Coworking-Kultur im ländlichen und urbanen Raum - German Coworking Federation e.V.
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GERMAN GERMAN COWORKING COWORKING FEDERATION FEDERATION Foto: Annie Spratt (unsplash.com) German Coworking Federation e.V. Coworking-Kultur im ländlichen und urbanen Raum Johanna Voll, Christian Cordes und Wolf-Nicolas Henkels
GERMAN COWORKING FEDERATION Über uns Mitwirkung 03 Inhalt 19 Perspektiven: Coworking in Stadt 02 Über uns & Land während und nach Corona Die German Coworking Federation operiert nach Die German Coworking Federation ist seit 3 02 Mitwirkung 19 Zentrale These für Stadt & Land: Coworking- den 5 Grundwerten des Coworking (Offenheit, Jahren aktive Partnerin in der Vernetzungsinitia- Kultur ist gelebte Gemeinschaft, die ein Zugänglichkeit, Nachhaltigkeit, Gemeinschaft tive: Gemeinsam fürs Quartier. Im Frühjahr 2021 03 Abstract Community Management voraussetzt und Kollaboration) und verbindet, begeistert, sind wir an zwei Online-Werkstätten beteiligt, bei 05 Status Quo: Die Verbreitung des 20 Thesen für Perspektiven von Coworking- informiert, vertritt und qualifiziert Menschen im denen wir Coworking-Projekte vorgestellt haben Coworking-Modells in der Postmoderne Kultur im ländlichen Raum Kontext einer Coworking-Kultur. Wir agieren als und unsere Perspektive von Coworking-Kultur deren Interessensvertretung im deutschsprachi- sowie erfolgreichen Ansätze zur aktivierenden, 05 Neue Arbeit – neue Kultur: Auf dem 20 Dorfgemeinschaftshaus 4.0 gen Raum. Wir haben drei Kernangebote, auf die kooperativen Kleinstadt- und Dorfentwicklung im Weg zu einer Coworking-Kultur 20 Wohnortnahe Coworking-Angebote wir unsere Arbeit konzentrieren: ländlichen sowie im urbanen Raum einbringen 06 Coworking Spaces und Coworking nehmen zu konnten. Wir gehen sowohl auf unser Verständnis 06 Alles ist Coworking – Einordnung • regelmäßige Netzwerktreffen der deutsch- 20 Herausforderungen von Coworking, aktuelle Herausforderungen, aber eines Buzzwords sprachigen Coworking-Szene (virtuell und 21 Thesen zur Entwicklung und zur auch Beispiele aus der Praxis ein und umreißen in wechselnden Orten) 07 Nutzer:innen und Zielgruppen Beförderung von Perspektiven für mögliche Szenarien für spannende Projektent- • Workshops zu Fachthemen rund um 07 Arten von Coworking Spaces Coworking-Kultur in der aktivierenden wicklungen und Testphasen im Sinne von Praxis- Coworking 09 Coworking im ländlichen Raum Stadtentwicklung Werkstätten. • die Cowork - eine mindestens jährlich und periphären Lagen 21 Coworking ist nicht die alleinige Antwort zur stattfindende Coworking-Konferenz für 10 Coworking im urbanen Raum Wiederbelebung aussterbender Innenstädte Herausgeber den deutschsprachigen Raum 11 Zusammenfassung 21 Herausforderungen Unsere Zielgruppen sind interessierte Grün- German Coworking Federation e.V. 12 Fallbeispiele: Fünf unterschiedliche 22 Empfehlungen für weiterführenden der*innen und unabhängige Betreiber*innen von Menzelstrasse 8 Coworking-Projekte im Portrait Projekte und Praxiswerkstätten Coworking Spaces. Darüber hinaus kooperieren 38106 Braunschweig 12 Vorstellung Coworking-Kultur bei 22 Vernetzungsinitiative Gemeinsam wir mit Unternehmen und Organisationen, die hello@coworking-germany.org der Perspektiven-Werkstatt Land fürs Quartier einen Kulturwandel voranbringen wollen und z.B. Coworking Spaces betreiben oder nutzen wollen 12 Vorstellung Coworking-Kultur bei 22 Praxis-Werkstätten und Workshop-Formate Text und Umsetzung: Johanna Voll, Christian und dabei Unterstützung brauchen. der Perspektiven-Werkstatt Stadt im Rahmen der Vernetzungsinitiative Cordes und Wolf-Nicolas Henkels 13 cobaas in Preetz 23 Formate für Informationsbedarfe der Aktiven in Hinblick auf Mixed-Use- 14 Coworkerhaus in Aurich Immobilien (Stadt & Land) verbessern 15 Coconat in Klein Glien 23 Niedrigschwellige (Fall-)Studien in 16 Schwemme in Halle (Saale) Bezug auf Creative Places – Land 17 BOB Campus in Wuppertal Abstract Coworking kann bei der gemeinwohlorientierten Coworking Spaces dienen oft als Katalysator für Stadtentwicklung, aber auch im ländlichen Raum Prozesse und entfalten eine aktivierende Wirkung eine große Rolle spielen. Eine Vielzahl von Neu- jenseits ihrer physischen Grenzen. Es gibt eine gründungen zeigt dies anschaulich. Es ist aber Vielzahl von Anbieter:innen, Konzepten und mög- nicht die automatisch funktionierende Lösung zur lichen Kooperationspartner:innen. Hier geben drei Wiederbelebung von leerstehenden Orten. Coworking-Expert:innen, Johanna Voll, Christian Cordes und Wolf-Nicolas Henkels einen Überblick Johanna Voll Christian Cordes Wolf-Nicolas Henkels und zeigen spannende Entwicklungsfelder auf.
