Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans1 - Axel C. Hüntelmann

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Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                              1

                                                                                     Axel C. Hüntelmann

                                                                                     Summary
                                                                                     The Anti-Diphtheria Serum and the Case of Langerhans
                                                                                     An eighteen-month old boy called Ernst Langerhans died shortly after being injected with
                                                                                     a prophylactic dose of anti-diphtheria serum in April 1896. The father, a well-known
                                                                                     pathologist in Berlin, claimed, in the obituary notice, that his son had been poisoned by
                                                                                     Behring’s anti-diphtheria serum. This paper describes the tragic events of Spring 1896: the
                                                                                     death of Ernst Langerhans, the official investigations that followed as well as the reactions
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                                                                                     in the daily newspapers and the medical journals. The death of Ernst Langerhans afforded
                                                                                     the opponents of the new serotherapy an opportunity to call into question the whole im-
                                                                                     munological concept. Supporters of the serotherapy, in turn, defended it against these at-
                                                                                     tacks. The spectacular nature of Ernst Langerhans’s death combined with the fact that he
                                                                                     came from a prominent family of physicians made the event a public scandal. The tuber-
                                                                                     culine affair which had happened only a few years earlier was another reason for the pub-
                                                                                     lic concern. Finally, the “Langerhans case” was a scandal because of the way in which
                                                                                     Robert Langerhans published the death notice also causing resentment within the scientific
                                                                                     community. Indeed, the publication of the accusation was one of the reasons why the
                                                                                     “Langerhans case” failed to provoke a crisis with respect to the new therapy, as the central
                                                                                     argument was displaced onto wider ethical questions. Furthermore, the medical admin-
                                                                                     istration had learned from the tuberculine affair, and had subsequently implemented a
                                                                                     large confidence-inspiring system of quality control. The “official” cause of death, follow-
                                                                                     ing the investigations into the case, was proclaimed to be an accident; a tragic piece of bad
                                                                                     luck.

                                                                                     1   Dieser Aufsatz ist im Rahmen des DFG Projektes »Industrialisierung experimentellen
                                                                                         Wissens« – DFG HE 2220/4-1 und 2 – entstanden. Für Diskussionen und Anregun-
                                                                                         gen danke ich Christoph Gradmann, Anne I. Hardy, Volker Hess und Jonathan Si-
                                                                                         mon.

                                                                                     MedGG 24  2005, S. 71-104
                                                                                      Franz Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, Sitz Stuttgart

                                                                                                                          Franz Steiner Verlag
72                                                          Axel C. Hüntelmann
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                                                                                     Aufgeschreckt durch die Todesanzeige der Familie Langerhans, war im
                                                                                     Frühjahr 1896 der ›Fall Langerhans‹ Thema in deutschen Tageszeitungen
                                                                                     und medizinischen Fachzeitschriften. Selten habe eine »Nachricht allgemei-
                                                                                     nere Theilnahme erregt« und auch außerhalb ärztlicher Kreise große Beun-
                                                                                     ruhigung hervorgerufen2 als die Anzeige ȟber den Tod des Kindes des Pro-
                                                                                     fessor Langerhans in Berlin«.3 Da der Vater des verstorbenen Kindes selbst
                                                                                     Mediziner sei und »Frau Prof. Langerhans als Tochter des bekannten Geh.
                                                                                     Rath Gerhardt gleichfalls einer ärztlichen Familie entstammt, so wird diese
                                                                                     Todesanzeige voraussichtlich zu neuen und sehr lebhaften Erörterungen
                                                                                     über das Heilserum führen«4, prophezeiten die Berliner Neuesten Nachrichten.
                                                                                     Der Tod von Ernst Langerhans war in der Tat der Auftakt zu einer öffentli-
                                                                                     chen Debatte über das Diphtherie-Serum. Die Diskussion führte allerdings
                                                                                     nicht zu einer nachhaltigen Krise des neuen Heilverfahrens. Statt dessen
                                                                                     sollte die öffentliche Erörterung der staatlichen Sicherungsmaßnahmen, der
                                                                                     administrativen Vorkehrungen zur Qualitätskontrolle und die als unabhän-
                                                                                     gig auftretende Expertise der beteiligten Organe der Serumkontrolle dazu
                                                                                     führen, daß die Skandalisierung des Zwischenfalles das neue Heilverfahren
                                                                                     paradoxerweise gegen weitergehende Kritik zu immunisieren schien. Eine
                                                                                     mögliche Deutung bietet das Flecksche Modell vom Denkstil.
                                                                                     In dem folgenden Beitrag werden die Ereignisse geschildert, die den ›Fall
                                                                                     Langerhans‹ in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt hatten. Daran schließt
                                                                                     sich eine Beschreibung der staatlichen Maßnahmen und der wissenschaftli-
                                                                                     chen Untersuchungen an, die nach dem Tod des Jungen eingeleitet worden
                                                                                     waren. Nachfolgend werden die Reaktionen in der Presse und in der medi-
                                                                                     zinischen Fachwelt dargestellt. Warum der Tod des Kindes Ernst Langer-
                                                                                     hans zu einem Skandalon werden konnte, wird im darauf folgenden Kapitel
                                                                                     analysiert. Abschließend soll dargelegt werden, warum der Skandal nicht zu

                                                                                     2    National-Zeitung Nr. 254 vom 19.4.1896.
                                                                                     3    Frankfurter Zeitung Nr. 101 vom 11.4.1896.
                                                                                     4    Berliner Neueste Nachrichten Nr. 166 vom 10.4.1896.

                                                                                                                          Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                         73

                                                                                     einer Krise der Serumtherapie führte, sondern letztlich das Vertrauen in das
                                                                                     Diphtherie-Serum sogar stärkte.

                                                                                     Die »Vergiftung« des kleinen Ernst Langerhans durch Behringsches
                                                                                     Diphtherie-Heilserum
                                                                                     Während der Osterfeiertage im April 1896 klagte die Köchin der Familie
                                                                                     Langerhans über heftige Halsschmerzen. Als die Beschwerden am nächsten
                                                                                     Tag noch nicht abgeklungen waren, schickte Robert Langerhans (1859-
                                                                                     1904) die Hausangestellte in das Städtische Krankenhaus Moabit, an dem
                                                                                     er selbst als Prosektor tätig war.5 Während der aufnehmende Arzt das
                                                                                     Mädchen gleich in die Diphtherie-Baracke überwies, konstatierte der dorti-
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                                                                                     ge Mediziner, daß das Mädchen nicht an Diphtheritis erkrankt sei. Die hin-
                                                                                     zugezogenen leitenden Ärzte Rudolf Renvers (1854-1909)6 und Alfred
                                                                                     Goldschneider (1858-1935)7 hielten die Halserkrankung allerdings für so
                                                                                     dubios, daß sie ihrem Kollegen Robert Langerhans nahe legten, seinen
                                                                                     Sohn Ernst und seine Tochter prophylaktisch mit Diphtherie-Serum zu
                                                                                     immunisieren.8 Die beiden Kinder zeigten bislang keine Anzeichen einer
                                                                                     Diphtherie-Erkrankung, Ernst wurde als gesund und kräftig beschrieben.9
                                                                                     Robert Langerhans hatte im Jahr zuvor bereits zwei seiner Kinder in Folge
                                                                                     einer Diphtherie-Erkrankung verloren und beherzigte daher den Rat seiner
                                                                                     Kollegen. Er entnahm der Apotheke des Krankenhauses ein Quantum Se-
                                                                                     rum10, um nach seiner Rückkehr – trotz des »heftigen Widerstrebens der
                                                                                     Mutter«11 – die Injektion an seinen Kindern selber durchzuführen. Auch
                                                                                     das jüngste Kind der Familie, eine drei Monate alte Tochter, sollte »durch
                                                                                     das Heilserum geschützt werden«. Die Mutter indes, Anna Langerhans,
                                                                                     konnte sich »bei einem so jungen Kinde dazu nicht entschließen, sodaß die
                                                                                     Einspritzung unterblieb.«12 Dem anderthalb Jahre alten Ernst spritzte der
                                                                                     Vater gegen sechs Uhr abends etwa 1,2 Kubikzentimeter Serum in eine Fal-
                                                                                     te der Bauchhaut. »Während der Einspritzung war das Kind unruhig; es

                                                                                     5   Neue Preußische Zeitung Nr. 177 vom 16.4.1896.
                                                                                     6   Renvers war Ärztlicher Direktor der I. Inneren Abteilung im Städtischen Kranken-
                                                                                         haus Moabit. Vgl. Stürzbecher (1997), S. 33f., das Personal des Krankenhauses auf S.
                                                                                         103-106, hier S. 103.
                                                                                     7   Goldschneider war dirigierender Arzt der II. Inneren Abteilung im Städtischen Kran-
                                                                                         kenhaus Moabit. Vgl. Stürzbecher (1997), S. 34f., 103.
                                                                                     8   Vgl. hierzu die Zeitungsartikel im BAB, R 86/1182, sowie R 86/2886 und im GStA
                                                                                         PK, 1. HA, Rep. 76 VIII B, Nr. 3750.
                                                                                     9   Berliner Neueste Nachrichten Nr. 166 vom 10.4.1896; National-Zeitung Nr. 254 vom
                                                                                         19.4.1896.
                                                                                     10 Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896.
                                                                                     11 Neue Preußische Zeitung Nr. 177 vom 16.4.1896.
                                                                                     12 Alle Zitate aus: Berliner Neueste Nachrichten Nr. 170 vom 11.4.1896.

