MITTEILUNGEN OSTERN 2014 - ENTDECKEN VERBORGENE RUDOLF STEINER SCHULE BERNER OBERLAND
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
GESTERN PÄDAGOGIK Neues entdecken in Florenz SEITE 2 Kunstgeschichte als Abbild SEITE 6 Stimmen zum 8. Klass-Spiel SEITE 8 Bildgalerie Oliver Twist SEITE 11 Offene Türen Auftakt mit Bernhard Pulver SEITE 14 EIN MITTWOCH IM LEBEN VON... Tanja Hiller SEITE 17 SCHÜLER vis - à - vis SEITE 21 HEUTE EHEMALIGE Impressum Steinerschule - und was dann? SEITE 22 Herausgeber Auflage 1200 Ex. ELTERN Kollegium und Vereinigung Die Entdeckung des Verborgenen SEITE 25 Rudolf Steiner Schule 31. Jahrgang, Nr. 127 Berner Oberland Ich verrate Euch ein Geheimnis SEITE 29 Astrastrasse 15 Erscheinungsweise CH-3612 Steffisburg Vierteljährlich zu Michaeli, Weihnachten, Ostern und Johanni Beiträge und Artikel VERÄNDERUNGEN Die Inhalte werden von den Abonnementspreis Neue Entdeckung SEITE 32 jeweiligen AutorInnen Jahresabonnement Fr. 20.–, selbstverantwortet für Vereinsmitglieder gratis Abschied nehmen SEITE 33 Redaktion Bankverbindung Donath Aebi, Sonja Bärtschi, PC 34-4839-5 BÜCHERTIPPS Matthias Giger, Gabriele Ortner-Rosshoff, Pascaline Rubin Redaktionsschluss/Themen Das Spielplatzbuch SEITE 35 Rebecca Romano, Christian Wirz 1. März 2014 (Ostern) Ungeborenheit SEITE 37 mitteilungen@steinerschulebo.ch Inserate Korrektorat Gabriele Ortner-Rosshoff Natalie Wacker c/0 Rudolf Steiner Schule MORGEN Berner Oberland Ankündigungen SEITE 38 Bildredaktion mitteilungen@steinerschulebo.ch Gabriele Ortner-Rosshoff info@bilder-spektrum.ch 1 Seite 121 x 180 mm Fr. 280.– ZUKUNFT ½ Seite 121 x 90 mm Fr. 150.– Fotos ¼ Seite 121 x 45 mm Fr. 80.– Beschenkt werden und schenken SEITE 42 S. 8, 10-17, 22, 30-32, Titel und Rücktitel, Gabriele Ortner, Layout S. 5, 7 Simon Bristle, Gabriele Ortner-Rosshoff ZEITLOS S. 21, 26, 28 zVg www.bilder-spektrum.ch INSERATE SEITE 43 Beilagen Druck Kulturfensterkarte Copyquick Thun ADRESSEN SEITE 55 Einzahlungsschein www.copyquick-thun.ch FERIENORDNUNG SEITE 56
editorial Suche im Innern das Lichtvolle, Und du findest die Welt; Suche im Äußern das Sinnvolle, Und du findest dich selbst. Rudolf Steiner Liebe Leserinnen und liebe Leser Am Ende seiner Lehr- und Wanderjahre erhält In der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen Wilhelm Meister einen Lehrbrief. begegnen wir täglich der Tatsache, dass die Schülerinnen und Schüler zuerst einen „Boden“ Es ist darin das Folgende zu lesen: brauchen, und sich mit einem Thema in künst- lerischer Weise verbinden, um später darin ... Des echten Künstlers Lehre schließt den Sinn selbständig „Neues“ zu entdecken. Es wird ein auf; denn wo die Worte fehlen, spricht die Tat. „Sinn“ aufgeschlossen, eine „Suchbewegung“ in Der echte Schüler lernt aus dem Bekannten das Gang gegesetzt und das Neue, das Unbekannte, Unbekannte entwickeln und nähert sich dem gewissermassen kommt dem Menschen aus der Meister... Zukunft entgegen. aus: Wilhelm Meister von Johann Wolfgang von Goethe Dass dies so geschehen kann, entnehmen sie den nachfolgenden Berichten der Zehntkläss- ler/innen über ihre Florenzreise und den ande- Solche Gedanken führen uns in schöner Weise ren Artikeln. zum Thema dieser Ausgabe „Neues entdecken“. Nun wünschen wir Ihnen viel Freude beim Le- sen dieser Mitteilungen und für die Frühlings- und Osterzeit viele aufbauende und erneuernde Kräfte! Für die Schulgemeinschaft Donath Aebi 1
gestern - pädagogik Neues entdecken in Florenz Ein wichtiger Höhepunkt im zehnten Bild oder einer Skulptur. Ein steter Wech- Schuljahr ist die Kunstreise nach Florenz. sel zwischen sich und dem Kunstwerk - Es stellt sich für uns Lehrer/innen in jedem ein Dialog entsteht. Durch die Tatsache, Jahr erneut die Frage: Wie können wir die dass alle Schüler zeichnen, entsteht ein SchülerInnen zu echten Kunsterlebnissen weiteres Gemeinschaftserlebnis. hinführen? Gerade in einer Zeit, in der „Wissen“ jederzeit durch einen einzigen Die gemeinsamen Schulstunden am frü- Knopfdruck, auf dem I-Phone zur Verfü- hen Abend in der Unterkunft sind dazu gung steht, spürt man deutlich, dass es da, sich über das Erlebte auszutauschen, auf einer Kunstreise nicht in erster Linie die Erlebnisse in einem Buche zu notieren um Wissensvermittlung gehen kann, son- oder die Zeichnungen fertigzustellen. dern dass wir Lehrer/innen es irgendwie schaffen wollen, die Jugendlichen zu wirk- Weil ja bekanntlich „Liebe durch den Ma- lichen - echten Kunst-Erlebnissen hinzu- gen geht“, ist das gemeinsame Abendes- führen. sen ebenfalls etwas Verbindendes. Ge- spräche, humorvolle Stimmung; man lernt Ein nicht gerade leichtes Unterfangen, die Schüler/innen beim Essen noch von denn: So etwas kann man nicht „machen“, einer ganz anderen Seite kennen – das sondern wir Erwachsenen können nur Be- Gleiche gilt natürlich auch für die Jugend- dingungen schaffen, damit etwas in dieser lichen; sie lernen die Lehrer/innen auch Richtung möglich wird. anders kennen! Wir haben es schon oft erlebt, dass gera- Eine Besonderheit dieser Kunstreise war de das Singen in den Kirchen am Morgen auch, dass Jürg Voellmy das letzte Mal mit und/oder Abend zu einer wertvollen Hilfe dabei war. werden kann. Wir danken ihm herzlich für die seit 25 Dieses „Einstimmen“ in die Gemeinschaft Jahren durchgeführten Florenzreisen! und in die Bauwerke ergibt einen Grund- klang, der tief in der Seele über die ganze Nun wollen wir die Schülerinnen und Woche mitklingt. Schüler selbst zu Wort kommen lassen. Im Zeichnen entsteht ein ganz anderes Er- Donath. Aebi lebnis. Jede/r für sich: Begegnung mit sich selbst, mit dem Kunstwerk und mit seinen Fähigkeiten. Mit den Augen ist man ganz draussen – in der Architektur, bei einem 2
gestern - pädagogik Nachfolgend einige Zitate aus den Tage- Als das grösste zusammenhängende Mo- büchern der Schüler/innen mit deren Ein- saik der Welt auf mich herunterschaute, verständnis. fühlte ich mich unbeschreiblich klein… Alle Aufmerksamkeit war auf den riesigen Die Vorfreude auf Florenz war schon in Christus gerichtet, welcher mich, egal wo der Vorbereitungswoche sehr gross… Wir ich stand, immer anschaute. sind die Kunstwerke vom Goldgrund bis zur freistehenden Skulptur „durchgegan- Jeden Tag entdeckte man etwas Neues gen“ und zum Schluss wieder zum Gold- und begann sich immer mehr in die frühere grund ins Battistero zurück gekehrt … Ich Zeit zurückzuversetzen. Ich betrachtete habe für die Woche einfach alles andere die Bilder und Statuen mit anderen Augen. abgeschaltet und mich nur auf „Florenz“ Man konnte über ihre Bedeutung rätseln, konzentrieren können. Ich danke Ihnen sich austauschen und die Entwicklung der und allen anderen die dabei waren für die- Künstler mitverfolgen. se Hammerzeit. Etwas vom Eindrücklichsten war die Ar- chitektur und die immense Grösse des Doms. An diesem, wie auch an der Gold- kuppel des Battistero sieht man den enor- men Reichtum und die Kunstfertigkeiten der Renaissance. Mich haben die Kunst- werke der verschiedenen Künstler alle be- geistert. Am meisten haben mich aber die Bildhauerarbeiten fasziniert. Ein schöner Nebeneffekt war auch die gute Stimmung in der Klasse. Es hat Spass gemacht ge- meinsam Florenz zu entdecken. In Florenz war ich sehr beeindruckt von den Werken die wir sahen. Die Zeich- nungen sind mir teils gelungen. Manchmal war ich zu ungeduldig. Die Akustik-Proben haben mir sehr gefallen und sie tönten wie Engelsgesang. 3
