DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen

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DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
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DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Vi e l f a l t u n d  T o l e ra n z ,
Für
gegen Diskr        i m i n i e r u n g

Kooperation über
Generationen hinweg.
Wir ziehen gemeinsam
am gleichen Strick in
die gleiche Richtung.

                                                     Doris                       Andri
                                                     Fiala                       Silberschmidt
                                                                                 Präsident
                                                     Präsidentin
                                                                                 Jungfreisinnige Schweiz
                                                     FDP Frauen Schweiz

                                                                                          In den Nationalrat
www.fiala.ch
www.andrisilberschmidt.ch                                                                 2x auf Liste 3
«Weil sie gegen Diskriminierung kämpfen und unsere jüdischen
Anliegen seit Jahren aktiv unterstützen wählen wir Doris Fiala
und Andri Silberschmidt am 20. Oktober in den Nationalrat.»
Erich Bloch, TelAviv, Auslandschweizerorganisation ASO • René Braginsky, Unternehmer • Madeleine und Jon de Beer
Prof. Dr. med. Michael und Viviane Fried • Daniel Gutenberg, Entrepreneur • Shella Kertész, Präsidentin ICZ
Dr. Jonathan Kreutner, Generalsekretär SIG Jacques Lande, Vorstand QV Wollishofen • Zev Marilus
Sonja Rueff-Frenkel, Kantonsrätin FDP • David Vogt, Architekt ETH/SIA • Isabelle Vogt, Rechtsanwältin
Dr. Herbert Winter, Präsident SIG
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
In Kürze
                 STÄNDE- UND NATIONALRATSWAHLEN 2019

                 Die Kandidaturen in Zahlen
                                                                                                                                          Wahlinformation. Die
                                                                                                                                          Wahlen stehen vor der Tür.
                                                                                                                                          Deshalb lädt die «Swiss
                                                                                                                                          Union of Jewish Students
                                                                                                                                          (SUJS)» zur Informations-
                                                                                                                                          veranstaltung «Let’s Talk
                                                                                                                                          About It» mit Vertretern
                                                                                                                                          der Jungparteien der
                                                                                                                                          Schweiz ein. Einer der
                                                                                                                                          Gäste ist Luzian Franzini,
                                                                                                                                          Co-Präsident Junge Grüne
                                                                                                                                          Schweiz und Vizepräsident
                                                                                                                                          Grüne Schweiz. Er kandi-
                                                                                                                                          diert im Kanton Zug für
                                                                                                                                          den Nationalrat. Ebenfalls
                                                                                                                                          Nationalratskandidat
                                                                                                                                          ist der 27-jährige Sandro
                                                                                                                                          Lienhardt, Präsident Jung-
                                                                                                                                          freisinnige Kanton Zürich.
                                                                                                                                          Bereits im Nationalrat sitzt
                                                                                                                                          der 29-jährige Zürcher
                                                                                                                                          Fabian Molina. Diesen
                                                                                                                                          Herbst tritt er zur Wieder-
                                                                                                                                          wahl an. Für die Junge SVP
                                                                                                                                          ist Benjamin Fischer an der
                 Zwei von fünf Kandidaturen für die     entspricht einer prozentualen           von der Unterschriftensammlung            Veranstaltung zu Gast.
                 Schweizer Stände- und National-        Zunahme von 22,7 Prozent. Vor vier      zur Genehmigung zusätzlicher              Der Präsident Junge SVP
                 ratswahlen sind Frauen. Ihr Anteil     Jahren hatten sich 3792 Menschen        Wahllisten befreit. Die rund 5,4          Schweiz sitzt im Zürcher
                 wuchs gegenüber den vergange-          zur Wahl gestellt; vor vierzig Jah-     Millionen Wahlberechtigten erhal-         Kantonsrat und kandidiert
                 nen Wahlen 2015 von 34,5 auf 40        ren waren es erst 1845 gewesen.         ten ab der kommenden Woche von            für den Nationalrat.
                 Prozent, wie die Bundeskanzlei         Auch bei den eingereichten Listen       ihren Kantonen die Wahlunterlagen         Anmeldung bis zum
                 feststellt. Die Behörde präsentier-    vermeldet die Bundeskanzlei einen       zugeschickt, wie die Bundeskanzlei        24. September unter:
                 te in Bern die offiziellen Zahlen zu   Rekord: 511 Listen mit Kandidaten       weiter mitteilte. Darin enthalten ist     www.swissujs.com/
                 den Kandidaturen. Erstmals seit        stellen sich in den Proporzkanto-       auch eine Anleitung, in der Begriffe      wahlen19-lets-talk-
                 Mitte der 1990er Jahren sprang der     nen (vgl. Meldung unten) zur Wahl.      wie Kumulieren und Panaschieren           about-it. TA
                 Frauenanteil somit wieder deutlich     Zum Vergleich: 1979 waren es 160        erklärt werden und aufgezeigt             Donnerstag, 26. September,
                 nach oben. Mehr Kandidaturen als       Listen gewesen. Ein Grund für die       wird, wie ein gültiger Wahlzettel         20 Uhr. ICZ,
                 2015 gibt es jedoch in sämtlichen      Listen- und damit auch Kandida-         ausgefüllt wird. Erstmals werde           Lavaterstrasse 33,
                 Kantonen ausser Genf. Der Anstieg      tenflut dürfte eine Gesetzesände-       auch in sogenannt Leichter Sprache        Zürich.
                 der Kandidaturen auf über 4650         rung sein: Gewisse Parteien sind        informiert. TA/SDA

                 WAHLSYSTEM                             die Eidgenossenschaft, wurden           Initiative ab. Auch die zweite Initi-
                                                                                                                                        Impressum
                 100 Jahre Proporz                      Berechnungsmethoden entwickelt,
                                                        mit denen man nachweisen konnte,
                                                                                                ative, über die am 23. Oktober 1910
                                                                                                abgestimmt wurde, hatte keine
                                                        wie das Wahlsystem die Sitzvertei-      Chance – obwohl das Ständemehr
                                                        lung beeinflusst. Der Obwaldner         erreicht wurde. Am 13. Oktober 1918
                 Es ist heute kaum mehr vorstellbar,    Politiker Josef Durrer stellte in den   dann stimmten Volk und Stände
                 dass nicht nach einem Verteilungs-     1880er-Jahren die Zahlen für insge-     der dritten Initiative über die Pro-
                 system gewählt wird. Das Wort          samt vier Wahlen zusammen (1881–        porzwahl des Nationalrates mit          Dies ist eine Beilage
                 Proporz ist klingt zwar eigenartig,    1890) und zeigte auf, wie stark das     66,8 Prozent Ja-Stimmen deutlich        der JM Jüdischen Medien AG
                 doch bedeutet es mehr Fairness.        bestehende Majorzsystem die Min-        zu. Die ersten Proporzwahlen auf
                 Bis 1919 galt das Majorzsystem,        derheiten benachteiligte. Nach der      nationaler Ebene fanden 1919 statt
                 bei dem der Wahlsieg jener Partei      Bekanntgabe dieser Berechnungen         und führten, entgegen verschiede-       Verlag und Redaktion
                 zufiel, die am meisten Stimmen         und der erneuten Enttäuschung der       nen vorangegangenen Berechnun-          JM Jüdische Medien AG
                 auf sich vereinigen konnte. Es         Minderheitsparteien bei den Wah-        gen zu Beginn des 20. Jahrhunderts      Postfach 1852
                 brauchte allerdings nicht weniger      len 1890 kam es zu ersten direkten      zu einer massiven Veränderung der       8027 Zürich
                 als drei Volksabstimmungen, bis        Angriffen gegen das Majorzsystem,       Kräfteverhältnisse im Nationalrat.
                 der Proporz eingeführt wurde. Die-     ein ähnlich hässliches Wort und         Die Radikal-Liberalen (heute FDP)       Tel.: +41 44 206 42 22
                 ses System ermöglicht eine bessere     ein wenig faires Wahlsystem. Am         verloren nahezu die Hälfte ihrer        Fax: +41 44 206 42 20
FOTO: KEYSTONE

                 Vertretung der Parteien und der        4. November 1900, so heisst es auf      Sitze. Zu den Gewinnern gehörten
                 Minderheiten im Parlament. Ende        einer Website des Bundes, lehnten       die Sozialdemokraten (SP) und die       redaktion@tachles.ch
                 des 19. Jahrhunderts, so erklärt es    Volk und Stände eine erste Proporz-     Bauernpartei (heute SVP). GB            www.tachles.ch

                                                                                                                                                     tachles | 20. September 2019 3
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Die Parlamentswahlen stehen vor der Tür, Experten sind der Meinung, dass viel
                  weniger Wahlkampf als früher betrieben wird, tachles fragt warum

                  Wo bleibt der Wahlkampf?