                                                                                                                        Franz Steiner Verlag
74                                                               Axel C. Hüntelmann

                                                                                     wehrte sich kräftig und rief wiederholt: ›Aua Papa! Aua Papa!‹«13 Der Jun-
                                                                                     ge habe sich jedoch rasch beruhigen lassen und keine besonderen Sympto-
                                                                                     me aufgewiesen. Nach fünf Minuten habe er indes eine deutliche Unruhe
                                                                                     gezeigt und »in völlig fremder Weise« geschrieen. Alle Ablenkungsversuche
                                                                                     seien fehlgeschlagen. Nach mehreren heftigen Hustenanfällen sei das Kind
                                                                                     matt und zuerst blaß geworden, später dann dunkel zyanotisch, das Gesicht
                                                                                     war aufgedunsen und die Pupillen erweitert. Feinblasiger Schaum sei aus
                                                                                     Mund und Nase getreten. Etwa zehn Minuten nach der von seinem Vater
                                                                                     vorgenommenen Einspritzung des Serums verstarb das Kind unter leichten
                                                                                     Zuckungen. Ein zuvor verabreichter Löffel Tokayer-Wein und die »schnell
                                                                                     angewandte Camphor-Aether-Injectionen« zeigten keinen Erfolg mehr.
                                                                                     Auch die »lange fortgesetzte künstliche Athmung« konnte den Jungen nicht
Open Access Download von der Verlag Österreich eLibrary am 04.06.2022 um 20:28 Uhr

                                                                                     mehr ins Leben zurückholen.14
                                                                                     Nach dem Tod des Jungen wurde das Fläschchen mit dem Rest des Serums
                                                                                     versiegelt, um es der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Diese wurde einge-
                                                                                     schaltet, um zu ermitteln, ob das Serum vielleicht verdorben war. »Selbst-
                                                                                     verständlich wird die Angelegenheit bis zu ihrer endgiltigen Klarstellung als
                                                                                     Strafsache behandelt.«15 In einer Depesche an seinen Vater und seine
                                                                                     nächsten Angehörigen schrieb Robert Langerhans, sein Sohn sei vergiftet
                                                                                     worden.16

                                                                                     Aufklärung im »Interesse der Wissenschaft« – Die Ergebnisse der
                                                                                     »eingeleiteten amtlichen und wissenschaftlichen Untersuchungen«17
                                                                                     Das der Staatsanwaltschaft übergebene Fläschchen mit Diphtherie-Serum
                                                                                     wurde bereits am folgenden Tag untersucht. In der vorläufigen amtlichen
                                                                                     Analyse konnte keine »abnormale Zusammensetzung gefunden« oder eine
                                                                                     veränderte Beschaffenheit des Serums18, d. h. eine Trübung, die auf einen
                                                                                     erhöhten Eiweißgehalt des Serums hinweisen würde, festgestellt werden.
                                                                                     Eine im Auftrag von Robert Langerhans vorgenommene chemische Analy-
                                                                                     se habe jedoch ergeben, »daß in dem Heilserum sich ein außerordentlich

                                                                                     13 Vgl. das Obduktionsgutachten des gerichtlichen Physikus Strassmann (1896), S. 516.
                                                                                        Die Obduktion wurde am 10. April 1896 vorgenommen. Robert Langerhans war vor
                                                                                        der Obduktion anwesend und hatte den obduzierenden Ärzten die näheren Todesum-
                                                                                        stände geschildert. Vgl. Strassmann (1896), S. 518. Dort auch alle nachfolgenden Zita-
                                                                                        te.
                                                                                     14 Strassmann (1896), S. 518.
                                                                                     15 Vossische Zeitung vom 10.4.1896; Berliner Neueste Nachrichten Nr. 166 vom
                                                                                        10.4.1896.
                                                                                     16 Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896. Der ›Fall Langerhans‹ wird sehr
                                                                                        plastisch und anekdotisch auch bei Jaeckel (2001), S. 595-600, geschildert. Die Dar-
                                                                                        stellung weist jedoch eine Vielzahl sachlicher Fehler auf.
                                                                                     17 Die Zitate aus der National-Zeitung Nr. 254 vom 19.4.1896.
                                                                                     18 Berliner Neueste Nachrichten Nr. 170 vom 11.4.1896.

                                                                                                                           Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                         75

                                                                                     starkes Quantum Karbol befand, was also im Widerspruch mit dem oben
                                                                                     mitgetheilten Befunde stehen würde«.19
                                                                                     Zur weiteren Klärung der Todesursache wurden der Gerichtschemiker Dr.
                                                                                     C. Bischoff mit der chemischen Untersuchung und der »Vorsteher der amt-
                                                                                     lichen Kontrolstation für Heilserum«, Professor Dr. Paul Ehrlich (1854-
                                                                                     1915), mit der bakteriologischen Untersuchung des Blutes und des Serums
                                                                                     beauftragt. Sowohl die chemische Zusammensetzung des Serums als auch
                                                                                     des Blutes habe keine abnorme Beschaffenheit gezeigt.20 Der Karbolgehalt
                                                                                     des Serums habe sich auf 0,3692 Prozent des Serums berechnen lassen. Ein
                                                                                     Tierversuch bestätigte die Ergebnisse.21
                                                                                     Die Leiche des Knaben Langerhans wurde von der Staatsanwaltschaft be-
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                                                                                     schlagnahmt und in die Berliner Morgue verbracht, wo sie gerichtsärztlich
                                                                                     untersucht wurde. Die Obduktion der Leiche wurde von dem gerichtlichen
                                                                                     Physikus Professor Dr. Fritz Strassmann (1858-1940) – »gemeinsam mit
                                                                                     Herrn Collegen Mittenzweig – im Auftrage des Herrn Ersten Staatsanwalts
                                                                                     beim hiesigen Landgericht« vorgenommen.22 Das Protokoll der Sektion
                                                                                     wurde an die Staatsanwaltschaft gesandt und das Resultat – Todesursache
                                                                                     »unbestimmbar« – vorab veröffentlicht. Am 28. Mai wurde das gerichts-
                                                                                     medizinische Gutachten zur Publikation freigegeben. Nach der Schilderung
                                                                                     des Todesfalles und dem Sektionsprotokoll schloß der Gerichtsarzt Strass-
                                                                                     mann unter Bezug auf die Berichte von Dr. Bischoff und Paul Ehrlich aus,
                                                                                     daß Ernst Langerhans an Diphtherie oder dem Serum gestorben sein könn-
                                                                                     te. Nach der Diskussion aller in Betracht kommenden Todesursachen ka-
                                                                                     men die obduzierenden Ärzte zu dem Ergebnis, daß der Tod des Kindes
                                                                                     »durch Erstickung infolge Aspiration erbrochenen Mageninhalts in die
                                                                                     Luftwege« eingetreten sei. Die Hustenanfälle, der Schaum vor Mund und
                                                                                     Nase, die erweiterten Pupillen, die Zyanose und nicht zuletzt der in den
                                                                                     Lungen sich befindliche reichliche Mageninhalt deuteten darauf hin.23
                                                                                     »Man mag nun diese unsere Annahme bezüglich der Todesursache für ge-
                                                                                     nügend begründet oder mag man eine andere Todesursache für plausibler
                                                                                     halten, etwa eine Vergiftung in Folge ›Idiosyncrasie‹ des Kindes gegenüber
                                                                                     den normalen Bestandtheilen des Serums«, heißt es in dem Gutachten. Be-
                                                                                     züglich der die Staatsanwaltschaft interessierenden Frage, ob ein strafbares
                                                                                     Verschulden vorliege, könne jedenfalls ein eindeutiges fachliches Urteil ge-
                                                                                     fällt werden. Die Gerichtsmediziner hielten die fehlerfreie Beschaffenheit des
                                                                                     Serums für erwiesen, ebenso könnten die für die Prüfung des Serums sich
                                                                                     verantwortlich zeichnenden Personen nicht zur Rechenschaft gezogen wer-

                                                                                     19 Berliner Neueste Nachrichten Nr. 170 vom 11.4.1896.
                                                                                     20 Kurz erwähnt in der National-Zeitung Nr. 254 vom 19.4.1896.
                                                                                     21 Die Ergebnisse und der Versuch wurden publiziert in: Strassmann (1896), S. 517.
                                                                                     22 Strassmann (1896), S. 516.
                                                                                     23 Strassmann (1896), S. 518.