gestern - pädagogik Ich finde, in dieser Florenzwoche hab Ende der Woche kamen wir dann zu den ich sehr viel Neues gelernt und wir ha- Skulpturen von Michelangelo aus der Re- ben einen kleinen Einblick in die Welt der naissance. Dass wir den Bogen schlos- Kunst bekommen… Das schmackhafte sen, als wir noch einmal ins Battistero Abendessen und der Kaffeeautomat in gingen und sangen, fand ich sehr schön, der Pension komplettierten diese mehr als passend und vor allem sehr spannend. Ich gelungene Klassenfahrt. Und wie schon konnte sehr gut nachvollziehen, was die- geschrieben: jederzeit gerne wieder! se Menschen für eine Entwicklung durch- machten und durchlebten… Auch fand ich Die Woche in Florenz war sehr lehrreich den Tagesablauf sehr passend… Ich finde und spannend. Wir besuchten verschie- es sehr schön, dass wir nicht ein norma- dene Museen und Archive… Mir gefiel das les Heft gestaltet haben. Es ist eine tolle Battistero sehr gut. Wenn man nach oben Erinnerung an Florenz. Für mich persön- blickte, sah man eine goldene Decke mit lich bildete die Accademia mit dem David sieben verschiedenen Himmels-Sphären. und den Sklaven das Highlight der Wo- In den Museen, die wir besuchten (z.B. che. Diese Sklaven finde ich sehr beein- Casa Buonarotti), zeichneten wir Skulp- druckend. Sie gefallen mir sehr. Auch den turen von Michelangelo ab, aber auch in David finde ich wirklich beeindruckend… den jeweils verschiedenen Kirchen zeich- Diese Reise werde ich niemals vergessen. neten wir Bilder. Was ich noch spannend fand: wir sangen in jeder Kirche. Im Ver- lauf der Woche führten wir ein Florenz- tagebuch, in das wir Bildbeschreibungen hinein schrieben und Kirchen, Statuen oder Bilder zeichneten. Die Basilika „San Miniato al Monte“ steht auf einem Hügel, umgeben von Bäumen und einem Kloster… Mein Blick wanderte sofort zum goldenen Altar, am Ende des Mittelganges… Wir sangen Lieder, die wunderbar geklungen haben. In der Kup- pel der Apsis ist der heilige Christus als Mosaik dargestellt. Zu Beginn schauten wir verschiedene Kunstwerke aus dem Mittelalter an. Am 4
gestern - pädagogik Die ganze Epoche hat mir sehr gut gefal- len und war sehr begeisternd für mich. Ich werde in einigen Jahren Florenz noch ein- mal besuchen. Ich habe eintauchen können in die Fas- zination der Kunst. Jede einzelne Kirche und alle Bauwerke fand ich sehr interes- sant und ich staunte jedes Mal, wenn ich die Malereien und die verschiedenen Skulpturen betrachtete… Ich genoss die Zeit in den Kirchen, im Turm neben dem Battistero und natürlich auch als ich durch die vielen Strassen und die Gassen von Florenz lief. Besonders schön fand ich die Abende, die immer mit Gesang und italienischen Lie- dern zu Ende gingen. 5
gestern - pädagogik Kunstgeschichte als Abbild der Entwick- lung innerer Bewusstseinsstufen „Es gibt Namen, die etwas von einer Zauberformel in sich tragen. Man spricht sie aus und wie der Prinz aus tausendundeiner Nacht fühlt man sich vom Boden der Erde in die Wolken erhoben. Nichts bestimmtes, keine einzelnen Gestalten erblicken wir. Aber: Wolkenzüge aus herrlichen Menschenscharen gebildet – sie ziehen am Himmel hin, und – ein Hauch berührt uns, der wie der erst laue Wind im Jahre mitten im Schnee den Frühling schon zu gewähren scheint.“ Hermann Grimm 6
gestern - pädagogik 25 Jahre Florenz Madrigale An dieser Stelle möchte ich allen danken, Come può esser ch‘io non sia più mio? auch durch den nachfolgenden Text, mit O Dio, o Dio, o Dio … ! dem Gedicht Michelangelos, das uns be- Chi m’ha tolto a me steso, gleitet hat. Ch’a me fosse più potessi, che possio? O Dio, o Dio, o Dio …! Ich will danken insbesondere den Schü- Come m’passe il cuore lern, dann den Kollegen und denjenigen, Chi non par che mi occhi? die durch Spenden unser Kunstprojekt im- Che cos’é queste – Amore … mer wieder ermöglicht haben. Ch’al cuore entra per gli occhi Per poco spazio dentro par che cresca? Sehr dankbar bin ich, dass Donath Aebi E s’avvien che trabocchi. und Magali Kniel den Impuls mit Begeis- terung weitertragen. Michelangelo Buonarotti, 1511 Jürg Voellmy Übersetzung von Jürg Voellmy: Wie kann es sein, dass ich mich selbst verlor? Mein Gott, mein Gott, mein Gott! Wer hat mich mir genommen? Der, näher meiner selbst, Mehr vermöchte über mich, als ich? Mein Gott, mein Gott, mein Gott …! Was durchdringt mich jetzt, Wie lebt es mir im Herzen? Oh, kann das Liebe sein – Die eintritt durch das Auge: Und innen wächst im Herzensraum? Was wird wohl, wenn’s nach aussen bricht. Michealangelo Buonarotti, 1511 7
gestern - 8. klass-spiel Stimmen nach dem 8. Klass-Theater „Oliver Twist“ Eindrücke und Schilderungen von Schü- Wir probten nach Weihnachten möglichst lern zur Arbeit am Klassenspiel „Oliver ohne Buch, damit wir spielen konnten. Twist“ und zu den Aufführungen Ich war immer kurz vor meinen Auftritten nervös. Kai Ich konnte mich gut in meine Rollen ver- setzen. Zuerst verstand ich den Charak- ter des „Monks“ nicht. Mit der Zeit begann ich den „Monks“ zu verstehen. Am Anfang fand ich es schwierig, anders als Noé auf der Bühne zu stehen. Noé Als wir das Theaterheft bekamen, begann Als ich den Text meiner Rollen mit der Far- für mich die Theaterarbeit. Wir haben be angestrichen hatte, bekam ich das Ge- uns intensiv mit dem Inhalt auseinander- fühl, dass ich in die Gestalt hineinwachse. gesetzt. Miro Luca Die Texte lernte ich, indem ich sie oft durch- Ich fühlte mich bei den Aufführungen las und wir zusammen übten. Dies war für super auf der Bühne, jedoch vor mich ziemlich einfach, da ich mir schnell den Auftritten war ich sehr nervös. etwas merken kann. Die Probezeit war Jeremy zwar sehr anstrengend und kräfteraubend, doch es war eine sehr schöne Erfahrung. Also am Anfang haben wir es nur ab Livia und zu gelesen. Erst nach den Herbst- ferien sind wir so richtig dran gegangen. Ich habe durch das Spiel gelernt, selbst- Devis bewusster zu sein, sich noch mehr zu trauen. Denn das macht es aus, auf der Die Probezeit war für mich witzig und schön, Bühne kräftig da zu stehen und ohne Hem- so mit der ganzen Klasse etwas zu machen mungen etwas laut und deutlich zu sagen. . Tomek . Romina Unsere Theaterarbeit begann im The- Ich konnte mich recht gut in die Rolle des aterlager, als wir unsere Rollen be- Olivers hineingeben. Bei Mrs. Sowerberry kamen. Meine Sicherheit wuchs war es eine kleine Herausforderung, die mit der Wiederholung der Szenen. ich aber, glaube ich, gut gemeistert habe. Said Ich fand es mühsam und anstren- 8