GERMAN 04 COWORKING 05 FEDERATION Status Quo: Die Verbreitung des Coworking-Modells in der Postmoderne Zunächst beschreiben wir unser Verständnis von Coworking und seinen Räumen, erklären aber auch den Wandel der Arbeitswelt allgemein. Betonen möchten wir die werteorientierte Grundhaltung der German Coworking Federation in Bezug auf die neue Arbeitsform Coworking, bei der es eben um viel mehr geht als eine reine Schreibtischplatzvermietung und Kosteneinsparung durch das Teilen von ge- meinsam genutzten Ressourcen. Neue Arbeit – neue Kultur: Auf dem Weg zu einer Coworking-Kultur Durch die gesellschaftlichen Transformations- tigt, werden wichtiger. Angesicht der steigenden prozesse der letzten Jahrzehnte ändern sich Komplexität geht es, ganz nach Frithjof Berg- Arbeitsprofile und wir erleben eine Neuordnung mann1, dem Gründer der New-Work-Philosophie, des Normalarbeitsverhältnisses, wie wir es ken- um das Wesentliche: Was wäre eine Arbeit, die nen. Beschleunigt wird dies von der Digitalisie- man wirklich, wirklich will. Es geht auch um die rung aller Lebensbereiche und wir nehmen eine freie Entfaltung, die Handlungsfreiheit jeder und fortschreitende Beschleunigung und gar Ent- jedes Einzelnen sowie die Teilhabe an Gemein- grenzung wahr. Leben und Arbeit vermischen schaft – einem für die Coworking-Kultur wichtigen sich zunehmend, sodass immer mehr Menschen Wert. Foto: CoWomen (unsplash.com) permanent in Arbeitsstrukturen eingebunden zu Zwar eröffnen die Automatisierung und Digitali- sein scheinen. sierung zahlreiche Optionen, sie stellen uns aber Neben den klassischen freien Berufen, steigen die auch vor neue gesellschaftliche Herausforderun- Anteile an Selbständigen. Hier gibt es sowohl jene, gen und nicht umsonst fragen sich immer mehr die aus einer gewissen Not heraus den Weg in die Menschen nach dem Sinn hinter ihrer Arbeit. Die Selbständigkeit gegangen sind, und Menschen, Umsetzung dieser Kernfragen innerhalb von Or- die aus dem Bestreben nach maximaler Selbst- ganisationen mit allen Konsequenzen hat gerade bestimmung und Individualisierung ihr Arbeitsle- erst angefangen und wird die Art, wie wir Lohn- ben bewusst jenseits der Festanstellung gestalten arbeit als Gesellschaft denken, radikal ändern. „ wollen. Inwiefern die globale Pandemie diese Ent- wicklungen beeinflusst ist derzeit unabsehbar. Diese neuen Arbeitsformen Ein weiterer Faktor in der sich verändernden brauchen neue Arbeitsorte.“ Arbeitswelt sind die Bedürfnisse und Wünsche Als Alternative zu Cafés mit Wifi und dem Home der Menschen selbst, die in einer postfordistisch- Office, werden Dritte Orte immer wichtiger, also geprägten Arbeitswelt wichtiger werden. Die so- Orte zwischen dem Zuhause und einem Arbeits- genannte Work-Life-Balance, aber auch der Wert platz im klassischen Sinne. Coworking Spaces der Arbeit, mit der man sich i.d.R. täglich beschäf- können als solche dritten Orte betrachtet werden. 1 Frithjof Bergmann: Neue Arbeit, neue Kultur. Übersetzt von Stephan Schuhmacher. New Edition. Freiburg im Breisgau: Arbor, 2017
GERMAN 06 COWORKING 07 FEDERATION Beruflicher Status der Mitglieder Quelle: 2019 Global Coworking Survey (www.deskmag.com) Coworking Spaces Fest steht: Es gibt immer mehr Coworking Spaces. Im Juli 2013 waren es weltweit 3000, fast 300 in und Coworking Deutschland. Ende 2016 gab es laut Deskmag Coworking Spaces sind physische Orte der Verge- bereits 10.000 Coworking Spaces weltweit. Mitt- meinschaftung, an denen Menschen aus mehr als lerweile zählt der Global Coworking Survey für einem Unternehmen miteinander, aber auch ne- 2020 26.300 Coworking Spaces 3. In Deutschland beneinander arbeiten. Die dabei entstehende Ge- sind laut der CoworkingMap, einem Projekt von meinschaft wird durch ein CommunityManage- GCF-Mitglied Thomas Wick, derzeit mehr als 700 ment kuratiert. Die Mitglieder greifen auf eine Spaces identifizierbar 4. geteilte Infrastruktur zu, die sich durch besonders flexible Nutzungsoptionen auszeichnet. Es gibt Alles ist Coworking – wahlweise Tarife für Team-Räume innerhalb eines Einordnung eines Buzzwords Spaces, einen festen Schreibtischplatz (Fix Desk) Kurz gesagt: Nicht überall, wo Coworking drauf oder die Option einer flexiblen Variante, bei der steht, steckt auch Coworking drin. Anhand der ge- sich die Coworkenden jeden Tag einen anderen lebten Coworking-Kultur lässt sich differenzieren, Platz aussuchen (Flex Desk im Open Space). Diese inwiefern sich ein Coworking Space tatsächlich können zeitlich flexibel gebucht werden (Tages-, als ein solcher identifizieren lässt. In der wissen- Wochen- oder Monatskontingente). 2018 lag der schaftlichen Literatur zum Thema gibt es daher Anteil von Open-Space-Flächen innerhalb eines verschiedene Ansätze zu Versuchen einer Typo- Coworking Spaces bei 42%, gefolgt von 22% priva- logisierung, oft verbunden mit einer Taxonomie5. ten Büros 2. Konferenzräume und Bereiche für Te- Wir möchten an dieser Stelle die Abgrenzung des jeweils unterschiedlich ausgelegt werden und in Im Schnitt finden sich in einem deutschen Cowor- lefonate sowie eine rudimentäre gastronomische Coworking-Begriffs zu Bürogemeinschaften (feste die jeweiligen Konzepte einfließen, wenn über- king Space 68 Mitglieder auf 704 Quadratmetern Versorgung runden das Kernangebot ab. Darüber Einmietung einer bestehenden Gruppe auf lang- haupt. Fläche 8. Deren beruflichen Hintergründe sind hinaus werden regelmäßig Veranstaltungen oder fristiger Basis) und Business Centern oder auch so divers wie die Coworking Spaces selbst. Ging Workshops angeboten. Es geht also auch um ein Serviced Offices unterstreichen. Hinzukommen Nutzer:innen und Zielgruppen man zunächst davon aus, dass Spaces verstärkt gemeinsames Lernen. eigene Workspace-Konzepte von meist großen Coworking kann für Menschen in unterschied- von Einzelselbständigen der Kultur- und Kreativ- Wir wollen in diesem Zusammenhang den Unter- Unternehmen, die innerhalb einer vorhandenen lichen Lebensphasen interessant sein. Weltweit wirtschaft genutzt werden, ergibt sich 2019 ein schied zwischen Coworking-Räumen – Coworking Organisationsstruktur flexible Arbeitsplatzoptio- erfasste Daten, zeigen, dass 2019 der größte Anteil buntes Bild an Berufen. Besonders große Grup- Spaces – und der Praxis des Coworking (Doing nen für ihre eigenen Mitarbeiter:innen anbieten. (36%) in der Altersgruppe der 30-39-jährigen zu pen aus dem IT-Bereich (19%), PR/Marketing (12%), „ Coworking), die an verschiedenen Orten durch- finden ist, gefolgt von 28% bei den 20-29-jährigen Beratung (10%) und Design (9%) nutzen demnach geführt werden kann, unterscheiden. So kann Neue Möbel und Arrangements und 23% 40-49-jährige. Die meisten Coworkenden neue Arbeitsorte. 