                                                                                                                       Franz Steiner Verlag
76                                                             Axel C. Hüntelmann

                                                                                     den. Schließlich könne auch dem Vater des Kindes als behandelndem Arzt
                                                                                     kein Vorwurf gemacht werden, da bei der Injektion des Serums keine Luft
                                                                                     in die Blutbahn gelangt sei. Strafrechtlich erscheine der Tod des Kindes »als
                                                                                     ein unglücklicher Zufall, der nicht vorauszusehen war und für den deshalb
                                                                                     Niemand verantwortlich gemacht werden kann.«24
                                                                                     Das nach Aufforderung des preußischen Kultusministeriums erstellte amtli-
                                                                                     che Gutachten von Paul Ehrlich kam zu dem Schluß, daß das dem Knaben
                                                                                     injizierte Serum als »ein den bestehenden Vorschriften vollständig entspre-
                                                                                     chendes Präparat von durchaus normaler Beschaffenheit bezeichnet wer-
                                                                                     den« kann.25 Ehrlich sah sich zu der Veröffentlichung seines Gutachtens
                                                                                     veranlaßt, war doch die Kontrollstation selbst in das Kreuzfeuer der Kritik
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                                                                                     geraten. So war von verschiedenen Seiten die Frage aufgeworfen worden,
                                                                                     »in welcher Weise die Controlstation für Diphtherie-Serum functionire und
                                                                                     ob durch die staatliche Controle ausreichende Garantien für die Zuverläs-
                                                                                     sigkeit des Präparates geboten seien«.26
                                                                                     Nach Darlegung der die staatliche Kontrolle des Diphtherie-Serums regeln-
                                                                                     den gesetzlichen Grundlagen und der Schilderung der Arbeitsweise der
                                                                                     Kontrollstation ging Paul Ehrlich auf den ›Fall Langerhans‹ ein. Das Cor-
                                                                                     pus delicti – jenes am 7. April im Haus Langerhans injizierte Heilserum –
                                                                                     wurde auf vier Ebenen geprüft. Auf der ersten Ebene war das mit dem Tod
                                                                                     des Jungen in Verbindung gebrachte und im Originalfläschchen verbliebe-
                                                                                     ne Rest-Serum bereits von dem Gerichtschemiker Dr. Bischoff untersucht
                                                                                     worden.27 Auf der zweiten Ebene wurde das Fläschchen mit dem Serum
                                                                                     identifiziert und einem Verwaltungsakt in der Kontrollstation zugewiesen
                                                                                     sowie die ordnungsgemäße Prüfung konstatiert: Das Fläschchen sei in den
                                                                                     Höchster Farbwerken hergestellt und mit der Kontrollnummer 216 gekenn-
                                                                                     zeichnet worden. Die Charge 216 wurde am 16. Dezember 1895 amtlich
                                                                                     auf ihren Wirkungsgrad und auf Keimfreiheit hin untersucht. Das Serum
                                                                                     habe dem angegebenen Wert von einhundert Immunisierungseinheiten je
                                                                                     Kubikzentimeter entsprochen, sei vollkommen steril gewesen und habe den
                                                                                     vorschriftsmäßigen Gehalt an Karbolsäure aufgewiesen. Nach der erfolgten
                                                                                     Prüfung habe man das Serum am 18. Dezember zum Vertrieb freigege-
                                                                                     ben.28
                                                                                     Auf der dritten Ebene wurden die Rückstellmuster der Charge 216 nach
                                                                                     Bekanntgabe des Todesfalles in der Kontrollstation einer »eingehenden

                                                                                     24 Alle vorangehenden Zitate und Paraphrasierungen aus: Strassmann (1896), passim.
                                                                                     25 Vgl. Ehrlich (1896). Das Gutachten wurde teilweise wiedergegeben und kommentiert
                                                                                        in der National-Zeitung Nr. 321 vom 17.5.1896; in der Frankfurter Zeitung Nr. 139
                                                                                        vom 19.5.1896; in der Neuen Preußischen Zeitung Nr. 231 vom 19.5.1896; und in der
                                                                                        Ärztlichen Sachverständigen Zeitung Nr. 11 vom 1.6.1896.
                                                                                     26 Ehrlich (1896), S. 441.
                                                                                     27 Strassmann (1896), S. 517.
                                                                                     28 Ehrlich (1896), S. 442.

                                                                                                                         Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                 77

                                                                                     Nachprüfung unterzogen«. Darüber hinaus wurden aus dem Depot der
                                                                                     Charité-Apotheke, aus der Robert Langerhans über die Apotheke des
                                                                                     Krankenhauses Moabit das Heilserum bezogen hatte, weitere Fläschchen
                                                                                     mit der gleichen Kontrollnummer entnommen und einer Analyse unterzo-
                                                                                     gen. Alle untersuchten Sera wiesen nach wie vor den angegebenen Sollwert
                                                                                     an Immunisierungseinheiten auf. Die bakteriologische Analyse stellte die
                                                                                     Keimfreiheit fest, so daß eine »nachträgliche Bildung etwaiger giftiger Bac-
                                                                                     terienproducte ganz ausgeschlossen ist«. Auch war der Karbolgehalt nicht
                                                                                     höher als erlaubt. Die Ergebnisse wurden durch eine Reihe von Tierversu-
                                                                                     chen bestätigt.29
                                                                                     Auf der letzten Untersuchungsebene wurden mit detektivischem Gespür
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                                                                                     Nachforschungen über den Verbleib der aus der gleichen Charge stam-
                                                                                     menden 1.300 Portionen des Serums angestellt. Bis zu dem Todesfall hatte
                                                                                     Paul Ehrlich von keiner Seite Hinweise auf eine besondere Schädlichkeit
                                                                                     des Serums mit der Nummer 216 erhalten. Bei der Verwendung der an die
                                                                                     Krankenhäuser in Berlin, Würzburg, Hamburg, Kiel, Magdeburg und Kre-
                                                                                     feld abgegebenen Sera seien keine toxischen Wirkungen beobachtet wor-
                                                                                     den. Einem anderthalbjährigen Jungen seien sogar 16 Kubikzentimeter Se-
                                                                                     rum der Kontrollnummer 216 injiziert worden, ohne daß dieser »irgend-
                                                                                     welche bedrohlichen Erscheinungen« gezeigt habe. Den Direktor des Ham-
                                                                                     burger Krankenhauses zitierend, beendete Ehrlich seinen Bericht mit den
                                                                                     Worten: »Irgend welche üble Nachwirkung ist nicht nur nicht beobachtet,
                                                                                     sondern auch mit aller Sicherheit auszuschliessen.«30

                                                                                     Todesursachen
                                                                                     Im Laufe der hitzig geführten Diskussion wurden verschiedene Todesursa-
                                                                                     chen erörtert. Erstens wurde als Todesursache die »Vergiftung« durch das
                                                                                     Behringsche Heilserum angenommen. Diese Vermutung richtete sich einer-
                                                                                     seits ganz grundsätzlich gegen die Serumtherapie. Die todbringende Gefahr
                                                                                     einer Vergiftung durch Heilserum sollte durch die Anführung ungeklärter
                                                                                     Todesfälle untermauert werden.31 Andererseits wurde die Vergiftung konk-
                                                                                     ret durch das Fläschchen mit der Kontrollnummer 216 in Betracht gezogen.
                                                                                     So mutmaßte Ludwig Brieger (1849-1919), »einer unserer hervorragendsten
                                                                                     und bekanntesten Berliner Bakteriologen«, der Todesfall könne durch ver-
                                                                                     dorbenes Serum hervorgerufen worden sein.32
                                                                                     Zweitens rankten sich die Überlegungen zur Todesursache um den Karbo-
                                                                                     lanteil des Serums. Auch hier könnte man unterscheiden, inwieweit sich die
                                                                                     Überlegung gegen den Karbolgehalt im Serum allgemein als schädlich rich-

                                                                                     29 Alle vorangehenden Zitate aus: Ehrlich (1896), S. 442.
                                                                                     30 Alle vorangehenden Zitate aus: Ehrlich (1896), S. 442 f.
                                                                                     31 Vgl. Berliner Neueste Nachrichten vom 11.4.1896.
                                                                                     32 Brieger wurde zitiert im Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896.

                                                                                                                        Franz Steiner Verlag
78                                                               Axel C. Hüntelmann

                                                                                     teten33 und man diesen gegen den im französischen Serum verwendeten
                                                                                     Kampfer austauschen sollte34, oder ob der Karbolgehalt in dem konkreten
                                                                                     Fläschchen erhöht gewesen sein könnte. Die Feststellung von Robert
                                                                                     Langerhans, die im Fläschchen verbliebenen Reste des Serums wiesen einen
                                                                                     erhöhten Karbolgehalt auf35 – wenngleich nicht ersichtlich wird, von wem
                                                                                     die Untersuchung ausgeführt wurde und woher Robert Langerhans das Se-
                                                                                     rum bezogen hat, da doch das Corpus delicti versiegelt und dem Staatsan-
                                                                                     walt übergeben worden war – zielte auf die letztgenannte Mutmaßung als
                                                                                     einer möglichen Todesursache ab.
                                                                                     Drittens wurde ein Kunstfehler bei der Einspritzung in Betracht gezogen.
                                                                                     Ein solcher Fehler läge vor, wenn der behandelnde Arzt die Injektion nicht
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                                                                                     in die Bindegewebshaut oder in Muskelfasern vorgenommen, sondern das
                                                                                     Serum direkt in die Blutbahn gespritzt hätte. Letzteres würde indes keines-
                                                                                     falls den Tod des Patienten nach sich ziehen.36 Weiterhin wurde erwogen,
                                                                                     Robert Langerhans habe die Einspritzung zu tief vorgenommen und ein
                                                                                     lebenswichtiges Organ getroffen, was zum Tod seines Sohnes geführt haben
                                                                                     könnte.37
                                                                                     Nachdem die naheliegenden möglichen Todesursachen durch die ersten
                                                                                     amtlichen Untersuchungen und die Obduktion ausgeschlossen worden wa-
                                                                                     ren, mutmaßte die National-Zeitung, einen Artikel von Professor Johann N.
                                                                                     von Nußbaum (1829-1890) aus München über »Unglücke in der Chirurgie«
                                                                                     zitierend, der Tod könnte in Folge der durch die Einspritzung verursachten
                                                                                     Aufregung eingetreten sein. Professor Nußbaum hatte aus eigener Erfahrung
                                                                                     von Todesfällen berichtet, die während der Operation aufgrund von Angst,
                                                                                     Schrecken und Schmerz eingetreten seien. Da das Kind »aufgeregt und ver-
                                                                                     ängstigt gewesen sein« soll, und die Einspritzung des Serums keineswegs als