gestern - 8. klass-spiel gend, wenn Mitschüler ihre Texte nicht Für mich begann das Theater als ich konnten. Doch als alle ihre Texte be- das erste Mal hier in die Schule gekom- herrschten, fand ich es lustig und toll. men war. Jeder hat von „Oliver Twist“ Anna gesprochen, und ich musste mich erst erkundigen, was das ist, bevor ich mitre- Die Texte las ich einfach ein paar Mal den konnte. Die ganzen Probearbeiten durch, übte vor dem Spiegel, lernte die empfand ich als eine sehr schöne Zeit. Texte morgens im Bus. Die Probezeit war Wir konnten an einem grossen Projekt anstrengend, je nachdem auch ein wenig arbeiten und es zusammen lustig haben. langweilig. Aber immer war es eine Freu- Angelina de, zu sehen, was wir gearbeitet hatten. Mattea Ich fühlte mich sehr sicher im 8. Bild als Mr. Bumble und in der anderen Beset- Ich verband mich mit meinen Rollen, indem zung als Mrs. Bumble. Ich habe gelernt, ich mir Fagin und danach Mrs. Bedwin bis dass man mehr aus sich heraus kom- ins Detail ausgemalt und erfunden hatte. men kann, als man eigentlich glaubt. Ich habe mir zum Beispiel überlegt, wie die Kayleen jeweilige Gestalt isst, schreibt oder schläft. Viele Proben kamen mir überflüssig vor. Die ganzen Proben waren für mich sehr Etwas mehr Kritik oder Verbesserungsvor- anstrengend, witzig, aber auch ernst. Das schläge wären hilfreich gewesen. Mit der Wiederholen der Szenen hatte ich nicht so Zeit fielen wir dann so ein bisschen in ei- gerne.Bevor die Aufführung jeweils begon- nen Trott, was einem leicht die Spielfreude nen hat, war ich sehr aufgeregt. Doch als rauben konnte. Zoé ich dann auf der Bühne stand und meinen Text sprach, war die Aufregung einfach Ich versetzte mich in meine Rolle als Fa- weg. Jeanine gin, indem ich mir vorstellte, wie eine alter Mann geht, sitzt, aufsteht usw. Wenn man Meine Sicherheit wuchs als ich den Text ältere Menschen kennt, beginnt man zu gut konnte und dadurch auf mein Ge- achten, wie sie sich bewegen. Das richtige genüber achten konnte. Es ging besser Hineinversetzen kam dann, als wir anfin- mit dem Text, als wir spielten. Wenn ich gen, Szenen zu üben und mit den Ko- ihn alleine übte, war es schwieriger. Ich stümen zu arbeiten. Meinen eigenen Text habe gelernt, in verschiedene Rollen zu konnte ich eigentlich erst gegen Schluss schlüpfen ohne einen Riesenaufwand. richtig. Den Text der andern, mit welchen Pascalle ich spielen musste lernte ich viel schneller und besser. Jessica 9
gestern - 8. klass-spiel Voller Dankbarkeit blicke ich auf die in- tensive Zeit mit den Jugendlichen zurück und auf die wunderbare Zusammenar- beit mit Edith Brügger, welche sich der reichen Kostüme angenommen hat, mit Donath Aebi, welcher die mitreissenden Lieder einstudiert und mit den Schülern und Schülerinnen zusammen mit Eltern das wunderbare Bühnenbild gestaltet hat. Daniela Steger hat die Tänze einstudiert und Magali Kniel die stimmungsvollen Pla- kate mit den Jugendlichen gestaltet. Auch diesen beiden einen herzlichen Dank. Im Hintergrund haben noch hundert unsicht- bare Helfer mitgewirkt. Ohne ein solches Zusammenstehen wäre ein solches Unter- nehmen nicht möglich. Magdalena Reinhard 10
gestern - 8. klass-spiel Bildgalerie Oliver Twist 11
gestern - 8. klass-spiel 12
gestern - 8. klass-spiel 13
gestern - Tage der offenen Türen Bernhard Pulver plädiert für Vielfalt und Freiräume Erziehungsdirektor Bernhard Pulver zu Da seien reglementierte, obligatorische Gast an der Auftaktveranstaltung zu den Lehrmittel, zentralistisch formulierte Prü- diesjährigen Offenen Türen der Rudolf fungen und Vorgaben kontraproduktiv Steiner Schulen im Kanton Bern und So- und nicht geeignet, Chancengleichheit lothurn zu sichern. Es gehe darum, Herausfor- derungen und Fragen aus verschiedenen Ein sichtlich frohgestimmter Erziehungs- Blickwinkeln zu betrachten (hier verwies direktor eröffnete am 22. Januar die Im- er augenzwinkernd auf Mani Matter) und pulsveranstaltung zum Auftakt der dies- dabei zu wissen, dass es auch in der Pä- jährigen Offenen Türen der Rudolf Steiner dagogik nicht einen einzigen Königsweg Schulen im Kanton Bern und Solothurn. gäbe; vielmehr müsse das Kind als wer- Offene Türen seien in der Pädagogik wie dender, sich entwickelnder und in Bezie- in der Politik vonnöten, meinte Regie- hung stehender Mensch im Zentrum ste- rungsrat Bernhard Pulver und erläuterte hen. Es müsse heute darum gehen, als dem Publikum offen und engagiert seine Schule an einem bestimmten Standort mit Haltung zur aktuellen Bildungssituation. einem bestimmten Lehrkörper einen Ent- Dabei offenbarte er seine zutiefst men- wicklungsweg zu gehen und den Dialog zu schenfreundliche Haltung und Überzeu- folgenden Fragen zu eröffnen: gung, indem er vom erkennenden, sich seine subjektive Wirklichkeit fortlaufend Welche Haltung haben wir? Welche Ziele konstruierenden Menschen sprach - einem streben wir an? Mit welchen Mitteln wollen Menschen, der Freiräume brauche, um wir diese Ziele erreichen? Sollen wir mu- sich zu entwickeln, einem Menschen, der sische oder künstlerische oder naturbezo- Impulse benötige, um seine einmalige Be- gene oder handlungsorientierte Schwer- stimmung zu entfalten, einem Menschen, punkte setzen? Wollen wir in Epochen der denken, erkennen und gestalten kann, unterrichten? Bernhard Pulver wünscht darf und soll. sich Lehrpersonen, die die Inhalte, die sie vermitteln, durchdringen und verin- nerlichen, die Feuer entfachen, wünscht sich, dass jedes Kind einige Male in seiner Schulzeit etwas von diesem Feuer erleben darf – erfahren darf, wie jemand begeis- tert, ansteckt… und damit die Lust genährt wird, das eigene innere Feuer zu suchen. Schule darf nicht zu einem Ort werden, der Schülerinnen und Schüler abfüllt, sondern soll ein Ort sein, an dem Bezie- 14