                  GISELA BLAU

                                                                    «Unterschiede von 0,1
                                                                    bis 2 Prozentpunkten im
                  «Wahlkampf ist die Fortsetzung eines Bürger-
                  kriegs mit anderen Mitteln.» Dieses treffende

                                                                    Wähleranteil werden bei
                  Zitat wird dem britischen Staatsmann Benja-
                  min Disraeli zugeschrieben, der vor 215 Jahren
                  zur Welt kam. Wie aktuell ist es heute noch,
                  insbesondere bei uns? Die Schweiz wird zum
                  Glück weder von Kriegen noch von Bürger-          uns bereits als Erdrutsch
                  kriegen heimgesucht. Doch der Wahlkampf
                  2019 hat ein Problem – er ist nirgends zu fin-    bezeichnet.»
                  den. Er fehlt geradezu. Ob sich im Oktober
                  noch die Stimmung vor den Wahlen aufheizt,
                  bleibt abzuwarten. Am meisten fehle ihm,
                  sagt Georg Lutz, Forscher am Schweizer Kom-       mit Attraktionen, ausgedacht von Werbeagen-        sagte gar, für seine Firmenpropaganda hätte
                  petenzzentrum Sozialwissenschaften in Lau-        turen, Parteisekretariaten oder am Küchen-         er viel mehr ausgeben müssen.
                  sanne, «das Drum und Dran von nationalen          tisch. Dies wird allmählich sehr teuer und zielt      Die Parteien haben zögerlich ein wenig
                  Wahlen». In anderen Jahren hätten Kandidie-       manchmal am Ziel vorbei – ins Lächerliche. Es      enthüllt, wie hoch ihre Budgets sind, mit Aus-
                  rende hier ein Gratis-Gipfeli, dort einen Kaf-    hat Fälle gegeben, wo es hiess, der Kandidat       nahme der Partei mit dem höchsten Budget.
                  fee, einen Kugelschreiber oder ein Heftpflaster   (immer ein Mann) habe eine Million für einen       Das viele Geld, das eine Wahlzeitung mit zwei
                  verteilt. Das Duschgel von Doris Leuthard hat     Sitz im Nationalrat investiert. Und einer, der     Bünden, in jeden Briefkasten der Schweiz ver-
                  wohl niemand vergessen. Wahlen als Volksfest      es mit dem Wahlkampf nicht so ernst meinte,        teilt, hätte vielen Wohltätigkeitsorganisatio-

                                                                                                                       Georg Lutz, Forscher
                                                                                                                       am Schweizer
                                                                                                                       Kompetenzzentrum
                                                                                                                       Sozialwissenschaften in
                                                                                                                       Lausanne.
FOTOS: KEYSTONE

                  4 tachles | 20. September 2019
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Thomas Milic ist
                                                                                                    wissenschaftlicher
                                                                                                    Mitarbeiter am
                                                                                                    Lehrstuhl Methoden
                                                                                                    des Instituts für
                                                                                                    Politikwissenschaft der
                                                                                                    Universität Zürich sowie
                                                                                                    Projektmitarbeiter am
                                                                                                    Zentrum für Demokratie
                                                                                                    Aarau.

nen viel mehr gebracht. Im Allgemeinen sind       könnten. Milic präzisiert: «Umfragen allein       werden ausser dem Klimawandel und der
die Drucksachen vor den nationalen Wahlen         sind nicht massgebend für die Abbildung der       Migration auch die AHV und natürlich unser
so langweilig, dass sie gerne ungelesen im Alt-   Situation. Man muss das Gesamtbild betrach-       Verhältnis zu Europa gehören.» Ereignisse im
papier landen.                                    ten, um zu einer Prognose zu gelangen. 2015       Ausland, so wiederum Lutz, «zeigen natürlich
                                                  waren die Umfragen recht genau.» Auch wenn        einen gewissen Einfluss auf die Wählenden in
Stabil und grün                                   sie diesmal korrekt sind: Der Bundesratssitz      der Schweiz. Der Konflikt rund um den Brexit
2019 wird ein grosser Wechsel im Ständerat        von Viola Amherd ist sicher nicht gefährdet. Es   beeinflusst jedoch nicht die Meinung der Bür-
erfolgen. Im Nationalrat bleiben erstaunlich      dürfte noch lange dauern und viele Debatten       gerinnen und Bürger über das Verhältnis der
viele Abgeordnete sitzen. Das habe nichts zu      erfordern, Überzeugungsleistungen im Hin-         Schweiz zur EU.» Dennoch: «Verändert haben
bedeuten, sagt der Politikwissenschaftler Lutz.   tergrund und Beeinflussung der Öffentlich-        sich die Informationsmöglichkeiten der Wäh-
Das wechsle von Wahl zu Wahl und ändere           keit, bis es einen Bundesrat Glättli oder eine    lenden. Das Internet spielt dabei eine grosse
nicht viel. «Unsere Wahlen sind sehr stabil»,     Bundesrätin Rytz gibt, so die Experten.           Rolle», ist Thomas Milic überzeugt.
sagt er. «Die Wahlen 2015 waren die stabils-         «Auch bei uns ist spürbar, dass die grossen
ten seit 1967.» Das dürfte auch im Oktober so     Volksparteien ein wenig an Bedeutung ver-         Gesittet und ruhig
herauskommen. «Es wird bei den Wahlen 2019        loren haben», stellt Thomas Milic fest. Und       Eine grosse Sorge ist, ob es mehr Frauen als
voraussichtlich keine allzu grossen Verschie-     Georg Lutz macht eine weitere Beobachtung:        vor vier Jahren schaffen werden, ins Par-
bungen innerhalb der Bundesratsparteien in        «Die Gründerväter hätten sich kaum träumen        lament gewählt zu werden, besonders ins
den Wähleranteilen geben», prognostiziert         lassen, dass FDP und CVP einst als Mitte-Par-     «Stöckli». Das liegt nicht nur in der Hand
auch der Politikwissenschaftler Thomas Milic      teien bezeichnet würden.»                         der Abstimmenden, sagt Thomas Milic, der
vom Zentrum für Demokratie an der Univer-                                                           dieses Thema schon anhand von Regierungs-
sität Zürich. Politische Stabilität gehöre zu     Klimawandel als Topthema                          ratswahlen bearbeitete: «Frauen haben die
den Schweizer Standortvorteilen. Lutz dazu:       Vor vier Jahren befeuerte in der Schweiz die in   gleichen Wahlchancen wie Männer. Aber
«Unterschiede von 0,1 bis 2 Prozentpunkten        Deutschland präsente Flüchtlingskrise hitzige     ich habe bei Untersuchungen von Regie-
im Wähleranteil werden bei uns bereits als        Debatten um das Thema Migration. Dieses           rungsratswahlen feststellen müssen, dass
Erdrutsch bezeichnet.» In der Schweiz bleibt      Jahr weilt es im Hintergrund und wird nicht       sich zu wenige Frauen für eine Kandidatur
das meiste gemächlicher und schlägt sich          mehr vordringlich bewirtschaftet, ausser          bereit erklären.» Wird das neue Parlament
nicht unbedingt in grossen politischen Bewe-      von der SVP und einigen anderen kleineren         aggressiver als das bisherige werden? Georg
gungen nieder. «Der Rechtsrutsch von 2015         oder grösseren Rechtsparteien. Das vorherr-       Lutz macht sich diesbezüglich keine Sorgen:
war eigentlich keiner», resümiert Georg Lutz.     schende Thema ist dieses Jahr der Klimawan-       «Der Stil im Parlament ist trotz einigen lau-
«Die SVP und die FDP gewannen zusammen            del. Die Katastrophe von Fukushima besetzte       ten Abgeordneten keineswegs aggressiver
mit kleineren Rechtsparteien zwar eine Mehr-      vor Jahren die Energie-Debatte, diesmal           geworden, auch nicht die Wahlpropaganda.
heit, aber das zeigte sich in vielen Abstimmun-   haben auch Schülerinnen und Schüler diesen        Verglichen mit Auseinandersetzungen in den
gen im Parlament nicht wirklich.» Und dieses      Diskurs mit ihren Freitagsdemonstrationen         dreissiger Jahren und den kämpferischen Pla-
Jahr? «2019 wird es kaum den viel zitierten       mitten in die Gemüter geführt. «Nicht alle        katen von früher geht es heute so gesittet zu
Linksrutsch geben, auch wenn die grünen Par-      Parteien und längst nicht alle Abstimmen-         wie zu Anfang.»
teien zulegen. Die SP bleibt konstant.» Etwas     den sind vom Klimawandel beziehungsweise             Gesittet ist das Schlagwort. Verglichen mit
meinen die Politikwissenschaftler jedoch          vom durch Menschen verursachten Klima-            dem Tohuwabohu in London in der «Mutter
vorauszusehen: Grün bleibt aktuell. Thomas        wandel überzeugt. Davon könnte die SVP,           aller Parlamente» leben wir wohl wirklich auf
Milic: «Der Höhenflug der Grünen und der          die beinahe als einzige Partei diese Position     einer Insel der Glückseligen. Vor allem leben
Grünliberalen wird bestehen bleiben.»             vertritt, durchaus profitieren», sagt Milic. Es   wir in einer stabilen Demokratie, erklärt Tho-
                                                  gebe noch andere Diskurse, die vor den Wah-       mas Milic: «Eine Demokratie ist ein politisches
Kein Paradigmenwechsel in Sicht                   len und sicher auch nachher dominierend           System, in welchem sich das Volk durch Wah-
Neueste Umfragen sagen überdies voraus,           sind. «Zu den wichtigen Themen des erneu-         len und Abstimmungen massgeblich an der
dass die Grünen sogar die CVP überflügeln         erten Parlaments in der nächsten Legislatur       Gestaltung der Politik beteiligt.» 