                                                                                     33 Die National-Zeitung Nr. 254 vom 19.4.1896 erörterte diese Möglichkeit in einem
                                                                                        Absatz.
                                                                                     34 Vgl. hierzu einen Artikel aus der Neuen Preußischen Zeitung Nr. 580 vom
                                                                                        12.12.1894, in dem über die auf den Karbolgehalt zurückgeführten Nebenwirkungen
                                                                                        berichtet wurde. Mit dem Hinweis, daß man in Frankreich Kampfer verwende, be-
                                                                                        gründete man die Tatsache, daß dort keine Nebenwirkungen bekannt seien. Kampfer
                                                                                        galt als besser verträglich, wirkte jedoch weniger konservierend. Ebenso verwandte die
                                                                                        Hamburger Firma Ruete & Enoch bei der Aufbereitung des Serums Kampfer. Vgl. die
                                                                                        Analysen von Adolf Dieudonné und Richard J. Petri im Kaiserlichen Gesundheitsamt
                                                                                        im März und im Juli 1895, BAB R 86/1182.
                                                                                     35 Berliner Neueste Nachrichten Nr. 170 vom 11.4.1896.
                                                                                     36 Erst die Einspritzung größerer Mengen Luft in die Blutbahn würde zu einer Lungen-
                                                                                        embolie führen und den raschen Tod verursachen.
                                                                                     37 Die Vermutung eines sogenannten »Kunstfehlers« äußerte Eulenburg (1896), S. 255;
                                                                                        das Berliner Tageblatt vom 10.4.1896; die Vermutung Briegers wurde kolportiert im
                                                                                        Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896; so die Vermutung von Dr. M. J. in
                                                                                        der Frankfurter Zeitung Nr. 101 vom 11.4.1896; fernerhin wurde diese Vermutung im
                                                                                        Obduktionsbericht erörtert. Vgl. Strassmann (1896), S. 518.

                                                                                                                           Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                          79

                                                                                     schmerzlos bezeichnet werden könne, müsse man erwägen, ob Ernst
                                                                                     Langerhans nicht in Folge einer Art »Choc«38 gestorben sei. In abgewandel-
                                                                                     ter Form wurde diese Möglichkeit auch in dem Obduktionsbefund disku-
                                                                                     tiert. Fritz Strassmann hatte in Betracht gezogen, ob sich aufgrund der
                                                                                     Angst eine »tödtliche Herzlähmung« eingestellt haben oder ob infolge des
                                                                                     Schmerzes respektive einer »Reizung bei der Injection getroffener peripherer
                                                                                     Nerven ein reflectorischer, tödtlicher Stimmritzenkrampf« eingetreten sein
                                                                                     könnte. Beide Möglichkeiten wurden durch den Obduktionsbefund ausge-
                                                                                     schlossen.39
                                                                                     Rekurrierend auf einen Artikel seines verstorbenen Bruders Arnold Paltauf
                                                                                     (1860-1893) verwies der Wiener Professor für Pathologie Richard Paltauf
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                                                                                     (1858-1924) auf eine weitere mögliche Todesursache. In den ersten Lebens-
                                                                                     jahren sei der plötzliche Tod bei Kindern »überhaupt nicht so selten«. In
                                                                                     den meisten Fällen hieße es, die Kinder seien bis kurz vor ihrem »plötzli-
                                                                                     chen Absterben« völlig gesund gewesen. Richard Paltauf schloß nicht aus,
                                                                                     daß es sich bei dem Tod des Jungen Langerhans auch um einen solchen
                                                                                     Fall gehandelt haben könnte.40
                                                                                     Einzig das Obduktionsgutachten zog in einem Nebensatz in Erwägung, ob
                                                                                     das Kind durch eine »Vergiftung in Folge ›Idiosyncrasie‹« gegenüber den
                                                                                     normalen Bestandteilen des Serums gestorben sein könnte.41 In den Zei-
                                                                                     tungsartikeln fand diese Todesursache keine Beachtung. Ebenso wenig
                                                                                     wurde die amtlich festgestellte42 Todesursache in der Presse erörtert. Den
                                                                                     Gerichtsmedizinern schien evident, daß Ernst Langerhans aufgrund einer
                                                                                     »im Leben stattgehabte[n] Aspiration« von aus dem Magen nach oben ent-
                                                                                     leerten Speisemassen erstickt sei.
                                                                                         Es ist wohl begreiflich, dass unter diesen Umständen [der Magen war voll, das Kind
                                                                                         hatte kurz zuvor etwas gegessen] im Anschluss an die Injection Uebelkeit, Erbrechen
                                                                                         eintrat, und es ist nicht undenkbar, dass das Kind sich in Folge des Schmerzes in ei-
                                                                                         nem halbohnmächtigen Zustand befand, daher die in den Rachen hochgebrachten
                                                                                         Massen nicht auswarf, sondern in die Luftwege einathmete.43

                                                                                     38 Die vorhergehenden Zitate aus der National-Zeitung Nr. 254 vom 19.4.1896.
                                                                                     39 Strassmann (1896), S. 518.
                                                                                     40 Paltauf (1896), S. 297-299.
                                                                                     41 Strassmann (1896), S. 518.
                                                                                     42 Fest-Stellen im Sinne von: Aus der Vielzahl möglicher, mitunter vager »unbestimm-
                                                                                        ter« Annahmen eine Todesursache fixieren – fest-stellen – die dann als amtliche
                                                                                        Wahrheit definiert wird. Durch die Obduktion und das Gutachten wird die Todesur-
                                                                                        sache mit allen daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen konstruiert und amt-
                                                                                        lich legitimiert.
                                                                                     43 Strassmann (1896), S. 518.

                                                                                                                        Franz Steiner Verlag
80                                                                 Axel C. Hüntelmann

                                                                                     Letztlich sei der Tod des Kindes als ein unglücklicher Zufall zu betrach-
                                                                                     ten.44

                                                                                     Meinungsträger
                                                                                     Als schwerer Schicksalsschlag45, tragischer Unglücksfall46, tückischer Zu-
                                                                                     fall47 wurde der Tod des Jungen Langerhans in der Presse dargestellt. Die
                                                                                     Dramatik des Todesfalles und die Brisanz, die sich aus der prominenten
                                                                                     Stellung der Eltern des Jungen ergab, erregten das öffentliche Interesse. Als
                                                                                     Agenten dieser Öffentlichkeit bemächtigten sich die Tageszeitungen des
                                                                                     Todesfalls und diskutierten den ›Fall Langerhans‹ lebhaft und kontrovers.
                                                                                     Die durch die Todesanzeige publik gemachte Anschuldigung erschien
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                                                                                     reichsweit in der Vossischen Zeitung und wurde von vielen Tageszeitungen
                                                                                     kolportiert.48 Daneben wurde der Vorfall in medizinischen Fachzeitschrif-
                                                                                     ten erörtert49 und erregte auch internationale Aufmerksamkeit50. Die publi-
                                                                                     zistische Debatte erstreckte sich über einen Zeitraum vom 9. April bis An-
                                                                                     fang Juli 1896. Den Schlußpunkt bildete eine Replik des Vaters Robert
                                                                                     Langerhans auf das gerichtliche Obduktionsgutachten, in der er die Obduk-
                                                                                     tion zu dem Versuch einer »Ehrenrettung des Diphtherie-Serums«51 erklärte
                                                                                     und an seiner Anklage »Tod durch Heilserum!« festhielt.