Gestern - Tage der offenen türen hungen gelebt und gepflegt werden. Dabei viduell gestaltet, auf die Lerngemeinschaft betonte Regierungsrat Pulver die Wichtig- angepasst werden)? keit des Beziehungsdreieckes Lehrperson – Schülerin/Schüler und Eltern. Er räumte ein, dass er, wenn er derart argumentiere, nicht nur in politischen Diskussionen, son- dern auch in Diskussionen in der Erzie- hungsdirektorenkonferenz schnell gefragt werde, ob er denn Wildwuchs wolle. Ist das denn Wildwuchs, wenn Kompetenzen als Richtwerte angegeben werden, die Wahl und Ausgestaltung des Weges zu diesen Kompetenzen aber der Lehrperson oder einem Kollegium offen bleibe? Es Warum entwickeln Schulen, die in Engpäs- gehe darum, Mischwälder, Vielfalt zu pfle- se geraten – entweder finanziell oder weil gen statt Monokulturen, Gleichschaltung ihnen die Schülerzahlen zurückgehen – anzustreben. Das Wichtigste sei doch die plötzlich ganz spannende, neue Projekte, Lehrperson; interessant sei ja, dass oft die gelingen und viel Zufriedenheit aus- jene Projekte erfolgreich seien, die von lösen? Was sind Gelingensbedingungen Schulen und Eltern freiwillig entwickelt für eine lebendige, bewegte Schule? Wie und getragen wurden. müssen die Rahmenbedingungen sein, damit Vielfalt möglich ist und Freiräume Auch im anschliessenden Podiumsge- entstehen, die genutzt werden? Wenn die spräch mit Lehrkräften und Schulleitenden kurz abgefassten Lernziele der 70er Jahre aus staatlichen Schulen und Steinerschu- den 572 Kompetenzen des Lehrplanes 21 len wurde der von Bernhard Pulver ange- gegenübergestellt werden - ist das nicht legte pädagogische Dialog offen, ehrlich ein Widerspruch zum Wunsch nach Viel- und selbstkritisch weitergeführt. Es ging in falt? Hier erwiederte Erziehungsdirektor keiner Weise darum darzustellen, welche Pulver, dass der Lehrplan 21 noch abge- Schule nun besser sei, sondern gemein- speckt werden könne. Würden die Vor- sam zu fragen und zu suchen. Kann es schläge, wie man zu diesen Kompetenzen sein, dass die Steinerschulen einen Vorteil gelange, weggelassen, wäre dieser rank haben, weil ein gemeinsamer Wertedis- und schlank. kurs als Fundament da ist und weil sich Lehrkräfte und Eltern für eine Richtung, Bildet nicht erst das eigene Erarbeiten, eine Haltung entschieden haben (deren Ringen und Verbinden mit Inhalten die Vo- inhaltliche Wege von jeder Lehrkraft indi- raussetzung, Verantwortung zu überneh- 15
Gestern - Tage der offenen türen men und als lebendiger, ganzer Mensch Dank an die Mitwirkenden mit den Kindern unterwegs zu sein? Bern- hard Pulver betonte, dass gerade bei Eingeladen zum Podiumsgespräch mit diesen und anderen Fragen, die Privat- Erziehungsdirektor Bernhard Pulver hat- schulen eine wichtige Anregung und Er- te die Interessengemeinschaft der Rudolf gänzung in der Schullandschaft seien, die Steiner Schulen (IGRSS) des Kantons er sich nicht wegdenken möchte. Er strebt Bern. In ihrem Namen konnte Bruno Va- ein Ende der vielen Umstrukturierungen noni im Kongresshotel Ador in Bern rund an – er will in nächster Zeit keine neuen 180 Interessierte begrüssen. Reformprojekte lancieren, ausser dass die Zukunft Raum bieten müsse, um Schule Am Podiumsgespräch mit Bernhard Pulver zu entwickeln, den pädagogischen Dialog wirkten mit: Rahel Ott und Richard Begbie zu entfalten. Dass die Ausbildung zukünf- aus der Rudolf Steiner Schule Bern Ittigen tiger Lehrpersonen auf diese Freiräume, Langnau, Martin Bertschi, Schulleiter Pri- auf Vielfalt, Dialog mit Eltern und im Team, marschule Hessgut Liebefeld, und Ruth Wertediskurs, auf Fragen zum Menschen- Bigler, die als Lehrerin einen städtischen bild vorbereiten müsse, ist zwingend. Kindergarten führt und die Freie Pädago- gische Vereinigung (FPV) des Kantons Ob die Bernerinnen und Berner wissen, Bern präsidiert. Geleitet wurde das Ge- welch ein Glück sie haben, dass sie mit spräch von Christian Frey, Schulleiter in diesem visionären, feurigen und authen- Burgdorf und Präsident des dortigen Stei- tischen Erziehungsdirektor eine Schule ner-Kindergartenvereins. Ihm sei für seine der Zukunft entwickeln, denken und ge- originelle, sach- und fachkundige Modera- stalten dürfen, deren Fundament Vertrau- tion ganz besonders gedankt! en heisst? Weitere Informationen: Cornelia Crugnola, Vechigen/Boll - zur IG Steinerschulen Kanton Bern und (Schulmutter in der Steinerschule in It- den angeschlossenen Schulen: tigen, Dozentin IHP/PH Bern, Superviso- rin, Coach BSO) www.steinerschulen-regionbern.ch - zur Freien Pädagogischen Vereinigung FPV des Kantons Bern: www.fpv.ch 16
ein mittwoch im leben von... Ein Mittwoch im Leben von Tanja Hiller 17
Ein Mittwoch im lEben von... Sag es mir und ich werde es vergessen, süsslichen Duft der Aprikose und beob- Zeig es mir und ich werde es vielleicht behalten, achten die Bienen beim Nektarsammeln. Lasse es mich tun, und ich werde es können. „U lueg Frau Hiller hi liegt e gringlete Johann Wolfgang von Goethe Schuhebändel.“ Um 5.15 Uhr beginne ich den Morgen. Das Kind entdeckte einen dicken Regen- wurm auf der Strasse, vorsichtig und mit Ich lasse mir Zeit um zu frühstücken, oft viel Liebe tragen wir jeweils die Würmer reicht es noch für kleine Hausarbeiten, die in das Gras. ich in der Früh erledigen kann. Inzwischen ist es 8.30 Uhr und wir sind Noch ein Blick auf das vorbereitete Kinder- wieder zurück im Kindergarten. Ich helfe gartenprogramm und um 6.20 Uhr gehe ich den Kindern aus der Jacke und wenn alle auf den Zug. soweit sind, versammeln wir uns in der Mitte des Raumes, für unseren Reigen. Die ersten Begegnungen habe ich mit den Es handelt sich dabei um eine Kompositi- Schülern im Bus nach Steffisburg. Sie er- on mit ausgewählten Liedern und Reimen zählen mir manchmal von ihren Plänen. In der Jahreszeiten. Diese werden mit Bewe- der Schule angekommen, gehe ich zuerst gungen unmittelbar erlebbar gemacht. Im in das Lehrerzimmer und tausche mich mit Mittelpunkt sind allerlei Bewegungsquali- den Lehrer-Kollegen kurz aus. Auch Pas- täten wie leicht/schwer, auf Zehenspitzen/ caline Rubin begrüsse ich noch kurz und ganze Füsse, hüpfend/kriechend, grob- gehe dann zum Kindergarten. motorisch/feinmotorisch. Bedeutsam sind aber auch die Dynamik schnell/langsam, Vor dem Rosenhof warten schon die ers- laut/leise und räumliche Dimensionen, ten Eltern mit ihren Kindern. Es ist nun also oben/unten, hinten/vorne, Drehung 7.50 Uhr und alle Kinder sind eingetrof- im Kreis/um sich selber. Einige können fen. Wir begrüssen uns und machen uns schon den Text an ein paar Stellen mit- startbereit für einen Spaziergang. Wir spa- sprechen, je nach Alter wird auf eine be- zieren singend oder plaudernd fröhlich bis stimmte Lieblingsstelle hingefiebert oder zum Feldweg, wo wir lachend über und in verträumt zugeschaut. die Regenpfützen springen. „Das macht so viel Spass, denn das Wasser spritzt bis an Anschliessend dürfen die Kinder ins Frei- die Nas!“ Einige Kinder sind weit voraus spiel gehen. Sie spielen und sammeln gesprungen, andere betrachten die wun- Schätze, aus denen sie ihr ganzes Leben derschönen Blüten, riechen den feinen lang schöpfen können. 18