93% Prozent der Nutzer:innen Coworking zum Beispiel in Cafés, in Bibliotheken derer haben aber nichts mit einer sind Freiberufler:innen und Selbständige (42%). haben einen akademisch geprägten Ausbildungs- oder in virtuellen Räumen praktiziert werden. weg und mindestens ein Studium angefangen. neuen Arbeitskultur gemein.“ Auffallend ist, dass die Zahl der Angestellten von Überall da wo Menschen zusammentreffen: Unternehmen, die in Coworking Spaces arbeiten Im Unterschied zu 2012 liegt der Frauenanteil Nebeneinander oder miteinander. Coworking ist Einige Betreiber:innen von Coworking Spaces steigt; 2019 liegt sie bei 37%. In kleinem Umfang (2012: 33%) im Jahr 2019 bei 51% 9. damit nicht an einen Ort gebunden. Coworking berufen sich auf die gemeinsamen Werte: Offen- (3%) nutzen auch Studierende einen Space 7. heit, Kollaboration, Nachhaltigkeit, Gemeinschaft Arten von Coworking Spaces „ Spaces hingegen bieten vorteilhafte Vorausset- zungen für Kollaboration und den Aufbau einer und Zugänglichkeit 6. Vor dem Hintergrund rasch Immer mehr Angestellte Coworking Spaces sind sehr unterschiedlich orga- Gemeinschaft – Werten, für die die Coworking-Be- expandierender Coworking-Ketten (z.B. WeWork arbeiten zumindest teilweise nisiert und arbeiten mit verschiedenen Geschäfts- wegung steht. oder Mindspace) wird aber klar, dass diese Werte modellen. So gibt es z.B. kommunale Coworking ortsunabhängig.“ Spaces, Franchise-Ketten oder sogenannte 2 Carsten Foertsch: Coworking in Deutschland 2018. Deskmag 2019 https://www.dropbox.com/s/7hwr8hltc0txxc2/Cowork2018%20SLIDES.pdf?dl=0 Nischen-Spaces, die eine ganz bestimmte Ziel- 3 Carsten Foertsch: Coworking Statistics (Global Coworking Survey). Deskmag, 2020 www.deskmag.com/en/coworking-statistics-all-results-of- the-global-coworking-survey-research-studies-948 7 Carsten Foertsch: Member Demographics - 2019 Members of Coworking Spaces. Deskmag, 2020 https://www.slideshare.net/carstenfoertsch/mem- 4 CoworkingMap: Es gibt über 700 Coworking Spaces in Deutschland (GCF-Blog): https://www.coworking-germany.org/coworkingmap-thomas- ber-demographics-2019-members-of-coworking-spaces wick-interview/ 8 Carsten Foertsch: Coworking in Deutschland 2018. Deskmag 2019 https://www.dropbox.com/s/7hwr8hltc0txxc2/Cowork2018%20SLIDES.pdf?dl=0 5 Coworking Library: www.coworkinglibrary.com 9 Carsten Foertsch: Member Demographics - 2019 Members of Coworking Spaces. Deskmag, 2020 https://www.slideshare.net/carstenfoertsch/mem- 6 Coworking Wiki: www.wiki.coworking.org ber-demographics-2019-members-of-coworking-spaces
GERMAN 08 COWORKING 09 FEDERATION Coworking Spaces in Deutschland Quelle: www.coworkingmap.de (Stand: 28.04.2021) Coworking im ländlichen Raum und periphären Lagen Die folgenden Übersichten geben einen Überblick verschiedener Ausprägungen von Coworking-Or- ten, die wir für den ländlichen und den urbanen Raum identifizieren konnten und zeigt auch auf, was für uns kein Coworking darstellt. Übersicht Coworking Spaces (CWS) in ländlichen und peripheren Lagen nach Gründungsform* unabhängige Einzel- 1 Betreiber:in Cobaas, Preetz betreiber:innen von CWS Genossenschaften, Kollektive Coconat, Klein Glien und Teams, Fokus auf einen Ort Kommunale CWS, z.B. an lokale Schiller40, Wirtschaftsförderung angedockt Gründungszentren Skalierende Modelle, Netzwerke, Zusammenschlüsse mehrer Coworkerhaus, ggfs. regionaler Fokus oder auch Spaces, Betreiber:innen-Team 1000 Satellites CWS von Unternehmen gefördert gruppe ansprechen, und Coworking Spaces, die Daten aus dem Jahr 2019 – also vor der Corona- Summer of Pioneers, temporäre Formate Pop-Up-Coworking sich innerhalb von Firmen, Universitäten oder gar Pandemie – veranschaulichen, dass die Profitabili- Coworkland (Pop-Up) öffentlichen Bibliotheken befinden oder an diese tät von Coworking Spaces grundlegend zunahm: angedockt sind. Die Geschäftsform variiert eben- 40% gaben an profitabel zu sein, 21% machen Business Center oder Serviced Regus, Mindspace, falls: Von einer klassischen GmbH, UG oder einer weder Verluste noch Gewinne und 39% waren un- kein Coworking Office sowie Bürogemeinschaf- WeWork gemeinnützigen Organisation bis hin zu eher profitabel. Zu bedenken ist, dass nicht alle Spaces ten (shared office) losen Initiativen ist alles dabei. per se auf einen Profit ausgelegt sind 12. Inwiefern *nicht immer klar abgrenzbar, Grenzen können fließend sein und sich verändern, Mischformen denkbar sich die Pandemie auf die Coworking Spaces aus- Die meisten Coworking Spaces befinden sich gewirkt hat haben wir gemeinsam mit Carsten 2019 in größeren Städten (über 1 Million Einwoh- Foertsch im Sommer 2020 erhoben 13. Grundle- ner:innen 44%, 100.000 – 1 Mio. 37%). Im ländlichen In der folgenden Übersicht haben wir unterschiedliche Konzepte von ländlichen Coworking Spaces ge- gend konnten viele Spaces von den Corona-Hil- Raum, also unter 50.000 Einwohner:innen liegen sammelt. fen profitieren, mussten aber hohe Einbußen in weltweit 12% mit einer stark steigenden Ten- Bezug auf die Vermietung von Eventflächen und denz 10. Arten von Coworking Spaces (CWS) ländlichen und