                                                                                     44 Strassmann (1896), S. 518.
                                                                                     45 Beispielsweise im Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896.
                                                                                     46 Beispielsweise in den Berliner Neuesten Nachrichten Nr. 170 vom 11.4.1896.
                                                                                     47 Eulenburg (1896), S. 257.
                                                                                     48 Vossische Zeitung vom 10.4.1896. Aufgegriffen wurde die Todesanzeige in den Berli-
                                                                                        ner Neuesten Nachrichten und der Frankfurter Zeitung, siehe die Zeitungsausschnitte
                                                                                        in BAB R 86/1182 und R 86/2886 sowie im GStA PK, 1. HA, Rep. 76 VIII B, Nr.
                                                                                        3750. Die Reaktion auf die Anzeige in der Vossischen Zeitung war immens. Der ›Fall
                                                                                        Langerhans‹ wurde unter anderem in der Frankfurter Zeitung, in der National-
                                                                                        Zeitung, in der Kölner Zeitung, in der Breslauer Zeitung und im Hannoverschen Cou-
                                                                                        rier, in den Münchner Neuesten Nachrichten und den Berliner Neuesten Nachrichten,
                                                                                        im Berliner Lokal-Anzeiger und in der Neuen Preußischen Zeitung diskutiert. Es ist
                                                                                        davon auszugehen, daß der ›Fall Langerhans‹ von lokalen Zeitungen unter Berufung
                                                                                        auf die reichsweiten Blätter kolportiert wurde. Zu den einzelnen Zeitungen vgl. die Bei-
                                                                                        träge in Fischer (1972); ferner Koszyk (1966); Oschilewski (1975); Stöber (2000).
                                                                                     49 In der Berliner Klinischen Wochenschrift, der Deutschen Medizinischen Wochen-
                                                                                        schrift, der Münchener Medizinischen Wochenschrift, den Therapeutischen Monats-
                                                                                        heften, der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medizin und der Wiener Klinischen
                                                                                        Wochenschrift.
                                                                                     50 A. Seibert/F. Schwyzer: The cause of sudden death after antitoxine injections. In: New
                                                                                        York Medical Journal vom 30.5.1896. Es handelte sich um den Abdruck einer am
                                                                                        26.5.1896 vor der American Paedriatic Society in Montreal gehaltenen Rede, wo der
                                                                                        Tod von Ernst Langerhans thematisiert wurde.
                                                                                     51 Vgl. Langerhans (1896), S. 603f., unter Bezug auf einen Artikel in der Kölnischen
                                                                                        Zeitung vom 3.5.1896.

                                                                                                                           Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                          81

                                                                                     Bezogen auf den ›Fall Langerhans‹ kann man feststellen, daß sich eine deut-
                                                                                     liche Trennlinie zwischen Pro und Kontra nur schwer ziehen läßt. Nahezu
                                                                                     alle Zeitungen zeigten Anteilnahme an dem Schicksal der Familie Langer-
                                                                                     hans. Das Behringsche Heilserum dagegen schied die Geister in Befürworter
                                                                                     und Gegner, wenngleich erstere überwogen. Gegen das Heilserum bezogen
                                                                                     in den ersten Tagen die Vossische Zeitung und die Berliner Neuesten Nachrichten
                                                                                     Stellung. Alle anderen Zeitungen verteidigten die Verwendung des Heilse-
                                                                                     rums, forderten eine »leidenschaftslose« Debatte und gaben ihrer Hoffnung
                                                                                     Ausdruck, daß ihre »Zeilen dazu beitragen, beruhigend zu wirken!«52 Die
                                                                                     Berichterstattung in den Fachblättern war entsprechend ihrem Leserkreis
                                                                                     nicht ganz so vielfältig. Den Befürwortern der Serumtherapie diente die
                                                                                     Deutsche Medizinische Wochenschrift als Sprachrohr. Die Gegner artikulierten
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                                                                                     sich über ihre Beiträge in den Therapeutischen Monatsheften. Ein Forum boten
                                                                                     auch die verschiedenen medizinischen Versammlungen und Tagungen.
                                                                                     Eine Ausnahme stellte der Berliner Lokal-Anzeiger dar, der seit den 1880er
                                                                                     Jahren immer häufiger Partei für die Regierung ergriff. Wenngleich die Zei-
                                                                                     tung vorgab, unpolitisch zu sein, geriet sie »mehr und mehr unter dem
                                                                                     Deckmantel der Parteilosigkeit in ein offiziöses, höfisch-gouvernementales
                                                                                     Fahrwasser«.53 Die als General-Anzeiger konzipierte Zeitung von August
                                                                                     Scherl (1849-1921) wurde erst in den 1880er Jahren als Massenblatt für den
                                                                                     Mittelstand gegründet. Jeder Berliner Haushalt, der im Adreßregister ver-
                                                                                     zeichnet war, erhielt die Zeitung kostenlos. Die Adressaten verfügten folg-
                                                                                     lich über einen eigenen Hausstand. Die Leser waren Kleinbürger, Beamte,
                                                                                     Offiziere. Die Zeitung finanzierte sich über Kleinanzeigen und hatte eine
                                                                                     vergleichsweise hohe Auflage54, obzwar sich die Themen auf Berliner Er-
                                                                                     eignisse konzentrierten. August Scherl hatte über den Berliner Lokal-Anzeiger
                                                                                     bereits im Oktober 1894 ein Komitee ins Leben gerufen, das Spenden
                                                                                     sammelte, um eine unentgeltliche Verteilung des Heilserums zu gewährleis-
                                                                                     ten, damit jeder bedürftige Einwohner Berlins, »lediglich auf das Recept
                                                                                     seines Arztes hin, ohne jede Schwierigkeit das neue Heilmittel kostenlos
                                                                                     erhalten kann«.55 Auch wenn der ›Fall Langerhans‹ durch Berliner Lokal-

                                                                                     52 Die leidenschaftslose Debatte im Berliner Lokal-Anzeiger Nr. 167 vom 10.4.1896; die
                                                                                        sedative Wirkung seiner Zeilen erhoffte der Leser Dr. M. J. der Frankfurter Zeitung
                                                                                        Nr. 101 vom 11.4.1896.
                                                                                     53 Vgl. Oschilewski (1975), das Zitat S. 99; Koszyk (1966), S. 290-295; Stöber (2000), S.
                                                                                        203. Zu August Scherl siehe auch das Kapitel in: Mendelssohn (1982).
                                                                                     54 1880er Jahre: 150.000-200.000, 1899: 260.000, vgl. Stöber (2000), S. 212, 233. Zum
                                                                                        Vergleich: 1890 hatte die Frankfurter Zeitung eine Auflage von 35.000 Zeitungen. Als
                                                                                        eines der auflagenstärksten Blätter Deutschlands verkaufte das Berliner Tageblatt 1895
                                                                                        ca. 55.000 Zeitungen. Vgl. Oschilewski (1975), S. 86.
                                                                                     55 »Ein Appell an alle Menschenfreunde«, Zeitungsausschnitt vom Oktober 1894, BAB
                                                                                        R 86/1182. Der Appell Scherls fand sein Vorbild im Aufruf von Gaston Calmette im
                                                                                        September 1894 in Le Figaro. Calmette hatte die Bürger Frankreichs zu Spenden auf-
                                                                                        gerufen, damit das Serum unentgeltlich verteilt werden könnte. Die eingehenden

                                                                                                                        Franz Steiner Verlag
82                                                               Axel C. Hüntelmann

                                                                                     kolorit gefärbt ist, so hat das Ereignis, bedingt durch das Diphtherie-
                                                                                     Heilserum und den Bekanntheitsgrad der Familie Langerhans, für nationa-
                                                                                     les Aufsehen gesorgt.
                                                                                     Die Parteinahme läßt sich nicht nur an der geäußerten Meinung ablesen,
                                                                                     sondern zeigt sich ferner an den Personen, die zitiert wurden, denen man
                                                                                     Glauben schenkte oder denen man ein Forum bot, ihre Meinung darzustel-
                                                                                     len. Während sich die Vossische Zeitung und die Berliner Neuesten Nachrichten
                                                                                     in ihrer Berichterstattung auf Max Asch, Adolf Gottstein (1857-1941) und
                                                                                     andere Kritiker der Serumtherapie bezogen und sich auf Artikel aus den
                                                                                     Therapeutischen Monatsheften stützten, war nach Bekanntwerden des Todesfal-
                                                                                     les die erste Anlaufstelle des Berliner Lokal-Anzeigers Emil Behring (1854-
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                                                                                     1917), der allerdings gerade auf Capri zur Erholung weilte. Der ersatzweise
                                                                                     befragte Ludwig Brieger arbeitete am Institut für Infektionskrankheiten, an
                                                                                     dem das Serum entwickelt worden war. Doch die Trennlinien zwischen
                                                                                     Gegnern und Befürwortern der Serumtherapie sind nur schwer zu ziehen.
                                                                                     Die zu Wort kommenden Gegner sind keinesfalls der fest strukturierten
                                                                                     Gruppe zugehörig, die jahrzehntelang die staatliche Pockenimpfung be-
                                                                                     kämpft hatte.56 Es handelte sich nicht um Anhänger der Naturheilkunde,
                                                                                     der Homöopathie oder der Lebensreform, sondern zumeist um Ärzte bzw.
                                                                                     Kinderärzte, die auf jahrzehntelange Erfahrungen in der Praxis zurückbli-
                                                                                     cken konnten.57 Eine Grenze zwischen Gegnern und Anhängern der Serum-
                                                                                     therapie ließe sich vielleicht am ehesten zwischen der Bakteriologie und der
                                                                                     pathologischen Anatomie bzw. der Bakteriologie und der sich in Abgren-
                                                                                     zung zu dieser konstituierenden Sozialhygiene ziehen.58