                                                                                                                               tachles | 20. September 2019 5
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Daniel Jositsch stellt sich für die zweite Legislatur als Ständerat des Kanton Zürich

                   Leise, mutig, effizient

                   GISELA BLAU
                                                                                                                                                  Ständerat Daniel
                                                                                                                                                  Jositsch plädiert für
                                                                                                                                                  humane Asylpolitik.
                   Daniel Jositsch werde am 20. Oktober wie 2015
                   bereits im ersten Wahlgang für seinen Sitz im
                   Ständerat bestätigt. So lautet die Überzeu-
                   gung vieler Zürcherinnen und Zürcher. Auch
                   sein Kompagnon Ruedi Noser werde wieder-
                   gewählt, obwohl es noch fünf andere Kandida-
                   turen gibt, die meisten chancenlos. Jede Partei
                   ausser der BDP hat ein Mitglied fürs «Stöckli»
                   ins Rennen geschickt. Allerdings: Jositsch und
                   Noser gelten als hervorragendes Tandem, das
                   meinen auch die Zürcher Medien. Die Kombi-
                   nation mit einem «rechten Linken» und einem
                   «linken Rechten» gilt, zwar verallgemeinernd,
                   aber gar nicht falsch, als beste Vertretung
                   des dominanten Kantons Zürich, in dem der
                   Unternehmer Noser für die Wirtschaft und
                   der Strafrechtsprofessor Jositsch unter ande-
                   rem für den Hochschulkanton mit Lehre und
                   Forschung stehen, also nicht zuletzt für zwei
                   wichtige Komponenten des Kantons.

                   Einordnungen mit Augenzwinkern
                   Die beiden Zürcher Ständeräte stehen im           Daniel Jositsch war vorher acht Jahre lang Nati-   aber «alle vier Jahre zwei Monate lang solche
                   Fokus der kleinen Kammer. Sind sie die wich-      onalrat der Zürcher SP. Aber er war nicht nur      Auftritte zu absolvieren, ist sehr erträglich».
                   tigsten und herausragendsten Ständeräte?          deshalb eine bekannte Persönlichkeit. Immer
                   Jositsch kontert mit dem ihm eigenen Humor.       wieder wird er auf TV-Sendern beigezogen,          Von Klimawandel bis Altersvorsorge
                   Hier gelte der berühmte Satz von Francis          wenn es darum geht, eine juristische politisch     Im Ständerat herrscht vor diesen Wahlen ein
                   Urquhart, einem erfundenen Charakter des          komplizierte Angelegenheit zu erklären. Er ist     starker Wechsel, aber die Themen ändern
                   Autors Michael Dobbs: «You might very well        imstande wie kaum ein anderer, einen schnur-       sich nicht stark. Jositsch beschäftigt sich stark
                   think that, I cannot possibly comment» – es       geraden Weg aus solchen Sätzen zu finden.          mit dem Umgang mit dem Klimawandel, der
                   möge stimmen, aber er könne es nicht kom-         Es fällt ihm sichtlich überhaupt nicht schwer,     Altersvorsorge und ganz besonders mit dem
                   mentieren, zitiert er: «Sicher vertreten Ruedi    und so schreckt ihn der grosse eigene Einsatz      Verhältnis der Schweiz zur EU: «Ich hätte
                   Noser und ich den stärksten Kanton, aber wir      vor der Persönlichkeitswahl in den Ständerat       den Rahmenvertrag längst unterschrieben.»
                   üben uns in Bescheidenheit.»                      nicht ab. Landauf ud landab muss er antreten,      Seine Partei, die SP, sträubt sich jedoch 

                                                                                                                                                        barbara-guenthard.ch

                                                                                                          2x
                                                                                                      auf Ihre Liste
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                                                                                                                                                     GÜNTHARD-MAIER
                                                                                                                           sind,                          IN DEN
                                                                                                     «Nur wenn wir sicher                              NATIONALRAT!
                                                                                                                             en wir
                                                                                                     uns sicher fühlen, könn
  FOTO: KEYSTONE

                                                                                                     uns frei entfalten.»                                 Stadträtin Winterthur,
                                                                                                                                              Departement Sicherheit und Umwelt

                   6 tachles | 20. September 2019
glp_MZ-Ins_Tachles_102x66_prod.indd 1                                               27.08.19 10:41
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Im Gefrierfach hat es Platz
                     für alles. Sogar für einen
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Schweizer Perfektion für zuhause
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
dagegen, auch wegen der Einhaltung der
bisherigen Acht-Tage-Frist für Bewerbungen
ausländischer Firmen um Auftragsarbeiten           «Mein Vorstoss hatte Erfolg.
                                                   Das ist nicht bei jedem Vorstoss
in der Schweiz. Jositsch hält dieses Argument
für wenig problematisch, wie auch andere.

                                                   der Fall.»
Zum Beispiel werde um das Unionsbürger-
recht gestritten, das jedoch gar nicht mehr im
Abkommen enthalten sei: «Das ist das Resul-
tat von dem, was jetzt Nachbesprechungen
heisst, weil die EU ja keine Nachverhandlun-
gen will. Diese Besprechungen laufen gut.»
Da Schicksal des Rahmenabkommens liege,
so Jositsch, im Moment beim Bundesrat, der
im Dezember 2018 beschlossen habe, nichts          auch die bilateralen Verträge kippen würden.       nicht unbedingt nur um die Aufnahme von
mehr zu unternehmen ausser Konsultationen,         Während der Herbstsession gab es bereits im        Flüchtlingen, sondern um sichere Migrati-
die auch stattfanden. Dort seien Themen defi-      Nationalrat eine Debatte über diese Vorlage.       onswege. Migration, sagt er, fange nicht erst
niert worden, die in diesen Nachbesprechun-        Nicht nur der Strafrechtsprofessor, sondern        im Mittelmeer an. Er plädiert beispielsweise
gen behandelt würden, die nun im Gange             auch alle akademischen Experten, mit denen         für das Botschaftsasyl, bei dem Menschen, die
seien. Insgesamt, sagt Jositsch, gebe es diesen    tachles sprach, fürchten, was den Grossteil        ihre Heimat verlassen müssen, sich bei einer
Rahmenvertrag oder keinen: «Ich gehe davon         der Bevölkerung weniger berührt als die For-       Schweizer Botschaft melden und dort Asyl
aus, dass es ein Resultat geben wird, das vom      schenden und mit ihnen die jungen Akademi-         beantragen können. Dann wäre eine legale
Bundesrat genehmigt werden kann. Dies              ker, die Gefahr laufen, aus den europäischen       und weniger gefährlichen Einreise sicher.
dürfte allerdings nicht bis Ende Oktober der       Forschungsprogrammen ausgeschlossen zu                Für Jositsch gibt es auch Themen, die seine
Fall sein, wenn die Amtszeit des EU-Kommissi-      werden. Es geht also nicht nur um die Börsen-      berufliche Tätigkeit angehen, zum Beispiel
onspräsidenten Jean-Claude Juncker zu Ende         äquivalenz, sondern um die Zukunft des For-        strebt er eine Strafrahmenharmonisierung
geht.» Zu befürchten sei, so Ständerat Jositsch,   schungsstandortes Schweiz.                         an. Seine Amtszeit erledigt er wie auch Ruedi
dass es gar kein Resultat geben werde, bevor                                                          Noser leise, mutig und effizient. Sehr zufrie-
nächstes Jahr die Volksabstimmung über             Flüchtlingsfragen im Vordergrund                   den ist Jositsch, dass gegenwärtig an der
die Initiative der SVP stattgefunden habe,         Obwohl die Flüchtlingskrise nicht mehr wie         Umsetzung seiner Motion über den Schutz
die bei einer Annahme das Freizügigkeits-          vor vier Jahren im Vordergrund steht, gehört       von Minderheiten gearbeitet wird. «Mein Vor-
abkommen kündigen wolle. Eine Annahme              sie für Jositsch weiterhin zu den Prioritäten      stoss hatte Erfolg», sagt er. «Das ist nicht bei
wäre deshalb recht katastrophal, weil damit        seiner politischen Arbeit. Dabei geht es ihm       jedem Vorstoss der Fall.» l

                                                                             Am 20. Oktober wieder
                                                                             in den Nationalrat

                                                                             ANGELO
                                                                             BARRILE
                                                                             Gegen Rassismus
                                                                             und Antisemitismus.
                                                                             Gemeinsam.