peripheren Lagen* Meeting-Räumen verzeichnen. Geschäftsmodelle Der Großteil der Coworking Spaces in Deutsch- änderten sich und die Bereitstellung von Online- land erzielt seine Einnahmen aus der Vermietung dienstleistungen wurde wichtiger während wir Community und Arbeitsplatz- klassischer CWS Coworkerhaus von Schreibtischen – es sind im Schnitt 36%. Stark uns kollektiv durch die Krise manövrierten. Auf Optionen, Events, Meetingräume steigend ist der Anteil von kleineren Büroeinhei- diese Entwicklung nehmen wir unseren Perspek- tiven im dritten Teil erneut Bezug. Coworking und Gastro- ten innerhalb eines Spaces (20%) 11. Mixed-Use-Cases: Verbindung von Coworking nomie, Wexelwirken VR eher Dienstleistungen und weiteren Dienstleistungen Bank Tübingen 10 Carsten Foertsch: Member Demographics - 2019 Members of Coworking Spaces. Deskmag, 2020 https://www.slideshare.net/carstenfoertsch/mem- Mixed-Use-Cases: Dorfbibliothek in CWS ber-demographics-2019-members-of-coworking-spaces Dorfgemeinschaftshaus 4.0 eher gemeinwohlorientiert Repair Café in CWS 11 Carsten Foertsch: Coworking in Deutschland 2018. Deskmag 2019 https://www.dropbox.com/s/7hwr8hltc0txxc2/Cowork2018%20SLIDES.pdf?dl=0 12 Carsten Foertsch: Ergebnisse der 2019er Global Coworking Survey. Deskmag 2019 https://www.slideshare.net/carstenfoertsch/ergebnisse-der- Individualaufenthalte und 2019er-global-coworking-survey-prsentiert-auf-der-cowork2019 Coworkation Coconat, Cobaas 13 Detaillierte Ergebnisse: Carsten Foertsch: Coworking-Corona-Befragung. Deskmag 2020 https://www.deskmag.com/de/coworking-news/welche- Retreats - eher kurzzeitig corona-hilfen-erhielten-coworking-spaces-in-deutschland-covid19-umfrage-erhebung
GERMAN 10 COWORKING 11 FEDERATION eher langfristige Wohn- Mixed-Use-Cases: Coworking und Betreuung, juggleHUB, Coworking Coliving Spaces Gut Prädikow und Arbeitsprojekte Kinderbetreuung meist kleinerer Kinder Toddler, Little Village CWS als Ergänzung, bzw. Mixed-Use-Cases: Coworking und Gemeinwohl- ggfs. als Pendler:innenstation im Herrenberg Schwemme-Brauerei Ausgründung zu bestehenden eher gemeinwohlorientiert orientierung, Dritte Orte Umfeld einer größeren Stadt (Coworking 0711) urbanen CWS CWS mit Funktionsräumen, Schiller40 Coworking- Hybridspace *nicht immer klar abgrenzbar, Grenzen können fließend sein und sich verändern, Mischformen denkbar Laboren und Studios space/Markthalle Einbindung in größere Projekte Urbane Quartiersentwicklung BOB-Campus mit Mischkonzeptionen und Coworking Coworking im urbanen Raum Robin Hood (Podliving), urbane Coliving Spaces Wohn- und Arbeitsprojekte Soho House, Staytion Übersicht Coworking Spaces (CWS) in urbanen Lagen nach Gründungsform* Fokus auf Unternehmens- unabhängige Einzel- 1 Betreiber:in, Corporate Coworking Tink Tank Krämerloft kund:innen betreiber:innen von CWS profitorientiert Wonder Coworking, Skalierende Modelle, Netzwerke, Zusammenschlüsse mehrerer weitere Nischen- CWS für Frauen, Newcomer, Betahaus, Breidenbach Migration Hub, be’kech, oder auch CWS von Unternehmen Spaces, Betreiber:innen-Team, Coworking Spaces POC, LGBTQI u.a. Studios, Kiezbüro Darna gefördert profitorientiert *nicht immer klar abgrenzbar, Grenzen können fließend sein und sich verändern, Mischformen denkbar Kommunale CWS, z.B. an lokale eher gemeinwohlorientiert, Wirtschaftsförderung ange- Schiller40, Förderung hinsichtlich dockt oder andere Non-Profit- coworkit Zusammenfassung spezifischer Bedarfe vor Ort Betreiber:innen Wie gezeigt wurde, gibt es eine Vielzahl von mit anderen Dienstleistungen oder Nutzungs- temporäre Formate Pop-Up-Coworking Konzepten – genau das macht die Faszination der optionen gedacht wird. Zusammenfassend sei Coworking-Kultur für viele ihrer Anhänger:innen gesagt, dass Coworking viele Vorteile bietet und Business Center oder Serviced Regus, Mindspace, aus. Oft spiegeln sich in den kleineren Coworking aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet kein Coworking Office sowie Bürogemeinschaf- WeWork Spaces die Gründer:innen oder Betreiber:innen- werden kann. ten (shared office) Kollektive in den diversen Ausprägungen wider. Ausblick: Nachdem wir im Folgenden fünf Fall- *nicht immer klar abgrenzbar, Grenzen können fließend sein und sich verändern, Mischformen denkbar Besonders im ländlichen Raum ist es ratsam auf beispiele vorstellen, möchten wir unsere Perspek- eine Mischnutzung zu setzen, aber auch in Städ- tiven auf Coworking im ländlichen Raum sowie im Arten von Coworking Spaces (CWS)* ten nehmen wir einen Trend zu Mixed-Use-Immo- städtischen Kontext näher beleuchten. bilien wahr, bei denen Coworking in Kombination Community und Arbeitsplatz- klassischer CWS – Einzelstandort Super 7000, Krämerloft Optionen, Events, Meetingräume klassischer CWS – mehrere Community und Arbeitsplatz- Betahaus, Breidenbach Standorte (skalierende Modelle) Optionen, Events, Meetingräume Studios, Kiezbüro Verbindung von Coworking Mixed-Use-Cases: und weiteren Dienstleistungen BLOK O eher Dienstleistungen (z.B. Kombination Bank oder Verkaufsflächen)