ein mittwoch im leben von... Während des Spielens decke ich mit ein Um 12.00 Uhr läuten die Glocken und ich paar älteren Kindern den Znünitisch. Sie verabschiede die Kinder. Ein schöner Mor- zählen die richtige Anzahl der Stühle ab, gen ist zu Ende. Noch kurz den Kindergar- holen Schälchen und Teller. ten in Ordnung bringen und schon geht es mit meiner Turntasche und der Zmittagbox Ein paar Kinder helfen mir Äpfel und Rüe- in das Schulhaus. Die 2./3. Klasse war- bli zu schneiden. Mittlerweile knurrt uns tet auf mich. Alle sind hungrig und etwas allen schon tüchtig der Magen und wir set- müde von dem vielseitigen Morgen. Ge- zen uns an den Tisch. Die Kerzen werden meinsam nehmen wir unser Mittagessen angezündet und wir lassen es uns schme- ein und gehen anschliessend in die 15 Mi- cken. Eine gemütliche Runde mit einem nuten entfernte Turnhalle. plaudernden Austausch. Im „Spielturnen“ haben die Kinder viel- Mit dem kurzen Reim „Es ist soweit, es ist fältige Möglichkeiten, ihre Bewegungsfä- Aufräumzeit“ läute ich jene Phase ein, in higkeit auszuprobieren. Viele kleine und der wir alle miteinander überall Ordnung grösse Geräte werden entdeckt. Balan- machen und die gebrauchten Sachen wie- cieren über Wassergräben, Seilspringen, der an den gewohnten Ort bringen. Kreis- und Fangspiele und, nicht zu ver- gessen, die so wichtigen Rollenspiele. Bevor wir nach draussen gehen, zeichnen Sie alle schulen das Gleichgewichtsemp- wir in unsere Hefte ein Stimmungsbild. finden, die Körperkoordination und be- sonders die sozialen Kompetenzen der Dann geht es bei Wind und Wetter hinaus Spielenden. Denn „verlieren können“ ist in den Garten. Während des Anziehens ebenso wichtig, wie „siegen wollen“ oder fragt mich ein Kind: „Brauchen wir heute seine persönlichen Ambitionen einem ge- Gummistiefel?“ „Nein heute nicht: uff zum meinsamen Ziel unterordnen zu können. Glück nicht!“ „Ja, es scheint ja die Sonne und vielleicht regnet es ja hinten. Wenn es Um 14.30 Uhr sind wir wieder zurück im so ist, spiele ich vorn im Garten!“ Schulhaus und ich verabschiede die Kin- der. Im Garten warten viele Bewegungs- und Spielmöglichkeiten auf die Kinder. Da wird Einmal im Monat erzähle ich im „Forum“ in geklettert, im Sand gebaut. Gerne helfen der Oberen Hauptgasse in Thun Märchen. mir die Kinder auch bei der Gartenarbeit. Das heisst, direkt nach der Turnstunde lockern die Erde oder wir säen kleine Sa- nehme ich den Bus und meine Märchen- men aus, rechen Laub, sammeln Steine figuren, um mich dort in einem Raum ein- ein oder wischen den Hof. zurichten. 19
ein mittwoch im leben von... Gerne erinnere ich mich an meine Kind- heit, als mein Grossvater mir Geschichten erzählt oder vorgelesen hat. Vielleicht lese ich den Kindern deshalb heute besonders gerne Geschichten vor, zeige ihnen Bilder- bücher oder erzähle ihnen Märchen. Mit meinem Figurentheater voller Poesie und Humor möchte ich mich in die Herzen der Zuschauer spielen und Kreativität und Empathie bei den kleinen und grossen Zuschauern erwecken. Sämtliche Requi- siten, die ich für die Märchenbühne brau- che, entstehen aus meinen Händen. Vor allem meine Liebe zur Sprache, zum Sin- gen und zum Inszenieren kann ich dabei ausleben. Auch das Filzen der Tiere und der Figuren machen mir sehr viel Freude. Nach einem vielseitigen, erfüllten und bewegten Tag komme ich zu Hause an, streife durch den Garten und lasse meine Seele in der Hängematte baumeln. An- schliessend setze ich mich an den Tisch, um die Vor- und Nachbereitung des Un- terrichts zu gestalten. Gemeinsam mit meinem Partner lasse ich den Abend aus- klingen. Tanja Hiller 20
Schüler - vis - à - vis vis - à - vis Name: Alessia Holzer Was für ein Stück spielt ihr und was für Alter: 15 Jahre eine Rolle hast du? Klasse: 9 Hobby: Theater spielen Wir spielen das Stück „Choleseck u Siu- berpsteck “ und ich spiele ein freches, jun- Warum spielst du gerne Theater? ges Mädchen. Ich finde es cool, dass man sich in eine Wir wünschen dir viel Spass bei deiner andere Rolle hinein versetzen kann. Das ersten Aufführung und drücken dir na- Interesse am Theaterspielen entdeckte türlich ganz fest die Daumen. ich bei unserem 8.Klass-Spiel „Das Haus der Temperamente“. Wie bist du auf das Theaterspielen ge- kommen? Während eines Theaterbesuches mit der Schule im Theater „ Alte Oele Thun“ wurde ich von Herrn Rudin, einem Schauspieler/ Regisseur, aus dem Publikum angespro- chen. Er suchte noch eine Schauspielerin für eine offene Rolle. Ich meldete mich bei ihm und bekam die Rolle. Wie oft probt ihr? Die Proben sind immer am Donnerstag und manchmal auch am Samstag. Auf Grund meiner eher kleineren Rollen muss ich aber nicht an jeder Probe anwesend sein. Vor kurzem hatten wir auch ein Theater- wochenende, an dem wir das ganze Wo- chenende durch geprobt haben. 21
heute - ehemalige Steinerschule und was dann? 22
heute - ehemalige „Da schaff ig de mal“ sagte Donata als spieler und Tänzer kennengelernt, die mir kleines Kind anlässlich eines Spazier- in Gesprächen nahe gelegt haben, erst ganges in Interlaken beim Anblick des einmal eine solide Ausbildung zu machen. großen Grand Hotels Viktoria-Jungfrau In- terlaken zu ihren Eltern. So bewarb ich mich mit nur einer einzigen Bewerbung beim Grand Hotel Viktoria- Heute, 20 Jahre später, blickt Donata nicht Jungfrau in Interlaken. Meine Eltern wa- nur auf eine geborgene Kindheit im Kin- ren darüber überhaupt nicht begeistert, dergarten in Spiez und eine anregende alles auf eine Karte zu setzen. Jedoch, Schulzeit, später in Steffisburg an der nach einem Auswahlverfahren und zwei Rudolf Steiner Schule Berner Oberland Schnupperwochen bekam ich einen Aus- zurück,- heute arbeitet sie im Büro für Re- bildungsplatz als Hotelfachfrau. Dass ich servation des Grand Hotels Bellevue Pa- gar kein Notenzeugnis lieferte, hat sie lace in Bern. wohl erst ein wenig irritiert, aber ich glau- be, sie haben mehr beobachtet, wie ich „Nach dem ersten Schuljahr zog die ganze mich in den zwei Schnupperwochen ein- Schule von Spiez nach Steffisburg. Es war gesetzt habe. ein gewaltiger Wechsel vom ehemaligen „Hotel Erika“ mit den heimeligen, alten, Den Beruf Hotelfachfrau hatte mir die gemütlichen Räumen als Klassenzimmer Tochter des Bauern, bei dem ich das nach Steffisburg in die neuen modernen Landwirtschaftspraktikum im Tessin Klassenzimmer, die uns so gross erschie- machte, schmackhaft gemacht. nen. Zum Glück waren die Wände farbig, das gab etwas Wärme.“ Donatas Klasse Die Ausbildung war total interessant, ich hatte diverse Lehrerwechsel zu verkraf- durchlief fast alle Abteilungen. Zwei Mal ten. „Das hat uns allerdings zusammenge- im Jahr gab es einen 5-wöchigen Theorie- schweisst und als Arno Reichert uns in der block, dazu musste man im Internat woh- 6. Klasse übernahm, musste er uns erst nen um sich ganz aufs Lernen zu konzen- einmal bändigen und Strukturen wieder trieren. In meiner Abschlussarbeit konnte neu beibringen. ich mich einem kulturellen Thema widmen und präsentierte die Geschichte des Tan- Schon während der Schule waren Tanz go Argentino. und Musik meine Leidenschaften. Als ich beim Casting für das Musical Anatevka Nach der Abschlussprüfung blieb ich noch auf der Seebühne angenommen wurde, ein weiteres Jahr im Grand Hotel Viktoria- schnupperte ich erste Bühnenluft. Es war Jungfrau in Interlaken. Ich war als Gou- eine tolle Erfahrung, ich habe dort Schau- vernante tätig. Dann wollte ich noch auf 23