    Mit Erfahrung
    machen.
     Ruedi Noser.
                          rat.
     Unser Zürcher Stände
                                                P Liste 3 wählen
                         Für den Nationalrat FD                              Daniel Jositsch (SP) und
                                           www.wir-machen.ch                 Marionna Schlatter (Grüne) in den Ständerat

8 tachles | 20. September 2019
DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
ESTHER GIRSBERGER

Gespräche, keine Tweets
                        «Alles eine Frage des      cen erhofft. Der einleuchtend anmutende            EU Hand für eine Nachverhandlung beim Rah-
                        Klimas»,       kommen-     Titel der Initiative hat einen ganz anderen als    menabkommen bietet. Nicht zuletzt weil die
                        tierte der «Tages-Anzei-   einen wohltönenden Grund: Luzi Stamm will          Gewerkschaften sich nicht kompromissbereit
                        ger» am 2. September       einfach weniger Ausländer in der Schweiz,          zeigten. Zu Krankenkassenprämien schiessen
                        die Parteitage von SVP,    ungeachtet der Motive, die sie in unser Land       die Initiativen gegen eine weitere Kostenex-
                        FDP, Grüne und BDP,        bringen. Ein weiterer SVP-Kandidat aus dem         plosion im Gesundheitswesen zwar wie Pilze
                        die allesamt am glei-      Kanton Aargau, Nationalrat Andreas Glar-           aus dem Boden, doch alle diese Initiativen sind
                        chen Tag Ende August       ner, sorgte berechtigterweise für Empörung,        wahltaktisch vor dem Wahltag im Oktober
                        über die Bühne gin-        weil er die Handynummer einer Lehrerin             eingereicht worden – im Wissen, dass popu-
                        gen. Die Berichterstat-    auf Facebook veröffentlicht hatte. Die Leh-        listisch formulierte Vorstösse die allerkleinste
                        ter bezogen sich auf       rerin hatte Eltern darauf hingewiesen, dass        Chance haben, vom Volk angenommen zu
das Thema Nummer eins, zwei, drei und vier         für muslimische Kinder am Tag des Fasten-          werden. Bei der Konzernverantwortungsini-
der diesjährigen eidgenössischen Wahlen:           brechens ein schulfreier Tag ohne Jokertag         ative, welche bei einer Annahme die zu recht
den Klimawandel.                                   bezogen werden dürfe. Diese Dispenz ist im         lange hochgehaltene Rechtssicherheit in der
   «Alles eine Frage des Klimas», könnte man       Zürcher Schulgesetz explizit aufgeführt. Dass      Schweiz argen Schaden anrichten würde,
allerdings auch ganz anders und nicht weni-        jüdische Kinder an Jom Kippur ebenso einen         kommt nicht einmal ein ernst zu nehmender
ger treffend interpretieren, nämlich im über-      schulfreien Tag einziehen, findet Glarner in       Gegenvorschlag zustande.
tragenen, dem atmosphärischen Sinn. Das            Ordnung, da «ganz anders zu werten». Die
Niveau des Wahlkampfes ist mittlerweile tiefer     Sympathien vieler SVP-Politiker gegenüber          Alte Garde als Vorbild
als die ersten Nagra-Bohrungen für die Endla-      dem Judentum und gegenüber Israel sind             Zugegeben, im Verhältnis zu unseren europä-
gerung von Atomabfall gesunken, fast ebenso        bekannt – was ihre von Fall zu Fall anders         ischen Nachbarn herrschen bei uns fast schon
toxisch wie dieser Müll.                           gelagerte Menschenverachtung allerdings            paradiesische Zustände. Die politische Mässi-
   Am sichtbarsten momentan vor allem auf          nicht besser macht.                                gung liegt uns im Blut und wenn wir diese
dem Ungeziefer-Plakat der SVP. Es erübrigt                                                            wieder stärker zu Herzen nehmen, könnten
sich – vor allem auch in dieser Wochenzeitung      Relevante Themen versickern                        wir uns in noch positiverem Sinn von den Ent-
– darauf einzugehen. Wir alle wissen, welche       Andere niveaulose Äusserungen führen               wicklungen in Europa (und erst recht in den
grauenhaften Assoziationen damit geweckt           wenigstens dazu, dass Kandidierende sich wie-      USA!) unterscheiden.
werden. Man wünschte sich, dass zum Beispiel       der zurückziehen. Beispielsweise das Model            Nach dem 20. Oktober wird fast ein Viertel
Anwalt Valentin Landmann als Sohn von Salcia       Tamy Glauser. Die Lebenspartnerin der Ex-          der Parlamentsmitglieder neu sein. 50 stellen
Landmann eine Klage einreichte, um die Ver-        Miss-Schweiz Dominique Rinderknecht hatte          sich nicht zur Wiederwahl. Im Ständerat tritt
einbarkeit des Plakats mit dem Antirassismus-      behauptet, das Blut von Veganern könne Krebs-      fast die Hälfte der 46 Mitglieder nicht mehr
Gesetz zu eruieren. Aber Valentin Landmann         zellen töten, kurz nachdem die Grünen sie als      an. Neue Köpfe – erwartet werden vor allem
ist Nationalratskandidat der SVP, Urheberin        Nationalratskandidatin aufgestellt hatten.         sehr viel mehr weibliche – versprechen zwar
dieses Plakats.                                       Niveaulos und klimatisch überhitzt sind         frischen Wind. Doch erstens müssen sie sich
                                                   neben diesen Beispielen die sich jagenden          erst finden, zweitens orientieren und drittens
Für Empörung gesorgt                               Tweets und Facebook-Einträge. Sie sind             zu Herzen nehmen, was die alte politische
Von der SVP ist man sich mittlerweile inak-        aggressiv, inhaltlich unterirdisch und nicht       Garde bis zum EWR-Nein so gut verstand
zeptable Ausrutscher gewohnt – auch perso-         selten diffamierend.                               und beherrschte: Kompromisse zu schmie-
nell. Sei es durch den Aargauer Nationalrat           Diese klimatisch bedenklichen Bewegun-          den. Das bedingt die Bereitschaft, sich auf
Luzi Stamm, der Kokain gekauft hatte mit           gen haben in der bald zu Ende gehenden             den anderen einzulassen, keine grossen Töne
dem Plan, den Kokainring in der Schweiz zu         Legislatur ihre Spuren hinterlassen: Nicht         zu spucken und sich nicht mit Kurzfutter zu
sprengen, oder einen Koffer mit einer Million      zufällig werden die letzten vier Jahre im Par-     begnügen. Gespräche eben und keine Tweets
falschen Euros ins Bundeshaus trug. Zwar           lament als verlorene Jahre bezeichnet. In den      und Facebook-Einträge. Wenn das gelänge,
stellt ihn die Partei nun nicht mehr für eine      für die Schweiz relevanten Themen wurde            könnte nicht nur bei der «echten» Klima-
erneute Kandidatur auf. Doch hat er sich eine      praktisch nichts erreicht: In der Altersvorsorge   debatte ein vernünftiges Resultat erzielt
eigene Liste zusammengestellt zusammen             wurde mit der verworfenen Rentenreform             werden, sondern eben auch im klimatisch
mit Kollegen, weil er mit dem St. Galler Natio-    2020 schon ein Kompromiss abgeschmettert.          übertragenen Sinn bei anderen die Schweiz
nalrat Lukas Reimann eine Volksinitiative im       In der Europapolitik läuft mindestens bis im       treffenden Stürmen.
Asylbereich zur «Hilfe vor Ort» einreichen will    Frühling 2020 gar nichts, und es wetten nur
und sich als Nationalrat damit mehr Chan-          noch die grössten Optimisten darauf, dass die      Esther Girsberger ist Publizistin und Unternehmerin.