GERMAN 12 COWORKING 13 FEDERATION Fallbeispiele: Fünf unterschiedliche Coworking-Projekte im Portrait cobaas in Preetz Anhand dieser Beispiele wollen wir die klassischen Bestandteile von Coworking darstellen und auch GCF-Mitglied Thomas Wick vom cobaas in Preetz einen Blick auf die Wirtschaftlichkeit hinter den sehr unterschiedlichen Geschäftsmodellen werfen. stellte seinen Coworkation Space mit Fokus auf die Verbindung von Wirtschaftsförderung und aktive Vernetzung vor Ort vor. Er repräsentiert den Vorstellung Coworking-Kultur bei Vorstellung Coworking-Kultur bei klassischen Individual-Gründer/Betreiber an der der Perspektiven-Werkstatt Land der Perspektiven-Werkstatt Stadt Schnittstelle von Tourismus (Ferienwohnungen) und coronafestem Coworking durch eine Pavilli- Wir haben im Rahmen der Perspektiven-Werk- Wir haben im Rahmen der Perspektiven-Werk- on-Lösung mit Einzelarbeitsplätzen. Dadurch ent- statt am 15.3.2021 drei Projekte eingeladen um statt am 12.4.2021 erneut Projekte eingeladen um stand eine „Insel der Innovation in der Kleinstadt“, gemeinsam Perspektiven für die aktivierende und gemeinsam Perspektiven für die gemeinwohl- die für Pendler:innen eine Alternative bietet, neue kooperative Kleinstadt- und Dorfentwicklung dar- orientierte Stadtentwicklung darzustellen und zu Leute anzieht und zu einer bewussten räumliche zustellen und zu diskutieren. diskutieren. Trennung von Arbeitsort und Urlaub anregt, aber Siehe Seite 13-15 Siehe Seite 16-17 dennoch eine Kombination von beiden ermög- cobaas in Preetz licht. Er betont auch den Nutzen für die Kom- mune, indem hier eigentlich ganz weit entfernte Bereiche zusammen finden, u.a. trifft sich der Hospizverein in den Räumen des cobaas. URL cobaas.de in zwei Jahren selbst- tragend in der laufenden Ort/Region Preetz/Schleswig-Holstein Profitabilität Unterhaltung, Investitionen nicht zu Einwohner:innen 16.200 erwirtschaften Workation, Coworkingan- Größe 90m², 5 Räume Fokus gebot für Preetz und Um- gebung, Matching Anzahl Arbeits- max. 12 Plätze + plätze Coworking Außenbereich Lokale und überregionale Zielgruppe(n) Coworker, Selbständige Besonderheit: Kombi- und Workation-Nutzer nation mit Ferienhaus, Fun Fact Ferienwohnung, Fahrrä- Kernangebot, ggfs. Coworking, Workation, dern, Kanu Zusatzangebote Matching Gründungsjahr 2019 Geschäftsform/ GmbH Betreiber:innen Community persönlich vor Ort Management
GERMAN 14 COWORKING 15 FEDERATION Coworkerhaus in Aurich Coconat in Klein Glien GCF-Mitglied Vicki Janssen zeigte uns ihren Als dritten Space – und für uns ein gutes Beispiel Coworking Space, das Coworkerhaus, in Aurich. für das Dorfgemeinschaftshaus 4.0 – stellte Ja- Dahinter steht eine Netzwerkidee, die gleich meh- nosch Dietrich das Coconat in Klein Glien vor. Bei rere Spaces in Ostfriesland umfasst und perspek- diesem Coworkation-Angebot werden sowohl tivisch als Koordinierungsstelle für Coworking in Menschen vor Ort, als auch temporäre Gäste und der Region funktionieren könnte. Gefördert wird Neuzugezogene einbezogen. Das umfangreiche das Projekt von mehreren Unternehmen, die Di- mixeduse-Konzept mit Retreat-Charakter, ist gitalisierung in Ostfriesland vorantreiben wollen auch lokal in diverse Initiativen eingebunden: So und daher diese Proof of concept-Phase u.a. mit finden hier die örtlichen Wahlen oder Ortsbeirats- Räumen unterstützen. Die aktive Vernetzung vor sitzungen statt, die Feuerwehr ist auf dem Gelän- Ort und ein Fokus auf Rückkehrer:innen sowie de untergebracht und in Planung befinden sich erneuerbare Energien zeichnen das Projekt aus. ein Büchertisch, sowie ein Makerspace, der aus Auch der Faktor Ostfriesentee sei nicht zu unter- Coworkerhaus in Aurich verschiedenen Werkstätten mit Fokus auf lokales Coconat in Klein Glien (Foto: Steffen Lehmann) schätzen, auch wenn dieser derzeit verstärkt in Handwerk, Film und Natur besteht. Bereits erfolg- einer virtuellen Coworking-Umgebung dezentral reich umgesetzt wurden eine Pop-Up-Pizzeria getrunken wird. und ein Kunsthandwerksladen. Das Coconat hat bezogen auf die ländlichen Entwicklungen von Coworking eine besondere Vorreiterrolle, sodass mittlerweile diverse Ausgründungen entstanden sind, die zur Stärkung der Region beitragen und URL coworkerhaus.de Noch trägt sich das zu zehn Unternehmensmeldungen im Ort führ- Coworkerhaus nicht, ten. Ort/Region Aurich/Norddeich jedoch beobachten wir ein wachsendes Interes- Norddeich 1.264 Profitabilität Einwohner:innen se und haben daher die Aurich 41.995 Proof of Concept-Phase URL www.coconat-space.com 2017, davor Testphase Gründungsjahr bis Ende des Jahres an anderem Ort Workation, Digitalisierung Ort/Region Bad Belzig/Brandenburg verlängert. und neue Arbeitsformen Geschäftsform/ Fokus OHG in Ostfriesland, Einwohner:innen 11.000 (Klein Glien 80) Betreiber:innen 100m² in Norddeich, Vernetzung der Region Größe Aurich suchen wir gerade Ländliche Entwicklung, Community Slack, Community noch neue Räume Solopreneure, KMU, Fokus Digitalisierung, Management Manager, Social Media Zielgruppe(n) Working Moms, gesellschaftliche Vielfalt 8 in Norddeich, Gründer:innen Anzahl Arbeits- selbsttragend, minimale 1 Besprechungsraum Digitale Nomaden, Lokale Profitabilität plätze Coworking Fördermittelakquise mit 6 Plätzen Coworker, Kreativwirt- Coworking, Workation, Kernangebot, ggfs. Zielgruppe(n) Veranstaltungen, schaft und Start Ups aus 2.000m² Innenraum, Zusatzangebote Aktive Pause am Strand Größe Netzwerktreffen den urbanen Zentren 3 ha Außenbereich (Drachenwiese, Surfen, Fun Fact Wattwandern oder ab Coworking, Workation, Proof of Concept Anzahl Arbeits- Gründungsjahr auf die Insel) Coliving, Maker Space, 50 seit 10.2020 plätze Coworking Videoschnitt, Pizzeria, Geschäftsform/ Kernangebot, ggfs. Wellness, Kooperation Im betriebseigenen steht noch nicht fest Betreiber:innen Zusatzangebote Wildnissschule, Festival Coconest widmen sich Fun Fact Kreativsause, Badesee, 10 wohlgenährte Hennen Community MS Teams, Community Medienkompetenzprojekt der Eierproduktion Management Manager vor Ort Wir zu Lande