heute - ehemalige anderen Fachgebieten des Gastgewerbes Erfahrungen sammeln. Nach einer Saison im Service zog es mich wieder zurück ins Fünf Sterne Hotel. Nun bin ich seit drei Jahren im Büro für Reservationen tätig, derzeit im Grand-Hotel Bellevue Palace in Bern. Noch immer sind Tanz und Musik meine Leidenschaften und ich will versuchen, diese in Zukunft besser in meinen Berufs- alltag zu integrieren. Als ich letzte Woche in unserer Schule das 8.Klass-Stück Oliver Twist sah, kamen mir schöne Erinnerungen hoch. Es war ein Déjà-vu. Erstens weil wir damals in der 8. Klasse auch „Oliver Twist“ spielten und weil mir alles so bekannt vorkam, trotzdem ist alles schon lange her. Zweitens, weil meine Schulzeit so unbeschwert und so reichhaltig war.“ aufgezeichnet von Gabriele Ortner 24
heute - eltern Die Entdeckung des Verborgenen Vor rund 100 Jahren haben die Forscher Kommunikation sind also gefragte Kom- und Entdecker den Gegenstand ihrer petenzen, „Nerds“ sind in solchen Teams Forschung meist noch mit ihren eigenen fehl am Platz! Sinnen wahrnehmen können, der Astro- nom sah und vermass in seinem Fernrohr Dazu möchte ich nachfolgend drei Bei- einen stellaren Leuchtpunkt oder eine spiele nennen: Planetenscheibe, Kristallographen skiz- zierten die Flächen der Kristalle und be- • Higgs-Teilchen und das CERN: 1964 stimmten deren geometrische Eigenschaf- formulierte der britische Physiker Peter ten, Seefahrer suchten in antarktischen Higgs eine physikalische Theorie über Gewässern nach neuen Küsten und In- das sogenannte Higgs-Energiefeld, wel- seln. Aufhellungen sind im Südpolarmeer che die Entstehung der Schwerkraft auf selten und man stelle sich vor, wie durch der Stufe der kleinsten Teilchen erklärt, Auflösung der Nebelschwaden eine neue, der Elementarteilchen (diese lassen sich bisher nicht bekannte, vereiste Insel oder nicht mehr weiter teilen). Falls sich die Küste vor den Augen der Entdecker auf- Higgs-Energie in Materie umwandelt, tauchte! Auf diese Weise konnten auch die kann ein energiereiches, sehr kurzlebiges, letzten weissen Flecken auf dem Globus, aber relativ schweres Elementarteilchen die in der Jugend unserer Grosseltern entstehen, das Higgs-Boson. Dieses hat (etwa 1910) noch zahlreich waren, nach eine verhältnismässig grosse Masse, die und nach mit kartographischem Inhalt auf- etwa jener von zwei Eisenatomen oder 56 gefüllt werden! Wasserstoffatomen entspricht. Um solch grosse Elementarteilchen durch Teilchen- In jüngerer Zeit werden immer häufiger kollisionen zu erzeugen, braucht es aber Entdeckungen gemacht, die mit unseren die weltweit grössten Teilchenbeschleuni- Sinnen nicht mehr oder höchstens indi- ger und ebenso grosse Detektoren. Unter rekt zu fassen sind (z. B. als Datenstrom der Mithilfe von rund 10‘000 Wissenschaf- aus dem Weltall, als Statistik oder Com- terInnen aus rund 100 Ländern konnte im puter-Graphik). Dies hat in den letzten CERN (Raum Genf) eine solche Anlage Jahrzehnten auch den Charakter der For- geplant, realisiert und 2008 in Betrieb ge- schung total verändert: Waren vor hun- nommen werden. Allein der Tunnel des dert Jahren noch geniale Einzelkämpfer ringförmigen Beschleunigers ist fast 27 km und unerschrockene Seefahrer gefragt, lang. Nach einigen technischen Anfangs- braucht es heute in der Spitzenforschung schwierigkeiten konnte das CERN am Teamplayer, die in grossen Projektteams 4. Juli 2012 vermelden, dass das Higgs- diszipliniert und abgestimmt auf Andere Boson mit einer hohen Wahrscheinlich- arbeiten können. Sozialkompetenz und keit gefunden wurde. Die Detektoren des 25
Heute - eltern CERN füllen unterirdische Hallen von bis Bedeckungsmethode: Zieht ein dunk- zu 40 m Höhe und messen Billionen von ler Planet von der Erde aus gesehen di- Teilchen-Kollisions-Ereignissen pro Jahr. rekt vor seinem Hauptstern durch (siehe Alle Ereignisse von bekannten Elementar- Bild unten), dann nimmt die Sternhellig- teilchen mit niedrigeren Energien mussten keit vorübergehend leicht ab. Dies lässt durch die Computer „ausgefiltert“ werden, sich allerdings nur mit den modernsten, um die hochenergetische „Higgs-Kollisi- genauesten elektronischen Helligkeits- on“ („Wechselwirkung“) aufzuspüren. Das Messgeräten feststellen, welche, wie die Higgs-Teilchen hat sich dem experimen- DigitalKameras, auf dem CCD (charged- tellen Nachweis fast 50 Jahre lang entzo- coupled device) Prinzip basieren, das wie- gen und konnte also erst dank modernster derum auf dem photoelektrischen Effekt Technologie und in einem wissenschaft- beruht (dessen Entdecker ist Albert Ein- lichen Grossprojekt des CERN entdeckt stein). Durch die Beobachtung von aufein- werden. Bei der Nobelpreis-Verleihung anderfolgenden Bedeckungen lässt sich 2013 sind allerdings die vielen Mitarbeiter die Umlaufzeit des Exoplaneten ableiten des CERN und das CERN selbst leer aus- und indirekt auch die Entfernung zwischen gegangen, was zum Teil kritisiert wurde. dem Hauptstern und dem Exoplanet. Der Physik-Nobelpreis 2013 für die Vo- raussage des Higgs-Bosons wurde dem britischen Physiker Peter Higgs und dem theoretischen Physiker François Englert aus Belgien verliehen, der diese Zusam- menhänge 1964 unabhängig von Higgs postuliert hat. • Entdeckung von Planeten ausserhalb des Sonnensystems (Exoplaneten): Auch mit den besten Teleskopen liessen sich Bild: Ein Exoplanet (dunkle Scheibe) be- die Planeten von Nachbarsternen im 20. deckt seinen Hauptstern, einen orangen Jahrhundert nicht beobachten, da die Zwergstern, in vielen Lichtjahren Entfer- Hauptsterne im Vergleich zu den Planeten nung. Durch den von hier aus beobacht- im sichtbaren Licht meist etwa eine Milliar- baren, geringfügigen Helligkeitsabfall des de Mal heller sind. Hauptsterns kann der Exoplanet mit den heute verfügbaren technischen Mitteln Auf Umwegen konnten aber seit 1992 aufgespürt werden. trotzdem viele verborgene Exoplaneten aufgespürt werden, zum Beispiel mit der 26
heute - eltern Von Infrarot-Teleskopen im Weltraum gangen ist dabei die 1958 mit 38 Jahren konnten einige Exoplaneten mittlerwei- verstorbene Rosalind Franklin, eine Kolle- le auch direkt beobachtet werden: Viele gin von Wilkins, deren qualitativ hochste- Hauptsterne leuchten im Infrarotbereich hende DNA-Röntgenaufnahmen viel zur nur relativ schwach, also nur etwa hun- DNA Struktur-Klärung beigetragen haben. dert Mal heller als ihre planetarischen Be- Wiederum konnte niemand das Molekül gleiter. Aber auch in diesem Falle erfolgt mit den eigenen Sinnen direkt erfassen, die Wahrnehmung nicht direkt sondern sondern allein aus der Beobachtung der indirekt durch High-Tech-Detektoren und Röntgenbeugung (ein Röntgenstrahl wird Computer! durch einen DNA-Kristall in Teilstrahlen aufgeteilt) Berechnungen anstellen und • Die Biochemie der Vererbung: Vor rund die DNA-Struktur indirekt ableiten! hundert Jahren war die Erbsubstanz noch absolut unbekannt. Man vermutete da- Auch wenn in der physischen Welt und mals, dass Proteine (Eiweisse) die Träger naturwissenschaftlichen Forschung spek- der Erbinformation sein könnten. 