehmens und der Umwelt: So wurden 3,8 Tonnen Abfall, ex- den grünen Bereich bringt.“ akt 1.217.800 Kilowattstunden Energie – die Menge reicht aus, um 218 Einfamilienhäuser mit je vier Personen im Haushalt ein Bei der Produktion der Faserformteile wird der Rohstoff Altpa- Jahr lang mit Energie zu versorgen –, fast 350 Tonnen Kohlen- pier in einem Wasserbad aufgelöst. „Das erfolgt ohne Zugabe dioxid und 4.100 Kubikmeter Wasser – entspricht 29.286 gefüll- von Bindemitteln und Chemikalien“, berichtet Anlagenführer ten Badewannen – eingespart. Insgesamt liegen die Ersparnis- Daniel Klein. Das im Wasser gelöste Altpapier wird dann unter se für Buhl-PaperForm im Jahr 2014 bei 104.800 Euro. ständigem Rühren zu einem Faserbrei verquirlt, der je nach Be- darf mal dicker oder dünner ist. So hat die Rohmasse für ein Ein weiteres Herzstück der Buhl'schen Erfolgsgeschichte ist die Faserformteil mit Wabenstruktur und pyramidenförmigem Hö- Belegschaft. „Wir fordern und fördern unsere Mitarbeiter durch cker, der durch einen Federeffekt nach Belastung wieder in die fachgerechte Aus- und Weiterbildung“, sagt Buhl. Seit gut ei- Ursprungsform zurückkehrt, eine andere Dichte als etwa eine nem halben Jahr arbeitet Lukas Hüsch im Vertrieb des Mittel- Verpackung, die nur als Stoßfänger dient. ständlers. Er erzählt: „Ich habe mich ganz bewusst für Buhl ent- schieden, weil mein Herz grün ist und mein Arbeitgeber mich Jede Investition kommt unter die grüne Firmenlupe dabei unterstützt, dass ich mich an der Abendschule zum Be- Danach wird der Brei über ein Formsieb angesaugt. Zwischen triebswirt weiterbilde.“ zwei Formen werden die künftigen Ökoverpackungen gefertigt und getrocknet. Im digital gesteuerten Hochregallager werden Auf die Zukunftsperspektiven angesprochen, antwortet Hüsch: die Faserformteile gelagert und nach Abruf geliefert. Nach Ge- „Ganz besonders durch den wachsenden Internethandel be- brauch lassen sich die Verpackungen von Buhl einfach und um- steht ein steigender Bedarf an qualitativ hochwertigen Faser- weltfreundlich entsorgen. Hergestellt aus 100 Prozent Altpa- formteilen. Aber auch das wachsende Umweltbewusstsein bei pier, können die Faserformteile wieder komplett dem Altpa- Verbrauchern und Herstellern schafft gute Voraussetzungen für pierkreislauf zugeführt werden. Und das weltweit. Übrigens: unsere Produkte.“ Das bei der Produktion genutzte Wasser bleibt nach der Arbeit in einem geschlossenen Kreislauf, wird gefiltert und dann von Aktuell sind bei Buhl-PaperForm drei neue Produktionsanla- Neuem genutzt. gen mit einem Investitionsvolumen von rund 2,5 Millionen Euro in der Planung. Zudem soll die Belegschaft mit 15 neuen „Die modifizierte Fertigungsanlage aus dem Jahr 2013 spart zu- Kollegen und Kolleginnen aufgestockt werden. Umweltschutz dem 40 Prozent Strom und 40 Prozent Kohlendioxid pro Kilo- als Geschäftsmodell. Und als Beweis, wie ausgeschlafen und in- gramm Faserformteil gegenüber der Vorläuferanlage aus dem novativ im Siegerland an neuen Geschäftsmodellen gearbeitet Jahr 2011“, sagt Christoph Buhl. Und es sprudeln förmlich wei- wird. Unternehmenschef Buhl: „Die Verknüpfung von Ökono- tere Maßnahmen zur Energieeinsparung aus ihm heraus: „Ins- mie und Ökologie ist bei uns kein Widerspruch, vielmehr eine tallation der Abgaswärmerückgewinnung, Installation von logische Konsequenz: dass sich nämlich mit dem verantwor- Kompressoren mit Wärmerückgewinnung, Umluftzirkulation, tungsvollen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen Einsatz drehzahlgeregelter Kompressoren inklusive Wärmetau- gutes Geld verdienen lässt.“ Initiativbanking 2/2016 21
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