    «Zukunft Schweiz:                                                                          Thomas Kessler,                             Liste 1

    weltoffen, sicher                                                                          Agronom und
    und intakt»       2x auf Ihre
                                  Liste                                                        Projektentwickler
                                                                                               www.thomas-kessler.ch

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DAS JÜDISCHE WOCHENMAGAZIN 20. SEPTEMBER 2019 wahlen
Anthony Goldstein (FDP)

            Liberal und religiös

            GISELA BLAU

            Anthony Goldstein ist ein Neuling in der
            aktiven Politik. Ein Unbekannter ist er in der
            FDP gar nicht – er amtiert in der Kreispartei
            von Zürich 2 als Kassier, weil Finanzen seine
            Kernkompetenz sind. Er habe sich nicht um
            eine Kandidatur beworben. Die FDP des Kan-
            tons Zürich habe ihn angefragt, berichtet
            er, er sei interviewt und schliesslich gerne
            angenommen, allerdings auf Platz 32 der
            FDP-Liste. Mit Gottes Hilfe, meint das Mit-
            glied der Israelitischen Religionsgesellschaft
            Zürich, wo er 17 Jahre lang im Vorstand sass
            und heute noch aktiv ist, also mit Gottes Hilfe
            könnte er weiter nach vorne rutschen. Viel-
            leicht für einen vorteilhafteren Listenplatz
            in vier Jahren? Der versierte Finanzfachmann
            und Wirtschaftsprüfer hat flink ausgerech-
            net, dass er 10 000 Stimmen brauchen würde.
            Die hofft er durch Standaktionen – nicht am
            Schabbat – auf der jüdischen Meile zu fin-
            den, vor dem Bahnhof Enge und der Migros          untypischer FDPler, sagt er nicht zuletzt des-      der Fraktion für die Kernanliegen der FDP
            Morgental. Goldstein zog 1975 aus dem hei-        halb. Er ist zudem 70 Jahre jung, also eigent-      einsetzen und dafür arbeiten. Die Goldstein
            matlichen England nach Zürich. Er ist noch        lich ein Senior, aber er fühlt sich keineswegs      haben vier Kinder. Und 26 Enkelkinder. Diese
            immer berufstätig und arbeitet unter ande-        als Senior, ist fit und aktiv. Er findet, dass es   wohnen teilweise in Zürich und teilweise in
            rem als Schlichter beim Mieterverband. Die-       viel zu wenig ältere Abgeordnete im Para-           Manchester. Würde der Opa gewählt und ver-
            ser empfiehlt ihn deshalb auch zur Wahl.          ment habe und dass ältere Leute angesichts          eidigt, würde die Familie einen schönen Teil
            Goldstein setzt sich für faire Mieten ein und     der demografischen Entwicklung eine Ver-            der Zuschauertribüne ausfüllen. l
            würde dies auch im Nationalrat tun. Er sei ein    tretung brauchen. Er würde sich innerhalb           anthony.goldstein.ch

                                                                                                                     jetzt!
                                                                                                                       in den Ständerat

                                                                          Denkt und handelt sozial
                                                                                Patricia von Falkenstein
FOTOS: PD

            10 tachles | 20. September 2019
Judith Bellaiche (GLP)

Wirtschaft und Ökologie

GISELA BLAU

Judith Bellaiche ist seit Jahren eine erfah-
rene Exekutiv- und Legislativpolitikerin. Als
Gemeinderätin (Exekutive) in Kilchberg am
Zürichsee verantwortete sie die anspruchsvol-
len Ressorts Hochbau und Planung, Liegen-
schaften und Umwelt. Seit acht Jahren sitzt
Judith Bellaiche als Vizefraktionspräsidentin
der GLP im Zürcher Kantonsrat und wurde
bereits zweimal wiedergewählt. Bellaiche ist
verheiratet und Mutter von zwei halbwüch-
sigen Söhnen. Das Interesse an der Politik
scheint der Nachwuchs geerbt zu haben. Mit
der Kandidatur für den Nationalrat hatte sie
bisher weniger Glück. Aber diesmal verspricht
sich die GLP einen erneuten Höhenflug und
mit ihr die Kandidatin Judith Bellaiche auf
Patz 5 der Liste. Bellaiche beschäftigt sich
nicht nur mit der Umwelt, obwohl Anliegen
wie der Klimawandel zu ihrem politischen            finanziell bestreiten muss. Regelmässig ist sie                               ragiert geführt werden», ist die Kandida-
Profil und dem von ihrer Partei gehören. Sie        mit ihrem Flugblatt auf Strassen und Plätzen                                  tin überzeugt. «Das grosse Schweigen wird
ist überdies sattelfest in Wirtschaftsfragen.       sowie sehr aktiv auf allen Social Media anzu-                                 beherrscht von einer aggressiven Minder-
Gleich nach dem Studium ging die Juristin           treffen. Ihre jüdische Sensibilität bekam eine                                heit. Das ist nicht akzeptabel.» Für den Nati-
in die Wirtschaft, wurde Bankerin, arbeitete        neue Dimension mit dem Thema Flüchtlinge:                                     onalrat hätte Judith Bellaiche fest umrissene
eine Zeitlang in London. Ausser für liberale        «Die Haltung vieler Leute gegenüber diesen                                    Wünsche für ihren Einsatz, sollte sie gewählt
Wirtschaftsbedingungen und die Umwelt               bedauernswerten Menschen ist schroff und                                      werden: Nachhaltigkeit, Digitalisierung und
engagiert sich Judith Bellaiche für die Verein-     grausam», sagt Bellaiche. Auch auf Twitter                                    einiges mehr, das einen wirtschaftlichen Kon-
barkeit von Familie und Beruf. Sie führt einen      werde das Thema meist negativ behandelt.                                      text hat. l
intensiven Wahlkampf, den sie teilweise auch        «Die Diskussion um Flüchtlinge muss cou-                                      www.judithbellaiche.ch

                                                                  Die gute Wahl am
                                                                  20. Oktober 2019

                                                                                                                                                       Ta nja
                                 Nik Gugger
                                                                                                                                                  S o l a n d                   g
                                                                                                                                                                   e gierun
                                 für eine integrative Politik nach Bern
                                                                                                                                                         in di e R
                                                                  Liste 8

  In den Nationalrat / Ständerat

                                                  Laura Huonker, Regisseurin und Zürcher Kantonsrätin
                                                                                                                                                                           ker.ch
                                                  Liste 25, Listenverbindung AL, SP und Grüne                                                           laura-huon
                                                  Franz Hohler, Autor; Etrit Hasler, SP-Kantonsrat, Slampoet, Vizepräsident Autor*Innen der Schweiz;
  2 × auf Ihre Liste                              Wanda Wylowa, Schauspielerin; Daniel Fueter, Musiker; Simone Keller, Musikerin; Samuel Schwarz,
                                                  Kulturmanager, Produzent; Claudia Flütsch, Co-Leitung Interkulturelles Maxim Theater Zürich;
                                                  Volker Hesse, Theaterregisseur, Deutscher, in der Schweiz lebend; Stefanie Gubser, Künstlerin,
                                                  Co-Leiterin Zürich tanzt, Vorstandsmitglied Pro Kultur Kanton Zürich; Mark Divo, Künstler; Esther
                                                  Kempf, Künstlerin; Moritz Müllenbach, Musiker; Katrin Sauter, Theaterschaffende; Stefan Wyss,
                                                  Konzertveranstalter; Annette Carle, Filmemacherin; Marta Piras, Theaterschaffende

                                                                                                                                                             tachles | 20. September 2019 11
Präsident Pascal Pernet und Ehrenpräsident Ronald Bernheim zur Frage, wie
                       sich die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus im Hinblick auf die
                       Parlamentswahlen positioniert