1903 takuläre Neuentdeckungen meist nur noch stellte man fest, dass die Erbsubstanz in mit grossem Aufwand möglich sind, kön- den Chromosomen, Untereinheiten des nen wir doch die Welt selbst immer wieder Zellkerns, enthalten ist. 1940 konnte Ave- neu entdecken, so im Frühjahr, wenn wir ry aus verdauten Zellkernäquivalenten das Spriessen und Wachsen der Pflanzen von Bakterien eine fibrinöse Substanz beobachten beziehungsweise auf Wande- isolieren, die Erbsubstanz DNA oder rungen durch für uns neue oder schon be- DNS (Desoxyribonukleinsäure). Die DNA kannte Landschaften! besteht chemisch aus Phosphaten, Des- oxyribose (Zuckerart) und vier verschie- Matthias Giger denen organischen Basen. Aufgrund der röntgenographischen Untersuchung von DNA-Kristallen gelang Watson und Crick ab 1951 die Aufklärung der räumlichen Struktur dieses Riesenmoleküls. Es zeigte sich, dass das DNA-Molekül im Raum eine Art Nano-Wendeltreppe („Doppelhelix“) bildet. 1953 folgte die Publikation in der renommierten Zeitschrift „Nature“. 1962 erhielten Watson, Crick und Wilkins, ein Röntgenkristallograph, für ihre Arbeiten den Nobelpreis für Medizin. Leer ausge- 27
heute - eltern Bild: Stolz präsentieren der Amerikaner Watson (geboren 1928; links) und der Brite Crick (1916-2004; rechts) das „wendeltrep- penartige“ 3d-Modell der Erbsubstanz DNA. Durch die Aneinan- derreihung der immer gleichen, biochemischen Grundeinheiten entstehen so riesige Moleküle. Die DNA-Moleküle von höheren Lebewesen können Hunderte von Genen enthalten! 28
heute - eltern Psst! Ich verrate es euch allen: Das Geheimnis des Lernens Soll ich euch das Geheimnis verraten, wie Welch ein Segen, denn damit können wir Lernen gelingt ? Ähhm, ich muss mir das unsere Aufmerksamkeit steuern. Und wie noch überlegen – weil: Gerade im Schul- steuern wir? Alle machen das gleich. Es ist bereich ist das noch nicht offiziell bekannt. unser Interesse welches steuert. Alle Pre- Viele Lehrkräfte wüssten es eigentlich, digten vom Lehrer und den Eltern, wieso aber dieses Wissen wird noch selten kon- etwas zu lernen wichtig und fürs spätere sequent umgesetzt. Denn das wäre neu Leben nützlich sei, fruchten nicht, wenn es und man hofft immer noch, Lernen könnte nicht gelingt, das Interesse der Kinder zu auch so funktionieren, wie man es bisher gewinnen. Das Geheimnis, wann Lernen immer getan hat an den Schulen. funktioniert, heisst also einfach: Neugier wecken! Aber gut, wir sind ja hier unter uns, als Mitglieder einer autonomen Schulgemein- Alle Eltern erinnern sich an folgende Ent- schaft. Also, sagt es einfach nicht den wicklungsphasen ihrer Kinder: Andern von den gewöhnlichen Schulen weiter, ja? Der Wechsel vom Baby ins Krabbelalter. Plötzlich kann sich ein Kind fortbewegen Also, wenn du das jetzt wirklich wissen und am Bücherregal aufrichten und nichts willst, dann lies einfach weiter. Sonst unter einem Meter Höhe ist mehr sicher. überspringst du diesen Artikel einfach. Alles Erreichbare wird ergriffen und er- Falls du nämlich nicht wissen willst, was forscht, von allen Seiten ertastet und, um ich schreibe, bringt dir das Lesen wenig, auch den Geschmackssinn nicht auszu- denn dann wirst du spätestens übermor- lassen, meist auch noch in den Mund ge- gen alles wieder vergessen haben. steckt. Um nicht den ganzen Tag mit Auf- räumen zu verbringen, verriegeln wir die Es ist drum so: Wir speichern in unserem Küchenschubladen und verbannen entwe- Hirn nicht einfach alles, was uns irgend- der die Kinder oder die Blumentöpfe ins jemand gerade erzählt hat, was wir ge- Laufgitter. lesen oder erlebt haben. Stell dir vor, du wüsstest noch alles: jedes Erlebnis als Ebenso anstrengend sind die Zeiten, in Kleinkind, jede Schul- und Arbeitsstunde denen uns die Kinder mit nicht enden wol- deiner Biographie, jedes Gespräch, jede lenden Warum-Fragen löchern und uns TV-Sendung, jede Reklame,… Du wärst damit an den Rand der Verzweiflung brin- längst wahnsinnig geworden. Deshalb hat gen. uns unser Schöpfer zum Glück einen Fil- ter eingebaut. Kinder wollen dauernd lernen, erforschen, Neues entdecken. Sie sind neugierig auf 29
heute - eltern die Welt und wollen sie Schritt für Schritt Ihr Forschungsfeld und die betreuenden erobern. So freuen sich auch die meisten Erwachsenen weisen ihre anhaltende Kinder darauf, in die Schule zu kommen, Neugier in derart viele Schranken, dass endlich das Tor zur Welt der Grossen zu sie bald einmal in weiten Teilen versiegt. durchschreiten. Die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft ist für das Überleben wichtiger als die eige- Die meisten der kleinen Entdeckerinnen nen Absichten. So weicht die Neugier der und Forscher erleben aber, sobald sie ihren Anpassung an die Lebenswelt und ihre eigenen Willen zu entwickeln beginnen, Regeln, oder wie es Erwin Wagenhofer eine grosse Enttäuschung. Ihre nächs- im Untertitel seines neuen Films „ALPHA- ten Bezugspersonen stellen sich plötzlich BET“, der zurzeit in den Kinos läuft, aus- gegen sie, ihre Neugier wird nicht genährt, drückt: „98% aller Kinder kommen hoch- sondern gebremst: „Nicht hier! Du hast die begabt zur Welt. Nach der Schule sind es falschen Kleider an, um im Sand zu spie- nur noch 2%.“ len! Hör auf, das ist zu gefährlich! Wenn das alle tun würden! Dazu bist du noch Anders formuliert könnte also das Ge- zu klein! Nicht jetzt, dieses Thema kommt heimnis des Lernens auch heissen: Wir später!“ sollten die angeborene Neugier der Kinder nicht behindern oder zerstören, sondern aufmerksam begleiten. Nicht dauernd auf die Kinder einreden, was sie zu tun oder lassen hätten, sondern unsere Wahrneh- mung für die Kinder und was sie antreibt verfeinern. Wenn wir besser erkennen, was in einem Kind gerade vorgeht und wohin es seine Entdeckungsfreude führt, wächst unser Verständnis für das Kind und seine eigene Handlung gewinnt ge- genüber unserer eigenen Absicht an Ge- wicht. Statt uns als Erwachsene einfach durchzusetzen, können wir dann be- wusster entscheiden, was gerade wich- tiger ist, oder wie wir sogar beides unter einen Hut bringen. Denn spätestens so- bald es um die Berufswahl geht, wollen wir ja plötzlich nicht mehr Kinder, die nur brav auf Anweisungen warten. Dann verlangen 30
heute - eltern wir von den Jugendlichen Selbständigkeit, In diesem Sinn sind die Kinder unsere Initiative und wollen wissen, was sie wer- besten Lehrer, um unsere Neugierde und den wollen. Begeisterung wieder zu finden, die wir vielleicht in unserer Kindheit selbst ver- Wenn wir uns junge Menschen wünschen, loren haben. Falls das gelingt, sind dem die ihre Bedürfnisse und ihre Interessen Lernen für alle Beteiligten keine Grenzen kennen und sich in der Gesellschaft enga- mehr gesetzt. gieren, müssen wir Erwachsene neugierig und erfreut auf die Willensentwicklung der Christian Wirz Kinder reagieren. Wenn die Neugierde der Kinder auf die Welt von uns mit Begeis- terung aufgenommen und unterstützt wird, verbindet sich das Interesse der Kinder mit unserer Begeisterung. Wenn wir mit den Kindern etwas unternehmen, das uns selbst begeistert, wird unsere Begeiste- rung die Neugier der Kinder wecken und sie werden unsere Begeisterung teilen. 31