                                                                                     Die Gegner der Serumtherapie – »Signal zu einer wahren Behring-
                                                                                     Hetze«59
                                                                                     Unter dem Eindruck der Ereignisse verfaßte Albert Eulenburg (1840-1917)
                                                                                     am 11. April in der von ihm und Julius Schwalbe (1863-1930) herausgege-
                                                                                     benen Deutschen Medizinischen Wochenschrift einen Artikel, in dem er »im In-
                                                                                     teresse der Wissenschaft sowohl wie auch im ärztlichen Standesinteresse auf
                                                                                     das schärfste« gegen den »Vernichtungsschlag gegen das Behring’sche
                                                                                     Heilserum« protestierte. Der Tod des Ernst Langerhans sei »natürlich für

                                                                                          Spenden wurden im Figaro täglich veröffentlicht, und es zeichnete sich ein außeror-
                                                                                          dentlicher Erfolg ab. Vgl. die Akten im Archiv des Instituts Pasteur, DR-DOS 2.
                                                                                     56 Vgl. Wolff (1996), S. 79-108. Impfgegner waren insbesondere »Nichtärzte« und die
                                                                                        oben genannten Gruppen.
                                                                                     57 Gottstein (1895) berichtet zur Bekräftigung seiner Argumente von seiner 14jährigen
                                                                                        Praxistätigkeit; Rubens (1896); Bernheim (1896) führt seine Aufzeichnungen aus
                                                                                        zwanzigjähriger Praxiserfahrung an.
                                                                                     58 Vgl. Engelhardt (1985); Hüntelmann (2005).
                                                                                     59 Vgl. Eulenburg (1896), S. 255.

                                                                                                                          Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                           83

                                                                                     alle offenen und versteckten Gegner der Serumbehandlung das Signal zu
                                                                                     einer wahren Behring-Hetze«.60
                                                                                     Generell sind die Meinungen der Gegner zu differenzieren. Stabsarzt Dr.
                                                                                     Barth unterschied in seinem Artikel über den ›Fall Langerhans‹ erstens
                                                                                     Gegner, die einem »therapeutischen Nihilismus« frönten, also keine Be-
                                                                                     handlung anwandten.61 Adolf Gottstein beispielsweise beschränkte sich auf
                                                                                     hygienische, diätetische, hydrotherapeutische Maßnahmen und die Scho-
                                                                                     nung der Körperkräfte.62 Als zweite Gruppe nannte Barth diejenigen Ärzte,
                                                                                     die aus Angst vor den Nebenwirkungen – der sogenannten »Serumkrank-
                                                                                     heit«: nesselartige Hautausschläge, Erytheme, papulöse Exantheme, hohes
                                                                                     Fieber oder schmerzhafte Anschwellungen der Gelenke – das Heilserum
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                                                                                     nicht anwandten.63 Diese zweite Gruppe verneinte nicht grundsätzlich den
                                                                                     Heilerfolg der Serumtherapie oder hielt zumindest das Serum nicht per se
                                                                                     für schädlich. In ihrem persönlichen Nutzenkalkül trat die Anwendung des
                                                                                     Serums in Verbindung mit möglichen unkalkulierbaren Nebenwirkungen
                                                                                     gegenüber den eigenen Erfahrungen zurück. Letztere beruhten auf verschie-
                                                                                     denen Behandlungsmethoden: Einmal sollte der Patient durch besondere
                                                                                     Diäten gestärkt werden64, weiterhin wurden Schwitzkuren empfohlen65.
                                                                                     Ferner wurde die Entzündung örtlich behandelt: durch Gurgeln mit desinfi-
                                                                                     zierenden Lösungen oder das Bestreichen des Rachens mit ätzender Flüs-
                                                                                     sigkeit wie Eisenchlorid. Eine Immunisierung der Gesunden zum Schutz
                                                                                     vor Diphtherie lehnten sie aufgrund der Nebenwirkungen ab.66
                                                                                     Die dritte Gruppe in Barths Kategorisierung betraf diejenigen, die »die
                                                                                     Richtigkeit der theoretischen Prinzipien« der Serumtherapie »verleugnen« –
                                                                                     oder ablehnten.67 Zu dieser Gruppe ließen sich die bei Dr. Eisenschlitz in
                                                                                     seinem ausführlichen Literaturüberblick zum Thema Diphtherie-Heilserum
                                                                                     als »vorwiegend gegnerische Stimmen« kategorisierten Mediziner David P.
                                                                                     Hansemann (1858-1920), Rudolf Emmerich (1852-1914) und Max Kasso-
                                                                                     witz (1842-1913) zählen.68 Hansemann, ebenso wie Robert Langerhans As-
                                                                                     sistent von Rudolf Virchow (1821-1902), bezweifelte auf der Sitzung der

                                                                                     60 Vgl. Eulenburg (1896), S. 255.
                                                                                     61 Vgl. Barth (1896), S. 396.
                                                                                     62 Vgl. Gottstein (1895), S. 239.
                                                                                     63 Vgl. Barth (1896), S. 396.
                                                                                     64 Dies empfiehlt Gottstein (1895).
                                                                                     65 Vgl. Wachsmuth (1895); zur Schwitzkur nach Wachsmuth siehe auch BAB R
                                                                                        86/1180.
                                                                                     66 Ähnlich auch Bernheim (1896).
                                                                                     67 Vgl. Barth (1896), S. 396.
                                                                                     68 Vgl. Eisenschlitz u. a. (1895), S. 115-128, dort auch alle nachfolgenden Zitate. Rudolf
                                                                                        Emmerich war nach dem Tod Pettenkofers der führende Protagonist der lokalistischen
                                                                                        Theorie. Vgl. Weyer-von Schoultz (2000), S. 331.

                                                                                                                           Franz Steiner Verlag
84                                                               Axel C. Hüntelmann

                                                                                     Berliner Medizinischen Gesellschaft vom 28. November 1894, ob das »Löff-
                                                                                     ler’sche Bacillus« überhaupt mit der Bretonneauschen Erkrankung identisch
                                                                                     sei. Man habe den Bazillus einerseits nicht »in allen Fällen von (anatomi-
                                                                                     scher) Diphtherie« gefunden und andererseits habe man den Erreger bei
                                                                                     Krankheiten entdeckt, die nicht identisch mit der Diphtherie seien. Ferner
                                                                                     sei es überhaupt nicht zwingend notwendig, daß die Immunisierung im
                                                                                     Tierversuch auch für den Menschen gelte. Schließlich behauptete Hanse-
                                                                                     mann, daß das Serum keinesfalls indifferent wirke, sondern negative Aus-
                                                                                     wirkungen auf die Nierenfunktion habe.69
                                                                                     Max Kassowitz bezweifelte, ob das Diphtherie-Serum überhaupt eine Aus-
                                                                                     wirkung auf den Krankheitsverlauf habe. Präventiv behandelte Kinder seien
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                                                                                     trotzdem innerhalb der nächsten Wochen an Diphtherie erkrankt und sogar
                                                                                     gestorben. Eine Neuinfektion sei auch bei Kindern beobachtet worden, die
                                                                                     nach der Injektion des Heilserums genesen seien. Gleichzeitig habe man
                                                                                     eine Anzahl von Wirkungen beobachtet, die nach der Injektion des Diph-
                                                                                     therie-Serums aufgetreten seien, aber eindeutig nicht zum Krankheitsbild
                                                                                     der Diphtherie gehörten. Auf der anderen Seite »besitzen wir keinen einzi-
                                                                                     gen wissenschaftlichen verwerthbaren Beweis dafür, dass jemals durch die
                                                                                     Präventivimpfung die Erkrankung eines Menschen an Diphtherie verhin-
                                                                                     dert worden war«.70 Aus Sicht der Gegner führte die Tragödie des ›Falls
                                                                                     Langerhans‹ die schädlichen Wirkungen des sogenannten ›Heilserums‹ evi-
                                                                                     dent vor Augen, da Ernst Langerhans unmittelbar nach der Einspritzung
                                                                                     des Serums verstorben war und sich zuvor bester Gesundheit erfreut hatte.
                                                                                     Am 10. April 1896 konnten die Gegner der Serumtherapie in der Vossischen
                                                                                     Zeitung einen Artikel lancieren, der einleitend die Frage stellte, ob man in
                                                                                     dem tragischen Geschick einen Unglücksfall erblicken solle oder ob Gründe
                                                                                     vorhanden seien, »die zu der Annahme zwingen, daß zwischen dem Tode
                                                                                     des Kindes und der vorhergegangenen Einspritzung mit Behring’schem
                                                                                     Heilserum ein ursächlicher Zusammenhang vorhanden ist.«71 Die Frage
                                                                                     war freilich rhetorisch gestellt – die Antwort wurde dem Leser in den nächs-
                                                                                     ten Zeilen dargeboten. Der Autor bezog sich auf einen Artikel vom Februar
                                                                                     1896 in den Therapeutischen Monatsheften, der »objektiv und nüchtern alle
                                                                                     bisherigen Erfahrungen sammelt«.72 Es wurden eine Reihe schwerer Er-
                                                                                     krankungen angeführt, die nach der Anwendung des Diphtherie-Serums
                                                                                     aufgetreten seien und Wochen und Monate angedauert haben sollen. Be-

                                                                                     69 Vgl. Eisenschlitz u. a. (1895), S. 115f.
                                                                                     70 Vg. Eisenschlitz u. a. (1895), S. 121, Kassowitz auf einer Tagung der Gesellschaft der
                                                                                        Aerzte in Wien zitierend; weiterhin Kassowitz: Diphtherieheilserum (1896); Kassowitz:
                                                                                        Diphtheriestatistik (1896).
                                                                                     71 Vossische Zeitung und Berliner Neueste Nachrichten vom 10.4.1896. Die Berliner
                                                                                        Neuesten Nachrichten wiederholten zeitlich versetzt die Nachrichten der Vossischen
                                                                                        Zeitung.
                                                                                     72 So die Meinung des Autors in den Berliner Neuesten Nachrichten vom 10.4.1896.