GERMAN 16 COWORKING 17 FEDERATION Schwemme in Halle (Saale) BOB Campus in Wuppertal Mit der Schwemme in Halle wird ein besonderer Gemeinsam mit einer Vielzahl von Kooperations- dritter Ort entstehen, der historisches Handwerk, partner:innen, insbesondere der Montag Stiftung Kommunikation von Zukunftskompetenzen und Urbane Räume, wird eine ehemalige Textilfabrik neue Arbeitsformen verbindet und so zu einer in dem von Strukturwandel und Stigmatisierung (hyper-)lokalen Ökonomie beiträgt. Das die Ge- geprägten Arbeiterstadtteil Oberbarmen mit sellschaft verbindende Thema „Bier“ nutzt das einem Invest von über 8 Mio € saniert. Bis 2022 Projekt um breite Schichten der Bevölkerung entstehen dort Gewerbeflächen unterschiedlicher anzusprechen. Mit einem Mixed-Use-Ansatz wird Preislagen, eine KiTa sowie Schulräume für Kunst, die Schwemme ein moderner Arbeitsort – ein- Technik und eine Textilwerkstatt. In zum Teil ge- gebettet in das bestehende Stadtumbaukonzept förderten Wohnungen finden große Familien, (Denkmalförderung und Entwicklung zum Krea- Senior:innen und Studierenden-WGs ein neues tivquartier) mit drei Kernbereichen: Dritter Ort, Zuhause. Eine Etage mit rund 1.000 m² steht der Coworking Space und Kompetenzzentrum für Schwemme in Halle (Saale) Nachbarschaft für eine flexible Nutzung und eine BOB Campus in Wuppertal natürliches Bauen. Viertelsküche zur Verfügung. Die anliegende, ca. (Modell: raumwerk.architekten, Foto: Suilian Richon) 4.500 m² große Brachfläche wird in Kooperation Das Ziel des Schwemme e.V.: Das Denkmal res- Ausprobieren neuer Ideen einladen. Das Konzept mit der Stadt Wuppertal als Nachbarschaftspark Nachbarschaftsetage schlägt eine Coworking-Eta- sourcenschonend retten und der Stadtgesell- wird sich nach anfänglichen Investitionen durch entwickelt. Dieser wird inmitten des dicht bebau- ge mit flexiblen und kostengünstigen Nutzungs- schaft Halles als identitätsstiftenden Ort dauer- Fördermittel langfristig finanziell eigenständig ten Quartiers für die Menschen im Stadtteil ein möglichkeiten ein Brücke. Dieses Angebot bietet haft zugänglich machen. Bislang konnte der tragen. Die größte Erfolgsvoraussetzung ist das Ort zur Erholung, zur Begegnung und zur ge- u.a. Gründer:innen, Freiberufler:innen und Selb- hauptsächlich ehrenamtlich getragene Verein, Testen neuer Ideen im Sinne eines Prototypings meinschaftlichen Gestaltung sein. ständigen im Quartier eine passgenau kalkulier- der auch Eigentümer des Objekts ist, erfolgreich mit möglichst einfachen Zugangsvoraussetzun- bare Möglichkeit zur geschäftlichen Entwicklung mit Hilfe von öffentlichen Förderungen und priva- Coworking dient hier als Ermöglicher, denn zwi- gen. Derzeit wird das Gebäude denkmalgerecht und kann daher als Keimzelle für gemeinwohlori- ten Spendeneinnahmen die Sicherungsmaßnah- schen den klassischen Gewerbeflächen im markt- saniert. entierte Stadtentwicklung mit einer besonderen men finanzieren, Teilprojekte umsetzen und zum üblichen Preissegment und der subventionierten Wirkung in die Stadt beschrieben werden. URL www.bob-campus.de Gründungsjahr 2018 URL schwemme.org Geschäftsform/ Schwemme e.V., Betreiber:innen perspektivisch gGmbH Wuppertal, Geschäftsform/ Urbane Nachbarschaft Halle (Saale) Ort/Region Ort/Region Nordrhein-Westfalen Betreiber:innen BOB gGmbH Sachsen-Anhalt Community aktiv über Rolle Management Coworking Manager Einwohner:innen 354.382 Community BOB Botschafter:innen, Einwohner:innen 237.557 Management Gemeinwohlmanager nach Anfangsinvesti- Profitabilität Handeln und Gestalten gemeinwohlorientierter tionen selbsttragend Fokus in sozialer Verantwortung Überschüsse fließen als Fokus Dritter Ort im Kreativ- Profitabilität soziale Rendite in den quartier (in Planung) 2.000m2 Größe Nachbarschaft, Eltern, Stadtteil zurück (Gesamtnutzfläche) Kultur- u. Kreativwirt- Schüler:innen, Kultur- schaft, Selbständige, Zielgruppe(n) und Kreativwirtschaft, 5.500m2 (Gesamt), Anzahl Arbeits- Größe Zielgruppe(n) 60+ Freelancer, Solopreneure, Coworking ca. 1.200m2 kleine Unternehmen, plätze Coworking Vereine Gründer:innen Anzahl Arbeits- 2020 wurden zum Wie- rund 30-40 Coworking, Kompetenz- Gewerbe, Coworking, KiTa, plätze Coworking deraufbau der Schwem- Kernangebot, ggfs. zentrum natürliches Schulräume für Kunst, Fun Fact me mehr als 1.744 ehren- Zusatzangebote Bauen, Mikrobrauerei und Kernangebot, ggfs. Technik, Textilwerkstatt, transluzente Fassade mit amtliche Arbeitsstunden Fun Fact Veranstaltungsareal Zusatzangebote Wohnungen für große eingesetzten Fenstern geleistet. Familien, Senior:innen Gründungsjahr Verein: 2016 und Studierenden-WGs
GERMAN 18 COWORKING 19 FEDERATION Perspektiven: Coworking in Stadt & Land während und nach Corona Diese fünf zentralen Perspektiven haben wir im Rahmen der Perspektivenwerkstatt Creative Places & Communities – Land und Stadt diskutiert: Creative Places Land: Beide: • Coworking als Dorfgemeinschaftshaus 4.0 • Coworking-Kultur ist gelebte Gemeinschaft, die • Wohnortnahe Coworking-Angebote nehmen zu ein Community Management voraussetzt Creative Places Stadt: Diese fünf Perspektiven werden wir nun näher erläutern. • Coworking ist nicht die alleinige Antwort zur Wiederbelebung aussterbender Innenstädte • In Mixed-Use-Immobilien kann Coworking ein Bestandteil erfolgreicher Stadt- und Quartiers- entwicklung sein Foto: CoWomen (unsplash.com) Zentrale These für Stadt & Land: Coworking-Kultur ist gelebte Gemeinschaft, die ein Community Management voraussetzt Wir denken nicht in Quadratmetern – unsere schickes Design alleine bilden keine Community. Währung ist Community. Daher fördern wir wer- Es sind die Menschen, die wirkliche Mehrwerte tebasiertes Coworking mit Fokus auf die Gemein- schaffen und dazu braucht es ein Community schaft in und um einen Space jenseits des Buzz- Management, was den Aufbau einer solchen Ge- words Coworking. Betonen möchten wir erneut meinschaft begleitet. Nach unserem Verständnis die Abgrenzung zwischen Bürogemeinschaften von Community Management werden Räume (feste Einmietung), Business Centern (Fokus auf und Begegnungen von Menschen darin kuratiert. Service), reinen Immobilienvermietungen und Das kann sowohl aus der bestehenden Com- Coworking, wie wir es verstehen und vertreten. munity heraus selbstorganisiert geschehen, als Neue Möbel sind keine Neue Arbeit. Netzwerken auch durch z.B. Angestellte im Coworking Space. und Community-Arbeit ist ebenso eine Dienstleis- Wichtig ist das Rollenbewusstsein für die Aufga- tung, die Personal und Finanzmittel benötigt und ben und Prozesse zum Aufbau einer nachhaltigen fair bezahlt werden muss. Räume, Wifi und ein Community.