                       Es braucht diese Art
                       von Watchdog
                       INTERVIEW YVES KUGELMANN                                                Haben Sie und Ihre Partner den Sinn des                                  Minderheit essentiell. So braucht es kontinu-
                                                                                               Gesetzes denn genügend kommuniziert?                                     ierlich Publikationen und Stellungnahmen
                                                                                               Ronald Bernheim: Man muss unterscheiden                                  über die Rassismusstrafnorm, ein zentrales
                       tachles: Wie beurteilen Sie die Arbeit des jet-                         zwischen dem, wie dieses Gesetz von gewis-                               Arbeitsgebiet der GRA.
                       zigen Parlaments bezüglich Themen wie Ras-                              sen Leuten empfunden und von ihnen instru-
                       sismus- oder Antisemitismusbekämpfung,                                  mentalisiert wird, und dem, was Fakt ist. Und                            Nochmals: Weshalb schaffen Sie es nicht,
                       Aufklärung, Integration von Minderheiten oder                           Fakt ist, dass es sehr streng für wirklich mas-                          dass alle diese Notwendigkeit verstehen und
                       die Respektierung der Rassismusstrafnorm?                               sive Fälle angewendet wird – was wir seitens                             akzeptieren?
                       Pascal Pernet: Grundsätzlich positiv. Die Arbeit                        der Stiftung gegen Rassismus nd Antisemi-                                Pascal Pernet: Es geht da ja lediglich um eine
                       der Vergangenheit wurde weitergeführt;                                  tismus (GRA) sehr begrüssen. Die Instrumen-                              Minderheit, die gegen das Gesetz poltert, aber
                       gerade im Hinblick auf die Rassismus-Straf-                             talisierung erhält wohl die wiederkehrenden                              um eine laute.
                       norm wurde im politischen Prozess ja versucht,                          Abschaffungsbemühungen am Leben.                                         Ronald Bernheim: Aufgrund des Abdriftens
                       den Geltungsbereich zu erweitern, und Bestre-                           Pascal Pernet: Die GRA erzielte ja einen gro-                            einiger europäischer Länder inklusive politi-
                       bungen, Einschränkungen zu erreichen, konn-                             ssen Erfolg mit dem letztjährigen Urteil des                             scher Führung Richtung Rechtsextremismus
                       ten abgewehrt werden. Der Artikel StGB 261bis                           Europäischen Gerichtshofs für Menschen-                                  wächst bei uns das Verständnis, dass die Rassis-
                       ist insofern sehr speziell, als er im Gegensatz                         rechte in Strassburg, wonach wir Aussagen                                musstrafnorm mitgeholfen hat, diese erschre-
                       zu allen anderen Gesetzen auch 20 Jahre nach                            und Werturteile in unsere Chronologie rassis-                            ckende Entwicklung zumindest bis jetzt
                       seinem Zustandekommen noch immer ein                                    tischer Vorfälle aufnehmen dürfen, auch wenn                             weitgehend von der Schweiz fernzuhalten.
                       Diskussionsthema ist. Er wird auch heute noch                           diese gemäss Artikel 261bis strafrechtlich
                       teils subtil, teils sehr massiv angegriffen.                            nicht relevant sind. Der GRA wurde weiter ein                            Blicken wir auf die kommende Legisla-
                                                                                               Presse-ähnlicher Status als «Watchdog» zuge-                             turperiode nach den diesjährigen Parla-
                       Wie das?                                                                sprochen, was für unsere Aufklärungsarbeit                               mentswahlen: Viele neue Namen werden
                       Ronald Bernheim: Es kommt immer wieder                                  extrem wichtig ist.                                                      auftauchen und Ihre Arbeit oftmals wieder
                       der Maulkorb-Vorwurf auf, der, wie auch die                                                                                                      vorne beginnen.
                       Gerichtspraxis in den letzten 20 Jahren gezeigt                         Aber weshalb muss man 20 Jahre nach der                                  Pascal   Pernet:   Die   Hintergrundarbeit
                       hat, überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Zumin-                         Abstimmung immer noch erklären, weshalb                                  geschieht beispielsweise mit der parlamen-
                       dest Teile der SVP halten dieses Gesetz für eine                        dieses Gesetz nötig ist?                                                 tarischen Gruppe gegen Rassismus, die ja in
                       Einschränkung der Meinungsfreiheit. Das ist                             Ronald Bernheim: Das Gesetz schützt insbeson-                            neuer Zusammensetzung weiter existieren
                       nachweislich nicht so, ausser bei Aussagen, die                         dere Minderheiten in der Gesellschaft, die gro-                          wird. Dort wird der Schutz und die Anwen-
                       das Volk gemäss der damaligen Abstimmung                                sse Mehrheit spürt die rassistischen Angriffe                            dung der Rassismusstrafnorm sicher wieder
                       nicht dulden will. Auch andere Gesetze wie                              und deren Auswirkungen nicht unmittelbar.                                ein wichtiges Thema sein. Die GRA leistet
                       zum Beispiel Verleumdung lassen menschen-                               Für eine gesunde, friedliche Gesellschaft ist                            dabei zusammen mit Parlamentariern im Rah-
                       verletzende Aussagen nicht zu.                                          aber gerade der Umgang der Mehrheit mit der                              men des Möglichen konkrete Unterstützung.

                           Diversity in der Finanzbranche                                                                                                                              National- und Ständeratswahlen 2019
                                                                                                                                                                                       Am 20. Oktober wird gewählt!

                          Kümmern sich die Finanzinsitute um Diversity?        Was heisst vorbildliche Umsetzung?                                            Hans-Peter                Für den Finanz- und Wirtschaftsplatz Zürich
                          Ja. Die Förderung der Diversität im Personal-        Vorbildlich ist zum Beispiel ein Unternehmen,                                 Portmann, Präsidi-        ist es von entscheidender Bedeutung, dass
                          bereich hat in den vergangenen Jahren bei            welches auf die praktische Ausübung des                                       umsmitglied Zürcher       in Regierung und Parlament Politikerinnen
                          den Finanzinstituten stark an Bedeutung ge-          individuellen Glaubens Rücksicht nimmt, und                                   Bankenverband,            und Politiker arbeiten, die sich für optimale
                          wonnen. Die meisten Arbeitgeber haben in ihren       etwa Arbeitspläne auf jüdische Feiertage ab-                                  Nationalrat FDP           wirtschaftliche Rahmenbedingungen und
                          HR-Grundsätzen die Chancengleichheit unter           stimmt. Oder wenn es eine Kultur der Offenheit                                                          einen attraktiven Standort einsetzen.
                          den Mitarbeitenden, gleich welchen Geschlech-        gegenüber allen Lebensformen wie etwa gleich-
                          tes, gleich welcher Nationalität, gleich welcher     geschlechtlicher Partnerschaften lebt und in                                                            Wahlempfehlung für den Nationalrat
                          Religion, gleich welcher sexueller Orientierung      ihrer Corporate Identity integriert hat.                                                                Der Zürcher Bankenverband empfiehlt Mit-
                          und gleich welchen Alters oder welcher körper-                                                                                                               arbeiterinnen und Mitarbeiter von Mitglieds-
                          licher Beeinträchtigungen, festgeschrieben.          Was bringt Diversity einem Unternehmen?                                                                 banken und Partnerverbänden, die im Kanton
                                                                                                                                   Hans-Peter Portmann, Präsidiumsmitglied
                          Gerade die Banken können diesbezüglich eine          Internationale Studien zeigen, dass eine                                                                Zürich für den Nationalrat kandidieren.
                                                                                                                                   Zürcher Bankenverband, Nationalrat FDP
                          vorbildliche Umsetzung ausweisen. Die ZKB und        geförderte Diversität die Attraktivität eines                                                           www.zuercher-bankenverband.ch/nrw-2019/
FOTO: KELLY BERNHEIM

                                                                                                                                   ist neben seinem Engagement für den Finanz-
                          die Credit Suisse haben im März 2019 mit fünf        Arbeitgebers steigert, die Mitarbeitenden länger-   platz Schweiz auch in wirtschaftlichen sowie
                          weiteren Unternehmungen als erste das Swiss          fristig bindet, und deren Leistungen effizienter,   gemeinnützigen Institutionen tätig. Er kandidiert
                          LGBTI-Label erhalten.                                produktiver und innovativer ausfallen.              auf der Liste der FDP zur Wiederwahl in den
                                                                                                                                   Nationalrat.
                          Für einen starken Finanzplatz Zürich www.zuercher-bankenverband.ch

                       12 tachles | 20. September 2019
Pascal Pernett und
                                                                                                    Ronald Bernheim.

                                                                                                    Ronald Bernheim: Es soll ja bewusst nur
                                                                                                    schlimme Vorfälle verhindern helfen oder
                                                                                                    bestrafen. Nach 20 Jahren Anwendung des
                                                                                                    Gesetzes kann man ja einwandfrei nachwei-
                                                                                                    sen, dass das, was ihm im Voraus und immer
                                                                                                    noch von den Gegnern unterstellt wurde,
                                                                                                    nicht eingetroffen ist.
                                                                                                    Pascal Pernet: Und es ist nicht immer alles
                                                                                                    schwarz oder weiss – denn alle Beteiligten ver-
                                                                                                    suchen auch, die Grenzen des Zulässigen aus-
                                                                                                    zuloten. Ich erinnere zum Beispiel daran: Nach
                                                                                                    jener unsäglichen Aussage eines Grünen Nati-
                                                                                                    onalrats, der Tiertransporte mit Judentrans-
Gilt dies auch für SVP-Parlamentarier oder         sem Zusammenhang dezidiert geäussert – bei-      porten verglich, war es gemäss Protokoll ein
Vertreter anderer Parteien ausser der SP, die      spielsweise auch bei den Statements von Oskar    St. Galler SVP-Nationalrat, der als Erster pro-
das Gesetz von Anfang an unterstützt hat?          Freysinger in der Westschweiz.                   testierte. Es gilt also, sowohl bei der Parteizu-
Pascal Pernet: Es gibt seitens der Parlamen-       Ronald Bernheim: Jedenfalls sind mit den Wür-    gehörigkeit als auch bei der Unterscheidung
tarier eine breite Unterstützung, die man          mern klar Menschen gemeint, und das alleine      zwischen Stadt und Land, die Grauschattie-
letztlich nicht nur der Parteizugehörigkeit        ist schon eine Katastrophe und widerlich. Ich    rungen zu beachten.
zuschreiben kann. Und die Skeptiker sind           glaube, dass ein grosser Teil der Schweizer
auch nicht nur von der SVP.                        Bevölkerung es auch so empfindet.                Kann man einzelne Übeltäter einer Partei
                                                                                                    wirklich gleichsetzen mit einem fremden-
Wie hoch schätzen Sie die Möglichkeit ein,         Das Prinzip solcher Plakate wird ja immer        feindlichen Parteiprogramm?
dass die Strafnorm in der nächsten Legislatur      weitergetragen, zuerst die schwarzen Schafe,     Ronald Bernheim: Menschliche Wertevorstel-
wieder zur Abschaffung freigegeben werden          dann die Messerstecher, nun die Würmer.          lungen innerhalb der Gesellschaft sind als
könnte?                                            Ronald Bernheim: Ja, und es wird immer subti-    solche meiner Meinung nach in der Schweiz
Pascal Pernet: Solche Vorstösse kom men zwar       ler, das Messer wirkte aggressiver als Würmer.   bisher nicht grundsätzlich einem starken Wan-
regelmässig, sind aber bislang in den Wahl-        In gewissen Kreisen funktioniert die bildliche   del unterworfen. Hingegen ändert sich auch in
kampagnen kein Thema.                              Darstellung gemäss Annahme der Parteiver-        diesem Bereich, wie die Kommunikation und
                                                   antwortlichen offenbar. Eine gute Wirtschafts-   Beeinflussung insbesondere bei der jungen
Die aktuelle SVP-Kampagne hat die Diskus-          verfassung schützt vor einer allzugrossen        Generation durch die Digitalisierung und die
sion der Grenzziehungen im politischen Dis-        politischer Kraft solcher Propaganda, doch       sozialen Medien funktioniert und wirkt. Aber
kurs wieder neu entfacht.                          wird ein Nährboden gelegt, der etwa bei stei-    wir alle können mithelfen, eine ruhige, fried-
Pascal Pernet: Absolut und das aktuelle Wahl-      gender Arbeitslosigkeit Ängsten in der Bevöl-    liche und erfolgreiche Schweiz zu haben, und
plakat der SVP ist ein gutes Beispiel dafür. Die   kerung Antrieb verleihen kann. Geschürte und     dieses durch gute Werte geschaffene Grund-
Verunglimpfung als «Ungeziefer» für Menschen       effektive Ängste, die dann bekanntlich rasch     gefühl der inneren Ruhe braucht es, um als
mit anderer Meinung ist entweder ein bewusster     die furchtbaren Brandstifter- und Brunnen-       Individuum, im Familien- und Freundeskreis,
Bezug auf das, was in der Vergangenheit schon      vergifter-Mechanismen lostreten und poli-        am Arbeitsplatz und Engagement in der
mal existent war, zum Beispiel die Bezeichnung     tisch ausgenützt werden können.                  Gesellschaft mit Freude und wenig Ängsten
von Juden und anderen als Ungeziefer – das                                                          zu bestehen. Ich glaube, dass eine Sehnsucht
wäre dann schlimm. Oder es ist einfach naiv,       Doch anscheinend wirken fremdenfeindliche        und ein Streben nach solchen Grundwerten
und dann wäre es dumm. Die GRA hat sich im         Kampagnen immer. Also hilft das Gesetz nur       des menschlichen Zusammenseins vorhanden
aktuellen Wahlkampf bereits einige Male in die-    für extreme Fälle.                               ist. Dies ist jedoch nicht selbstverständlich, 