                                                                                                                            Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                            85

                                                                                     sonders bekannt sei der Fall des Geheimen Medizinalrates Dr. Moritz Pis-
                                                                                     tor, dessen siebenjährige Tochter nach der Einspritzung von Diphtherie-
                                                                                     Serum »volle drei Monate unter andauernd schweren Symptomen krank
                                                                                     darniederlag«.73
                                                                                     Die Vossische Zeitung wußte auch von einigen Todesfällen zu berichten, die
                                                                                     infolge einer immunisierenden Injektion des Diphtherie-Serums, bei sonst
                                                                                     gesunden Kindern, vorgekommen sein sollten. Die Erfahrungen des Char-
                                                                                     lottenburger Arztes Dr. Max Asch würden die Behauptung widerlegen, »die
                                                                                     immer wieder und wieder von den am Erfolge interessirten Seiten in die
                                                                                     Oeffentlichkeit gebracht wird, daß die Anwendung des Heilserums nicht
                                                                                     mit Gefahr verbunden sei«. Es müsse im »Gegentheil nachdrücklich darauf
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                                                                                     hingewiesen werden, daß es im ganzen medizinischen Heilschatz wenig
                                                                                     Mittel giebt, deren Anwendung so oft zu so traurigen Konsequenzen geführt
                                                                                     hat wie das gepriesene Serum«. Die bisherigen Erfahrungen mit der Präven-
                                                                                     tiv-Impfung von Heilserum seien daher als »nutzlos und gefährlich zu ver-
                                                                                     werfen«. Das Heilserum stelle eine große Gefahr dar, um so mehr, als sich
                                                                                     die Vorstellung des um Schutz Suchenden als »trügerische Illusion« ent-
                                                                                     puppe.74 Die betonten Heilerfolge, die Behring ins Feld führe75, hätte Adolf
                                                                                     Gottstein jüngst »als höchst zweifelhaftes Material zur Beurtheilung des
                                                                                     Nutzens des Heilserums« entlarvt.76 Viele Todesfälle nach der Behandlung
                                                                                     mit Serum seien in der Behringschen Statistik »höchst willkürlich auf ande-
                                                                                     re Ursachen zurückgeführt« worden. Der Artikel gipfelte in der Aussage,
                                                                                     daß alle »diese Vorgänge« nicht möglich und erklärlich wären,
                                                                                         wenn wir nicht schon seit Jahren in ein Stadium ministerieller Staatsmedizin hinge-
                                                                                         rathen wären, wo jede wissenschaftliche Bestrebung, falls sie nur die Billigung und Zu-
                                                                                         stimmung der zuständigen Behörde findet, sofort als staatlich konzessionirtes Dogma
                                                                                         verkündet wird.77
                                                                                     Max Asch hielt das Behringsche Diphtherie-Heilserum generell für gesund-
                                                                                     heitsschädlich. Es könnten keine Zweifel darüber bestehen, daß die Ein-
                                                                                     spritzung des Diphtherie-Serums eine große Anzahl schwerer Erkrankungen
                                                                                     und sogar einen Todesfall zur Folge gehabt hätte. Die angeblichen Erfolge
                                                                                     der Serumtherapie beruhten auf einer Illusion, denn die Statistik, die den
                                                                                     Erfolg des Serums angeblich beweise, basiere auf einer groben Selbsttäu-
                                                                                     schung.78

                                                                                     73 Vossische Zeitung und Berliner Neueste Nachrichten vom 10.4.1896. Über die Kran-
                                                                                        kengeschichte der Tochter von Moritz Pistor wurde ausführlich in der Deutschen
                                                                                        Aerzte-Zeitung Nr. 24 (1895) berichtet.
                                                                                     74 Berliner Neueste Nachrichten vom 10.4.1896.
                                                                                     75 Vgl. Behring (1895).
                                                                                     76 Vgl. Gottstein (1895).
                                                                                     77 Berliner Neueste Nachrichten Nr. 166 vom 10.4.1896.
                                                                                     78 Max Asch: Das Behring’sche Heilserum und die Statistik. In: Berliner Neueste Nach-
                                                                                        richten Nr. 181 vom 18.4.1896.

                                                                                                                         Franz Steiner Verlag
86                                                                 Axel C. Hüntelmann

                                                                                     Die Medizinalstatistik im Brennpunkt der Diskussion – Kampf um die
                                                                                     Deutungshoheit der ›alles richtenden Statistik‹79
                                                                                     Nach Meinung der Gegner lag die Tragik im ›Fall Langerhans‹ darin be-
                                                                                     gründet, daß das Kind einem staatlich verordneten Dogma geopfert wurde
                                                                                     – ein Heilungsprinzip, das sich in das Gegenteil verkehrt. Ernst Langerhans
                                                                                     sei nicht ein Unglücksfall, sondern nur einer von vielen Todesfällen, die –
                                                                                     dies die logische Konsequenz ihrer Argumentation – statistisch verfälscht
                                                                                     wurden. Das Perfide daran sei nicht nur, daß eine in den Augen der Gegner
                                                                                     schädliche Heilmethode staatlich protegiert wurde, sondern die statistische
                                                                                     Beweismethode – die Gerichtsbarkeit der Statistik80 – staatlicherseits mani-
                                                                                     puliert und verfälscht würde.81
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                                                                                     Eine wesentliche Kritik der Gegner der Serumtherapie zielte auf die amtli-
                                                                                     chen Statistiken und die in den einzelnen Veröffentlichungen zitierten
                                                                                     Krankenhausstatistiken, folglich galt die Kritik letztlich auch den vom Kai-
                                                                                     serlichen Gesundheitsamt herausgegebenen »Ergebnissen der Sammelfor-
                                                                                     schung über das Diphtherieheilserum für die Zeit vom April 1895 bis März
                                                                                     1896«.82 Basierend auf den wöchentlichen Statistiken des Kaiserlichen Ge-
                                                                                     sundheitsamtes, den Sammelforschungen der Deutschen Medizinischen Wo-
                                                                                     chenschrift und des Berliner Lokal-Anzeigers83 sowie auf den Auswertungen
                                                                                     einzelner Studien, hatte Emil Behring 1895 seine Veröffentlichung »Die
                                                                                     Statistik in der Heilserumfrage« verfaßt, der insgesamt 11.000 Fälle zu
                                                                                     Grunde lagen.84

                                                                                     79 »Die Statistik erfindet nichts, aber sie richtet, und ihre Gerichtsbarkeit erstreckt sich
                                                                                        auf Alles, was auf heilenwollen Anspruch macht.« Einleitendes Zitat aus: Behring
                                                                                        (1895), S. 1.
                                                                                     80 Auf die Beweiskraft und Gesetzeskraft der Statistik beruft sich Behring (1895), S. 1;
                                                                                        ferner Porter (1995).
                                                                                     81 Dies gilt natürlich auch vice versa. So diente Behring (1895), S. 10, die Behauptung
                                                                                        Gottsteins »als eine prächtige Illustration zu dem Thema der Gefährlichkeit von Er-
                                                                                        findungen auf statistischem Gebiet«.
                                                                                     82 Die Ergebnisse erschienen in: Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte 13
                                                                                        (1897), S. 254-292. Die Ergebnisse wurden wöchentlich in den Veröffentlichungen aus
                                                                                        dem Kaiserlichen Gesundheitsamte publiziert. Quartalsweise wurden die Ergebnisse
                                                                                        zu einem Bericht zusammengefaßt und an die Medizinalbehörden und Bibliotheken
                                                                                        (200 Exemplare) versandt. Im Reichsanzeiger wurde ein kurzer Artikel mit dem Hin-
                                                                                        weis auf die Ergebnisse veröffentlicht mit der Bemerkung, »daß Fachmänner, welche
                                                                                        sich für die Einzelheiten der gewonnenen Erfahrungen interessieren, einen Abdruck
                                                                                        der Zusammenstellung, soweit der Vorrath reicht, vom Gesundheitsamt beziehen
                                                                                        können«, vgl. Staatssekretär des Innern, von Bötticher, an den Direktor des Kaiserli-
                                                                                        chen Gesundheitsamtes, 3.8.1895, BAB R 86/1183, dort auch weitere Angaben zur
                                                                                        Entstehung der Sammelforschungen.
                                                                                     83 Vgl. hierzu die Fragebögen im Behring-Archiv, 8-04.
                                                                                     84 Behring hatte im August 1895 im Kaiserlichen Gesundheitsamt angefragt, ob er ver-
                                                                                        gleichende Zahlenangaben über die Morbiditäts- und Mortalitätsverhältnisse zur
                                                                                        Diphtherie innerhalb der letzten Jahre im Deutschen Reich und speziell in Berlin er-