GERMAN 20 COWORKING 21 FEDERATION Thesen zur Entwicklung und zur Beförderung von Perspektiven für Thesen für Perspektiven von Coworking-Kultur im ländlichen Raum Coworking-Kultur in der aktivierenden Stadtentwicklung Dorfgemeinschaftshaus 4.0 Coworking ist nicht die alleinige Antwort zur aktivierende Katalysatoren-Funktion haben und Wiederbelebung aussterbender Innenstädte durch co-kreative Prozesse Impulse für weitere Es braucht neuartige Konzepte im Sinne eines Entwicklungen einbringen. Dorfgemeinschaftshauses 4.0 für Wiederbelebun- Coworking ist nicht der alleinige Heilsbringer. gen im ländlichen Raum. Menschen gestalten Auch im urbanen Raum ist eine Leerstandswie- und beleben Räume und Strukturen über die derbelebung mit den sogenannten „Kreativen” Herausforderungen Grenzen der Immobilie hinaus für ein Dorf oder vor Ort kein Selbstläufer. Coworking hat, wie In der Diskussion wurde klar, dass Netzwerke ein eine Region. Aber Coworking ist nicht der alleini- gezeigt wurde, sehr unterschiedliche Ausprägun- wichtiger Faktor sind um neue Stadtmacher:in- ge Heilsbringer. Leerstandswiederbelebung mit gen und es sollte durch Bedarfsanalysen vor Ort nen einzubinden. Experimente wirklich zuzu- „Kreativen” vor Ort muss nicht immer funktionie- genau ermittelt werden, inwiefern Coworking lassen erfordert viel Mut – gerade auf Seiten der ren und ist kein Selbstläufer. Coworking ist kein Spaces oder mögliche Ergänzungen zum klassi- etablierten Stadtentwicklung sowie Verwaltung. One-Size-Fits-All-Model. schen Coworking-Modell tatsächlich sinnvoll sind. Freiräume muss man auch aushalten können. Coworking Spaces können aber eine Keimzellen- Coworking allein ist kein funktionierendes Ge- Coworking im Coconat in Klein Glien (Foto: Tilman Vogler) Projektförderung sollte daher auch Prototyping- Funktion haben und über ihre Grenzen hinaus schäftsmodell im ländlichen Raum. Es kann aber phasen und temporäre Projekte im Blick haben zur Belebung beitragen. Eine gute Einbindung in ein Bestandteil sein, sofern es gut in bestehende schooling-Begleitung. Diese Lücke wird Cowor- und diese aktiv unterstützen. bestehende und zukünftige Strukturen durch Ver- Strukturen eingebunden ist und an die Bedarfe king nicht füllen können. Es gibt jedoch bereits netzungsaktivitäten mit einem hohen Maß an Of- vor Ort angepasst wird. So kann ein Coworking Coworking Spaces, die bereits Kinderbetreuungs- fenheit sind dafür hilfreich. Wir sehen Coworking Space als Keimzelle oder Katalysator funktio- optionen anbieten. Wir sehen anhand vieler Neu- Spaces auch als Orte für soziale Innovationen, die nieren und eine Strahlkraft über den Ort hinaus gründungen trotz Pandemie, dass sich Coworking durch die Gemeinschaft vor Ort zu Denkansätzen entwickeln. Wichtig ist es verschiedene Akteurs- Spaces auf die Post-Coronazeit vorbereiten und jenseits vielgegangener Wege anregen und im gruppen mitzudenken: Kommunale Strukturen, einen Zuwachs an Nachfrage erwarten. Sinne einer Pionierfunktion agieren können um die (ehrenamtliche) Engagementszene vor Ort Impulse für urbane Räume geben zu können. (Vereine, Verbände oder Ortsgruppen), gewerb- Herausforderungen liche und gemeinwohlorientierte Nutzer:innen, aber auch Rückkehrer:innen genauso wie Neuzu- In der anschließenden Diskussion wurde betont, In Mixed-Use-Immobilien kann Coworking ein gezogene. In diesem Sinne sehen wir Coworking dass Coworking Spaces im ländlichen Raum im- Bestandteil erfolgreicher Stadt- und Quartiers- Spaces auch als Orte für Bildung und Kulturver- mer an die konkreten Bedarfe vor Ort angepasst entwicklung sein mittlung. werden sollten und als alleiniges Geschäftsmodell Auch in der Stadt sehen Tendenzen hin zu mehr Industriecharme im BOB Campus (Foto: Simon Veith) nicht funktionieren. Dennoch sehen wir hier ein wohnortnahen Coworkingangeboten vor dem großes Potential für die Kommunen, denn ein Wohnortnahe Coworking-Angebote Pandemiehintergrund (siehe oben). Insbesondere Eine zentrale Rolle spielen die Orte selbst und Coworking Space im Sinne eines neuen Dorfge- nehmen zu in peripheren Lagen, z.B. am Stadtrand oder im deren identitätsstiftender Charakter sowie die meinschaftshauses wirkt über seine physischen Speckgürtel größerer Städte können Coworking Besonderheiten im unmittelbaren Umfeld oder Wir sehen Tendenzen hin zu mehr wohnortnahen Grenzen hinweg. Jedoch sehen wir, dass dieser Space eine gute Ergänzung in Wohnquartieren Quartier. Dazu braucht es gute partizipative Pro- Coworkingangeboten vor dem Pandemiehin- Mehrwert sich nicht immer mit klassischen Para- bieten. Pendelbewegungen werden so gesenkt zesse und eine dezidierte Auseinandersetzung tergrund und unserer kollektiven Home-Office- metern messen lässt. und von der Mischnutzung profitieren Vermie- mit den Bedarfen vor Ort. Erfahrung (z.B. auch mit mehr Angeboten für Als weitere Herausforderung wurde betont: Die ter:innen als auch Bewohner:innen. Es gibt bereits Angestellte). Dies kann auch zu weniger Pendel- Aus unserer langjährigen Erfahrung sehen wir bestehende Förderlandschaft und die Realität der verschiedene Nischenangebote, z.B. CWS mit bewegungen und damit sinkenden Umweltbelas- auch bei Coworking Spaces in der Stadt einen entstehenden Orte mit ganz unterschiedlichen angegliederter Kinderbetreuung, die eine Lösung tungen führen. Anteil an Quersubventionierungen und Mischkon- Bedürfnissen erfordert eine Evaluation und An- im Spannungsfeld zwischen einem Coworking-Ar- zepten. Für die gemeinwesenorientierte Stadtent- Offen bleibt die zentrale Fragestellung im Span- gleichung. Dabei sollten möglichst unterschied- beitsplatz und Care-Arbeit sein können. Wir ge- wicklung bedeutet das in innovativen Konzepten nungsfeld zwischen einem Coworking-Arbeits- liche Akteurskonstellationen mitgedacht werden, hen auch hier anhand von Neugründungen von von Mixed-Use-Immobilien zu denken und z.B. platz und Care-Arbeit: Coworking in der Pandemie sodass eine mögliche Förderkulisse der Diversität einer steigenden Nachfrage aus. Die Kombination Bauordnungen entsprechend anzupassen. Dabei stellt z.B. besonders Eltern vor das Problem der der Menschen und ihrer Ansätze gerecht wird. mit weiteren Dienstleistungen ist sinnvoll und ist es sinnvoll die Kultur- u. Kreativwirtschaft von fehlenden Betreuungsangebote und Home- sollte sich nach den konkreten Bedarfen vor Ort Anfang an einzubinden. richten. Auch temporäre Konzepte können eine