            „Wir wählen Judith Bellaiche in den Nationalrat, weil
            sie unsere Stimme als wirtschaftsliberale, jüdische
            Politikerin im Parlament vertreten wird.“
                       Tamara und André Golliez, Yaël Bellaiche,
                       Elie Shavit, Alain Gut, Samuel Dubno

                                                                                                                          tachles | 20. September 2019 13
denn ohne Erkennen und Wille zu respektvol-          alteingesessen in einer Gesellschaft sind, einen    takt zur Bevölkerung weiter intensiviert. Dafür
lem Zusammenleben ist sozialer Friede auch           feinen Gefahrenradar haben und oft früher           sind zum Beispiel die digitale Kommunikation,
in der Schweiz nicht garantiert.                     als Menschen der Mehrheitsgesellschaft aktiv        aber auch Radio und Fernsehen ein gutes Inst-
Pascal Pernet: Es stimmt, die Internetforen          gegen Ausgrenzungstendenzen innerhalb der           rument. Am Schluss ist bei uns ja die Bevölke-
und Chats sind der heutige Stammtisch. Des-          Bevölkerung warnen und aktiv werden.                rung massgebend; der Kontakt mit Parlament
halb haben wir in letzter Zeit sehr stark auf das    Pascal Pernet: Und wir sind eine religiös neu-      und Politikern ist zwar wichtig, aber die Über-
Thema «Hassrede im Netz» fokussiert. Diese           trale Organisation, auch wenn sie immer             zeugung zugunsten der Menschenrechte und
Woche versenden wir beispielsweise wieder            noch und vor allem von jüdischen Menschen           anderer Werte muss in der Gesellschaft veran-
2500 Merkblätter mit einem Leitfaden für             getragen wird. Wir haben aber inzwischen            kert sein. Viele Schweizer können die Frage, was
Opfer an viele Schulen.                              auch nicht jüdische Mitglieder und setzen uns       Menschenrechte sind, nicht beantworten; sie
                                                     gemeinsam für die Bekämpfung von Antise-            haben lediglich diffuse Vorstellungen davon,
Wie erreichen Sie ansonsten die junge Gene-          mitismus und Rassismus ein. Gerade etwa zum         empfinden es grundsätzlich meist wichtig und
ration mit Ihren Themen?                             Thema «Hassrede im Netz» und Alltagsrassis-         positiv, wir werden zu diesem grundlegen-
Pascal Pernet: Wir glauben, dass die Jungen          mus kann man unseren Status als unabhängi-          den Rahmen aber kaum je geschult. Die GRA
sich heute zwar stark für konkrete Themen ein-       ges Kompetenzzentrum erkennen.                      könnte beispielsweise eine solche Schulung für
setzen, aber weniger für Parteien. Anfang Sep-                                                           die Bevölkerung verstärken.
tember haben wir erstmals einen Anlass für die       Wie sehen Ihre konkreten Pläne auf dem politi-      Pascal Pernet: Wir haben mittlerweile zwei,
neu gegründete GRA Next Generation durch-            schen Parkett für die nächsten vier Jahre aus?      drei Mal pro Monat Auftritte etwa bei Rotary-
geführt. Wir möchten in diesem Rahmen neue           Pascal Pernet: Wir werden sicher damit fortfah-     Clubs oder ähnlichen Anlässen. All diese The-
Leute an unsere Themen heranführen. Das stiess       ren, den Artikel 261bis zu schützen. Und hinter     men kommen dabei immer auf, und hier liegt
auf grosses Interesse speziell bei jungen Leuten     einem potentiellen neuen Gesetz zur Hassrede        bestimmt eine Tätigkeit, die wir stärker wahr-
im Alter von 25 bis 35, die sich engagieren wol-     im Internet wollen wir als eine der treibenden      nehmen wollen. Gleichzeitig setzen wir auch
len. Erfreulicherweise wird auch unsere GRA-         Kräfte stehen, wie damals bei der Vorbereitung      stark auf Prävention und Ausbildung durch
Homepage immer häufiger frequentiert und             und Abstimmung zum Rassismusstrafartikel.           die Stiftung Erziehung zur Toleranz (SET). Als
unsere digitalen Lehrmittel erfreuen sich eben-      Zudem stehen wir mit Politikerinnen und Polit-      Beispiel sei das über Jahre hinweg mit dem
falls einer grossen Nachfrage. Zudem haben wir       kern in Kontakt, um aktuelle Erscheinungs-          Marie-Meierhofer-Institut entwickelte Ausbil-
noch nie so viele Anfragen von Schulklassen zur      formen politisch umgehend aufgreifen zu             dungsprogramm «Toleranz-Box» für Kinder
inhaltlichen und finanziellen Unterstützung          können. Als Beispiel sei hier das Verbot von ext-   im Vorschulalter genannt, welches nun auch
von Studienreisen nach Auschwitz erhalten.           remistischen Symbolen genannt, für welches          durch Unterstützung von Sponsoren in eini-
                                                     sich die GRA im Parlament erneut stark macht.       gen Kantonen umgesetzt werden kann.
Die GRA wird meist als jüdische Organisation
wahrgenommen, aber ihr Thema ist ja gar              Wie können Sie diese Themen ins Parlament           Was ist in den letzten Jahren die grössere
nicht ausschliesslich jüdisch. Wie können Sie        einbringen?                                         Herausforderung gewesen, Rassismus oder
sich diesbezüglich breiter verankern?                Pascal Pernet: Das Interesse der Parlamenta-        Antisemitismus?
Ronald Bernheim: Der Ursprung sind Sigi              rier daran ist enorm. Die Frage ist, was der        Pascal Pernet: In den letzten Jahren wurde
Feigel und treue Freunde, die in der einen oder      richtige gesetzliche Ansatz ist. Ich glaube, dass   der Antisemitismus vor allem im Netz immer
anderen Weise stark vom Holocaust betroffen          beispielsweise eine Übernahme der deutschen         stärker und darauf haben wir entsprechend
waren oder sogenannte «Second generation»-           Regelung nicht der richtige Ansatz für die          reagiert. Beim Rassismus geht es neben digita-
Kinder wie ich, die bereits in den 1970er-Jahren     Schweiz wäre.                                       ler Hate Speech vor allem um den immer stär-
gegen Ausgrenzung von Minderheiten jegli-                                                                ker werdenden subtilen Alltagsrassismus, der
cher Art, nicht nur Juden, eingetreten sind. Wir     Steht zu befürchten, dass der in europäi-           für die Betroffenen besonders verletzend und
haben langfristige Programme, die sehr in die        schen Ländern stärker vorhandene Populis-           schmerzlich ist. Alltagsrassismus war denn
Breite gehen und Grundwerte wie Zivilcourage,        mus in die Schweiz überschwappt?                    auch das Hauptthema unserer «Ausländler-
Engagement etc. vermitteln. Es gibt deshalb          Pascal Pernet: Ich glaube, dass sich die Schweiz    Kampagne» 2018.
sehr selten Aktivitäten der GRA, die primär für      von anderen Ländern insofern positiv unter-
den Schutz der jüdischen Bevölkerung ange-           scheidet, als es im Prinzip keine Oppositions-      Ist Ihre Arbeit nicht insofern manchmal frus-
legt sind. Ich nenne es die «Sigi-Feigel-Doktrin»:   parteien gibt. Es ist grundlegend, dass bei         trierend, dass sie eine Sisyphusarbeit ist?
Wenn Menschenrechte in einer Bevölkerung             uns alle Parteien in die Verantwortung einge-       Pascal Pernet: Von Simon Wiesenthal stammt
gepflegt und geachtet werden durch die Akti-         bunden sind und am Schluss an der Kompro-           der Satz: «Damit das Böse gedeiht, braucht
vitäten der GRA und gleichgesinnter Organi-          missfindung irgendwie teilnehmen müssen.            es nur gute Menschen, die nichts unterneh-
sationen (Gesellschaft Minderheiten in der           Deshalb bin ich davon überzeugt, dass die           men.» Insofern muss man hier die richtige
Schweiz, Stiftung Erziehung etc.), die allen         Schweizer den Anspruch haben, das, was sie          Erwartungshaltung haben und sich an jedem
Menschen sozialen und rechtlichen Frieden            haben, nicht zu gefährden.                          einzelnen Erfolg freuen. Antisemitismus und
bringen sollen, dann ist auch die jüdische Min-      Ronald Bernheim: In diesem Zusammenhang             Rassismus sind in der Schweiz nicht salonfähig
derheit besser geschützt. Es ist wegen der histo-    ist es sicher sehr wichtig, dass die GRA den in     und wenn wir dazu beitragen können, dass es
rischen Erfahrung so, dass Juden, auch wenn sie      den letzten Jahren gesuchten direkten Kon-          so bleibt, haben wir schon viel erreicht. l