                                                                                                                            Franz Steiner Verlag
Das Diphtherie-Serum und der Fall Langerhans                                            87

                                                                                     Die Befürworter konnten statistisch nachweisen, daß parallel mit der Ein-
                                                                                     führung des Heilserums auch die Mortalität der Diphtherie gesunken war.
                                                                                     Aus dieser Gleichzeitigkeit schlossen sie, daß das Sinken der Sterblichkeits-
                                                                                     rate in der Einführung des Heilserums begründet lag. Behrings Quintessenz
                                                                                     lautete: Die Statistik gebe vereinzelten Zufälligkeiten Sinn und weise durch
                                                                                     die »Zählung an sehr vielen Einzelfällen« eine Gleichmäßigkeit nach, die so
                                                                                     groß sei, »dass man es wagen konnte, aus der zeitweiligen Änderung der
                                                                                     durchschnittlichen Verhältniszahl auf das Eingreifen eines ungewöhnlichen
                                                                                     ursächlichen Moments zu schließen und die Natur desselben zu fixieren.«85
                                                                                     Dieses Moment war nach Meinung der Befürworter – allen voran Behring –
                                                                                     das Diphtherie-Serum.
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                                                                                     Die Kausalität dieser Korrelation bezweifelten die Gegner. Ihre Kritik betraf
                                                                                     die Folgerung, die die Therapiebefürworter aus zwei singulären Ereignissen
                                                                                     zogen. Verkürzt lautete ihr Argument, daß Korrelation ungleich Kausalität
                                                                                     sei.86 Das Sinken der Diphtherie-Mortalität beruhte nach Meinung der
                                                                                     Gegner der Serumtherapie auf dem Umstand, daß der »Genius epidemicus«
                                                                                     in den Jahren von 1894 bis 1896 außerordentlich mild war.87 Eine ganz
                                                                                     andere, das Sinken der Diphtherie-Mortalität erklärende Kausalität konstru-
                                                                                     ierten Gottstein und Asch. Generell kritisierte Gottstein, daß das statistische
                                                                                     Material allein auf Auswertungen aus Krankenhäusern beruhe, die nur ei-
                                                                                     nen Ausschnitt aus der gesamten Anzahl aller Diphtherie-Fälle abdeckten.
                                                                                     Gottstein meinte eine Veränderung des Krankenmaterials feststellen zu
                                                                                     können. Aufgrund der neuen Serumtherapie schickten die Angehörigen ihre
                                                                                     Kranken früher in die Hospitäler, weil diese im Gegensatz zu den praktizie-
                                                                                     renden Ärzten über einen reichlichen Vorrat an Heilserum verfügten und
                                                                                     nicht zögerten, davon Gebrauch zu machen. Daher habe seit 1894 die Bele-
                                                                                     gung der Krankenhäuser zugenommen. Es handele sich allerdings bei dem
                                                                                     vermehrten Zustrom von Diphtherie-Kranken um leichtere Fälle als ehe-
                                                                                     dem, die folglich auch einen weniger schweren Krankheitsverlauf näh-

                                                                                         halten könne. Der Direktor des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, Karl Köhler, sagte
                                                                                         ihm zu, das Material bereit und Behring einen Arbeitsplatz in seiner Behörde zur Ver-
                                                                                         fügung stellen zu wollen. Auf die Bitte Behrings, der bis September Marburg nicht ver-
                                                                                         lassen könne, sandte man Behring – was sonst unüblich war, da man das »Material
                                                                                         nicht nach außen« gibt – die Unterlagen und Zeitschriften zu, mit der Bitte, diese nach
                                                                                         Gebrauch wieder an das Kaiserliche Gesundheitsamt retournieren zu wollen. Vgl.
                                                                                         BAB R 86/1181. Der Hinweis auf die 11.000 Fälle und seine empirische Basis in Beh-
                                                                                         ring (1895), S. 6.
                                                                                     85 Behring (1895), S. 2; auf einen außerordentlichen Heilfaktor schloß auch O. Vierordt
                                                                                        in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift Nr. 11 (1895).
                                                                                     86 Vgl. beispielsweise Max Asch: Das Behring’sche Heilserum und die Statistik. In: Ber-
                                                                                        liner Neueste Nachrichten Nr. 181 vom 18.4.1896.
                                                                                     87 Vgl. Gottstein (1895); unter Verweis auf Sörensen, der hervorhob, »dass die Gutartig-
                                                                                        keit der Epidemie im Jahre 1895 eine bis dahin unbekannte Höhe erreicht hat«. In:
                                                                                        Kassowitz: Diphtherieheilserum (1896), S. 4.

                                                                                                                         Franz Steiner Verlag
88                                                               Axel C. Hüntelmann

                                                                                     men.88 Es lag somit, Gottstein Unterstellung folgend, eine »self-fullfilling
                                                                                     prophecy« vor.89 Ungeachtet der statistischen Fehlschlüsse, die Gottstein
                                                                                     aus seinen absoluten [!] Zahlenangaben zog und die Behring mühelos parie-
                                                                                     ren konnte, argumentierten die Gegner, daß die Wirkungskraft des Serums
                                                                                     noch in keinem Fall statistisch bewiesen wurde, während die Nebenwirkun-
                                                                                     gen und Komplikationen der Serumtherapie offen zutage träten.

                                                                                     Die Anhänger der Serumtherapie
                                                                                     Die Argumentation der Gegner der Serumtherapie rief bei ihren Befürwor-
                                                                                     tern heftigen Widerstand hervor. Gegen die Instrumentalisierung des Un-
                                                                                     glücksfalles, »die Fructificierung des traurigen und vorläufig noch ganz un-
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                                                                                     aufgeklärten Ereignisses« müsse im Interesse der Wissenschaft protestiert
                                                                                     werden.90 Die Befürworter der Serumtherapie mußten sich keiner weit-
                                                                                     schweifigen Argumentation bedienen, sie wußten die Mehrheit der Medizi-
                                                                                     ner, besonders die Ordinarien, die Krankenhäuser und die medizinalstaatli-
                                                                                     chen Institutionen hinter sich. Die Doyens der Kinderheilkunde waren
                                                                                     selbst an der Entwicklung der Serumtherapie beteiligt – Otto Heubner
                                                                                     (1842-1926), Karl Binz (1832-1913), Eduard Henoch (1820-1910) mit ihren
                                                                                     jeweils eigenen ›Schulen‹ und Verbindungen. Sie verteidigten somit ihren
                                                                                     eigenen Forschungsanteil an der Heilmethode. Die Infragestellung der Se-
                                                                                     rumtherapie hätte bereits 1896 eine Vielzahl von Publikationen – und folg-
                                                                                     lich deren Autoren – in Frage gestellt.
                                                                                     Alle Zeitungen bedauerten den tragischen Todesfall. Gleichwohl nahmen
                                                                                     einige Anstoß an der Anzeige, mit der Robert Langerhans den Tod seines
                                                                                     Sohnes bekannt gegeben hatte. Die Ursache des Ablebens teilte er »mit ge-
                                                                                     sperrten, mächtig großen Buchstaben« mit. Nicht genug damit, wiederholte
                                                                                     er die Begründung einen Tag später und gab bekannt, daß sein Kind durch
                                                                                     Behringsches Heilserum vergiftet worden sei.91 Besonderen Anstoß daran
                                                                                     nahmen das Berliner Tageblatt und der Herausgeber der Deutschen Medizini-
                                                                                     schen Wochenschrift.92 Robert Langerhans habe eine »Behauptung in der
                                                                                     denkbar krassesten Form ausgesprochen«, ohne einen wissenschaftlichen
                                                                                     Beweis zu erbringen. »Einfach aus der Aufeinanderfolge zweier Thatsachen
                                                                                     auf ihren ursächlichen Zusammenhang zu schließen, ist durchaus nicht an-

                                                                                     88 Vgl. Gottstein (1895); Max Asch: Das Behring’sche Heilserum und die Statistik. In:
                                                                                        Berliner Neueste Nachrichten Nr. 181 vom 18.4.1896.
                                                                                     89 Gottstein unterstellt die von Robert K. Merton (1995), S. 399-414, beschriebene self-
                                                                                        fulfilling prophecy.
                                                                                     90 Vgl. Eulenburg (1896).
                                                                                     91 Berliner Tageblatt vom 10.4.1896.
                                                                                     92 Sowohl der Aufbau des Textes und die Argumentation als auch die Wortwahl legen
                                                                                        die Vermutung nahe, daß das Berliner Tageblatt sich auf Eulenburg bezieht bzw. die-
                                                                                        sen als Informationsquelle nutzte – oder aber, daß Eulenburg hier seinen Artikel be-
                                                                                        reits an prominenter Stelle in der Öffentlichkeit lancieren konnte.

                                                                                                                            Franz Steiner Verlag
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