GERMAN 22 COWORKING 23 FEDERATION Empfehlungen für weiterführenden Projekte und Praxiswerkstätten Während eines Workshops im Rahmen der Cowork 2021, der deutschsprachigen Coworking-Konferenz Formate für Informationsbedarfe der Aktiven • Bildung und Coworking zusammen denken und im April 2021, haben wir gemeinsam mit Coworking-Betreiber:innen die o.g. Thesen diskutiert. Diese in Hinblick auf Mixed-Use-Immobilien (Stadt & Kooperationen unterstützen, insbesondere älte- Ergebnisse wurden mit den Erkenntnissen aus der gemeinsamen Arbeit innerhalb der Vernetzungsini- Land) verbessern: re Schüler:innen könnte eine CWS als Platz auch tiative in Verbindung gesetzt, strukturiert und fließen in die folgenden Ideen für zukünftige Projektent- zum gemeinsamen Lernen und Hineinwach- • Leitfaden zu Fördermitteln: Förderkulissen sicht- wicklungen ein. Diese möchten wir im nächsten Schritt weiterentwickeln und fördern. sen in die veränderte Arbeitswelt von Morgen barer machen und an Bedarfe anpassen sowie unterstützen, gerade im ländlichen Raum, wo Unterstützung bei Förderangeboten schaffen. Vernetzungsinitiative Gemeinsame Angebote zum vertieften Erkennt- es keine Bibliotheken oder andere gemeinsame Es gibt viele, allerdings sind die Wege gerade Gemeinsam fürs Quartier nisgewinn mit echtem Mehrwert für alle Seiten. offene Lernräume gibt unerfahrenen Projekten nicht immer offen, z.B. Konkret: Projekt zur Impact-Messung durch ein • Kooperationen mit der Coworking-Szene: Als • Neue aktivierende Formate für eine sinnvolle in Form von Koordinierungshilfen die bei LEA- Kartenprojekt in Kooperation mit der cobaas GCF vermitteln wir gerne Kontakte aus unserem Vernetzungsstrategie finden, bei denen der Aus- DER, ESF, aber auch kleineren regionalen Pro- GmbH zur Darstellung von Mitgliederaktivitä- Verband – Sprecht uns an! tausch im Vordergrund steht und nicht nur die grammen helfen und beraten, da das Wissen ten in ausgewählten Communities bestehender Publikation am Ende einer Arbeitsphase der lokalen Wirtschaftsförderung mitunter sehr ländlicher Coworking Spaces • Aufbau einer moderierten digitalen Plattform unterschiedlich ist und daher die Beratung vor • Land: Community-Building & Netzwerkförde- Niedrigschwellige (Fall-)Studien in Bezug auf für die Mitglieder der Vernetzungsinitiative so- Ort nicht immer zielführend sein muss. rung rund um das Dorfgemeinschaftshaus 4.0 Creative Places – Land wie Akteur:innen aus der Praxis um den Raum • Leitfaden zum Umgang ganz praktischer Pro- • Community Management braucht Ressourcen bleme bei einer Entwicklung einer Mixed-Use- • Studie: (Forschungs-)Projekte um die Auswir- zu schaffen, sich individuell vertieft zu vernetzen und darf nicht nur ehrenamtlich geschehen Immobilie (Bauordnung & Bauplanung), die kungen auf die wirtschaftliche, kulturelle und und auszutauschen, z.B. über einen gemeinsa- men Slack-Channel • Gegenwirken zu Selbstausbeutung-Tendenzen neue Formen von Raumnutzungen zulässt, die soziale Entwicklung in ruralen Räumen unter- bei Gründer:innen von Coworking Orten (aber so nicht in den Baugesetzgebungen bedacht schiedlicher Größe empirische zu beleuchten auch allgemein Dritten Orten/Kreativorten) werden und die von den Projekten angestrebte (Impact sichtbarmachen, ggfs. jenseits harter Praxis-Werkstätten und Workshop-Formate im • Idee: Weiterbildungsangebote für Community Flexibilität auch wirklich zulassen. Faktoren) Rahmen der Vernetzungsinitiative Manager mit Fokus ländlicher Raum entwi- • Mut zu hybriden Projekten und temporären • Studie: Unternehmen und Coworking: Inwiefern ckeln Umnutzungen: Flexibles Arbeiten braucht flexib- bieten Coworking Spaces im ländlichen Raum • Land: Folgeprojekte in Kollaboration mit ein- le Nutzungskonzepte mit viel Raum für Möglich- eine Alternative für Pendler:innen zum Home zelnen vorgestellten Initiativen, z.B. in Preetz. keiten, Testbetrieb und Adaptionen im Sinne Office, aber auch in einem postpandemischen eines Prototypings Szenario? Modellversuch mit teilsubventionier- Teilnehmer der Cowork 2019 in Mannheim ten Plätzen in 3 GCF Spaces und 3 Unterneh- • Weiterhin Kommunen und deren sehr unter- men zum Erproben von wohnortnahem Cowor- schiedliche Organe für Fragen rund ums das king Thema Coworking und neue Arbeitswelt sensibi- lisieren und darüber informieren, insbesondere • Studie: Woran sind Projekte gescheitert, denn über die unterschiedlichen Ausprägungen und i.d.R. bleiben nur langfristig Erfolgsprojekte Anbieter:innen, die im vorliegenden Papier be- sichtbar. So könnten qualitative Interviews mit schrieben sind unterschiedlichen Akteur:innen, Skeptiker:in- nen oder gescheiterten Utopist:innen geführt • Idee: Raummanagementagenturen oder Frei- werden. Ergänzend dazu eine umfangreiche raumbüros als Schnittstelle zwischen Kommu- Recherche solcher Orte. Das zentrale Ergebnis ne, Immobilienbesitzer:innen und Raumsuchen- können Praxishilfen sein, inwiefern man den den verstärkt etablieren. Einige Kommunen unterschiedlichen Organisationen und Initiati- haben dazu bereits gute Erfahrungen sammeln ven helfen könne hier gut und präventiv zu be- können. Diese könnten in einem Workshop be- gleiten. richten.
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