Heute - Veränderungen Neue Entdeckung Auf Anfang des Schuljahres habe ich hier an der Rudolf Steiner Schule Steffisburg den Kunst- und Zeichnungsunterricht übernommen. Nach meiner Erstausbil- dung zur Kunstglaserin und nach vier Jah- ren handwerklicher Arbeit habe ich mich aufgemacht, Neues zu entdecken, indem ich ein Studium in Kunst & Vermittlung an der Fachhochschule Luzern absolviert habe. Danach hatte ich das Glück, ein Atelierstipendium in Berlin zu erhalten, was mir die Möglichkeit gab, frei an mei- ner Malerei zu arbeiten. Nach jahrelangem Theorieunterricht in Kunst freute ich mich darüber, die eigenen Neben meiner Arbeit an der Schule und Malereien nicht mehr erklären zu müssen, vor der Leinwand tanze ich gerne Tango, merkte dann aber schnell, wie einsam reise durch die Welt, wann immer es mir das Leben hinter einer Leinwand im Ate- die Zeit erlaubt und begegne immer ger- lier sein kann. So also suchte ich wieder ne neuen Aufgaben, die mich motivieren, nach einer neuen Herausforderung, und meine Kunst weiter zu entwickeln. wo sonst findet man besseren und frei- eren Austausch über entstandene Werke, Magali Kniel wenn nicht mit Kindern im Unterricht? Dies konnte ich mir nur an einer Steiner- schule vorstellen; die hohe Wertschätzung für musische Fächer war für mich aus- schlaggebend, um mein Können weiterzu- geben. Ein schöner Arbeitstag ist für mich ein Tag, an dem ich merke, dass die Schü- ler und Schülerinnen durch meinen Unter- richt Neues entdecken und dies in ihnen Neugier weckt. 32
Heute - veränderungen Abschied nehmen - in die Zukunft schauen Nach neun Jahren intensiver und schö- Wieso kam ich nun doch zum endgültigen ner Tätigkeit werde ich die Schule im Schluss, dass meine Zeit in der RSS BO April 2014 verlassen. Mich begleitet eine abgelaufen ist? Mir wurde viel zugetraut – grosse Dankbarkeit. Aufgrund der an mich ich durfte viel Verantwortung übernehmen. herangetragenen Aufgaben konnte ich viel Ich war immer wieder hin- und hergeris- lernen, durfte viele neue Erfahrungen ma- sen über die Wirkung dieses Handlungs- chen. Ich blicke zurück auf viele schöne freiraums. Sie machte mir bewusst, wie zwischenmenschliche Begegnungen. viel abhängt von meiner Initiativkraft, und damit verbunden, wie viel Verantwortung Diese Jahre vergingen unbemerkt, viel ich trage. zu schnell. Ein Zeichen dafür, dass ich die Balance zwischen Arbeit, Freizeit und Öfters hörte ich: „Der Kassier einer Ru- Familie nicht gefunden habe? Oder dass dolf Steiner Schule sei ein Verschleiss- ich mich zu stark verbunden habe mit den Teil.“ Das muss nicht sein! Wieso wird Aufgaben und den Menschen an dieser er verschlissen, wieso wird er zum Teil? Schule? Verlor ich das Zeitgefühl, weil Als „verschlissen“ erlebe ich mich nicht. ich einfach Freude an dieser Arbeit, der Auch leben die Ideale, dich mich in die Zusammenarbeit mit Kollegium, Vorstand RSS BO führten, noch stark in mir. In den und Eltern hatte? Vielleicht war es ein we- letzten Jahren brauchte ich viel Ener- nig von allem. gie, Prozesse zu steuern, die nicht be- liebt waren. Ich kam zum Schluss, dass Es gab nebst vielem Schönen immer wie- das Wirtschafts- und Rechtsleben der der Situationen, die mich selbstkritisch sozialen Dreigliederung in einer Rudolf hinterfragen liessen, ob ich wirklich jener Steiner Schule (nicht nur in der RSS BO) Mensch bin, den diese Schulgemeinschaft bewusstseinsmässig eine sehr unterge- für den Finanz-, Organisations- und Ver- ordnete Rolle hat, eher als Störfaktor oder waltungsbereich sucht. Wenn ich in sol- gar „Beschmutzer“ erlebt wird, obwohl es chen Krisenmomenten von meinem Ar- dem Geistesleben (in der Schule vorwie- beitsplatz aus während einer Pause aus gend der Pädagogik) die Existenzgrundla- dem Fenster blickte oder die Kinder und ge gibt. Ich denke, dass das Problem be- Jugendlichen im Treppenhaus oder auf treffend den „Kassier als Verschleissteil“ der Bühne erleben durfte, sah ich wun- darin besteht, dass er sich (oft vermutlich derschöne Bilder. Sie berührten mich und relativ alleine) für etwas einsetzt, was der gaben mir immer wieder Kraft und Orien- Pädagogik indirekt zudient, jedoch als Auf- tierung. gabe lieber negiert wird. Zahlen und Ver- einbarungen schaffen Tatsachen, Struktur, Transparenz, jedoch auch Verbindlichkeit. 33
Heute - veränderungen Das kann als schmerzhaft erlebt werden, die ich gerne ausgeübt habe und viele wenn es nicht in einem Entwicklungspro- Menschen (auch aus der Schweizer Ru- zess gesehen werden kann bzw. wenn dolf Steiner Schulbewegung), mit denen das Bewusstsein nicht da ist, dass sich ich eine wertvolle Beziehung hatte, die auch Gefestigtes wieder beleben und ver- mich unterstützten. Das Loslassen war ändern lässt. Die Gefahr besteht, dass entsprechend schmerzvoll. Nach meinem Menschen, die Unbeliebtes im Auftrag der Austritt werde ich eine gewisse Zeit nut- Gemeinschaft übernehmen oder sichtbar zen, Erfahrungen aufzuarbeiten und mich machen, gleichzeitig dafür verantwortlich neu zu orientieren. Ich bin für viele Tätig- gemacht werden. Wie die Schulsozialar- keiten offen und freue mich auf die unbe- beit in einem Rückblick so schön sagte: kannte Zukunft. Der Brandmelder wird zum Brandstifter. Den „Verschleiss“ eines Kassiers oder Ich wünsche meiner Nachfolgerin/meinem eines Geschäftsführers einer Rudolf Stei- Nachfolger, dass sie/er für die Ausübung ner Schule sehe ich in dieser Problematik ihrer/seiner verantwortungsvollen Aufgabe und der Tatsache, dass er die Verantwor- das Vertrauen der Eltern und Vereinsmit- tung für das Gesamtunternehmen hat, glieder erhält sowie die volle Unterstüt- das Kollegium sich jedoch vorwiegend auf zung durch Kollegium und Vorstand. die Führung des täglichen Schulbetriebes konzentriert. Für die RSS BO und die gesamte Schul- bewegung erhoffe ich mir viele am Schul- Ich war täglich mit neuen Herausforde- impuls interessierte Lehrpersonen und El- rungen, Entscheidungen und entspre- tern. Ich selbst werde mit den Grundlagen chend Verantwortung konfrontiert. Sie ga- der Rudolf Steiner Schule immer verbun- ben mir Energie. Eine so zentrale Stelle, den bleiben. wie ich sie wahrnehmen durfte in der RSS BO, erntet viel Anerkennung, Aufmerk- Herzlichen Dank an jene Menschen, die samkeit und Kritik. Dankbar bin ich jenen mich begleiteten, unterstützten, förderten, Menschen, die ihre Kritik offen und ehrlich mir vertrauten. direkt an mich richten konnten. Sie gaben mir den Impuls und die Möglichkeit, mich Brigitta Beutler selbstkritisch zu prüfen. Nicht greifbar, je- doch sehr wirksam waren Kritiken, die in- Kaufm. Verwaltung und Schulleitung direkt an mich gelangten. Ich habe mit dem Entscheid intensiv ge- rungen, verlasse ich doch eine Aufgabe, 34
Sie können auch lesen