    Hans-Ueli
    Vogt
                                                                                                                 2x auf Ihre Liste

                                        wieder in den
                                        Nationalrat                                                                 Liste1
14 tachles | 20. September 2019
Wahlempfehlung
     Im Kanton Zürich kandidieren Mitglieder der Gesell-
     schaft Schweiz-Israel für einen Sitz in der Bundesver-
     sammlung:

     Nationalrat Hans-Ulrich Bigler,
     (bisher) auf der Liste der FDP

     Nationalrätin Doris Fiala,
     (bisher) auf der Liste der FDP

     Barbara Franzen, auf der Liste der FDP
     Nationalrat Alfred Heer,
     (bisher) auf der Liste der SVP

     Ständerat Daniel Jositsch, (bisher) SP
     Nationalrat Hans-Peter Portmann,
     (bisher) auf der Liste der FDP

     Darshan Rubischung,
     auf der Liste der Jungen SVP

     Ronny Siev, auf der Liste der GLP
     Eva Virag Jansen, auf der Liste Grüne,
     Migrantinnen und Second@s

     Nationalrat Claudio Zanetti,
     (bisher) auf der Liste der SVP

     Michael Zeugin, auf der Liste der GLP
     Sie alle engagieren sich für Israel und kämpfen ent-
     schlossen gegen Antisemitismus und Rassismus. Der
     Vorstand der Sektion Zürich der Gesellschaft Schweiz-
     Israel empfiehlt diese Persönlichkeiten zur Wahl.

                          Schweiz                 Israel
                               Suisse         Israël
                          Svizzera              Israele

KANDITATINNEN UND KANDIDATEN, WELCHE SICH IN DER SCHWEIZ
UND ISRAEL FÜR UNS EINSETZEN:

STÄDERAT:        Prof.Dr.Daniel Jositsch, SP, ZH, bisher
                 Lic.iur.Paul Rechsteiner. SP, St.Gallen, Grüniger Stiftung, bisher

NATIONALRAT: Doris Fiala, FDP die Liberalen, Zürich, kumulieren, bisher,
             Israel Gruppe
             Angelo Barrile, SP, Hausarzt, Gesellschaft Minderheiten,
             kumulieren, bisher
             Isabelle Moret, FDP die Liberalen, Vizepräsidentin Nationalrat,
             Lausanne, bisher, kumulieren, Israel Gruppe
             Christian Cornuz, SP Internarional, Genf, neu
             Andri Silberstein, FDP die Liberalen, Gemeinderat, Zürich,
             kumulieren, neu

                                                                                      tachles | 20. September 2019 15
Die Schweiz und Israel feiern im September 70 Jahre diplomatische Beziehungen,
                 26 Jahre sind es her seit der Gründung der Genfer Initiative

                 Löst die Schweiz den
                 Nahost-Konflikt ?

                 PIERRE HEUMANN                                     ative helfe, das gegenseitige Vertrauen auf-       sind die Grundlagen für die friedlichen
                                                                    zubauen, sagte sie, und ihr Departement            Koexistenz in zwei separaten Staaten zusam-
                                                                    liess sich den Optimismus einiges kosten.          mengefasst. In der Genfer Initiative finden
                 Es klingt wie die Ansage aus einem Märchen-        Inzwischen hat der Enthusiasmus allerdings         sich auf 400 Seiten Antworten auf die bren-
                 buch. «Wir sind die einzigen, die einen poli-      nachgelassen. Seit 2013 hat die Schweiz ihre       nendsten Probleme – vom Grenzverlauf über
                 tischen israelisch-palästinensischen Dialog        finanzielle Unterstützung für die Initiative der   die Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge
                 für Friedensoptionen führen», sagt Gadi Balti-     ehemaligen Aussenministerin «kontinuierlich        und der Siedlungen, von der Jerusalem-Frage
                 ansky, Chef der «Genfer Initiative» mit Sitz in    reduziert», wie es im EDA heisst. Im vergange-     bis hin zur Lösung der Sicherheitsprobleme.
                 Ramat Gan.                                         nen Jahr überwies Bern noch 370 000 Franken        Dass dieses Modell derzeit lediglich Theorie
                    Die im Jahre 2003 von der damaligen             ans Büro von Baltianksy, was rund 28 Prozent       ist, vermag Baltianskys Optimismus nicht zu
                 Aussenministerin Micheline Calmy-Rey ins           des Budgets entsprach. Im laufenden Jahr ist       trüben. Der bereits vor zehn Jahren publizierte
                 Leben gerufene Initiative für die Zwei-Staaten-    der Betrag nochmals herabgesetzt worden. Es        Geneva Accord sei bei offiziellen Verhandlun-
                 Lösung hat zwar längst keine Ausstrahlungs-        fliessen bloss 220 000 Franken, womit 15 Pro-      gen immer wieder berücksichtigt worden, sagt
                 kraft mehr. Aber der 58-jährige Baltiansky hält    zent des Budgets gedeckt werden. Der Rest          Baltiansky. Der Geneva Accord liege auf den
                 die Festung, zusammen mit fünf Mitarbeitern.       stammt aus der EU, aus den Niederlanden,           Tischen der Nahostspezialisten in Washington
                 Wer Israel als jüdischen und demokratischen        Deutschland und Schweden, zudem private            und bei den Experten in Ramallah und Jerusa-
                 Staat unterstütze, sagt er, müsse die Zwei-Staa-   Spenden. Bis 2018 hatten die USA zu den gröss-     lem auf. Baltiansky: «Die Broschüre liefert die
                 ten-Lösung und damit auch die Genfer Initia-       ten Beitragszahlern gehört. Nun aber hat auch      Grundlage für die Zwei-Staaten-Lösung.» Und
                 tive befürworten.                                  USAID Zahlungen eingestellt.                       solange diese relevant bleibe, bleibe auch der
                                                                                                                       Geneva Accord eine aktuelle Referenzgrösse.
                 Unterstützung des Friedensprozesses                Zwei-Staaten-Lösung
                 Calmy-Rey hatte die Unterstützung des Frie-        Geldknappheit hin oder her: Baltiansky lässt       Aktives Büro
                 densprozesses als eine der Prioritäten ihres       sich dadurch nicht beirren. Er hält an der         Unermüdlich setzt er sich für die Akzeptanz
                 Departements bezeichnet. Die Genfer Initi-         Zwei-Staaten-Lösung fest. In einer Broschüre       des Geneva Accord ein. Sein Büro organisiert

                                                                                                          Am 20. Oktober 2019
                                                                                                          wieder in den Nationalrat:
                                                                                                          Zwei bewährte und kompetente
                                                                                                          Vertreter für Zürich.

                                            Heer                                    Rutz
FOTO: KEYSTONE

                   Alfred                                           Gregor                                                        2 x auf Liste 1
                    190906_1455_ins_208x89_rutz_heer.indd 1                                                                                           06.09.2019 14:59:45
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